Stellungnahme - Bebauungsplan Kötztinger Straße - April 2020 - Furth im Wald

 
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Stellungnahme - Bebauungsplan Kötztinger Straße - April 2020 - Furth im Wald
Bebauungsplan
Kötztinger Straße

 Stellungnahme
               April 2020

                Vorgelegt von
    Department für Geographie
       iq Projektgesellschaft
              Luisenstraße 37
              80333 München
Stellungnahme - Bebauungsplan Kötztinger Straße - April 2020 - Furth im Wald
Stellungnahme – Bebauungsplan Kötztinger Straße

A   Anlass und Aufgabenstellung
    Die Stadt Furth im Wald stellt einen Bebauungsplan für den Standortbereich westlich der
    Kötztinger Straße auf. Dieser Bebauungsplan „Kötztinger Straße“ sieht vor, dieses Gebiet ge-
    mäß des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes (ISEK) aus dem Jahr 2016 als Grundver-
    sorgungsstandort sowie als Standort für nicht-zentrenrelevanten Einzelhandel zu entwickeln.
    Darüber hinaus soll der Standort für die Ansiedlung von Systemgastronomie zur Verfügung
    stehen. Zur bauleitplanerischen Realisierung dieser Vorhaben ist vorgesehen, den Standort-
    bereich in zwei Sondergebiete für Einzelhandel sowie in zwei Gewerbegebiete zu gliedern.
    Hierzu liegt ein Entwurf des beauftragten Büros Arbeitsgruppe Planung + Architektur GmbH,
    Grafenau vor.

    Abbildung 1: Entwurf zum Bebauungsplan „Kötztinger Straße“

    Quelle: Arbeitsgruppe Planung + Architektur GmbH, Grafenau

    Abgesehen von den beiden Bausteinen: Lebensmitteldiscounter mit 1.200 m² Verkaufsfläche
    und Drogeriemarkt mit 700 m² Verkaufsfläche, sind für das Gebiet noch keine weiteren kon-
    kreten Vorhaben festgelegt. Angedacht sind für das Sondergebiet 1 aber bereits ein Baumarkt
    sowie für das Gewerbegebiet 1 ein Anbieter aus dem Bereich der Systemgastronomie. Zudem
    ist innerhalb des Areals die Realisierung eines Getränkemarktes in der Diskussion.

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Stellungnahme – Bebauungsplan Kötztinger Straße

    Auf Basis dieser Rahmenbedingungen soll nun zu den einzelnen, oben angegebenen Gebiets-
    festsetzungen im Bebauungsplan Kötztinger Straße der mögliche Entwicklungsrahmen aus
    Perspektive des ISEK Furth im Wald 2016 abgesteckt und konkretisiert werden. Insbesondere
    gilt es hierbei darzulegen, ob die Ansiedlung eines Drogeriemarktes und eines Getränkemark-
    tes mit dem ISEK Furth im Wald 2016 in Übereinstimmung gebracht werden kann und es soll
    angegeben werden, welcher Entwicklungsspielraum im Bereich der nicht-zentrenrelevanten
    Sortimente aus Perspektive des ISEK Furth im Wald 2016 im Standortbereich der Kötztinger
    Straße möglich wäre.

B   Bewertungsgrundlagen
    Mit der angeforderten Stellungnahme kommt die Stadt Furth im Wald der Anforderung gemäß
    § 1 Abs. 6 (11) BauGB nach und berücksichtigt bei der Aufstellung des Bebauungsplans
    „Kötztinger Straße“ die Ergebnisse des ISEK Furth im Wald 2016, als ihrem vom Stadtrat be-
    schlossenen, städtebaulichen Entwicklungskonzept.

    Abbildung 2: Stadtumbaubedarf

    Quelle: ISEK Furth im Wald 2016                                                        iq-Projektgesellschaft

    Das ISEK Furth im Wald 2016 und die darin formulierte, städtebauliche Entwicklungsstrategie
    entstanden vor dem Hintergrund der spürbar negativen städtebaulichen Konsequenzen, die
    den raumstrukturellen Wandel in den Bereichen Demographie und Wirtschaft vor Ort beglei-
    ten. Den damit einhergehenden, städtebaulichen Problemen soll aktiv durch Stadtumbau be-
    gegnet werden. Das ISEK Furth im Wald 2016 definiert hierfür sowohl Ziele zum erforderlichen

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Stellungnahme – Bebauungsplan Kötztinger Straße

Stadtumbau, als auch eine darauf abgestimmte Strategie aus zielgerichteten Maßnahmen und
Impulsprojekten, die den Umbau- und Aufwertungsprozess einleiten sollen. Als wesentliche
Rahmenbedingung zur Sicherung des Stadtumbaus sowie der Realisierbarkeit der anvisierten
Maßnahmen und Projekte ist im ISEK Furth im Wald 2016 zudem eine Entwicklungsstrategie
für den Einzelhandel in der Stadt Furth im Wald formuliert. Sie stellt die Anforderungen der
Innenentwicklung und der Revitalisierung des Kernbereichs in den Vordergrund und ordnet
alle weiteren einzelhandelsbezogenen Entwicklungsbausteine der Realisierung dieser Zielset-
zung unter.

Ausgangspunkt für den räumlichen Stadtumbau ist der identifizierte Stadtumbaubedarf bzw.
der daraus abgeleitete Handlungsbedarf, der – differenziert nach der aktuellen Flächennut-
zung – für den gesamten Hauptort dokumentiert ist (vgl. Abb. 2). Darin sind gebietsbezogen
die Ausgangssituation und die stadtumbaubezogenen Entwicklungsziele miteinander ver-
knüpft. Der räumliche Planumgriff des Bebauungsplans „Kötztinger Straße“ ist in den gebiets-
spezifischen Festlegungen zum Stadtumbaubedarf als „Umbaufläche“ dargestellt (vgl. Abb. 2).
Nach der Beschreibung zur Handlungsstrategie für diese Gebietskategorie im ISEK Furth im
Wald 2016 liegt auf Umbauflächen derzeit eine Mindernutzung vor. Die aktuelle Nutzung ist
desolat oder die Flächen liegen gänzlich brach. Gleichzeitig eignen sich die Flächen auf Grund
ihrer Lage auch für eine alternative Nutzung. Der Handlungsbedarf für diese Flächen lautet
„Umbau oder Rückbau zur Aktivierung der bisherigen oder einer neuen Nutzung“.

Abbildung 3: Funktionsräumliches Leitbild für den Hauptort

Quelle: ISEK Furth im Wald 2016                                                        iq-Projektgesellschaft

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Den konzeptionellen Rahmen für die künftige flächenbezogene Stadtentwicklung der Stadt
Furth im Wald bildet das Leitbild für die funktionsräumliche Entwicklung für den Hauptort aus
dem ISEK Furth im Wald 2016 (vgl. Abb. 3). Es zeigt die Entwicklungs- und Funktionsbereiche
bzw. die Nutzungen auf der Ebene der Flächennutzungsplanung.

Für den räumlichen Planumgriff des Bebauungsplans „Kötztinger Straße“ zeigt das funktions-
räumliche Leitbild für den Hauptort zwei Entwicklungsoptionen, die der jeweiligen stadtumbau-
bezogenen Strategie, „Rückbau“ auf der einen Seite und „Aktivierung“ auf der anderen Seite
gewidmet sind. Im Falle eines Rückbaus bestehender Gebäude und Nutzungen könnte die
Eingliederung dieser Flächen oder zumindest größerer Teile davon in den Landschaftsraum
der Chamb erfolgen. Dadurch würde die Landschaftsachse, die durch die Chamb bestimmt
wird, gestärkt werden und die Naherholungsfunktion dieser Achse könnte erweitert werden.
Im Falle einer Aktivierung dieser Flächen für eine ökonomisch verwertbare Nutzung, ist eine
Revitalisierung als Gewerbefläche vorgesehen, wobei diese Fläche – zumindest in einge-
schränktem Maße – auch für eine Einzelhandelsnutzung in Frage kommt. So nennt das ISEK
Furth im Wald 2016 für diesen Standortbereich bereits die Entwicklungsoption als „Standort
für nicht-zentrenrelevanten Einzelhandel“. Gleichzeitig wird dem am Standort bereits geneh-
migten Einzelhandel (Lebensmittelmarkt) aktiver Bestandsschutz eingeräumt. Dies bedeutet,
dass der Bestand nicht „eingefroren“ wird, sondern wettbewerbsbedingte uns somit bestands-
sichernde Anpassungen bzw. auch Erweiterungen des Lebensmittelmarktes durchaus möglich
sind.

Weiter konkretisiert ist die mögliche Einzelhandelsnutzung am Standort der Kötztinger Straße
im ISEK Furth im Wald 2016 im Standort- und Sortimentskonzept zur Einzelhandelsentwick-
lung der Stadt Furth im Wald sowie in der dazugehörigen Steuerungsstrategie.

Eine aktive Steuerung der Einzelhandelsentwicklung in der Stadt Furth im Wald ist erforderlich,
um die Stadtmitte (Kernbereich und erweiterter Bereich) in ihrer Versorgungsfunktion, ihrer
Funktionsvielfalt und ihrer räumlichen Struktur zu sichern und zu stärken. Neben dieser Haupt-
zielsetzung verfolgt die einzelhandelsbezogene Entwicklungsstrategie folgende weiteren Ziel-
setzungen für die künftige Einzelhandelsentwicklung der Stadt Furth im Wald:

 Erhaltung und Stärkung der überörtlichen Versorgungsfunktion der Stadt Furth im Wald,

 Sicherung der bestehenden Handelsstandorte und Bündelung der Handelsfunktion auf be-
  stehende Standortbereiche,

 Entwicklung eines funktional differenzierten Systems an Versorgungsstandorten sowie

 Beibehaltung bzw. Weiterentwicklung des Grundversorgungsangebotes als Nahversor-
  gungsangebot.

Für den Standortbereich der Kötztinger Straße spielen auch diese Zielsetzungen eine ent-
scheidende Rolle. Allerdings müssen dabei etwaige Zielkonflikte miteinander in Einklang ge-
bracht werden. So sieht das Standortkonzept und die dazugehörige Steuerungsstrategie im
ISEK Furth im Wald 2016 zum einen die Entwicklung dieses Areals als Sonderstandort vor,

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zum anderen soll die Funktion der beiden Grundversorgungsstandorte im Standortbereich
Kötztinger Straße / Eschlkamer Straße erhalten bleiben, aber nicht weiterentwickelt werden.
Damit kommt man zum einen der Zielsetzung nach, die Handelsfunktion zu bündeln und zum
anderen wird aber eine Überentwicklung vermieden, die andere Grundversorgungsstandorte
gefährden würde. Indem man dem Anbieter Aldi, der über ein überörtliches Einzugsgebiet und
einen vergleichsweise hohen Marktanteil unter den Lebensmitteldiscountern verfügt, eine
Standortalternative bieten kann, wird die überörtliche Versorgungsfunktion der Stadt Furth im
Wald gestärkt, gleichzeitig sorgt die Einschränkung der Versorgungsfunktion des Standortes
der Kötztinger Straße dafür, dass Funktionsverlagerungen aus der Stadtmitte unterbleiben.

Abbildung 4: Standortkonzept und Steuerungsstrategie zur Einzelhandelsent-
             wicklung in der Stadt Furth im Wald

Quelle: ISEK Furth im Wald 2016                                                        iq-Projektgesellschaft

Sobald ein Standortbereich wie derjenige der Kötztinger Straße mit einem Lebensmittelmarkt
besetzt ist, erhält er eine Grundfrequenz, die auch für weitere Einzelhandelsbetriebe attraktiv

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ist. Sofern entsprechende Flächen verfügbar sind, siedeln sich weitere Handelsunternehmen
an und das Entwicklungspotenzial, das dringend für die Innenentwicklung bez. Die Revitalisie-
rung der Stadtmitte (Kernbereich oder Erweiterungsbereich) benötigt würde, wird am Stadt-
rand realisiert. Üblicherweise entsteht am Stadtrand dann eine Handelsagglomeration, die ne-
ben einem Lebensmitteldiscounter auch einen Supermarkt und Drogeriemarkt sowie ggf. noch
weitere Fachmärkte umfasst. Das Grundversorgungszentrum an der Nordgaustraße (Edeka,
Penny, Rossmann) ist hierfür ein Paradebeispiel. Derartige Entwicklungen sind in einer Reihe
von Kommunen zu sehen. Ohne Steuerung durch die Kommune entsteht somit ein Handels-
standort am Ortsrand, der die Innenentwicklung torpediert und letztlich auch in Konkurrenz zur
Stadtmitte tritt.

Die Steuerungsstrategie im ISEK Furth im Wald 2016 legt deshalb fest, dass die zusätzliche
Ansiedlung oder die Verlagerung großflächiger Lebensmittelmärkte (> 800 m² Verkaufsfläche)
bzw. von Einzelhandelsbetrieben mit Angebotsschwerpunkt im nahversorgungsrelevanten
Sortiment mit mehr als 400 m² Verkaufsfläche nur im zentralen Versorgungsbereich erfolgt.
An Grundversorgungsstandorten bleibt der Besatz auf jeweils einen Lebensmitteldiscounter
und die Verkaufsfläche auf das derzeit genehmigte Maß beschränkt. An Nahversorgungsstan-
dorten sowie am Grundversorgungszentrum Glashüttenweg wird ein erweiterter Bestands-
schutz eingeräumt. Diese Regelungen dienen dazu, den Standortbereich der erweiterten
Stadtmitte gegenüber Randstandorten wettbewerblich dauerhaft besserzustellen, um dieses
Areal für Investitionen und Entwicklungsimpulse wettbewerbsfähig zu platzieren. Hierdurch
soll einerseits Frequenz an die Stadtmitte herangeführt werden und es soll durch die Platzie-
rung möglichst eines Vollversorgers auch die Attraktivität der Stadtmitte sowie die der stadt-
mittenahen Bereiche als Wohnstandort erhöht werden. Um dieses, für den Stadtumbau und
die weitere städtebauliche Entwicklung entscheidende Projekt realisieren zu können, ist es
Aufgabe der Stadt Furth im Wald, alle Entwicklungen zu unterbinden, die dieser Zielsetzung
zuwiderlaufen. Hierzu zählt insbesondere die Entwicklung oder Weiterentwicklung anderer
Handelsstandorte, die außerhalb der zu revitalisierenden Zone liegen. Erfolgt die sich aktuell
noch vollziehende Neuaufstellung der Handelsstandorte oder der Lebensmittelmärkte nicht
zielgerichtet zur Revitalisierung der westlich der Stadtmitte gelegenen Bereiche, sondern an
anderer Stelle, steht für eine Revitalisierung kein Entwicklungspotenzial mehr zur Verfügung.
Dann kann auch die dringend erforderliche Stabilisierung und Nutzungsanreicherung der
Stadtmitte nicht gelingen.

Bei einer künftig immer weiter rückläufigen Bevölkerungszahl der Stadt Furth im Wald nimmt
auch das Marktvolumen ab, das für Lebensmittelmärkte zur Verfügung steht. Unter diesen
Rahmenbedingungen einen neuen Standort im zentralen Versorgungsbereich zu etablieren
und diesen nicht wie üblich am Ortsrand zu platzieren, sondern im direkten Umfeld der Stadt-
mitte, stellt ein sehr schwieriges Unterfangen dar, das nur dann gelingen kann, wenn das ört-
liche Wettbewerbsumfeld dem nicht entgegensteht. Hierfür muss die kommunale Einzelhan-
delsentwicklungsplanung Rechnung tragen.

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    Dementsprechend ist es nach der einzelhandelsspezifischen Steuerungsstrategie im ISEK
    Furth im Wald 2016 nur mehr innerhalb des Standortbereichs der erweiterten Stadtmitte bzw.
    des zentralen Versorgungsbereichs möglich, einen funktional vollständigen Grundversor-
    gungsstandort bestehend aus Lebensmittelsupermarkt, Lebensmitteldiscounter, Drogerie-
    markt, Getränkemarkt sowie ergänzenden grundversorgungsrelevanten Anbietern (Bäckerei,
    Metzgerei, Dienstleistungen) zu realisieren. Ein derartiger Standort kann aufgrund seines in-
    ternen Kopplungspotenzials eine Gesamt-Standortattraktivität erreichen, die seine erreichbar-
    keitsbezogenen Defizite im überörtlichen Maßstab aufwiegt. Entscheidend hierfür ist aber,
    dass an keiner anderen Stelle innerhalb der Stadt Furth im Wald außerhalb des Bereichs der
    erweiterten Stadtmitte ein Grundversorgungsstandort entsteht, der mit dem gleichen Betriebs-
    typen-Mix eine adäquate Versorgungsfunktion erreicht und zudem lagespezifische Erreichbar-
    keitsvorteile im überörtlichen Maßstab besitzt. Würde dieser Fall eintreten, dann wäre ein
    Grundversorgungsstandort innerhalb der erweiterten Stadtmitte kaum mehr zu realisieren, da
    er standortspezifische Wettbewerbsnachteile besäße, was insbesondere gegenüber allen
    Standorten entlang des Verkehrskorridors der B 20 der Fall wäre. Speziell vor diesem Wir-
    kungshintergrund sind auch die sehr restriktive einzelhandelsbezogene Steuerungsstrategie
    sowie die restriktive Ausbauoption der Grund- und Nahversorgungsstandorte im ISEK Furth
    im Wald 2016 zu sehen.

C   Einordnung des Vorhabens
    Für eine Wirkungsbetrachtung als Grundlage der Stellungnahme zum Vorhaben bzw. dem
    Bebauungsplan „Kötztinger Straße“ ist zunächst die wettbewerbliche Einordnung des Vorha-
    bens hinsichtlich des Marktgebietes sowie die Einordnung der relevanten Bausteine des Vor-
    habens in das System der unterschiedlichen einzelhandelsspezifischen Betriebstypen von
    entscheidender Bedeutung. Dabei geht es sowohl um die Dimensionierung und die sorti-
    mentsbezogene Strukturierung der Einzelbausteine als auch um deren Versorgungsfunktion
    und Reichweite sowie letztlich um den jeweils zu erreichenden Marktanteil.

C 1 Marktgebiet

    Die Gegebenheiten innerhalb des Makrostandortes determinieren die Größe des Einzugsge-
    bietes, das die Versorgungsstandorte in der Stadt Furth im Wald im Bereich der Grundversor-
    gung ausbilden können. Als Einzugsgebiet der Versorgungsstandorte der Stadt Furth im Wald
    im Bereich der Grundversorgung wird dabei der Raum bezeichnet, dessen Bevölkerung in den
    grundversorgungsrelevanten Sortimenten (Nahrungs- und Genussmittel) zum Einkauf in der
    Stadt Furth im Wald bzw. an den dort vorhandenen Versorgungsstandorten neigt. Die Größe
    dieses Marktgebietes für die Grundversorgung wird von einer Reihe unterschiedlicher Fakto-
    ren beeinflusst. Im Wesentlichen zählen hierzu:

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   räumliche Lage der Grundversorgungsstandorte innerhalb des Stadtgebietes der Stadt
    Furth im Wald,

   Größe und Struktur (Betriebsformen-Mix) der Grundversorgungsstandorte der Stadt Furth
    im Wald,

   Betriebsform, Größe und Betreiber der Lebensmittelmärkte,

   Lage zu anderen zentralen Orten sowie Nähe und Erreichbarkeit alternativer Versor-
    gungsstandorte außerhalb der Stadt Furth im Wald,

   Größe, Struktur des Angebotes der alternativen Versorgungsstandorte außerhalb der
    Stadt Furth im Wald,

   Betriebsform, Größe und Betreiber der Lebensmittelmärkte an den alternativen Versor-
    gungsstandorten außerhalb der Stadt Furth im Wald,

   Verteilung und Mobilität der Bevölkerung im Raum,

   Pendlerverflechtungen (arbeits- und ausbildungsbedingt),

   topographische Bedingungen, Verkehrsinfrastruktur und Erreichbarkeit.

Speziell beim Einkauf der grundversorgungsrelevanten Sortimente steht der reine Versor-
gungseinkauf im Vordergrund. Hierbei weisen die Kunden zum einen eine vergleichsweise
hohe Distanzempfindlichkeit auf, zum anderen versuchen die Kunden den Aufwand insgesamt
zu minimieren und bevorzugen Verbundstandorte. Grundsätzlich würden die Kunden ihren
Grundbedarf idealerweise gerne am Wohnort, in der Nähe der Wohnung und an nur einem
Standort (One-Stop-Shopping) decken. Deshalb besteht bei einem qualifizierten örtlichen
Grundversorgungsangebot nur wenig Anlass und Motivation, außerhalb der eigenen Kom-
mune einzukaufen. Lediglich wenn die Versorgungsfahrt nicht vom Wohnort aus beginnt, son-
dern vom Arbeitsort aus, ergibt sich ein anderes Kalkül. Das kann dazu führen, dass Kunden
trotz eines vollständigen Grundversorgungsangebotes am Wohnstandort einen Einkaufs-
standort wählen, der außerhalb der eigenen Wohnortkommune liegt. Eine deutschlandweite
Untersuchung aus dem Jahr 2013 kommt zu dem Ergebnis, dass 21 % der Versorgungsfahr-
ten vom Arbeitsort aus beginnen (und damit nicht vom Wohnstandort aus) (vgl. Krüger et al.
2013).

Bei der mittlerweile stark ausdifferenzierten Nachfrage und der Mehrfachorientierung der Ver-
braucher kommt einem möglichst vollständigen Grundversorgungsangebot innerhalb der
Kommune die entscheidende Bedeutung für die Kaufkraftbindung zu. Nur bei deutlichen An-
gebotsdefiziten oder im Falle von Standorten im Grenzkorridor bei Vorhandensein eines Preis-
Leistungs-Gradienten werden auch weiter entfernte Standorte für die Grundversorgung aufge-
sucht. Betrachtet man vor diesem Hintergrund die überörtliche Wettbewerbssituation der Stadt
Furth im Wald, so zeigt diese eine vollständige Ausstattung mit den unterschiedlichen Be-
triebstypen an Lebensmittelmärkten. Abgesehen von der Betriebsformen SB-Warenhaus, die

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Stellungnahme – Bebauungsplan Kötztinger Straße

ein Einzugsgebiet von ca. 60.000 Einwohnern erfordern würde, sind alle anderen Betriebsfor-
men in Furth im Wald präsent und teilweise auch durch mehrere Anbieter vertreten (vgl. Karte
1).

Karte 1: Überörtliche Wettbewerbssituation

Quelle: Bayernatlas, eigene Bearbeitung.                                               iq-Projektgesellschaft

Auf deutscher Seite der Grenze zu Tschechien verfügen die Mittelzentren Cham und Bad
Kötzting über eine Ausstattung mit Lebensmittelmärkten, die ebenfalls vollständig ist. Zudem
verfügt der Standort Cham mit dem Anbieter Kaufland auch über den Betriebstyp SB-Waren-
haus, was ihm eine besondere Anziehungskraft und damit Einzelhandelszentralität verleiht.
Sowohl die Stadt Cham, als auch die Stadt Bad Kötzting begrenzen das mögliche Einzugsge-
biet der Stadt Furth im Wald im Bereich des Lebensmitteleinzelhandels in Richtung Westen
und Süden. In Richtung Osten und Nordwesten verfügen die zentralen Orte Waldmünchen
und Neukirchen beim Heiligen Blut zwar über ein qualifiziertes Grundversorgungsangebot,
dieses bleibt aber nach Betriebstypen und Betreibern unvollständig. Vor allem die leistungsfä-
higen Discounter der Betreiber Aldi und Lidl, die ein vergleichsweise weitmaschiges Standort-
netz ausbilden und deshalb an ihren Standorten wesentlich zu einer hohen Kaufkraftbindung
und sortimentsbezogenen Einzelhandelszentralität beitragen, sind an diesen Standorten nicht
vorhanden. Dementsprechend fließt Kaufkraft aus dem östlichen und nordwestlichen Hinter-
land der Stadt Furth im Wald an die Versorgungsstandorte bzw. Lebensmittelmärkte in der

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Stadt Furth im Wald. Darüber hinaus ist die Stadt Furth im Wald der erste vollständig ausge-
stattete Versorgungsstandort im Bereich der Grundversorgung, der aus Richtung der Tsche-
chischen Republik über die B20 erreicht wird. Vor dem Hintergrund einer hohen Distanzemp-
findlichkeit, die Verbraucher im Bereich der Grundversorgung kennzeichnet, bindet die Stadt
Furth im Wald deshalb insbesondere im Bereich der Grundversorgung in erheblichem Umfang
auch Kaufkraft aus Tschechien.

Karte 2: Marktgebiet der Stadt Furth im Wald im Sortiment der Nahrungs- und Ge-
         nussmittel

Quelle: eigene Berechnung und Darstellung.                                             iq-Projektgesellschaft

Zum Marktgebiet der Stadt Furth im Wald im Bereich des Lebensmitteleinzelhandels zählen
– vor dem Hintergrund der überörtlichen Wettbewerbssituation – die Stadt Furth im Wald
selbst sowie die Umlandkommunen Gleißenberg, Arnschwang, Eschlkam und Neukirchen
beim Heiligen Blut (vgl. Karte 2). Dieses Kernmarktgebiet umfasst knapp 19.000 Einwohner
(vgl. Tab. 2), wobei aber nicht 100 % der Kaufkraft der Bevölkerung aus diesem Kernmarkt-
gebiet im Sortiment Nahrungs- und Genussmittel an den Standort Furth im Wald fließen.
Vielmehr werden auch andere Versorgungsstandorte wie beispielsweise die Stadt Cham auf-
gesucht und gerade bei den Kommunen mit einem eigenen qualifizierten Grundversorgungs-
angebot wie Neukirchen beim Heiligen Blut und Eschlkam verbleibt auch ein großer Teil der
Kaufkraft im Sortiment der Nahrungs- und Genussmittel in der eigenen Kommune.

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    Aus dem Marktpotenzial, das die insgesamt etwas über 19.000 Einwohnern im Kerneinzugs-
    gebiet der Stadt Furth im Wald repräsentieren, ist nur ein Marktvolumen von ca. 14.300 Ein-
    wohner als bindungsfähig für den Lebensmitteleinzelhandel in der Stadt Furth im Wald anzu-
    sehen. Für den Bereich der Drogeriewaren, in dem die umliegenden Kommunen keine Fach-
    märkte aufweisen, ergibt sich eine etwas höhere Bindungsfähigkeit und das bindungsfähige
    Marktvolumen erhöht sich auf ca. 15.400 Einwohner.

    Tabelle 2: Bevölkerung im Kerneinzugsgebiet der Stadt Furth im Wald im Sortiment
               der Nahrungs- und Genussmittel

        Kommune                                                       Einwohnerzahl
                                                                       Stand 31.12.2018

        Furth im Wald                                                        9.093
        Gleißenberg                                                          913
        Arnschwang                                                          2.009
        Eschlkam                                                            3.364
        Neukirchen b.Hl. Blut                                               3.700
        Kerneinzugsgebiet                                                   19.079

    Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, eigene Berechnung.   iq-Projektgesellschaft

    Darüber hinaus ist ein Marktvolumen von weiteren ca. 5.000 Einwohnern bindungsfähig, das
    sich aus dem Ferneinzugsgebiet sowie aus dem Bevölkerungspotenzial aus Tschechien re-
    krutiert.

C 2 Bausteine des Vorhabens

    Lebensmitteldiscounter des Betreibers Aldi

    Betrachtet man zunächst die Ansiedlung des Betreibers Aldi, so ist dieses Vorhaben der Be-
    triebsform Lebensmitteldiscounter und innerhalb dieser Betriebsform dem Untertyp Lebens-
    mittel-Hard-Discounter zuzuordnen. Die Einstufung als Lebensmittel-Hard-Discounter gilt
    weiterhin, auch wenn der Betreiber Aldi in den letzten Jahren Sortimentserweiterungen über
    zusätzliche Markenartikel und Eigenmarken vorgenommen hat und mittlerweile etwa ca.
    1.400 Artikel im Sortiment führt. Damit baut er seine Versorgungsfunktion im Wettbewerb
    weiter aus und positioniert sich insbesondere stärker gegenüber der Betriebsform Lebens-
    mittelsupermarkt. Der Anteil des Nonfood-Sortimentes an der gesamten Verkaufsfläche ei-
    nes Lebensmittel-Hard-Discounters beträgt üblicherweise ca. 20 %, wobei ein großer Teil
    hiervon (85 %) auf Warengruppen des kurzfristigen Bedarfs wie Drogeriewaren und Tiernah-
    rung, das sogenannte Nonfood I Sortiment entfällt. Der Umsatzanteil des Nonfood-Sortimen-
    tes liegt mittlerweile ebenfalls bei ca. 20 % und verzeichnet in den letzten Jahren eine stei-
    gende Tendenz.

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Innerhalb der Betriebsform der Lebensmitteldiscounter erreicht das Vorhaben mit ca. 1.200
m² Verkaufsfläche eine Größe, die deutlich über derjenigen liegt, die bisher als betriebswirt-
schaftlich notwendige Mindestgröße bei Neuansiedlungen galt (vgl. Bayerisches Staatsminis-
terium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, 2017). Erweiterung der Ver-
kaufsflächendimensionierung von ursprünglich bis zu 800 m² Verkaufsfläche auf 1.000 m² bis
1.300 m² Verkaufsfläche findet – verstärkt seit den letzten zehn Jahren – im Zuge der Durch-
führung von bestandssichernden Marktanpassungsmaßnahmen zur Optimierung des Markt-
auftritts bei allen gängigen Anbietern (Aldi, Lidl, Netto, Norma, Penny) in diesem Segment
statt.

Obwohl es sich bei dem Vorhaben in Furth im Wald um eine Standortverlagerung handelt,
die aus einer veränderten Situation im überörtlichen Straßennetz heraus motiviert ist, verän-
dert sich die überörtliche Erreichbarkeit am neuen Standort gegenüber dem Altstandort
kaum. Vorteilhaft ist der neue Standort vor allem hinsichtlich Sichtbarkeit und dem direkten
räumlichen Bezug bzw. der direkten Anbindung an das stärker frequentierte überörtliche
Straßennetz. Nachdem diese Veränderungen vor allem die Standortqualität des Mikrostan-
dortes sowie die Anbindung an die überörtliche Frequenz betreffen, bleibt die grundsätzliche
räumliche Ausdehnung des Einzugsgebietes für das Vorhaben zumindest unter dem Erreich-
barkeitsaspekt im Wesentlichen unverändert. Allerdings ist als Folge der verbesserten Anbin-
dung an das überörtliche Straßennetz mit einer höheren Ausschöpfung aus dem vorbeiflie-
ßenden Verkehr zu rechnen und damit ein vergleichsweise höherer Anteil für Streuumsätze
anzunehmen. Raumstrukturell treten mit der Standortverlagerung des Anbieters Aldi somit
kaum Veränderungen auf. Durch die Erweiterung der Verkaufsfläche und die Anordnung im
Verbund mit weiteren, grundversorgungsrelevanten Anbietern am neuen Standort verändert
sich aber die Versorgungsfunktion und die Marktstellung des Anbieters Aldi innerhalb des
Marktgebietes.

Mit ca. 1.200 m² Verkaufsfläche fällt das Objekt nach der Verlagerung und Erweiterung im
wettbewerblichen Vergleich überdurchschnittlich groß aus. Nachdem abgesehen von der
Verkaufsflächenerweiterung aber keine weiteren Veränderungen erfolgen, sind – allein aus
der Verkaufsflächenerweiterung um 20 % – nur vergleichsweise geringe Veränderungen in
der überörtlichen Anziehungskraft dieses Objektes und damit des Versorgungsstandortes
insgesamt zu erwarten. Das erschließbare räumliche Marktgebiet der Stadt Furth im Wald im
Lebensmitteleinzelhandel bleibt in seiner Ausdehnung damit im Vergleich zur heutigen Situa-
tion weitgehend unverändert. In der aktuell üblichen Dimensionierung und Strukturierung ei-
nes Lebensmitteldiscounters des Betreibers Aldi (Anteil an Nonfood-Verkaufsfläche von
knapp 20 % mit Schwerpunkt im Nonfood I Sortiment und einem Umsatzanteil des Nonfood I
Sortimentes von ca. 15 %) verbessert sich zwar die Versorgungsfunktion eines Lebensmittel-
marktes dieses Anbieters, dieser dient aber weiterhin fast ausschließlich der Grundversor-

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Stellungnahme – Bebauungsplan Kötztinger Straße

gung. Die Veränderung, die durch die Verkaufsflächenerweiterung hervorgerufen wird, be-
zieht sich somit primär auf die wettbewerbliche Stellung des Anbieters im Markt bzw. inner-
halb des Marktgebietes, hat aber keine Konsequenzen für die Abgrenzung und Größe des
Marktgebietes.

In die Modellrechnung zur Umsatzprognose für das Vorhaben fließen unterschiedliche Bestim-
mungsgrößen ein. Eine wesentliche Kontrollgröße ist der Marktanteil, den die jeweilige Be-
triebsform im deutschen Lebensmitteleinzelhandel insgesamt für sich erreicht, wenngleich es
bei unvollständigem Anbieter- bzw. Betriebsformen-Mix vor Ort zu erhöhten Marktanteilen der
örtlich vorhandenen Anbieter kommen kann.1 Zudem werden die durchschnittlichen branchen-
üblichen bzw. betreiberspezifischen Flächenleistungen für die jeweilige Betriebsform berück-
sichtigt. Erst aus der gemeinsamen Betrachtung sowohl der Flächenleistung aller einzelnen
Anbieter im Marktgebiet des bestehenden Lebensmittelmarktes als auch der Marktanteile, den
die einzelnen Anbieter erzielen, lässt sich eine auf Plausibilität überprüfbare Abschätzung zur
ökonomischen Ausgangssituation vornehmen. Weitere Referenzgrößen sind die gesamte
Kaufkraftbindung der Standortkommune, die im Rahmen einer Haushaltsbefragung im Jahr
2013 ermittelt wurde, sowie der betriebsformspezifische Marktanteil, der sich für alle Anbieter
insgesamt errechnet.

Tabelle 1: Modellrechnung zur Abschätzung eines Modellumsatzes für einen LM-Dis-
           counters am Standort Kötztinger Straße in Furth im Wald
                                 bindungs-
                                   fähige             Marktpotenzial
                                                     Sortiment Nahrungs- und
                                Bevölkerung                Genussmittel         Marktanteil          Umsatzerwartung
                                                          in Mio. €                in %                 in Mio. €

    Kerneinzugsgebiet               14.335                   33,0                 ca. 22 %                 ca. 7,3

    Streuumsatz (Ferneinzugsgebiet, Tschechien und Sonstige)                                               ca. 1,6

    Nonfood Aufschlag (ca. 20 %)                                                                           ca. 1,7

                                                                                   insgesamt              ca. 10,6

                                                                               Flächenleistung       ca. 8.850 € je m²

Angaben auf die erste Nachkommastelle gerundet.                                                        iq-Projektgesellschaft
Quelle: Struktur- und Marktdaten im Einzelhandel 2017, Statistisches Landesamt, eigene Berechnung.

1
    Bei der Interpretation und Plausibilitätsüberlegungen zum hier verwendeten Prognosemodell gilt es zu berück-
    sichtigen, dass sich der Marktanteil, den eine Betriebsform oder ein Lebensmittelmarkt am Marktvolumen im
    Sortiment Nahrungs- und Genussmittel erreicht, von dem Marktanteil unterscheidet, den eine Betriebsform am
    Umsatz im Lebensmitteleinzelhandel auf sich vereint. Beide Betrachtungsweisen arbeiten mit unterschiedlichen
    Ausgangsgrößen, ein direkter Vergleich ist nicht möglich.

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Stellungnahme – Bebauungsplan Kötztinger Straße

In einer Modellrechnung zeigt sich, dass ein Lebensmitteldiscounter des Anbieters Aldi einen
Marktanteil im Sortiment der Nahrungs- und Genussmittel am bindungsfähigen Marktpotenzial
von ca. 22 % erreichen kann. Hieraus generiert sich ein Umsatz von ca. 7,3 Mio. €. Durch
Streuumsätze aus den Nachbarkommunen außerhalb des Kerneinzugsgebietes sowie durch
Umsätze tschechischer Kunden erhöht sich die modellbezogene Umsatzschätzung auf ca. 8,9
Mio. € im Sortiment der Nahrungs- und Genussmittel.

Zusammen mit den Umsätzen, die im Nonfood-Sortiment generiert und mit ca. 20 % am ge-
samten Umsatz angesetzt werden, erhöht sich die modellbasierte Umsatzschätzung für einen
Lebensmitteldiscounter des Betreibers Aldi am Standort der Kötztinger Straße auf insgesamt
ca. 10,6 Mio. €. Daraus errechnet sich eine modellbasierte Flächenleistung des Objektes von
ca. 8.850 € je m² Verkaufsfläche, was etwas unterhalb der betreiberspezifischen durchschnitt-
lichen Flächenleistung des leistungsstarken Lebensmitteldiscounters Aldi Süd liegt, die für das
Jahr 2017 bereits mit über 10.000 € je m² Verkaufsfläche angegeben wird (vgl. Lebensmittel-
zeitung Hahn Gruppe, 2014).

Getränkefachmarkt

Getränkefachmärkte haben in den letzten Jahren einen Konzentrationsprozess durchlaufen,
wobei sich die filialisierten Getränkefachmärkte durchaus positiv entwickelt haben, wohinge-
gen die nicht-filialisierten Getränkemärkte stärkere Einbußen zu verzeichnen hatten. Insge-
samt zeigt sich im Segment der Getränkefachmärkte eine Veränderung dahingehend, dass
filialisierte Getränkefachmärkte zum überwiegenden Teil Umsätze von den nicht-filialisierten
Getränkemärkten abziehen, ihrerseits aber Umsatz an Lebensmittelsupermärkte und an Le-
bensmitteldiscounter verlieren. Allerdings liegt das Verhältnis dieser Umsatzverlagerungen bei
zwei Drittel Umsatzzuwachs der filialisierten Getränkemärkte durch Umverteilung von nicht-
filialisierten Wettbewerbern zu lediglich einem Drittel Umsatzverlust der filialisierten Getränke-
märkte ihrerseits an die Lebensmittelmärkte. Insgesamt lässt sich damit die Strategie der filia-
lisierten Getränkemärkte, durch erhebliche Investitionen den Weg zu beschritten, verstärkt
Einkaufserlebniswelten zu schaffen, als erfolgreich einstufen.

Die gängigen Betriebsgrößen von Getränkemärkten liegen nach den Konzepten filialisierter
Märkte bei ca. 400 m² bis 550 m² Verkaufsfläche. Deutschlandweit liegt der Marktanteil der
Getränkemärkte bei ca. 34,8 %, was eine Referenzgröße darstellt, wenn es darum geht, den
Marktanteil eines zusätzlichen Getränkemarktes in Furth im Wald zu bestimmen.

Basierend auf einer Modellrechnung erreicht ein Getränkefachmarkt, der in Furth im Wald in
einer Verkaufsflächengröße von ca. 500 m² am Standort der Kötztinger Straße platziert wird
und dort im Standortverbund mit dem Lebensmitteldiscounter des Betreibers Aldi sowie einem
Drogeriefachmarkt des Betreibers dm situiert ist, einen Marktanteil von ca. 9 %. Hieraus ge-
neriert sich ein Umsatz von ca. 0,6 Mio. €.

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Stellungnahme – Bebauungsplan Kötztinger Straße

Tabelle 2: Modellrechnung zur Abschätzung eines Modellumsatzes für einen Geträn-
           kemarkt am Standort Kötztinger Straße in Furth im Wald
                                 bindungs-
                                   fähige            Marktpotenzial
                                Bevölkerung            Sortiment Getränke     Marktanteil            Umsatzerwartung
                                                          in Mio. €              in %                   in Mio. €

 Kerneinzugsgebiet                  14.335                   6,9                 ca. 9 %                   ca. 0,6

 Streuumsatz (Ferneinzugsgebiet, Tschechien und Sonstige)                                                  ca. 0,1

                                                                                  insgesamt                ca. 0,7

                                                                             Flächenleistung         ca. 1.400 € je m²

Angaben auf die erste Nachkommastelle gerundet.                                                        iq-Projektgesellschaft
Quelle: Struktur- und Marktdaten im Einzelhandel 2017, Statistisches Landesamt, eigene Berechnung.

Durch Streuumsätze aus den Nachbarkommunen außerhalb des Kerneinzugsgebietes sowie
durch Umsätze tschechischer Kunden erhöht sich die modellbezogene Umsatzschätzung auf
insgesamt ca. 0,7 Mio. € im Sortiment Getränke, was im Ergebnis zu einer (branchen- und
betriebsformtypisch) eher unterdurchschnittlichen Flächenleistung für einen Getränkemarkt
führt.

Das Wettbewerbsumfeld in Furth im Wald ist geprägt von filialisierten Fachmärkten (Getränke
bilgro, GVP Getränkehaus Plöchl), nicht-filialisierten Fachmärkten in Ortsteilen (Liegl, Gruber,
Högerl), den Getränkeabteilungen in den Lebensmittelmärkten sowie von Verkaufsstellen in
Verbindung mit Brauereien (Dimpflbräu). Zudem sind Lieferdienste für Getränke als Vertriebs-
weg vorhanden. Bereits im ISEK Furth im Wald 2016 wurde ein Besatz mit perspektivisch vier
Getränkemärkten als tragfähig angesehen. Die direkten Wettbewerber am Hauptort, die Ge-
tränkemärkte der Anbieter bilgro und GVP befinden sich an Standorten außerhalb der Stadt-
mitte und auch außerhalb der erweiterten Stadtmitte. Gleichzeitig sind sie keinem Grund- bzw.
Nahversorgungsstandort zugeordnet, sondern sind jeweils als Solitäre situiert, ohne direkten
räumlichen Bezug zu einem Lebensmittelmarkt. Dies stellt einen Standortnachteil bezüglich
dem Wunsch der Verbraucher nach Minimierung des Aufwandes beim Versorgungseinkauf
dar. Verbundstandorte der Grundversorgung besitzen unter diesem Aspekt einen Wettbe-
werbsvorteil. Nachdem in Furth im Wald aber bisher kein Getränkemarkt im Standortverbund
mit einem Lebensmittelsupermarkt und einem Lebensmitteldiscounter platziert ist, und nur am
Standort Glashüttenweg ein Vollsortimenter ansässig ist, spielt die Kopplung von Einkaufs-
standorten beim Versorgungseinkauf in Furth im Wald immer noch eine wesentliche Rolle. Vor
diesem Hintergrund sind beide Märkte günstig platziert, da sie an Routen liegen, die bei der
Kopplung von Lebensmitteldiscounter und Lebensmittelsupermarkt genutzt werden.

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Stellungnahme – Bebauungsplan Kötztinger Straße

Drogeriefachmarkt

Das EHI bezeichnet als Drogeriemarkt einen mittelflächigen Einzelhandelsbetrieb mit Selbst-
bedienung, der ein sowohl breites wie tiefes Sortiment an Kosmetik, Körperpflege‐ und Reini-
gungsmitteln anbietet. Zu den weiteren Sortimentsbausteinen gehören die frei verkäuflichen
Arzneimittel, Reformwaren und Nahrungsmittel, v. a. aus dem Biobereich (vgl. EHI Retail In-
stitute: handelsdaten aktuell 2018, Köln 2018, S. 382.).

Im Marktsegment der Drogerie- und Parfümeriewaren liegt der Umsatz im stationären Einzel-
handel bei ca. 29,4 Mrd. €, was einem pro Kopf Betrag von 358 € entspricht. Produkte aus
dem Bereich der Drogerie- und Parfümeriewaren führen aber nicht nur die Fachmärkte und
Fachgeschäfte, sondern insbesondere die Lebensmittelmärkte bieten als sogenanntes Non-
food I Sortiment (wird auch als „Nearfood“ bezeichnet und umfasst Drogerieartikel, Wasch‐,
Putz‐ und Reinigungsmittel sowie Tiernahrung) das Warenspektrum, das üblicherweise auch
Drogeriefachmärkte als Hauptsortiment anbieten.

Drogeriefachmärkte werden derzeit in einer Größenordnung von über 600 m² Verkaufsfläche
realisiert, wobei die Mindestbetriebsgröße aktuell mit 500 m² Verkaufsfläche angegeben wird
(vgl. Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie,
2017). Anbieterseitig lassen sich derzeit zwei unterschiedliche Typen unterscheiden. Zum ei-
nen gibt es die zueinander ähnlichen Betreiberkonzepte der Anbieter dm, Budnikowsky und
Rossmann. Sie realisieren Märkte mit bis zu 800 m² Verkaufsfläche, wobei sie ca. 80 % ihres
Gesamtumsatzes mit Drogeriewaren als Kernsortiment erzielen und ca. 20 % des Umsatzes
auf Randsortimente entfällt, zu denen Lebensmittel, Elektroartikel oder Schreibwaren zählen.
Das Betreiberkonzept des Anbieters Müller unterscheidet sich dagegen von dieser Verkaufs-
flächendimensionierung und Sortimentszusammensetzung. Der Betreiber Müller realisiert bei
Neuansiedlungen in der Regel großflächige Märkte mit über 1.000 m² Verkaufsfläche und
mehreren Sortimentsschwerpunkten. Zusätzlich zum Drogeriewaren‐Kernsortiment bietet die-
ser Anbieter weitere Fachsortimente wie Multimedia, Schreib‐ und Spielwaren sowie Haus-
haltswaren und Geschenkartikel.

In Furth im Wald ist am Standort Glashüttenweg im Verbund mit dem Lebensmittelsupermarkt
Edeka und dem Lebensmitteldiscounter Penny ein Drogeriefachmarkt des Anbieters Ross-
mann mit 650 m² Verkaufsfläche ansässig. Dieser Markt wurde in den letzten Jahren moder-
nisiert und erweitert. Er führt neben dem Kernsortiment Drogeriewaren (einschließlich Kosme-
tik, Körperpflege, Parfümerie, Putz‐, Wasch‐ und Reinigungsmittel) auch noch ergänzende
Randsortimente aus den Bereichen Lebensmittel (v. a. Babykost, Süßwaren, Erfrischungsge-
tränke, Naturkost‐Trockenwaren, Nahrungsergänzungsmittel / freiverkäufliche Arzneimittel,
Wein), Heimtierbedarf, Papier‐ und Schreibwaren, Fotobedarf, Haushaltswaren (u. a. Ba-

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Stellungnahme – Bebauungsplan Kötztinger Straße

byausstattung, Tischbedarf / Dekoration / Kerzen, Wasserfilter), Spielwaren und Babybeklei-
dung. Diese Sortimentszusammensetzung ist im Wesentlichen auch für den Wettbewerber dm
zu erwarten, der als direkter und systemgleicher Wettbewerber am Standort Kötztinger Straße
realisiert werden soll. Darüber hinaus führen alle Lebensmittelmärkte in Furth im Wald ein
Nonfood I Sortiment, das sich im Wesentlichen mit dem Warenspektrum der Drogeriemärkte
überschneidet.

Tabelle 3: Modellrechnung zur Abschätzung eines Modellumsatzes für einen Droge-
           riefachmarkt am Standort Kötztinger Straße in Furth im Wald
                                bindungsfä-
                                    hige              Marktpotenzial
                                                     Sortiment Drogerie- und
                                Bevölkerung             Parfümeriewaren         Marktanteil          Umsatzerwartung
                                                          in Mio. €                in %                 in Mio. €

 Kerneinzugsgebiet                  15.383                    5,5                 ca. 30 %                 ca. 1,7

 Streuumsatz (Ferneinzugsgebiet, Tschechien und Sonstige)                                                  ca. 0,7

 Randsortimente (ca. 25 %)                                                                                 ca. 0,8

                                                                                   insgesamt               ca. 3,2

                                                                               Flächenleistung       ca. 4.500 € je m²

Angaben auf die erste Nachkommastelle gerundet.                                                        iq-Projektgesellschaft
Quelle: Struktur- und Marktdaten im Einzelhandel 2017, Statistisches Landesamt, eigene Berechnung.

Pro Filiale erzielen dm‐Märkte im Jahr 2017 im deutschlandweiten Durchschnitt eine Brutto‐
Umsatzleistung von ca. 4,0 Mio. €, Rossmann‐Märkte ca. 3,0 Mio. €. – bezogen auf durch-
schnittliche Betriebsgrößen von ca. 570 bzw. 600 m² Verkaufsfläche (vgl. Hahn‐Immobilien‐
Beteiligungs‐AG: Retail Real Estate Report Germany 2018 / 2019, 2018, S. 32f.). Die Flächen-
produktivität wird für Drogeriemärkte in Bayern mit einer Spanne zwischen ca. 5.000 und 6.000
€ je m² Verkaufsfläche angegeben (vgl. Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Me-
dien, Energie und Technologie, 2017). Der Umsatzanteil eines Drogeriefachmarktes, der auf
Rand- und branchenfremde Nebensortimente entfällt, liegt bei ca. 16 %.

In einer Modellrechnung zeigt sich, dass ein Drogeriefachmarkt des Anbieters dm einen Markt-
anteil im Sortiment der Drogeriewaren am bindungsfähigen Marktpotenzial von ca. 30 % errei-
chen kann. Hieraus generiert sich ein Umsatz von ca. 1,9 Mio. €. Durch Streuumsätze, die
sowohl aus den Nachbarkommunen außerhalb des Kerneinzugsgebietes als auch durch Um-
sätze tschechischer Kunden generiert werden, erhöht sich die modellbezogene Umsatzschät-
zung auf ca. 2,1 Mio. € im Sortiment der Nahrungs- und Genussmittel. Die Streuumsätze er-
reichen am Standort Furth im Wald einen überdurchschnittlichen Anteil, da einerseits der An-
bieter dm bisher erst ein weitmaschiges Standortnetz in der Region ausbildet, dessen Ma-
schen über das Kerneinzugsgebiet der Stadt Furth im Wald hinausreichen und speziell im

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Stellungnahme – Bebauungsplan Kötztinger Straße

    Segment der Drogeriewaren bezüglich der Kunden aus Tschechien ein Preis-Leistungs-Vorteil
    zugunsten des Standortes in Bayern vorliegt (vgl. IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim:
    Tschechische Kunden – Chancen für Handel und Tourismus. 2015).

    Darüber hinaus generiert ein Drogeriemarkt mit ca. 700 m² Verkaufsfläche auch einen erheb-
    lichen Umsatzanteil in Höhe von ca. 20 % mit Rand- und Nebensortimenten, so dass sich der
    Gesamtumsatz des Projektes um weitere 0,7 Mio. € erhöht. Mit einem Gesamtumsatz von 3,4
    Mio. € und einer Flächenleistung von ca. 4.900 € je m² Verkaufsfläche bleibt das Projekt den-
    noch am unteren Rand der branchenüblichen durchschnittlichen Flächenproduktivität.

    Im Sortiment der Drogeriewaren sind – anders als im Sortiment der Nahrungs- und Genuss-
    mittel – noch größere Steigerungen in der Kaufkraftbindung der Bevölkerung der Stadt Furth
    im Wald und ihres Einzugsgebietes möglich. So zeigen die Ergebnisse der Haushaltsbefra-
    gung, die im Jahr 2013 in Furth im Wald durchgeführt wurde, dass zwar 92 % der Kaufkraft
    der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Furth im Wald im Bereich der Nahrungs- und Genuss-
    mittel im Einzelhandel vor Ort gebunden werden, wohingegen diese örtliche Kaufkraftbindung
    im Bereich der ebenfalls nahversorgungsrelevanten Warengruppe der Drogeriewaren erst bei
    knapp 84 % liegt. Mit der Neuansiedlung des wettbewerbsstarken Anbieters dm kann deshalb
    durchaus eine nennenswerte Steigerung der örtlichen Kaufkraftbindung einhergehen, die im
    Zuge einer Modellrechnung mit ca. 7 % angegeben wird. Die übrige Umsatzleistung eines
    zusätzlichen Anbieters resultiert aus einer Umsatzumverteilung gegenüber bestehenden An-
    bietern.

D   Bewertung der Vorhaben
    Zum aktuellen Stand der Projektentwicklung im Gebiet des Bebauungsplans „Kötztinger
    Straße“ lassen sich bisher erst die beiden Bausteine Lebensmitteldiscounter und Drogerie-
    fachmarkt als konkrete Vorhaben sowie der Baustein Getränkefachmarkt als weitere konkrete
    Option identifizieren. Dementsprechend können lediglich diese drei Betriebstypen hinsichtlich
    ihrer Eignung für den Standortbereich der Kötztinger Straße vor dem Hintergrund der Entwick-
    lungsstrategie nach dem ISEK Furth im Wald 2016 explizit bewertet werden. Hinsichtlich der
    weiteren Flächen im Umgriff des Bebauungsplans „Kötztinger Straße“, für die noch keine Pro-
    jektbeschreibung mit konkreten Vorhaben existiert, lässt sich lediglich ein möglicher Entwick-
    lungsrahmen aus dem ISEK Furth im Wald 2016 ableiten (vgl. Kapitel D). Um einen möglichst
    weiten Spielraum für die Projektentwicklung zu erhalten, wird der Entwicklungsrahmen aus der
    Perspektive des ISEK Furth im Wald 2016 in den Empfehlungen in Kapitel D möglichst weit
    gefasst. Dennoch bleiben aber alle diejenigen Entwicklungen ausgeschlossen, die der Stadt-
    umbaustrategie im ISEK Furth im Wald 2016 bzw. der Revitalisierung des Standortbereichs
    der Stadtmitte zuwiderlaufen würden.

    Iq Projektgesellschaft | Department für Geographie | Luisenstraße 37 | 80333 München       19
Stellungnahme – Bebauungsplan Kötztinger Straße

D 1 Bewertung der Ansiedlung eines Lebensmitteldiscounters im Sondergebiet 2

    Das Sondergebiet im südlichen Bereich des Planumgriffs ist für die Ansiedlung eines Lebens-
    mitteldiscounters mit 1.200 m² Verkaufsfläche des Betreibers Aldi vorgesehen. Dieser Betrei-
    ber wird seinen Markt am aktuellen Standort an der Waldmünchener Straße aufgeben und
    diesen Markt an die Kötztinger Straße verlagern. Das dadurch leer werdende Gebäude am
    Altstandort an der Waldmünchener Straße befindet sich im Eigentum des Unternehmen ELO-
    TEC Fischer und dient diesem, ebenfalls an der Waldmünchner Straße direkt benachbart an-
    sässigen Unternehmen, als Erweiterungsfläche. Eine Nachnutzung des Altstandortes durch
    einen Lebensmittelmarkt ist dementsprechend ausgeschlossen. Somit handelt es sich bei der
    Ansiedlung des Lebensmitteldiscounters Aldi am Standort der Kötztinger Straße um die Ver-
    lagerung eines bestehenden Anbieters bzw. um die Errichtung eines Ersatzneubaus für den
    Betreiber Aldi, der in der Stadt Furth im Wald bereits ansässig ist. Diese Feststellung ist we-
    sentlich hinsichtlich etwaiger wettbewerblicher Wirkungen auf bestehende Grundversorgungs-
    anbieter in Furth im Wald.

    Der neue Standort an der Kötztinger Straße ist siedlungs- und versorgungsstrukturell sowie
    städtebaulich im Vergleich zum Altstandort als annähernd gleichwertig anzusehen. Mit dem
    Neubau wird der Betreiber Aldi seine Verkaufsfläche um ca. 200 m² gegenüber dem Bestands-
    markt erhöhen. Diese Erweiterung der Verkaufsfläche folgt dem allgemeinen Marktrend der
    Lebensmitteldiscounter hin zu einer großzügigeren Gestaltung des Verkaufsraums und dient
    einer optimierten Warenpräsentation als Folge des Wettbewerbsdrucks durch den Betriebstyp
    Lebensmittelsupermarkt aber auch als Anpassung an die demographische Entwicklung, die
    den veränderten Funktionalitätsanforderungen (breitere Gänge, niedrigere Regale) einer älter
    werdenden Bevölkerung gerecht wird. Insgesamt wird ein an die demografische Entwicklung
    angepasster Markt geschaffen, dagegen ist eine wesentliche Sortimentsveränderung im Zuge
    des Ersatzneubaus nicht vorgesehen. Die Versorgungsfunktion des Anbieters ändert sich so-
    mit kaum, allerdings nutzt der Anbieter mit der Standortverlagerung die veränderten erreich-
    barkeitsbezogenen Bedingungen am Standort Furth im Wald bezogen auf das überörtliche
    Einzugsgebiet. Damit zieht der Anbieter Aldi wieder mit dem ebenfalls an der B 20 situierten
    Anbieter Lidl gleich, der als Solitär platziert ist und seine Verkaufsfläche bereits im Jahr 2016
    von 1.000 m² auf 1.200 m² ausgeweitet hat.

    Im Standortbereich der Kötztinger Straße liegt zwar aktuell bereits Baurecht für einen Lebens-
    mittelmarkt vor, allerdings wurde im Jahr 2011 lediglich ein Verbrauchermarkt mit einer Netto-
    verkaufsfläche von 1.100 m² auf dem Grundstück der ehemaligen Sigikid-Halle genehmigt.
    Das aktuelle Vorhaben verändert damit sowohl den konkreten Standort als auch den Betriebs-
    typ und die Verkaufsflächengröße. Dennoch steht diese Entwicklung im Einklang mit dem I-
    SEK Furth im Wald 2016, da das ISEK das bestehende Planungsrecht bereits gegriffen und
    den Standort Kötztinger Straße als (limitierten) Grundversorgungsstandort definiert hat. Damit

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Stellungnahme – Bebauungsplan Kötztinger Straße

ist verbunden, dass der Besatz an diesem Standort auf nur einen Lebensmitteldiscounter,
ohne weitere Anbieter oder Betriebstypen im nahversorgungsrelevanten Sortiment beschränkt
ist.

Der Umstand, dass das bestehende Baurecht vom Betriebstyp „Verbrauchermarkt“ hin zum
Betriebstyp „Lebensmitteldiscounter“ verändert wird, steht vollumfänglich im Einklang mit der
einzelhandelsbezogenen Steuerungsstrategie des ISEK Furth im Wald 2016. Dies gilt insbe-
sondere mit Blick auf den gesamten Standortbereich der Kötztinger Straße und der Eschlka-
mer Straße, für den insgesamt zwei Grundversorgungsstandorte definiert sind. Wird das Bau-
recht für den Standort der Kötztinger Straße nun weg von einem Vollsortimenter hin zu einem
Lebensmitteldiscounter entsprechend der einzelhandelsbezogenen Entwicklungsziele des I-
SEK Furth im Wald verändert, entfällt die Gefahr, dass eine – im örtlichen Kontext – überdi-
mensionierte Versorgungsfunktion im Standortbereich der Kötztinger Straße in Verbindung mit
der Eschlkamer Straße entstehen könnte. Allerdings hat mittlerweile auch der Betreiber Netto
angekündigt, im Zuge der Neueröffnung seines Marktes im Bereich der Stadtmitte den beste-
henden Markt an der Eschlkamer Straße aufzugeben.

Die Ausweitung der Verkaufsfläche von den, für einen Verbrauchermarkt genehmigten 1.100
m² Verkaufsfläche, auf 1.200 m² Verkaufsfläche für einen Lebensmitteldiscounter können un-
ter dem Aspekt des Bestandsschutzes bzw. der wettbewerblichen Erforderlichkeit im örtlichen
Kontext gefasst werden. Innerhalb der Betriebsform der Lebensmitteldiscounter erreicht das
Objekt mit ca. 1.200 m² Verkaufsfläche zwar eine Größe, die deutlich über derjenigen liegt, die
bisher als betriebswirtschaftlich notwendige Mindestgröße bei Neuansiedlungen galt (vgl. Bay-
erisches Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, 2017), eine
Erweiterung der Lebensmittel-Discounter von ursprünglich bis zu 800 m² Verkaufsfläche auf
1.000 m² bis 1.300 m² Verkaufsfläche erfolgt derzeit aber im Zuge der Durchführung von be-
standssichernden Marktanpassungsmaßnahmen zur Optimierung des Marktauftritts bei na-
hezu allen Anbietern in diesem Segment. Mit einer Verkaufsfläche von 1.200 m² entspricht das
Vorhaben der heute gängigen Verkaufsflächengröße dieses Betriebstyps und dies ist markt-
seitig geboten, um am Standort Furth im Wald wettbewerbsfähig zu sein, da weitere, in der
Stadt ansässige Anbieter, die als Solitäre platziert sind (Lidl, Norma) die wettbewerbliche Neu-
aufstellung ihrer Märkte bereits vollzogen haben oder dabei sind, diese zu vollziehen (Netto).
Nachdem das ISEK Furth im Wald 2016 für einen „Grundversorgungsstandort“ den Besatz mit
einem Lebensmitteldiscounter definiert, schließt dies eine zeitgemäße Dimensionierung im
Rahmen der örtlichen Marktgegebenheiten bei einer Neuplatzierung am Standort mit ein.

Die Ansiedlung eines Lebensmitteldiscounters mit 1.200 m² Verkaufsfläche am Standort
der Kötztinger Straße steht somit vollumfänglich im Einklang mit den Zielsetzungen und
der Steuerungsstrategie des ISEK Furth im Wald 2016.

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