Neubau der Rems-Murr-Kliniken in Winnenden - "Eine neue Ära der Gesundheitsversorgung"
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das 9.2014 Krankenhaus Krankenhausentwicklung Neubau der Rems-Murr- Kliniken in Winnenden „Eine neue Ära der Gesundheitsversorgung“ N ach fünf Jahren Bauzeit ist der Neubau der Rems-Murr-Kliniken in Winnenden fertig. Insgesamt 295 Mio. € wird das neue Krankenhaus kos ten. Rund 84 Mio. € an Investitionsförde- rung – deutlich weniger als ein Drittel – kommen vom Land Baden-Württem- berg. Ende Juli zogen Mitarbeiter und Pa tienten aus den Standorten Backnang und Waiblingen in das neue Gebäude. Das Bauprojekt – es ist die größte Hoch- bauinvestition in der Geschichte des Rems-Murr-Kreises – war umstritten. Schließlich wurden dafür zwei alteinge- sessene Kliniken an anderen Standorten im Landkreis in Backnang und Waiblin- gen geschlossen. Mit der Inbetriebnah- me der neuen Klinik am Standort Win- nenden hat sich ein Strukturwandel voll- zogen, der die Krankenhausversorgung im Landkreis tiefgreifend verändert. Fünf Pavillons bilden den Neubau der Rems-Murr-Kliniken in Winnenden: In drei zusammenhän- Zwölf hoch spezialisierte Fachklini gende Pavillons im hinteren Teil ist der Klinikbetrieb untergebracht, vorne rechts ist das Verwal- tungsgebäude, im Erdgeschoss gibt es dort eine Kita. Im rechten vorderen Pavillon bieten ambu- ken modernster Ausstattung bieten nun lante Fachärzte, ein Therapiezentrum, einige Läden und ein Bistro ihre Dienste an. eine Versorgung auf höchstem medizi- nischem Niveau. Eine weitere Klinik in der professionellen Unterstützung sei- Schorndorf bleibt erhalten und soll mit tens DRK und der Polizei lief alles per- eigenen, hoch spezialisierten Leistungs- fekt. Für alle Fälle waren sogar Ersatz- bereichen neben der Grundversorgung strecken für die Patiententransporte ein- das Angebot in Winnenden ergänzen. geplant. Auch die Mitarbeiter waren sehr Die alten Gebäude werden abgerissen, gut vorbereitet. Es lief alles, als wäre die die Grundstücke verkauft. Klinik schon lange im Routinebetrieb. Neben der Hoffnung auf eine größe- Um 7:45 Uhr am Umzugstag haben wir re Wirtschaftlichkeit ist es ein erklärtes die neue Klinik einsatzbereit gemeldet, Ziel der Umstrukturierung, die medizi- und um 8:00 Uhr kam schon der erste nische Kompetenz im neuen, zentralen Rettungswagen mit einem Notfall. Klinikum zu bündeln. „Eine völlig neue Der Geschäftsführer des Rems-Murr-Klini- Ära der Gesundheitsversorgung im Für den Klinikneubau in Winnenden kums, Jürgen Winter Rems-Murr-Kreis hat begonnen“, sagt wurden andere Standorte geschlossen. Geschäftsführer Jürgen Winter. Mehr Wie war der Umzug, hat alles funktio- Worin liegen die Vorteile des neuen Qualität durch eine interdisziplinäre, niert? Krankenhauses gegenüber den alten hoch qualifizierte medizinische Versor- Standorten? gung für die Patienten – dies sei der An- Winter: Beim Umzug lief alles wie ge- spruch des Konzepts der neuen Klinik schmiert. Natürlich ist so ein Umzug Winter: Medizinisch, ökonomisch und der Zentralversorgung. Im Gespräch mit mit Patienten eine große Herausforde- infrastrukturell gab es keine Alternative Katrin Rüter de Escobar erläutert er die rung, die einem vorher schlaflose Näch- zum Neubau. Die beiden Kliniken in neue Struktur und zieht eine positive te bereitet. Aber alles verlief ohne Pro- Backnang und Waiblingen waren am Bilanz. bleme und viel schneller als gedacht. Mit Ende ihrer Leistungsfähigkeit angelangt. 853
das Krankenhausentwicklung Krankenhaus 9.2014 Beide Kliniken waren baulich in sehr Eingangsbereich großzügig und weit er- schlechtem Zustand, Versorgungslei- scheint, sind die Wege kurz. Der Bau er- tungen für Wasser und Elektrik waren möglicht optimale, effiziente Betriebsab- total marode. Es gab Dreibettzimmer, läufe. Die verschiedenen Verkehrsströ- Toiletten auf dem Gang – Patienten er- me von Patienten, Besuchern und Perso- warten heute einen besseren Standard. nal sind konsequent getrennt konzipiert Wir hätten dort nur durch hohe Instand- und kreuzen sich nicht. haltungsaufwendungen den Betrieb ver- längern können. Aber die enormen Ent- Was ändert sich für die Patienten im Kli- wicklungen in Medizin und Pflege und nikum Winnenden gegenüber den alten die Zusammenarbeit hoch spezialisier- Standorten? ter Fachabteilungen lassen sich nur in einem Haus der Zentralversorgung an- Winter: Wir haben jetzt eine Bündelung gemessen realisieren. von medizinischer Kompetenz und Know-how: spezialisierte Fachkliniken, Was ist das Besondere am Neubau des die interdisziplinär vernetzt sind. Hier Rems-Murr-Klinikums in Winnenden? gibt es nun alles aus einer Hand, an einem Standort: beste Versorgung, ganz- Winter: Mit einem Krankenhaus der heitlicher Ansatz über die verschiedenen Zentralversorgung sind wir künftig in medizinischen Bereiche hinweg. Und der Lage, die drei großen medizinischen natürlich entspricht auch die Aufent- Krankheitsfelder vollumfänglich zu ver- haltsqualität höchsten Ansprüchen. Die sorgen. Dies sind zunächst die Herz- Gesamtheit des Angebots ist entschei- Kreislauf-Erkrankungen, für die unsere dend. Wir leisten in Winnenden die Kardiologie, Neurologie und Gefäßchi- Zentralversorgung im Rems-Murr-Kreis rurgie mit modernsten Diagnose- und und darüber hinaus. Damit decken wir Therapiemöglichkeiten gut aufgestellt mehr als 80 Prozent der Krankheits- sind. Daneben sind die Krebserkran- bilder ab. Die Farben der Außen-Elemente – gelb, orange kungen ein großer Bereich, in dem wir und grün – finden sich auch im Inneren der sowohl konservativ mit der Gastroente- Es gab auch Kritik im Vorfeld des Neu- Klinik wieder: Sie dienen auch der Orientierung. rologie und der Klinik für Hämatologie baus. Ist die verstummt, jetzt, wo der Be- und Onkologie als auch operativ mit un- trieb läuft? Zahlen und Fakten zum Neubau seren Kliniken für Viszeralchirurgie, Gy- näkologie und Urologie umfassend tätig Winter: Die Argumente der Gegner wa- 620 Betten, davon 42 in Komfortzimmern 12 Fachkliniken und eine Belegabteilung sind. Und zum Dritten lässt sich auch ren wenig rational. Krankenversorgung 13 Operationssäle das Feld der Erkrankungen des Bewe- ist eben auch ein sehr emotionales The- 2 100 Mitarbeiter in mehr als 60 Berufs- gungsapparates mit unserer Abteilung ma. Wenn es keine Geburten mehr im gruppen, davon 1 400 im Neubau für Unfallchirurgie und Orthopädie als Ort gibt, weil es keine Klinik mit Ge- 65 900 Quadratmeter Bruttogeschoss zertifiziertes regionales Traumazentrum burtshilfe gibt, dann finden das Bürger fläche bestens abdecken. Und natürlich gehört und Politiker schade. Die Tradition der Kosten: insgesamt 295 Mio. € Investitionsförderung des Landes Baden- dazu auch eine moderne, umfassende alten Krankenhäuser, die Konkurrenz Württemberg: 84 Mio. € Versorgung mit grundlegenden medizi- der verschiedenen Kreiszentren um Ein- nischen Dienstleistungen wie in der Ge- richtungen und Standorte von Bedeu- Bauherr: Rems-Murr-Kliniken gGmbH burtshilfe, in der Kinder- und Jugendme- tung: All das spielt eine Rolle. Aber Ge- Architekten: Hascher Jehle Architektur Berlin, Monnerjan Kast Walter aus Düssel- dizin, in der Allgemeinen Inneren Medi- sundheitsversorgung und -politik müs- dorf zin und bei der geriatrischen Versor- sen mit Rationalität angegangen werden. gung. Von der jetzt möglichen umfassenden, 2004: Grundsatzentscheidung im Kreistag modernsten medizinischen Versorgung für einen Krankenhausneubau Baubeschluss der Kreisräte (44 zu 42 Stim- Was kennzeichnet die Architektur der profitieren alle, auch wenn die Einwoh- men): 14. Juli 2008 neuen Klinik? ner emotional an ihren alten Kliniken Baugenehmigung: Februar 2009 vor Ort hängen. Die Bürger des Rems- Grundsteinlegung: 19. März 2010 Winter: Von den fünf Pavillons bilden Murr-Kreises haben aber den neuen Patientenumzug: 19. und 20. Juli 2014 drei zusammenhängend die eigentliche Klinikstandort sofort angenommen. Die Richtfest 25. März 2011 Standorte in Backnang und Waiblingen Klinik. Alles ist dort klar und übersicht- Verzögerungen durch zwei Wasserrohr- lich, Patienten und Besucher können waren einfach nicht mehr wirtschaftlich brüche auf der Baustelle Ende 2013 sich sehr leicht orientieren. Obwohl der zu betreiben. Schon allein die Nach- 854
das 9.2014 Krankenhaus Krankenhausentwicklung dernisiert. Wir wollen außerdem ein Zentrum für Altersmedizin gemeinsam mit dem Zentrum für Psychiatrie – Kli- nikum Schloss Winnenden aufbauen. Außerdem werden wir unsere guten Ko- operationen mit den niedergelassenen Ärzten im Landkreis ausbauen. Alle Pa- tienten sollen in einem umfassenden, einheitlichen Konzept und in der glei- chen Struktur behandelt werden. Des- halb besuchen unsere Chefärzte bei- spielsweise regelmäßig ihre Zuweiser im Kreis. Bei der engen Vernetzung von ambulanter und stationärer Versorgung spielt auch das neue Gesundheitszen- trum in einem der Pavillons des Neu- Die neue Klinik hat 620 Betten: 42 davon in Komfort-Zimmern. Für Rollstuhlfahrer und andere baus eine wichtige Rolle. Patienten mit Bewegungseinschränkungen gibt es XXL-Zimmer mit besonders viel Platz. wuchsgewinnung ist für solche Kran- Grundstücke verkauft. Es stehen noch War jemals eine Privatisierung der kenhäuser enorm schwierig. 10 Mio. € als Forderung in der Bilanz Rems-Murr-Kliniken im Gespräch? gegenüber dem Kreis. Mit dem Verkauf Für höchstes medizinisches Niveau wird der Kreis diese Forderung ablö- Winter: Ja, es gab sogar ein konkretes brauchen Sie Mitarbeiter der Spitzen- sen. Angebot. Dabei sollten die alten Stand- klasse. Wie bekommen Sie die? orte erhalten werden. Dies wurde als Sind in der Rems-Murr-Kliniklandschaft Alternative zum Neubau in Winnenden Winter: Im Zuge der Ausbildung neuer weitere Umstrukturierungen geplant? diskutiert. Aber weder das medizinische Fachdisziplinen haben wir neue Chef- noch das ökonomische Konzept hätten ärzte aus ganz Deutschland angewor- Winter: Wir werden das Leistungsange- jemals funktionieren können. ben. Wir haben es geschafft, schon im bot am Standort Schorndorf noch deutli- Vorfeld der Neustrukturierung die cherer profilieren. Dort werden wir jetzt Wie nimmt die Bevölkerung den Neu- Rems-Murr-Kliniken als attraktiven Ar- für 5 Mio. € die Außenhülle komplett bau an, jetzt, wo der Betrieb läuft? beitgeber zu positionieren. Der Klini- sanieren um die Energiebilanz des Ge- kumsneubau bietet optimale Arbeitsbe- bäudes zu verbessern. Optisch wird das Winter: Die Bürger im Rems-Murr-Kreis dingungen für Ärzte, Pflegekräfte und Gebäude am Neubau orientiert gestaltet. haben den Neubau sehr positiv aufge- viele andere Berufsgruppen. Eins ist Innen wurde das Gebäude bereits mo- nommen. Letztlich wissen die Bürger zu klar: Ohne die Perspektive des moder- nen Neubaus hätten wir niemals so gute Ärzte hierherbekommen. Gab es Kritik oder Anpassungsschwie- rigkeiten bei den Mitarbeitern? Winter: In der Organisation der Abtei- lungen war der Übergang recht fließend und weitgehend problemlos. Schon vor dem Umzug wurden Strukturen verän- dert. Beim Umzug selbst haben alle Mit- arbeiter ihr Bestes gegeben – und dafür gesorgt, dass alles reibungslos klappte. Ich glaube, die Kollegen sind stolz auf die neue Klinik. Was wird aus den alten Standorten? Winter: Die Gebäude in Backnang und Der Eingangs- und Empfangsbereich an der „Magistrale“ der Rems-Murr-Klinik: viel Licht, kurze Waiblingen werden abgerissen, die Wege und leichte Orientierung für Besucher und Patienten. 855
das Krankenhausentwicklung Krankenhaus 9.2014 war und wir ab 2014 Zinsen zahlen müssen. Ursprünglich wollten wir im Mai 2013, dann im Januar 2014 umzie- hen, hätten dann von Anfang an aus vollem Betrieb Zins und Tilgung tra- gen können. So werden wir zunächst 20 Mio. € Defizit in diesem Jahr haben, denn die Wirtschaftlichkeit verschiebt sich jetzt natürlich entsprechend um ein ganzes Jahr. Aber schon nachdem der Neubau be- schlossen war, konnten wir wesentlich mehr Patienten versorgen als prognosti- ziert, weil allein die Aussicht auf die neue Klinik es uns ermöglicht hat, neue und renommierte Ärzte zu gewinnen. Deshalb haben wir weniger Defizit als geplant, also eine bessere Wirtschaftlich- keit erreicht. Zwischen 2008 und 2013 haben wir rund 12 bis 13 Mio. € Defizit Über den Innenhof geht es zum Eingang der neuen Klinik. Hier können Patienten und Besucher erwirtschaftet. 2014 ist geprägt durch die frische Luft und den Blick in die Natur der Talaue und auf den Weinberg genießen. den Wasserschaden Ende 2013. Wir Fotos: Rems-Murr-Kliniken konnten die geplanten Leistungsumsät- schätzen, wenn die Infrastruktur in plant. Berücksichtigt man alle Kosten, ze in dieser Zeit nicht realisieren. einem so wichtigen Bereich wie der also für das Grundstück, die Erschlie- Krankenhausversorgung entscheidend ßung, den Bau des Gebäudes und die Wie wird der hohe Schuldenberg zu verbessert wird. Viele, die unter frühe- Einrichtung, die Kosten für die Planung bewältigen sein? ren Bedingungen nach Stuttgart oder und die Aufwendungen für Zinsen wäh- Tübingen gefahren wären, kommen rend der Bauzeit, so sind Kosten in Winter: Die ganze Finanzierung des heute zu uns. Von Anfang an war die Höhe von 295 Mio. € entstanden. Diese Neubaus soll über 20 Jahre laufen. Das Auslastung hier im Neubau ausgezeich- Mehrkosten sind nicht aufgrund von ist schon eine enorme Liquiditätsbe net – viel besser noch als in den optimis- Bauentscheidungen entstanden, son- lastung und kann uns tatsächlich noch tischsten Erwartungen. dern wegen anderer Probleme. Wir hat- Schwierigkeiten machen. Ich bezweifle ten erhebliche Wasserschäden, welche auch, dass das so bleiben wird. Nach der Das ursprünglich veranschlagte Budget die Bauzeit verlängert haben. Durch die- auslaufenden Zinsbindung für die ers konnte nicht eingehalten werden. Wie se Verlängerung sind Kosten entstan- ten Darlehen in den Jahren 2022 bis steht das Klinikum jetzt finanziell da? den. Die Inbetriebnahme des neuen 2024 haben wir die Möglichkeit, neu zu Standortes hat sich verzögert. Unsere entscheiden. Besser wäre eine Laufzeit Winter: In der Planung wurden ur- Finanzierung war so aufgebaut, dass sie von 30 Jahren oder mehr. sprünglich 266 Mio. € Budget einge bis Ende 2013 zins- und tilgungsfrei Wann wird die Klinik schwarze Zahlen Technik schreiben? Das Klinikum ist mit Geräten der neuesten Generation ausgestattet. Es gibt zwei Computerto- mographen, drei Herzkathetermessplätze, zwei Magnetresonanztomographen und einen Winter: Nach aktuellen Berechnungen Hybrid-OP. Dieser führt einen modernen Operationssaal mit einer leistungsfähigen Angiogra- werden wir, was das Ergebnis der gesam- phie-Einheit unter optimalen hygienischen Bedingungen zusammen. Das Know-how von Kar- ten GmbH betrifft, 2018 schwarze Zah- diologen, Herz- und Gefäßchirurgen, Radiologen und Anästhesisten verbindet sich hier. Alle len schreiben. Schon 2016 und 2017 erforderlichen medizintechnischen Komponenten werden im Hybrid-OP miteinander verzahnt werden wir uns in großen Schritten der und erfüllen die hohen Hygiene- und Sicherheitsstandards. Auch die Haustechnik erfüllt höchste Ansprüche. Die Klinik nutzt Geothermie und betreibt Nulllinie nähern. Im operativen Ge- eigene Blockheizkraftwerke, die mit Gas versorgt werden und bis zur Hälfte der benötigten schäft werden wir satte schwarze Zahlen Wärme selbst erzeugen. Dabei fallen als Nebenprodukt täglich rund 700 kW Strom an. Ener- schreiben, aus denen wir ohne Probleme gie, die bei einem Stromverbrauch von 3 000 kW pro Tag einen erheblichen Beitrag leistet. Zinsen und Abschreibungen finanzie- Sollte der Strom einmal ausfallen, versorgt ein riesiger Dieselmotor den Klinikumsbetrieb für ren. mindestens 24 Stunden mit Energie. In den Neubau in einem der Pavillons integriert ist ein neues Gesundheitszentrum mit ambu- lanten Facharztpraxen, einem Therapiezentrum, einer Dialyse und einigen Ladengeschäften. Sehen Sie sich als Vorbild für andere Regionen? 856
das 9.2014 Krankenhaus Krankenhausentwicklung Winter: Viele Kreise haben ähnliche Plä- Rems-Murr-Kreis einen effizienten, zu- onsfinanzierung hat einfach nichts mit ne der Umstrukturierung. Das geht na- kunftsfähigen Krankenhausbetrieb ge- der Realität vor Ort zu tun, und die größ- türlich nicht ohne Streit und Probleme schaffen haben. Alle, die hier arbeiten, te Lücke tut sich da im Krankenhausneu- an allen Ecken und Enden. Auch wenn tragen mit ihrem professionellen Enga- bau auf. Auch die realen Kosten einer jeder Kreis und jeder Klinikstandort sei- gement dazu bei. Klinik, vor allem die Personalkosten, ne eigenen Bedingungen hat, kann man müssen auf Dauer realistisch und sicher hier bei uns exemplarisch sehen, wie Sind Sie ebenso zuversichtlich, was die finanziert werden. Immer mehr Umsatz eine Umstrukturierung laufen kann, aktuelle Krankenhauspolitik betrifft? mit immer weniger Personal – das funk- und zwar in jeder Beziehung: Bedenken tioniert nicht in einem Krankenhaus. und Proteste gegen Standortschlie- Winter: Nein, absolut nicht. Die gesamte Die Lücke zwischen Personalkosten und ßungen im Vorfeld, Verzögerungen, Investitionskostenfinanzierung gehört Budgetentwicklung bringt die Kranken- aber vor allem die positiven Aspekte, auf den Prüfstand. Die aktuelle Investiti- häuser um. n wenn das neue Krankenhaus in Betrieb geht. Es hat sich in den vergangenen Priorität Hygieneprävention Jahren einfach viel getan in der Klinik- Fußleisten gibt es nicht im Neubau der Rems-Murr-Kliniken in Winnenden. Alle Winkel zwi- landschaft und im Gesundheitswesen. schen Wänden und Boden sind abgerundet. Der Linoleum- und der PVC-Fußbodenbelag sind Wer eine optimale Patientenversorgung ohne Kante ein Stück die Wand hinauf geführt. So kann der Boden lückenlos gereinigt wer- in einer zukunftsfähigen Klinik will, den, nichts kann sich in Fugen und Ritzen verstecken. Die Heizkörper sind glatt, die Oberflä- muss die Strukturen dafür schaffen. Bei che leicht zu reinigen. Auch von hinten: Der Abstand der Heizkörper von der Wand ist so groß, allen berechtigten Bedenken, was die ho- dass auch diese Seite ohne Mühe gereinigt werden kann. Die Sitze im Wartebereich, Tische, Wände, Schränke sind vor allem eines: leicht abwischbar und desinfektionsbeständig. Schrän- hen Kosten hierfür betrifft, müssen doch ke, Spiegel und weitere Einrichtungselemente sind bis zur Decke hoch verkleidet, nirgends alle Beteiligten erkennen, dass sie etwas können sich Keime oder Staub ansammeln. Selbst die Bilder in den Patientenzimmern und schaffen, was auf Dauer einen hohen Fluren haben Spezialrahmen und sind leicht zu putzen. Wert darstellt: Die neue Klinik bietet je- Regina Bürkle, Hygienefachkraft und Fachwirtin Reinigungs- und Hygienemanagement, wur- dem Menschen im Landkreis die Sicher- de schon bei der Planung der Innenausstattung einbezogen. Die Hygieneexpertin hat vor der heit, kompetent und auf höchstem me- Fertigstellung Materialien, etwa Beläge, Stoffe für Vorhänge und Bezüge für Sitze auf ihre Tauglichkeit unter Hygiene- und Sauberkeitsaspekten getestet. Alles Material muss glatt sein, dizinischen Niveau behandelt zu werden ohne Struktur und hitzebeständig. Die Arbeit der Reinigungsfirma, welche die Klinik säubert, – und damit eine nachhaltig erhöhte Le- wird streng kontrolliert. Die Bettenaufbereitung wird in der Klinik selbst vorgenommen: „Der bensqualität. Und das wissen die Bürger richtige Umgang mit stark verschmutzten oder infektiösen Betten ist sehr wichtig. Das machen auch zu schätzen. wir lieber selbst“, sagt Regina Bürkle. Die Lüftungstechnik bis hin zur Strömungsrichtung und -geschwindigkeit vor allem in den Wie sehen Sie die Zukunft der Rems- OPs wird ständig überprüft, um zu verhindern, dass Keime über die Luft verbreitet werden Murr-Kliniken? können. Ebenso die Trinkwasserqualität an den Entnahmestellen: Zusätzlich werden die klei- nen Austrittsrohre der Entnahmestellen alle 30 Minuten automatisch erhitzt: keine Chance für Keime. Winter: Ich sehe die Zukunft unserer Kliniken sehr positiv. Und mein Opti- Verantwortung für Hygiene-Personalstrukturen mismus ist gerechtfertigt. Unsere Vision Der hohe Stellenwert der Hygiene manifestierte sich bereits lange vor dem Umzug auch in den war es, eine optimale Patientenversor- personellen Strukturen des Klinikums. Neueste Erkenntnisse der Hygieneprävention wurden in gung sicherzustellen. An dieser Vision die Prozesse im Klinikum und bei der Konzeption des Neubaus umgesetzt. habe ich immer festgehalten. Und wir Die Hygieneexperten orientieren sich bei ihrer Arbeit im Klinikum an den Empfehlungen der haben es geschafft. Auch als Arbeitgeber Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) und den Vorgaben sind wir viel attraktiver als zuvor. Die Pa- des Robert-Koch-Instituts (RKI). Nach der jüngsten Novellierung des Infektionsschutzgesetzes muss von 2016 an jede Klinik mit mehr als 400 Betten einen hygienebeauftragten Arzt haben. tienten kommen vom ersten Tag an, viel Die Rems-Murr-Kliniken haben schon seit Jahren für jede Abteilung im Haus einen hygiene- mehr als erwartet. Wenn es so weiter- beauftragten Arzt. Den Berechnungen des RKI folgend haben die Rems-Murr-Kliniken zudem geht, werden wir viel früher die Kapazi- drei staatlich geprüfte Hygienefachkräfte und eine Hygienefachkraft in Ausbildung. Auch ein tätsgrenzen erreichen als ursprünglich Hygienetechniker gehört zum Team. gedacht. Wir hatten kaum gehofft, auf rund 40 000 stationäre Patienten im Jahr Aus- und Weiterbildung zu kommen, dann nach einer „Umzugs- Die Rems-Murr-Kliniken bilden die Hygienebeauftragten in der Pflege selber aus. Zurzeit sind delle“ nach drei bis fünf Jahren auf bis dies insgesamt rund 50 Pflegekräfte. Sie erhalten zweimal jährlich eine ganztägige Schulung. zu 46 000 Patienten. Aber wir haben gar Alle Mitarbeiter erhalten zudem eine Pflichtschulung in Sachen Hygiene. Zusätzlich bieten keine Delle, was das Patientenaufkom- Hygieneexperten des Hauses Schulungen bei den Stations-/Abteilungsbesprechungen sowie bei den Arztbesprechungen an. In jedem Jahr gibt es Aktionen zum Thema Händehygiene. men betrifft. Wir haben von Anfang Außerdem werden Schulungen im Rahmen des MRE-Netzwerkes Rems-Murr angeboten. Je- an eine deutlich überdurchschnittliche der neue Mitarbeiter des Klinikums bekommt bei Eintritt eine Hygieneinformation speziell für Auslastung von rund 85 Prozent. Ich bin seinen Bereich ausgehändigt. sehr zuversichtlich, dass wir hier im 857
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