Steppenvögel Portugal: Mauersegler - Dachverband ...

 
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Steppenvögel Portugal: Mauersegler - Dachverband ...
65. Jahrgang · April 2018 · D: € 5,95 · A: € 6,00 · CH: CHF 8,20                        4 2018

     Portugal:

     Steppenvögel
                                                                   Monitoring-APP für

                                                          Mauersegler
     Vernässtes Grünland:

     Rastplatz auf Zeit
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32 Portugal
T

                       Ornithologie aktuell

                          Neue Forschungsergebnisse                                       4
L

                       Vogelschutz

                       Susanne Rieck:
A

                          Vorhandene Technik nutzen:
                          Die Landshuter Monitoring-App am Beispiel Mauersegler           7
H

                       Seltene Arten

                       Anita Schäffer:
                          Schlüpfer und Grünbrücken: Kleines Sumpfhuhn                12
N

                       Vogelschutz
I

                       Christian Zurek:
                          Eine attraktive Rastzone für Zugvögel?
                          Temporäre Vernässung von Grünland                           16

                         7 Mauersegler                             12 Kleines Sumpfhuhn

2 | DER FALKE 4/2018
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16 Vernässung                                                                            28 Fotogalerie

Beobachtungstipp

Christopher König, Christoph Moning, Felix Weiß:
    Ein letztes Stück Moor:
    Das Recker Moor in Nordrhein-Westfalen                                                         23

Fotogalerie

    Fotos wie gemalt                                                                               28
Europäische Highlights

Georg Schreier:
    Alte Kulturlandschaft als geschützter Lebensraum:
    Die Steppenvögel des Alentejo                                                                  32
Vogelwelt aktuell

Christopher König, Johanna Karthäuser, Stefan Stübing, Johannes Wahl:
    Winter 2017/2018: Einflug von Birkenzeisigen, Rotmilane
    und knifflige Seltenheiten                                                                     38
Leute und Ereignisse

    Termine, TV-Tipps, Kleinanzeigen                                                               44
Bild des Monats

    Rätselvogel und Auflösung                                                                      46
Veröffentlichungen

    Neue Titel                                                                                     48

Titelbild

Gleitaar in Portugal. (Foto: P. Marques)

DER FALKE Journal für Vogelbeobachter 65. Jahrgang, Heft 4, April 2018 · ISSN 0323-357X4
                                                                                                            4/2018 DER FALKE   | 3
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VOGELWELT                    AKTUELL
Taigabirkenzeisige sind zirkumpolar in den
Übergangsbereichen zwischen Taiga und
Tundra beheimatet. Sie wandern im Winter
südwärts und treten – wie 2017/2018 – mit-
unter invasionsartig auf.
                Foto: J. Halbauer. Werdau, 20.11.2017.

WINTER 2017/2018:

Einflug von Birkenzeisigen, Rot-
milane und knifflige Seltenheiten
Der Deutsche Wetterdienst betitelte den Winter 2017/2018 als „milden, niederschlagsreichen und
sonnigen Winter mit eisigem Finale“. Bis weit ins neue Jahr hinein war es deutlich zu mild. Der Januar
war der sechstwärmste in Deutschland seit 1881. Erst gegen Ende des meteorologischen Winters wurde
es im Februar mit zweistelligen Minustemperaturen doch noch sehr winterlich. Beim Niederschlag
waren die Verhältnisse zwischen Beginn und Ende des Winters ebenso unterschiedlich. Westliche
Strömungen brachten um die Jahreswende reichlich Niederschlag, bis im Februar Hochdruckgebiete
das Wetter bestimmten. Welche Auswirkungen hatte dieser Witterungsverlauf auf die Vogelwelt? Wir
berichten über die Ergebnisse der internationalen Rotmilan-Schlafplatzzählung Anfang Januar und
über das invasionsartige Auftreten von Birkenzeisigen. Und unter den mehr als 1,3 Millionen in den
Monaten Dezember 2017 bis Februar 2018 bei ornitho.de gemeldeten Beobachtungen befand sich
natürlich auch wieder die eine oder andere Besonderheit.

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VOGELWELT AKTUELL

D
             ie „Birkenzeisige“ sind eine             Streifen auf der Oberseite, der vom weißli-        Tieren sogar mehr als doppelt so hoch wie
             taxonomisch sehr interessante            chen Bürzel ausgeht und über Rücken und            das bislang erreichte Maximum im Herbst
             Gruppe – so gibt es unter-               Mantel bis zum Nacken reicht. Manche Tai-          2013. Im von dort in Zugrichtung gelege-
             schiedliche Ansichten, ob es             gabirkenzeisige sind sogar so hell, dass die       nen Schleswig-Holstein konnte mit mehr
sich bei den Formen flammea und cabaret               Abgrenzung zum Polarbirkenzeisig proble-           als 16 000 Durchzüglern ein gegenüber den
sowie dem Polarbirkenzeisig um Arten oder             matisch ist.                                       Maximalwerten der Jahre ab 2004 um den
Unterarten oder sogar „nur“ um (genetisch                Die „dunklen“ Alpenbirkenzeisige kön-           Faktor acht erhöhtes Zuggeschehen regis-
möglicherweise kaum unterscheidbare)                  nen in Deutschland als Brutvögel und               triert werden. Insgesamt wird damit deut-
„Ökotypen“ handelt. In Deutschland wer-               Überwinterer ganzjährig beobachtet wer-            lich, dass eine Invasion wie in diesem Win-
den Birkenzeisig Carduelis flammea und                den, während die „hellen“ Taigabirkenzei-          ter mit einem gehäuften Auftreten auch in
Polarbirkenzeisig Carduelis hornemanni                sige nur in Norddeutschland und dort vor           den Mittelgebirgsregionen ein sehr seltenes
traditionell als zwei Arten geführt (die sich         allem im Küstenraum regelmäßige Durch-             Ereignis ist.
aber so nahe stehen, dass sie im Kompen-              zügler und Wintergäste sind. Ähnlich wie              Der Vergleich des Anteils der Beobach-
dium der Vögel Mitteleuropas als Arten                beim Seidenschwanz kommt es aber auch              tungslisten mit Birkenzeisig-Nachweis
einer Superspezies vereint werden). Der               bei diesen hochnordischen Brutvögeln in            (ohne Trennung nach Unterarten) mit
Birkenzeisig tritt dabei mit zwei Unterarten          größeren Abständen zu umfangreichen                den Vorjahren zeigt das in Normaljah-
auf, die zum Beispiel in den Niederlanden             Invasionen. Ein solcher Einflug fand auch          ren geringe Auftreten mit einem kleineren
als Arten betrachtet werden: der „Taigab-             im Winter 2017/2018 statt. Langjährige             Durchzugshöhepunkt von Oktober bis
irkenzeisig“ aus Fennoskandien und der                Zeitreihen aus Hessen, wo Beobachtungen            Mitte November. In diesem Winter stiegen
„Alpenbirkenzeisig“, der in den Alpen und             des Taigabirkenzeisigs viele Jahre durch           die Zahlen nach Ende Oktober aber weiter
auf den Britischen Inseln vorkommt und                die Avifaunistische Kommission erfasst             sehr deutlich an; Ende November wurde
von dort kommend Teile des nördlichen                 wurden, zeigen, dass der letzte ähnlich            das Maximum erreicht. Danach schwankte
Mitteleuropas sowie das südwestliche Skan-            umfangreiche Einflug ins tiefere Binnen-           der Anteil auf gegenüber Normaljahren
dinavien besiedelt hat.                               land wohl im Winter 2008/2009 stattfand.           etwa sechsfach erhöhten Werten bis Ende
   Trotz der taxonomischen noch nicht                 Die aus hessischer Sicht davor größte und          Januar. Ab Februar ist – bundesweit – der
abschließend geklärten Lage lassen sich die           auch gegenüber den aktuellen Beobachtun-           Rückzug deutlich zu erkennen.
Vögel bei genauerem Hinsehen meist einer              gen deutlich stärkere Invasion liegt noch             Beim Bergfink, den wir als Vergleichsart
der beiden Unterarten zuordnen. Alpenbir-             deutlich länger zurück und fand im Win-            ausgewählt haben, entspricht das Auftreten
kenzeisige sind dabei kleiner und dunkler             ter 1986/1987 statt. Auf Helgoland waren           hingegen weitgehend dem der Vorjahre.
bräunlich getönt als die größeren, oft wie            zudem die Jahre 1988 sowie 1995/1996               Räumlich erstreckte sich der Einflug über
überfroren wirkenden helleren Taigabir-               durch sehr hohe Rastzahlen gekennzeich-            weite Teile des Binnenlandes, nur südlich
kenzeisige. Gute Merkmale der nördlichen              net. In Falsterbo an der Südspitze Schwe-          einer Linie vom Erzgebirge bis zum Saar-
Vögel sind zudem die meist auffallend                 dens lag die Zahl der im Herbst 2017               land, also aus Bayern und Baden-Württem-
weißlichen Flügelbinden und ein heller                abziehenden Taigabirkenzeisige mit 44 343          berg, liegen nur wenige Nachweise vor.

                                                                      Das Auftreten der Birkenzeisige im Winter 2017/2018 verlief regional unterschiedlich:
                                                                      Den Osten Deutschlands erreichten sie offenbar vor dem Nord(west)en, wo sie jedoch
Birkenzeisige traten ab November 2017 deutlich zahlreicher auf als    länger blieben. Im Westen und in der Mitte Deutschlands waren sie insgesamt spärlicher
in den drei Wintern zuvor. Dargestellt ist der Anteil an Beobach-     vertreten, den Süden (hier nicht dargestellt) erreichten nur wenige Birkenzeisige aus
tungslisten mit einem Birkenzeisig-Nachweis je Woche für die Jahre    dem Norden und Osten Europas. Dargestellt ist der Anteil an Beobachtungslisten mit
2014/2015 bis 2016/2017 (blau) sowie 2017/2018 (rot). Es wurden       einem Birkenzeisig-Nachweis je Woche. Weiteres siehe Text. Nord(west)en = SH, HH,
die drei Taxa „Birkenzeisig“, „Alpenbirkenzeisig“ und „Taigabirken-   NI, HB (Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Bremen), Osten = BB, BE, ST,
zeisig“ berücksichtigt. Dieser und der Darstellung zum Bergfink       SN, TH (Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen), Westen und Mitte
liegen 163 890 vollständige Beobachtungslisten zugrunde.              = NW, HE, RP, SL (Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland).

                                                                                                                        4/2018 DER FALKE             | 39
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VOGELWELT AKTUELL

                                                        ßerer Zahl ab der Monatswende Oktober/               Angabe dann entsprechend anzupassen,
                                                        November, während sie im Nord(west)en                damit dieses außergewöhnliche Ereignis
                                                        ab der zweiten Novemberhälfte verstärkt              möglichst gut dokumentiert wird. Der in
                                                        auftraten. Auch im weiteren Verlauf des              der weiterführenden Literatur aufgeführte
                                                        Einflugs zeigen sich Unterschiede: Im Osten          Beitrag zur Bestimmung von Birkenzeisi-
                                                        ging die Präsenz auf den Beobachtungslis-            gen liefert wertvolle Hinweise. Vielen Dank!
                                                        ten ab dem Jahreswechsel wieder deutlich
                                                        zurück, im Nord(west)en ab Februar.
                                                                                                             Rotmilan-Schlafplatzzählung
                                                          Die Kontrolle eines am 3. November 2016
                                                                                                             etabliert sich
                                                        in Heilongjiang im Nordosten von China
                                                        beringten Birkenzeisigs am 24. Dezember              Am 6. und 7. Januar fand, wie jedes Jahr
                                                        2017 in Dänemark zeigt mit einer Distanz             am ersten Wochenende nach dem Jahres-
                                                        von knapp 7000 km, zu welchen Leistungen             wechsel, die internationale Zählung über-
Im Gegensatz zu den Birkenzeisigen unterschied sich
                                                        die kleinen Gäste aus dem Norden fähig               winternder Rotmilane statt. Initiiert wur-
das Auftreten der Bergfinken im Herbst und Winter
2017/2018 kaum von jenem der Vorjahre. Zu beachten      sind und welche Herkunftsräume denkbar               den die Erfassungen im Jahr 2007 durch
ist die andere Skalierung als bei den Birkenzeisigen.   sind. Zuvor gab es in den Jahren ab 1985             die Ligue pour la Protection des Oiseaux
                                                        immerhin schon sechs vergleichbare Ring-             (LPO) aus Frankreich. Beginnend mit
                                                        funde in Europa. Bei dieser Dimension fast           dem Winter 2015/2016 beteiligt sich auch
                                                        zu erwarten war der Erstnachweis des Taiga-          Deutschland an den Zählungen, wobei die
       Die Taigabirkenzeisige gelangten offen-          birkenzeisigs für Spanien am 11. Februar in          ersten beiden Winter vor allem dazu dien-
    bar sowohl aus dem Norden als auch aus              Pamplona.                                            ten, die Beobachterinnen und Beobachter
    dem Osten nach Mitteleuropa. Neben dem                Bei sehr vielen Birkenzeisig-Meldungen             für Rotmilan-Schlafplätze zu sensibilisie-
    Rekordergebnis in Falsterbo wurden auch             in ornitho.de wurde nicht zwischen den               ren und diese zu finden (FALKE 2016, H. 4;
    in Weißrussland und Polen außerordent-              beiden Unterarten unterschieden. Gerade              FALKE 2017, H. 4). Das zahlte sich nun aus:
    lich große Anzahlen gemeldet. Der Zuzug             bei Beobachtungen, zu denen Fotos vorlie-            Dank des Engagements der Koordinatorin-
    aus Norden und Osten erfolgte offenbar              gen, möchten wir daher alle Melder aufru-            nen und Koordinatoren wurde die bislang
    zeitlich etwas versetzt: Den Osten Deutsch-         fen, nochmals gezielt zu prüfen, um welche           beste Abdeckung erreicht und gleichzeitig ‒
    lands erreichten die Birkenzeisige in grö-          der Formen es sich gehandelt hat und die             unterstützt durch die milde Witterung ‒ die

                                                                                     Die Bestimmung von Polarbirkenzeisigen ist nur anhand einer Kom-
                                                                                     bination verschiedener Merkmale möglich, die sich nicht auf einem
                                                                                     einzelnen Foto festhalten lassen. Eine insgesamt sehr helle Grundfär-
                                                                                     bung mit weißlichem zentralen Mantel, kleinem Schnabel, steiler Stirn
                                                                                     mit flacher Krone, lediglich dünner Strichelung auf Brust und Flanken
                                                                                     sowie inneren großen Armdecken mit breit weißen Spitzen – all das
                                                                                     passt gut zu einem Polarbirkenzeisig. Zwei zur Bestimmung unverzicht-
                                                                                     bare Kennzeichen sind auf diesem Foto allerdings nicht zu sehen: der
                                                                                     reinweiße Bürzel und die höchstens durch einen schmalen Schaftstrich
                                                                                     gezeichneten Unterschwanzdecken.
     40 | DER FALKE 4/2018                                                                                                      Foto: F. Braun. Neubrandenburg, 4.12.2017.
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Ansammlungen von Rotmilanen können – wie
                                                                                                  hier zwischen Misteln – erstaunlich unauffällig
                                                                                                  sein. Bei der Suche nach bislang unbekannten
                                                                                                  Schlafplätzen geben daher am späten Nach-
                                                                                                  mittag gerichtet fliegende Rotmilane wichtige
                                                                                                  Hinweise.              Foto: M. Persch. Utweiler, 13.2.2018.

höchste Anzahl überwinternder Rotmilane      sen Dunkelziffer auszugehen. So wurde
dokumentiert. Wie in den Vorwintern zei-     für Sachsen der Bestand Anfang Januar
gen sich deutlich zwei Schwerpunkte der      zuzüglich weiterer Beobachtungen abseits
Winterverbreitung in Mitteldeutschland       der Schlafplätze vorsichtig auf 170 bis 200
und im südlichen Baden-Württemberg.          Individuen geschätzt. Gezählt wurden 137
  42 Schlaf- und Sammelplätze von Rotmi-     Individuen. Insgesamt schätzen wir den
lanen wurden Anfang Januar kontrolliert, 5   bundesweiten Gesamtbestand rund um das
davon waren zum Zeitpunkt der Zählung        Zählwochenende auf circa 1400 Vögel.                                                                G

nicht besetzt. Die größten Ansammlungen         Der Überwinterungsbestand im südli-
befanden sich mit 118 Individuen in Sach-    chen Baden-Württemberg ist im Zusam-
sen-Anhalt (Landkreis Harz), in Sachsen      menhang mit dem Wintervorkommen in
mit 115 Individuen (Landkreis Meißen),       der Schweiz zu sehen. Dort ergab die Rotmi-
in Thüringen mit 110 Individuen (Unstrut-    lan-Schlafplatzzählung Anfang Januar eine
Hainich-Kreis) und mit 100 Individuen        landesweite Gesamtzahl von 3280 Vögeln           Individuen je Schlafplatz

(Eichsfeld) sowie in Baden-Württemberg       – die zweithöchste Anzahl seit Beginn der             0
                                                                                              G

                                                                                                   1-3

mit 81 Individuen (Landkreis Konstanz).      Erfassungen im Jahr 2007.                             4- 7
                                                                                                   8 - 20
                                                                                                                                 GG

An insgesamt neun Plätzen übernachte-           Schaut man sich die Standorte der Schlaf-          21 - 50
                                                                                                                             G

                                                                                                   51 - 150

ten mehr als 50 Rotmilane. In der Summe      plätze genauer an, so fällt auf, dass die             >150

wurden 1148 Individuen an Schlafplätzen      meisten Rotmilane in Baumgruppen und           Rotmilan-Schlafplätze (rot) in Deutschland, die am oder
gezählt.                                     Waldstücken in offener Landschaft über-        um das Wochenende 6./7. Januar 2018 erfasst wurden.
  Die Anzahl Anfang Januar in Deutsch-       nachten, in deren unmittelbarer Nähe keine     Die aus den bisherigen Erfassungen bekannten Ver-
land tatsächlich anwesender Rotmilane ist    bis wenige Siedlungen zu finden sind. Offen-   breitungsschwerpunkte in Mitteldeutschland und im
schwer zu beziffern. Aufgrund der guten      sichtlich bevorzugen die Rotmilane vom         südlichen Baden-Württemberg treten deutlich hervor.
Abdeckung in den bekannten Winterver-        Menschen ungestörte Bereiche mit einem         Hinterlegt sind in derselben Skalierung Rotmilan-Beob-
breitungszentren dürfte das Gros der Rot-    Mosaik aus Äckern, Grünland, Wäldern,          achtungen, die vom 4. bis 9. Januar 2018 in ornitho.de
                                                                                            eingegeben wurden (blau). Diese weisen darauf hin, wo
milane Anfang Januar erfasst worden sein.    Feldgehölzen und Baumreihen zur Über-
                                                                                            es weitere Schlafplätze geben dürfte. Die Karte soll somit
Das legen auch die weiteren auf ornitho.de   winterung. Die landwirtschaftliche Bearbei-    auch als Anregung dienen, im kommenden Winter auch
rund um das Zählwochenende gemeldeten        tung der umliegenden Felder mag dennoch        in diesen Regionen gezielt nach Schlafplätzen zu suchen.
Beobachtungen nahe. Dennoch ist auch in      eine wichtige Rolle spielen. Sind die Felder   Hinweise hierzu finden Sie auf ornitho.de. Die nächste
den Verbreitungszentren von einer gewis-     gepflügt oder nur wenig bewachsen, erhö-       internationale Zählung findet am 5./6. Januar 2019 statt.

                                                                                                                          4/2018 DER FALKE            | 41
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VOGELWELT AKTUELL

hen sich die Chancen der Milane, Kleinsäu-                  zulande Weibchen dieser Art beobachtet. Ab                  der Vogel allerdings nicht bis in den April,
ger zu erbeuten.                                            Anfang Dezember hielt sich eines in Sach-                   sondern wurde bereits zwölf Tage nach der
   Ein herzlicher Dank für die Mitarbeit                    sen-Anhalt auf, ein weiteres Mitte Dezem-                   (Wieder)Entdeckung letztmalig dort gese-
und Unterstützung gilt allen Zählerinnen                    ber nur für gut eine Woche bei München.                     hen. Bemerkenswert ist eine weitere Beob-
und Zählern sowie den Landeskoordinato-                     Weitere Männchen wurden um die Jahres-                      achtung einer Spatelente am 21. Februar auf
ren J. Brune (Nordrhein-Westfalen), H.-J.                   wende bei Karlsruhe und unregelmäßig im                     der Ostsee bei Warnemünde. Fotovergleiche
Fünfstück (Bayern), C. Gelpke (Hessen), M.                  Januar sowie ab Mitte Februar an der Elbe                   legen nahe, dass es sich um ein zusätzli-
Gschweng und J. Einstein (Baden-Württem-                    im Dreibundesländereck Niedersachsen,                       ches Individuum gehandelt haben dürfte.
berg), M. Kolbe (Sachsen-Anhalt), W. Nach-                  Brandenburg und Sachsen-Anhalt beob-                        Im Rückblick auf den Winter 2016/2017
tigall (Sachsen) und T. Pfeiffer (Thüringen).               achtet. Bei dem Vogel in Baden-Württem-                     berichteten wir von Beobachtungen von
                                                            berg könnte es sich um das Individuum                       Zwergscharben in fünf Regionen Deutsch-
                                                            gehandelt haben, das bereits den Dezember                   lands. Ein Jahr später harrt lediglich an einer
Seltenheiten – Folgen des milden
                                                            2016 in der Region verbrachte. Pazifiktrau-                 einzigen Stelle in Deutschland ein solcher
Winters und ein kniffliges Trio
                                                            erenten brüten im östlichsten Sibirien und                  Vogel aus. Die Zwergscharbe am Gombe-
Der Einflug von Kernbeißern und das starke                  in Alaska sowie in Ostkanada. In europäi-                   ther See in Hessen ist mittlerweile fast ein
Auftreten von Skuas entlang der Nord-                       schen Gewässern sind Pazifiktrauerenten                     Jahr im Gebiet. Ebenfalls in Hessen wurde
seeküste dominierten das vogelkundliche                     sehr seltene Gäste, und aus Deutschland                     ein Sichler entdeckt, der sich den gesamten
Geschehen im Herbst 2017. Die sturmreiche                   existierte bis dato nur ein einziger Nachweis               Januar in der südlichen Wetterau aufhielt
Zeit brachte zudem Ausnahmeerscheinun-                      aus dem Februar 2008 vor St. Peter-Ording.                  und damit den ersten Überwinterungsver-
gen wie Wanderlaubsänger, Feldrohrsänger,                   Weitere Meldungen hielten der Prüfung                       such in Deutschland darstellt. Küstennah
Wüstengrasmücke und Rostflügeldrossel                       der Seltenheitenkommissionen nicht stand,                   sind Papageitaucher in Deutschland nur
mit sich. Im anschließenden Winter ging                     da die Beobachtungsbedingungen an der                       ganz selten zu sehen. Neben einem Totfund
es wieder „gemächlicher“ zu. Die eine oder                  Küste oftmals keine sichere Ansprache der                   auf Borkum Ende Januar wurde einer Mitte
andere bemerkenswerte Entdeckung gelang                     Merkmale zulässt. Südlich von Kiel wurde                    Februar vor Sylt fotografiert. Die bereits
aber auch in den Monaten Dezember 2017                      am 3. Februar 2018 bei hervorragenden                       vieldiskutierte Ringschnabelmöwe an der
bis Februar 2018 und mehrere sehr schwer                    Bedingungen mit flacher See ein Männchen                    Rheinfähre Leverkusen-Hitdorf kehrte ab
zu bestimmende Arten, die auch noch in                      entdeckt. Vergesellschaftet mit Traueren-                   dem 23. Januar an ihren Stammplatz zurück.
größerer Zahl gemeldet wurden, werden                       ten hielt sich der Vogel teilweise ufernah                  Im Winter 2016/2017 gab es das stärkste
die Seltenheitenkommissionen noch zum                       in der Brandungszone auf und war oft gut                    Auftreten von Eismöwen in Deutschland
Schwitzen bringen.                                          zu beobachten. Mit der männlichen und                       seit mehr als zwanzig Jahren. Der zurück-
  Ringschnabelenten waren verhältnis-                       aufgrund ihrer Kopfzeichnung individu-                      liegende Winter entsprach dann wieder
mäßig zahlreich vertreten. Der seit Ende                    ell erkennbaren Spatelente am Kirchsee                      dem Durchschnitt. Knapp zehn verschie-
Oktober an traditioneller Stelle im Saarland                in Preetz fand sich Ende Januar auch ein                    dene Individuen wurden gesehen, bemer-
überwinternde Erpel blieb noch bis in den                   bekannter Wintergast in der Nähe von                        kenswert dabei ein subadulter Vogel im
März hinein. Weitaus seltener werden hier-                  Kiel ein. Anders als in den Vorjahren blieb                 4. Kalenderjahr im Emsland, während alle
                                                                                                                        übrigen Beobachtungen Jungvögel betra-
                                                                                                                        fen. Polarmöwen waren mit Sichtungen an
                                                                                                                        sechs Stellen gut vertreten. Auch hier gab es
                                                                                                                        im Emsland die Gelegenheit, an einem Indi-
                                                                                                                        viduum im 3. Kalenderjahr ein in Deutsch-
                                                                                                                        land nur selten zu beobachtendes Kleid
                                                                                                                        zu studieren. Nach den Beobachtungen
                                                                                                                        Ende September und Ende Oktober 2017
                                                                                                                        wurde im Grenzbereich zu den Niederlan-
                                                                                                                        den – und damit wenige Kilometer von den
                                                                                                                        nächsten Brutvorkommen entfernt – Mitte
                                                                                                                        Januar erneut ein Seidensänger entdeckt.
                                                                                                                        Ob diese Art bald auch diesseits der Grenze
                                                                                                                        in Nordrhein-Westfalen zur Brut schreitet?
                                                                                                                        Zu Beginn des Jahres wurde von der Insel
                                                                                                                        Amrum ein Dunkellaubsänger gemeldet.
                                                                                                                        Tienschan-Laubsänger-Beobachtungen
                                                                                                                        gab es im Dezember auf Helgoland und
                                                                                                                        Fehmarn sowie bemerkenswert in Kassel,
                                                                                                                        wo ein Vogel für eine Woche auf dem ehe-
                                                                                                                        maligen Bundesgartenschaugelände viele
                                                                                                                        Beobachter beglückte. Nach Schwarzflügel-
Optisch ähneln Pazifiktrauerenten den nahe verwandten „atlantischen“ Trauerenten, die in großer Zahl in                 Brachschwalbe, Polarmöwe und Goldhähn-
Nord- und Ostsee überwintern. Männchen unterscheiden sich jedoch vor allem durch einen leuchtend gel-                   chen-Laubsänger zum Jahresabschluss 2017
ben Schnabelhöcker.                                                          Foto: H. Fedders. Stakendorf, 10.2.2018.   noch eine weitere neue Vogelart für Hes-

42 | DER FALKE 4/2018
Steppenvögel Portugal: Mauersegler - Dachverband ...
sen! Neu für Nordrhein-Westfalen und erst
zum zweiten Mal sicher für Deutschland
nachgewiesen werden konnte eine Östliche
Klappergrasmücke der Form blythi. Die-
ses meist als Unterart unserer heimischen
Klappergrasmücke geführte Taxon, das rein
optisch nach derzeitigem Kenntnisstand
nicht sicher bestimmbar ist, brütet in den
borealen Wäldern vom Ural ostwärts bis
zum Baikalsee. Statt Nordostafrika oder
Südasien wählte der Vogel Bielefeld als
Überwinterungsgebiet. Durch den Fang und
eine anschließende DNA-Analyse wurde die
Bestimmung abgesichert. Wie konsequent
sich Vögel den Blicken der Beobachter ent-
ziehen können, zeigt der Wiederfang eines
auf Helgoland beringten Blauschwanzes
am 5. Januar. Der Vogel war bereits am 20.
November 2017 dort beringt worden, wurde
seitdem aber keinmal beobachtet. Noch bis
zum 7. Februar konnte er anschließend spo-
radisch wiedergefangen werden und stellt
damit erst den bundesweit zweiten Winter-        Im Hafen von Cuxhaven-Altenbruch mischte sich Mitte Februar ein Zwergstrandläufer unter die Sander-
nachweis dar. Auf der Greifswalder Oie hielt     linge. Eigentlich sollte er den Winter mit seinen Artgenossen im östlichen und südlichen Afrika verbringen.
sich vom 10. bis 12. Januar ein vermutlich                                                                                        Foto: J. Martin. Cuxhaven, 14.2.2018.

Östlicher Hausrotschwanz auf. Nonnen-
steinschmätzer sind deutschen Vogelbe-
obachtern eigentlich höchstens als seltene       Aus dem hohen Norden stammende Polar-                  Taigabirkenzeisigen verstecken sich ver-
Herbstgäste auf Helgoland bekannt. Noch          birkenzeisige wurden zwischen November                 mutlich weitere Polarbirkenzeisige. Einige
dazu auch jahreszeitlich äußerst bemerkens-      2017 und Februar 2018 aus 44 Landkreisen               phänologische Extremnachweise infolge
wert ist deshalb ein junges Männchen, das        in 13 Bundesländern bei ornitho.de gemel-              der bis Ende Januar äußerst milden Witte-
die Adventszeit zwischen Nikolaustag und         det. Auch wenn vermutlich nur ein Teil die-            rung erinnern uns bereits an die Vogelarten,
Heiligabend auf dem Campingplatz Benser-         ser Vögel letztlich anerkannt werden kann,             die in den nächsten Wochen bei uns durch-
siel in Ostfriesland verbrachte. Es handelte     handelt es sich wohl um das stärkste jemals            ziehen oder Reviere besetzen. Bemerkens-
sich dabei nicht um den Ende Oktober bis         in Deutschland dokumentierte Auftreten                 werte und fotografisch belegte Beispiele
Anfang November im rund 30 km entfern-           dieses Taxons. Aus den letzten vierzig Jahren          sind unter den Watvögeln ein Flussregen-
ten Norddeich beobachteten Vogel.                gibt es insgesamt weniger als 60 Nachweise.            pfeifer im Januar bei Northeim, ein Mor-
   Die in systematischer Reihenfolge nun         Noch viel seltener sind die östlich des Ural           nellregenpfeifer Mitte Januar auf Fehmarn
zuletzt genannten Seltenheiten werden von        in weiten Teilen Asiens brütenden Fich-                und ein Zwergstrandläufer Mitte Februar
den Avifaunistischen Kommissionen ver-           tenammern in Deutschland. Von den weni-                in Cuxhaven. Darüber hinaus wurden im
mutlich am schwierigsten zu beurteilen           ger als 15 deutschen Nachweisen gelangen               Januar/Februar mehrere frühe (oder über-
sein. Es handelt sich dabei um Kiefernkreuz-     5 seit der Jahrtausendwende. Sehr schwierig            winternde?) Knäkenten, Wiedehopfe und
schnabel, Polarbirkenzeisig und Fichtenam-       ist die Abgrenzung zu regelmäßig doku-                 Wiesenschafstelzen fotografisch belegt.
mer – ein wahrlich kniffliges Trio. Kiefern-     mentierten Hybriden zwischen Fichten-                  Christopher König, Johanna Karthäuser,
kreuzschnäbel flogen im Herbst/Winter            und Goldammern. Ein solcher vermutlicher                         Stefan Stübing, Johannes Wahl
2013/2014 in großer Zahl nach Deutsch-           Mischling wurde von Dezember bis Februar
land ein und es kam auch zu Brutversuchen.       unregelmäßig in Sachsen beobachtet. Wenig
In den Jahren 2015 und 2016 gab es dann          Zweifel ließ hingegen die Bestimmung einer             Literatur zum Thema
keinerlei Beobachtungen, bevor im Herbst         weiblichen Fichtenammer, die sich ab Ende              Aebischer, A 2018: Rotmilan-Schlafplatz-Zählung in
2017 ein erneuter Einflug einsetzte. Bei orni-   Januar für knapp drei Wochen in der Nähe                der Schweiz 6. & 7. Januar 2018. Unveröff. Bericht.
tho.de liegen zwischen September 2017 und        von Reutlingen in Baden-Württemberg                    Demeulemeester, M 2018: Identification of Red-
                                                                                                         polls, a compilation (2017 update). http://vwg.
Februar 2018 Meldungen aus 45 Landkrei-          aufhielt. Ein weiterer guter Fichtenammer-               natuurkoepel.be/archief/Demeulemeester_Identifica-
sen in 8 Bundesländern vor. Aufgrund der         Kandidat wurde Ende Februar an einer Fut-                tion%20of%20redpolls_2017.pdf
schwierigen Unterscheidung zwischen Kie-         terstelle im Saarland fotografiert.                    Kjellén, N 2018: Migration Counts at Falsterbo, SW
fern- und Fichtenkreuzschnäbeln akzeptiert          Während der Zusammenstellung dieser                   Sweden. www.falsterbofagelstation.se
die Deutsche Avifaunistische Kommission          Übersicht über die im Winter 2017/2018                 Koop, B 2018: Avifaunistische Mitteilungen für
                                                                                                          Schleswig-Holstein, Herbst 2017. Rundschreiben
(DAK) allerdings nur per Foto oder Tonauf-       entdeckten Seltenheiten sind Kiefernkreuz-
                                                                                                          1/2018 der OAG für Schleswig-Holstein und
nahme belegte Beobachtungen. Große Pro-          schnäbel in Niedersachsen gerade mit dem                 Hamburg.
bleme bei der Bestimmung bringt auch die         Nestbau beschäftigt, und unter den zahl-               van der Spek, V 2018: Mealy Redpolls from China
Differenzierung der Birkenzeisige mit sich.      losen in Deutschland umherstreifenden                    (2018). www.turnstones.org/chinese-mealy-redpoll

                                                                                                                       4/2018 DER FALKE                     | 43
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