Stellungnahme zum Sozialschutz-Paket II - Caritas

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Sozialschutz-Paket II   Dokumentation

Stellungnahme zum Sozialschutz-Paket II
Zum Entwurf eines Gesetzes zu sozialen Maßnahmen zur Bekämpfung der C
                                                                    ­ orona-Pandemie –
Sozialschutz-Paket II (BT-Drucks. 19/18966) nimmt der DCV wie folgt Stellung.1

Zusammenfassung                                                          5. Der DCV nimmt Stellung zu den Regelungen zum Bildungs-
Die Bundesregierung hat Ende April mit dem Sozialschutz-Pa-                  und Teilhabepaket. Die Fokussierung auf das Mittagessen greift
ket II ein weiteres Maßnahmenpaket vorgelegt, mit dem die wirt-              aus Sicht des DCV zu kurz. Neben dem dringenden Erforder-
schaftlichen und sozialen Härten der Krise abgefedert werden sol-            nis, den von der Koalition angekündigten Digital-Zuschuss für
len.                                                                         Schüler und Schülerinnen aus bedürftigen Familien schnell und
     Der Deutsche Caritasverband (DCV) nimmt zu verschiedenen                großzügig umzusetzen, macht der DCV Vorschläge, wie die im
Teilen des Gesetzespakets Stellung:                                          Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) vorgesehenen Mittel für die
1. Der DCV begrüßt, dass mit den Reformen des Sozialdienstleis-             Lernförderung und kulturelle Teilhabe in der Krise gestaltet
    ter-Einsatzgesetzes (SodEG) die Praxistauglichkeit des Gesetzes          werden sollten.
    gestärkt und Lücken geschlossen werden. Die Erweiterung der          6. Der DCV begrüßt die im Sozialschutz-Paket II vorgesehenen
    SodEG-Leistungen auf die interdisziplinäre Früherkennung                 Maßnahmen zur Waisenrente am Ausbildungsübergang und
    und Frühförderung trägt dazu bei, die soziale Infrastruktur in           die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I.
    einem wichtigen Bereich zu erhalten. Allerdings ist der Fortbe-
    stand der Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ), anders als in der       Im Einzelnen:
    Gesetzesbegründung ausgewiesen, durch die Regelung nicht
    gesichert, da der Anteil der Frühförderung in diesen Einrich-        Artikel 4: Änderungen des Sozialgerichtsgesetzes
    tungen in der Regel bei maximal 25 Prozent ihres Leistungs-          Der DCV begrüßt, dass die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege
    spektrums liegt. Hier besteht weiterhin Nachbesserungsbedarf.        im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit während der Zeit der Epide-
    Gleichzeitig ist es uns wichtig, den Schutzschirm auch über die      mie durch die Ermöglichung der Teilnahme per Videokonferenz
    Fahrdienste zur Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) zu          gewährleistet wird. (…)
    spannen.
2. Informationspflichten im SodEG präzise zu klären entspricht          Artikel 6: Änderung des Sozialdienstleister-
    praktischen Erfordernissen. Die dabei zum Datenschutz vorge-         Einsatzgesetzes
    sehenen Sonderregelungen, die im neuen § 6 vorgesehen sind,
    schießen weit über das Ziel hinaus. Es sollten für das SodEG         Nummer 1 Änderung von § 2
    die allgemeinen Regeln des Sozialdatenschutzes Anwendung             Frühförderung
    finden.                                                              Der DCV begrüßt die Ergänzung zu § 2 sehr, gemäß derer die Leis-
3. Dass der Gesetzgeber den Rechtsweg klärt, ist grundsätzlich zu       tungslücke im SGB V bei der interdisziplinären Früherkennung
    begrüßen. Zur Gewährleistung einer einheitlichen Bewertung           und Frühförderung nach § 46 SGB IX i. V. mit der Frühförderungs-
    der Regelungen im Rahmen gerichtlicher Auseinandersetzun-            verordnung nach § 48 Nummer 1 SGB IX geschlossen wird.
    gen (gerade zu den Rückerstattungsfragen) spricht sich der              Gegenwärtig werden viele Leistungen der Frühförderung aus-
    DCV allerdings mit Nachdruck für die einheitliche Zuständig-         gesetzt, da die Eltern Angst vor der Infizierung ihrer Kinder haben,
    keit der Sozialgerichte aus.                                         die aufgrund ihrer komplexen Gesundheitsbeeinträchtigung zu
4. Zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten spricht sich der DCV         den Hochrisikogruppen für SARS-CoV-2 gehören könnten. Auch
    für zwei klarstellende Ergänzungen in den §§ 2 und 3 SodEG           haben Bundesländer Begehungsverbote für Frühförderstellen aus-
    aus. Im Sicherstellungsauftrag des § 2 sollte geklärt werden, dass   gesprochen, die eine Leistungserbringung nicht ermöglichen.
    es darum geht, den Bestand der Dienstleister zu gewährleisten,       Leistungsträger der Sozialen Teilhabe finanzieren die Leistung bei
    um das Angebot sozialer Leistungen zu sichern. In § 3 ist zu klä-    Leistungsausfall nur teilweise weiter; von Krankenkassen, die der
    ren, dass zwar eine Anzeigepflicht der Dienstleister bezüglich       zuständige Leistungsträger für die Finanzierung der medizi-
                                                                                                                                                     DCV-Position

    der bereits fließenden vorrangigen Mittel, eine Pflicht zur vor-     nisch-therapeutischen Leistungen sind, wird berichtet, dass sie
    rangigen Beantragung allerdings nicht besteht.                       die Finanzierung ganz einstellen. Eine telefonische oder digitale

neue caritas 9/2020                                                                                                                             35
Dokumentation              Sozialschutz-Paket II

                    Leistungserbringung kommt für diesen Patientenkreis nicht oder         ren Vertragsbeziehung zum Leistungsträger der Eingliederungs-
                    nur in Ausnahmefällen in Betracht. Bislang gab es keine Schutz-        hilfe, sondern zur sie beauftragenden WfbM. Aktuell führt diese
                    verordnung, die die Finanzierung der SGB-V-Anteile bei der             Konstellation dazu, dass die Fahrdienste vor erheblichen Erlösein-
                    Komplexleistung Frühförderung sicherstellte. Mit der Ergänzung         brüchen stehen.
                    zu § 2 SodEG wird diese Lücke nun geschlossen. Allerdings ist der          Die Stillhaltekosten im Fahrdienst für Menschen mit Behinde-
                    Fortbestand der Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ), anders als in       rung zur WfbM sind beträchtlich. Auch wenn für die Beschäftig-
                    der Gesetzesbegründung ausgewiesen, durch die Regelung keines-         ten der Fahrdienste Kurzzeitarbeit beantragt ist und geringfügig
                    wegs gesichert, denn der Anteil der Frühförderung in diesen Ein-       Beschäftigte vorübergehend aus eigenen Mitteln weiterbezahlt
                    richtungen beträgt in der Regel maximal 25 Prozent ihres Leis-         werden, müssen die laufenden Betriebskosten refinanziert wer-
                    tungsspektrums.                                                        den. Der DCV setzt sich nachdrücklich dafür ein, diese Lücke im
                                                                                           vorliegenden Gesetzentwurf zu schließen, indem beispielsweise
                    Ergänzender Regelungsbedarf zu § 2: Sicherstellungsauftrag             unten stehender Änderungsvorschlag in § 2 eingefügt werden
                    In der Praxis zeigen sich erste Probleme bei der Umsetzung des in      könnte.
                    § 2 SodEG geregelten Sicherstellungsauftrages. Der sozialrechtli-      Änderungsbedarf
                    che Sicherstellungsauftrag der Leistungsträger knüpft an die in den    In § 2 wird ein neuer Absatz 2 eingefügt:
                    Sozialgesetzbüchern geregelten Ansprüche an und umfasst die                „Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend für natürliche und juristi-
                    Vorhaltung der dazu notwendigen Infrastruktur. Insoweit muss           sche Personen und Personengesellschaften, die, ohne selbst in
                    für den jeweiligen fürsorgerischen und sozialen Dienst im Einzel-      einem Rechtsverhältnis zu einem Leistungsträger nach Absatz 1
                    fall unter Heranziehung des Vertragsverhältnisses zu dem jeweili-      zu stehen, mit sozialen Dienstleistern nach Absatz 1 in einem
                    gen Leistungsträger geprüft werden, ob die vertraglich geschulde-      Rechtsverhältnis stehen und im Rahmen dieses Rechtsverhältnis-
                    te Leistung durch pandemiebedingte Einschränkungen nicht               ses regelmäßig und in erheblichem Umfang unerlässliche Dienst-
                    erbracht werden kann und deshalb der soziale Dienst in seinem          leistungen zur Erfüllung der Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch
                    Bestand gefährdet ist. Die Bestandsgefährdung muss innerhalb der       oder dem Aufenthaltsgesetz erbringen.“
                    jeweiligen Vertragsverhältnisse zum Leistungsträger in Bezug auf
                    die jeweils geschuldete Leistung geprüft werden. Es bedarf einer       Nummer 2 Änderung von § 3: Anzeige von Mitteln
                    Klarstellung, dass sich der Sicherstellungsauftrag der Leistungsträ-   Die Begründung macht deutlich, dass es darum geht, über vorran-
                    ger auf die sozialrechtlichen Leistungen bezieht, zu deren Erbrin-     gige Mittel, die bereits vor Antragstellung beantragt und somit tat-
                    gung eine soziale Infrastruktur notwendig ist.                         sächlich verfügbar sind, bei Antragstellung zu informieren, um
                    Änderungsbedarf                                                        überschießende Bewilligungssummen zu vermeiden, die später
                    Der § 2 Satz 1 wird wie folgt formuliert:                              zurückerstattet werden müssten. Dieser Regelungsinhalt sollte in
                        Die Leistungsträger nach § 12 des Ersten Buches Sozialgesetz-      der Formulierung des § 3 klarer gefasst werden.
                    buch, mit Ausnahme der Leistungsträger nach dem Fünften und               Auch sollte in § 3 und in der diesbezüglichen Gesetzesbegrün-
                    Elften Buch Sozialgesetzbuch, und das Bundesamt für Migration          dung nochmals klargestellt werden, dass vor einer Gewährung von
                    und Flüchtlinge (Leistungsträger) gewährleisten, dass im Aufga-        SodEG-Leistungen keine vorrangigen Mittel nach § 4 Satz 1
                    benbereich des Sozialgesetzbuches oder des Aufenthaltsgesetzes         SodEG beantragt werden müssen. § 4 SodEG zum Erstattungsan-
                    das Angebot sozialer Leistungen vorgehalten wird, und sichern          spruch legt fest, dass bei Doppelzahlung die SodEG-Zuschüsse
                    den dazu notwendigen Bestand der Einrichtungen, sozialen               vorrangig zurückerstattet werden müssen. Die in § 3 Absatz 1 für
                    Dienste, Leistungserbringer und Maßnahmenträger, die als s­ oziale     die Leistungsträger vorgesehene Verpflichtung zur Auszahlung
                    Dienstleister im Aufgabenbereich des Sozialgesetzbuchs oder des        der Zuschüsse in Höhe von 75 Prozent des Monatsdurchschnitts
                    Aufenthaltsgesetzes soziale Leistungen erbringen.                      gewährleistet, dass die sozialen Dienstleister in der Corana-Krise
                                                                                           arbeitsfähig bleiben. Sie werden damit ohne notwendige Vertrags­
                    Ergänzender Regelungsbedarf zu § 2: Fahrdienste zur WfbM               anpassungen zwischen Dienstleister und Leistungsträger auch im
                    ohne direkte Vertragsbeziehung zum Leistungsträger                     Interesse der Leistungsträger in die Lage versetzt, ihre sozialen
                    Fahrdienste zur WfbM, die nicht mit eigenem Personal und eige-         Dienstleistungen sowie andere in der Krise zwingend benötigte
                    nen Fahrzeugen sichergestellt werden, sondern mit denen Dritte         wichtige Unterstützungs- und Daseinsvorsorge-Leistungen (ins-
                    im Rahmen des Personenfördergesetzes beauftragt sind, fallen           besondere auch in Umsetzung von § 1 SodEG) zu erbringen. Hier-
DCV-Position

                    nicht unter den Schutzschirm des SodEG, denn die beauftragten          durch unterscheiden sich die sozialen Dienstleister von Unterneh-
                    Personenbeförderungsunternehmen stehen in keiner unmittelba-           mungen in der Wirtschaft.

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Sozialschutz-Paket II   Dokumentation

Änderungsbedarf                                                      schutzrechtliche Ermächtigungsgrundlage im Rahmen dieses
Die sozialen Dienstleister haben bei Antragstellung gegenüber        Gesetzes erforderlich ist.
dem zuschussgewährenden Leistungsträger anzuzeigen, in wel-          Zu Absatz 1:
cher Höhe vorrangige Mittel nach § 4 Satz 1 bereits geleistet wer-   Die Kontaktaufnahme zum Zwecke der Vermittlung personeller
den.                                                                 Ressourcen erfolgt über die Ansprechpartner der sozialen Dienst-
   Vor der Zuschussbewilligung nach SodEG müssen vorrangige          leister, deren Daten ohnehin vorhanden sind und im Rahmen der
Mittel nicht beantragt werden.                                       allgemeinen Aufgabenerfüllung verarbeitet werden dürfen. Dazu
                                                                     reicht die allgemeine Rechtsgrundlage im SGB X aus.
Nummer 3 Änderung von § 4                                            Zu Absatz 2 und 3:
Zu c)                                                                § 6 Absatz 2 sieht die Befugnis für die Leistungsträger vor, soziale
Der neue § 4 Satz 2 will sicherstellen, dass Vergütungen nach § 22   Dienstleister zu verpflichten, Informationen unmittelbar an
dem Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser          öffentliche Stellen (zum Beispiel Krisenstäbe) zu übermitteln. Die-
und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (KHG) und § 149          se Ermächtigung wird vom DCV grundsätzlich begrüßt. Sie hat
SGB XI auf die Ausgleichsleistungen nach dem SodEG angerech-         allerdings keinen datenschutzrechtlichen Gehalt, weil die zu über-
net werden, sofern die Rehabilitationseinrichtungen Versorgungs-     mittelnden Informationen keine personenbezogenen Daten
verträge nach SGB VI und SGB VII haben. Das ist sachgerecht. Es      umfassen (dürfen).
gibt jedoch viele Rehabilitationseinrichtungen, die Versorgungs-         Der DCV geht davon aus, dass nach § 1 SodEG keine perso-
verträge sowohl nach dem SGB VI als auch nach dem SGB V und          nenbezogenen Daten übermittelt werden müssen, sondern ledig-
daher anteilig auch Zuschüsse nach § 111 d SGB V in Anspruch         lich eine Erklärung zum Umfang der verfügbaren Ressourcen.
nehmen dürfen. Um diese Schnittstelle zur Berechnung der Aus-        Konkret: Es wäre zum Beispiel zu übermitteln, dass ein Gärtner
gleichsleistung nach § 111 d SGB praxisgerecht zu lösen, ist eine    einer Jugendhilfeeinrichtung verfügbar ist (der dann gegebenen-
Ergänzung notwendig:                                                 falls als Erntehelfer einsetzbar wäre). Personenbezogene Daten
    „Satz 1 gilt entsprechend, wenn die sozialen Dienstleister als   dieses Gärtners sind nicht erforderlich und dürfen daher auch
Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen folgende Vergütun-       nicht übermittelt werden.
gen erhalten haben, die nicht bereits in der Kalkulation des         Zu Absatz 4:
Anspruchs nach § 111 d Absatz 2 Satz 1 SGB V berücksichtigt wur-     Für die Berechnung des Zuschusses nach § 3 ist die Verarbeitung
den: (…).“                                                           personenbezogener Daten nicht erforderlich. Die Dienstleister
Zu d)                                                                sind insoweit auch nicht verpflichtet, personenbezogene Daten zu
Zu den Informationen, die vom Dienstleister an den Leistungsträ-     übermitteln, sondern lediglich die tatsächlich zugeflossenen Sum-
ger zu übermitteln sind, um den Erstattungsanspruch ermitteln zu     me der vorrangigen Mittel.
können, gehören per se keine personenbezogenen Daten. Es geht            Für diese Feststellung des nachträglichen Erstattungsanspruchs
um bereite Mittel, also um Summen. Darauf verweist auch die          nach § 4 genügt die Bezifferung der bereiten Mittel. Auch im Fal-
aktuelle Weisung der Bundesagentur für Arbeit vom 29. April          le des Kurzarbeitergeldes geht es nicht um die Frage, wer Kurzar-
2020, wenn davon gesprochen wird, dass lediglich die „Anzahl“        beitergeld bezogen hat, sondern um die Frage, in welcher Höhe
der sozialversicherungspflichtig Beschäftigen beziehungsweise        Kurzarbeitergeld die Belastungen des Trägers gemindert hat (§ 4
der in Kurzarbeit befindlichen Personen anzugeben ist und der tat-   Satz 1 Nr. 3).
sächliche Mittelzufluss aus vorrangigen Mitteln „rein rechnerisch“       Im Übrigen weisen wir darauf hin, dass die Übermittlung per-
dargestellt werden muss.2                                            sonenbezogener Daten, die ein sozialer Dienstleister im Rahmen
Änderungsbedarf                                                      eines Arbeitsverhältnisses erhoben hat und die nur zu diesem
Streichen: „einschließlich personenbezogener Daten“ im zweiten       Zweck verwertet werden dürfen, stets einer Rechtsgrundlage für
Satz der unter d) vorgesehenen Einfügung.                            den weiterleitenden Arbeitgeber bedürfen. Nach Ansicht des
                                                                     DCV liegt diese aber nicht in Artikel 6 Absatz 1 lit. c) Daten-
Nr. 4 neu: § 6 Datenschutz                                           schutz-Grundverordnung (DSGVO) i. V. mit diesem Gesetz, weil
§ 6 verfolgt das Ziel, die Information über Unterstützungsmög-       dieses Gesetz zum Zeitpunkt der Datenerhebung noch nicht in
lichkeiten (Abs. 1 und 2) und zu den Abrechnungsgrundlagen           Kraft war und deshalb keinen Erlaubnisvorbehalt für die Weiter-
(Absatz 3) für den Leistungsträger verfügbar zu machen.              leitung der Daten durch den sozialen Dienstleister vorsehen
                                                                                                                                                 DCV-Position

    Der DCV geht davon aus, dass dazu keine Übermittlung per-        konnte. Eine Rechtfertigung könnte allenfalls nach Artikel 6
sonenbezogener Daten notwendig und deshalb auch keine daten-         Absatz 1 lit. f) DSGVO vorliegen, wenn die Weiterleitung zur

neue caritas 9/2020                                                                                                                         37
Dokumentation             Sozialschutz-Paket II

                    Wahrung der berechtigten Interessen des sozialen Dienstleisters     Artikel 7, 12 und 13: Änderungen Aufwendungen
                    erfor­derlich ist und nach dem Grundsatz der Verhältnismäßig-       für gemeinschaftliches Mittagessen trotz Schul-
                    keit die Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten der betrof-    und Kitaschließungen
                    fenen Person hintenanstehen lassen. Nach dem datenschutz-           Der mit Schließung von Schulen, Kindertagesstätten und der Kin-
                    rechtlichen Grundsatz der Datensparsamkeit reichen allerdings       dertagespflege verbundene Wegfall von Leistungen, die über das
                    abstrakte Informationen über mögliche personelle Unterstüt-         Bildungs- und Teilhabepaket gefördert werden, betrifft nicht nur
                    zungen aus, wie zum Beispiel, in welchem Umfang und mit wel-        die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung. Auch wenn davon aus-
                    chen Qualifikationen Personal bereitstehen kann. Die Übermitt-      gegangen werden kann, dass der Wegfall des kostenlosen Mittag-
                    lung personenbezogener Daten erscheint auch insoweit                essens für einkommensschwache Familien eine spürbare finan­
                    unverhältnismäßig und rechtfertigt die Übermittlung durch den       zielle Belastung darstellt, so ist doch die wesentliche Gefahr, die
                    Dienstleister nicht.                                                für Kinder aus einkommensschwachen bildungsfernen Familien
                    Änderungsbedarf                                                     mit der Schulschließung entsteht, noch eine andere. Für sie kann
                    Die Überschrift zu § 6 ist zu ändern in „Informationspflichten“.    der Wegfall des analogen Unterrichts besonders gravierende und
                        Absatz 1 entfällt.                                              nachhaltige Auswirkungen auf ihre Leistungsentwicklung haben.
                        Absatz 2 ist wie folgt zu fassen: „Die Dienstleister sind auf   Die Krise zeigt noch einmal sehr deutlich auf, dass es dringend
                    Anforderung der Leistungsträger verpflichtet, Informationen zu      notwendig ist, den Digital-Gap zu schließen und die Familien mit
                    den Unterstützungsmöglichkeiten nach § 1 an öffentliche Stellen     den entsprechenden Geräten auszustatten und in ihre Kompeten-
                    im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben dieser Stellen zu übermit-      zen zu investieren. Kinder und Jugendliche laufen Gefahr, bil-
                    teln.“                                                              dungstechnisch ausgeschlossen zu werden, weil sie digital nicht
                        Absatz 3 und 4 entfallen.                                       auf dem Stand sind. Es müssen flächendeckend Lösungen zum
                                                                                        Auffangen und Unterstützen der abgehängten jungen Menschen
                    § Nr. 4 neu: § 7 Rechtsweg                                          erarbeitet werden – nicht erst nach der Krise.
                    Der Entwurf sieht eine geteilte Rechtswegzuständigkeit vor. Der          Die Bundesregierung hat dies erkannt und hat beschlossen,
                    DCV lehnt diese Zersplitterung ab, denn der Rechtsschutz für        arme Familien mit einem Zuschuss 150 Euro zu unterstützen,
                    Streitigkeiten aufgrund des SodEG muss effektiv ausgestaltet sein   um digitale Geräte und Infrastruktur (Internetzugang) zu beschaf-
                    (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz). (…)                                   fen. Dieser Beschluss muss nun zügig umgesetzt werden. Dabei
                                                                                        muss sichergestellt werden, dass alle Familien/Schüler über die
                    § 8 Evaluation                                                      Zu­schuss­möglichkeit informiert werden. Bei der Organisation der
                    Der DCV begrüßt nachdrücklich, dass die Regelungen des SodEG        Auszahlung ist nach Bedürftigkeit entlang rechtssicherer Kriterien
                    evaluiert werden sollen. Das Bundesministerium für Arbeit und       vorzugehen. Grundsätzlich erscheint der Betrag deutlich zu nied-
                    Soziales (BMAS) sollte jedoch zur Evaluation verpflichtet werden.   rig, um geeignete Geräte zu kaufen. Um zu vermeiden, dass wei-
                    Die „Kann“-Regelung ist entsprechend nachzubessern. Des Wei-        tere Anträge beim Jobcenter gestellt werden müssen, sollten die
                    teren ist klarzustellen, dass die in die Untersuchung einzubezie-   tatsächlichen Kosten einer angemessenen und in dieser Form von
                    henden Dritten unabhängige Wissenschaftler sein sollen. Der mit     den Schulen beschriebenen EDV-Ausstattung (bis zu 250 Euro)
                    einer Million Euro bezifferte Erfüllungsaufwand, der für die        übernommen werden. Sicherzustellen ist die administrative
                    Untersuchung vorgesehen ist, erscheint uns allerdings als sehr      Umsetzung über die Schulen. Dabei ist zu beachten, dass die
                    hoch, um wissenschaftliche Expertise in ausreichendem Umfang        gesamte Abwicklung möglichst stigmatisierungsfrei erfolgt. Zu
                    und der gebotenen Qualität einzubeziehen. Der DCV fordert           berücksichtigen ist, dass es nicht damit getan ist, die notwendigen
                    zudem, dass die vom SodEG betroffenen Spitzenverbände der Ein-      Geräte zur Verfügung zu stellen. Studien belegen, dass teilweise
                    richtungen und Dienste über einen Beirat in die Evaluation einge-   auch das Know-how fehlt, die Geräte und die Software anzuwen-
                    schlossen werden müssen. Dies ist in der Gesetzesbegründung zu      den. Hier braucht es weitere Anstrengungen.
                    ergänzen.                                                                Derzeit ist festzustellen, dass manche Kinder weder digital
                    Änderungsbedarf                                                     noch analog hinreichend erreicht werden. Damit sich Bildungs­
                    „Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beauftragt eine      armut nicht verschärft, müssen sozial- und bildungsbenachteilig-
                    Untersuchung zur Ausführung dieses Gesetzes. In die Untersu-        te Kinder bei der schrittweisen Öffnung der Betreuungs- und
                    chung ist wissenschaftliche Expertise einzubeziehen. Die Ergeb-     ­Bildungseinrichtungen möglichst schnell eine besondere Berück-
DCV-Position

                    nisse der Untersuchung sollen bis zum 31. Dezember 2021 veröf-       sichtigung erfahren. Kindern mit besonderem Förderbedarf fällt
                    fentlicht werden.“                                                   es häufig schwer, ihre Lernaufgaben eigenständig zu strukturieren

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Sozialschutz-Paket II   Dokumentation

und Lerninhalte selbstständig zu erarbeiten. Ihre Familien können      mäßig großen Aufwand mit sich. Der DCV plädiert deshalb dafür,
eine angemessene Unterstützung aus unterschiedlichen Gründen           allen Familien im Bezug von SGB-II-, SGB-XII-, Kinderzu-
nicht immer sicherstellen. Bei Bedarf sollten deshalb Kinder mit       schlags-, Asylbewerberleistungsgesetz- und Wohngeld-Leistun-
besonderem Förderbedarf auch schon während der Schließung              gen eine einmalige Leistung in Höhe von 150 Euro pro Kind für
eine intensivere Betreuung durch die Lehrer erhalten, zum Beispiel     das Mittagessen in Zeiten der Corona-Krise zu gewähren und so
telefonisch oder per Skype, wenn WLAN vorhanden ist. Zudem             eine Entlastung zu schaffen. Sachleistungen schränken die Gestal-
müssen Schüler mit besonderem Unterstützungsbedarf über                tungsfreiheit unnötig ein. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass
„Rückkehrkonzepte“ möglichst schnell wieder in das schulische          Eltern diese Mittel zweckwidrig verwenden. Studien belegen im
Lernumfeld integriert werden. In Baden-Württemberg können              Gegenteil, dass Eltern zuletzt bei ihren Kindern sparen. Vorrangig
schwächere Schülerinnen und Schüler ohne Digitalausstattung            wichtig ist es aus Sicht des DCV, dass mit der schrittweisen Öff-
seit 4. Mai zur Betreuung in kleinen Lerngruppen in die Schule         nung der Schulen auch zügig die Möglichkeit eröffnet wird, dass
bestellt werden. Die Entscheidung, wer kommen muss/soll und            Kinder und Jugendliche unter Einhaltung der gebotenen Hygiene-
wer nicht, liegt bei den Lehrkräften. Dieses Arrangement erlaubt       regelungen Zugang zur Mittagsversorgung in Schulen und Kitas
es, gezielt solche Kinder zu fördern, die in der momentanen Situa-     erhalten.
tion besonders benachteiligt werden, weil sie den Anschluss zu             Der DCV schlägt weiter vor, die im Bildungs- und Teilhabepa-
verlieren drohen. Die Einbeziehung der Schul­sozialarbeit in die       ket vorgesehenen Leistungen zur Teilhabe am sozialen und kultu-
Konzepte muss dabei selbstverständlich sein.                           rellen Leben, für die bei nachgewiesener Teilhabe 15 Euro monat-
    In der Philosophie der Hilfeleistung des Bildungs- und Teilha-     lich vorgesehen sind, auch dann zu gewähren, wenn Bücher,
bepakets muss auch die Lernförderung nach § 28 Absatz 5 SGB II         Spiele oder Bastelmaterial gekauft wurden. Aufgrund der Kontakt-
besonders großzügig angewandt werden. Grundsätzlich ist das            beschränkungen und Schließungen aller Kultureinrichtungen wie
schulische Bildungssystem vorrangig in der Pflicht, bei allen Schü-    zum Beispiel Kino ist Lesen momentan ein wesentlicher Ausfluss
lerinnen und Schülern auf einen Bildungserfolg hinzuwirken. Die        von Teilhabe am kulturellen Leben. Diese sollten hilfebedürftige
coronabedingten Lücken sind allerdings in den nächsten Wochen          Kinder mit den Mitteln des BuT finanzieren können; eine Auf-
und Monaten durch die Schule allein nicht zu schließen. Solange        stockung auf 30 Euro monatlich wird vom DCV für die Zeit coro-
durch das schulische Bildungssystem nicht gewährleistet ist, dass      nabedingter Einschränkungen empfohlen.
auch Kinder aus Haushalten mit Einkommen an der Grenze des
soziokulturellen Existenzminimums, die eine ergänzende Lernför-        Artikel 8: Änderung des Tarifvertragsgesetzes
derung benötigen, diese tatsächlich erhalten und somit Bildungs-       Wie bei dem Verfahren bei der Mindestlohnkommission sollte
und Chancengerechtigkeit hergestellt wird, müssen die Leis-            sichergestellt werden, dass die Verfahren nach § 5 Absatz 2 Tarif-
tungsträger die Deckung des Bedarfs an Bildung durch                   vertragsgesetz (TVG) nicht gegen den Willen der Beteiligten mit-
angemessene Lernförderung sicherstellen. Dies gilt in Zeiten von       tels Video- oder Telefonkonferenz durchgeführt werden.
Schulschließungen in ganz besonderer Weise.                                Sollte die Verhandlung des Tarifausschusses mittels Video-
    Wenn für bildungsbenachteiligte Schüler, die derzeit weder         oder Telefonkonferenz zudem nicht nur für das Verfahren nach
digital noch analog gut erreicht werden können, Rückkehrkonzep-        § 5 TVG, sondern auch für §§ 7, 7 a Arbeitnehmerentsendegesetz
te erarbeitet werden, die einen baldigen Schulbesuch sicherstellen,    (AEntG) gelten, sollte dies rechtssicher klargestellt werden. § 7 a
so kann für diese Kinder auch das schulische Mittagessen sicher-       Absatz 4 AEntG verweist jedenfalls für die Befassung des Tarifaus-
gestellt werden. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass das Mittagessen     schusses nur auf § 5 Absatz 1 Satz 1 TVG und nicht auf § 5 TVG,
im Rahmen des Bildungspakets geliefert oder abgeholt werden            wie in der Begründung der Formulierungshilfe ausgeführt. Wir
kann. Diese Lösung ist aus Sicht des DCV nicht praktikabel. Solan-     gehen zudem davon aus, dass die beabsichtigte Neuregelung der
ge kein Schulbesuch stattfinden kann, findet das Mittagessen           Ermöglichung einer Telefon- oder Videokonferenz nicht auch das
gemeinsam in der Familie statt. In den Blick genommen werden           Anhörungsverfahren der paritätisch besetzten Kommissionen
muss dabei die gesamte Familie.                                        nach § 7 a Absatz 1 a AEntG erfasst. Dies sollte in der Begründung
    Das BuT-Mittagessen stellt einen pauschal geregelten Mehrbe-       ausdrücklich klargestellt werden.
darf dar. Dieser hatte die Voraussetzung, dass das Mittagessen             Der letzte Satz des zweiten Absatzes der Begründung zu Arti-
gemeinschaftlich und in schulischer/Kita-Verantwortung einge-          kel 7 sollte vor diesem Hintergrund daher auch wie folgt gefasst
nommen wird. Nun wird auf diese Voraussetzungen verzichtet.            werden: „Die Möglichkeit einer Video- oder Telefonkonferenz
                                                                                                                                                  DCV-Position

Deshalb wäre es konsequent, diesen Betrag an die Familien auszu-       steht auch für die Befassung des Tarifausschusses auf Grundlage der
zahlen. Alles andere bringt für alle Beteiligten einen unverhältnis-   Regelungen der §§ 7, 7 a Arbeitnehmer-Entsendegesetz sowie 3 a

neue caritas 9/2020                                                                                                                          39
Dokumentation             Sozialschutz-Paket II

                    Arbeitnehmerüberlassungsgesetz offen, die auf die Vorschrift des                                        Berlin/Freiburg, den 6. Mai 2020
                    § 5 TVG verweisen.“ Hilfsweise weisen wir ausdrücklich darauf                                                 Eva M. Welskop-Deffaa
                    hin, dass die Durchführung des Anhörungsverfahrens nach § 7 a                                           Vorstand Sozial- und Fachpolitik
                    Absatz 1 a AEntG im Wege einer Telefon- oder Videokonferenz                                                Deutscher Caritasverband e. V.
                    nicht gegen den Willen der an der Anhörung Beteiligten – wie
                    etwa der paritätisch besetzten Kommissionen – erfolgen kann.       Kontakt:
                    Auch insoweit bitten wir dann – zur Gewährleistung des kirchli-    Dr. Birgit Fix, E-Mail: birgit.fix@caritas.de
                    chen Selbstbestimmungsrechts – nachdrücklich um die oben           Dr. Elisabeth Fix, E-Mail: elisabeth.fix@caritas.de
                    erwähnte Ergänzung des Gesetzestextes.
                    Änderungsbedarf                                                    Anmerkung
                    Die in § 5 Absatz 2 TVG vorgeschlagene Anfügung eines weiteren     1. Die vollständige Stellungnahme findet sich unter:
                    Satzes zur Ermöglichung von Video- oder Telefonkonferenzen         www.caritas.de/Stellungnahmen
                    sollte wie folgt ergänzt werden:                                   2. Fachliche Weisung der Bundesagentur für Arbeit zum Gesetz über
                        „In begründeten Fällen kann das Bundesministerium für          den Einsatz der Einrichtungen und sozialen Dienste zur Bekämpfung
                    Arbeit und Soziales eine Teilnahme an der Verhandlung mittels      der Corona­virus SARS-Co V-2 Krise in Verbindung mit einem Sicher­
                    Video- oder Telefonkonferenz vorsehen, wenn nicht ein Teilneh-     stellungsauftrag Sozialdienstleister-Einsatzgesetz vom 29. April 2020,
                    mer diesem Verfahren unverzüglich widerspricht.“                   www.arbeitsagentur.de/datei/ba146463.pdf, S. 8 und S. 12.
DCV-Position

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