Österreich State of Health in the EU - Länderprofil Gesundheit 2019 - European Commission

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State of Health in the EU

Österreich
Länderprofil Gesundheit 2019
Länderspezifische Gesundheitsprofile                                              Inhalt
Die länderspezifischen Gesundheitsprofile für den State of Health                 1. HIGHLIGHTS                                                            3
in the EU bieten einen knappen und politisch relevanten Überblick                 2. GESUNDHEIT IN ÖSTERREICH                                              4
über die Gesundheit und die Gesundheitssysteme in der EU/dem                      3. RISIKOFAKTOREN                                                        7
Europäischen Wirtschaftsraum. Sie heben die besonderen Merkmale
                                                                                  4. DAS GESUNDHEITSSYSTEM                                                 9
und Herausforderungen in den jeweiligen Ländern hervor, wozu
begleitend länderübergreifende Vergleiche angestellt werden. Das                  5. LEISTUNG DES GESUNDHEITSSYSTEMS                                      12
Ziel ist es, politischen Entscheidungsträgern und Einflussnehmern                     5.1. Wirksamkeit                                                    12
ein Instrument für die gegenseitige Wissensvermittlung und den                        5.2. Zugang                                                         15
freiwilligen Kenntnisaustausch an die Hand zu geben.
                                                                                      5.3. Anpassungsfähigkeit                                            19
Die Profile entstehen aus der gemeinsamen Arbeit der OECD                         6. ZENTRALE ERKENNTNISSE                                                22
und des European Observatory on Health Systems and Policies
in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission. Das Team
bedankt sich bei dem Netzwerk Health Systems and Policy Monitor,
dem OECD Health Committee und der EU Expert Group on Health
Information für die wertvollen Anmerkungen und Vorschläge.

Daten- und Informationsquellen                                                    Die berechneten EU-Durchschnitte sind die gewichteten
                                                                                  Durchschnitte der 28 Mitgliedstaaten, sofern nichts
Die Daten und Informationen in den länderspezifischen                             anderes vermerkt ist. Island und Norwegen sind in diesen
Gesundheitsprofilen beruhen vorwiegend auf offiziellen                            EU-Durchschnitten nicht berücksichtigt.
einzelstaatlichen Statistiken, die Eurostat und der OECD zur
Verfügung gestellt und validiert wurden, um höchste Standards                     Dieses Profil wurde im August 2019 auf der Grundlage der im
bei der Datenvergleichbarkeit zu gewährleisten. Die Quellen                       Juli 2019 verfügbaren Daten erstellt.
und Methoden, die diesen Daten zugrunde liegen, sind in der
                                                                                  Um das Excel-Arbeitsblatt mit allen Tabellen und Diagrammen
Eurostat-Datenbank und der OECD-Gesundheitsdatenbank
                                                                                  aus diesem Profil herunterzuladen, geben Sie einfach folgende
verfügbar. Einige zusätzliche Daten stammen auch vom
                                                                                  URL in Ihren Browser ein: http://www.oecd.org/health/Country-
Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME), vom
                                                                                  Health-Profiles-2019-Austria.xls
European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC),
aus den Umfragen der Health Behaviour in School-Aged
Children (HBSC) und von der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) sowie aus anderen einzelstaatlichen Quellen.

Demografischer und sozioökonomischer Kontext in Österreich, 2017

Demografische Faktoren                                                                              Österreich                            EU
    Bevölkerungsgröße (Schätzwerte zur Jahresmitte)                                                   8 798 000                       511 876 000
    Anteil der Bevölkerung über 65 Jahre (in %)                                                           18,5                            19,4
    Fertilitätsrate   1
                                                                                                           1,5                             1,6

Sozioökonomische Faktoren
    BIP pro Kopf (EUR KKP2)                                                                             38 100                          30 000
    Relative Armutsquote (in %)
                           3
                                                                                                          14,4                            16,9
    Arbeitslosenquote (in %)                                                                              5,5                              7,6

1. Anzahl der geborenen Kinder je Frau im Alter von 15 bis 49. 2. Die Kaufkraftparität (KKP) ist definiert als Währungsumrechnungskurs, der die Unterschiede
im Preisniveau zwischen Ländern beseitigt und damit Vergleiche der Kaufkraft unterschiedlicher Währungen ermöglicht. 3. Prozentualer Anteil an Personen,
die mit weniger als 60 % des Median-Äquivalenzeinkommens leben.
Quelle: Eurostat-Datenbank.

Haftungsausschluss: Die hierin geäußerten Meinungen und Argumente sind ausschließlich die der Autoren und geben nicht notwendigerweise die
offizielle Meinung der OECD oder ihrer Mitgliedsländer oder des European Observatory on Health Systems and Policies oder seiner Partner wieder. Die in
diesem Bericht geäußerten Ansichten repräsentieren in keiner Weise die offizielle Meinung der Europäischen Union.

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Policies) 2019

2        State of Health in the EU · Österreich · Länderprofil Gesundheit 2019
ÖSTERREICH
     1 Highlights
     Der Gesundheitszustand in Österreich verbessert sich derzeit, dennoch stellen verhaltensbedingte Risikofaktoren und
     eine alternde Bevölkerung weiterhin Herausforderungen für das Gesundheitssystem dar. Zugang und Qualität der
     Gesundheitsversorgung sind im Allgemeinen gut, jedoch spielen Krankenhäuser eine unverhältnismäßig große Rolle
     bei der Gesundheitsversorgung. Mit aktuellen Reformen sollen die Primärversorgung verbessert und Ungleichgewichte
     beim medizinischen Fachpersonal behoben werden. Durch ein neues Verwaltungssystem werden Bundesregierung und
     Landesregierungen sowie die Sozialversicherungsträger zusammengeführt, um die Koordinierung zu verbessern. Trotzdem ist
     das österreichische Gesundheitssystem nach wie vor strukturell fragmentiert und verhältnismäßig teuer.

        AT       EU                                            Gesundheitszustand
83
                                                               Im Jahr 2017 betrug die Lebenserwartung bei der Geburt 81,7 Jahre; dies sind
                                                       81.7
81                                                     80.9    3,4 Jahre mehr als im Jahr 2000 und 0,8 Jahre mehr als der EU-Durchschnitt.
79                                                             Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache, jedoch steigt die
        78.3
        77.3                                                   diabetesbedingte Sterblichkeit an. Ca. 70 % der Österreicher vermelden einen guten
77
                                                               Gesundheitszustand, wobei dieser Anteil unter den Gruppen mit dem niedrigsten
75                                                             Einkommen geringer ist. Zwar leben die Österreicher immer länger, diese Jahre
             2000                                   2017
                                                               werden jedoch zu einem größeren Anteil mit chronischen Erkrankungen und
     Lebenserwartung bei der Geburt, Jahre                     Behinderungen zugebracht als im EU-Durchschnitt.

                                                                              Country
        AT       EU                                               %01 %01 EU
                                                               Risikofaktoren
                               % der Erwachsenen
                                                               Verhaltensbedingte Risikofaktoren – insbesondere schlechte Ernährung, Rauchen
                    Rauchen                          24 %      und Alkoholkonsum – tragen in erheblichem Maße zu mehr Morbidität und
                                                               höherer Sterblichkeit bei. Der Anteil der Raucher unter den Erwachsenen ist in den
              Fettleibigkeit                15 %               vergangenen zwei Jahrzehnten nicht gesunken und es wird jetzt mehr geraucht
                                                               als in den meisten EU-Ländern. Trotz eines Rückgangs seit dem Jahr 2000 liegt der
                                                               Alkoholkonsum weiterhin über dem EU-Durchschnitt. Während österreichische
                    Alkohol           11,8 Liter
                                                               Erwachsene zu den körperlich aktivsten in der EU zählen, gehören Jugendliche zu
                                                               den am wenigsten aktiven.

        AT       EU                                            Gesundheitssystem

                                                               Österreich hat ein soziales Krankenversicherungssystem. Die Gesundheitsausgaben
     EUR 4 000
                                                               pro Kopf betrugen im Jahr 2017 fast 3900 EUR, was ca. 1000 EUR über dem
                                                               EU-Durchschnitt liegt und 10,4 % des BIP ausmacht (EU-Durchschnitt: 9,8 %).
             Smoking      17                                   Zwar ist der Anstieg der Ausgaben mit dem EU-Durchschnitt vergleichbar,
     EUR 2 000
                                                               jedoch wendet Österreich nach wie vor erheblich mehr finanzielle Mittel für die
             Binge drinking                                    stationäre Gesundheitsversorgung auf als die meisten Länder und verfügt über
         EUR 0                  22
                                                               eine hohe Anzahl an Ärzten und Krankenhausbetten. Es entstehen zunehmend
                 2005                2011              2017
                                                               Ungleichgewichte zwischen Allgemein- und Fachärzten sowie zwischen ländlichen
          Obesity         21                                   und städtischen Gebieten. Die Inanspruchnahme von Leistungen von Ärzten ohne
     Ausgaben pro Kopf (EUR KKP)
                                                               Kassenverträge nimmt indes zu.
                                                                              Country
                                                                              EU

     Wirksamkeit                                               Zugang                                              Anpassungsfähigkeit

     Obwohl die vermeidbare Sterblichkeit                      Es besteht eine nahezu universelle                  Die öffentlichen
     dicht am EU-Durchschnitt liegt, ist die                   Gesundheitsversorgung der                           Ausgaben für die
     Sterblichkeit aufgrund von                                Bevölkerung und der Zugang zur                      Gesundheitsversorgung
     behandelbaren Ursachen niedriger als                      Versorgung ist im Allgemeinen gut.                  sollen laut Prognosen
     in den meisten EU-Ländern.                                Österreich gehört in der EU zu den                  von 7 % des BIP im
                                                               Ländern mit dem geringsten Anteil an                Jahr 2016 auf 8,3 %
                                                               Personen, die sich über ungedeckten                 im Jahr 2070 ansteigen, während
                                                               medizinischen Bedarf beklagen.                      sich die öffentlichen Ausgaben
                                                                                                                   für Langzeitpflege laut Prognosen
        AT       EU                                              Hohes Einkommen    Gesamt   Niedriges Einkommen
                                                              Country                                              verdoppeln sollen, und zwar von 1,9 %
       Vermeidbare                            161             EU                                                   auf 3,8 % des BIP. Es gibt Obergrenzen
       Sterblichkeit                                            AT
                                                                                                                   für die Gesamtausgaben, jedoch
       Sterblichkeit                                           EU                                                  könnten die Zersplitterung und das
          aufgrund             78                                 0%               3%           6%
     behandelbarer                                                                                                 Fehlen struktureller Reformen das
          Ursachen                                                                                                 Gesundheitssystem daran hindern,
     Altersstandardisierte Sterberate                                                                              sich an neue Herausforderungen
     pro 100 000 Einwohner, 2016                               % gemeldeter ungedeckter Bedarf, 2017
                                                                                                                   anzupassen.

                                                                       State of Health in the EU · Österreich · Länderprofil Gesundheit 2019            3
ÖSTERREICH

             2 Gesundheit in Österreich
             Die Lebenserwartung steigt und liegt                                                                                                                                                              von 3,6 Jahren). Für Männer ist die Lebenserwartung etwas
             über dem EU-Durchschnitt                                                                                                                                                                          schneller gestiegen als für Frauen; in anderen EU-Ländern ist
                                                                                                                                                                                                               eine ähnliche Tendenz zu verzeichnen. Trotzdem betrug das
             Im Jahr 2017 betrug die Lebenswartung bei der Geburt                                                                                                                                              Geschlechtergefälle im Hinblick auf die Lebenserwartung
             in Österreich 81,7 Jahre, also fast ein Jahr mehr als der                                                                                                                                         4,6 Jahre im Jahr 2017 (79,4 Jahre für Männer, 84,0 Jahre für
             EU-Durchschnitt, aber fast zwei Jahre weniger als in Spanien                                                                                                                                      Frauen), womit es leicht unter dem EU-Durchschnitt von
             und Italien (Abbildung 1). Seit dem Jahr 2000 ist sie um                                                                                                                                          5,2 Jahren lag.
             3,4 Jahre gestiegen (knapp unter dem Anstieg in der EU

             Abbildung 1. Die Lebenserwartung steigt stetig und liegt weiterhin über dem EU-Durchschnitt
              Jahre                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  2017                        2000
             90 ––
             90
                                                                                                                                                                                                                                                                                          Geschlechtsspezifisches Gefälle
                                                                                                                                                                                                                                                                                          bei der Lebenserwartung:
                      83.4 83,4

             85 ––
             85
                                  83.1 83,1

                                                                      82.6 82,6
                                              82.7 82,7

                                                          82.7 82,7

                                                                                                                                                                                                                                                                                          Österreich: 4,6 Jahre
                                                                                  82.5 82,5

                                                                                              82.4 82,4

                                                                                                          82.2 82,2

                                                                                                                      82.2 82,2

                                                                                                                                  82.1 82,1

                                                                                                                                              81.8 81,8

                                                                                                                                                                                  81.6 81,6

                                                                                                                                                                                              81.6 81,6
                                                                                                                                                          81.7 81,7

                                                                                                                                                                      81.7 81,7
                                                                                                                                                                                                                                                                                          EU: 5,2 Jahre

                                                                                                                                                                                                          81.4 81,4

                                                                                                                                                                                                                      81.3 81,3

                                                                                                                                                                                                                                  81.2 81,2

                                                                                                                                                                                                                                                                      80.9 80,9
                                                                                                                                                                                                                                              81.1 81,1

                                                                                                                                                                                                                                                          81.1 81,1

                                                                                                                                                                                                                                                                                  79.1 79,1

                                                                                                                                                                                                                                                                                              78.4 78,4
             80 ––
             80

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  77.8 77,8
                                                                                                                                                                                                                                                                                                          78 78

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              77.3 77,3

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  75.8 75,8

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              75.3 75,3
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          76 76

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          74.9 74,9

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      74.8 74,8
             75 ––
             75

             70 ––
             70

             65 ––
             65
                                    Fi ich
                                                  n

                                                  n
                                    or ch

                                               en

                                     hw d
                                               en

                                      Zy a
                                                rn

                                   xe nd

                                    de urg

                                       er e

                                      Be d

                    re Gr ort n
                            te he al

                                                 d
                                    ow h

                                    ts en

                                                 d

                                                  k
                                    ch EU

                                      Es en
                                    Kr nd

                                                  n

                                      ow n

                                      U ei

                                     Li rn

                                      m en
                                    Le ien
                                   Bu land

                                                  n
                                              ar
                                  Ö and
                                                t
                                              ie
                                 Fr alie

                                    P ie

                                 Sl reic

                                             tie

                                                e

                                              ie
                                 Sc lan

                                               n

                                 Kö an

                                 D lan

                                             ak
                                            ug
                                           pe

                                              a
                                             al
                                 N rei
                                           eg

                                           ed

                                eu eni

                                            hi

                                              l

                                             u
                               Lu Irla

                                            la

                                          tla
                                           re
                an

                                           lg

                                          Po

                                          än

                                          ar
                                        em

                                         ng
                              N mb

                                         ta
                                         nl
                                         M

                                        oa
                                       ec
                                         Is

                                      nn

                                       ch

                                        tt
                                        It

                                       w
                                        k

                                        g

                                       lg
                                        rl
              Sp

                                    an

                                     ni

                                    än
                                    st

                                   Sl

                                  Ru
                                   c

                                Ts
                                 ie

                                ie

                              D
                              s
                         ig
                      in
                 Ve

             Quelle: Eurostat-Datenbank.

             Die soziale Ungleichheit im Hinblick auf die                                                                                                                                                      Abbildung 2. Die Bildungslücke im Hinblick auf die
             Lebenserwartung ist bei Männern größer als bei Frauen                                                                                                                                             Lebenserwartung beträgt 6,2 Jahre bei Männern und
                                                                                                                                                                                                               3 Jahre bei Frauen
             Ungleichheiten im Hinblick auf die Lebenserwartung
             bestehen nicht nur zwischen den Geschlechtern, sondern
             auch beim sozioökonomischen Status. Männer mit
             dem höchsten Bildungsstand leben erwartungsgemäß
             sechs Jahre länger als Männer mit dem niedrigsten                                                                                                                                                                                                              55,7
             Bildungsstand, während der Unterschied unter                                                                                                                                                                     52,7                                         Jahre                                                                                 52,9
                                                                                                                                                                                                                             Jahre                                                                                                                              Jahre
             österreichischen Frauen nur drei Jahre beträgt. Diese                                                                                                                                                                                                                                                     46,7
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Jahre
             Unterschiede sind geringer als die Durchschnittswerte
             in der EU von 7,6 bzw. 4,1 Jahren (Abbildung 2). Die
             Bildungslücke im Hinblick auf die Lebenserwartung ist                                                                                                                                                   Niedriger                                      Hoher                                      Niedriger                                 Hoher
             teilweise durch höhere Sterblichkeitsraten und eine                                                                                                                                                  Bildungsstand                                 Bildungsstand                               Bildungsstand                            Bildungsstand
             höhere Gefährdung durch diverse Risikofaktoren bei
             Personen mit niedrigem Bildungsstand zu erklären.
             Dazu gehören beispielsweise höhere Raucheranteile und                                                                                                                                               Bildungslücke in der Lebenserwartung im Alter von 30 Jahren:
             schlechtere Ernährungsgewohnheiten (siehe Abschnitt 3).
                                                                                                                                                                                                                 Österreich: 3 Jahre                                                                              Österreich: 6,2 Jahre
             Der Unterschied im Hinblick auf die Lebenserwartung                                                                                                                                                 EU21: 4,1 Jahre                                                                                  EU21: 7,6 Jahre
             hängt auch mit Unterschieden beim Einkommen und
             Lebensstandard zusammen.                                                                                                                                                                          Hinweis: Ein hoher Bildungsstand bezieht sich laut Definition auf
                                                                                                                                                                                                               Personen, die einen tertiären Bildungsabschluss (ISCED-Niveaus 5–8)
                                                                                                                                                                                                               haben, während sich ein niedriger Bildungsstand auf Personen ohne
                                                                                                                                                                                                               Sekundarschulabschluss (ISCED-Niveaus 0–2) bezieht.
                                                                                                                                                                                                               Quelle: Murtin et al., OECD Statistics Working Paper N°78 (2017).

             4        State of Health in the EU · Österreich · Länderprofil Gesundheit 2019
ÖSTERREICH
 Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weiterhin                                         Krebserkrankungen sind die zweithäufigste Todesursache,
 die häufigste Todesursache, jedoch steigt                                          obwohl auch die durch Krebs verursachten Todesfälle seit
                                                                                    dem Jahr 2000 rückläufig sind. Lungenkrebs ist die häufigste
 die diabetesbedingte Sterblichkeit an
                                                                                    krebsbedingte Todesursache, wobei die Sterblichkeit
 Der Anstieg der Lebenserwartung in Österreich seit                                 aufgrund dieser Erkrankung leicht gesunken ist. Die
 dem Jahr 2000 ist hauptsächlich auf einen Rückgang                                 diabetesbedingte Sterblichkeit ist hingegen seit dem Jahr
 der Sterblichkeitsraten aufgrund von Herz-Kreislauf-                               2000 stark angestiegen. Dies spiegelt möglicherweise die
 Erkrankungen, insbesondere ischämische Herzerkrankungen                            Zunahme von Übergewicht und Fettleibigkeit sowie eine
 und Schlaganfällen, zurückzuführen (Abbildung 3). Trotz                            relative Schwäche der primären Gesundheitsversorgung in
 dieser Rückgänge waren auch im Jahr 2016 Herz-Kreislauf-                           Österreich wider.
 Erkrankungen die Haupt-Todesursache; auf sie entfallen fast
 34 000 Todesfälle (42 % aller Todesfälle).

 Abbildung 3. Ischämische Herzerkrankung ist die Haupt-Todesursache, aber die diabetesbedingte Sterblichkeit
 steigt
 % Veränderung 2000–2016 (oder nächstgelegenes Jahr)
 100
                                             Diabetes

              Nierenerkrankung
  50

                                               Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung
           Bauchspeicheldrüsenkrebs

    0
                      20                40           60                80              100             120            140             160            180
                           Brustkrebs            Lungenkrebs
                                 Darmkrebs                                                            Ischämische Herzerkrankung
 -50
             Lebererkrankung                               Schlaganfall

-100
                                                                                             Altersstandardisierte Sterberate pro 100 000 Einwohner, 2016
 Hinweis: Die Größe der Blasen ist proportional zu den Sterblichkeitsraten im Jahr 2016.
 Quelle: Eurostat-Datenbank.

 Bei Angaben zum eigenen Gesundheitszustand                                         Österreicher erwartungsgemäß bei der Geburt 57 Jahre
 besteht nur ein geringer Unterschied zum                                           lang behinderungsfrei leben; demgegenüber beträgt
                                                                                    dieser Wert 64 Jahre in der EU insgesamt: Frauen konnten
 EU-Durchschnitt, während Jugendliche einen
                                                                                    davon ausgehen, 68 % ihres Lebens behinderungsfrei zu
 besseren Gesundheitszustand vermelden
                                                                                    leben (77 % in der EU), bei Männern lag der Wert bei 72 %
 Ca. 70 % der österreichischen Bevölkerung vermelden einen                          (81 % in der EU). Außerdem bestehen erhebliche regionale
 guten Gesundheitszustand; dieser Anteil ist ähnlich wie                            Schwankungen, die von einer kürzeren behinderungsfreien
 in der EU insgesamt. Österreich schneidet im Hinblick auf                          Lebenserwartung unter Bewohnern der östlichen
 die Gesundheit von Jugendlichen laut Selbstangaben von                             Teile Österreichs (im Vergleich zu westlichen Teilen)
 Befragten relativ gut ab. Der Anteil der Jugendlichen, die                         gekennzeichnet sind (B-ZK, 2018a).
 eine hohe Lebenszufriedenheit vermelden, liegt über dem
                                                                                    Im Jahr 2017 konnten Österreicher im Alter von 65 Jahren
 EU-Durchschnitt, während der Anteil derjenigen, die mehr
                                                                                    erwartungsgemäß weitere 20 Jahre leben, was etwa dem
 als einmal wöchentlich über mehrere gesundheitliche
                                                                                    EU-Durchschnitt entspricht (Abbildung 4), wobei jedoch fast
 Beschwerden klagen, deutlich unter dem Durchschnitt
                                                                                    zwei Drittel dieser Jahre von chronischen Erkrankungen und
 liegt (Inchley et al., 2016). Jugendliche in finanziell besser
                                                                                    Behinderungen begleitet werden. Dies bedeutet nicht, dass
 gestellten Familien vermelden      in allen
                        Ischaemic heart       Ländern eine höhere
                                        disease
                                                                                    die Menschen nicht in der Lage sind, ein normales Leben zu
 Lebenszufriedenheit, wobei dieser Unterschied zwischen
                                                                                    führen und ihren gewohnten Tätigkeiten nachzugehen: Nur
 den Einkommensgruppen in Österreich im Vergleich zu
                                                                                    einer von sechs Befragten berichtet von Einschränkungen bei
 anderen europäischen Ländern gering ist. Interessanterweise
                                                                                    grundlegenden Alltagsaktivitäten (wie z. B. Baden, Anziehen
 beklagen sich finanziell besser gestellte Familien in
                                                                                    oder Aufstehen aus dem Bett), für die unter Umständen
 Österreich häufiger als einkommensschwache Familien
                                                                                    Langzeitpflege erforderlich ist. Außerdem liegt die Prävalenz
 mehr als einmal wöchentlich über mehrere gesundheitliche
                                                                                    chronischer Erkrankungen unter dem EU-Durchschnitt
 Beschwerden, während in den meisten anderen Ländern das
                                                                                    und es ist weniger wahrscheinlich, dass ältere Österreicher
 Gegenteil der Fall ist.
                                                                                    Depressionssymptome berichten (23 % im Vergleich zu
                                                                                    durchschnittlich 29 % in anderen Ländern, die diesen
 Viele zusätzliche Jahre werden mit einigen chronischen
                                                                                    Indikator angeben).
 Erkrankungen und Behinderungen gelebt

 Im Gegensatz zur allgemeinen Lebenserwartung liegen
 die bei der Geburt erwarteten gesunden Lebensjahre
 deutlich unter dem EU-Durchschnitt. Im Jahr 2017 konnten

                                                             State of Health in the EU · Österreich · Länderprofil Gesundheit 2019                      5
ÖSTERREICH

             Abbildung 4. Die gesunde Lebenserwartung im Alter von 65 Jahren liegt unter dem EU-Durchschnitt

                                                                    Lebenserwartung im Alter von 65 Jahren
                                                                    Österreich                              EU

                                                              7.6      20,2                         10     19,9
                                                                      Jahre                               Jahre     9.9
                                                                              12.6

                                                                         Jahre ohne                      Jahre mit
                                                                         Behinderung                     Behinderung

                                    % Personen ab 65 Jahren, die                                         % Personen ab 65 Jahren, die
                                  chronische Erkrankungen melden1                               Einschränkungen bei Alltagsaktivitäten melden2
                                      Österreich                     EU25                                   Österreich                   EU25

                                              17%                        20%                                        17%                         18%

                                                            46%
                                  53%
                                                30%
                                                                            34%                            83%                          82%

                            Keine                   Eine                 Mindestens zwei                       Keine                          Mindestens eine
                            chronische              chronische           chronische                            Einschränkungen                Einschränkung
                            Erkrankung              Erkrankung           Erkrankungen                          bei Alltagsaktivitäten         bei Alltagsaktivitäten

                                                  % Personen ab 65 Jahren, die Symptome einer Depression melden3
                                                        Österreich                                                        EU11

                                           23 %                                                             29 %

             Hinweis: 1. Zu den chronischen Erkrankungen zählen Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes, Parkinson, Alzheimer und rheumatoide Arthritis oder Osteoarthritis.
             2. Zu den grundlegenden Alltagsaktivitäten gehören Anziehen, Durchqueren eines Zimmers, Baden oder Duschen, Essen, Zubettgehen oder Aufstehen aus
             dem Bett und Toilettennutzung. 3. Befragten werden Symptome einer Depression zugeschrieben, wenn sie mehr als drei Depressionssymptome (von 12
             möglichen Variablen) melden.
             Quelle: Eurostat-Datenbank für Lebenserwartung und gesunde Lebensjahre (die Daten beziehen sich auf 2017); SHARE-Umfrage für andere Indikatoren (die
             Daten beziehen sich auf 2017).

             6     State of Health in the EU · Österreich · Länderprofil Gesundheit 2019
ÖSTERREICH
3 Risikofaktoren
Verhaltensbedingte Risikofaktoren tragen                                       Ca. 19 % (15 000) aller Todesfälle im Jahr 2017 waren auf
wesentlich zur Sterblichkeit bei                                               ernährungsbedingte Risiken zurückzuführen (einschließlich
                                                                               geringen Verzehrs von Obst und Gemüse sowie hohen
Ca. 40 % aller Todesfälle in Österreich im Jahr 2017 sind                      Konsums von Zucker und Salz). Auf Rauchen (einschließlich
auf verhaltensbedingte Risikofaktoren zurückzuführen,                          Passivrauchen) entfielen Schätzungen zufolge weitere 15 %
einschließlich ernährungsbedingter Risiken, Tabakrauchen,                      (12 000) aller Todesfälle. Ca. 6 % (4500) aller Todesfälle gingen
Alkoholkonsum und geringe körperlicher Aktivität                               auf Alkoholkonsum zurück und 3 % (2500) auf geringe
(Abbildung 5). Dieser Anteil liegt dicht am EU-Durchschnitt                    körperliche Aktivität.
von 39 %.

Abbildung 5. Ca. 40 % aller Todesfälle sind auf lebensstilbedingte Risikofaktoren zurückzuführen.

  Ernährungsbedingte Risiken                                         Tabak                                                  Alkohol
  Österreich: 19%                                                    Österreich: 15%                                        Österreich: 6%
  EU: 18%                                                            EU: 17%                                                EU: 6%

                                                                                                                            Geringe körperliche
                                                                                                                            Aktivität
                                                                                                                            Österreich: 3%
                                                                                                                            EU: 3%

Hinweis: Die Gesamtanzahl der Todesfälle (31 000) im Zusammenhang mit diesen Risikofaktoren ist geringer als die Summe der Todesfälle in Verbindung
mit jedem einzelnen Risikofaktor (35 000), da derselbe Todesfall mehr als einem Risikofaktor zugeordnet werden kann. Zu den ernährungsbedingten Risiken
gehören 14 Komponenten, wie z. B. geringer Verzehr von Obst und Gemüse und hoher Konsum von gezuckerten Getränken.
Quelle: IHME (2018), Global Health Data Exchange (die Schätzungen beziehen sich auf 2017).

In Österreich wird nun mehr geraucht                                           berichten, dass sie nicht jeden Tag mindestens ein Stück
als in den meisten EU-Ländern                                                  Obst oder Gemüse zu sich nehmen. Andererseits gehören
                                                                               österreichische Erwachsene zu den körperlich Aktivsten der
Die durch Rauchen bedingte Sterblichkeit liegt unter                           EU.
dem EU-Durchschnitt. Jedoch ist der Raucheranteil
unter österreichischen Erwachsenen in den letzten zwei                         Die Übergewichts- und Fettleibigkeitsrate unter 15-Jährigen
Jahrzehnten nicht rückläufig und es wird nun mehr geraucht                     ist ebenfalls gestiegen und lag in den Jahren 2013-2014
als in den meisten anderen EU-Ländern. Diese anhaltend                         bei 15 %, was jedoch weiterhin erheblich unter den Werten
hohe Prävalenz ist auf einen erhöhten Raucheranteil bei                        der meisten anderen EU-Ländern liegt (Abbildung 6). Der
Frauen zurückzuführen, der den Rückgang bei Männern                            Anteil der 11- und 13-Jährigen, die berichten, täglich Obst
ausgleicht. Andererseits ist der Raucheranteil bei 15-Jährigen                 zu sich zu nehmen, ist höher als der EU-Durchschnitt und
rückläufig, obwohl er weiterhin höher ist als in den meisten                   der Unterschied zwischen finanziell besser und finanziell
EU-Ländern. Maßnahmen der österreichischen Politik,                            schlechter gestellten Familien ist geringer als in den meisten
mit denen vom Rauchen abgehalten werden soll, sind in                          Ländern (Inchley et al., 2016). Jugendliche Mädchen melden
Abschnitt 5 ausführlicher beschrieben.                                         eine besonders niedrige körperliche Aktivität: Nur 5 % der
                                                                               15-jährigen Mädchen gaben in den Jahren 2013–2014 an, sich
Übergewicht, Fettleibigkeit und ungesunde                                      jeden Tag zumindest mäßig körperlich zu betätigen, während
Ernährung sind wesentliche Probleme                                            es bei den Buben 18 % waren. Jugendliche in finanziell besser
                                                                               gestellten Familien sind weniger körperlich aktiv als jene in
für die öffentliche Gesundheit
                                                                               finanziell schlechter gestellten Familien, während in vielen
Übergewicht und Fettleibigkeit sind häufiger geworden;                         anderen Ländern das Gegenteil der Fall ist (Inchley et al.,
diese Entwicklungen lassen sich teilweise durch ungesunde                      2016).
Ernährung und geringe körperliche Aktivität unter
Jugendlichen erklären. Der Anteil von Erwachsenen die unter
Fettleibigkeit leiden ist von 12 % im Jahr 2006 auf 15 % im
Jahr 2017 angestiegen und ca. vier von zehn Erwachsenen

                                                          State of Health in the EU · Österreich · Länderprofil Gesundheit 2019                           7
ÖSTERREICH

             Abbildung 6. Alkohol und Tabakkonsum, ungesunde Ernährung und ein Mangel an körperlicher Aktivität sind
             wesentliche Risikofaktoren

                                                                                Rauchen (Kinder)

                                    Verzehr von Gemüse (Erwachsene)                         6            Rauchen (Erwachsene)

                            Verzehr von Obst (Erwachsene)                                                            Rauschtrinken (Kinder)

                      Körperliche Aktivität (Erwachsene)                                                               Rauschtrinken (Erwachsene)

                                   Körperliche Aktivität (Kinder)                                                Alkoholkonsum (Erwachsene)

                                                    Fettleibigkeit (Erwachsene)                   Übergewicht und Fettleibigkeit (Kinder)

             Hinweis: Je näher ein Punkt dem Zentrum ist, desto besser schneidet ein Land im Vergleich zu anderen EU-Ländern ab. Kein Land liegt im weißen „Zielbereich“,
             da in allen Ländern in allen Bereichen noch Fortschritte möglich sind.
             Quelle: Kalkulationen der OECD auf der Grundlage der ESPAD-Umfrage 2015 und HBSC-Umfrage 2013–2014 für Indikatoren bei Kindern; und EU-SILC 2017,
             EHIS 2014 und OECD-Gesundheitsstatistik 2019 für Indikatoren bei Erwachsenen.
                                                                 Select dots + Effect > Transform scale 130%

             Alkoholkonsum ist weiterhin ein                                                    Soziale Ungleichheiten bei den Risikofaktoren
             wesentlicher Risikofaktor                                                          tragen zu gesundheitlichen Ungleichheiten bei

             Der Gesamt-Alkoholkonsum pro Kopf ist seit dem Jahr                                Viele verhaltensbedingte Risikofaktoren in Österreich
             2000 gesunken, liegt jedoch nach wie vor weit über dem                             treten bei Menschen mit niedrigerem Bildungsstand bzw. in
             EU-Durchschnitt. Aus dem RARHA-Projekt stammende                                   niedrigeren Einkommensgruppen häufiger auf. Im Jahr 2014
             Daten zum Vergleich des Alkoholkonsums zwischen                                    rauchte mehr als ein Viertel der Erwachsenen (27 %) die
             allen EU-Ländern haben einen überdurchschnittliches                                keinen Sekundarschulabschluss hatten täglich, verglichen
             Rauschtrinkverhalten1 in Österreich gezeigt; dies bezieht                          mit nur 15 % unter jenen mit tertiären Bildungsabschluss.
             sich sowohl auf Männer als auch auf Frauen (Moskalewicz,                           Ebenfalls waren im Jahr 2017 fast 20 % der Menschen ohne
             Room & Thom, 2016). Wie in allen EU-Ländern ist das                                Sekundarschlabschluss fettleibig, während dieser Wert
             Rauschtrinken unter Männern weiter verbreitet (einer von                           unter jenen mit einem höheren Bildungsabschluss bei
             vier im Jahr 2014) als unter Frauen (etwa eine von acht).                          lediglich 10 % lag. Die Tatsache, dass sozial benachteiligte
                                                                                                Gruppen mehr Risikofaktoren ausgesetzt sind, trägt zu
             Der Alkoholkonsum unter Jugendlichen ist ebenfalls                                 gesundheitlichen Ungleichheiten bei. Interessanterweise tritt
             weiter verbreitet als in anderen Ländern. Der Anteil an                            dieses Muster jedoch nicht beim Alkoholkonsum auf: Sowohl
             Jugendlichen, die regelmäßig rauschtrinken, ist in Österreich                      regelmäßiges Trinken als auch Rauschtrinken sind unter
             höher als in den meisten anderen EU-Ländern und es                                 Menschen mit höherem Bildungsstand und Einkommen
             besteht kaum ein Unterschied zwischen Mädchen und                                  weiter verbreitet (B-ZK, 2018b).
             Jungen. Mehr als die Hälfte der 15- und 16-Jährigen gaben
             2015 an, im vorangegangenen Monat rauschgetrunken zu
             haben, während es im EU-Durchschnitt ca. 40 % waren.
             Der Alkoholkonsum in jungem Alter ist zwischen 2002
             und 2014 zwar erheblich zurückgegangen, lag aber im
             Jahr 2014 weiterhin über dem Durchschnitt. Wie in den
             meisten Ländern ist Alkoholkonsum in jungem Alter unter
             Jugendlichen in finanziell besser gestellten Familien weiter
             verbreitet (Inchley et al., 2018).

             1: Rauschtrinken ist definiert als Konsum von sechs oder mehr alkoholischen Getränken (Erwachsene) bzw. fünf oder mehr alkoholischen Getränken (Jugendliche)
             zu einem einzigen Anlass.

             8      State of Health in the EU · Österreich · Länderprofil Gesundheit 2019
ÖSTERREICH
4 Das Gesundheitssystem
Das österreichische Gesundheitssystem ist komplex.
Die Bundesregierung ist für den rechtlichen Rahmen,                              Kasten 1. Im Rahmen der
einschließlich der Regulierung der Sozialversicherungsträger,                    Zielsteuerungsverträge werden umfassende
verantwortlich. Die Sozialversicherungsträger sind operativ                      Reformen umgesetzt
verantwortlich für die ambulante und rehabilitative
Gesundheitsversorgung (außerhalb von Krankenhäusern)                             Mit dem ersten Zielsteuerungsvertrag aus dem Jahr 2013
sowie die ambulante Arzneimittelversorgung; außerdem                             wurde eine Reformagenda für einen Zeitraum von vier
verhandeln sie Verträge mit Gesundheitsleistungserbringern.                      Jahren (2013–2016) festgelegt. Im Jahr 2017 schloss die
Die Länder regulieren die Krankenhausversorgung in ihren                         B-ZK einen zweiten Vertrag, mit dem Ziele für 2017–2021
Zuständigkeitsbereichen innerhalb einem, auf Bundesebene                         festlegt wurden (BMASKG, 2018). Diese Verträge
festgelegten, rechtlichen Rahmen und sind hauptsächlich                          liegen fast alle andauernden Gesundheitsreformen in
für die Organisation und Finanzierung der stationären und                        Österreich zugrunde – mit Ausnahme der Fusion der
ambulanten Gesundheitsversorgung in Krankenhäusern                               Sozialversicherungsträger.
verantwortlich. Die Finanzierung ist gemischt und
fragmentiert, weil die Sozialversicherungsträger, die                            Im ersten Vertrag wurden finanzielle Ziele sowie Ziele
Bundesregierung, die Länder und die Gemeinden allesamt                           für Gesundheitsversorgungsstrukturen, -prozesse und
zum Budget beitragen.                                                            -ergebnisse festgelegt. Das ursprüngliche finanzielle
                                                                                 Ziel war ein Rückgang des Anstiegs der öffentlichen
Anhaltende Reformbemühungen haben die                                            Gesundheitsausgaben auf 3,6 % pro Jahr bis 2016,
Verwaltung des Gesundheitssystems verbessert                                     gefolgt von einer Reduzierung auf 3,2 % bis 2021 im
                                                                                 zweiten Vertrag2. Ein weiteres wichtiges Ziel war die
Gegen die Fragmentierung der Organisation und
                                                                                 Ausarbeitung eines neuen Ansatzes für die primäre
Finanzierung wurde seit 2012 in gewissem Maße durch
                                                                                 Gesundheitsversorgung, was letztlich zur Verabschiedung
die Einführung des neuen Zielsteuerungssystems
                                                                                 des Primärversorgungsgesetzes 2017 geführt hat.
(„Zielsteuerung-Gesundheit“) im Rahmen umfassenderer
Reformen vorgegangen. Alle wichtigen Akteure – die                           2   Der zweite Vertrag schreibt die Errichtung von 75
Bundesregierung, Sozialversicherungsträger und die Länder                        multidisziplinären Primärversorgungseinheiten vor, und
– sind nun Teil der Bundes-Zielsteuerungskommission                              legt, neben der Stärkung der Gesundheitskompetenz
(B-ZK), der obersten Entscheidungsinstanz, die Ziele für das                     und der Gesundheitsförderung in der Bevölkerung, einen
Gesundheitssystem festlegt und formelle Verträge zwischen                        Schwerpunkt auf die Umsetzung von Reformen.
Interessenvertretern aushandelt (Kasten 1). Diese national
geltenden Verträge sind gesetzlich bindend und bilden die
Grundlage für Zielsteuerungsverträge auf Länderebene.                        Die laufenden Gesundheitsausgaben stiegen zwischen 2009
                                                                             und 2017 inflationsbereinigt um durchschnittlich 1,4 %
Darüber hinaus läuft derzeit eine strukturelle Reform                        pro Jahr (1,5 % in der EU). Unterdessen stieg der Anteil
zur Fusion der 21 bestehenden Sozialversicherungsträger                      der Gesundheitsausgaben am BIP von 10,2 % im Jahr 2009
zu nur mehr fünf. Insbesondere werden neun regionale                         auf 10,4 % im Jahr 2017 (gegenüber einem Anstieg von
Träger zu einem einzigen zusammengelegt, in dem ab                           9,7 % auf 9,8 % in der EU). Im Rahmen der Zielsteuerungs-
Januar 2020 fast 80 % der Bevölkerung Österreichs erfasst                    Reformen wurde eine globale Obergrenze für die öffentlichen
sein werden. Das übergeordnete Ziel der neuen Struktur                       Gesundheitsausgaben eingeführt (siehe Kasten 1), wobei das
ist es, eine einheitlichere Versicherungsdeckung zu                          Wachstum seit ihrer Einführung unter dem Ziel liegt. Der
schaffen und die Verwaltungskosten zu senken. Allerdings                     Anteil der Selbstzahlungen (19,2 % der Gesundheitsausgaben
haben der österreichische Rechnungshof und Experten                          im Jahr 2017) liegt über dem EU-Durchschnitt (15,8 %)
Zweifel geäußert, ob mit der Fusion die von der Regierung                    – hauptsächlich für Arzneimittel, Langzeitpflege und
angekündigte Senkung der Verwaltungskosten erreicht                          zahnärztliche Versorgung – ist aber seit 2010 stabil geblieben
werden kann. Kritiker haben außerdem darauf hingewiesen,                     (siehe Abschnitt 5.2).
dass es keine Vereinheitlichung von Leistungen über alle
Krankenversicherungen geben wird, weil es weiterhin                          Die Sozialversicherungsträger finanzieren den größten
getrennte Kassen, z. B. für Beamte und Selbstständige, geben                 Anteil der Gesundheitsausgaben (44 % im Jahr 2017),
wird.                                                                        aber auch direkte öffentliche Ausgaben – vorwiegend
                                                                             Beiträge der Länder zur Finanzierung der stationären
Die Gesundheitsausgaben sind hoch,                                           Versorgung – machen einen großen Anteil aus (30 %). Die
aber das Ausgabenwachstum liegt derzeit                                      Sozialversicherungsträgern stehen nicht in Konkurrenz
unter dem EU-Durchschnitt                                                    zueinander, da die Zuordnung von Versicherten
                                                                             durch Beruf und/oder Wohnsitz bestimmt wird. Die
Die Gesundheitsausgaben in Österreich sind hoch                              Versicherungsbeiträge sind (für die meisten Menschen)
(Abbildung 7). Die laufenden Gesundheitsausgaben pro Kopf                    auf 7,65 % des Bruttoeinkommens festgelegt und werden
lagen im Jahr 2017 bei fast 3900 EUR (kaufkraftbereinigt) und                von Arbeitgebern und Arbeitnehmern (bis zu einem
damit rund 1000 über dem EU-Durchschnitt. und als Anteil                     monatlichen Höchstbeitrag von 392 EUR im Jahr 2018)
am BIP vergleichbar mit dem EU-Durchschnitt.                                 gemeinsam getragen. Alle Sozialversicherungsträger decken

2: Wachstumsraten sind nominal und nicht inflationsbereinigt.

                                                            State of Health in the EU · Österreich · Länderprofil Gesundheit 2019          9
ÖSTERREICH

             im Großen und Ganzen dieselben Leistungen ab und seit                                 anbelangt – zum Beispiel bei den Zuzahlungen oder der
             2017 wurden mehrere Schritte zur weiteren Harmonisierung                              Selbstbeteiligung der Versicherten für Medizinprodukte
             der Leistungen unternommen; es bestehen jedoch weiterhin                              (siehe Abschnitt 5.2).
             Unterschiede zwischen den Trägern was bestimmte Berufe

             Abbildung 7. Österreich hat deutlich höhere Gesundheitsausgaben als die meisten EU-Länder
                  Gesetzliche und Pflichtversicherung          Freiwillige Versicherung und Selbstzahlungen                                                 Anteil am BIP

             EUR KKP pro Kopf                                                                                                                                      % BIP
             5 000                                                                                                                                                   12,5

             4 000                                                                                                                                                   10,0

             3 000                                                                                                                                                   7,5

             2 000                                                                                                                                                   5,0

             1 000                                                                                                                                                   2,5

                   0                                                                                                                                                 0,0
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               Ve

             Quelle: OECD-Gesundheitsstatistik 2019 (die Daten beziehen sich auf 2017).

             Die Ausgaben für die stationäre Gesundheitsversorgung                                 übertroffen. Trotz laufender Reformen zur Stärkung der
             liegen deutlich über dem EU-Durchschnitt                                              primären und ambulanten Gesundheitsversorgung ist der
                                                                                                   für die stationäre Gesundheitsversorgung aufgewendete
             Die Gesundheitsausgaben sind stark in der stationären                                 Anteil (33,8 % im Jahr 2017) seit 2010 lediglich um 0,8
             Gesundheitsversorgung konzentriert: Österreich                                        Prozentpunkte zurückgegangen. Im Gegensatz dazu gibt
             gibt kaufkraftbereinigt mehr als 1300 EUR pro Kopf                                    Österreich nur 85 EUR pro Kopf für Präventionsmaßnahmen
             aus (Abbildung 8) – dies ist deutlich mehr als der                                    aus, was leicht unter dem EU-Durchschnitt liegt.
             EU-Durchschnitt (835 EUR) und wird nur von Luxemburg

             Abbildung 8. Österreich gibt pro Kopf fast 500 EUR mehr für die stationäre Gesundheitsversorgung aus als der
             EU-Durchschnitt
             EUR KKP pro Kopf                                                                                                               Österreich                EU

             1 500           34%
                           der gesamten
                             Ausgaben
                                                          28%
             1 200               1 309                  der gesamten
                                                          Ausgaben

                                                              1 100
              900
                                                                                          17%
                                           835                          858         der gesamten                      15%
                                                                                      Ausgaben                     der gesamten
                                                                                                                     Ausgaben
              600                                                                           644
                                                                                                                           571
                                                                                                        522
                                                                                                                                  471
              300                                                                                                                               2%
                                                                                                                                             der gesamten
                                                                                                                                               Ausgaben

                  0                                                                                                                                 85
                                                                                                                                                    85       89
                                0
                             Stationäre                0
                                                    Ambulante                             0
                                                                                    Arzneimittel und                    0
                                                                                                                    Langzeitpflege4                  0
                                                                                                                                                  Prävention
                        Gesundheitsversorgung1 Gesundheitsversorgung2               Medizinprodukte3
             Hinweis: Verwaltungskosten sind nicht enthalten. 1. Beinhaltet kurative und rehabilitative Gesundheitsversorgung in Krankenhäusern und anderen
             Einrichtungen; 2. Beinhaltet häusliche Versorgung; 3. Beinhaltet nur den ambulanten Markt; 4. Beinhaltet nur die gesundheitliche Komponente.
             Quelle: OECD-Gesundheitsstatistik 2019; Eurostat-Datenbank (die Daten beziehen sich auf 2017).

                          Amouts:         Calculated:          Your excel:

             10               1309
                       State of            35.29%
                                Health in the  EU · Österreich33.8
                                                               · Länderprofil Gesundheit 2019
                            +1100          29.66%             28.4
                             +644          17.36%             17.1
ÖSTERREICH
Die Landesgesundheitsfonds legen die vom Bund,                                          zweithöchsten Wert nach Griechenland ausmacht.
von den Ländern und den Sozialversicherungsträgern                                      Diese Zahl ist seit 2000 um fast 35 % gestiegen, was
stammenden Mittel zur Finanzierung von Krankenhäusern                                   hauptsächlich an der gestiegenen Anzahl an Fachärzten
zusammen und bezahlen Krankenhäuser auf Grundlage                                       liegt; gleichzeitig ist der Anteil der Allgemeinmediziner
einer Variante von diagnosebezogenen Fallpauschalen                                     nun einer der niedrigsten in der EU (15 % aller Ärzte). Die
(Diagnosis-Related Groups, DRGs). Sozialversicherungsträger                             Anzahl der Medizinabsolventen ist seit 2007 um etwa ein
vergüten niedergelassene Ärzte, die Verträge mit                                        Drittel zurückgegangen, was Probleme für die nachhaltige
Sozialversicherungsträgern (Kassenverträge) haben, durch                                Gewährleistung von Zugang zu Ärzten nach sich ziehen
eine Kombination aus Kontakt-pro-Kopf-Pauschalen und                                    könnte (siehe Abschnitt 5.2). Ein Quotensystem für das
Einzelleistungsvergütungen. Patienten können auch bei                                   Medizinstudium könnte zu dieser Entwicklung beigetragen
Ärzten ohne Kassenvertrag vorstellig werden, müssen dies                                haben, obwohl es hauptsächlich eingeführt wurde, um
aber zunächst selbst bezahlen und erhalten nur 80 % der                                 die Anzahl der ausländischen Studenten zu reduzieren,
Erstattung zurück, die ein Sozialversicherungsträger einem                              die sich nach ihrem Abschluss möglicherweise in ihrem
Arzt mit Kassenvertrag für dieselbe Leistung bezahlen                                   Herkunftsland niederlassen. In den letzten Jahren wurden
würde. Der Anteil der Ärzte ohne Kassenverträge ist in den                              mehrere Maßnahmen ergriffen, um den Qualifikationsmix
letzten Jahren gestiegen und machte im Jahr 2018 55 %                                   zu verbessern und einer weiteren Verringerung des Anteils
aller niedergelassenen Ärzte aus. Obwohl keine belastbaren                              der Allgemeinärzte entgegenzuwirken. Diese Reformen
Zahlen zu deren Tätigkeitsumfang verfügbar sind (viele sind                             müssen jedoch erst Wirkung zeigen.
gleichzeitig in Krankenhäusern angestellt und beziehen
Zusatzeinkommen durch ihre private Praxis), gibt der Anstieg                            Laufende Reformen zielen darauf ab, die übermäßige
in den letzten Jahren Anlass zur Besorgnis über soziale und                             Abhängigkeit von Krankenhäusern zu verringern
regionale Ungleichheiten (siehe Abschnitt 5.2).                                         und die Primärversorgung zu stärken
Österreich weist die zweithöchste Zahl an                                               Die Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen zeichnet
Ärzten in der EU auf                                                                    sich durch die freie Wahl der Leistungserbringer und den
                                                                                        uneingeschränkten Zugang zu allen Versorgungsebenen
Österreich hatte im Jahr 2017 7,4 Akutbetten pro 1000                                   (Allgemeinärzte, Fachärzte und Krankenhäuser) aus.
Einwohner, 46 % mehr als im EU-Durchschnitt (5,1 pro 1000)                              Die Inanspruchnahme stationärer Leistungen ist sehr
und die drittmeisten nach Deutschland und Bulgarien.                                    hoch und Österreich hat eine der höchsten Raten an
Zwischen der Einführung des Zielsteuerungssystems im Jahr                               Krankenhausentlassungen in der EU (Abbildung 9). Wichtige
2013 und 2017 ist die Anzahl der Betten jedoch um 3,5 %                                 Ziele der aktuellen zielorientierten Zielsteuerungsverträge
gesunken; dieser Rückgang ist mit dem EU-Durchschnitt                                   des Bundes sind der Abbau der übermäßigen Abhängigkeit
vergleichbar. Die Dichte medizinischer Großgeräte (CT-, MRT-                            von Krankenhäusern und die Stärkung der Primärversorgung
und PET-Scanner) liegt über dem Durchschnitt.                                           (siehe Abschnitt 5.3).

Österreich hat 5,2 Ärzte pro 1000 Einwohner, was erheblich
über dem EU-Durchschnitt (3,6 pro 1000) liegt und den

Abbildung 9. In Österreich werden in sehr hohem Maße stationäre, aber in unterdurchschnittlichem Maße
ambulante Leistungen in Anspruch genommen
Anzahl der Arztbesuche pro Person

 12        Geringe Inanspruchnahme stationärer Leistungen                           SK                         Hohe Inanspruchnahme stationärer Leistungen
           Hohe Inanspruchnahme ambulanter Leistungen                                                          Hohe Inanspruchnahme ambulanter Leistungen
                                                                                         CZ
                                                                                        HU
 10                                                                                                                DE
                                                              MT                                       LT
                                NL                                                      EL
  8                                   ES                           EU        PL                                                    EU-Durchschnitt: 7.5

                                     IT                       BE              SI
                                                  LU                                                              AT
  6
                                                              EE                                                                              BG
                                     IS                                            LV
                                             IE                         HR
                                                              NO             FR              RO
                               PT                 DK
  4
                                                               FI
                                                   SE
  2                    CY

           Geringe Inanspruchnahme stationärer Leistungen                                                      Hohe Inanspruchnahme stationärer Leistungen
           Geringe Inanspruchnahme ambulanter Leistungen                 EU-Durchschnitt: 172                Geringe Inanspruchnahme ambulanter Leistungen
  0
      50                      100                       150                        200                      250                   300                    350
                                                                                                                         Entlassungen pro 1 000 Einwohner
Hinweis: Die für Österreich angegebene Anzahl der Arztbesuche ist niedriger als der tatsächliche Istwert, da nur durch Sozialversicherungsträger erstattete
Arztbesuche erfasst sind; Die Daten zu den Arztbesuchen in Griechenland und Malta sind Schätzwerte.
Quelle: Eurostat-Datenbank; OECD-Gesundheitsstatistik (die Daten beziehen sich auf 2016 oder das nächstgelegene Jahr).

                                                              State of Health in the EU · Österreich · Länderprofil Gesundheit 2019                           11
ÖSTERREICH

             5 Leistung des Gesundheitssystems
             5.1. Wirksamkeit                                                                    hätten im Jahr 2016 mehr als 12 000 Todesfälle durch
                                                                                                 wirksame Maßnahmen des öffentlichen Gesundheitswesens
                                                                                                 und durch Präventionsmaßnahmen, sowie 6000 Fälle durch
             Die durch Gesundheitsleistungen
                                                                                                 eine wirksamere und frühzeitigere Gesundheitsversorgung
             vermeidbare Sterblichkeit ist niedriger                                             vermieden werden können. Lungenkrebs, ischämische
             als in den meisten EU-Ländern                                                       Herzerkrankungen und alkoholbedingte Erkrankungen
                                                                                                 machen die meisten vermeidbaren Todesursachen aus.
             Österreich verzeichnet eine geringe durch
             Gesundheitsleistungen vermeidbare Sterblichkeit (Abbildung
             10), was darauf schließen lässt, dass die allgemeine
             Wirksamkeit des Gesundheitssystems gut ist. Trotzdem

             Abbildung 10. Die durch Gesundheitsleistungen vermeidbare Sterblichkeit ist niedriger als in den meisten
             anderen EU-Ländern

                                   Vermeidbare Todesursachen                                                          Behandelbare Todesursachen
                          Zypern               100                                                               Island          62
                            Italien             110                                                        Norwegen              62
                            Malta                115                                                       Frankreich            63
                         Spanien                 118                                                             Italien          67
                      Schweden                    121                                                         Spanien             67
                      Norwegen                       129                                                   Schweden               68
                      Frankreich                      133                                                Niederlande              69
                    Niederlande                       134                                                 Luxemburg                71
                            Irland                     138                                                     Zypern              71
                            Island                     139                                                     Belgien             71
                     Luxemburg                         140                                                 Dänemark                   76
                         Portugal                      140                                                    Finnland                77
                   Griechenland                        141                                                 Österreich                 78
              Vereinigtes Königreich                       154                                             Slowenien                   80
                          Belgien                          155                                                   Irland                80
                   Deutschland                              158                                         Deutschland                     87
                      Dänemark                              161                                                  Malta                  87
                      Österreich                            161                                               Portugal                     89
                                EU                          161                                    Vereinigtes Königreich                  90
                         Finnland                            166                                                     EU                    93
                      Slowenien                                   184                                   Griechenland                        95
                      Tschechien                                   195                                     Tschechien                              128
                            Polen                                       218                                      Polen                              130
                         Kroatien                                        232                                  Kroatien                                140
                        Bulgarien                                        232                                   Estland                                143
                        Slowakei                                              244                            Slowakei                                       168
                          Estland                                              262                             Ungarn                                          176
                       Rumänien                                                      310                     Bulgarien                                               194
                          Ungarn                                                      325                     Lettland                                                203
                         Lettland                                                      332                     Litauen                                                206
                          Litauen                                                          336              Rumänien                                                   208
                                 0     50     100 150 200 250 300 350                                                0        50       100       150      200     250
                   Altersstandardisierte Sterblichkeitsrate pro 100,000 Einwohner                      Altersstandardisierte Sterblichkeitsrate pro 100,000 Einwohner

                  Lungenkrebs                   Chronische Erkrankungen der                           Ischämische Herzerkrankungen              Schlaganfall
                  Ischämische                   unteren Atemwege                                      Darmkrebs                                 Diabetes
                  Herzerkrankungen              Unfälle (Transportmittelunfälle
                                                                                                      Brustkrebs                                Sonstige
                  Alkoholbedingte               und sonstige)
                  Erkrankungen                  Sonstige

             Hinweis: Vermeidbare Sterblichkeit bezieht sich auf Todesfälle, die überwiegend durch Maßnahmen des öffentlichen Gesundheitswesens und durch
             Primärpräventionsmaßnahmen vermieden werden könnten. Die Sterblichkeit aufgrund behandelbarer Ursachen bezieht sich auf Todesfälle, die überwiegend
             durch Gesundheitsleistungen, einschließlich Screenings und Behandlungen, vermieden werden könnten. Beide Indikatoren beziehen sich auf die vorzeitige
             Sterblichkeit (in einem Alter von unter 75 Jahren). Die Daten basieren auf den überarbeiteten OECD-/Eurostat-Listen.
             Quelle: Eurostat-Datenbank (die Daten beziehen sich auf 2016).

             12     State of Health in the EU · Österreich · Länderprofil Gesundheit 2019
ÖSTERREICH
Österreich schneidet in der Akutversorgung                                      unter dem Durchschnitt liegen, ist für Aufnahmen aufgrund
gut ab, die Anzahl der vermeidbaren                                             von COPD weiterhin ein überdurchschnittlicher Wert zu
                                                                                verzeichnen.
Krankenhausaufnahmen ist jedoch nach wie vor hoch

Indikatoren deuten darauf hin, dass die Akutversorgung
                                                                                Abbildung 11. Krankenhäuser bieten qualitativ
in österreichischen Krankenhäusern genauso oder
                                                                                hochwertige Behandlungen für akute Patienten
etwas wirksamer ist als in den meisten anderen
EU-Ländern. Während sich die Sterblichkeit nach der                             30-Tage-Sterberate pro 100 Krankenhausaufnahmen
Krankenhausaufnahme aufgrund eines Herzinfarkts (akuter                         25
Myokardinfarkt – aMI) in den letzten Jahren verbessert
hat und nun ungefähr dem EU-Durchschnitt entspricht,
                                                                                20
liegt die Sterblichkeit nach einer Krankenhausaufnahme
aufgrund eines Schlaganfalls jedoch deutlich unter dem
EU-Durchschnitt (Abbildung 11). Österreich verzeichnet                           15
außerdem gute Leistungen bei der Behandlung von
Krebspatienten: Die Fünf-Jahres-Überlebensraten für                              10                                                          EU21
Patienten mit Darm-, Lungen-, Brust- oder Prostatakrebs
                                                                                                          EU21
liegen über den EU-Durchschnittswerten.                                                                   AT                               AT
                                                                                  5
Im Gegensatz dazu weist Österreich nach wie vor eine hohe
Anzahl von Krankenhausaufnahmen aufgrund chronischer                             0
Erkrankungen auf, die durch Primärversorgung vermeidbar                                       Herzinfarkt                      Schlaganfall
wären. Insbesondere die summierte Aufnahmerate aufgrund
von Asthma, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung                             Hinweis: Die Zahlen basieren auf Daten zu Krankenhausaufnahmen
(COPD) und Diabetes, Krankheiten die bei guter                                  und wurden bezüglich Alter und Geschlecht auf die OECD-Bevölkerung
                                                                                von 2010 standardisiert, die mindestens 45 Jahre alt war und wegen
Primärversorgung keine Krankenhausaufnahmen erfordern,
                                                                                Herzinfarkt und ischämischen Schlaganfalls ins Krankenhaus
liegen leicht über dem EU-Durchschnitt (Abbildung 12).                          aufgenommen wurde.
Während die Krankenhausaufnahmen aufgrund von Asthma                            Quelle: OECD-Gesundheitsstatistik 2019 (die Daten beziehen sich auf 2017
und COPD schneller zurückgegangen sind als in der EU                            oder das nächstgelegene Jahr).
insgesamt und die Aufnahmen aufgrund von Asthma jetzt

Abbildung 12. Vermeidbare Krankenhausaufnahmen aufgrund chronischer Erkrankungen liegen weiterhin
leicht über dem EU-Durchschnitt
                                                                                             Asthma und COPD            Herzinsuffizienz            Diabetes
Altersstandardisierte Rate vermeidbarer Krankenhausaufnahmen pro 100 000 Einwohner ab 15 Jahren
1 000

 800

 600

 400

  200

    0
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                                                                                                                en

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                                                                                                              al
                                                                             ei
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Quelle: OECD-Gesundheitsstatistik 2019 (die Daten beziehen sich auf 2017 oder das nächstgelegene Jahr).

Die Krebs Screening-Raten sind relativ hoch, jedoch                             Die Durchimpfungsrate bei Kindern im Alter von 2 Jahren
bleiben Lücken bei der Durchimpfungsrate                                        für Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten lag 2018
                                                                                deutlich unter dem EU-Durchschnitt (Abbildung 13). Die
Österreich schneidet bei der Früherkennung von Krebs                            Durchimpfungsrate für Masern bei Kindern im Alter von
relativ gut ab. Im Jahr 2014 hatten schätzungsweise 73 % der                    2 Jahren erreichte fast das Ziel der WHO von 95 %, lag aber
Frauen im Alter von 50 bis 69 Jahren innerhalb der letzten                      bei der zweiten Dosis unter 95 %. Die Durchimpfungsrate
zwei Jahre ein Brustkrebs-Screening, was deutlich über dem                      variiert nach Altersgruppen, ist aber in der Regel für
EU-Durchschnitt von 61 % liegt, aber unter den Werten                           die zweite Dosis niedriger, obwohl Masernimpfstoffe
von Ländern wie Spanien und Portugal (die Screening-                            in öffentlichen Impfzentren kostenlos und ohne
Raten von mindestens 80 % melden). Im selben Jahr hatten                        Altersbeschränkung zur Verfügung stehen (BMASGK, 2019).
schätzungsweise 87 % der Frauen im Alter von 20 bis                             Im Jahr 2015 wurden mehr als 300 Masernfälle gemeldet
69 Jahren ein Screening auf Gebärmutterhalskrebs, mehr als                      (36 Fälle pro 1 000 000 Einwohner); die Rate ist im Jahr 2016
in allen anderen EU-Ländern.                                                    auf 3/1 000 000 zurückgegangen, aber im Jahr 2018 wieder

                                                          State of Health in the EU · Österreich · Länderprofil Gesundheit 2019                          13
ÖSTERREICH

             auf 9/1 000 000 angestiegen. Daten aus dem Jahr 2014                        Lebensstilbedingte Risikofaktoren sind nach wie
             deuten darauf hin, dass nur 20 % der Menschen ab 65 Jahren                  vor ein Problem für die öffentliche Gesundheit
             gegen Grippe geimpft waren. Dies liegt deutlich unter dem
             EU-Durchschnitt von 44 % und ist weit entfernt von dem                      Eine ungesunde Lebensweise ist ein wesentlicher
             WHO-Ziel von 75 %.                                                          Risikofaktor für die österreichische Bevölkerung.
                                                                                         Insbesondere Tabak- und Alkoholkonsum liegen weiterhin
             Die Daten zu Durchimpfungsraten basieren auf                                über dem EU-Durchschnitt. Weitere Probleme sind unter
             Simulationsmodellen (BMASGK, 2019) und sollten mit                          anderem mangelnde körperliche Aktivität und ungesunde
             Vorsicht interpretiert werden, können sich aber mit der                     Ernährung, wie z. B. hoher Zucker- und Salzkonsum und
             Einführung des elektronischen Impfpasses in Zukunft                         die damit verbundene Zunahme von Fettleibigkeit (siehe
             verbessern. Während die Meldung von Masernfällen eine                       Abschnitt 3).
             Diskussion über die Durchimpfungsrate ausgelöst hat, sind
             derzeit keine Änderungen der Impfpolitik geplant.                           Maßnahmen der Politik, mit denen vom Rauchen abgehalten
                                                                                         werden soll, sind in Österreich weniger ausgeprägt als in
                                                                                         vielen anderen EU-Ländern. Das gesetzliche Mindestalter
             Abbildung 13. Die Durchimpfungsrate ist für
                                                                                         für das Rauchen wurde im Januar 2019 von 16 auf 18 Jahre
             empfohlene Kinderimpfungen hoch, aber unter der
                                                                                         angehoben. Während Tabakwerbung und das Rauchen im
             älteren Bevölkerung niedrig
                                                                                         Auto in Anwesenheit von Kindern verboten sind, wurde
                                                                                         ein generelles Rauchverbot in den Innenbereichen von
                                                      Österreich         EU
                                                                                         Restaurants, Bars und anderen gastronomischen Betrieben
             Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten                                            verschoben. Das Gesetz wurde ursprünglich im Jahr 2015
             bei Kindern im Alter von 2 Jahren                                           erlassen und sollte im Mai 2018 in Kraft treten, wurde
                                                   85 %                         94 %
                                                                                         aber nachträglich aufgehoben. Aufgrund der Aufhebung
                                                                                         dürfen die betroffenen Betriebe das Rauchen in ihren
                                                                                         Innenbereichen weiterhin gestatten, wenn sie nur einen
                                                                                         einzigen Gastraum mit weniger als 50 m2 haben der als
                                                                                         Raucherbereich ausgewiesen ist, oder wenn sie getrennte
             Masern
                                                                                         Räume für Raucher und Nichtraucher bereitstellen, sollte
             bei Kindern im Alter von 2 Jahren
                                                                                         dieser Wert überschritten werden. Ein neuerliches Verbot soll
                                                   94 %                         94 %     im November 2019 in Kraft treten.

                                                                                         Im Rahmen der österreichischen Gesundheitsziele hat
                                                                                         die Regierung einen umfassenden Aktionsplan zur
             Hepatitis B                                                                 Förderung der körperlichen Aktivität erarbeitet (BMGF,
             bei Kindern im Alter von 2 Jahren                                           2017). Dieser sieht ein breites Spektrum an Maßnahmen
                                                   85 %                         93 %
                                                                                         für die allgemeine Bevölkerung und insbesondere für
                                                                                         vier Altersgruppen (Kinder, Jugendliche, Erwachsene und
                                                                                         Senioren) sowie prozessbezogene Umsetzungsindikatoren
                                                                                         vor.

                                                                                         Obwohl Österreich hohe Gesundheitsausgaben hat,
             Grippe                                                                      wurden 2017 nur 2,2 % der Gesamtausgaben für
             bei Personen ab 65 Jahren                                                   Präventionsmaßnahmen ausgegeben, verglichen mit 3,1 %
                                                                                         in der EU. Die Präventionsausgaben stiegen jedoch zwischen
                                                   20 %                         44 %
                                                                                         2009 und 2017 um durchschnittlich 1,6 % pro Jahr, was leicht
                                                                                         über dem realen Anstieg der gesamten Gesundheitsausgaben
                                                                                         von 1,4 % liegt.

             Hinweis: Die Daten beziehen sich auf die dritte Dosis für Diphtherie,
             Tetanus, Keuchhusten und Hepatitis B und die erste Dosis für Masern.
             Quelle: WHO/UNICEF Global Health Observatory Data Repository für
             Kinder (die Daten beziehen sich auf 2018); OECD-Gesundheitsstatistik 2019
             und Eurostat-Datenbank für Personen ab 65 Jahren (die Daten beziehen
             sich auf 2017 oder das nächstgelegene Jahr).

             14    State of Health in the EU · Österreich · Länderprofil Gesundheit 2019
ÖSTERREICH
5.2. Zugang                                                                   Trotz relativ hoher Selbstzahlungen vermelden die
                                                                              Österreicher eines der EU-weit niedrigsten Niveaus
                                                                              an ungedecktem medizinischem Bedarf aufgrund von
Es besteht eine nahezu universeller
                                                                              Kosten, Anfahrtsweg oder Wartezeiten, sowie sehr geringe
Versicherungsschutz                                                           Unterschiede zwischen den Einkommensgruppen (Abbildung
                                                                              15). Dies lässt sich teilweise durch verschiedene Befreiungen
Im der sozialen Krankenversicherung Österreichs ist
                                                                              von privaten Zuzahlungen und Rezeptgebühren für
beinahe die gesamte Bevölkerung erfasst: 2017 waren
                                                                              benachteiligte Bevölkerungsgruppen, wie z. B. Patienten
99,9 % der Österreicher über die Sozialversicherungsträger
                                                                              mit Infektionserkrankungen (z. B. Hepatitis und HIV/AIDS),
versichert (OECD, 2018) (siehe Abschnitt 4). Die soziale
                                                                              Menschen mit niedrigem Einkommen oder Empfänger von
Krankenversicherung ist für alle Personen in formalen
                                                                              Sozialversicherungsleistungen und Asylbewerber, sowie
Arbeitsverhältnissen und für alle Selbstständigen
                                                                              durch einen guten Zugang zu ambulanten Kliniken und
verpflichtend. Der Versicherungsschutz deckt auch
                                                                              öffentlichen Krankenhäusern erklären. Darüber hinaus ist
abhängige Familienangehörige der Versicherten und
                                                                              die jährliche Summe der Rezeptgebühren für Arzneimittel
Kinder bis zum Alter von 18 Jahren ab (oder, wenn
                                                                              für alle Personen auf 2 % des persönlichen Einkommens
sie sich in Vollzeitausbildung befinden, bis zum
                                                                              begrenzt. Die Häufigkeit katastrophaler Selbstzahlungen
Alter von 27 Jahren), sowie Rentner, Arbeitslose und
                                                                              ist jedoch stark von der verwendeten Definition abhängig.
Sozialhilfeempfänger. Personen ohne Pflichtversicherung,
                                                                              Bei einem Schwellenwert von 40 % der gesamten
wie z. B. Teilzeitarbeitnehmer mit einem monatlichen
                                                                              Haushaltsnettoausgaben für elementare Bedürfnisse
Einkommen unterhalb einer festgelegten Schwelle
                                                                              vermelden nicht mehr als 3 % der privaten Haushalte
und Studenten ab 27 Jahren, können sich freiwillig bei
                                                                              katastrophale Gesundheitsausgaben; dieser Anteil ist mit
einem der Sozialversicherungsträger versichern lassen.
                                                                              dem anderer einkommensstarker EU-Länder vergleichbar.
Infolge der politischen Maßnahmen zur Ausweitung der
                                                                              Demgegenüber mussten 12 % der österreichischen privaten
Versicherungsabdeckung auf Menschen ohne festen
                                                                              Haushalte im Jahr 2015 Selbstzahlungen in Kauf nehmen,
Arbeitsplatz, einschließlich registrierter Asylbewerber und
                                                                              die 10 % ihrer gesamten Haushaltsausgaben überstiegen,
Sozialhilfeempfänger, ist die Zahl der Nichtversicherten in
                                                                              was einer höheren Rate von katastrophalen Ausgaben als in
den letzten 15 Jahren zurückgegangen. Eine kleine Anzahl
                                                                              den meisten einkommensstarken Ländern der EU entspricht
von Menschen bleibt jedoch nichtversichert, darunter
                                                                              (Cylus, Thomson & Evetovits, 2018).
irreguläre Migranten, Studenten über der Altersgrenze für
die Mitversicherung bei ihren Eltern und Menschen ohne                        Kieferorthopädische Behandlungen, Zahnprothesen
eine vorhergehende formale Beschäftigung (Fuchs, 2018).                       und Mundhygienebehandlungen sind von
                                                                              Sozialversicherungsträgern nur schlecht abgedeckt,
Der ungedeckte medizinische Bedarf ist gering,                                was zu einer deutlich höheren einkommensbedingten
trotz vergleichsweise hoher Selbstzahlungen                                   Ungleichheit im ungedeckten Bedarf an zahnärztlicher
                                                                              Versorgung führt als bei anderer medizinischer Versorgung,
Im Jahr 2017 entsprachen Selbstzahlungen knapp 19 % der
                                                                              obwohl die Abdeckung schwerer kieferorthopädischer
gesamten Gesundheitsausgaben in Österreich, was über
                                                                              Eingriffe für Jugendliche unter 18 Jahren im Jahr 2014
dem EU-Durchschnitt (16 %; Abbildung 14) liegt und höher
                                                                              ausgeweitet wurde (Czypionka, Röhrling & Six, 2018). Es
ist als in anderen Ländern mit einem ähnlich hohen BIP,
                                                                              wurden auch Hindernisse für den Zugang zu Leistungen
wie z. B. Dänemark (14 %), Deutschland (12 %) und den
                                                                              im Bereich der psychischen Gesundheit für Kinder und
Niederlanden (11 %). Langzeitpflege, Arzneimittel und die
                                                                              Jugendliche festgestellt. Dass solche Leistungen durch
ambulante medizinische Versorgung sind die Hauptursachen
                                                                              die Sozialversicherungsträger nur in begrenztem Maße
für Selbstzahlungen (jeweils fast 4 % der gesamten
                                                                              übernommen werden und somit hohe Selbstzahlungen
Gesundheitsausgaben), gefolgt von der zahnärztlichen
                                                                              entstehen, wird durch strukturelle Probleme, wie z. B. eine
Versorgung (3 %).
                                                                              geringe Dichte bestimmter Fachärzte (insbesondere in
                                                                              ländlichen Gebieten), weiter verschärft.

Abbildung 14. Selbstzahlungen werden hauptsächlich durch ambulante Arzneimittel und ambulante
medizinische Versorgung verursacht

Gesamtanteil an den               Verteilung der Selbstzahlungen              Gesamtanteil an den       Verteilung der Selbstzahlungen
Gesundheitsausgaben                 nach Art der Aktivitäten                  Gesundheitsausgaben         nach Art der Aktivitäten

Österreich                                                                    EU
                                               Stationär 1,4%                                                        Stationär 1,4%
                                               Ambulante medizinische                                                Ambulante medizinische
                                               Versorgung 3,8%                                                       Versorgung 3,1%
                   Selbst-                     Arzneimittel 3,8%                             Selbst-
                   zahlung                                                                   zahlung                 Arzneimittel 5,5%
                                               Zahnärztliche Versorgung 3,0
                    19,2%                                                                     15,8%
                                               Langzeitpflege 3,9%                                                   Zahnärztliche Versorgung 2,5%
                                               Sonstige 3,3%                                                         Langzeitpflege 2,4%
                                                                                                                     Sonstige 0,9%

Quelle: OECD-Gesundheitsstatistik 2019 (die Daten beziehen sich auf 2017).

                                                           State of Health in the EU · Österreich · Länderprofil Gesundheit 2019             15
                                                                                                                                           Others
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