BASEL - DAS BESSERE ZÜRICH - BAK Economics

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BASEL - DAS BESSERE ZÜRICH - BAK Economics
MARKETS

        MARKETS

     DIE SCHÖNE AM RHEIN Die Basler reden weniger über Verdichtung. Sie tun es einfach. Sie haben auch keine Wahl: Ihre Stadt
     ist eng umschlungen von Landes- und Kantonsgrenzen. Alles muss daher auf kleinem Raum gestaltet und modernisiert werden.

         BASEL –
     DAS BESSERE
          ZÜRICH
54      BILANZ 05 | 2017
BASEL - DAS BESSERE ZÜRICH - BAK Economics
In Zürich wird diskutiert,
                                  geplant und rekurriert.
                                  In Basel wird gehandelt.
                                  von HOLGER ALICH und LEO MÜLLER
Foto: Sophie Stieger für BILANZ

                                                                    05 | 2017 BILANZ   55
BASEL - DAS BESSERE ZÜRICH - BAK Economics
MARKETS BASEL VS. ZÜRICH

               E
                                                           BAU 1 ODER PRIME TOWER
                                                           Die Basler nannten den Roche-Turm (oben), ihr neues Wahrzeichen, ganz bescheiden
                                                           «Bau 1». Er ist mit 178 Metern das höchste Gebäude der Schweiz. In Zürich steht auch
                                                           ein Turm (rechts), bescheidene 126 Meter hoch. Sie nennen ihn «Prime Tower».

                                                   Elite-Hochschulen und Spitzenforscher,          dieses wie auch für nächstes Jahr, dass der
                                                   eine Durchmesserlinie, eine neue Europa­        Kanton Basel-Stadt beim Wirtschafts­
                                                   allee und das coole Zürich West. Zürich         wachstum sowohl die Stadt als auch den
                                                   zieht Talente aus aller Welt an, beheimatet     Kanton Zürich über­runden wird.»
                                                   sogar ein Forschungszentrum von Google.             Ein paar Zahlen zur Ernüchterung der
                                                   Da wird nicht diskutiert, Zürich muss die       Zürcher. Die Wirtschaft der Stadt wird nach
                                                   ewige Nummer eins sein. Noch Fragen?            den BAK-Prognosen dieses Jahr mit 1,2 und
     Ergraute Herren treffen zum Apéro im              Wir erlauben uns einen gewagten Blick       im nächsten Jahr mit 1,3 Prozent wachsen.
     Zürcher «Kaufleuten» ein. Entspannt, ein      hinüber zur Schönen am Rhein und ent­           Basel aber, dem schmucken Städtchen,
     Weinglas in der Hand, geben sie ihre festen   decken: Ausgerechnet Basel, die ewig            von Ländergrenzen umgeben und räum­
     Ansichten zur aktuellen Weltlage preis, ihr   ­belächelte Rivalin, zeigt Zürich die Rück­     lich eng begrenzt, trauen die Experten
     aktives Erwerbsleben haben sie zumeist         lichter. Nicht nur beim Fussball. Auch die     Wachstumsraten von drei Prozent zu. Dies
                                                                                                                                                  Fotos: Sophie Stieger für BILANZ, aufgenommen

     hinter sich. Stadtpräsidentin Corine Mauch     Wirtschaftslokomotive der Schweiz dampft       ist nicht einmal ein neues Phänomen: Von
     ist zum Vortrag vor der Zürcher Volks­         heute nicht mehr in Zürich, sondern in         2000 bis 2014 wuchs die Schweizer Wirt­
                                                                                                                                                  aus einem ZImmer des Rennaissance Hotel

     wirtschaftlichen Gesellschaft geladen. In      Basel. Pharma schlägt Finanzen und damit       schaft im Schnitt mit 1,8 Prozent. Rund ein
     einleitenden Worten spricht Martin Scholl,     Basel Zürich.                                  Sechstel dieses Wachstums steuerte die
     Präsident der Gesellschaft und CEO der                                                        Pharmabranche bei, die vor allem in Basel
     Zürcher Kantonalbank, über die Top-Ra­        DIE NACKTEN ZAHLEN                              angesiedelt ist. Ihr Wachstumsbeitrag war
     tings von Zürich, über Zürich als Insel der   «Die Pharmaindustrie ist in guter Verfas­       damit fast doppelt so hoch wie jener der
     Seligen, über Zürich als «Paradies».          sung, die Finanzindustrie dagegen steckt        Finanzindustrie, die ihren Schwerpunkt in
         Eine Nummer kleiner? Das geht in          nach wie vor in schweren Zeiten», begrün­       Zürich hat. Daher übertrifft der Kanton
     ­Zürich nicht. Die reiche Stadt, von Banken   det Martin Eichler, Chefökonom von BAK          Basel-Stadt auch alle anderen Kantone der
      wie UBS und Credit Suisse geprägt, hat       Basel Economics. «Daher er­warten wir für       Schweiz im Vergleich der Wirtschaftskraft

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BASEL - DAS BESSERE ZÜRICH - BAK Economics
MIT 160 000 FRANKEN JE EINWOHNER
HAT DER K
        ­ ANTON BASEL-STADT IN DER SCHWEIZ
DIE HÖCHSTE WIRTSCHAFTSKRAFT PRO KOPF.
                                             tis, Roche und Co. würde die Schweiz ein         blick über Stadt und Rheinlandschaft. Der
                                             Aussenhandelsdefizit ausweisen.                  Turm ist beliebt, samstags stehen sogar
                                                  Angesichts dieser Zahlen ist an der         Besucher Schlange. Zwei Jahre alt ist es
                                             Börse die neue Hackordnung der beiden            schon, das neue Wahrzeichen der Stadt.
                                             Städte längst Realität. Ende 2006 waren          Und dennoch machen die Basler nicht
                                             die in Z   ­ ürich angesiedelten Konzerne wie    viel Auf­hebens darum, Roche hat das ga-
                                             UBS, ABB oder die Zurich Insurance Group         lante ­  Designgebäude schlicht und cool
                                             an der Börse gemeinsam noch 402 Milliar-         «Bau 1» getauft.
                                             den F   ­ ranken schwer. Die Basler Industrie         In Zürich hingegen wurde der erste nen-
                                             brachte es damals nur auf 372 Milliarden.        nenswerte Turm ins Entwicklungs­        areal
                                             Zehn Jahre später haben die Basler Kon-          Zürich West platziert, zwischen Gleisanla-
                                             zerne mit 450 Milliarden Franken mehr als        gen und der unwirtlichen Hardbrücke. Der
                                             doppelt so viel Marktwert wie die Zürcher        Standort: praktisch, aber hässlich. Das
                                             im Leitindex SMI. Mit Roche und Novartis         ­Gebäude: grünes Glas, zweckmässig, aber
                                             sitzen dort gleich zwei der global fünf           langweilig. Mit 126 M ­ etern ein gewöhnli-
                                             grössten Pharmakonzerne. Das gibt es
                                             ­                                                 ches Türmchen im Vergleich zum Basler
                                             ­nirgends sonst auf der Welt.                     «Bau 1», aber der Name spricht Bände:
                                                  Basel schlägt Zürich – nicht immer, aber     Prime Tower! Das wird bald etwas peinlich
                                              immer öfter. Ob beim Vergleich der               wirken. Die Basler bauen gerade an einem
                                              ­Leit­industrien Pharma und Finanz, beim         neuen Turm. Direkt neben dem «Bau 1»
                                               Städtebau, beim Fussball-Entertainment,
                                               ­                                               soll bis 2022 der «Bau 2» entstehen, 205
                                               in der Kunst oder bei der Gestaltung neuer      Meter hoch, ein weiterer Höhenrekord.
                                               städtischer Areale – die Basler zeigen,         Proteste gegen das Grossprojekt? Fehlan-
                                               wie es geht.                                    zeige. Für den Baulärm besänftigte Roche
                                                                                               die Anwohner mit Gratis-Schutzglas und
pro Kopf: Mit über 160 000 Franken je        TURM UND TÜRMCHEN                                 Mietzinszuschüssen. Rund 3,5 Milliarden
­Einwohner liegt diese Kennziffer um rund    Mittagszeit im Roche-Turm. Oben im                Franken investiert Roche insgesamt in
 50 Prozent höher als im Kanton Zürich.      38. Stock, in 178 Meter Höhe, geniessen           ­Basel. Zum Vergleich: Der Bau des Prime
     Der Erfolg der Basler Pharmakonzerne    Mitarbeiter in einer Cafeteria den Rund-           ­Tower kostete lediglich 350 Millionen. •
 ist längst zu einer entscheidenden Stütze
 im Schweizer Aussenhandel geworden.
 2016 exportierte die Branche Waren für
 rund 80 Milliarden Franken, das sind rund
                                                     ARCHITEKTURTRÄUME ODER
 38 Prozent aller Exporte. Und wiederum              KONGRESSHAUS-DEBATTEN
 knapp 60 Prozent der Pharmaexporte                  Der Pharma-Riese Novartis darf in Basel Architekturträume ausleben. Milliarden
 stammen aus Basel. Sprich: Ohne Novar-              wurden in imposante Bauten investiert, und die Stadt gab dafür sogar eine Strasse ab.
                                                     Zürich schafft währenddessen nicht einmal ein neues Kongresshaus.

                                                                                                                            05 | 2017 BILANZ   57
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MARKETS BASEL VS. ZÜRICH

     •  Mit dem Turmbau zu Basel geht es dem
                                                          ST.-JAKOB-PARK ODER HARDTURM
                                                          Der Fussballclub Basel hat mit dem St.-Jakob-Park (oben) ein ansehnliches Stadion und
     Konzern weniger um Prahlerei. Roche ist              macht damit sogar 30 Millionen Franken Gewinn. Und wie sieht es um den Neubau des
     räumlich im Wettsteinquartier zwischen               Zürcher Hardturm-Stadions aus? Siehe rechts.
     Autobahn, Bahntrassen und Rhein ein­
     gequetscht. Wachstum ist nur in die Höhe
     möglich. Der Konzern wächst – und wie.       beruflich Chefjurist bei Roche. «Wir kom­          Symbolkraft hat auch das Innenleben
     2006 beschäftigte Roche in Basel und Kai­    men dann mit unseren Vorhaben durch,            der Türme in Zürich und Basel. Hier, am
     seraugst rund 8400 Menschen. Jetzt sind      wenn wir gute Argumente haben», so Kel­         Rhein, die Büros des prosperierenden
     es rund 30 Prozent mehr.                     ler. Eva Herzog, die Finanzdirektorin von       Pharmakonzerns. Dort, am Gleisbett, die
                                                  Basel-Stadt, drückt es so aus: «Es hat sich     Büros einer Krisenbank. Es ist der Private-
     WELTOFFEN UND LIBERAL                        in der Vergangenheit gezeigt, dass die Be­      Banking-Ableger der Deutschen Bank, der
     In Basel wirkt die konzentrierte Pharma­     völkerung wichtige Projekte unterstützt,        2011 im Turm einzog, als die Bankenwelt
     power schon etwas unheimlich. Fünf Pro­      weil sie um deren wirtschaftliche Bedeu­        die Krise hinter sich glaubte. Doch es wird
     zent der Unternehmen kommen für rund         tung für die Stadt weiss.» Sprich: Die Bas­     weiter gekürzt und gespart. Beim Einzug
     60 Prozent der Gewinnsteuer auf. Winken      ler beissen nicht die Hand, die sie ­ernährt.   arbeiteten knapp 320 Mitarbeiter für die
     die Basler daher widerstandslos alles        Topmanager Keller kann beide Städte ver­        Deutsche Bank in Zürich, Ende 2016 waren
     durch, was die Pharmakonzerne w   ­ ollen?   gleichen, er hat 30 Jahre lang in Zürich        es nur noch 285. Im Rückblick hatte die
     «Mit Sicherheit nicht, wir sitzen eher im    gelebt. «Ich empfinde Zürich oft als klein­     Rede von Stadtpräsidentin Mauch zur Ein­
     Glashaus und werden scharf b ­ eobachtet»,   karierter und engstirniger, fast schon preus­   weihung des Prime Tower etwas Propheti­
     sagt Gottlieb Keller, Präsident des Bran­    sisch», erzählt er. ­ «Basel erscheint mir      sches. Sie bezeichnete das Gebäude als
     chenverbandes Scienceindustries, haupt­      weltoffener und ­liberaler.»                    Symbol für den Wandel der Stadt.
                                                                                                                                                  Fotos: Sophie Stieger für BILANZ

     EINEN SYMBOLSTARKEN „SECOND TOWER” WIRD ES
     IN ZÜRICH WOHL SO BALD NICHT GEBEN. DENN IN DER
     FINANZINDUSTRIE SCHRUMPFT DIE ZAHL DER JOBS.
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über die Zürcher Baubüro­kratie. Durchaus
                                                                                                                         neidisch blickt ein Ex-UBS-Manager Rich-
                                                 Wo Basel Zürich schlägt                                                 tung Basel: «In Zürich wäre es undenkbar,
                                                                                                                         mitten in der Stadt e­ inen Turm zu bauen.»
                                                 Wirtschaftswachstum
                                                                                                                             Von einem Industriecampus ganz zu
                                                                                                                         schweigen. Mit dem Novartis Campus am
                                                                                          2,7%
                                                                                                                         Rheinufer hat der ehemalige Konzernchef
                                                                                                                         Daniel Vasella quasi privaten Städtebau
                                                                                                                         betrieben. 7500 Menschen aus über 100
                                                                                                                         Ländern arbeiten in dieser Stadt in der
                                                                 1,2%                                                    Stadt, 2500 davon sind Forscher. Nur die
                                                                                                                         Crème de la Crème der internationalen
                                                                                                                         Architektenszene wie Frank O. Gehry, der
                                                                     2016–2020                 2016–2020                 auch das Guggenheim Museum in Bilbao
                                                      Jährliches BIP-Wachstum                  Jährliches BIP-Wachstum   entwarf, kam beim Umbau des 20 Hektar
                                                                    Stadt Zürich               Stadt Basel
                                                                                                                         grossen ehemaligen Fabrikgeländes zu
                                                 Prognose. Quelle: BAK Basel
                                                                                                                         einem Forschungs- und Verwaltungs­
                                                                                                                         ­
                                                                                                                         campus zum Zug. Um das Projekt zu er-
                                                 Marktkapitalisierung
                                                                                                                         möglichen, verkaufte Basel dem Konzern
                                                 Franken                                                                 sogar die Hüningerstrasse, die mitten
                                                                                                            450 Mrd.
                                                              402 Mrd.                                                   durch das Gelände verläuft. Auch der stö-
                                                                                          372 Mrd.
                                                                                                                         rende Rheinhafen wurde kurzerhand ver-
    Einen Second Tower wird es in Zürich                                                                                 legt. «Eine linke Regierung hat das Projekt
                                                                                 218 Mrd.
wohl so bald nicht geben. Denn die Zahl                                                                                  möglich gemacht», sagt nicht ohne Stolz
der Jobs in der Finanzindustrie schrumpft                                                                                Guy Morin, langjähriger Regierungspräsi-
seit fünf Jahren unaufhörlich. Beschäftig-                                                                               dent Basels und selbst ein Grüner. Ein
ten UBS, CS und Co. 2011 noch rund 56 000                                                                                ­Referendum wurde nie ergriffen.
Menschen, waren es im vergangenen Jahr                           2006 2016                       2006 2016                   Das schlicht gehaltene Laborgebäude
nicht einmal mehr 49 000.                               Marktwert der Zürcher                    Marktwert der Basler     mit der Nummer 14 an der Fabrikstrasse –
                                                             Konzerne im SMI                     Konzerne im SMI
    In Zürich wird sichtbar vor allem saniert                                                                             der Hauptachse des Campus – hat der
                                                 Quelle: SIX Group
oder erweitert. Und das dauert dort ge-                                                                                   spanische Stararchitekt Rafael Moneo ent-
wöhnlich. Die UBS renoviert gerade ihren                                                                                  worfen. Er hätte auch gerne in Zürich ge-
Hauptsitz an der Bahnhofstrasse 45. Und          Export von Waren und Dienstleistungen                                    baut. Moneo hatte die Pläne für ein neues,
am Mythenquai am See bauen die Versiche-         Franken                                                                  grösseres Kongresszentrum entworfen.
rer Swiss Re und Zurich Insurance Group.                                                      85 Mrd.                     Politik und Wirtschaft waren sich einig:
Die Zurich will ihren denkmal­geschützten                                                                                 Zürich braucht ein modernes Kongress-
Konzernsitz am Seeufer durch neue,                                                                                        haus – allein schon, um der Zürcher Hoch-
zweckmässige Gebäude dahinter ­ergänzen.                                                                                  schullandschaft adäquate Tagungsräume
Der Konzern hat dabei der Stadt mit einem                                                                                 bieten zu können. Rund 100 Millionen
Vertrag über ­    einen Mehrwertausgleich                  21,2 Mrd.                                                      Franken zusätzliche Wertschöpfung pro
versprochen, sich mit 8,35 Millionen Fran-                                                                                Jahr versprachen sich die Verantwortli-
ken an der Neugestaltung des Mythen-                                                   2015                               chen. Doch für den Neubau hätte das alte
quais zu beteiligen. A­ nfangs hatten Bürger-          Finanzdienstleistungs-              Exporte der                    Kongresshaus aus dem Jahr 1939 abgeris-
                                                   Exporte der Finanzindustrie             Pharmaindustrie
liche gegen die «­rot-grüne Erpressung»                                                                                   sen werden müssen. Doch Zürich ist nicht
des Konzerns o  ­ pponiert. Das Projekt kam      Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung, SIF
                                                                                                                          Basel. 2008 sagte das Volk Nein.
durch, schliesslich kommt es auch den
Zurich-Mitarbeitern zugute. Und von wem          Anzahl Museumsbesucher                                                  WIE MAN BAUT UND WIE NICHT
haben sich die Zürcher den Mehrwertdeal                                                                                  Mittlerweile wird am Seeufer zwar gebaut,
ab­geschaut? Natürlich von den Baslern.                                                                                  doch das revidierte Projekt sieht ­     nun
    Interessant indes: Roche und die Zurich                                                                              ­lediglich vor, das Kongresshaus und die
begannen ungefähr zeitgleich mit den Pla-                                                               1,30 Mio.         Tonhalle in ihren ursprünglichen Zustand
                                                                     1,12 Mio.
nungen. Beim Pharmariesen konnten die                                                                                     zurückzuführen. Sprich: Zürich muss wei-
Mitarbeiter ihre hellen Büros im Turm be-                                                                                 ter auf einen Kongresssaal warten, der
reits im Herbst 2015 beziehen. Die Z   ­ urich                                                                            einer internationalen Finanz- und Hoch-
baut dagegen immer noch. 2020 soll das                                                                                    schulstadt würdig wäre. «Zu satt für grosse
neue Ensemble endlich fertig sein. Über                                                                                   Würfe», urteilte der Zürcher «Tages-Anzei-
1,5 Jahre zogen sich die Verhandlungen mit                              Stadt Zürich           Stadt Basel                ger» damals.
dem Heimatschutz hin. Hinter vorgehalte-         Zahlen 2014.
                                                                                                                             Nun steht in Zürich ein wahres Jahrhun-
ner Hand fluchten Topmanager schon mal           Quelle: Statistik-Ämter von Stadt Zürich und Basel-Stadt                 dertprojekt an: der Umbau des Hoch- •

                                                                                                                                                    05 | 2017 BILANZ    59
BASEL - DAS BESSERE ZÜRICH - BAK Economics
MARKETS BASEL VS. ZÜRICH

     •  schulquartiers. Universität, Uni­   spital
                                                             WELTMESSEN ODER ZÜSPA
                                                             Die Messestadt Basel hat global bedeutsame Events wie die mondäne Kunsthandelsmesse
     und ETH sollen bis zu 320 000 Quadratme-                Art Basel und die Luxuswarenmesse Baselworld aufgebaut und zieht damit Publikum aus
     ter mehr Fläche bekommen. Dank der be-                  der ganzen Welt an. Ja, Zürich hat auch eine Messehalle. Und die Züspa.
     sonderen Konstellation, dass die Planun-
     gen sowohl eidgenössische ( ETH ) wie auch
     kantonale Institutionen (Unispital) berüh-      Weibel ( GLP , ZH ) bei einer Podiumsdis-      ­ ieses Vorhaben errang die Basler Finanz-
                                                                                                    d
     ren, ist die Rechtslage so, dass die Zürcher    kussion. «Eindrücklich, wie da am selben       direktorin Eva Herzog nationale Berühmt-
     nie über das wohl grösste städtebauliche        Strang gezogen wird.» Das sagt auch Pascal     heit. Die Sozialdemokratin stellte sich ge-
     Projekt in der Innenstadt werden abstim-        Gentinetta, Head Public Policy bei der Zür-    gen die eigene Parteileitung und kämpfte
     men können. Das ist den Verantwortlichen        cher Privatbank Julius Bär. «Die Basler        für die Reform. Neue Instrumente wie die
     ganz recht so: «Wenn über alle Gebäude          Vertreter in Bern treten sehr geschlossen      Patentbox hätten dazu geführt, dass die
     von kantonaler Bedeutung auch noch in           für ihre Anliegen ein. Die Zürcher treten      Steuerlast für Novartis und Co. trotz Ab-
     den Gemeinden abgestimmt würde, wäre            weniger homogen auf», hat Gentinetta be-       schaffung der alten Statusgesellschaften
     der Ablauf enorm lang und schwierig»,           obachtet. Und er hat auch gleich eine Er-      etwa gleich geblieben wäre.
     rechtfertigt sich der Zürcher Baudirektor       klärung parat: «Ein Grund dafür ist meiner         Für ihren Einsatz wurde Herzog aus
     Markus Kägi.                                    Meinung nach, dass die Zürcher es auf-         den eigenen Reihen gar als «Medienspre-
        Basel baut, Zürich bremst. Basel ent-        grund der nationalen Bedeutung der Stadt       cherin von Roche und Novartis» be-
     scheidet, Zürich sagt Nein. Das gilt auch im    weniger nötig hatten, hart wie andere Re-      schimpft. «Für die Uhren- oder Maschi-
     Kampf um die Standortpolitik. «Geht es um       gionen für ihre Interessen zu kämpfen.»        nenbauindustrie darf man sich als
     die Pharma, sind die Basler stark im Lob-          Basel macht es besser. Beispiel Unter-      Politikerin einsetzen», wehrt sich Herzog
     byieren», sagte jüngst ­Nationalrat Thomas      nehmenssteuerreform. Im Kampf um               im Gespräch. «Ich verstehe aber nicht,
                                                                                                                                                   Fotos: Sophie Stieger für BILANZ

     „EINDRÜCKLICH, WIE DA AM SELBEN STRANG ­
     GEZOGEN WIRD”, STAUNT DER ZÜRCHER
     BANKEN-­LOBBYIST PASCAL GENTINETTA.
60       BILANZ 05 | 2017
BASEL - DAS BESSERE ZÜRICH - BAK Economics
an, in dieser Saison zum achten Mal in
                                                Folge Meister zu werden. Der FCZ ist schon
                                                froh, dass der Wiederaufstieg zu gelingen
                                                scheint. Noch liegt GCZ, der zweite Zür-
                                                cher Traditionsclub, mit 27 Meisterschaf-
                                                ten in der ewigen Bestenliste vorn. Doch
                                                angesichts der Basler Dominanz scheint es
                                                nur eine Frage der Zeit zu sein, wann der
                                                FCB auch hier die Zürcher überholt.
                                                   Potente Förderer wie die Roche-Erbin
                                                Gigi Oeri haben Millionen in ihren Heimat-
                                                verein gepumpt, vor allem in die Nach-
                                                wuchsförderung. Mittlerweile trägt sich
                                                der Club selbst. Mit einem Jahresumsatz
                                                von 132 Millionen Franken spielen die
                                                Basler für Schweizer Verhältnisse wirt-
                                                ­
                                                schaftlich in einer eigenen Liga. Der Club
                                                erzielte 2016 knapp 30 Millionen Franken
                                                Gewinn – das ist mehr, als die beiden Zür-      TAGEN IM
                                                cher Clubs überhaupt an Umsatz machen.
                                                Treue Fans füllen das eigene Stadion. Dem
                                                Club geht es so gut, dass der neue Eigen­
                                                                                              EUROPA-PARK
warum wir nicht genauso für die Pharma-         tümer Bernhard Burgener den Vertrag von
industrie eintreten können. Sie hat nicht       Trainer Urs Fischer trotz zwei gewonne-
nur für Basel, sondern für die ­      gesamte   nen Meisterschaften nicht verlängert.
Schweiz grosse wirtschaftliche Bedeutung.          Und Basel hat das, was Zürich seit über
Und entgegen den Behaup­tungen der Geg-         zehn Jahren nicht hinbekommt: ein ver-
ner hätte die Pharma nach der Reform so-        nünftiges Fussballstadion. 2007 mussten
gar leicht mehr Steuern b  ­ ezahlt.»           die Grasshoppers aus ihrer alten Spiel-
    Basler Pharmamanager loben Eva Her-         stätte Hardturm ausziehen. Gespielt wird
zogs Einsatz: «Wir pflegen mit der Basler       nun im neu gebauten Stadion Letzigrund.
                                                                                                 Professionelle Räumlichkeiten
Regierung einen engen und konstruktiven         Doch für die Fans ist das weiträumige Areal
Austausch auf Augenhöhe», sagt André            eine Zumutung. 2013 scheiterte ein Neu-
Wyss, Geschäftsleitungsmitglied von No-         bauprojekt am Einspruch von 50,8 Prozent
vartis und Länderpräsident der Schweiz,         des Stimmvolkes. Nun wagt die Stadt einen
«sie weiss deshalb genau, was wir brau-         neuen Anlauf. Mit dem Projekt «Ensem-
chen.» In Basel zogen Politik und Wirt-         ble» sollen auf dem Hardturm-Areal ein
schaft bei dem Thema an einem Strang.           Fussballtempel für 18 500 Zuschauer, zwei
    Und in Zürich? Hier ging es fröhlich        Wohn- und Geschäftstürme sowie Genos-
durcheinander, vor allem in der Politik.        senschaftswohnungen entstehen.
                                                                                                    Exquisite Gastronomie
Der kantonale Finanzdirektor Ernst Sto-            Wann und ob überhaupt gebaut werden
cker (SVP ) setzte sich für die Reform ein.     kann, ist aber noch unklar. Das Projekt
Sein Stadtzürcher Amtskollege Daniel            kommt vermutlich wieder an die Urne.
Leupi (Grüne) kämpfte dagegen. Letztlich        FCZ-Präsident Ancillo Canepa sinnierte
wurde die Reform aber auch in Basel             schon düster: «Wenn das Stadion nicht
abgelehnt. Doch Novartis-Manager Wyss
­                                               kommt, muss man sich überlegen, ob man
ist nicht besorgt: «Das ist kein Misstrauens-   diesen Sport am Standort Zürich profi­
votum gegen unsere Industrie, wir stan-         mässig betreiben kann.»
den nicht im Fokus. Die Vorlage war am
Ende vermutlich einfach zu komplex.»            HANDEL UND KUNST                                      Traumhafte Hotels
    Der Match Basel gegen Zürich ist in der     Vielleicht ist Zürich einfach zu verwöhnt,
Disziplin Sport dagegen eine ganz einfache      um sich dafür zu begeistern, wie 22 ver-
Sache. Basel hat mit Roger Federer nicht        schwitzte junge Männer sich dabei
nur die Sportikone des Landes in den eige-      ­abrackern, einen Ball über die gegnerische
nen Reihen. Auch im Fussball können die          Torlinie zu befördern. Schliesslich ist
beiden Zürcher Clubs, der FC Zürich (FCZ )       Zürich nicht nur das grösste Finanz­
                                                 ­
und der Grasshopper Club Zürich (GCZ ),          zentrum der Schweiz, sondern spielt mit
schon lange nicht mehr mit dem FC Basel          Hochschulen wie der Universität und der
( FCB ) mithalten. Die Basler schicken sich      ETH als Wissens- und Forschungsstand- •
                                                                                              www.confertainment.de
BASEL - DAS BESSERE ZÜRICH - BAK Economics
MARKETS BASEL VS. ZÜRICH

     WIE MAN DIE HERZEN DER KULTURMENSCHEN
     ­GEWINNEN KÖNNE, HABE DIE FONDATION BEYELER
      ­BEWIESEN, SCHREIBT DAS ZÜRCHER FEUILLETON.
     • ort ohne Zweifel in der Weltliga mit. Ba-       ­gegründete Emanuel-Hoffmann-Stiftung           lide, verantwortungsvolle Weise auffällig
     sel hat zwar die älteste Universität der           schreibt in ihren Statuten fest, Werke von     und zugleich bescheiden». Die Kunsthaus-
     Schweiz, doch der permanente Streit um             Künstlern zu kaufen, «die sich neuer, in die   erweiterung werde ein «echter Zürcher».
     Geld z­ wischen den beiden Halbkantonen            Zukunft weisender, von der jeweiligen Ge-      Nun denn, ob sie es vielleicht besser mit
     Basel-Stadt und Basel-Landschaft zur Fi-           genwart noch nicht allgemein verstande-        einem Basler Architekten und ohne einen
     nanzierung der Uni ist ihrer Entwicklung           ner Ausdrucksmittel bedienen, und zwar         Banker in der Jury versucht hätten?
     nicht gerade förderlich.                           ohne Rücksicht auf Nationalität». Stiftun-        Jedenfalls vermisst das Feuilleton jetzt
        Erstaunlicherweise kann Zürich seinen           gen wie diese pumpen jedes Jahr Millionen      schon den «kulturellen Glamour» und ver-
     Vorsprung im Hochschulwesen nicht zu               in K
                                                           ­ ulturprojekte, und zusätzlich gibt Ba-    weist auf – na, erraten: Basel. Wie man die
     einem Matchpunkt als Tagungsstandort               sel für die Kultur im Jahr 914 Franken pro     Herzen der Menschen gewinnen könne,
     verwandeln. Wer «Messestadt Zürich»                Kopf aus, Zürich nur die Hälfte. Die Zür-      habe die Fondation Beyeler bewiesen, wo
     googelt, wird über die Gottesdienste der           cher begreifen Kultur als (verzichtbaren)      jährlich fast eine halbe Million Besucher
     Zürcher Pfarreien aufgeklärt. Ja, und auch         Kostenfaktor, die Basler verstehen, wie        gezählt werden, während es im Zürcher
     ein Hinweis auf eine «VeggieWorld» ist             Kultur Werte und Wachstum steigert.            Kunsthaus nur 290 000 sind. Und auch das
     dort zu finden – mit 70 Veganer-Buden.                                                            Kunstmuseum Basel spielt in der internati-
     Wer es in Basel versucht, der wird hin­           MIT ODER OHNE GLAMOUR                           onalen Topliga. Die Erweiterung wurde
     gegen auf Links zu Messen mit Weltrang            Ja, in Zürich wird das Kunsthaus erweitert.     2009 ausgeschrieben – und vor einem Jahr
     geführt, der Uhrenmesse Baselworld und            Es soll 2020 fertig sein, geplant vom Briten    fertig. Gefördert mit 50 Millionen Franken
     der Art Basel, ganz klar die wichtigste           David Chipperfield. Bauherr ist als Präsi-      von der Mäzenin Maja Oeri. Und sogar ge-
     Messe des internationalen Kunstmarktes            dent der Zürcher Kunstgesellschaft Walter       lobt vom Zürcher Feuilleton.
     für zeitgenössische Kunst.                        Kielholz, ein Alt-Banker. Eine Luzerner            Wie hier sind die privaten Stiftungen
        Mehr als 140 000 Quadratmeter Ausstel-         Stiftung rekurrierte gegen den ­Entwurf ei-     überall mit ihren guten Gaben präsent.
     lungsfläche bietet Basel, in Zürich sind es       nes «autistischen Kunsttresors». Und legte      Etwa 900 Stiftungen mit einem Gesamtver-
     nur 30 000. Büros, Hotel- und Kongress-           damit zwei Jahre lang alles lahm. Der spek-     mögen von rund 15 Milliarden Franken
     säle, Restaurant und Bar sind im 33-stöcki-       takulärste Teil des Bauwerkes ist eine          spenden Jahr für Jahr. Und an der Bildung
     gen Messeturm untergebracht, erbaut vom           sündteure unter­irdische Passerelle. Archi-     wird ebenfalls nicht gespart. Für 800 Milli-
     Basler Architekturstar Meinrad Morger.            tekt Chipperfield frotzelte: «Die Schweizer     onen Franken wurden Schulen gebaut.
        Handel und Kunst gehen in Basel seit           haben das mit den Tunneln tatsächlich im           So machen es die Basler.
     Jahrhunderten Hand in Hand. Die 1933              Griff.» Er nennt seinen Plan «auf sehr so-         In Zürich gibt es für diese Frage das

                                                                                                                                                      Fotos: Sophie Stieger für BILANZ
                                                                                                       Projekt 17/0 des Hochbaudepartements.
                                                                                                       Ein Ziel: Baukosten bei Schulbauten ein-
     KULTUR IM QUARTIER ODER                                                                           sparen, zum Beispiel durch «direkt um-
                                                                                                       setzbare Verzichts- und Kostenoptimie-
     EFFIZIENZBAUTEN AM GLEISBETT                                                                      rungsmassnahmen» oder durch den
                                                                                                       «Verzicht auf grosszügige Foyers».
     Basel baut zahlreiche innerstädtische Gewerbeareale um – kreativ, spannend, kontrast-
     reich und belebend. Und was baut Zürich in seinem Industriequartier Zürich West?                     So machen es die Zürcher.             •

     Leblose Kästen zwischen Autobahnauffahrten und trostlosen Bürobunkern.

62       BILANZ 05 | 2017
BASEL - DAS BESSERE ZÜRICH - BAK Economics
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