Starke Gesellschaft starke Wirtschaft starkes Ich - WissensWert Was Deutschland braucht, um zukunftsfähig zu sein - Roman ...

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Starke Gesellschaft starke Wirtschaft starkes Ich - WissensWert Was Deutschland braucht, um zukunftsfähig zu sein - Roman ...
Starke Gesellschaft
starke Wirtschaft
starkes Ich            In
              Deutschland
               neu denken
               Was Deutschland braucht,

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               um zukunftsfähig zu sein
WissensWert
Starke GesellschaftIn
    starke Wirtschaft
         Deutschland
    starkes Ich
          neu denken
2                           Inhalt
                            Bildschirm statt Bühne                                   »We don’t need no thought control«
                            Mit seinem ersten digitalen Fachsymposium nutzt das      Weniger Frontalunterricht, mehr selbstbestimmtes
                            Roman Herzog Institut die Krise als Sprungbrett und      ­Lernen – Corona zeigt, was unsere Schulen brauchen.
                            setzt positive A
                                           ­ kzente.                                  Analoge Inhalte in digitalem Format sind allein noch
                                                                                      kein Konzept.
                            Reden ist Silber,
                            Widersprechen ist Gold                                   Kein Patentrezept gegen die Pandemie
                            Verschwörungsmythen, Fake News und radikales             Brain statt Bauch: Krisenmanagement verlangt
                            ­Gedankengut gefährden die Demokratie. Dagegen           ­analy­tisches Denken, nicht intuitives Handeln –
                             helfen Argumente und Aufklärung.                         auf persön­licher wie auf globaler Ebene.

                            Vom Daten-Sammeln zum Daten-Lesen                        Lernziel Lebensmut
                            Erst der Kontext sorgt für Klartext: Wenn wir Entwick­   Geniale Strategie oder Genom? Wie gut man mit
                            lungen verstehen wollen, kommt es nicht auf möglichst    ­W idrigkeiten umgehen kann, ist nicht im Erbgut fest­
                            viele, sondern auf aussagefähige Daten an.                geschrieben, sondern erlernbar.

                            Mit Anschub zum Aufschwung                               Unendliche Weiten, endliche Zeit
                            Die Pandemie hat die Digitalisierung in Unternehmen      Der Blick ins All relativiert unser Selbstbild. Wenn das
                            gepusht. Jetzt muss aus dem kurzfristigen Boom eine      Leben auf dem Blauen Planeten eine Zukunft haben soll,
                            anhaltende Erfolgskurve werden.                          müssen wir schleunigst handeln.

                            Wir können Krise!                                        Zündende Ideen für ein
                            Schockstarre war gestern: Mit flexiblen und prag­        zukunftsfähiges Land
                            matischen Lösungen bestehen kleine und mittlere          Vom Verstehen zum Tun: Dinge besser zu machen, fängt
                            ­Betriebe die aktuellen Herausforderungen.               bei jedem Einzelnen an. Ein starkes Deutschland braucht
                                                                                     verantwortungsvolle Bürger*innen.
Starke GesellschaftIn
    starke Wirtschaft
         Deutschland
    starkes Ich
          neu denken
3                           Editorial
                            Hoffnungsvoll blicken wir nach einem für uns alle anstren­    Wir müssen mehr Erkenntnisse sammeln, Wissen inter­
                            genden und schwierigen Jahr auf 2021: Die Impfungen           disziplinär vernetzen und Innovationen fördern. Das ver­
                            gegen das Corona-Virus haben begonnen. Nach und               langt bisweilen einen langen Atem. Denn nicht aus jeder
                            nach werden wir in unserem Alltag, am Arbeitsplatz und        klugen Idee wird eine Erfolgsgeschichte, Rückschläge
                            im gesellschaftlichen Miteinander, kurz: in unserem Leben     gehören dazu – wir können an Krisen und Misserfolgen
                            wieder mehr Sicherheit erlangen.                              sogar wachsen. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir
                                                                                          die anstehenden Herausforderungen gemeinsam meis­
                            Gute Nachrichten kommen auch aus der Wirtschaft, die          tern werden.
                            sich nach Ansicht von Experten relativ zügig vom Corona-
                            Schock wieder erholen wird. Wir sind nochmal mit einem        Freuen Sie sich auf die Ergebnisse unseres RHI-Fach­
                            blauen Auge davongekommen, so scheint es. Doch das            symposiums in diesem WissensWert. Die Beiträge zum
                            ist kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen und           18. RHI-Fachsymposium sowie weitere Impulse zum
                            alles beim Alten zu belassen.                                 Thema »Starke Gesellschaft – starke Wirtschaft – starkes
                                                                                          Ich« finden Sie im neuen RHI-Zukunftsnavigator.
                            Die Erfahrungen aus der Pandemie müssen wir jetzt sys­
                            tematisch auswerten. Dabei darf es nicht nur um Scha­
                            densbegrenzung gehen, vielmehr müssen wir die Krise
                            als Anschub nutzen: Wie gewinnen wir wieder positive
                            Perspektiven? Was macht unser Land zukunftsfähig?

                            Zukunftsfähigkeit ist vor allem in uns selbst begründet:      Professor Randolf Rodenstock
                            Für die schwierigen Aufgaben, die jetzt anstehen, ist         Vorstandsvorsitzender
                            pragmatischer Realitätssinn ebenso gefragt wie Weitsicht      Roman Herzog Institut e. V.
                            und die Fähigkeit zum visionären Denken. Wir brauchen
                            Menschen, die mutig und aufgeschlossen sind, die etwas
                            Neues wagen und auch Risiken nicht scheuen.

                            Die Voraussetzung dafür ist Bildung – und die erschöpft
                            sich längst nicht mehr in Algebra und Aristoteles. Digitale
                            Kompetenz wird in Zukunft unerlässlich sein und sie
                            muss bereits in den Schulen vermittelt werden. Denn die
                            Digitalisierung erfasst alle Lebensbereiche: Sie verändert
                            unsere Arbeitswelt und unsere Freizeit, unsere Mobilität      Bleiben Sie mit uns auf dem Laufenden –
                            und unser ganzes Denken.                                      jetzt den RHI-Newsletter abonnieren.
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               neu denken
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                            Bildschirm statt Bühne                                      Reden ist Silber,
                             Welche Lehren können wir aus der Corona-Krise
                                                                                        Widersprechen ist Gold
                            ­ziehen? Was macht uns stark – auf gesellschaftlicher,
                             wirtschaftlicher und persönlicher Ebene? Welche Ver­       Die gesellschaftliche Verunsicherung durch die Pandemie
    Möchte ein Ge-           änderungen sind nötig, um auf Schocks künftig besser       zieht weite Kreise – nach Ansicht der Journalistin Franzi
    dankenfeuerwerk          vorbereitet zu sein? Neun Expertinnen aus Wissenschaft,    von Kempis äußert sich das auch in der zunehmenden
    entfachen – RHI-         Wirtschaft und Medien bezogen zu diesen Fragen             Zahl von Menschen, die Woche für Woche gegen die
    Geschäftsführerin        Stellung auf dem Fachsymposium des Roman Herzog            Maßnahmen der Bundesregierung demonstrieren.
    Dr. Neşe Sevsay-        Instituts (RHI).
    Tegethoff.                                                                          Für Corona-Leugner zeigt die Autorin, die im März 2020
                            »Wir wollen nicht in der Theorie stecken bleiben,           selbst an Corona erkrankte, wenig Verständnis. Und
                            ­sondern zum Tun kommen«, kündigte RHI-Geschäfts­           noch mehr beunruhigt sie, dass Maskengegner Seite
                             führerin Neşe Sevsay-Tegethoff in ihrer Begrüßung an.     an Seite mit Reichsbürgern demonstrieren und »mit
                             »Wir wagen den Sprung und nutzen die Krise als Sprung­     ­Nazis Polonaise tanzen«. Sie ist überzeugt: »Immer mehr
    Franzi von               brett!« Erstmals fand die Veranstaltung im Online-Format    Menschen verlieren den Glauben in die Demokratie –
    Kempis bloggt            statt, wie Sevsay-Tegethoff betonte. Die vielfältige und    das dürfen wir nicht zulassen!«
    als »Besorgte            abwechslungsreiche Mischung aus zuvor aufgezeichne­
    Bürgerin« im Netz:       ten Impulsvorträgen, Einspielern und live gestreamten      In den sozialen Medien geht von Kempis deshalb mit
    »Verschwörungs-          Interviews wurde von Marion Gehlert, Chefredakteurin       Aufklärungskampagnen gegen Fake News und obskure
    mythen sind kein         von münchen tv, moderiert.                                 Verschwörungserzählungen vor. Sie fordert umfangreiche
    Nischenthema                                                                        Maßnahmen, um die politische Bildung und die Medien­
    mehr.«                  Das 18. Fachsymposium des Roman Herzog Instituts            kompetenz in allen Altersgruppen zu verbessern und um
                            »Starke Gesellschaft – starke Wirtschaft – starkes Ich«     Aussteiger aus der Verschwörungsszene zu beraten und
                            können Sie auf dem YouTube-Kanal des RHI noch ein­          zu unterstützen.
                            mal ansehen.
                                                                                        Vor allem aber solle jeder in seinem privaten Alltag wach­
                                                                                        sam sein und energisch widersprechen – etwa wenn
                                                                                        in Chatgruppen plötzlich Hassbotschaften kursieren
                                                                                        oder im Gespräch mit Kollegen menschenverachtende
                                                                                        Bemerkungen fallen.
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    Vom Daten-Sammeln zum Daten-Lesen                                                   Mit Anschub zum Aufschwung
    Auf Fakten setzt auch die Statistikerin Katharina Schüller:                         Datenkompetenz ist ein entscheidender Faktor für wirt­
    In unsicheren Zeiten brauchen wir verlässliche Daten als                            schaftliche Stärke. Darauf wies die Ökonomin und Digi­
    Grundlage für politische Entscheidungen, so ihre These.                             talisierungsexpertin Irene Bertschek in ihrem Vortrag hin.
    Tatsächlich wurde in den zurückliegenden Monaten stets        Katharina Schüller    Gutes Data Management wird für Unternehmen künftig
    mit Zahlen und Daten argumentiert, um Maskenpflicht           plädiert für mehr     einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellen.
    und Kontaktverbote, Lockdown und Lockerungen zu               Datenkompetenz:       Deshalb müssten sie in die Digitalisierung und die Qualifi­
    begründen. Dabei lief nach Ansicht der Expertin jedoch        »Nötig sind Men-      zierung ihrer Beschäftigten mehr als bisher investieren.
    nicht alles rund: »Wir haben noch immer keinen unver­         schen, die Daten
    zerrten Blick auf die Pandemie«, bemängelt sie, »da hilft     kontextualisieren.«   Die Corona-Krise habe digitale Lernprozesse angestoßen
    es auch nicht, die vorhandenen Daten immer wieder                                   und kurzfristig für einen Digitalisierungsschub gesorgt.
    neu zu kneten.«                                                                     Jetzt gelte es, diesen Schwung und das Erlernte für
                                                                                        eine nachhaltige digitale Transformation zu nutzen. Laut
    Grundsätzlich komme es nicht auf möglichst viele,                                   einer Umfrage des Leibniz-Zentrums für Europäische
    sondern auf gute – also repräsentative – Daten an. Sie                              Wirtschaftsforschung (ZEW) will die Mehrheit der Unter­
    richtig »zu lesen« und auf ihre Aussagefähigkeit hin zu                             nehmen im Verarbeitenden Gewerbe und in der Informa­
    überprüfen, sei eine weitere wichtige Voraussetzung. So                             tionswirtschaft auch nach der Pandemie am Homeoffice
    könnten beispielsweise die Corona-Fallzahlen immer nur                              festhalten.
    einen Ausschnitt der Realität abbilden. Was aber für die
    Beurteilung der Pandemie auch wichtig ist, wie etwa das                             »Das kann jedoch nicht die einzige Errungenschaft sein,
    soziale Umfeld oder die Situation in Familien und Schu­                             die wir aus der Krise mitnehmen«, mahnte die Expertin,
    len, bliebe außen vor.                                                              die den Forschungsbereich Digitale Ökonomie am ZEW
                                                                                        leitet. Neben den Unternehmen sieht sie auch die Politik
    »Wir brauchen ein Verständnis dafür, was Daten leisten        Ganz in ihrem         gefordert: Sie muss die Weichen richtig stellen durch
    können und was nicht«, sagt Schüller, die mit STAT-UP         Element: Prof. Dr.    die Förderung von Innovation und Forschung, durch
    eine Firma für Statistik und Datenanalyse gegründet hat.      Irene Bertschek       den europaweiten Ausbau digitaler Infrastruktur und die
    Diese Datenkompetenz werde in Zukunft immer wich­             plädiert in ihrem     Vermittlung von Basis- und Expertenwissen.
    tiger – auch wenn letztlich nicht alles vorausberechnet       Digital-Vortrag
    werden kann und immer noch Entscheidungsspielräume            nachdrücklich für
    bleiben müssen.                                               eine nachhaltige
                                                                  digitale Trans­
                                                                  formation.
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                            Wir können Krise!
    Randolf Roden-
    stock und Neşe         Vor allem in kleinen und mittelständischen Betrieben gibt
    Sevsay-Tegethoff        es in puncto Digitalisierung noch Luft nach oben, räumt
    stellen den neuen       Unternehmerin Angelique Renkhoff-Mücke ein. Das habe
    »RHI-Zukunftsna-        sich nach dem Ausbruch der Pandemie gerächt. Aber
    vigator 2021« vor,      selbst digital gut aufgestellte Unternehmen traf es hart:                                               Angelique Renk-
    der Anfang Dezem-       »Am Anfang waren wir im Schockzustand«, erinnert sich                                                   hoff-Mücke: »Die
    ber 2020 erschie-       Renkhoff-Mücke, Vorstandsvorsitzende der WAREMA                                                         Digitalisierung hat
    nen ist. Mehr dazu      Renkhoff SE.                                                                                            uns in der Krise
    im Interview.                                                                                                                   enorm geholfen.«
                            Dank einer kurz zuvor absolvierten Krisensimulation war
                            man in ihrer Firma auf den Umgang mit unvorhergese­
                            henen Situationen vorbereitet und konnte zügig wieder
                            in den Arbeitsmodus finden. Dazu braucht es ein flexib­
                            les und anpassungsfähiges Management: »Wir müssen
                            Krisen antizipieren können«, meint die Familienunter­
                            nehmerin. Kleineren Betrieben rät Renkhoff-Mücke zu
                            pragmatischen Lösungen anstelle eines großen digitalen
                            Aufschlags – etwa durch die Kooperation mit anderen

                                                                                                    In
                            Unternehmen oder mit Hochschulen.                                                                       Kompetent durch
                                                                                         Strategien in Zeiten                       die Krise – Strate-
                            Zufrieden zeigte sich die Unternehmerin mit dem staat­       von Unsicherheit                           gieexperte Thomas
                            lichen Krisenmanagement: Die Maßnahmen seien zwar
                            nicht immer treffgenau, erzielten aber – wie etwa die
                                                                                           Deutschland                              Hutzschen­r euter
                                                                                                                                    erklärt, wie Unter­
                            Kurzarbeit – gute Ergebnisse. Jetzt dürfe der Staat aller­
                            dings nicht den richtigen Zeitpunkt verpassen, um sich
                                                                                            neu denken
                                                                                         Thomas Hutzschenreuter
                                                                                                                                    nehmen auch in
                                                                                                                                    Corona-Zeiten
                            wieder aus der Wirtschaft zurückzuziehen.                                                               erfolgreich mit

                                                                                                                               35
                                                                                                                  Diskussion
                                                                                                                                    Unsicherheit um-
                                                                                                                                    gehen können.
Starke GesellschaftIn
    starke Wirtschaft
         Deutschland
    starkes Ich
               neu denken
7
    »We don’t need no thought control«                                                 Für zukunftsfähig hält Pausder unser Land aber nur,
                                                                                       wenn alle Kinder Zugang zu digitaler Bildung haben.
    Praxisnahe Antworten auf die Pandemie fand auch die                                Dazu reiche es nicht aus, ihnen Laptops zu geben:
    Unternehmerin Verena Pausder: Die Gründerin und              Verena Pausder        »Wir brauchen keinen analogen Unterricht in digitalen
    Vorständin des Vereins »Digitale Bildung für alle« stellte   macht sich für        Schläuchen!«, mahnt sie. Eine Bildungsoffensive müsse
    während des Lockdowns eine selbst entwickelte Home­          digitale Teilhabe     darauf abzielen, »unsere Kinder in diese Welt zu führen
    schooling-Website ins Netz, als im Frühjahr 2020 land­       stark: »Wir können    als digitale Gestalter – und sie nicht zu Konsumenten
    auf, landab noch über digitales Lernen diskutiert wurde.     Kinder nicht mit      zu degradieren«.
                                                                 Dienst nach Vor-
    »Corona war das größte unfreiwillige Bildungsexperiment,     schrift auf die Zu-
    das wir in Deutschland je gemacht haben«, resümiert sie.     kunft vorbereiten.«   Kein Patentrezept gegen die Pandemie
    Beim »Schwimmen in unbekanntem Gewässer« seien
    viele kreative Initiativen und Denkanstöße entstanden,                             Das Heft in die Hand zu nehmen und das eigene Leben
    die gezeigt hätten, was unser Bildungssystem braucht:                              neu auszurichten – dazu fordern uns Krisen geradezu
    mehr projektbasierten sowie fächerübergreifenden Un­                               heraus. Nach Auffassung der Informatikerin Bea Knecht,
    terricht, eine Entschlackung der Lehrpläne und Anleitun­                           Gründerin des Streamingdienstes Zattoo, markiert die
    gen zum selbstbestimmten Lernen. Außerdem müssten                                  Corona-Pandemie einen Wendepunkt in unserem bishe­
    Schulleiter*innen und Lehrende durch Fortbildung und                               rigen Denken. Sie bringt uns dazu, mehr auf die Wissen­
    technischen Support auf die neuen Anforderungen bes­                               schaft zu hören und uns beispielsweise mit mathe­
    ser vorbereitet werden.                                                            matischen Fragen wie dem exponentiellen Wachstum zu
                                                                                       befassen – was uns auch zugutekommt, um Entwicklun­
    Denn auf den bisherigen Digitalunterricht fallen düstere                           gen wie die Erderwärmung oder die künstliche Intelligenz
    Schatten: Nach Schätzungen des Verbands Bildung                                    besser zu verstehen.
    und Erziehung wurden während des ersten Lockdowns
    2,5 Millionen Kinder von Lernangeboten überhaupt nicht                             Vor allem erfahren wir gerade anschaulich, dass es für
    erreicht. Das habe die schon vorher bestehende Chan­                               globale Herausforderungen keine einfachen Lösungen
    cenungleichheit im Bildungsbereich weiter vertieft.                                gibt. Statt »gleich aus der Hüfte zu schießen«, müssten
                                                                                       die politisch Verantwortlichen neugierig und offen für
                                                                 Zattoo-Gründerin      Ideen bleiben. Die Pandemie verlange von uns, Gewohn­
                                                                 Bea Knecht: »Wir      tes aufzugeben und nach neuen Wegen zu suchen. Denn
                                                                 neigen zu Rou-        »wir haben sicheres Terrain verlassen – hat ein Weiter-So
                                                                 tinen und festen      überhaupt noch Sinn?«.
                                                                 Gewohnheiten.
                                                                 Denken und Um-
                                                                 denken schmerzt.«
Starke GesellschaftIn
    starke Wirtschaft
         Deutschland
    starkes Ich
               neu denken
8
    Auch in persönlichen Krisen setzt Knecht mehr auf ana­         Die Pandemie beispielsweise werde von jedem anders
    lytisches Denken als auf Bauchgefühl. Außerdem müsse           erlebt – für manche steht der soziale, für andere der
    man offen damit umgehen, den Austausch mit anderen             finanzielle Leidensdruck im Vordergrund, einige hätten
    suchen und sich konstruktive Kritik einholen. »Meinen          sich auch nahezu unbeeinträchtigt gefühlt. »Jeder hat
    inneren Monolog nach außen tragen«, nennt sie das. Bei         seine eigene Achillesferse«, sagt Berndt. Wichtig sei,
    aller (selbst-)kritischen Betrachtung sei es irgendwann        solche Schwachstellen zu akzeptieren – und dennoch zu      Journalistin
    aber auch nötig, loszulassen, den Blick auf Positives zu       einer lebensmutigen Haltung zu finden: »Man muss den       Dr. Christina Berndt
    lenken und sich neue Etappenziele zu setzen.                   Silberstreif sehen!«                                       ist zuversicht-
                                                                                                                              lich: »Jeder kann
                                                                   An Widerständen wächst der Mensch, lautet die Über­        lernen, mit Krisen
    Lernziel Lebensmut                                             zeugung von Management-Coach Nicole Brandes. Es            umzugehen.«
                                                                   komme dabei darauf an, seine Energien am richtigen
    Eine ähnliche Vorgehensweise schlägt auch Wissen­              Ort einzusetzen: »Die meisten versuchen, den Sturm zu
    schaftsjournalistin Christina Berndt vor: »Wir dürfen unter    managen und verschleißen dabei ihre Kräfte. Es gilt aber
    Krisen leiden, müssen aber auch irgendwann aus dem             sich selbst zu managen, nicht den Sturm.«
    Tal der Tränen wieder herauskommen.« Ob und wie gut
    das gelingt, ist eine Frage der Resilienz, der individuellen   Nach ihrer Erfahrung haben Menschen so viel mehr           Nicole Brandes
    Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit. Laut Berndt          Fähigkeiten, als sie meinen. Wichtig sei, diese gezielt    ermutigt jeden,
    ist sie die »Hornhaut der Seele« – eine Art psychisches        zu entwickeln, denn sie machen nicht nur zukunftsfitter,   seine Potenziale
    Immunsystem, das uns hilft, mit Schicksalsschlägen und         sondern auch zufriedener. »Nicht nur in die Fachkompe­     voll auszuschöp-
    Belastungen besser fertigzuwerden. Ihrer Ansicht nach          tenz investieren, sondern auch in die Selbstkompetenz!«,   fen: »Der innere
    ist Resilienz erlernbar – dabei spielen aber auch individu­    so der Rat der Expertin.                                   Fortschritt ist eine
    elle Veranlagungen und Prägungen eine Rolle.                                                                              Entscheidung.«

                                                                                                                              IAF-Präsidentin
                                                                                                                              Prof. Dr. Pascale
                                                                                                                              Ehrenfreund: »Der
                                                                                                                              Klimawandel ist
                                                                                                                              das drängendste
                                                                                                                              Problem. Zweif-
                                                                                                                              ler müssen mit
                                                                                                                              wissenschaftlichen
                                                                                                                              Daten überzeugt
                                                                                                                              werden.«
Starke GesellschaftIn
    starke Wirtschaft
         Deutschland
    starkes Ich
               neu denken
9
    Unendliche Weiten, endliche Zeit                                                  Zündende Ideen für ein
    Veränderungen gelingen nicht von heute auf morgen. Da­
                                                                                      zukunftsfähiges Land
    ran erinnerte die Astrophysikerin Pascale Ehrenfreund. In    Randolf Roden-
    der Weltraumforschung denke man im großen Maßstab:           stock wirbt für      Zum Blick auf das große Ganze ermunterte schließlich
    Forschungsmissionen ins All dauern inklusive Planung         mehr pragmati-       auch der RHI-Vorstandsvorsitzende Randolf Rodenstock.
    und Vorbereitung oft Jahre oder gar Jahrzehnte. Und          schen Realitäts-     »Zukunftsfähigkeit bedeutet, über den Tellerrand hinaus­
    menschliches Leben auf der Erde gibt es – gemessen           sinn: »Wir dürfen    zuschauen«, lautet seine Empfehlung und die Devise des
    am Alter unseres Planeten – erst seit kurzer Zeit. Den­      uns nicht von fal-   Roman Herzog Instituts. »Es muss ja nicht gleich bis in
    noch sei angesichts des Klimawandels jetzt Eile geboten:     schen Wahrheiten     den Weltraum sein!«, fügt er schmunzelnd hinzu.
                                                                 leiten lassen.«
    »Davon, wie wir mit dem Planeten und seinen Ressour­                              Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie werde aktu­
    cen umgehen, hängt ab, ob wir nur eine kurzlebige Spe­                            ell zu einer digitalen Offensive aufgerufen. Dabei geht es
    zies sind – eine Episode der Erdgeschichte!«, erklärt die                         in den Unternehmen nicht nur um mehr Effizienz in der
    Wissenschaftlerin, die seit Oktober 2020 Präsidentin der                          Produktion oder in den Arbeitsabläufen, sondern auch
    International Astronautical Federation (IAF) ist und zuvor                        um die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle. Damit
    an der Spitze des Deutschen Zentrums für Luft- und                                neue Ideen und Perspektiven entstehen können, sind
    Raumfahrt (DLR) gestanden hat. Die Reduzierung von                                Mut, Offenheit und Wiss­begierde nötig: »Nur wenn wir
    Treibhausgasen in allen Bereichen der Wirtschaft und                              lernen und Dinge besser verstehen, können wir sie auch
    des privaten Konsums, bei Transport und Verkehr, habe                             besser machen.«
    absoluten Vorrang. Die globale Erwärmung müsse auf
    1,5 Grad Celsius begrenzt werden, wie es das Pariser                              Die Referentinnen hätten ein Feuerwerk kluger Ideen und
    Klimaschutzabkommen als Ziel formuliert. Im »European                             vielfältiger Anregungen entfacht – und uns allen Haus­
    Green Deal«, mit dem die EU bis 2050 klimaneutral wer­                            aufgaben aufgegeben. Deutschland stark zu machen,
    den will, sieht sie einen richtigen politischen Ansatz.                           sei eine Zukunftsaufgabe, bei der es auf jeden Einzelnen
                                                                                      ankomme. Die Bürger*innen müssten Verantwortung für
    »Noch bleibt uns Zeit, das Leben auf der Erde zu gestal­                          sich und für andere übernehmen »und nicht nur auf die
    ten«, gibt sich Ehrenfreund zuversichtlich. Generell neige                        Politik schielen«, appelliert Rodenstock an uns alle.
    man als Wissenschaftler*in zu lösungsorientiertem und        Mit Blumen und
    positivem Denken – speziell in der Weltraumforschung:        »Female First
    »Die Erde ist ein außergewöhnlicher Planet in unserem        Words« verab-
    Sonnensystem, und wir haben die Pflicht, ihn mit allen       schiedete sich
    Mitteln zu schützen!«                                        Randolf Roden-
                                                                 stock von den
                                                                 Live-Gästen.
Starke GesellschaftIn
     starke Wirtschaft
          Deutschland
     starkes Ich
                neu denken
10
     LesensWert                                               WissensWerte – bisher erschienen                                         © 2021 Roman Herzog Institut e. V.
                                                                                                                                       (Herausgeber)
     Roman Herzog Institut (Hrsg.), 2020, Der Erste, bitte!   Roman Herzog Institut (Hrsg.), 2020, Gemeinsam
     Deutschland bereitet sich auf die Corona-Impfung vor,    etwas Positives tun ist auch ansteckend! Zu den                          Kontakt:
     RHI-Akzent, Nr. 5, München                               gesellschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie,                           Dr. Neşe Sevsay-Tegethoff
                                                              RHI-WissensWert, Nr. 22, München                                         Geschäftsführerin
     Randolf Rodenstock / Neşe Sevsay-Tegethoff, 2020,                                                                                Roman Herzog Institut e. V.
     In Deutschland neu denken. Starke Gesellschaft –         Roman Herzog Institut (Hrsg.), 2019, Yes, we change!                     Max-Joseph-Straße 5
     Starke Wirtschaft – Starkes Ich, RHI Zukunftsnavigator   Sechs Impulse für den Wandel der Arbeitsgesellschaft,                    80333 München
     2021, Hamburg                                            RHI-WissensWert, Nr. 21, München                                         Telefon 089 551 78-732
                                                                                                                                       Telefax 089 551 78-755
     Roman Herzog Institut (Hrsg.), 2020, Im digitalen        Roman Herzog Institut (Hrsg.), 2019, Zwischen Illusion                   info@romanherzoginstitut.de
     Umbruch. Was wird aus der Arbeit?, RHI-Akzent, Nr. 4,    und Innovation. Braucht die digitale Gesellschaft das                    www.romanherzoginstitut.de
     München                                                  bedingungslose Grundeinkommen?, RHI-WissensWert,
                                                              Nr. 20, München                                                          Redaktion:
     Hutzschenreuter, Thomas, 2020, Strategien in Zeiten                                                                               Martina Martschin,
     von Unsicherheit, RHI-Diskussion, Nr. 35, München        Roman Herzog Institut (Hrsg.), 2018, Digitale Disruption?                Dr. Neşe Sevsay-Tegethoff,
                                                              Mythen entlarven, Chancen ergreifen, RHI-WissensWert,                    Dr. Benjamin Scharnagel
     Randolf Rodenstock / Neşe Sevsay-Tegethoff, 2019,       Nr. 19, München
     2020 – Der Zukunftsnavigator, Hamburg                                                                                             Fotos:
                                                              Roman Herzog Institut (Hrsg.), 2018, 70 Jahre Soziale                    © 2021 Roman Herzog Institut e. V.
     Roman Herzog Institut (Hrsg.), 2017, Arbeit, Werte,      Marktwirtschaft. Zwischen Retro-Charme und                               Bild Seite 2: Christine Gallmetzer
     Zukunft. In welcher Gesellschaft wollen wir leben?,      Aufbruchstimmung, RHI-WissensWert, Nr. 18, München          Folgen Sie
     RHI-WissensWert, Nr. 16, München                                                                                     uns auf …
                                                              Roman Herzog Institut (Hrsg.), 2018, Die Mittelschicht
                                                              in Deutschland. Wirtschaftliches Kraftfeld oder sozialer
                                                              Krisenherd?, RHI-WissensWert, Nr. 17, München
                                                                                                                                       Die Publikationen des Roman Herzog
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