Steppenvögel Portugal: Mauersegler - Dachverband ...
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65. Jahrgang · April 2018 · D: € 5,95 · A: € 6,00 · CH: CHF 8,20 4 2018 Portugal: Steppenvögel Monitoring-APP für Mauersegler Vernässtes Grünland: Rastplatz auf Zeit
32 Portugal T Ornithologie aktuell Neue Forschungsergebnisse 4 L Vogelschutz Susanne Rieck: A Vorhandene Technik nutzen: Die Landshuter Monitoring-App am Beispiel Mauersegler 7 H Seltene Arten Anita Schäffer: Schlüpfer und Grünbrücken: Kleines Sumpfhuhn 12 N Vogelschutz I Christian Zurek: Eine attraktive Rastzone für Zugvögel? Temporäre Vernässung von Grünland 16 7 Mauersegler 12 Kleines Sumpfhuhn 2 | DER FALKE 4/2018
16 Vernässung 28 Fotogalerie Beobachtungstipp Christopher König, Christoph Moning, Felix Weiß: Ein letztes Stück Moor: Das Recker Moor in Nordrhein-Westfalen 23 Fotogalerie Fotos wie gemalt 28 Europäische Highlights Georg Schreier: Alte Kulturlandschaft als geschützter Lebensraum: Die Steppenvögel des Alentejo 32 Vogelwelt aktuell Christopher König, Johanna Karthäuser, Stefan Stübing, Johannes Wahl: Winter 2017/2018: Einflug von Birkenzeisigen, Rotmilane und knifflige Seltenheiten 38 Leute und Ereignisse Termine, TV-Tipps, Kleinanzeigen 44 Bild des Monats Rätselvogel und Auflösung 46 Veröffentlichungen Neue Titel 48 Titelbild Gleitaar in Portugal. (Foto: P. Marques) DER FALKE Journal für Vogelbeobachter 65. Jahrgang, Heft 4, April 2018 · ISSN 0323-357X4 4/2018 DER FALKE | 3
VOGELWELT AKTUELL Taigabirkenzeisige sind zirkumpolar in den Übergangsbereichen zwischen Taiga und Tundra beheimatet. Sie wandern im Winter südwärts und treten – wie 2017/2018 – mit- unter invasionsartig auf. Foto: J. Halbauer. Werdau, 20.11.2017. WINTER 2017/2018: Einflug von Birkenzeisigen, Rot- milane und knifflige Seltenheiten Der Deutsche Wetterdienst betitelte den Winter 2017/2018 als „milden, niederschlagsreichen und sonnigen Winter mit eisigem Finale“. Bis weit ins neue Jahr hinein war es deutlich zu mild. Der Januar war der sechstwärmste in Deutschland seit 1881. Erst gegen Ende des meteorologischen Winters wurde es im Februar mit zweistelligen Minustemperaturen doch noch sehr winterlich. Beim Niederschlag waren die Verhältnisse zwischen Beginn und Ende des Winters ebenso unterschiedlich. Westliche Strömungen brachten um die Jahreswende reichlich Niederschlag, bis im Februar Hochdruckgebiete das Wetter bestimmten. Welche Auswirkungen hatte dieser Witterungsverlauf auf die Vogelwelt? Wir berichten über die Ergebnisse der internationalen Rotmilan-Schlafplatzzählung Anfang Januar und über das invasionsartige Auftreten von Birkenzeisigen. Und unter den mehr als 1,3 Millionen in den Monaten Dezember 2017 bis Februar 2018 bei ornitho.de gemeldeten Beobachtungen befand sich natürlich auch wieder die eine oder andere Besonderheit. 38 | DER FALKE 4/2018
VOGELWELT AKTUELL D ie „Birkenzeisige“ sind eine Streifen auf der Oberseite, der vom weißli- Tieren sogar mehr als doppelt so hoch wie taxonomisch sehr interessante chen Bürzel ausgeht und über Rücken und das bislang erreichte Maximum im Herbst Gruppe – so gibt es unter- Mantel bis zum Nacken reicht. Manche Tai- 2013. Im von dort in Zugrichtung gelege- schiedliche Ansichten, ob es gabirkenzeisige sind sogar so hell, dass die nen Schleswig-Holstein konnte mit mehr sich bei den Formen flammea und cabaret Abgrenzung zum Polarbirkenzeisig proble- als 16 000 Durchzüglern ein gegenüber den sowie dem Polarbirkenzeisig um Arten oder matisch ist. Maximalwerten der Jahre ab 2004 um den Unterarten oder sogar „nur“ um (genetisch Die „dunklen“ Alpenbirkenzeisige kön- Faktor acht erhöhtes Zuggeschehen regis- möglicherweise kaum unterscheidbare) nen in Deutschland als Brutvögel und triert werden. Insgesamt wird damit deut- „Ökotypen“ handelt. In Deutschland wer- Überwinterer ganzjährig beobachtet wer- lich, dass eine Invasion wie in diesem Win- den Birkenzeisig Carduelis flammea und den, während die „hellen“ Taigabirkenzei- ter mit einem gehäuften Auftreten auch in Polarbirkenzeisig Carduelis hornemanni sige nur in Norddeutschland und dort vor den Mittelgebirgsregionen ein sehr seltenes traditionell als zwei Arten geführt (die sich allem im Küstenraum regelmäßige Durch- Ereignis ist. aber so nahe stehen, dass sie im Kompen- zügler und Wintergäste sind. Ähnlich wie Der Vergleich des Anteils der Beobach- dium der Vögel Mitteleuropas als Arten beim Seidenschwanz kommt es aber auch tungslisten mit Birkenzeisig-Nachweis einer Superspezies vereint werden). Der bei diesen hochnordischen Brutvögeln in (ohne Trennung nach Unterarten) mit Birkenzeisig tritt dabei mit zwei Unterarten größeren Abständen zu umfangreichen den Vorjahren zeigt das in Normaljah- auf, die zum Beispiel in den Niederlanden Invasionen. Ein solcher Einflug fand auch ren geringe Auftreten mit einem kleineren als Arten betrachtet werden: der „Taigab- im Winter 2017/2018 statt. Langjährige Durchzugshöhepunkt von Oktober bis irkenzeisig“ aus Fennoskandien und der Zeitreihen aus Hessen, wo Beobachtungen Mitte November. In diesem Winter stiegen „Alpenbirkenzeisig“, der in den Alpen und des Taigabirkenzeisigs viele Jahre durch die Zahlen nach Ende Oktober aber weiter auf den Britischen Inseln vorkommt und die Avifaunistische Kommission erfasst sehr deutlich an; Ende November wurde von dort kommend Teile des nördlichen wurden, zeigen, dass der letzte ähnlich das Maximum erreicht. Danach schwankte Mitteleuropas sowie das südwestliche Skan- umfangreiche Einflug ins tiefere Binnen- der Anteil auf gegenüber Normaljahren dinavien besiedelt hat. land wohl im Winter 2008/2009 stattfand. etwa sechsfach erhöhten Werten bis Ende Trotz der taxonomischen noch nicht Die aus hessischer Sicht davor größte und Januar. Ab Februar ist – bundesweit – der abschließend geklärten Lage lassen sich die auch gegenüber den aktuellen Beobachtun- Rückzug deutlich zu erkennen. Vögel bei genauerem Hinsehen meist einer gen deutlich stärkere Invasion liegt noch Beim Bergfink, den wir als Vergleichsart der beiden Unterarten zuordnen. Alpenbir- deutlich länger zurück und fand im Win- ausgewählt haben, entspricht das Auftreten kenzeisige sind dabei kleiner und dunkler ter 1986/1987 statt. Auf Helgoland waren hingegen weitgehend dem der Vorjahre. bräunlich getönt als die größeren, oft wie zudem die Jahre 1988 sowie 1995/1996 Räumlich erstreckte sich der Einflug über überfroren wirkenden helleren Taigabir- durch sehr hohe Rastzahlen gekennzeich- weite Teile des Binnenlandes, nur südlich kenzeisige. Gute Merkmale der nördlichen net. In Falsterbo an der Südspitze Schwe- einer Linie vom Erzgebirge bis zum Saar- Vögel sind zudem die meist auffallend dens lag die Zahl der im Herbst 2017 land, also aus Bayern und Baden-Württem- weißlichen Flügelbinden und ein heller abziehenden Taigabirkenzeisige mit 44 343 berg, liegen nur wenige Nachweise vor. Das Auftreten der Birkenzeisige im Winter 2017/2018 verlief regional unterschiedlich: Den Osten Deutschlands erreichten sie offenbar vor dem Nord(west)en, wo sie jedoch Birkenzeisige traten ab November 2017 deutlich zahlreicher auf als länger blieben. Im Westen und in der Mitte Deutschlands waren sie insgesamt spärlicher in den drei Wintern zuvor. Dargestellt ist der Anteil an Beobach- vertreten, den Süden (hier nicht dargestellt) erreichten nur wenige Birkenzeisige aus tungslisten mit einem Birkenzeisig-Nachweis je Woche für die Jahre dem Norden und Osten Europas. Dargestellt ist der Anteil an Beobachtungslisten mit 2014/2015 bis 2016/2017 (blau) sowie 2017/2018 (rot). Es wurden einem Birkenzeisig-Nachweis je Woche. Weiteres siehe Text. Nord(west)en = SH, HH, die drei Taxa „Birkenzeisig“, „Alpenbirkenzeisig“ und „Taigabirken- NI, HB (Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Bremen), Osten = BB, BE, ST, zeisig“ berücksichtigt. Dieser und der Darstellung zum Bergfink SN, TH (Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen), Westen und Mitte liegen 163 890 vollständige Beobachtungslisten zugrunde. = NW, HE, RP, SL (Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland). 4/2018 DER FALKE | 39
VOGELWELT AKTUELL ßerer Zahl ab der Monatswende Oktober/ Angabe dann entsprechend anzupassen, November, während sie im Nord(west)en damit dieses außergewöhnliche Ereignis ab der zweiten Novemberhälfte verstärkt möglichst gut dokumentiert wird. Der in auftraten. Auch im weiteren Verlauf des der weiterführenden Literatur aufgeführte Einflugs zeigen sich Unterschiede: Im Osten Beitrag zur Bestimmung von Birkenzeisi- ging die Präsenz auf den Beobachtungslis- gen liefert wertvolle Hinweise. Vielen Dank! ten ab dem Jahreswechsel wieder deutlich zurück, im Nord(west)en ab Februar. Rotmilan-Schlafplatzzählung Die Kontrolle eines am 3. November 2016 etabliert sich in Heilongjiang im Nordosten von China beringten Birkenzeisigs am 24. Dezember Am 6. und 7. Januar fand, wie jedes Jahr 2017 in Dänemark zeigt mit einer Distanz am ersten Wochenende nach dem Jahres- von knapp 7000 km, zu welchen Leistungen wechsel, die internationale Zählung über- Im Gegensatz zu den Birkenzeisigen unterschied sich die kleinen Gäste aus dem Norden fähig winternder Rotmilane statt. Initiiert wur- das Auftreten der Bergfinken im Herbst und Winter 2017/2018 kaum von jenem der Vorjahre. Zu beachten sind und welche Herkunftsräume denkbar den die Erfassungen im Jahr 2007 durch ist die andere Skalierung als bei den Birkenzeisigen. sind. Zuvor gab es in den Jahren ab 1985 die Ligue pour la Protection des Oiseaux immerhin schon sechs vergleichbare Ring- (LPO) aus Frankreich. Beginnend mit funde in Europa. Bei dieser Dimension fast dem Winter 2015/2016 beteiligt sich auch zu erwarten war der Erstnachweis des Taiga- Deutschland an den Zählungen, wobei die Die Taigabirkenzeisige gelangten offen- birkenzeisigs für Spanien am 11. Februar in ersten beiden Winter vor allem dazu dien- bar sowohl aus dem Norden als auch aus Pamplona. ten, die Beobachterinnen und Beobachter dem Osten nach Mitteleuropa. Neben dem Bei sehr vielen Birkenzeisig-Meldungen für Rotmilan-Schlafplätze zu sensibilisie- Rekordergebnis in Falsterbo wurden auch in ornitho.de wurde nicht zwischen den ren und diese zu finden (FALKE 2016, H. 4; in Weißrussland und Polen außerordent- beiden Unterarten unterschieden. Gerade FALKE 2017, H. 4). Das zahlte sich nun aus: lich große Anzahlen gemeldet. Der Zuzug bei Beobachtungen, zu denen Fotos vorlie- Dank des Engagements der Koordinatorin- aus Norden und Osten erfolgte offenbar gen, möchten wir daher alle Melder aufru- nen und Koordinatoren wurde die bislang zeitlich etwas versetzt: Den Osten Deutsch- fen, nochmals gezielt zu prüfen, um welche beste Abdeckung erreicht und gleichzeitig ‒ lands erreichten die Birkenzeisige in grö- der Formen es sich gehandelt hat und die unterstützt durch die milde Witterung ‒ die Die Bestimmung von Polarbirkenzeisigen ist nur anhand einer Kom- bination verschiedener Merkmale möglich, die sich nicht auf einem einzelnen Foto festhalten lassen. Eine insgesamt sehr helle Grundfär- bung mit weißlichem zentralen Mantel, kleinem Schnabel, steiler Stirn mit flacher Krone, lediglich dünner Strichelung auf Brust und Flanken sowie inneren großen Armdecken mit breit weißen Spitzen – all das passt gut zu einem Polarbirkenzeisig. Zwei zur Bestimmung unverzicht- bare Kennzeichen sind auf diesem Foto allerdings nicht zu sehen: der reinweiße Bürzel und die höchstens durch einen schmalen Schaftstrich gezeichneten Unterschwanzdecken. 40 | DER FALKE 4/2018 Foto: F. Braun. Neubrandenburg, 4.12.2017.
Ansammlungen von Rotmilanen können – wie hier zwischen Misteln – erstaunlich unauffällig sein. Bei der Suche nach bislang unbekannten Schlafplätzen geben daher am späten Nach- mittag gerichtet fliegende Rotmilane wichtige Hinweise. Foto: M. Persch. Utweiler, 13.2.2018. höchste Anzahl überwinternder Rotmilane sen Dunkelziffer auszugehen. So wurde dokumentiert. Wie in den Vorwintern zei- für Sachsen der Bestand Anfang Januar gen sich deutlich zwei Schwerpunkte der zuzüglich weiterer Beobachtungen abseits Winterverbreitung in Mitteldeutschland der Schlafplätze vorsichtig auf 170 bis 200 und im südlichen Baden-Württemberg. Individuen geschätzt. Gezählt wurden 137 42 Schlaf- und Sammelplätze von Rotmi- Individuen. Insgesamt schätzen wir den lanen wurden Anfang Januar kontrolliert, 5 bundesweiten Gesamtbestand rund um das davon waren zum Zeitpunkt der Zählung Zählwochenende auf circa 1400 Vögel. G nicht besetzt. Die größten Ansammlungen Der Überwinterungsbestand im südli- befanden sich mit 118 Individuen in Sach- chen Baden-Württemberg ist im Zusam- sen-Anhalt (Landkreis Harz), in Sachsen menhang mit dem Wintervorkommen in mit 115 Individuen (Landkreis Meißen), der Schweiz zu sehen. Dort ergab die Rotmi- in Thüringen mit 110 Individuen (Unstrut- lan-Schlafplatzzählung Anfang Januar eine Hainich-Kreis) und mit 100 Individuen landesweite Gesamtzahl von 3280 Vögeln Individuen je Schlafplatz (Eichsfeld) sowie in Baden-Württemberg – die zweithöchste Anzahl seit Beginn der 0 G 1-3 mit 81 Individuen (Landkreis Konstanz). Erfassungen im Jahr 2007. 4- 7 8 - 20 GG An insgesamt neun Plätzen übernachte- Schaut man sich die Standorte der Schlaf- 21 - 50 G 51 - 150 ten mehr als 50 Rotmilane. In der Summe plätze genauer an, so fällt auf, dass die >150 wurden 1148 Individuen an Schlafplätzen meisten Rotmilane in Baumgruppen und Rotmilan-Schlafplätze (rot) in Deutschland, die am oder gezählt. Waldstücken in offener Landschaft über- um das Wochenende 6./7. Januar 2018 erfasst wurden. Die Anzahl Anfang Januar in Deutsch- nachten, in deren unmittelbarer Nähe keine Die aus den bisherigen Erfassungen bekannten Ver- land tatsächlich anwesender Rotmilane ist bis wenige Siedlungen zu finden sind. Offen- breitungsschwerpunkte in Mitteldeutschland und im schwer zu beziffern. Aufgrund der guten sichtlich bevorzugen die Rotmilane vom südlichen Baden-Württemberg treten deutlich hervor. Abdeckung in den bekannten Winterver- Menschen ungestörte Bereiche mit einem Hinterlegt sind in derselben Skalierung Rotmilan-Beob- breitungszentren dürfte das Gros der Rot- Mosaik aus Äckern, Grünland, Wäldern, achtungen, die vom 4. bis 9. Januar 2018 in ornitho.de eingegeben wurden (blau). Diese weisen darauf hin, wo milane Anfang Januar erfasst worden sein. Feldgehölzen und Baumreihen zur Über- es weitere Schlafplätze geben dürfte. Die Karte soll somit Das legen auch die weiteren auf ornitho.de winterung. Die landwirtschaftliche Bearbei- auch als Anregung dienen, im kommenden Winter auch rund um das Zählwochenende gemeldeten tung der umliegenden Felder mag dennoch in diesen Regionen gezielt nach Schlafplätzen zu suchen. Beobachtungen nahe. Dennoch ist auch in eine wichtige Rolle spielen. Sind die Felder Hinweise hierzu finden Sie auf ornitho.de. Die nächste den Verbreitungszentren von einer gewis- gepflügt oder nur wenig bewachsen, erhö- internationale Zählung findet am 5./6. Januar 2019 statt. 4/2018 DER FALKE | 41
VOGELWELT AKTUELL hen sich die Chancen der Milane, Kleinsäu- zulande Weibchen dieser Art beobachtet. Ab der Vogel allerdings nicht bis in den April, ger zu erbeuten. Anfang Dezember hielt sich eines in Sach- sondern wurde bereits zwölf Tage nach der Ein herzlicher Dank für die Mitarbeit sen-Anhalt auf, ein weiteres Mitte Dezem- (Wieder)Entdeckung letztmalig dort gese- und Unterstützung gilt allen Zählerinnen ber nur für gut eine Woche bei München. hen. Bemerkenswert ist eine weitere Beob- und Zählern sowie den Landeskoordinato- Weitere Männchen wurden um die Jahres- achtung einer Spatelente am 21. Februar auf ren J. Brune (Nordrhein-Westfalen), H.-J. wende bei Karlsruhe und unregelmäßig im der Ostsee bei Warnemünde. Fotovergleiche Fünfstück (Bayern), C. Gelpke (Hessen), M. Januar sowie ab Mitte Februar an der Elbe legen nahe, dass es sich um ein zusätzli- Gschweng und J. Einstein (Baden-Württem- im Dreibundesländereck Niedersachsen, ches Individuum gehandelt haben dürfte. berg), M. Kolbe (Sachsen-Anhalt), W. Nach- Brandenburg und Sachsen-Anhalt beob- Im Rückblick auf den Winter 2016/2017 tigall (Sachsen) und T. Pfeiffer (Thüringen). achtet. Bei dem Vogel in Baden-Württem- berichteten wir von Beobachtungen von berg könnte es sich um das Individuum Zwergscharben in fünf Regionen Deutsch- gehandelt haben, das bereits den Dezember lands. Ein Jahr später harrt lediglich an einer Seltenheiten – Folgen des milden 2016 in der Region verbrachte. Pazifiktrau- einzigen Stelle in Deutschland ein solcher Winters und ein kniffliges Trio erenten brüten im östlichsten Sibirien und Vogel aus. Die Zwergscharbe am Gombe- Der Einflug von Kernbeißern und das starke in Alaska sowie in Ostkanada. In europäi- ther See in Hessen ist mittlerweile fast ein Auftreten von Skuas entlang der Nord- schen Gewässern sind Pazifiktrauerenten Jahr im Gebiet. Ebenfalls in Hessen wurde seeküste dominierten das vogelkundliche sehr seltene Gäste, und aus Deutschland ein Sichler entdeckt, der sich den gesamten Geschehen im Herbst 2017. Die sturmreiche existierte bis dato nur ein einziger Nachweis Januar in der südlichen Wetterau aufhielt Zeit brachte zudem Ausnahmeerscheinun- aus dem Februar 2008 vor St. Peter-Ording. und damit den ersten Überwinterungsver- gen wie Wanderlaubsänger, Feldrohrsänger, Weitere Meldungen hielten der Prüfung such in Deutschland darstellt. Küstennah Wüstengrasmücke und Rostflügeldrossel der Seltenheitenkommissionen nicht stand, sind Papageitaucher in Deutschland nur mit sich. Im anschließenden Winter ging da die Beobachtungsbedingungen an der ganz selten zu sehen. Neben einem Totfund es wieder „gemächlicher“ zu. Die eine oder Küste oftmals keine sichere Ansprache der auf Borkum Ende Januar wurde einer Mitte andere bemerkenswerte Entdeckung gelang Merkmale zulässt. Südlich von Kiel wurde Februar vor Sylt fotografiert. Die bereits aber auch in den Monaten Dezember 2017 am 3. Februar 2018 bei hervorragenden vieldiskutierte Ringschnabelmöwe an der bis Februar 2018 und mehrere sehr schwer Bedingungen mit flacher See ein Männchen Rheinfähre Leverkusen-Hitdorf kehrte ab zu bestimmende Arten, die auch noch in entdeckt. Vergesellschaftet mit Traueren- dem 23. Januar an ihren Stammplatz zurück. größerer Zahl gemeldet wurden, werden ten hielt sich der Vogel teilweise ufernah Im Winter 2016/2017 gab es das stärkste die Seltenheitenkommissionen noch zum in der Brandungszone auf und war oft gut Auftreten von Eismöwen in Deutschland Schwitzen bringen. zu beobachten. Mit der männlichen und seit mehr als zwanzig Jahren. Der zurück- Ringschnabelenten waren verhältnis- aufgrund ihrer Kopfzeichnung individu- liegende Winter entsprach dann wieder mäßig zahlreich vertreten. Der seit Ende ell erkennbaren Spatelente am Kirchsee dem Durchschnitt. Knapp zehn verschie- Oktober an traditioneller Stelle im Saarland in Preetz fand sich Ende Januar auch ein dene Individuen wurden gesehen, bemer- überwinternde Erpel blieb noch bis in den bekannter Wintergast in der Nähe von kenswert dabei ein subadulter Vogel im März hinein. Weitaus seltener werden hier- Kiel ein. Anders als in den Vorjahren blieb 4. Kalenderjahr im Emsland, während alle übrigen Beobachtungen Jungvögel betra- fen. Polarmöwen waren mit Sichtungen an sechs Stellen gut vertreten. Auch hier gab es im Emsland die Gelegenheit, an einem Indi- viduum im 3. Kalenderjahr ein in Deutsch- land nur selten zu beobachtendes Kleid zu studieren. Nach den Beobachtungen Ende September und Ende Oktober 2017 wurde im Grenzbereich zu den Niederlan- den – und damit wenige Kilometer von den nächsten Brutvorkommen entfernt – Mitte Januar erneut ein Seidensänger entdeckt. Ob diese Art bald auch diesseits der Grenze in Nordrhein-Westfalen zur Brut schreitet? Zu Beginn des Jahres wurde von der Insel Amrum ein Dunkellaubsänger gemeldet. Tienschan-Laubsänger-Beobachtungen gab es im Dezember auf Helgoland und Fehmarn sowie bemerkenswert in Kassel, wo ein Vogel für eine Woche auf dem ehe- maligen Bundesgartenschaugelände viele Beobachter beglückte. Nach Schwarzflügel- Optisch ähneln Pazifiktrauerenten den nahe verwandten „atlantischen“ Trauerenten, die in großer Zahl in Brachschwalbe, Polarmöwe und Goldhähn- Nord- und Ostsee überwintern. Männchen unterscheiden sich jedoch vor allem durch einen leuchtend gel- chen-Laubsänger zum Jahresabschluss 2017 ben Schnabelhöcker. Foto: H. Fedders. Stakendorf, 10.2.2018. noch eine weitere neue Vogelart für Hes- 42 | DER FALKE 4/2018
sen! Neu für Nordrhein-Westfalen und erst zum zweiten Mal sicher für Deutschland nachgewiesen werden konnte eine Östliche Klappergrasmücke der Form blythi. Die- ses meist als Unterart unserer heimischen Klappergrasmücke geführte Taxon, das rein optisch nach derzeitigem Kenntnisstand nicht sicher bestimmbar ist, brütet in den borealen Wäldern vom Ural ostwärts bis zum Baikalsee. Statt Nordostafrika oder Südasien wählte der Vogel Bielefeld als Überwinterungsgebiet. Durch den Fang und eine anschließende DNA-Analyse wurde die Bestimmung abgesichert. Wie konsequent sich Vögel den Blicken der Beobachter ent- ziehen können, zeigt der Wiederfang eines auf Helgoland beringten Blauschwanzes am 5. Januar. Der Vogel war bereits am 20. November 2017 dort beringt worden, wurde seitdem aber keinmal beobachtet. Noch bis zum 7. Februar konnte er anschließend spo- radisch wiedergefangen werden und stellt damit erst den bundesweit zweiten Winter- Im Hafen von Cuxhaven-Altenbruch mischte sich Mitte Februar ein Zwergstrandläufer unter die Sander- nachweis dar. Auf der Greifswalder Oie hielt linge. Eigentlich sollte er den Winter mit seinen Artgenossen im östlichen und südlichen Afrika verbringen. sich vom 10. bis 12. Januar ein vermutlich Foto: J. Martin. Cuxhaven, 14.2.2018. Östlicher Hausrotschwanz auf. Nonnen- steinschmätzer sind deutschen Vogelbe- obachtern eigentlich höchstens als seltene Aus dem hohen Norden stammende Polar- Taigabirkenzeisigen verstecken sich ver- Herbstgäste auf Helgoland bekannt. Noch birkenzeisige wurden zwischen November mutlich weitere Polarbirkenzeisige. Einige dazu auch jahreszeitlich äußerst bemerkens- 2017 und Februar 2018 aus 44 Landkreisen phänologische Extremnachweise infolge wert ist deshalb ein junges Männchen, das in 13 Bundesländern bei ornitho.de gemel- der bis Ende Januar äußerst milden Witte- die Adventszeit zwischen Nikolaustag und det. Auch wenn vermutlich nur ein Teil die- rung erinnern uns bereits an die Vogelarten, Heiligabend auf dem Campingplatz Benser- ser Vögel letztlich anerkannt werden kann, die in den nächsten Wochen bei uns durch- siel in Ostfriesland verbrachte. Es handelte handelt es sich wohl um das stärkste jemals ziehen oder Reviere besetzen. Bemerkens- sich dabei nicht um den Ende Oktober bis in Deutschland dokumentierte Auftreten werte und fotografisch belegte Beispiele Anfang November im rund 30 km entfern- dieses Taxons. Aus den letzten vierzig Jahren sind unter den Watvögeln ein Flussregen- ten Norddeich beobachteten Vogel. gibt es insgesamt weniger als 60 Nachweise. pfeifer im Januar bei Northeim, ein Mor- Die in systematischer Reihenfolge nun Noch viel seltener sind die östlich des Ural nellregenpfeifer Mitte Januar auf Fehmarn zuletzt genannten Seltenheiten werden von in weiten Teilen Asiens brütenden Fich- und ein Zwergstrandläufer Mitte Februar den Avifaunistischen Kommissionen ver- tenammern in Deutschland. Von den weni- in Cuxhaven. Darüber hinaus wurden im mutlich am schwierigsten zu beurteilen ger als 15 deutschen Nachweisen gelangen Januar/Februar mehrere frühe (oder über- sein. Es handelt sich dabei um Kiefernkreuz- 5 seit der Jahrtausendwende. Sehr schwierig winternde?) Knäkenten, Wiedehopfe und schnabel, Polarbirkenzeisig und Fichtenam- ist die Abgrenzung zu regelmäßig doku- Wiesenschafstelzen fotografisch belegt. mer – ein wahrlich kniffliges Trio. Kiefern- mentierten Hybriden zwischen Fichten- Christopher König, Johanna Karthäuser, kreuzschnäbel flogen im Herbst/Winter und Goldammern. Ein solcher vermutlicher Stefan Stübing, Johannes Wahl 2013/2014 in großer Zahl nach Deutsch- Mischling wurde von Dezember bis Februar land ein und es kam auch zu Brutversuchen. unregelmäßig in Sachsen beobachtet. Wenig In den Jahren 2015 und 2016 gab es dann Zweifel ließ hingegen die Bestimmung einer Literatur zum Thema keinerlei Beobachtungen, bevor im Herbst weiblichen Fichtenammer, die sich ab Ende Aebischer, A 2018: Rotmilan-Schlafplatz-Zählung in 2017 ein erneuter Einflug einsetzte. Bei orni- Januar für knapp drei Wochen in der Nähe der Schweiz 6. & 7. Januar 2018. Unveröff. Bericht. tho.de liegen zwischen September 2017 und von Reutlingen in Baden-Württemberg Demeulemeester, M 2018: Identification of Red- polls, a compilation (2017 update). http://vwg. Februar 2018 Meldungen aus 45 Landkrei- aufhielt. Ein weiterer guter Fichtenammer- natuurkoepel.be/archief/Demeulemeester_Identifica- sen in 8 Bundesländern vor. Aufgrund der Kandidat wurde Ende Februar an einer Fut- tion%20of%20redpolls_2017.pdf schwierigen Unterscheidung zwischen Kie- terstelle im Saarland fotografiert. Kjellén, N 2018: Migration Counts at Falsterbo, SW fern- und Fichtenkreuzschnäbeln akzeptiert Während der Zusammenstellung dieser Sweden. www.falsterbofagelstation.se die Deutsche Avifaunistische Kommission Übersicht über die im Winter 2017/2018 Koop, B 2018: Avifaunistische Mitteilungen für Schleswig-Holstein, Herbst 2017. Rundschreiben (DAK) allerdings nur per Foto oder Tonauf- entdeckten Seltenheiten sind Kiefernkreuz- 1/2018 der OAG für Schleswig-Holstein und nahme belegte Beobachtungen. Große Pro- schnäbel in Niedersachsen gerade mit dem Hamburg. bleme bei der Bestimmung bringt auch die Nestbau beschäftigt, und unter den zahl- van der Spek, V 2018: Mealy Redpolls from China Differenzierung der Birkenzeisige mit sich. losen in Deutschland umherstreifenden (2018). www.turnstones.org/chinese-mealy-redpoll 4/2018 DER FALKE | 43
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