Bericht des Vorsitzenden an den Landesschuldenausschuss über die Prüfung der Schulden im Haushaltsjahr 2014 (64. Schuldenbericht) - DER ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
DER PRÄSIDENT DES HESSISCHEN RECHNUNGSHOFS als Vorsitzender des Landesschuldenausschusses 64. Bericht des Vorsitzenden an den Landesschuldenausschuss über die Prüfung der Schulden im Haushaltsjahr 2014 (64. Schuldenbericht) Darmstadt, 14. November 2016
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Seite Abkürzungsverzeichnis 4 Glossar 5 Tabellenverzeichnis 11 Abbildungsverzeichnis 12 0 Zusammenfassung 13 1 Vorbemerkung 15 1.1 Prüfungsauftrag 15 1.2 Örtliche Erhebungen und Prüfungsunterlagen 15 1.3 Berichtsaufbau 16 2 Rechtsgrundlagen 17 2.1 Hessische Verfassung und Landeshaushaltsordnung 17 2.2 Haushaltsgesetz und Nachtrag 2013/2014 17 2.3 Schuldenbremse 18 2.3.1 Inhalt und Verfahren 18 2.3.2 Nachtragshaushaltsgesetz 2013/2014 21 2.4 Landesschuldengesetz 22 2.5 Dienstanweisungen 22 3 Schuldenmanagement und -verwaltung im Haushaltsjahr 2014 23 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014 1
Inhaltsverzeichnis 3.1 Einhaltung der Kreditobergrenze der Hessischen Verfassung 23 3.2 Einhaltung der haushaltsgesetzlichen Kreditermächtigung 24 3.3 Kreditaufnahmen 25 3.3.1 Anleihen 26 3.3.2 Schuldscheindarlehen 27 3.3.3 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen der Kreditaufnahmen 27 3.3.4 Zinsentwicklung nach dem Jahr 2014 30 3.3.5 Laufzeiten und Tilgungen 31 3.4 Eventualverbindlichkeiten 32 3.4.1 Bürgschaften und Garantien 32 3.4.2 Collaterals 38 3.4.3 Kassenkredite 38 3.5 Ausgaben für Zins und Tilgung (Schuldendienst) 39 4 Schuldenentwicklung 41 4.1 Veränderung der Landesschuld 41 4.2 Veränderung der Haushaltsschulden 41 4.3 Kreditmarktschulden nach Zinssätzen 42 4.4 Kreditmarktschulden nach Restlaufzeiten 44 4.5 Tilgung der Kreditmarktschulden 45 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der 2 Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014
Inhaltsverzeichnis 4.6 Entwicklung ausgesuchter Kennzahlen 46 5 Nachweis der Schulden im Landesschuldbuch und in der Haushaltsrechnung 48 6 Einsatz von Derivaten 51 6.1 Rechtsgrundlagen 51 6.2 Derivate im Haushaltsjahr 2014 52 6.3 Gesamtbestand derivativer Instrumente 55 6.4 Collateral-Management 58 7 Schuldenstand und Ländervergleich 62 8 Ergebnis der Prüfung 66 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014 3
Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abs. Absatz AO Abgabenordnung Art. Artikel bzw. beziehungsweise d. h. das heißt DA-Kreditaufnahme Dienstanweisung für das Kreditreferat zur Auf- nahme von Krediten und zum Einsatz von Derivaten e. N. einschließlich Nachtragshaushalt EONIA Euro Over Night Index Average (variabler Zinssatz) evtl. eventuell EZB Europäische Zentralbank FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung f./ff. Folgende Seite/n gGmbH gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haf- tung GVBl. Gesetz- und Verordnungsblatt HCC Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main – Hessi- sches Competence Center für Neue Verwal- tungssteuerung HG Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Hessen HHA Haushaltsausschuss HV Hessische Verfassung i. V. m. in Verbindung mit insb. insbesondere LHO Landeshaushaltsordnung Mio. Millionen Mrd. Milliarden rd. rund S. Seite StAnz. Staatsanzeiger vgl. vergleiche z. B. zum Beispiel 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der 4 Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014
Glossar Glossar Abbaupfad Beschreibt die lineare Verminderung der strukturellen Nettoneuverschuldung bis zum Neuverschuldungsverbot ab dem Haushalts- jahr 2020. Basis ist die strukturelle Neuver- schuldung des Haushaltsjahres 2014, die in fünf gleichmäßigen Schritten bis auf Null im Jahr 2019 zurückgeführt werden soll. Adressenausfallrisiko Bezeichnet das Risiko der Zahlungsunfähig- keit des Geschäftskontrahenten. Anleihe Anleihen sind Forderungspapiere, durch die ein Kredit am Kapitalmarkt aufgenommen wird. Sie werden an der Börse gehandelt. Die Begebung von Anleihen ist derzeit die nahezu ausschließliche Form der Kreditmit- telbeschaffung des Landes. Arbitrage Bezeichnet die ohne Risiko vorgenommene Ausnutzung von Kurs-, Zins- oder Preisun- terschieden zum selben Zeitpunkt an ver- schiedenen Orten zum Zwecke der Ge- winnmitnahme. Barwert Heutiger Wert (wirtschaftlicher Wert) zukünf- tig fälliger Zahlungen unter Berücksichtigung von Zinsen und Zinseszinsen. Der Barwert wird durch Abzinsung zukünftiger Zahlungen berechnet. Basispunkt (bp) Ein Basispunkt entspricht 0,01 Prozent. Bewertungseinheit Zusammenfassung von Derivaten mit kon- kreten Kreditvereinbarungen zu einer bilan- ziell zulässigen Einheit. Dadurch werden in der Bilanz keine Drohverlustrückstellungen erforderlich. Bonität Fähigkeit eines Schuldners, seinen Zah- lungsverpflichtungen jederzeit und vollstän- dig nachzukommen. Briefschulden Briefschulden sind solche, für die eine ge- 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014 5
Glossar sonderte Schuldenurkunde existiert, z. B. Schuldscheindarlehen. Buchschulden Unter dem Begriff der Buchschulden ver- steht man Schulden, die in ein Schuldbuch eingetragen werden müssen. Hierzu zählen in erster Linie Anleihen. Budgetsemielastizität Der Wert der Budgetsemielastizität gibt den konjunkturellen Einfluss auf die öffentlichen Haushalte an. Er wird dazu benutzt, die Pro- duktionslücke auf den Bundeshaushalt und die Landeshaushalte aufzuteilen. Collateral-Management Beschreibt die zu hinterlegenden Barsicher- heiten im Zusammenhang mit den Derivate- geschäften des Landes. Dabei wird der Bar- wert zukünftiger Zahlungsströme zwischen einer Bank und dem Land taggenau ermit- telt. Der Kontrahent mit einem negativen Barwert hinterlegt dem anderen diese sal- dierte Summe als Sicherheit. Die Finanzie- rung erfolgt beim Land über eine spezielle haushaltsgesetzliche Kassenkreditermächti- gung. Derivate Finanzinstrumente, deren eigener Wert aus dem Marktpreis eines oder mehrerer originä- rer Basisinstrumente (Underlyings) abgelei- tet ist. Allen derivativen Instrumenten ge- meinsam ist ein auf die Zukunft gerichtetes Vertragselement, das als Kauf- bzw. Ver- kaufsverpflichtung (z. B. bei Futures sowie Swaps) oder aber als Option ausgestaltet sein kann. Der Gewinn bzw. Verlust aus ei- nem Derivate-Geschäft hängt davon ab, wie sich der Marktpreis im Vergleich zum ver- einbarten Preis tatsächlich entwickelt. Drohverlustrückstellung In der Bilanz des Landes erforderliche Rück- stellung für drohende Verluste aus schwe- benden Geschäften (sog. Verlustrückstel- lung). Ein solcher Verlust droht, wenn sich Erträge und Aufwendungen aus demselben noch nicht abgewickelten Geschäft nicht ausgleichen, sondern per Saldo ein Ver- 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der 6 Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014
Glossar pflichtungsüberschuss besteht. Eine solche Berechnung ist anzustellen bei Derivaten, die keinem Grundgeschäft als Bewertungs- einheit zugeordnet werden können. Dies ist z. B. bei Swaptions oder anderen Optionen der Fall. EONIA Abkürzung für Euro Overnight Index Avera- ge; bezeichnet den Zinssatz für Ausleihun- gen auf den nächsten Tag. EURIBOR (auch Euribor) Abkürzung für Euro Interbank Offered Rate; im Rahmen der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion geltender Geld- marktzinssatz am Euromarkt. EURIBOR- Zinssätze werden für Kredite mit unter- schiedlichen Laufzeiten bis zu einem Jahr berechnet. Darunter auch die gängigen vari- ablen Zinssätze 3-Monat-EURIBOR. Eventualverbindlichkeit Eventualverbindlichkeiten des Landes resul- tieren aus der Übernahme von Bürgschaf- ten, Garantien und sonstiger Sicherheitsleis- tungen wie dem Collateralmanagement. Es ist unsicher, ob sie zu „echten“ Verbindlich- keiten werden. Forward-Swap Swap mit Vorlaufzeit (z. B. ein heute abge- schlossener Swap mit Startdatum in einem Jahr und Enddatum in 4 Jahren). Er wird in der Regel abgeschlossen, wenn das heute gehandelte Zinsniveau gesichert werden soll. Hauptrefinanzierungssatz Der Hauptrefinanzierungssatz bezeichnet den Zins, den die Banken für Kredite bei der EZB zahlen. Er bildet die Basis für die von Banken ausgegebenen Darlehen. Haushaltsschuld Haushaltsschuld ist die Verbindlichkeit, die tatsächlich im kameralen Haushalt zu Ein- nahmen führt und dementsprechend zu til- gen ist. Kassenkredite zählen z. B. nicht da- zu. 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014 7
Glossar Kassenkredit Der Kassenkredit (Begriff aus der öffentli- chen Haushaltswirtschaft) dient zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs an liquiden Mit- teln und nicht zur Finanzierung von Haus- haltsausgaben. Die Kassenkreditermächti- gung ist im Haushaltsgesetz geregelt. Kreditobergrenze Bis zum Inkrafttreten des grundsätzlichen Neuverschuldungsverbotes – beginnend mit dem Haushaltsjahr 2020 – bleibt die derzei- tige investitionsbezogene Kreditobergrenze maßgebend. Landesschuld Die Landesschuld beinhaltet die Summe der Haushaltskredite (Schulden am Kreditmarkt und bei öffentlichen Haushalten), der Even- tualverbindlichkeiten sowie Kassenkredite und Sicherheitsleistungen. Makro-Hedge Sicherungszusammenhang zwischen unter- schiedlichen Kredit- und Derivatevereinba- rungen. Keine 1 zu 1 – Beziehung Mikro-Hedge Eine 1 zu 1 – Beziehung zwischen einem Derivat und einer Kreditvereinbarung, die zu einer Bewertungseinheit führt. Option Eine Option gibt dem Käufer das Recht (aber nicht die Pflicht) ein Vertragsangebot zeitlich befristet anzunehmen. Im Schulden- bericht geht es vor allem um das Recht auf einen Swap, ein Kündigungsrecht oder ein Zinswandlungsrecht. Für den Verkauf erhält der Verkäufer (in der Regel das Land) eine Optionsprämie. OTC Over-the-counter. Außerbörslich gehandelte Geschäfte. Portfolio-Hedge Zusammenfassung mehrerer Kreditvereinba- rungen mit identischen Daten mit einem oder mehreren Derivaten zu einer Bewertungs- einheit. Primärmarkt Teil des Finanzmarkts, auf dem die Erstaus- gabe von Anleihen stattfindet. 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der 8 Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014
Glossar Produktionslücke Die Produktionslücke ist die Differenz zwi- schen der tatsächlichen Produktion einer Volkswirtschaft und deren Produktionspo- tenzial. Rating Standardisierte Risiko- und Bonitätsbeurtei- lung von Emittenten und der von ihnen be- gebenen Wertpapiere. Ein Rating wird von darauf spezialisierten, allgemein anerkann- ten Agenturen vorgenommen. Bekannte Ra- tingagenturen sind Standard & Poor´s, Moody´s Investor Service und Fitch IBCA. Für die Bewertung werden Rating-Symbole verwendet, die von AAA (bestens) bis D (Zahlungen auf Papiere sind eingestellt) rei- chen. Schuldscheindarlehen Kredite, die das Land gegen Ausstellung eines Schuldscheins von Banken, Versiche- rungen und anderen Kapitalsammelstellen erhält. Der Schuldschein beinhaltet die Ver- pflichtung zur Rückzahlung und zur Entrich- tung der Zinsen. Schuldscheindarlehen wer- den nicht an der Börse gehandelt. Derzeit spielen sie bei der Kreditaufnahme des Lan- des kaum eine Rolle. Sekundärmarkt Auf dem Sekundärmarkt – der Börse – wechseln bereits am Markt eingefügte Wert- papiere ihren Inhaber. Ein Investor (zu- nächst der vom Primärmarkt) gibt Wertpa- piere an einen anderen weiter. Strike Zinsgrenze, bei der eine Option ausgeübt wird. Swap Vereinbarungen, bei denen auf der Grundla- ge eines Basisbetrages (nur als Berech- nungsgrundlage) zwischen Bank und Land Zinszahlungen für die Zukunft getauscht werden. In der Regel zwischen festen und variablen Zinsen (oder umgekehrt). Ziel ist es, die Zinskosten eines Grundgeschäftes (= realer Kredite) zu verbilligen bzw. Zins- ausgaben zu verstetigen. 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014 9
Glossar Swaption Option, bei der der Käufer das Recht erwirbt, zu einem bestimmten Zeitpunkt mit dem Verkäufer den vereinbarten Swap (siehe auch Derivat) einzugehen. Umlaufsrendite Durchschnittliche Rendite aller im Umlauf befindlichen, inländischen festverzinslichen Wertpapiere (Anleihen) erster Bonität (vor allem deutscher Staatsanleihen) mit einer Restlaufzeit von 3 bis 30 Jahren. Sie wird – gegliedert nach Restlaufzeiten – von der Deutschen Bundesbank ermittelt. Zur Be- schreibung des Zinsniveaus wird oftmals die Umlaufsrendite für 10-Jährige Bundesanlei- hen herangezogen. Zinsänderungsrisiken Das Zinsänderungsrisiko beschreibt den Ef- fekt von möglichen Veränderungen der Zin- sen auf die Zinsausgaben für das Kredit- und Derivateportfolio des Landes. Zinsswap Siehe Derivat. 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der 10 Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014
Tabellenverzeichnis Tabellenverzeichnis Seite Tabelle 1: Kreditobergrenze 2014 23 Tabelle 2: Kreditermächtigung aus dem Haushaltsgesetz 24 Tabelle 3: Schuldenzugang nach Zinssätzen 30 Tabelle 4: Bürgschafts- und Garantieermächtigungen 33 Tabelle 5: Entwicklung der Eventualverbindlichkeiten 37 Tabelle 6: Schuldendienst 39 Tabelle 7: Entwicklung der Landesschuld im Haushaltsjahr 41 Tabelle 8: Veränderung der Haushaltsschulden 42 Tabelle 9: Kreditmarktschulden nach Zinssätzen 43 Tabelle 10: Entwicklung ausgesuchter Kennzahlen 46 Tabelle 11: Nachweisung im Landesschuldbuch 48 Tabelle 12: Entwicklung der Schulden 50 Tabelle 13: Derivateveränderung im Haushaltsjahr 55 Tabelle 14: Relation Derivate – Kreditmarktschulden 56 Tabelle 15: Haushaltszahlen des Bundes und der Länder 63 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014 11
Abbildungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Seite Abbildung 1: Nettoneuverschuldung und Kreditobergrenzen im Haushaltsvollzug 24 Abbildung 2: Schuldenaufnahmen nach dem 31. Dezember für das vergangene Haushaltsjahr 25 Abbildung 3: Umlaufsrendite Bundeswertpapiere 9 – 10 Jahre und Leitzinsen der EZB 28 Abbildung 4: Zinsniveau und Kreditaufnahme 29 Abbildung 5: Laufzeiten der Kreditaufnahmen 2014 31 Abbildung 6: Fälligkeit der Kreditmarktschulden aus dem Haushaltsjahr 2014 32 Abbildung 7: Kreditmarktschulden nach Restlaufzeiten 44 Abbildung 8: Tilgung der Kreditaufnahmen nach Ende des Haushaltsjahres 2014 45 Abbildung 9: Schulden und Zinsausgaben 47 Abbildung 10: Forwards im Jahr 2015 53 Abbildung 11: Zinsentwicklung der Forwards aus 2014 54 Abbildung 12: Zahlungsverpflichtungen aus Zins-Swaps 57 Abbildung 13: Verzinsung des Kreditmarktportfolios zum 31.12.2014 58 Abbildung 14: Collaterals: geleistete Collaterals und Tagessaldo 61 Abbildung 15: Pro-Kopf-Verschuldung der Länder 64 Abbildung 16: Pro-Kopf-Verschuldung des Landes Hessen 65 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der 12 Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014
0 Zusammenfassung 0 Zusammenfassung Der Landesschuldenausschuss hat in seiner 60. Sitzung am 28. Septem- ber 2015 den Präsidenten des Hessischen Rechnungshofs um Prüfung der Verwaltung der Schulden des Landes Hessen für das Jahr 2014 gebe- ten. Die daraufhin veranlasste Prüfung (64. Schuldenbericht) führte zu fol- genden Feststellungen: 0.1 Im Haushaltsplan und im Haushaltsvollzug wurden sowohl die enge als auch die weite Kreditobergrenze eingehalten (Abschnitt 3.1). 0.2 Die haushaltsgesetzliche Ermächtigung für das Haushaltsjahr 2014 zur Schuldenaufnahme am Kreditmarkt belief sich auf 6.665 Mio. Eu- ro und wurde mit 6.095 Mio. Euro zu 91 Prozent in Anspruch ge- nommen (Abschnitt 3.2). 0.3 Der Bestand der Haushaltsschulden hat sich von 42.423 Mio. Euro um 838 Mio. Euro auf 43.261 Mio. Euro erhöht (Abschnitt 4.2). 0.4 Der Zinssatz für die aufgenommenen Schulden erreichte im Haus- haltsjahr 2014 erneut einen historischen Tiefststand (Abschnitt 3.3.3). 0.5 Infolge des nach wie vor niedrigen Zinsniveaus führte die Refinanzie- rung und Neuaufnahme von Krediten zu relativ sinkenden Zinsaus- gaben für das Gesamtportfolio. Trotz steigender Schulden gingen auch die absoluten Zinszahlungen im zweiten Jahr in Folge zurück. Die Entwicklung der Schulden und der Zinsausgaben bleibt nach wie vor entkoppelt (Abschnitt 4.6). 0.6 Die Landesregierung nahm die nach dem HG 2013/2014 erteilte Er- mächtigung zum Eingehen von Garantien, Bürgschaften und Ge- währträgerschaft in Höhe von 2.048 Mio. Euro zum Jahresende mit 426 Mio. Euro in Anspruch. Der Ermächtigungsrahmen wurde in al- len Bereichen eingehalten (Abschnitt 3.4.1). 0.7 Collaterals dienen gemäß § 13 Abs. 5 HG 2013/2014 den Vertrags- partnern von Derivategeschäften als Sicherheiten zur Absicherung 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014 13
0 Zusammenfassung des Insolvenzrisikos und werden je nach Entwicklung des zu Grunde liegenden negativen Barwertes gestellt. Zum Stand 31. Dezember 2014 musste das Land 3.888 Mio. Euro als Collaterals den Banken stellen. 106 Mio. Euro hat das Land von ihnen erhalten (Abschnitt 3.4.2). 0.8 Die nach § 15 Satz 2 HG 2013/2014 zulässige Höhe der Kassenkre- dite für die Aufrechterhaltung der Liquidität wurde nicht überschritten (Abschnitt 3.4.3). 0.9 Im Haushaltsjahr 2014 hat das Ministerium der Finanzen die im Jahr 2011 begonnene Forwardstrategie zur Sicherung der Langfristzinsen fortgesetzt. Die seitherige Zinsenwicklung bestätigt diese Strategie nicht. 0.10 Für die Kreditmarktschulden am Jahresende 2014 war zu 16 Prozent eine variable und zu 84 Prozent eine feste Zinszahlung vereinbart. Nach Swap – und damit wirtschaftlich entscheidend – war für 7 Prozent ein variabler und für 93 Prozent ein fester Zinssatz zu zah- len (Abschnitt 6.3). 0.11 Die Pro-Kopf-Verschuldung in Hessen stieg nach der Schuldenstatis- tik zum 31. Dezember 2014 von 6.669 Euro im Vorjahr auf 6.800 Eu- ro. Nach der Statistik der Haushaltsrechnung stieg sie von 7.017 Eu- ro auf 7.099 Euro an (Abschnitt 7). 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der 14 Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014
1 Vorbemerkung 1 Vorbemerkung 1.1 Prüfungsauftrag Der Landesschuldenausschuss hat in seiner 60. Sitzung am 28. Sept- ember 2015 folgenden Beschluss gefasst: „Der Landesschuldenausschuss wird eine Prüfung der Verwaltung der Schulden des Landes und des Landesschuldbuches zum Schuldenstand am 31. Dezember 2014 (Schluss des Haushaltsjahres 2014) vornehmen (§ 8 Abs. 3 des Gesetzes über die Aufnahme und Verwaltung von Schul- den des Landes Hessen vom 27. Juni 2012, GVBl. S. 222). Der Präsident des Hessischen Rechnungshofs als Vorsitzender des Lan- desschuldenausschusses wird gebeten, diese Prüfung durchzuführen. Nach Vorlage seines Prüfungsberichts (64. Schuldenbericht) wird der Vor- sitzende den Landesschuldenausschuss einberufen.“ In Ausführung dieses Beschlusses hat der Präsident des Hessischen Rechnungshofs Bedienstete seiner Behörde mit den örtlichen Erhebungen beauftragt. Dabei wurden im Hessischen Ministerium der Finanzen die Einhaltung der gesetzlichen Ermächtigungen, die schuldenrelevanten Ein- nahmen und Ausgaben bei Kapitel 17 01 – Allgemeine Finanzierungsvor- gänge – sowie die Verwaltung der Kredit- und Eventualverbindlichkeiten des Landes für das Haushaltsjahr 2014 geprüft. Soweit hierzu die Prüfung anderer Kapitel erforderlich war, wurden sie mit einbezogen. 1.2 Örtliche Erhebungen und Prüfungsunterlagen Örtliche Erhebungen fanden mit Unterbrechungen im Zeitraum von August 2015 bis Juli 2016 statt. Neben den Unterlagen der für die Kreditaufnahme und für die Schuldenverwaltung zuständigen Referate wurden auch Auf- zeichnungen der für die Gewährung von Eventualverbindlichkeiten zu- ständigen Stellen im Ministerium der Finanzen und im Ministerium für Wis- 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014 15
1 Vorbemerkung senschaft und Kunst einbezogen. Soweit erforderlich wurden auch Buch- führungsunterlagen des HCC hinzugezogen. Der Entwurf des 64. Schuldenberichts wurde dem Ministerium der Finan- zen mit Schreiben vom 11. Oktober 2016 zur Würdigung des zu Grunde gelegten Datenmaterials zur Verfügung gestellt. Das Ministerium der Fi- nanzen hat sich im Rahmen einer Besprechung am 3. November 2016 zu diesem Entwurf geäußert. 1.3 Berichtsaufbau Das Landesschuldbuch bildet die Entwicklung der Landesschuld analog der kameralen Haushaltsführung ab. 1 Danach können Kreditaufnahmen nach dem 31. Dezember eines Haushaltsjahres noch bis zum formalen Abschluss der Bücher dem bereits abgelaufenen Jahr zugeordnet wer- den. 2 Demzufolge schließen die in diesem Bericht genannten Schulden- stände zum 31. Dezember auch die Kreditmarktschulden 3 ein, die nach diesen Stichtagen noch für die Haushaltsjahre 2013 (kameraler Abschluss 20. Juni 2014) bzw. 2014 (kameraler Abschluss am 20. Februar 2015) aufgenommen wurden. Zahlenangaben sind überwiegend gerundet. Dadurch können sich Diffe- renzen bei der Summenbildung ergeben. 1 Alle im Schuldbuch und seinen Nebenbüchern nachzuweisenden Verbindlichkeiten. Diese um- fassen die Kreditschulden, die Eventualverbindlichkeiten aus Bürgschaften, Garantien und sonstigen Sicherheitsleistungen sowie die Kassenkredite. 2 § 76 LHO. 3 Schulden bei Banken, Versicherern und anderen Investoren. 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der 16 Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014
2 Rechtsgrundlagen 2 Rechtsgrundlagen 2.1 Hessische Verfassung und Landeshaushaltsordnung Bis einschließlich des Haushalts 2019 bestimmt Art. 141 HV i. V. m. Art. 161 HV die obere Grenze der Neuverschuldung. Diese darf die Sum- me der Ausgaben für Investitionen des Landes nicht übersteigen. Aus- nahmen sind zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts bzw. beim Vorliegen eines außerordentlichen Bedarfs (z. B. extreme finanzielle staatliche Zwangslage) zulässig. Ab dem Haus- haltsjahr 2020 gilt dann die durch Volksabstimmung geänderte Fassung des Art. 141 HV mit dem grundsätzlichen Verbot der Nettoneuverschul- dung. Die Kreditermächtigung nach § 18 LHO, die im Wesentlichen auf die schuldenbegrenzende Wirkung der Höhe der Investitionsausgaben und die summenmäßige Festschreibung der Kreditaufnahme im Haushaltsge- setz abstellt, gilt nur noch für den Doppelhaushalt 2013/2014. Ab 2015 wird sie ersetzt durch § 11 des „Gesetzes zur Ausführung von Artikel 141 der Verfassung des Landes Hessen (Artikel 141-Gesetz) sowie zur Ände- rung der Hessischen Landeshaushaltsordnung“ (Abbaupfad). 4 Nach § 39 LHO bedarf die Übernahme von Bürgschaften, Garantien oder sonstigen Gewährleistungen, die zu Ausgaben in künftigen Haushaltsjah- ren führen können, einer Ermächtigung durch Landesgesetz, die der Höhe nach bestimmt ist. 2.2 Haushaltsgesetz und Nachtrag 2013/2014 Das Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Hessen für die Haushaltsjahre 2013 und 2014 vom 14. Dezember 2012 (Haus- haltsgesetz 2013/2014) 5 wurde mit dem Gesetz zur Änderung des Haus- 4 GVBl. vom 26. Juni 2013, S. 447. 5 GVBl. vom 21. Dezember 2012, S. 631. 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014 17
2 Rechtsgrundlagen haltsgesetzes 2013/2014 vom 17. Juli 2014 6 modifiziert. Danach waren die Höhe der jeweiligen Ermächtigung wie folgt festgeschrieben: − § 13 ermächtigt zur Aufnahme von Haushaltsschulden (nur diese werden in der Haushaltsrechnung abgebildet) in Form von im Haus- haltsplan bezifferten Kreditmarktmitteln und nominal nicht beschränk- ten Darlehen des Bundes für den Wohnungs- und Städtebau. Dar- über hinaus werden hier Art und Umfang des möglichen Einsatzes von Derivaten sowie der damit verbundenen Stellung und Entgegen- nahme von Sicherheiten im Collateral-Management geregelt, − § 14 regelt die Ermächtigung für Garantien, Bürgschaften und Ge- währträgerschaften, − § 15 bildet den Rahmen für die Aufnahme von Kassenkrediten und regelt die Stellung von Sicherheiten im Rahmen des Collateral- Managements. 2.3 Schuldenbremse 2.3.1 Inhalt und Verfahren Im Rahmen der „Föderalismuskonferenz II“ vereinbarten Bundestag und Bundesrat die zum 1. August 2009 in das Grundgesetz aufgenommene sogenannte Schuldenbremse. Die in Art. 109 GG verankerte Schulden- bremse verpflichtet die Länder, ihre Haushalte ab dem Jahr 2020 ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Damit ist grundsätzlich eine strukturelle Nettoneuverschuldung nicht mehr möglich. Ausnahmen soll es nur bei einer von der Normallage abweichenden Konjunkturlage oder beim Vorliegen von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notlagen ge- ben. Aufgrund der Haushaltsautonomie der Länder obliegt ihnen die recht- liche Ausgestaltung dieser Vorgabe. In der Übergangszeit bis zum Jahr 2020 haben die Länder die Möglichkeit, ihre Haushalte an das Kreditauf- nahmeverbot anzupassen. 6 GVBl. vom 28. Juli 2015, S. 180. 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der 18 Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014
2 Rechtsgrundlagen In Hessen wurde nach einer Volksabstimmung vom 27. März 2011 die Schuldenbremse in Art. 141 HV aufgenommen. 7 In einem zweiten Schritt wurde deren einfachgesetzliche Ausgestaltung und der Abbaupfad der strukturellen Neuverschulung durch das Artikel 141-Gesetz geregelt. 8 Die Schuldenbremse ersetzt ab dem Haushaltsjahr 2020 die bisherige ver- fassungsrechtliche Schuldenbegrenzungsregel des Art. 141 HV. Danach dürfen Geldmittel im Wege des Kredits nur bei außergewöhnlichem Bedarf und in der Regel nur für Ausgaben zu werbenden Zwecken beschafft wer- den. Diese, auch beim Bund und in den übrigen Ländern ähnliche Regel, hat den Anstieg der Staatverschuldung in Deutschland nicht verhindert. Anders als bisher gilt das grundsätzliche Schuldenverbot ab 2020 auch für den Haushaltsvollzug. Zudem ist eine Konjunkturkomponente erforderlich, um die Symmetrieeigenschaften von Konjunkturverläufen zu gewährleis- ten. Konjunkturelle Mehrausgaben und Mehreinnahmen sollen sich zyk- lisch ausgleichen und werden auf ein Konjunkturausgleichskonto gebucht. Bei der Berechnung der Konjunkturkomponente werden derzeit drei Ver- fahren angewandt, mit zum Teil länderspezifischen Anpassungen. Der Bund, das Land Hessen und die Konsolidierungshilfeländer (Berlin, Bre- men, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein aufgrund des § 4 des Gesetzes zur Gewährung von Konsolidierungshilfen) lehnen sich an das Verfahren nach dem Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt an („EU-Modell“). Neben den Steuereinnahmen werden hier die volkswirt- schaftlichen Größen Produktionslücke 9 und Budgetsemielastizität 10 be- rücksichtigt. Dabei verfahren die Länder jedoch nicht einheitlich. Während z. B. die Konsolidierungshilfeländer die Budgetsensitivität / Budgetse- mielastizität in den Haushalten 2014 und 2015 mit dem Faktor 0,126 rech- neten, nahm Hessen den Faktor 0,119. Insgesamt betrachtet ist das Be- 7 Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Hessen (Aufnahme einer Schuldenbremse in Verantwortung für kommende Generationen – Gesetz zur Schuldenbremse) vom 29. April 2011, GVBl. I S. 182. 8 Gesetz zur Ausführung von Art. 141 der Verfassung des Landes Hessen (Artikel141-Gesetz) sowie zur Änderung der Hessischen Landeshaushaltsordnung vom 26. Juni 2013, GVBl. S. 447. 9 Ausmaß der gesamtwirtschaftlichen Unter- bzw. Überauslastung. 10 Gibt an, wie sich die Einnahmen und die Ausgaben bei einer Veränderung der gesamtwirt- schaftlichen Aktivität verändern. 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014 19
2 Rechtsgrundlagen rechnungsverfahren des EU-Modells sehr komplex. Wichtige Modellkom- ponenten werden durch externe Experten berechnet. Nach Auffassung der Unterarbeitsgruppe „Konjunkturbereinigungsverfahren“ des Arbeitskreises Haushaltsrecht und Grundsatzfragen der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder entzieht sich damit das Rechenverfahren de facto in großen Teilen einer effektiven parlamentarischen Kontrolle. 11 Die Länder Baden-Württemberg, Hamburg, Rheinland-Pfalz und zunächst Schleswig-Holstein 12 nutzen das sogenannte Trendsteuereinnahme- Modell. Im Wesentlichen errechnet sich die Konjunkturkomponente durch Trendsteuereinnahmen, welche sich aus den Einnahmen des Vorjahrs und der durchschnittlichen Wachstumsrate der Trendsteuereinnahmen der letzten Jahre ermittelt. Die Länder Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern verwen- den das sogenannte Referenzwert-Modell. Dabei wird ein rollierender Durchschnitt der Steuereinnahmen der vorangegangenen Jahre ermittelt. Dieser bildet den Referenzwert zu den Steuereinnahmen zur Ermittlung der Konjunkturkomponente. 13 Zu den drei Modellen und den im Detail zu berücksichtigenden Länder- spezifikationen hat eine Arbeitsgruppe der Rechnungshöfe 14 bei Ver- gleichsberechnungen festgestellt, dass hinsichtlich des Umfangs der zu- lässigen Kreditaufnahme erhebliche Unterschiede bestehen. Deutlich wird das am Beispiel Schleswig-Holsteins, das im Jahr 2016 vom Trendsteuer- einnahmen-Modell zum EU-Modell wechselte. 15 Eine Vergleichsberech- nung der beiden Modelle – insbesondere zur Ermittlung der strukturellen Kreditaufnahme – hat der Landesrechnungshof Schleswig-Holstein ange- 11 Arbeitspapier der Unterarbeitsgruppe „Konjunkturbereinigungsverfahren“ des Arbeitskreises „Haushaltsrecht und Grundsatzfragen“ der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder vom 8. Januar 2016, S. 40. 12 Schleswig-Holstein wendet zudem auch das EU-Modell für die Konsolidierungshilfeländer an. 13 Die Länder Brandenburg, Berlin, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen haben sich noch nicht für ein Konjunkturbereinigungsverfahren entschieden. 14 Arbeitspapier der Unterarbeitsgruppe „Konjunkturbereinigungsverfahren“ des Arbeitskreises „Haushaltsrecht und Grundsatzfragen“ der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder vom 8. Januar 2016. 15 GVOBl. Schl.-H., S. 501. 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der 20 Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014
2 Rechtsgrundlagen stellt. 16 Darin kommt er zu dem Ergebnis, dass sich durch den Wechsel zum EU-Modell die zulässige Verschuldung im Jahr 2016 von 448 Mio. Euro um 79 Mio. Euro auf 527 Mio. Euro erhöht hat. 2.3.2 Nachtragshaushaltsgesetz 2013/2014 In Hessen stellt nach § 11 des Artikel 141-Gesetzes die bereinigte Netto- kreditaufnahme des Jahres 2014 den Ausgangswert für die im Über- gangszeitraum zulässige strukturelle Nettokreditaufnahme dar. Diese soll in den Jahren 2015 bis 2018 linear jeweils um ein Fünftel abgebaut wer- den. Insofern kommt dem Nachtragshaushaltsgesetz 2014 eine besonde- re Bedeutung zu, da die Landesregierung in der dortigen Begründung die strukturelle Nettokreditaufnahme 2014, d. h. den Ausgangswert, berechnet hat. Dazu hat sie vom Wert der Nettokreditaufnahme die Konjunkturkom- ponente für das Jahr 2014, den Saldo der finanziellen Transaktionen so- wie den Saldo der Zu- und Abführungen zum Sondervermögen „Versor- gungsrücklage des Landes Hessen“ in Abzug gebracht. Nach dieser Be- rechnung ergibt sich eine strukturelle Nettokreditaufnahme von 544,8 Mio. Euro als Ausgangswert für den Abbaupfad. 17 Bemerkenswert ist, dass sich trotz der guten wirtschaftlichen Lage bei der Vorlage des Gesetzentwurfes am 13. Mai 2014 eine konjunkturell erforder- liche Kreditaufnahme in Höhe von 188 Mio. Euro ergeben hat. Im Dezem- ber 2013 schreibt beispielsweise die Deutsche Bundesbank in ihrer „Ge- samtwirtschaftlichen Vorausschätzung für die Jahre 2014 und 2015“18, dass die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr um 1,7 Prozent und im darauf folgenden Jahr um 2,0 Prozent wachsen könnte, nach einem An- stieg von lediglich 0,5 Prozent im laufenden Jahr. Bei einem Potenzial- wachstum von jeweils 1,4 Prozent in den beiden kommenden Jahren wür- de sich der gesamtwirtschaftliche Auslastungsgrad ausgehend von einem Normalniveau im Jahr 2013 moderat erhöhen. 16 Stellungnahme 2015 zum Abbau des strukturellen Finanzierungsdefizits bis 2020 vom 5. April 2016. 17 Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2013/2014, Landtagsdrucksache 19/387. 18 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Dezember 2013. 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014 21
2 Rechtsgrundlagen Auch die Einnahmen des Landes Hessen sind im Haushaltsplan deutlich gestiegen. Für das Jahr 2014 wurde gegenüber 2013 von einem Plus der Steuereinnahmen von 2,5 Prozent ausgegangen. 19 Festzustellen ist also, dass die gewählte Modellberechnung auch bei einer positiven gesamtwirtschaftlichen Bewertung und Prognose eine konjunktu- relle Kreditaufnahme ermöglicht. 2.4 Landesschuldengesetz Die Verwaltung der Schulden ist im Landesschuldengesetz geregelt, auf dessen Grundlage die Tätigkeit des Landesschuldenausschusses und die Erstellung dieses Berichts basieren. 20 2.5 Dienstanweisungen Die Anweisungen für die Verwaltung der Schulden und Eventualverbind- lichkeiten des Landes sind in der „Dienstanweisung zur Führung des Schuldbuchs des Landes Hessen (DA-Schuldbuch)“ normiert. Parallel dazu regelt die „Dienstanweisung für das Kreditreferat zur Auf- nahme von Krediten und zum Einsatz von Derivaten (DA-Kredit- aufnahme)“ die Arbeitsweise des Kreditmanagements. 19 Nach Abschluss des Haushaltsjahres waren es sogar 5,8 Prozent. 20 Gesetz über die Verwaltung von Schulden des Landes Hessen, GVBl. vom 9. Juli 2012, S. 222. 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der 22 Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014
3 Schuldenmanagement und -verwaltung im Haushaltsjahr 2014 3 Schuldenmanagement und -verwaltung im Haushalts- jahr 2014 3.1 Einhaltung der Kreditobergrenze der Hessischen Verfassung Bis zum Inkrafttreten des grundsätzlichen Nettoneuverschuldungsverbotes beginnend mit dem Haushaltsjahr 2020 bleibt die derzeitige investitions- bezogene Schuldengrenze maßgebend. 21 Danach dürfen neue Schulden grundsätzlich nur bis zur Höhe der im Haushaltsjahr getätigten Investitio- nen aufgenommen werden. Bis zum Haushaltsjahr 2004 wurde die Sum- me der Investitionen aus dem Steuerverbund des Kommunalen Finanz- ausgleichs bei der Berechnung der Grenze nicht berücksichtigt, da es sich um den durch Gesetz den Kommunen zustehenden Anteil am Steuerauf- kommen handelt (= „enge Grenze“). Ab dem Haushaltsjahr 2005 legt die Landesregierung – analog der Vorgehensweise der meisten anderen Län- der – als Maßstab die sog. „weite Grenze“ oder „Verfassungsgrenze“ zu Grunde. Dabei werden die Investitionsausgaben im Kommunalen Finanz- ausgleich in voller Höhe auf die Kreditobergrenze angerechnet. 22 Nachfolgend werden beide Grenzen dargestellt (Differenzen in den Sum- men durch Rundungen). Angaben Netto- Investitionen Über-/ Unter- Investitionen Über-/ Unter- in Mio. kredit- enge Grenze schreitung weite Grenze schreitung Euro aufnahme Soll 2014 960,0 1.085,6 –125,6 1.492,0 –523,0 Ist 2014 890,0 1.096,6 –206,6 1.434,1 –544,1 Tabelle 1: Kreditobergrenze 2014 Demnach wurde die „enge“ Kreditobergrenze sowohl im Soll als auch im Ist eingehalten. Die Entwicklung der Nettoneuverschuldung sowie die jeweiligen engen und weiten Grenzen im Haushaltsvollzug der vergangenen zehn Jahre zeigt die nachfolgende Abbildung: 21 Siehe oben, Abschnitt 2.3.1. 22 Siehe Landtagsdrucksache 16/6011, S. 9 ff. 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014 23
3 Schuldenmanagement und -verwaltung im Haushaltsjahr 2014 Mio. Euro 3.000 2.500 Nettoneuverschuldung 2.000 weite Kreditobergrenze 1.500 1.000 enge Kreditobergrenze 500 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Abbildung 1: Nettoneuverschuldung und Kreditobergrenzen im Haushaltsvoll- zug 3.2 Einhaltung der haushaltsgesetzlichen Kreditermächtigung Neben der verfassungsmäßigen Kreditobergrenze ist zudem die auf das jeweilige Haushaltsjahr bezogene Kreditlimitierung nach dem Haushalts- gesetz zu beachten. Entsprechend dem Nachtragshaushaltsgesetz 2014 berechnet sie sich wie folgt: Betrag HG 2014 Kreditermächtigung Mio. Euro § 13 Abs. 1 nach Haushaltsplan 6.165 Kredite des Bundes für den Wohnungs- und Städtebau – keine § 13 Abs. 2 nicht begrenzt Einnahmen § 13 Abs. 5 auf Grund vorzeitiger und zusätzlicher Tilgungen 0 § 13 Abs. 6 Ermächtigungsrest aus dem Vorjahr 500 Gesamt 6.665 Davon in Anspruch genommen: 6.095 Differenzen in den Summen durch Rundungen Tabelle 2: Kreditermächtigung aus dem Haushaltsgesetz 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der 24 Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014
3 Schuldenmanagement und -verwaltung im Haushaltsjahr 2014 Die haushaltsgesetzliche Ermächtigung wurde zu 91 Prozent in Anspruch genommen. Durch Inkrafttreten des Artikel 141-Gesetzes zum 1. Januar 2015 wurde § 18 LHO aufgehoben. Damit ist die fortgesetzte Ermächtigung, nicht ge- nutzte Kredite bis zur Höhe von 500 Mio. Euro in das nächste Haushalts- jahr übertragen zu können, entfallen. 3.3 Kreditaufnahmen Die Kapitalmarktkredite für die kamerale Haushaltsrechnung 2014 wurden zwischen dem 10. Juni 2014 und dem 10. Februar 2015 aufgenommen. Der Abschlusstag für die kameralen Bücher wurde auf den 20. Februar 2015 festgelegt. Sowohl die erste wie auch die letzte Kreditaufnahme wurden auf zwei Abrechnungsperioden aufgeteilt. Aus der nachfolgenden Abbildung ist ersichtlich, dass regelmäßig nach dem 31. Dezember eines Jahres noch Schulden für das vergangene, aber kameral noch nicht abgeschlossene Haushaltsjahr aufgenommen wurden. HHJ 2005 3,25 0,24 HHJ 2006 3,10 1,70 HHJ 2007 3,14 1,84 HHJ 2008 1,81 2,15 HHJ 2009 4,54 1,99 HHJ 2010 5,58 0,78 HHJ 2011 5,78 0,44 HHJ 2012 5,98 0,55 HHJ 2013 4,69 2,10 HHJ 2014 4,27 1,82 6,00 4,50 3,00 1,50 0,00 1,50 3,00 Milliarden Euro im Kalenderjahr nach dem 31. Dezember Abbildung 2: Schuldenaufnahmen nach dem 31. Dezember für das vergange- ne Haushaltsjahr 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014 25
3 Schuldenmanagement und -verwaltung im Haushaltsjahr 2014 Aufgrund dieser Abgrenzung der kameralen Schuldenaufnahme ist eine Vergleichbarkeit der Haushaltsrechnung bzw. des Schuldbuchs mit dem Geschäftsbericht des Landes Hessen nur mittels einer Überleitungsrech- nung möglich. Der Geschäftsbericht basiert auf einem Stichtagsprinzip und berücksichtigt den Zeitraum zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember. Die so abgegrenzte Aufnahme am Kreditmarkt wird in der doppischen Finanzrechnung unter Position 17 ausgewiesen. 23 Wie schon in den Jahren zuvor wurden auch 2014 keine Darlehen des Bundes vereinnahmt, so dass ausschließlich Kredite in Form von Anleihen und Schuldscheindarlehen aufgenommen wurden. Das Kreditvolumen in Höhe von insgesamt 6.095 Mio. Euro verteilt sich auf 35 Einzelabschlüsse zwischen 10 Mio. und 1.250 Mio. Euro. Die Laufzeiten lagen zwischen ca. 3 und 30 Jahren, im Durchschnitt bei 9 Jahren (Vorjahr: 6,3 Jahren). Für 84 Prozent des Kreditvolumens wurde ein fester Zinssatz, für 16 Pro- zent variable Zinszahlungen (auch zur Herstellung von Bewertungseinhei- ten für Swaps) vereinbart. Die Zinsvereinbarungen lassen keinen Rückschluss auf das wirtschaftliche Zinsergebnis dieser Kreditaufnahmen zu, da sie möglicherweise Bewer- tungseinheiten mit Zinstauschvereinbarungen (Swaps) bilden. Das bedeu- tet, dass sich nach Swap eine andere Berechnungsgrundlage für feste bzw. variable Zinszahlungen ergibt. Zur Gestaltung des gesamten Portfo- lios siehe auch Abbildung 13. 3.3.1 Anleihen Die grundsätzlich an der Börse handelbaren Anleihen bilden im Haushalts- jahr 2014 mit 98 Prozent den Großteil der Kredite des Landes. Insgesamt wurden 30 Anleihen mit einem Gesamtvolumen von 5.984 Mio. Euro be- geben. Die Neuemissionen bzw. Aufstockungen bereits platzierter Anlei- hen führten jeweils zu Einnahmen zwischen 25 Mio. Euro und 1.250 Mio. Euro. 23 Einzahlungen aus der Begebung von Anleihen und der Aufnahme von (Finanz-)Krediten, Ge- schäftsbericht 2014 des Landes Hessen, S. 82. 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der 26 Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014
3 Schuldenmanagement und -verwaltung im Haushaltsjahr 2014 Die Laufzeiten lagen zwischen drei und 15 Jahren, im Durchschnitt bei 8,86 Jahren (Vorjahr: 6,34 Jahre). 3.3.2 Schuldscheindarlehen Schuldscheine verkauft das Land direkt – also nicht über eine Börse – vor allem an Banken, Versicherungen und Pensionskassen. Sie ermöglichen individuelle Vereinbarungen, was zugleich aber auch ihre Handelbarkeit einschränkt. Im Vergleich zu Anleihen werden in diesem Segment eher längere Laufzeiten vereinbart, was vor allem auch dem Wunsch der Inves- toren nach sicheren langfristigen Investments entspricht. In Niedrigzins- phasen ermöglicht dies dem Land theoretisch, mittels Schuldscheinen ei- ne langfristige Zinssicherungsstrategie ohne den zusätzlichen Einsatz von Derivaten zu betreiben. Im Haushaltsjahr 2014 wurden vom Land fünf ausnahmslos festverzinsli- che Schuldscheine verkauft, mit denen Einnahmen in Höhe von insgesamt 111 Mio. Euro erzielt wurden. Die einzelnen Volumina lagen zwischen 10 Mio. Euro und 50 Mio. Euro bei einer durchschnittlichen Laufzeit von 19,6 Jahren (Vorjahr: 21,8 Jahren) und einem durchschnittlichen Effektiv- zinssatz von 1,264 Prozent. Der seit Jahren stark rückläufige Anteil von Schuldscheindarlehen liegt nunmehr bei einem Restanteil von 2 Prozent. Faktisch sind Schuldschein- darlehen für die Haushaltsfinanzierung derzeit nahezu bedeutungslos. 3.3.3 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen der Kreditaufnahmen Die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2014 war gekennzeichnet durch einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes um 1,5 Prozent sowie einer Arbeitslosenquote von 4,7 Prozent – die nied- rigste im wiedervereinigten Deutschland. Wachstumsmotor war der private Konsum, der mit um 2,4 Prozent gestiegenen Nettolöhnen stimuliert wur- de. 24 24 Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 15. Januar 2015. 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014 27
3 Schuldenmanagement und -verwaltung im Haushaltsjahr 2014 Die Einnahmesituation des Bundes und der Länder hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert. So stiegen die um den LFA bereinigten Steuereinnahmen in Hessen von 2013 auf 2014 um 558 Mio. Euro (+3,43 Prozent). Im gleichen Zeitraum musste das Land für immer mehr Schulden weniger Zinsen zahlen (–77 Mio. Euro). Aus der Saldierung die- ser beiden wichtigen Haushaltspositionen ergibt sich ein Vorteil von 625 Mio. Euro. 25 Die Rahmenbedingungen für die Kreditaufnahmen haben sich in Bezug auf die Umlaufsrendite 26 und den Leitzins der Europäischen Zentralbank 27 wie nachfolgend dargestellt entwickelt: 5,0 4,5 Zeit- 4,0 raum der 3,5 Kredit- 3,0 aufnah men 2,5 für das Haus- 2,0 halts- 1,5 jahr 2014 1,0 0,5 0,0 Apr 09 Okt 09 Apr 10 Okt 10 Apr 11 Okt 11 Okt 12 Okt 13 Jan 09 Jul 09 Jan 10 Jul 10 Jan 11 Jul 11 Apr 12 Apr 14 Okt 14 Apr 15 Okt 15 Apr 16 Jan 12 Jul 12 Apr 13 Jan 13 Jul 13 Jan 14 Jul 14 Jan 15 Jul 15 Jan 16 Umlaufsrendite EZB-Leitzins Abbildung 3: Umlaufsrendite Bundeswertpapiere 9 – 10 Jahre und Leitzinsen der EZB Wie in den vergangenen Jahren ist an dieser Stelle wieder auf die histo- risch niedrigen Zinsen hinzuweisen. Die obige Grafik zeigt, dass die Zin- 25 Trotz dieser in ihrer Tendenz vorhersehbaren Wirtschaftsentwicklung wurde im Nachtragshaus- haltsgesetz 2013/2014 eine konjunkturelle Kreditermächtigung in Höhe von 188 Mio. Euro er- mittelt. Siehe oben, Abschnitt 2.3.2. 26 Ermittelt von der Deutschen Bundesbank aus den Renditen öffentlicher Anleihen mit einer Rest- laufzeit von mehr als drei Jahren. 27 Hauptrefinanzierungssatz; diesen Leitzins zahlen die Banken, wenn sie von der EZB Geld lei- hen. 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der 28 Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014
3 Schuldenmanagement und -verwaltung im Haushaltsjahr 2014 sen für Bundesanleihen mit einer Laufzeit von neun bis zehn Jahren von 1,11 Prozent bis zum Abschluss des Haushaltsjahres kontinuierlich auf 0,3 Prozent sanken. Dem Trend der Zinskonditionen des Bundes folgt das Land mit einem Aufschlag. Das folgende Diagramm zeigt die Kreditaufnahmen (Balken mit Bezug auf die rechte y-Achse) des Landes und das zum jeweiligen Zeitpunkt herr- schende Zinsniveau (dargestellt am Beispiel der Swap-Sätze) in der Bun- desrepublik für eine dreimonatige bzw. zehnjährige Laufzeit (Linien mit Bezug auf die linke y-Achse): 28 2,50 1.400 1.200 2,00 1.000 1,50 Kreditaufnahme in Mio. Euro Swap-Sätze in % 800 1,00 600 0,50 400 0,00 200 -0,50 0 Apr 2014 Okt 2014 Apr 2015 Jan 2014 Mrz 2014 Mai 2014 Jun 2014 Jul 2014 Jan 2015 Mrz 2015 Mai 2015 Jun 2015 Jul 2015 Feb 2014 Feb 2015 Aug 2014 Sep 2014 Nov 2014 Dez 2014 Aug 2015 Kreditaufnahme variabel Kreditaufnahme fest 3- Monats-Zinsswap 10-Jahres-Zinsswap Abbildung 4: Zinsniveau und Kreditaufnahme Bei dem kontinuierlich sinkenden Zinsniveau hat sich das Land im Haus- haltjahr 2014 wie folgt verschuldet: 28 Entnommen den historischen Daten der DZ-Bank. 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014 29
3 Schuldenmanagement und -verwaltung im Haushaltsjahr 2014 Zinssatz in Prozent 2014 2013 Mio. Euro % Mio. Euro % variabel verzinst 975 16 1.275 19 fest verzinst < 0,1 0 0 600 9 0,1 bis 1,0 2.723 45 1.060 16 > 1,0 und < 2 2.396 39 3.412 50 2 und < 3 0 0 452 7 3 und mehr 0 0 0 0 durchschnittlicher Festsatzzins 1,02 % 1,20 % Gesamt 6.095 100 6.799 100 Differenzen in den Summen durch Rundungen Tabelle 3: Schuldenzugang nach Zinssätzen Im Durchschnitt hat sich das Land bei den Festsatzdarlehen zu 1,02 Prozent bei einer durchschnittlichen Laufzeit von 9,05 Jahren ver- schuldet (Vorjahr: 1,20 Prozent bei 7,48 Jahren). Wie seit der „Lehman- Pleite“ am 15. September 2008 konnten Jahr für Jahr historisch niedrige Zinssätze bei der Schuldenaufnahme erzielt werden, so auch wieder 2014. 3.3.4 Zinsentwicklung nach dem Jahr 2014 Wie aus Abbildung 3 ersichtlich sanken die Renditen zunächst auch im Jahr 2015, wo erstmals am 16. April 2015 die neunjährige Bundesanleihe eine negative Rendite auswies und die zehnjährige auf das Rekordtief von 0,08 Prozent fiel. Unmittelbar nach diesem Tiefststand stiegen die zehn- jährigen Bundesanleihen bis zum 10. Juni 2015 vergleichsweise extrem (ca. 1.200 Prozent) auf 0,99 Prozent. Im Anschluss daran fiel die Rendite dieser Laufzeit wieder um dann – nach der Senkung des Hauptrefinanzie- rungssatzes im März 2016 auf 0 Prozent – am 14. Juni 2016 erstmal auf eine Rendite von minus 0,004 Prozent zu fallen. Das heißt, auf dem Se- kundärmarkt bezahlen Investoren dem Bund dafür, damit er Ihr Kapital für 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der 30 Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014
3 Schuldenmanagement und -verwaltung im Haushaltsjahr 2014 zehn Jahre übernimmt. 29 Dies scheint unter Risikogesichtspunkten für In- vestoren offensichtlich eine akzeptable Form der Geldanlage. Die Haushalte der Gebietskörperschaften, deren Renditeniveau tendenzi- ell der Bundesrendite folgt, profitierten demnach auch im Jahr 2015 und dem ersten Halbjahr 2016 hinsichtlich ihrer Zinsbelastung weiterhin von der Politik des billigen Geldes seitens der EZB und dem nach wie vor stark ausgeprägten Interesse der Investoren nach Sicherheit. 3.3.5 Laufzeiten und Tilgungen Die für das Haushaltsjahr 2014 aufgenommenen Kredite verteilen sich wie folgt auf die Laufzeitgruppen nach der Systematik der amtlichen Statistik: Mio. € 6.000 5.645 5.000 4.000 3.309 2.890 3.000 2.000 1.000 600 450 0 0 bis einschl. 1 Jahr über 1 bis einschl. 5 Jahre über 5 Jahre 2013 2014 Abbildung 5: Laufzeiten der Kreditaufnahmen 2014 Die durchschnittliche Laufzeit der nach dem 31. Dezember 2014 noch va- lutierenden Kreditaufnahmen 30 lag bei 9,05 Jahren (Vorjahr: 6,92 Jahre). 29 Laut Handelsblatt vom 15. Juni 2016 haben 85 Prozent aller Bundesanleihen über 1,15 Billionen Euro einen negativen Marktzins. 30 Ohne kurzlaufende Kredite, die auf Basis des § 13 Abs. 5 HG 2013 noch im laufenden Haus- haltsjahr erneut in Anspruch genommen wurden. 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014 31
3 Schuldenmanagement und -verwaltung im Haushaltsjahr 2014 Die Kreditaufnahmen des Haushaltsjahres 2014 führen zu folgenden zu- sätzlichen Tilgungsausgaben: Mio. Euro 3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 500 0 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 2031 2032 2033 2034 2035 2036 2037 2038 2039 2040 2041 2042 2043 2044 2045 Festsatzzins variabler Zins Abbildung 6: Fälligkeit der Kreditmarktschulden aus dem Haushaltsjahr 2014 3.4 Eventualverbindlichkeiten 3.4.1 Bürgschaften und Garantien Die Übernahme von Bürgschaften, Garantien oder sonstigen Gewährleis- tungen bedarf nach Art. 141 Satz 2, 161 HV i. V. m. § 39 Abs. 1 LHO einer Ermächtigung durch Landesgesetz. Das HG 2013/14 in der Gestalt des Nachtragshaushaltsgesetzes 2014 legt in § 14 die Summe der Eventual- verbindlichkeiten, die im Jahr 2014 neu gewährt werden konnte, auf ins- gesamt 2.048 Mio. Euro fest. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Ermäch- tigung und ihre Inanspruchnahme: 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der 32 Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014
3 Schuldenmanagement und -verwaltung im Haushaltsjahr 2014 Inanspruchnahme Betrag der Bürgschaften und Garantien der Ermächtigung anteilig Ermächtigung zum 31.12.2014 Mio. Euro Mio. Euro HG 2013/2014 § 14 (1) für dringende volkswirtschaftlich 1500 124 8% gerechtfertigte Aufgaben § 14 (2) im Rahmen sozialer Wohn- 120 * 43 35% raumförderung einschließlich der Modernisierung und In- standsetzung von Wohngebäu- den und des Erwerbs von Be- standsimmobilien § 14 (3) für Baumaßnahmen beihilfebe- 2,5 1,5 60% rechtigter Privatschulen § 14 (4) für Schadensersatzansprüche 5,9 0 0% nach dem Atomgesetz § 14 (5) zur Absicherung der den Lan- 300 139 46% desmuseen überlassenen Leih- gaben § 14 (6) Gewährträgerschaft für Ausstat- 120 120 100% tungsgarantie des Universitäts- klinikums Frankfurt zugunsten der Orthopädischen Universi- tätsklinik Friedrichsheim gGmbH 2.048 426 21% * zuzüglich in Aussicht gestellter Bewilligungen früherer Jahre gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 HG 2013/2014 Differenzen in den Summen durch Rundungen Tabelle 4: Bürgschafts- und Garantieermächtigungen Der Ermächtigungsrahmen für Bürgschaften und Garantien wurde einge- halten. Im Vergleich zum letzten Haushaltsjahr ergaben sich nur eine Ver- änderung: Die Summe der Gewährträgerschaft für die Ausstattungsgaran- tie des Universitätsklinikums Frankfurt in § 14 Abs. 6 HG stieg mit deren Erhöhung um 50 Mio. Euro auf nun 120 Mio. Euro an. Der Ermächtigungsrahmen wurde mit 426 Mio. Euro zu 21 Prozent zum Stichtag 31. Dezember 2014 in Anspruch genommen (Vorjahr: 276 Mio. Euro/14 Prozent). Die Angaben zu § 14 Abs. 1 und 2 HG treffen nur eine Aussage, in welchem Umfang neue Bürgschaften gewährt wurden. Nicht erfasst sind die Bürgschaften, die zurückgegeben wurden oder erloschen sind. Diese Veränderungen sind in der Darstellung der Entwicklung der Eventualverbindlichkeiten erfasst (vgl. Tabelle 5). 64. Bericht des Vorsitzenden des Landesschuldenausschusses über die Prüfung der Schulden des Landes Hessen im Jahr 2014 33
Sie können auch lesen