THEMENSERVICE Deutsche EU-Ratspräsidentschaft - Bilanz und Ausblick - Konrad-Adenauer ...
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0 7. 01. 20 21 THEMENSERVICE Deutsche EU-Ratspräsidentschaft – Bilanz und Ausblick Wadim Lisovenko Europa gemeinsam wieder stark gemacht? Unter dem Motto „Gemeinsam. Europa wieder stark machen." hatte Deutschland vor sechs Monaten die Prä- sidentschaft im Rat der Europäischen Union (EU) übernommen. Die Bewältigung der Corona-Pandemie und ihrer wirtschaftlichen Folgen, der EU-Haushalt und die Brexit-Verhandlungen sollten die programmatischen Schwerpunkte dieser Präsidentschaft sein. Noch bis Dezember konnte kein einziger Punkt von der Liste gestri- chen werden. Doch dann folgte ein Durchbruch auf den anderen. Als Portugal am 1. Januar 2021 den Vorsitz übernahm, hatte die EU unter anderem einen neuen Haushalt, einen Handelsvertrag mit Großbritannien, ein Investitionsabkommen mit China und ein neues Klimaziel. War Angela Merkels letzte Ratspräsidentschaft damit ein voller Erfolg? Wie liefen die Verhandlungen mit den Briten und China ab? Und welche Aufgaben bleiben für Portugal noch übrig? Die Abteilung Medienanalyse und -archiv bietet einen finalen Überblick. machte die Brexit-Punktlandung an Heilig- abend wohl unausweichlich. Die späte Über- einkunft mit China versinnbildlicht dagegen, wie stark Corona die deutsche Ratspräsident- schaft im zweiten Halbjahr 2020 überschattete. Der EU-China-Gipfel […] fiel aus und ließ sich durch zähe Telefonate und Videokonferenzen nur schwer ersetzen.“ Weitere Details zu den beiden Abkommen finden Sie in den folgenden Abschnitten. Der Einfluss der Pandemie auf den deutschen Vorsitz ist das Kernthema von Muss- lers Resümee. „Auch die Routine der Brüsseler © European Union 2020 - Source : EP/ Daina Le Lardic Ministertreffen fiel der Pandemie zum Opfer. Die Ministerräte − also die regelmäßigen Die Bilanz der „Corona-Präsidentschaft“ Zusammenkünfte der Fachminister − fanden fast ausnahmslos als Bildschirm-Stelldichein Am 31. Dezember endete der deutsche Vorsitz statt.“ Die Minister seien damit die Verlierer im Rat der Europäischen Union. Noch bis in die dieser Präsidentschaft: „Viele von ihnen kündig- letzten Stunden gab es viel zu tun. „So fiebrig ten noch im Frühjahr an, sie wollten unter ih- ist kaum einmal eine EU-Ratspräsidentschaft zu rem Vorsitz allerlei eigene Anliegen durchset- Ende gegangen“, resümiert Werner Mussler in zen. Fast nichts davon wurde konkret. Das lag 1 der FAZ . „Gleich zwei Sonderereignisse haben nicht nur an Corona, sondern auch an der in in der vergangenen Woche dafür gesorgt, dass Berlin oft geäußerten illusorischen Erwartung, die EU-Institutionen nicht wie sonst in einen ein Ratsvorsitz könne eigene politische Prioritä- kurzen nachweihnachtlichen Winterschlaf gefal- ten durchsetzen.“ Weitere Kernaufgaben gin- len sind, sondern besonders geschäftig waren.“ gen von den Ministern auf die EU-Botschafter Gemeint sind das an Heiligabend beschlossene der Mitgliedstaaten, vor allem den deutschen Brexit-Handelsabkommen und das Investiti- Botschafter Michael Clauß 2, über. Als die „prä- onsabkommen mit China. „Beide Vertragsent- gende Gestalt“ dieses Halbjahres sei jedoch vor würfe bescherten dem noch amtierenden allem Angela Merkel wahrgenommen worden. deutschen Ratsvorsitz Überstunden an den „Diese wäre ihr aber auch ohne den deutschen Feiertagen und bis in die letzten Stunden des Vorsitz zugekommen. Merkel war, ist und bleibt ablaufenden Jahres. Der Drama-Bedarf des bis zu ihrem Abschied aus dem Amt die wich- britischen Premierministers Boris Johnson tigste EU-Politikerin − weil sie mit Abstand die
2 Themenservice Deutsche EU-Ratspräsidentschaft – Bilanz und Ausblick größte Erfahrung nicht zuletzt im Krisenma- kels europapolitisches Vermächtnis. „Ihrem nagement hat und weil sie den wirtschafts- und Credo ist sie, bei allen Veränderungen im De- einwohnerstärksten Mitgliedstaat repräsentiert. tail, treu geblieben: Deutschland gehe es nur Das wird sich nicht ändern, wenn die EU- gut, wenn es Europa gut geht. Insofern war sie Präsidentschaft nun an Portugal übergeht.“ in dieser Pandemie als Krisenmanagerin Euro- 3 Christoph Schiltz von der Welt betont pas zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“ ebenfalls die bedeutende Rolle der Kanzlerin während der Ratspräsidentschaft. „Nach dieser EU-Ratspräsidentschaft ist spätestens klar: An- gela Merkel wird nach ihrem Rückzug ins Pri- vate im Herbst 2021 eine riesige Lücke auf der europäischen Bühne hinterlassen, die die Kon- sensfindungskapazitäten dieser europäischen Gemeinschaft schwächen und möglicherweise auch ihre Handlungsfähigkeit vorübergehend einschränken wird.“ Die Bilanz der deutschen Ratspräsidentschaft sei jedoch durchwachsen, obwohl Merkel wichtige Punkte machen konn- te. „Ihrem persönlichen Einsatz und ihrem ho- hen Ansehen im Kreis der EU-Regierungen ist Angela Merkel letztlich zu verdanken, dass der Streit mit Polen © European Union und Ungarn […] doch noch beigelegt wurde. Die Bernd Riegert von der Deutschen Welle 5 Kanzlerin hat zudem geschickt verhandelt, um lässt in seinem Beitrag noch einmal mehrere die Klimaziele für 2030 durchzusetzen […]. Es Politiker und Experten über die Bilanz der Rats- war auch Angela Merkel, die im Schlagabtausch präsidentschaft zu Wort kommen. An erster mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Stelle steht natürlich die Kanzlerin, die im De- Erdogan erneut deeskalierte, damit ein ein- zember nach dem letzten EU-Gipfel erleichtert stimmiger Sanktionsbeschluss zustande kam.“ zugab: „Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen.“ In den letzten neun Monaten ihrer Amtszeit Zu diesem Zeitpunkt hatte Merkel einen Ver- müsse Merkel nun den Grundstein für ein handlungsmarathon hinter sich, auf dem end- „neues transatlantisches Band“ legen, meint lich der Weg frei gemacht werden konnte für Schlitz. „Die Zukunft Europas liegt politisch, den bereits im Juli geschlossenen EU-Haushalt wirtschaftlich und in Sicherheitsfragen einzig in und Wiederaufbauplan. Die EU wäre jetzt in einer engen Koalition mit […] namens Amerika.“ einer schweren Krise, falls die Kanzlerin das Peter Becker, Europaexperte der Stiftung nicht hinbekommen hätte, schätzt Daniela Wissenschaft und Politik, bewertet die Bilanz Schwarzer von der Deutschen Gesellschaft für der Ratspräsidentschaft im Gespräch mit dem Auswärtige Politik (DGAP). Die Situation gab 4 Münchner Merkur positiv. „Die Bilanz ist gut. dennoch bedenkliche Einblicke in den inneren Diese Präsidentschaft verlief ja ganz anders, als Zustand der EU. „Die EU-Institutionen wurden sie geplant und vorbereitet wurde. Eigentlich von zwei Staaten instrumentalisiert für innen- sollte ein Schwerpunkt in diesem Halbjahr Eu- politische Zwecke“, kritisiert Schwarzer. Der ropas Verhältnis zu China und zu Afrika sein, deutsche EU-Botschafter Michael Clauß will es aber die Pandemie hat diese Pläne über den der Geschichte überlassen zu zeigen, ob die EU Haufen geworfen. Dennoch war sie ein Erfolg, mit den neuen Beschlüssen enger zusammen- weil die deutsche Präsidentschaft auf die Ver- geschweißt wurde oder nicht. „Ich habe da so änderung der großen Projekte durch die Her- meine Zweifel. Man kann aber sagen, dass die ausforderungen der Pandemie schnell und EU damit an ihren Herausforderungen gewach- pragmatisch reagiert hat. Die großen Themen, sen ist.“ Jedenfalls könne man nicht alles auf vom EU-Haushalt bis zu den Klimazielen, wur- die deutsche oder eine andere Ratspräsident- den erfolgreich zu Ende gebracht.“ Selbst ver- schaft schieben, meint Clauß. Zu komplex seien meintliche Kurswechsel wie bei der europäi- die Strukturen und zu verschieden die Ansich- schen Finanzpolitik sieht Becker im Einklang mit ten der Mitgliedstaaten. Eine Lösung für zu- den Leitlinien der deutschen Europapolitik. „[…] künftige Probleme hätte der Botschafter je- es war immer Primat deutscher Europapolitik, doch: „Ich wünschte mir mehr Entscheidungen alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit qualifizierter Mehrheit.“ Zuletzt lobt Janis zusammenzuhalten.“ Diese „proeuropäische Emmanouilidis vom Think Tank European Policy Grundposition“ sieht der Experte auch als Mer- Centre die deutsche Führung in vollen Zügen.
3 Themenservice Deutsche EU-Ratspräsidentschaft – Bilanz und Ausblick „Es war schon ein glücklicher historischer Zufall, schaft“. Alles andere sieht Becker überaus kri- dass gerade zufällig Deutschland in der Pan- tisch. Das Programm der Ratspräsidentschaft: demie Ratspräsident war.“ Ein kleinerer EU- „Aus heutiger Sicht wirkt es beinahe größen- Staate hätte diese Kompromisse kaum vermit- wahnsinnig“. Der erzielte Kompromiss mit Po- teln können. Insgesamt hätte Merkels letzte len und Ungarn, „eine Notoperation. Der Ratspräsidentschaft die Schulnote Zwei plus Rechtsstaatsmechanismus wurde dabei so verdient: „Eine Eins konnte es wegen der vielen stark verwässert, dass fraglich ist, ob er jemals Ausfälle durch die Pandemie nicht werden.“ wirkungsvoll zum Einsatz kommt.“ Die Agrarre- Detlef Drewes weist im Bonner General- form, die unter dem Vorsitz von Julia Klöckner 6 Anzeiger darauf hin, dass die Erfolge natürlich beschlossen wurde: „So trug sie dazu bei, dass nicht dem deutschen Vorsitz alleine zu verdan- der größte Teil der EU-Agrarmittel auch künftig ken seien. „Es wäre oberflächlich, das Erreichte nicht anhand von Umweltkriterien, sondern der deutschen Ratspräsidentschaft zuzuschie- gemäß der Fläche der Höfe verteilt wird. Klöck- ben und für die Defizite andere verantwortlich ner hat einen Systemwechsel versprochen und zu machen. Richtig aber ist, dass Bundeskanzle- Stillstand geliefert.“ Und zuletzt sei auch In- rin Angela Merkel ihre Stärke ausgespielt hat: nenminister Seehofer bei der EU-Asylreform ihren Pragmatismus. Der hat Kompromisse „krachend gescheitert“. Beckers Fazit fällt da- möglich gemacht, auch wenn man dafür in ei- nach aber überraschend positiv aus: „Insge- nigen Fällen bis zur Selbstverleugnung jenen samt darf man in Berlin zufrieden sein. Es war populistischen Kräften zum Beispiel in Polen keine glänzende Präsidentschaft, aber Merkel und Ungarn entgegenkommen musste […].“ hat getan, was in der EU niemand so gut kann Auch für die zukünftigen Herausforderungen wie sie: Sie hat den Laden zusammengehalten.“ brauche die EU eine „starke und verlässliche Hans-Peter Siebenhaar, Jan Hildebrand, Stimme aus Deutschland. Deshalb sehen nicht Frank Specht, Klaus Stratmann, Jens Mün- 9 wenige dem sich abzeichnenden Ende der chrath blicken auf Handelsblatt online aus- Kanzlerschaft Merkels mit mulmigen Gefühlen führlich auf alle Erfolge und Misserfolge der entgegen. […] Dass die Kanzlerin gleich am An- deutschen Ratspräsidentschaft zurück. Le- fang der Krise mit Frankreichs Präsident Em- senswert ist auch die Zusammenfassung von manuel Macron über ihren Schatten gesprun- Karoline Meta Beisel, Björn Finke und 10 gen ist und einen Aufbaufonds mit gemeinsa- Matthias Kolb in der Süddeutschen Zeitung . men Schulden initiiert hat, wurde ihr vor allem Die offizielle Bilanz der Bundesregierung er- im Süden hoch angerechnet. Wer auch immer schien einen Tag zu früh, um noch das Ab- die Nachfolge antritt, muss hohe Erwartungen kommen mit China mit einzuschließen. erfüllen können. Auch das hat diese deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020 gezeigt.“ Brexit-Handelsabkommen: „Die Uhr Die Europaabgeordneten Katarina Barley tickt nicht mehr“ 7 und Franziska Brantner loben in der FAZ die Rolle der Parlamente während des Haushalts- „Dies ist von historischer Bedeutung“, kommen- Konfliktes mit Ungarn und Polen, wobei sie tiert Kanzlerin Angela Merkel in einer Presse- gleichzeitig den deutschen Vorsitz scharf kriti- mitteilung am 24. Dezember den Durchbruch sieren. „Die Signale mehrten sich, dass Kanzle- bei den entscheidenden Brexit-Verhandlungen. rin Merkel den Rechtsstaatsmechanismus noch „Ich freue mich, dass sich die Verhandlungsfüh- weiter aufweichen würde, um Haushalt und rer der Europäischen Union und Großbritanni- Hilfsfonds durchzubekommen. Das ist Aus- ens auf ein Abkommen geeinigt haben und druck eines jahrelangen Appeasements der damit die zukünftigen Beziehungen zwischen Staats- und Regierungschefs gegenüber den Europäischer Union und Großbritannien klar Demokratiezerstörern […]. In dieser Situation geregelt sind.“ waren die Parlamente die Rettung. In Anträgen Jochen Buchsteiner und Thomas Gutsch- und Petitionen appellierten Parlamentarier aus 11 ker berichten in der FAZ ausführlich, wie sich dem Europaparlament und aus den nationalen die Europäische Union und Großbritannien am Parlamenten immer wieder gemeinsam an die Heiligabend doch noch einig wurden. Es be- deutsche Ratspräsidentschaft, nicht vor Orbán gann „um genau 14.44 Uhr. Da schalteten sich einzuknicken.“ 8 der britische Premierminister und die EU- Für Markus Becker vom Spiegel ist nicht Kommissionspräsidentin zu einer letzten Vide- etwa der EU-Haushalt oder der Corona-Fonds, okonferenz zusammen. Neben Ursula von der sondern das neue europäische Klimaziel die Leyen saßen die Unterhändler Michel Barnier „beste Nachricht der deutschen Ratspräsident- und David Frost“. Hinter den beiden Verhand-
4 Themenservice Deutsche EU-Ratspräsidentschaft – Bilanz und Ausblick lungspartnern habe eine lange Nacht gelegen, Vanessa Vu fasst für Zeit Online 12 die Reak- weil überraschenderweise noch Probleme bei tionen der britischen Presse auf den Deal zu- 13 den Fischpreisen bemerkt wurden. „Bis in den sammen. Die WirtschaftsWoche sowie Welt 14 Morgen hinein war fieberhaft gerechnet wor- Online sammelten daneben Reaktionen von den − dann stimmten auch Johnson und von Politikern und Wirtschaftsvertretern. Stefanie der Leyen dem Ergebnis zu.“ So endeten die Bolzen, Tobias Kaiser und Christoph B. 15 monatelangen Verhandlungen, mit einem 1246 Schiltz von der Welt sowie Hendrik Kafsack 16 Seiten langen Dokument. „Es wäre der Moment von der FAZ beantworten zahlreiche wichtige gewesen, um eine Flasche Champagner zu öff- Fragen zu der Einigung. nen. Der stand wohl auch gut gekühlt bereit. Am Dienstag, den 29. Dezember, stimmten Aber getrunken wurde er nicht. Zu groß sei die die 27 EU-Staaten dann formal für das Abkom- Erschöpfung aller gewesen, hieß es hinterher.“ men und die vorläufige Anwendung ab dem 1. Gerade Premierminister Boris Johnsons Inte- Januar 2021. „Mit vereinten Kräften ist es ge- resse an einem Deal sei am Ende „gewaltig“ lungen, einen chaotischen Jahreswechsel zu gewesen. „Seine Autorität war schon durch sein verhindern", kommentierte Außenminister Pandemie-Management angekratzt; ein Misser- Heiko Maas die Abstimmung auf Twitter. Das folg in Brüssel hätte die Kritik an ihm gefährlich Abkommen wurde daraufhin am 30. Dezember erhöht. Zum anderen befürchtete Johnson ei- um 9.30 Uhr von EU-Kommissionschefin Ursula nen Schub für die separatistischen Bestrebun- von der Leyen und Ratspräsident Charles Mi- gen in Schottland, Nordirland und Wales, wäre chel unterzeichnet. „Die vorläufige Anwendung das Land in Unfrieden aus der EU gegangen. des Vertrags ist nötig, weil für eine Ratifizierung Und nicht zuletzt glaubt Johnson an den Vorteil durch das Europaparlament vor dem Jahresen- internationaler Zusammenarbeit“. In Brüssel sei de die Zeit fehlt − sie soll nach Neujahr nachge- 17 man zudem überzeugt davon, dass „der von holt werden“, erklärt Welt Online . „Anvisiert Frankreich am vorigen Sonntag verhängte Ein- wird eine Abstimmung im Februar oder März reisestopp zur Einigung in letzter Minute beige- nach ausführlicher Prüfung. Die EU- tragen habe. Die Bilder von den Lkw-Schlangen Parlamentarier pochen darauf, dass dieses und leeren Regalen hätten den Briten vor Au- Verfahren eine einmalige Ausnahme bleibt.“ 18 gen geführt, wie abhängig sie vom Kontinent Albrecht Meier weist im Tagesspiegel da- seien.“ Gegenüber der Öffentlichkeit und der rauf hin, dass die Frist für die Beratungen „not- Presse präsentierte sich Johnson nach dem falls“ auch verlängert werden könne. Das sei Ende der Verhandlungen triumphal, während „deshalb wichtig, weil sich einige EU- die EU-Seite zurückhaltender war. „Die Uhr tickt Abgeordnete bereits darüber beklagt haben, nicht mehr“, zitieren die Autoren eine nüchter- dass ihnen für eine ordnungsgemäße Beratung ne Stellungnahme von Barnier. Auch Ursula kaum genügend Zeit zur Verfügung steht. Nor- von der Leyen habe eher „Erleichterung“ als malerweise dauert es mindestens drei Monate, Freude empfunden. Zuletzt betonte sie die bis ein Handelsvertrag durch das EU-Parlament Gemeinschaft der EU-Staaten: „[…] in Krisenzei- geprüft ist.“ ten geht es darum, dass wir uns aneinander aufrichten, statt allein zu marschieren. Es ist Zeit, den Brexit hinter uns zu lassen. Unsere Zukunft wird in Europa gemacht.“ Ursula von der Leyen und Charles Michel © European Union Im britischen Parlament wurde das von Johnson vorgelegte Ratifizierungsgesetz dage- gen am 30. Dezember „binnen weniger Stun- Boris Johnson den durchgewunken“, wie die Süddeutsche © Andrew Parsons/ No 10 Downing Street/ Flickr/ CC BY-NC-ND 2.0 19 Zeitung berichtet. In der Nacht zum 31. De-
5 Themenservice Deutsche EU-Ratspräsidentschaft – Bilanz und Ausblick zember habe dann auch Staatsoberhaupt Köni- schen Hauptstädte normalerweise stillstehen, gin Elizabeth II dem Gesetz mit ihrem „Royal musste eiligst eine Videokonferenz auf höchs- Assent“ zugestimmt. Zusammen mit der Veröf- ter Ebene organisiert werden, um das Ergebnis fentlichung des Vertragswerks im Gesetzblatt der Unterhändler zu besiegeln. Dieser Ab- der EU an Silvester stand der vorläufigen An- schluss am vorletzten Tag des Jahres 2020 trägt wendung nichts mehr im Wege, wie ein Spre- die Handschrift von Angela Merkel. Sie hatte cher der deutschen EU-Ratspräsidentschaft bereits vor der Corona-Pandemie die Bezie- mitteilte. „Ein No Deal wurde abgewendet, ge- hungen zwischen China und der EU zu einem rade noch rechtzeitig“, zitiert ihn die SZ. Jochen zentralen Thema der deutschen EU- 20 Buchsteiner von der FAZ beschreibt detail- Ratspräsidentschaft gemacht. Daran hat sie liert, wie schnell es am Ende ging. „Die Sonder- trotz Corona festgehalten und den Abschluss sitzung hatte schon begonnen, als ein kleines mit China bis zuletzt vorangetrieben.“ Dabei Militärflugzeug auf dem Londoner Innenstadt- seien viele EU-Staaten bis zuletzt noch skep- flughafen landete. Darin befand sich der Ver- tisch gegenüber einem Abkommen gewesen, trag mit den Unterschriften, die EU- darunter die Niederlande und Frankreich. „Wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Merkel den französischen Präsidenten dazu und Charles Michel, der EU-Ratspräsident, am bewogen hat, bleibt ihr Geheimnis. Denkbar ist Morgen unter das Papier gesetzt hatten. Ein ein Deal, der vorsieht, dass die deutsche Kanz- Kurier brachte das Dokument in die Downing lerin das Abkommen in ihrer Ratspräsident- Street, wo es Boris Johnson nach den Debatten schaft unter Dach und Fach bringen kann, dass in beiden Kammern des Parlaments unter- die Übereinkunft aber erst unter der französi- zeichnen sollte“. Über Westminster habe an schen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr diesem Tag „keine Spannung“ gelegen. Nur fünf 2022 ratifiziert wird. Macron bliebe dann die Stunden sollte die Debatte dauern, an deren Möglichkeit, Druck auf Peking auszuüben, da- Ende die Zustimmung kam, trotz Widerstand mit bei der versprochenen Ratifizierung von aus der Opposition. „521 Parlamentarier Arbeitnehmerrechten wirklich etwas passiert“. stimmten für das Abkommen. 73 sprachen sich Kaiser bewertet das Abkommen aus zwei ver- dagegen aus“, berichtet Alexander Mühlauer schiedenen Aspekten. Handelspolitisch würde 21 für die Süddeutsche Zeitung . Oppositionsfüh- Brüssel viel Lob verdienen, „schließlich haben rer Keir Starmer argumentierte, dass es ohne sie erreicht, dass es für europäische Unter- die Zustimmung des Parlaments zu einem No- nehmen leichter wird, in China zu investieren Deal gekommen wäre. und Geschäfte zu machen […] Wenn man das Vertragswerk aber als Teil der wesentlich um- China-Abkommen: Die Handschrift von fassenderen Beziehungen von China und der Angela Merkel EU sieht und nicht nur aus merkantiler Per- spektive betrachtet, ist das Abkommen zu die- sem Zeitpunkt eine Zumutung.“ Es sei geopoli- Seit 2013 verhandelte die Europäische Union tisch der falsche Zeitpunkt für das Abkommen, mit China über ein Investitionsabkommen. nachdem China das ganze Jahr über mit Men- Deutschland wollte den Prozess während der schenrechtsverletzungen und Falschnachrich- Ratspräsidentschaft zu einem Abschluss brin- ten über die Pandemie aufgefallen war. Zudem gen. Auf einem großen Gipfel in Leipzig sollte gefährde das Abkommen das Verhältnis zu den das Abkommen im September unterzeichnet USA unter Joe Biden. „Wenige Tage vor der werden. Doch die Corona-Pandemie durch- Amtseinführung von Präsident Biden einen kreuzte die Pläne, stattdessen fand nur eine Vertrag mit China zu schließen, kommt aller- kurze Videokonferenz statt und es wurde stiller dings einem ausgestreckten Mittelfinger gleich, um das Thema. Mitte Dezember wurden dann der signalisiert: Im Zweifel ist der Marktzugang plötzlich Fortschritte verkündet, wie unter an- so wichtig, dass wir auf Biden nicht warten derem Dana Heide, Hans-Peter Siebenhaar 22 können.“ und Till Hoppe vom Handelsblatt berichte- „Mittelmäßiger Vertrag, mieser Zeitpunkt“, ten. Beide Seiten arbeiteten „unter Hochdruck“ lautet das auch das knappe Urteil von Bern- und mit „Zuversicht“ am Abschluss der Ver- 24 hard Zand von Spiegel Online . „Die Bedenken handlungen. aus den USA haben offenbar weder Brüssel „Und dann, in den letzten Wochen des Jah- noch Berlin beeindruckt, was einen Schatten res 2020, ging es plötzlich ganz schnell“, rekapi- 23 auf die künftige wirtschaftspolitische Zusam- tuliert Tobias Kaiser in der Welt . „Für den 30. menarbeit mit Washington wirft. Die nach Bi- Dezember, ausgerechnet in der Zeit zwischen dens Wahlsieg beschworene europäisch- den Jahren, in der Brüssel und die europäi-
6 Themenservice Deutsche EU-Ratspräsidentschaft – Bilanz und Ausblick amerikanische Geschlossenheit gegenüber deln sollte. […] Einfluss nehmen so gut es geht China muss Peking zunächst jedenfalls nicht ist die bessere Devise. Das Investitionsabkom- fürchten.“ Ein europäischer Diplomat verteidigt men ist eine Entscheidung für einen realpoliti- das Abkommen gegen die Kritik. Es sei „nicht schen Kurs.“ Durch das Abkommen würde die als Affront gegen die neue, sondern eher als EU die Menschenrechtsverletzungen nicht ab- Folge der eigennützigen Handelspolitik der segnen, das müsse sie nur deutlicher machen. scheidenden US-Regierung zu verstehen.“ Sanktionen wegen Hongkong hätten aber frü- „Die Europäische Union hat sich nicht gera- her kommen müssen. Auch bei dem Thema de den besten Zeitpunkt für ihre Einigung auf Zwangsarbeit habe die EU Sanktionsmöglich- ein Investitionsabkommen mit China ausge- keiten, die sie noch nutzen könne. „Nicht die sucht“, meint zwar auch Friederike Böge von gesamte Chinapolitik der EU kann eben mit 25 der FAZ mit Blick auf den Amtsantritt von einem Abkommen abgedeckt werden.“ Auch im Präsident Joe Biden. Allerdings gebe es dafür Verhältnis mit den USA sei es Biden, der „das nachvollziehbare Gründe, denn bis man sich Vertrauen der Europäer nach dem aggressiven mit der neuen amerikanischen Regierung auf Kurs seines Vorgängers erst wiedergewinnen eine gemeinsame China-Strategie einigen kön- muss. Die Europäer haben die Nervosität Pe- ne, würden Monate oder Jahre vergehen. „Auch kings vor dem Biden-Antritt für das Abkommen dann werden amerikanische und europäische genutzt.“ Daniel Caspary, der Vorsitzender der Interessen nicht deckungsgleich sein. In Brüssel CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, zeigt verweist man zudem darauf, dass die Amerika- sich ebenfalls zufrieden mit dem Abkommen. ner im vergangenen Jahr bereits ihr eigenes „Bei einem schwierigen Verhandlungspartner Handelsabkommen mit China geschlossen hät- wie China durfte man keine Wunder erwarten", 27 ten und dass die EU nun lediglich gleichziehe.“ zitiert ihn Tobias Kaiser in der Welt . „Das Auch dürfte Merkel vermutet haben, dass we- Abkommen ist ein erster Schritt hin zu einheitli- der ihr portugiesischer Nachfolger in Brüssel chen und von beiden Seiten akzeptierten Re- noch ein künftiger Bundeskanzler das Projekt geln im härter werdenden Wettbewerb." ähnlich engagiert vorangetrieben hätten. Zwar Nicole Bastian, Dana Heide, Hans-Peter sei es zweifelhaft, dass China seinen Zusagen Siebenhaar, Frank Specht und Klaus Strat- 28 zur Zwangsarbeit nachkommt. „Deshalb der EU mann beantworten im Handelsblatt die wich- einen Ausverkauf ihrer Werte vorzuwerfen, wie tigsten Fragen zum Abkommen. Darunter auch manche das tun, geht aber an der Realität vor- die Frage, wie es nun weitergehen wird: „Die bei. Niemand dürfte ernsthaft erwartet haben, finale Ratifizierung ist für Anfang 2022 vorge- dass China sich darauf einlässt, unabhängige sehen. Bis dahin muss der Text des Abkom- Gewerkschaften zuzulassen oder der Zwangs- mens übersetzt und juristisch überprüft wer- arbeit im eigenen Land ein Ende zu setzen. Um den. Dann müssen die Regierungen aller 27 EU- den Druck auf China zu erhöhen, braucht es Staaten − nicht deren Parlamente − und das EU- zusätzliche Instrumente und einen langen Parlament zustimmen.“ Atem.“ Im EU-Parlament sei das Abkommen „alles andere als ein Selbstläufer“, schreibt Daniel 29 Steinvorth in der NZZ . „Erst am 17. Dezem- ber verabschiedeten die Abgeordneten eine kritische Resolution zur Zwangsarbeit und zur Lage der unterdrückten muslimischen Minder- heit der Uiguren − mit nur 20 Gegenstimmen.“ EU-Erweiterung: Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel Einer der größeren Rückschläge für die deut- Charles Michel sche Ratspräsidentschaft ist der stockende Er- © European Union weiterungsprozesses auf dem Westbalkan. Durchaus positiv wird das Abkommen von Europa-Staatsminister Michael Roth macht ge- Nicole Bastian im Handelsblatt 26 bewertet. genüber Hans-Peter Siebenhaar vom Han- 30 „Zugegeben, einen schwierigeren diplomati- delsblatt „keinen Hehl“ daraus, wie enttäuscht schen Partner gibt es derzeit kaum. Das heißt er über diesen Umstand ist. „Natürlich bin ich aber nicht, dass die EU nicht mit China verhan- darüber enttäuscht, dass wir im Kreis der EU jetzt nicht den nächsten Schritt machen konn-
7 Themenservice Deutsche EU-Ratspräsidentschaft – Bilanz und Ausblick ten. Denn wir brauchen dringend positive Sig- reren Treffen „konstruktiv engagiert“ haben. nale für den Westbalkan. Auf dem Spiel steht „Entscheidend ist, dass am Ende eines Dialogs nicht weniger als unsere Glaubwürdigkeit“, sag- ein umfassendes Abkommen steht, das die te Roth dem Korrespondenten in Brüssel. „Wir vielen offenen Fragen nachhaltig regelt − und in müssen in die Puschen kommen. Denn Frieden, beiden Ländern politisch tragfähig ist. Das er- regionale Versöhnung und Demokratie auf dem möglicht Serbien und Kosovo perspektivisch Westbalkan sind für ganz Europa von zentraler den EU-Beitritt und trägt zur regionalen Stabili- strategischer Bedeutung, auch und gerade für tät bei“. Zuletzt betont die Diplomatin, dass die unmittelbare Nachbarschaft.“ Nun setze Deutschland sich durch den Vorsitz im Berliner Roth seine Hoffnungen auf die portugiesische Prozess auch nach dem Ende der Ratspräsi- Ratspräsidentschaft, um die Gespräche endlich dentschaft in der Region engagieren wird. „Wir einzuleiten. „Portugal weiß um die Bedeutung werden an den wichtigen Entscheidungen des des Balkans für die Stabilität ganz Europas. Ich letzten Berliner Prozess-Gipfels von Sofia an- vertraue darauf, dass Portugal den Beitrittspro- knüpfen, der erfolgreich einen von allen sechs zess vorantreiben wird.“ Ansonsten drohe der Westbalkanländern getragenen Gemeinsamen Balkan stärker in den Einflussbereich von Russ- Regionalen Markt aufgesetzt und beschlossen land, China und der Türkei zu geraten. „Wenn hat, sich eine ‚Green Agenda‘ zu geben.“ die EU auf dem Westbalkan ein Vakuum hinter- lässt, werden andere Mächte aus geostrategi- Ausblick auf die portugiesische EU- schen Gründen in dieses Vakuum stoßen, wel- Ratspräsidentschaft che die demokratischen Werte der Europäi- schen Union nicht teilen“, fürchtet Roth. „Man „Langweilig wird es für Portugal nicht werden, schneidet sich ins eigene Fleisch.“ wenn das Land im Januar die halbjährlich rotie- rende EU-Ratspräsidentschaft übernimmt“, prophezeien Hans-Peter Siebenhaar und 32 Sandra Louven im Handelsblatt . „Sein Vor- gänger Deutschland vererbt ihm eine Reihe unerledigter und schwieriger Themen − vom Migrationspakt bis zu den EU- Beitrittsverhandlungen mit dem Westbalkan. Seit Monaten stehen Lissabon und Berlin des- halb in engem Kontakt.“ Neben den alten Prob- lemen will Portugal auch eigene Schwerpunkte setzen. „Die geopolitische Tagesordnung ist das Kernstück der portugiesischen Ratspräsident- schaft“, zitiert die Zeitung den portugiesischen Michael Roth © European Union 31 Europaabgeordneten Paulo Rangel. „Es ist sehr Die Deutsche Welle sprach über das The- wichtig, die Beziehungen zu Indien auszubau- ma mit der Botschafterin Susanne Schütz, die en.“ Für den 8. Mai ist bereits ein hochrangiges im Auswärtigen Amt unter anderem als Beauf- Treffen zwischen der EU und Indien geplant, tragte für die Länder des Westlichen Balkans auch über ein Freihandelsabkommen werde verantwortlich ist und vorher die Botschaft in verhandelt. Durch die ehemalige Kolonie Goa Albanien führte. Sie zieht eine leicht optimisti- pflege Portugal eine besondere Beziehung zum sche Bilanz zum Ende der deutschen EU- Subkontinent. Ein zweiter Schwerpunkt sei die Ratspräsidentschaft. „Auch wenn sich die Men- Sozialpolitik. „Ziel Lissabons ist, die Wider- schen in der Region möglicherweise noch mehr standsfähigkeit Europas und das Vertrauen in erhofft hatten, muss man doch das Glas als das europäische Sozialmodell zu stärken. Dafür halbvoll sehen.“ Die Aufnahme der Beitrittsge- schlägt Lissabon einen Sozialgipfel vor.“ So sei- spräche mit Albanien und Nordmazedonien sei en die Erwartungen an die portugiesische Rats- eine wichtige Entscheidung gewesen, auch präsidentschaft in Brüssel nun auch hoch, je- wenn die Gespräche bis zum Jahresende nun doch könnte innenpolitischer Druck Premier- doch nicht beginnen konnten. Positiv bewertet minister António Costa ausbremsen, schätzen Schütz, dass es zu einer Wiederaufnahme des die Autoren. „Im eigenen Land steht die sozia- Normalisierungsdialogs zwischen dem Kosovo listische Minderheitsregierung von Premier und Serbien kam. Dies sei der Ernennung von Antonio Costa erheblich unter Druck. […] mit- Miroslav LajÍák zum Sonderbeauftragten der EU ten in der Pandemie will einer seiner bisherigen zu verdanken. Beide Seiten sollen sich auf meh- Partner, der populistische linke Block, keine
8 Themenservice Deutsche EU-Ratspräsidentschaft – Bilanz und Ausblick weitere Budgetdisziplin mehr mittragen. Die Aufgabe für das Land im Südwesten der Ge- Abstimmung über den neuen Haushalt gewann meinschaft an.“ Hierfür müssten zunächst die Costa nur denkbar knapp. Eine politische Krise Reformpläne gebilligt werden, was Portugal kann sich das Land ausgerechnet jetzt aber deswegen zu einer Priorität erklärt. Auch Por- nicht leisten. […] Womöglich helfen Erfolge auf tugal selbst brauche die Hilfsgelder aus der europäischer Ebene auch daheim. Der selbst „Bazooka“ nämlich dringend. Auch die schwie- gesteckte Anspruch ist jedenfalls groß.“ In ei- rige Aufgabe einer EU-Asylreform würde nun 33 nem früheren Handelsblatt -Artikel loben Sie- an Portugal übergehen. „Dabei macht sich nie- benhaar und Louven Premier Costa als mand in Brüssel Illusionen, dass quasi über Dealmaker: „Wenn es eine Eigenschaft gibt, die Nacht ein Konsens unter den Mitgliedstaaten António Costa charakterisiert, dann ist es sein erreicht werden könnte.“ Zu groß seien noch enormes Geschick, Kompromisse zu schmie- die Differenzen zwischen den Mitgliedsstaaten, den.“ Dies habe er mit seiner Minderheitsregie- heiße es in EU-Diplomatenkreisen. „Da rung in Portugal bewiesen. „Sein Talent, ver- Deutschland nach der Abgabe des Ratsvorsit- meintlich unversöhnliche Positionen zusam- zes in der Migrationspolitik nicht mehr zwi- menzuführen, wird er brauchen, wenn Portugal schen allen 27 EU-Staaten vermitteln muss, ab Januar von Deutschland die EU- wird Berlin bei der Diskussion voraussichtlich Ratspräsidentschaft übernimmt.“ ab Januar wieder eigene nationale Belange in den Vordergrund rücken.“ Weitere Informationen Offizielle Bilanz der deutschen EU- Ratspräsidentschaft, herausgegeben vom Auswärtigen Amt. Gemeinsame Erklärung von Bundeskanzle- rin Merkel und Portugals Ministerpräsiden- ten António Costa. Interview mit Portugals Außenminister San- tos Silva. Charles Michel und António Costa © European Union Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft in Costas besonderes Interesse an Indien Zahlen. könnte auch mit seiner Familiengeschichte zu- „Quo vadis Britannia?“: Eine Analyse der sammenhängen, wie Anna-Lena Ripperger in Folgen des Brexit von unserem KAS- 34 der FAZ erklärt. Dessen Vater stammt aus der Auslandsbüro Großbritannien und Irland. 37 früheren Kolonie Goa. Neben Indien steht auch Handelsblatt : Chronologie des Brexit vom die ehemalige Kolonie Mosambik auf der Agen- ersten Referendum 2013 bis heute. da, wie Tilo Wagner vom Deutschlandfunk im 35 eu2020.de: Die offizielle Webseite der Bun- Gespräch mit Portugals Außenminister Santos desregierung zu der Ratspräsidentschaft. Silva erfuhr: „Die portugiesische Ratspräsident- Auf der offiziellen Themenseite der Kon- schaft wird den Hohen Vertreter für die ge- rad-Adenauer-Stiftung finden Sie aktuelle meinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU Interviews sowie auch Veranstaltungen und hier unterstützen. Die Lage in Mosambik war Publikationen zur deutschen EU- das erste Thema, das ich mit dem Hohen Ver- Ratspräsidentschaft. treter beim unserem ersten Treffen in Vorbe- reitung unsere EU-Ratspräsidentschaft bespro- chen habe.“ 36 Albrecht Meier vom Tagesspiegel schätzt, dass auch für Portugal die Corona-Pandemie und ihre Folgen das wichtigste Thema sein werde. „Nicht nur ist Portugal in der Coronakri- se bei der Koordinierung der Impfstoffeinkäufe, -genehmigungen und -kampagnen auf EU- Ebene gefordert. Zudem steht mit der Umset- zung des 750-Milliarden-Fonds mit den euro- paweiten Corona-Hilfen eine entscheidende Angela Merkel und António Costa © European Union
9 Themenservice Deutsche EU-Ratspräsidentschaft – Bilanz und Ausblick 1 Werner Mussler, Geschäftig bis in die letzten Stunden, Brexit-Pakt genau prüfen, Welt Online, 25.12.2020, faz.net, 31.12.2020, https://www.welt.de/politik/ausland/article223221344/Brexi https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/warum-angela- t-Deal-besser-als-kein-Deal-Wirtschaft-will-Pakt- merkel-die-wichtigste-eu-politikerin-ist-17124904.html pruefen.html 2 15 Matthias Kolb, Michael Clauß: Angela Merkels Marathon- Stefanie Bolzen/ Tobias Kaiser/ Christoph B. Schiltz, Das Mann in Brüssel, sueddeutsche.de, 21.12.2020, sind die Antworten auf die wichtigsten Fragen zum „Brexit- https://www.sueddeutsche.de/meinung/profil-michael- Deal“, Welt Online, 24.12.2020, clauss-1.5154740 https://www.welt.de/politik/ausland/plus223203722/Brexit- 3 Christoph B. Schiltz, Nach Angela Merkel werden wir eine Deal-Das-sind-die-Antworten-auf-die-wichtigsten- andere EU erleben, Welt Online, 25.12.2020, Fragen.html 16 https://www.welt.de/debatte/kommentare/plus223113934/ Hendrik Kafsack, Was ändert das Abkommen zwischen Deutsche-Bilanz-Nach-Angela-Merkel-werden-wir-eine- Großbritannien und der EU?, faz.net, 27.12.2020, andere-EU-erleben.html https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/brexit-was-aendert- 4 Alexander Weber, "Die Bilanz der Ratspräsidentschaft ist das-abkommen-zwischen-eu-grossbritannien- gut". Interview mit Peter Becker, Münchner Merkur, 17120048.html 17 31.12.2020, https://www.swp- o.A., Die EU ist bereit – Brexit-Handelspakt startet am 1. ber- Januar 2021, Welt Online, 29.12.2020, lin.org/fileadmin/contents/products/medienbeitraege/Beck https://www.welt.de/wirtschaft/article223451956/Die-EU- er_Bilanz_der__Ratspr%C3%A4sidentschaft_M%C3%BCnche ist-bereit-Brexit-Handelspakt-startet-am-1-Januar- ner_Merkur_12_2020.pdf 2021.html 5 18 Bernd Riegert, EU: Gemischte Bilanz der deutschen Albrecht Meier, Im Eiltempo, tagesspiegel.de, 28.12.2020, "Corona-Präsidentschaft", Deutsche Welle, 30.12.2020, https://www.tagesspiegel.de/politik/nach-der-einigung-auf- https://www.dw.com/de/eu-gemischte-bilanz-der- das-handelsabkommen-im-eiltempo/26753910.html 19 deutschen-corona-pr%C3%A4sidentschaft/a-55950236 o.A., Der Brexit wird Realität, sueddeutsche.de, 6 Detlef Drewes, Viel erreicht, einiges versäumt, ga.de, 31.12.2020, https://www.sueddeutsche.de/politik/brexit- 28.12.2020, https://ga.de/news/politik/ausland/deutsche- handelsabkommen-konsequenzen-1.5162590 20 eu-ratspraesidentschaft-viel-erreicht-einiges- Jochen Buchsteiner, „Wir werden die besten Freunde, die versaeumt_aid-55414271 die EU haben kann“, faz.net, 30.12.2020, 7 Katarina Barley/ Franziska Brantner, Ein Sieg der Parla- https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/britisches- mente, faz.net, 05.01.2021, unterhaus-stimmt-fuer-brexit-handelsvertrag- https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/eu- 17124654.html 21 rechtsstaatlichkeit-ungarn-und-polen-haben-nicht- Alexander Mühlauer, Johnson träumt von "Global Bri- gewonnen-17130200.html tain", sueddeutsche.de, 30.12.2020, 8 Markus Becker, Merkels Notoperation in Brüssel, Spiegel https://www.sueddeutsche.de/politik/brexit-vertrag- Online, 28.12.2020, unterhaus-johnson-1.5162226 22 https://www.spiegel.de/politik/ausland/deutsche-eu- Dana Heide/ Hans-Peter Siebenhaar/ Till Hoppe, Investi- praesidentschaft-notoperation-bruessel-a-00000000-0002- tionsabkommen: EU und China verhandeln unter Hoch- 0001-0000-000174629127 druck über Streitpunkte, Handelsblatt online, 15.12.2020, 9 Hans-Peter Siebenhaar/ Jan Hildebrand/ Frank Specht/ https://www.handelsblatt.com/politik/international/wirtsch Klaus Stratmann/ Jens Münchrath, Deutschland hat seine aftspolitik-investitionsabkommen-eu-und-china- Ziele erreicht – mit Pragmatismus und Hartnäckigkeit, verhandeln-unter-hochdruck-ueber- Handelsblatt online, 31.12.2020, streitpunkte/26719438.html?ticket=ST-15340726- https://www.handelsblatt.com/politik/international/eu- ruIZ1K066EyovYkpCZsv-ap2 23 ratspraesidentschaft-deutschland-hat-seine-ziele-erreicht- Tobias Kaiser, China steigt auf, Europa steigt ab, Welt mit-pragmatismus-und- Online, 01.01.2021, hartnaeckigkeit/26758296.html?ticket=ST-1691925- https://www.welt.de/debatte/kommentare/article22361289 MSUeYPNjc2q9Crk1dFp9-ap2 6/EU-China-Deal-China-steigt-auf-Europa-steigt-ab.html 10 24 Karoline Meta Beisel/ Björn Finke/Matthias Kolb, Die Bernhard Zand, Mittelmäßiger Vertrag, mieser Zeitpunkt, Bilanz der deutschen EU-Ratspräsidentschaft kann sich Spiegel Online, 31.12.2020, sehen lassen, sueddeutsche.de, 29.12.2020, https://www.spiegel.de/wirtschaft/mittelmaessiger-vertrag- https://www.sueddeutsche.de/politik/europaeische-union- mieser-zeitpunkt-a-ddf654fb-077e-4908-9c04- deutsche-ratspraesidentschaft-bilanz-1.5160801 aa60839a0074 11 25 Jochen Buchsteiner/ Thomas Gutschker, Champagner Friederike Böge, Die EU glaubt an den Markt, China an die wurde nicht getrunken, faz.net, 27.12.2020, Waffe, faz.net, 06.01.2021, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/rekonstruktion- https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/handelsabkom der-brexit-einigung-zwischen-eu-und-grossbritannien- men-die-eu-glaubt-an-den-markt-und-china-an-die-waffe- 17120253.html 17131708.html 12 26 Vanessa Vu, "Besser als nichts", Zeit Online, 25.12.2020, Nicole Bastian/ Jens Münchrath, Ist es richtig, dass sich https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-12/brexit-deal- die EU jetzt mit China auf ein Investitionsabkommen geei- presse-handelsabkommen-wirtschaft-einigung- nigt hat?, Handelsblatt online, 04.01.2021, verhandlungen https://www.handelsblatt.com/meinung/kommentare/pro- 13 o.A., „Das Abkommen ist besser als kein Abkommen“, und-contra-ist-es-richtig-dass-sich-die-eu-jetzt-mit-china- wiwo.de, 25.12.2020, auf-ein-investitionsabkommen-geeinigt- https://www.wiwo.de/politik/europa/reaktionen-auf-den- hat/26764288.html?ticket=ST-1759614- brexit-deal-das-abkommen-ist-besser-als-kein- Fr5f7mDZh4NoNbcGu5Vo-ap2 27 abkommen/26749204.html Tobias Kaiser, Was der EU-China-Pakt für Deutschland 14 o.A., „Ein Deal ist besser als kein Deal“ – Wirtschaft will bedeutet, Welt Online, 30.12.2020,
10 Themenservice Deutsche EU-Ratspräsidentschaft – Bilanz und Ausblick https://www.welt.de/wirtschaft/article223425872/Investitio nsabkommen-mit-Peking-Darum-geht-es-im-EU-China- Deal.html 28 Nicole Bastian/ Dana Heide/ Hans-Peter Siebenhaar/ Frank Specht/ Klaus Stratmann, Der Deal steht: Bei welchen Fragen sich die EU durchgesetzt hat – und wo China, Han- delsblatt online, 31.12.2020, https://www.handelsblatt.com/politik/international/investiti onsabkommen-der-deal-steht-bei-welchen-fragen-sich-die- eu-durchgesetzt-hat-und-wo-china/26758948.html 29 Daniel Steinvorth, Der Pakt mit China lässt noch viele Fragen offen, nzz.ch, 07.01.2021, https://www.nzz.ch/international/eu-pakt-mit-china-laesst- fragen-offen-ld.1595098 30 Hans-Peter Siebenhaar, Europa-Staatsminister Roth kritisiert Blockadehaltung bei EU-Erweiterung auf dem Balkan, Handelsblatt online, 31.12.2020, https://www.handelsblatt.com/politik/international/beitritts kandidaten-europa-staatsminister-roth-kritisiert- blockadehaltung-bei-eu-erweiterung-auf-dem- balkan/v_detail_tab_comments/26753884.html 31 Adelheid Feilcke, Susanne Schütz: EU-Integration des Westbalkans - ein strategisches Ziel. Interview mit Susanne Schütz, Deutsche Welle, 28.12.2020, https://www.dw.com/de/susanne-sch%C3%BCtz-eu- integration-des-westbalkans-ein-strategisches-ziel/a- 56075097 32 Hans-Peter Siebenhaar/ Sandra Louven, EU- Ratspräsidentschaft: Portugal stellt Geopolitik in den Vor- dergrund, Handelsblatt online, 01.01.2021, https://www.handelsblatt.com/politik/international/stabwe chsel-eu-ratspraesidentschaft-portugal-stellt-geopolitik-in- den-vordergrund/26743894.html 33 Hans-Peter Siebenhaar/ Sandra Louven, EU- Ratspräsidentschaft: Portugals Premier gilt als begnadeter Verhandler, Handelsblatt online, 27.12.2020, https://www.handelsblatt.com/politik/international/antnio- costa-eu-ratspraesidentschaft-portugals-premier-gilt-als- begnadeter-verhandler/26748466.html 34 Anna-Lena Ripperger, Mit Wurzeln in Indien, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.01.2021. 35 Tilo Wagner, Portugal will Aufmerksamkeit auf Terror in Mosambik lenken, Deutschlandfunk, 31.12.2020, https://www.deutschlandfunk.de/programm-fuer-eu- ratspraesidentschaft-portugal- will.795.de.html?dram:article_id=490118 36 Albrecht Meier, Portugal will rasche Auszahlung der Corona-Hilfsmilliarden sicherstellen, tagesspiegel.de, 30.12.2020, https://www.tagesspiegel.de/politik/berlin- uebergibt-eu-vorsitz-an-lissabon-portugal-will-rasche- auszahlung-der-corona-hilfsmilliarden- sicherstellen/26758298.html 37 Sören Imöhl/ Angelika Ivanov, Die Chronologie des Brexits - der EU-Austritt Großbritanniens zusammenge- fasst, Handelsblatt online, 04.01.2021, https://www.handelsblatt.com/politik/international/brexit- zusammenfassung-die-chronologie-des-brexits-der-eu- austritt-grossbritanniens-zusammengefasst/24097616.html
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