Therapeutischer Plasmaaustausch - mit der multiFiltratePRO - Grundlagen und Indikationen - Fresenius Medical Care
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Akut-Therapie-Systeme Therapeutischer Plasmaaustausch mit der multiFiltratePRO – Grundlagen und Indikationen
Diese Broschüre enthält allgemeine Ausführungen über die Grundlagen und Indikationen des therapeu- tischen Plasmaaustausches und ist ausschließlich für informationelle Zwecke bestimmt. Die hierein enthal- tenen Informationen stellen keinen medizinischen Rat dar und ersetzen nicht das Urteil oder die Erfahrung des jeweils behandelnden Arztes und des Pflegeper- sonals. Die Behandlung der Patienten sowie die Ent- scheidung über konkrete Behandlungsmaßnahmen, einschließlich die Entscheidung für oder gegen den Einsatz des therapeutischen Plasmaaustausches, lie- gen in der alleinigen Verantwortung der behandeln- den Ärzte bzw. des jeweiligen Gesundheitsdienstleis- ters. Die in dieser Broschüre aufgeführten Therapien sind teilweise noch nicht etablierte Standards und Gegen- stand intensiver Forschung. Um zu gewährleisten, dass die bereitgestellten Informationen den Stand des publizierten Wissens zum Zeitpunkt der Veröf- fentlichung entsprechen, haben die Verfasser sich daher Quellen bedient, die als zuverlässig einzustufen sind: Medizinische Leitlinien, Übersichtsarbeiten und ausgewählte klinische Studien. Trotz größtmöglicher Sorgfalt kann nicht gewährleistet werden, dass die darin enthaltenen Informationen fehlerfrei sind. Daher kann keine Haftung für etwaige Folgen aus dem Ge- brauch dieser Informationen übernommen werden. Den Lesern wird empfohlen, sich nicht allein auf die in dieser Broschüre enthaltenen Informationen zu stüt- zen, sondern sich selbst ein Bild anhand der aktuel- len wissenschaftlichen Literatur zu machen. Darüber hinaus ersetzt diese Broschüre nicht die sorgfältige Lektüre der Gebrauchsanweisung der je- weils eingesetzten Medizinprodukte und Arzneimittel. Die jeweiligen Gebrauchsanweisungen, die geltenden Richtlinien und Vorschriften der örtlichen Behörden sowie die jeweils gültigen Hygienevorschriften sind stets zu beachtet. Bei Zeichen bzw. Namen, die mit ® gekennzeichnet sind, handelt es sich um eingetragene Marken der Fresenius-Gruppe in den jeweiligen Ländern. 2
Inhalt Therapeutischer Plasmaaustausch mit der multiFiltratePRO – Grundlagen und Indikationen 1 1. Wirkprinzip des therapeutischen Plasmaaustauschs 4 1.1. Funktionsweise 4 1.2. Zielmoleküle 6 1.3. Substitutionslösungen 7 2. Anwendung der Plasmaseparation mit der multiFiltratePRO 8 2.1. Technische und personelle Voraussetzungen 8 2.2. Antikoagulation 8 2.3. Substitutionsvolumen (Dosis) 9 2.4. Zyklen und Therapieregime 10 2.5. Monitoring 12 2.6. Vermeidung von Komplikationen 12 3. Einsatzbereiche für den Plasmaaustausch in der Intensivmedizin 14 3.1. Akute, lebensbedrohliche Pankreatitis mit ausgeprägter Hypertriglyzeridämie 16 3.2. Thrombotische Mikroangiopathien 17 3.3. Vaskulitiden 18 3.4. Rasch progrediente Glomerulonephritis (Rapidly Progressive Glomerulonephritis / RPGN) 20 3.5. Fokal-segmentale Glomerulosklerose 21 3.6. Anti-GBM-Erkrankung (Goodpasture-Syndrom) 22 3.7. Autoimmune Enzephalitiden 23 3.8. Myasthenia gravis und Lambert-Eaton-Myasthenie-Syndrom (LEMS) 24 3.9. Guillain-Barré-Syndrom (GBS) und chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP) 26 3.10. AB0-inkompatible Transplantation, Transplantation bei HLA-sensibilisierten Empfängern und antikörpervermittelte Transplantatabstoßung 28 Abkürzungsverzeichnis 30 Literatur 31 3
Wirkprinzip des therapeutischen Plasmaaustauschs 1 1.1. Funktionsweise wird. Die Abtrennung erfolgt über Filtermembranen oder durch Zentrifugation. Die multiFiltratePRO arbei- Der therapeutische Plasmaaustausch (TPE), auch als tet nach dem Prinzip der Membranplasmaseparation Plasmapherese bezeichnet, ist ein Verfahren zur un- (MPS) und ist damit eine spezifische Form des TPE. spezifischen Entfernung hochmolekularer, nicht- Neben der Abtrennung des Plasmas können auch zellulärer Bestandteile aus dem Blut. TPE ist das am spezifische Plasmafaktoren mittels FFP als therapeu- längsten angewandte Verfahren zur Entfernung pa- tische Maßnahme verabreicht werden (Abbildung 1).2 thogener Proteine aus dem Blut und hat die meisten Kategorie 1-Indikationen in den Leitlinien der AFSA.1 Der Plasmaustausch ist ein Verfahren, mit dem Plasmabestandteile unspezifisch entfernt werden; Beim TPE wird das Plasma extrakorporal von den spezifische Verfahren zur Entfernung einzelner Plas- zellulären Blutkomponenten abgetrennt und meist mabestandteile sind z.B. die Lipoproteinapherese durch isovolämische, isoonkotische Flüssigkeit wie oder die Immunapherese. Humanalbumin oder Frischplasma (FFP) ersetzt, die mit den zellulären Blutbestandteilen retransfundiert 1. Blut wird dem Patienten entnommen. 2. Das Blut wird durch den 3 Plasmafilter geleitet, Plasma wird abgetrennt und in den Filtratbeutel geleitet. 3. Substituat angepasst 4 an die Bedürfnisse des Patienten (z. B. Human- albumin, FFP). 5 4. Zwei aufeinanderfolgende Heizbeutel ermöglichen das Erwärmen des Substituats. 5. Das Blut wird zum Patienten zurückgeführt. 1 2 Die Indikationen für TPE umfassen ausgewählte Diagnosen aus verschiedenen Fachgebieten: • Neurologie • Transplantationen • Hämatologie • Nephrologie Abbildung 1: Funktionsprinzip des TPE mittels Membranplasmaseparation (MPS) 4
Die multiFiltratePRO Einfaches Aufrüsten Integrierte automatische Berechnung Die Touchscreen-Bedienoberfläche führt des Plasmavolumens den Anwender durch den Aufbau des Sys- Das Plasmavolumen des Patienten und tems für den TPE einschließlich Spülen das entsprechende Plasmaaustauschvolu- und Vorfüllen. men können mit Hilfe des Plasmarechners der multiFiltratePRO berechnet werden.3 Wichtige Informationen auf dem Bildschirm Druckanzeige, ausgetauschtes Volumen Plasmabeutelhalter und Ziel-Plasmavolumen, Behandlungs- In die obere Waagschale gestellt verein- zeit, Flüsse und Druckhistorie. facht der Plasmabeutelhalter den Umgang mit Flasche und Beutel in Augenhöhe. Automatische Steigerung der Plasma- Zwei integrierte Heizbeutel für filtrationsmenge Substituat Die multiFiltratePRO hat ein Verfahren zum Zwei integrierte Heizbeutel wärmen die schrittweisen Hochlauf des Plasma-Blut- Substituatlösung behutsam an, um das Verhältnisses implementiert, um für einen Auskühlen des Patienten zu reduzieren. sanfteren Start der Plasmaseparation so- wie für stabilere Filtrationsbedingungen zu sorgen. Gegenüber einer manuellen schrittweisen Steigerung des Plasma-Blut- Verhältnisses ist dies mit Zeitersparnis für den Anwender verbunden (Abbildung 2). Phase 1 Phase 2 Phase 3 Filterkonditionierung Steigerung des Plasma-Blut-Verhältnisses Gewünschtes Plasma-Blut- Das Blut des Patienten zirkuliert Mit Beginn der Plasmaseparation wird das Verhältnis ist erreicht automatisch, damit eine dün- Plasma-Blut-Verhältnis in einem automatisier- ne Proteinschicht auf der Mem- ten Prozess schrittweise auf den gewünsch- bran des Plasmafilters entste- ten Wert erhöht. hen kann. Plasma-Blut-Verhältnis Zeit Abbildung 2: Automatische Steigerung des Plasma-Blut-Verhält- nisses mit der multiFiltratePRO, um stabile Filtrationsverhältnisse aufzubauen4 5
1.2. Zielmoleküle Aufgrund der unspezifischen Natur der Plasma- separation ist der Plasmaaustausch bei einem weiten Der Plasmaaustausch entfernt einen Großteil der Pro- Spektrum schwerer Erkrankungen einsetzbar. Dies teine und proteingebundene Substanzen aus dem erfordert eine enge Kooperation der Fachgebiete mit Blut. Dazu zählen autoimmune Antikörper, Immun- der technischen Expertise für extrakorporale Verfah- komplexe oder proteinbasierte Toxine, aber auch ren, also Nephrologen, Transfusions- und Intensiv- niedermolekulare Pathogene mit einem geringen Ver- mediziner, mit den jeweiligen behandelnden Fach- teilungsvolumen und hoher Proteinaffinität.5 Ebenso disziplinen der Transplantationsmedizin, Neurologie, entfernt der Plasmaaustausch einen Teil der nicht Kardiologie, Hämatologie, Onkologie und Pädiatrie. pathogenen Proteine wie Albumin oder Gerinnungs- Ein aktueller Überblick über alle Indikationen, in de- faktoren, die teilweise durch die Substitutionsflüssig- nen der Plasmaaustausch und andere Apherese- keit ersetzt werden. verfahren regelmäßig eingesetzt werden, publiziert die Amerikanische Gesellschaft für Apherese (American Mit dem Plasmaaustausch kann ein breites Spektrum Society for Apheresis/ASFA).8 Der Plasmaaustausch krankheitsrelevanter Moleküle mit hohem Moleku- wird dort als Therapeutic plasma exchange (TPE) be- largewicht eliminiert werden. Für den sinnvollen Ein- zeichnet. Die ASFA gibt in regelmäßigen Abständen satz eines Plasmaaustauschs können folgende Über- eine Übersicht aller Indikationen heraus, zu denen legungen zu den Eigenschaften der Zielsubstanzen mindestens 10 Fallberichte in Zeitschriften mit Peer- herangezogen werden: Review vorliegen.8 Die Übersicht 2019 listet 84 ver- • Die Zielsubstanzen sind akut toxisch und/oder schiedene Indikationen für den Einsatz des TPE auf. nicht durch konventionelle Therapien beeinfluss- Die Evidenz zum Einsatz verschiedener Verfahren in bar, sodass eine schnelle extrakorporale Elimina- diesen Indikationen wird strukturiert bewertet und mit tion indiziert ist6 Empfehlungen versehen. In der Expertenkommission, • Das Molekulargewicht der Substanzen liegt über die diese Bewertungen vornimmt, sind auch europäi- 15.000 Dalton, sodass andere Methoden wie eine sche Experten vertreten. Hämodialyse nicht in Betracht kommen6 • Die Gesamtclearance der Substanzen kann vor- aussichtlich durch Plasmaaustausch um mehr als 30 % erhöht werden7 • Die Verweildauer im Gefäßsystem ist ausreichend lang, um durch den Plasmaaustausch therapeu- tisch relevante Zeiträume mit niedrigen Plasma- spiegeln zu erzielen6 6
1.3. Substitutionslösungen mit akuter Blutungsgefahr, z.B. nach Nierenbiopsie innerhalb der letzten drei Tage oder bei aktiver alveo- Zur Substitution des separierten Plasmas wird das lärer Hämorrhagie.9 entzogene Volumen einer Substitutionslösung in den Kreislauf des Patienten infundiert. Indikationsabhän- Plasmaderivate können zur spezifischen Substi- gig werden vor allem Humanalbuminlösung, FFP tution von bestimmten Plasmabestandteilen wie und/oder Plasmaderivate eingesetzt. Gerinnungsfaktoren oder Immunglobulinen eingesetzt werden. Eine Übersicht der relevanten Aspekte für Humanalbumin-Lösung (5 %) ist leicht hypoonkotisch die Wahl der Substitutionslösungen findet sich in bis annähernd isoonkotisch gegenüber normalem Tabelle 1. humanen Plasma und stellt das mengenmäßig wichtigste Trägermolekül im Blut sofort wieder zur Tabelle 1: Aspekte zur Auswahl von Substitutionslösungen. Modifiziert nach Kaplan 2013, Padmanabhan et al 2019, Heibel et al 2019, Kaplan Verfügung. Allerdings besteht insbesondere bei 20126, 8-10 einem regelmäßigen Plasmaaustausch über mehrere Humanalbumin Gefrorenes Frischplas- Anwendungen hinweg die Gefahr einer Depletion von ma Koagulationsfaktoren und Immunglobulinen.6, 8 Nach Gerinnungs- Keine enthalten, Gefahr In FFP enthalten, Aktivität faktoren einer Verdünnungs- nicht standardisiert einem einmaligen Plasmaaustausch erreichen die koagulopathie partielle Prothrombinzeit und Thrombinzeit nach ca. Bei Hämophilie A (Faktor VIII-Mangel) wird Faktor 4 Stunden wieder den Ausgangswert, die Prothrom- VIII gesondert zugeführt binzeit nach ca. 24 Stunden. Immunglobuline Keine enthalten In FFP enthalten, Aktivität nicht standardisiert Dies setzt allerdings voraus, dass die Synthesefunkti- Potentiell erhöhtes Infektionsrisiko durch Höheres Risiko on des Patienten nicht krankheitsbedingt einge- Depletierung der anaphylaktoider schränkt ist. Die Serumspiegel der Immunglobuline Immunglobuline Reaktionen im Vergleich zu Humanalbumin- werden durch einen Plasmaaustausch um ca. 60 % lösungen reduziert.6 Einsatzbereiche Standard-Substitutions- Bei Patienten mit flüssigkeit erhöhtem Blutungsrisiko Bei wiederholter FFP ersetzt als Substitutionsflüssigkeit zusätzlich Behandlung mit starken Verdünnungseffekten Immunglobuline und alle Gerinnungsfaktoren. Die Verwendung von FFP wird empfohlen bei Patienten 7
Anwendung der Plasmaseparation mit der 2 multiFiltratePRO 2.1. Technische und personelle 2.2. Antikoagulation Voraussetzungen Zur systemischen Antikoagulation bei Plasmaaus- Aphereseverfahren erfordern bei ärztlichem und tausch werden überwiegend Heparinlösungen einge- pflegerischem Personal umfangreiche Erfahrungen setzt. Die Dosierung der Antikoagulantien richtet sich in der Betreuung von Patienten mit extrakorporalen initial nach den Empfehlungen der Gerätehersteller, Kreisläufen und der Behandlung potentieller Kom- den Erfahrungen mit den jeweiligen Systemen und plikationen. Ärzte müssen über intensivmedizini- dem klinischen Zustand des Patienten. Bei Verwen- sche Erfahrung verfügen. Die Apheresestandards der dung von Heparin müssen eine erhöhte systemische Deutschen Gesellschaft für Nephrologie empfehlen Blutungsneigung und das Risiko einer Thrombozyto- den Nachweis der selbständigen Durchführung von penie beachtet werden.11 Aphereseverfahren in mehreren Krankheitsbildern un- ter Leitung eines in den Verfahren erfahrenen Neph- rologen über mindestens 6 Monate als Befähigungs- nachweis.11 Das mit der Durchführung betraute Pflegepersonal sollte nach der Einweisung in die Vorbereitung und Durchführung des Plasmaaustauschs durch den An- bieter des Aphereseverfahrens oder den Geräteher- steller mindestens einmal jährlich an einer apherese- bezogenen Fortbildung teilnehmen.11 Für den Plasmaaustausch reichen Blutflüsse zwi- schen 50-120 ml für zentrifugenbasierte und 150-200 ml/min für membranbasierte Systeme aus.12 Die meisten Patienten erhalten für den TPE einen zentralvenösen Zugang, z.B. einen Shaldon-Kathe- ter, mit dem ein zuverlässigerer Blutfluss gewährleis- tet werden kann.12 8
2.3. Austauschvolumen (Dosis) Patienten entspricht, die Ausgangskonzentration von Serumproteinen um etwa 63 % gesenkt werden. Das zu behandelnde Plasmavolumen in einer Ein- Eine Erhöhung des Austauschvolumens auf das zelbehandlung entspricht der „Dosierung“ des Ver- 1,4fache Plasmavolumen erhöht die Eliminationsrate fahrens. Das Plasmavolumen eines Patienten wird auf ca. 75 %. Eine weitere Erhöhung des Austausch- anhand von Geschlecht, Größe, Gewicht und volumens verbessert die Effizienz nur marginal, daher Hämatokrit abgeschätzt.11 Zudem müssen erkran- werden meist keine höheren Austauschvolumina ge- kungsspezifische Parameter wie der aktuelle Patho- wählt.6 gentiter und die angestrebte Absenkung, die Korrela- Die grundlegenden Berechnungen des zu behan- tion von Symptomatik und Pathogenspiegeln und die delnden Plasmavolumens erfolgen anhand der For- begleitende Therapie berücksichtigt werden, um das meln von Nadler, Sprenger oder Pearson.11 Mit der gewünschte Behandlungsvolumen festzulegen. multiFiltratePRO kann direkt an der Maschine das be- Die erreichbaren Reduktionsraten der Pathogene sind nötigte Volumen anhand der Formel von Sprenger abhängig vom Volumen des gesamten behandelten berechnet werden.3 Plasmas (Austauschvolumen). So kann mit einem Austauschvolumen, das dem Plasmavolumen des Abbildung 3: Effizienz der Membran- 100 plasmaseparation im Verhältnis zum aus- getauschten Plasmavolumen (modifiziert 90 nach Kaplan 2013)6 80 (ePV = errechnetes Plasmavolumen) Verbleibendes unbehandeltes Behan- 70 deltes Behan- Plasmavolumen (%) Plasma deltes Behandeltes 60 ~63 % Plasma Plasma ~78 % ~86 % 50 40 ~37 % 30 ~22 % 20 ~14 % 10 0 0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 Ausgetauschtes Plasmavolumen (Vielfaches des ePV des Patienten) 9
2.4. Zyklen und Therapieregime Für viele Indikationen sind spezifische Behandlungs- zyklen in Kombination mit medikamentösen Maß- Bei hochmolekularen Pathogenen wie Immunglo- nahmen entwickelt worden, die dem Krankheitsver- bulinen, Lipoproteinen oder Kryoglobulinen kommt lauf und dem zu erreichenden Zieltiter des Pathogens es nach einem Plasmaaustausch regelmäßig zu ei- Rechnung tragen. So kann es z.B. sinnvoll sein, nur nem erneuten Konzentrationsanstieg, unter anderem alle zwei Tage zu behandeln, nachdem das Patho- durch Diffusion aus dem Gewebe und Resynthese.6 gen durch Rediffusion in das Gefäßsystem wieder Daher wird der Plasmaaustausch in der Regel in Be- ein Fließgleichgewicht mit seinen extravasalen Quel- handlungszyklen über mehrere Tage durchgeführt, len erreicht hat.6 In Tabelle 2 sind die intravaskulären um neu synthetisierte oder aus dem Gewebe in das Konzentrationen und der tägliche Umsatz wichtiger Gefäßvolumen diffundierte Pathogene zu eliminieren. Proteine aufgelistet. Je höher der intravaskuläre An- Die Pathogentiter nehmen im Verlauf der Behandlung teil, desto mehr Proteine können mit einem Plasma- in einem charakteristischen sägezahnartigen Muster austausch entfernt werden, und je höher der Umsatz, ab (Abbildung 4). Die Kenntnis der Kinetik im Gefäß- desto mehr Protein wird innerhalb eines Tages nach- system und der Syntheserate pathologisch relevanter gebildet.6 Proteine ist daher von großer Bedeutung für die Pla- nung der Behandlungszyklen. Abbildung 4: Verlauf der IgG-Serumspiegel Abnahme des IgG-Spiegels mit TPE während drei aufeinanderfolgenden Be- handlungen. Nach dem Plasmaaustausch 100 Anteil gegenüber Ausgangskonzentration (%) steigen die intravaskulären Spiegel durch Vor TPE Resynthese und Diffusion wieder an. Mo- Nach TPE difiziert nach Kaplan 20136 80 60 40 20 0 0 1 2 3 4 Tage 10
Tabelle 2: Übersicht über den intravaskulären Anteil verschiedener Proteine am Gesamt-Körper- pool und dem Anteil, der täglich erneuert wird. Modifiziert nach Kaplan 20136 Physiologische Proteine Intravaskulärer Anteil an Anteiliger Umsatz Gesamtmenge im (Fractional turnover rate) Körper (%) in % pro Tag IgG (ausgenommen IgG3) 45 7 IgG3 64 17 IgMa 78 19 IgA 42 25 IgD 75 37 IgE 45 94 Albumin 44 11 Komplementfaktor C3 67 41 Komplementfaktor C4 66 43 Fibrinogen 81 24 Faktor VIII 71 150 Antithrombin III 45 55 Pathogene Proteine IgM bei Makroglobulinämie 89 25* Bence-Jones-Protein ** ** # Endotoxine >50 # Immunkomplexe >50 TNF
2.5. Monitoring Blutdruck Neben den Vitalparametern sollten zur Überwa- Wie bei allen extrakorporalen Verfahren kann der chung des Plasmaaustauschs insbesondere die Ge- Plasmaaustausch einen akuten, vorübergehenden rinnungsparameter (z.B. Thrombozytenzahl, Fibri- Blutdruckabfall bewirken. Daher muss eine blutdruck- nogenkonzentration, aPTT) kontrolliert werden.11 senkende Medikation ggf. angepasst werden. ACE- Die Albuminkonzentration kann vor und nach dem Hemmer sollten grundsätzlich pausiert werden, da Plasmaaustausch gemessen werden. Serum-Elek- die negativ geladenen Oberflächen der Apherese- trolyte inklusive des ionisierten Calciums und der systeme das Bradykinin-Kallikrein-System aktivieren Säure-Basen-Haushalt6 sind besonders wichtig bei können. Wird diese Aktivierung durch ACE-Hemmer Substitution von FFP. weiter verstärkt, kann daraus eine schwere arterielle Wenn eine Mindest-Absenkung für eine erfolgreiche Hypotonie resultieren. Dieser Effekt kann grundsätz- Therapie erreicht werden muss, erfordert dies eine lich bei allen Apheresesystemen auftreten.1 Messung des Zielmolekül-Titers, z.B. bei der Lipo- proteinapherese.11 Viele Behandlungsschemata ori- Blutbild entieren sich allerdings ausschließlich am klinischen Veränderungen des Blutbildes, insbesondere ein Ab- Bild zur Beurteilung des Therapieerfolgs. fall des Hämoglobins und der Thrombozyten, können durch Hämolyse auftreten, aber auch durch Dilution und Volumenexpansion.2 Auf die Depletierung der 2.6. Vermeidung von Komplikationen Gerinnungsfaktoren durch die Substitutionslösungen Wichtig ist eine gezielte Anamnese zur Evaluation wird unter 1.3 eingegangen. Je häufiger ein Plasma- von Risikofaktoren, wie der Verträglichkeit vorheriger austausch bei einem Patienten durchgeführt wird, Apheresebehandlungen, kardiovaskulärer Beschwer- desto engmaschiger muss die Gerinnung überwacht den und der Behandlung mit ACE-Hemmern.11 werden. Tendenziell schätzen Ärzte aus Fachrichtungen, die nicht selbst Plasmaaustauschbehandlungen durch- führen, das Risiko dieser Behandlungen zu hoch ein.2 Tatsächlich treten im Durchschnitt aller Apherese- behandlungen bei weniger als 5 % unerwünsch- te Ereignisse auf.13 Am häufigsten berichtet werden Unverträglichkeitsreaktionen mit der Substitutions- flüssigkeit und Membranen (z.B. Urtikaria), hämo- dynamische Instabilität, Veränderungen des Blut- bildes, Probleme mit dem Zugang, Hypokaliämie, Hypokalziämie, Abnahme der Serum-Vitaminspiegel und disseminierte intravasale Gerinnungsstörungen.2 12
Tabelle 3: Einfluss des Plasmaaustauschs auf die Wirkkonzentration von Medikamenten. Modifiziert nach Renders L, Wen M, Küchle C Elektrolytverschiebungen 20142 Hypokalziämie entsteht durch Bindung von Plasma- Reduktion der Plasmaspiegel Kalzium an das darin enthaltene Zitrat, z.B. durch Ampicillin, Amlodipin, Basilixumab, Verdünnungseffekte bei Einsatz von FFP. Eine Hypo- Chloramphenicol, Diltiazem, kaliämie kann sich ausbilden, wenn mit Human- Gentamycin, albumin substituiert wird, da dieses nur minimale Lepuridin, Propanolol, Mengen an Kalium (
Einsatzbereiche für den Plasmaaustausch in 3 der Intensivmedizin Aphereseverfahren können aufgrund ihres breiten levanten Leitlinien zusammengefasst, insbesonde- Wirkspektrums auf große im Blut gelöste Moleküle re der Standard der Therapeutischen Apherese der sowie Moleküle mit hoher Plasmaeiweißbindung bei Deutschen Gesellschaft für Nephrologie e. V. 11 und einer Vielzahl unterschiedlicher Erkrankungen einge- die „Guidelines on the Use of Therapeutic Apheresis setzt werden. Die Indikationsstellung geschieht in Ab- in Clinical Practice - Evidence-Based Approach from stimmung mit den jeweiligen Fachdisziplinen, die den the Writing Committee of the American Society for Patienten aufgrund der zugrunde liegenden Erkran- Apheresis: The Eighth Special Issue“.8 kung betreuen.11 Beide Leitlinien verwenden dasselbe Empfehlungs- Zahlreiche Indikationen für den Plasmaaustausch system mit folgenden Einstufungen (Tabellen 4, 5): können auch bei intensivmedizinischen Patienten auftreten und behandlungspflichtig werden. In der Tabelle 4: Kategorien für den klinischen Einsatz der therapeutischen Apherese. Nach Schettler 201910 Intensivmedizin stehen die Indikationen im Vorder- Indikationsstärke grund, bei denen lebensbedrohliche Zustände rasch Kategorie Beschreibung beherrscht oder drohende schwere Organschäden I Apheresebehandlung ist Erstlinien-Therapie rechtzeitig abgewendet werden müssen. sowohl als alleinige Therapieoption als auch in Kombination mit anderen Therapien Im Folgenden werden Indikationen vorgestellt, die II Apheresebehandlung ist Zweitlinien-Therapie in der Literatur im intensivmedizinischen Umfeld be- sowohl als alleinige Therapieoption als auch in Kombination mit anderen Therapien schrieben wurden. Die nachfolgenden Ausführun- III Therapeutische Apherese als Behandlungsop- gen sowie die darin zitierten Quellen befassen sich tion nicht etabliert. Ihr Einsatz muss jeweils im klinischen Einzelfall entschieden werden. mit dem TPE und einigen ihrer Indikationen im Allge- IV Publizierte Daten zeigen, dass die therapeuti- meinen und nicht mit dem Einsatz der multiFiltratePro sche Apherese nicht wirksam oder sogar im Speziellen. Neben einer Beschreibung des Krank- nachteilig ist. heitsbildes und der Aufgabe des Plasmaaustauschs bei der Therapie werden auch die Aussagen der re- 14
Tabelle 5: Evidenzbasierte Empfehlungsgrade der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie für den Einsatz der therapeutischen Apherese. Modifiziert nach Schettler 201910 Empfehlungsgrad Beschreibung Methodische Qualität der Evidenz Schlussfolgerungen Grad 1A Starke Empfehlung auf der Grundlage Randomisierte kontrollierte Studien ohne Starke Empfehlung, kann für die von Evidenz hoher Qualität wesentliche Schwächen oder meisten Patienten ohne Einschränkung überragender Effektnachweis aus gelten Beobachtungsstudien Grad 1B Starke Empfehlung auf der Grundlage Randomisierte kontrollierte Studien mit Starke Empfehlung, kann für die von Evidenz moderater Qualität wesentlichen Schwächen (inkonsistente meisten Patienten ohne Einschränkung Ergebnisse, methodische Schwächen, gelten indirekte oder unpräzise Wirksamkeits- parameter) oder außergewöhnlich starke Evidenz aus Beobachtungsstudien Grad 1C Starke Empfehlung auf der Grundlage Beobachtungsstudien oder Fallserien Starke Empfehlung, die sich bei von Evidenz niedriger oder sehr Verfügbarkeit von Evidenz besserer niedriger Qualität Qualität verändern kann Grad 2A Eingeschränkte Empfehlung auf der Randomisierte kontrollierte Studien ohne Eingeschränkte Empfehlung, Einsatz der Grundlage von Evidenz hoher Qualität wesentliche Schwächen oder TA ist von den Rahmenbedingungen überragender Effektnachweis aus (gesellschaftlich, finanziell) innerhalb des Beobachtungsstudien Gesundheitssystems abhängig Grad 2B Eingeschränkte Empfehlung auf der Randomisierte kontrollierte Studien mit Eingeschränkte Empfehlung, Einsatz der Grundlage von Evidenz moderater wesentlichen Schwächen (inkonsistente TA ist von den Rahmenbedingungen Qualität Ergebnisse, methodische Schwächen, (gesellschaftlich, finanziell) innerhalb des indirekte oder unpräzise Wirksamkeits- Gesundheitssystems abhängig parameter) oder außergewöhnlich starke Evidenz aus Beobachtungsstudien Grad 2C Eingeschränkte Empfehlung auf der Beobachtungsstudien oder Fallserien Eingeschränkte Empfehlung, andere Grundlage von Evidenz niedriger oder Therapieoptionen erscheinen sehr niedriger Qualität gleichwertig 15
3.1. Akute, lebensbedrohliche Leitlinienempfehlungen Pankreatitis mit ausgeprägter Standards der Therapeutischen Apherese der Hypertriglyzeridämie DGfN 2019, Seite 2611: Pathogenese Indikationsstärke: I Patienten mit akuter Pankreatitis entwickeln diese in Empfehlungsgrad: IB ca. 10 % der Fälle aufgrund einer schweren Hyper- triglyzeridämie (5- >10 mmol/l), z.B. im Rahmen eines ASFA-Leitlinien 2019, Seite 2438: Chylomikronämie-Syndroms. Die Leitlinien der Euro- Indikationsstärke: III päischen Gesellschaft für Kardiologie zur Behandlung Empfehlungsgrad: IC von Dyslipidämien gehen davon aus, dass die Rolle der Hypertriglyzeridämie für die Entwicklung schwe- Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für rer akuter Pankreatitiden eher unterschätzt wird.15 Kardiologie, Seite 303714: Als Auslöser der Pankreatitis vermutet man große, „Plasmaaustausch kann bei akuter Pankreatitis die triglyzeridreiche Lipoproteine, die die Mikrozirkulation Triglyceridspiegel schnell senken.“ im Pankreas behindern. Die daraus resultierende Ischämie führt zur hydrolytischen Freisetzung von freien Fettsäuren, die das Pankreasgewebe schädigen.8 Einsatz des Plasmaaustauschs Sind massiv erhöhte Triglyzeridwerte (>10 mmol/l bzw. >885 mg/dl) Ursache einer Pankreatitis, kann durch einen Plasmaaustausch sowohl der Zustand als auch die Prognose des Patienten akut verbessert werden.11 Der Plasmaaustausch hat allerdings keinen längerfristigen Effekt, daher ist eine parallele lipid- senkende Therapie unbedingt notwendig. Bei aku- ter Pankreatitis reichen meist 1-3 Plasmaseparatio- nen aus.8 16
3.2. Thrombotische Mikroangiopathien Die fortgesetzte Durchführung eines Plasmaaus- tauschs ist bei TTP indiziert, wenn vor dem ersten Pathogenese Zyklus eine ADAMTS13-Aktivität unter 10 % nach- Die thrombotische Mikroangiopathie (TMA) be- gewiesen und Shigatoxin-produzierende Escherichia schreibt einen klinischen Symptomkomplex mit unter- coli ausgeschlossen werden konnten. Der Plasma- schiedlichen Ätiologien, die durch Schädigung des austausch sollte mit einer Steroidtherapie und ggf. vaskulären Endothels zu Thrombosen in kleinen Blut- weiterer immunsuppressiver Therapie fortgeführt wer- gefäßen und Kapillaren führen.15 Auslöser können In- den, bis zweimal Thrombozytenwerte über 150/nl ge- fektionen, Traumata, Tumoren, Medikamente und messen wurden.11 autoimmune Reaktionen sein, teilweise aufgrund an- derer Erkrankungen wie systemischer Lupus erythe- Bei STEC-HUS mit akuter Nierenschädigung kann matodes.16 Die TMA ist gekennzeichnet durch eine der Plasmaaustausch zur Toxineliminierung und Nor- hämolytische Anämie und einen Abfall der Thrombo- malisierung des aktivierten Komplementsystems ein- zytenzahl, verbunden mit einem Anstieg der Laktat- gesetzt werden, allerdings gibt es Hinweise auf eine hydrogenase und einem verminderten Haptoglobin.11 Verstärkung neurologischer Symptome durch die Therapie.11 Allgemein wird unterschieden zwischen thrombo- tisch-thrombozytopenischer Purpura (TTP), hämoly- Leitlinienempfehlungen tisch-urämischem Syndrom (HUS) und atypischem Standards der Therapeutischen Apherese der HUS (aHUS), einem Sammelbegriff für verschiedene DGfN 2019, Seite 3411: Ätiologien. Die unterschiedlichen Formen der TMA Indikationsstärke: I lassen sich klinisch schwer unterscheiden. Empfehlungsgrad: IA Richtungsweisend für die Diagnose der TTP ist der Nachweis einer stark verminderten Aktivität von ASFA-Leitlinien 2019, Seite 3238: ADAMTS13 und bei STEC-HUS (auch EHEC-HUS) Indikationsstärke: I von Shigatoxin-produzierenden Escherichia coli- Empfehlungsgrad: IA Stämmen.11 Leitlinien der British Society for Einsatz des Plasmaaustauschs Haematology 201217: Bei Patienten mit klinischem Bild einer TMA kann ein Täglicher Plasmaaustausch ist die Grundlage der Plasmaaustausch mit Substitution von FFP durch- Behandlung und hat die Letalität von über 90 % geführt werden, bis eine Differentialdiagnose gestellt auf 10-20 % gesenkt. wird.11 Bei septischen Patienten kann eine Abgren- zung zu einer disseminierten intravaskulären Gerin- nung (DIC) schwierig sein.16 17
3.3. Vaskulitiden Einsatz des Plasmaaustauschs Der Plasmaaustausch wird vor allem bei Patienten Pathogenese mit akuter Dialysepflicht oder raschem Kreatinin- Vaskulitiden sind entzündliche Prozesse in den klei- anstieg bzw. schwerer Nierenbeteiligung (Kreatinin nen und mittleren Blutgefäßen, die zu Nekrosen des >500 μmol/l), pulmonalen Blutungen oder bei Nach- Gefäßendothels führen. Unter diesem Leitsymptom weis von Antikörpern gegen die glomeruläre Basal- wird eine große Zahl unterschiedlicher Erkrankungen membran (Overlap-Syndrom) eingesetzt. Meist wird subsummiert. Die International Chapel Hill Consen- die Behandlung über 7-14 Tage 1x täglich einge- sus Conference hat bereits 2012 über 27 klinische setzt.11 Manifestationen von Vaskulitiden klassifiziert, ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.18 Etablierte Einsatzgebiete für den Plasmaaustausch sind schwerste Formen ANCA-assoziierter nekroti- sierender Vaskulitiden, die durch die namensgeben- den antineutrophilen zytoplasmatischen Antikörper (ANCA) charakterisiert sind. Diese Antikörper verur- sachen Nekrosen des Gefäßendothels, die wiederum die Gerinnungskaskade aktivieren.8, 11 Die ANCA-Vaskulitiden werden in drei klinische Phänotypen unterteilt: Granulomatose mit Polyangiitis (GPA, Wegener-Granulomatose), Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA, Churg- Strauss-Syndrom) und die Mikroskopische Polyangi- itis (MPA), bei der keine Granulomatose nachweisbar ist. Alle Formen sind durch eine Beteiligung der Nieren und häufig auch ein pulmorenales Syndrom gekennzeichnet.11 18
Leitlinienempfehlungen Leitlinien Zerebrale Vaskulitis und zerebrale Standards der Therapeutischen Apherese Beteiligung bei systemischen Vaskulitiden und der DGfN 2019, Seite 3911: rheumatischen Grunderkrankungen der Indikationsstärke: I Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Empfehlungsgrad: 1A Seiten 29, 3820: (bei diffuser alveolärer Hämorrhagie 1C) Polyarteriitis nodosa: „In schweren Fällen können eine Plasmaaustauschbehandlung und der Einsatz ASFA-Leitlinien 2019, Seite 458: von Immunsuppressiva notwendig werden.“ GPA, MPA, renal begrenzte Vaskulitis • Krea. ≥5,7 mg/dl bzw. dialysepflichtig „Eine Plasmaseparation kann bei rapid-progressiver Indikationsstärke: I Glomerulonephritis oder schwerer alveolärer Empfehlungsgrad: 1A Hämorrhagie bei einer GPA und MPA individuell erwogen werden.“ • Krea. ≤5,7 mg/dl Indikationsstärke: III Leitlinie Diagnostik und Therapie der ANCA- Empfehlungsgrad: 2C assoziierten Vaskulitiden der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, Seite S8420: • Diffuse alveoläre Hämorrhagie „Bei schwerer Nierenfunktionseinschränkung Indikationsstärke: I (Kreatinin >500 μmol/l bzw. >5,8 mg/dl) aufgrund Empfehlungsgrad: 1C einer aktiven rapid progressiven Glomerulonephritis soll zusätzlich eine Plasmaseparationsbehandlung EGPA erwogen werden. (Ib, A)“ Indikationsstärke: III Empfehlungsgrad: 2C 19
3.4. Rasch progrediente Glomerulo- Einsatz des Plasmaaustauschs nephritis (Rapidly Progressive Nur wenn histologisch und/oder immunologisch eine Glomerulonephritis/RPGN) mit Plasmaaustausch beeinflussbare Ätiologie der RPGN erkennbar ist, kann sein Einsatz erwogen Pathogenese werden. Der Plasmaaustausch ist indiziert bei Die rasch progrediente Glomerulonephritis ist eine schwersten Ausprägungen, wenn alle anderen nicht- schwere Symptomatik bei einer Reihe von Erkran- invasiven Therapieoptionen ausgeschöpft wurden kungen unterschiedlicher Genese. Eine autoimmuno- oder aufgrund spezifischer Konstellationen nicht logische Ursache wurde nachgewiesen bei einigen anwendbar sind. Dies ist beim SLE der Fall für throm- Formen der systemischen Amyloidose, der Anti- botisch-thrombozytopenische Purpura oder bei sehr GBM-Erkrankung/Goodpasture-Syndrom (siehe Ab- kritischen Zuständen, z.B. wenn aufgrund infektiöser satz 3.6), der IgA-Nephropathie, dem systemischen Komplikationen die Immunsuppression reduziert Lupus erythematodes (SLE), ANCA-assoziierte Vas- werden muss.8, 11 kulitiden (siehe Absatz 3.3) und der IgA-Vaskulitiden (Henoch-Schönlein Purpura).8 Leitlinienempfehlungen Lupus-Nephritis bei Die RPGN bei den genannten Erkrankungen wird SLE Standards der Therapeutischen Apherese entweder durch Autoantikörper ausgelöst, die spezi- der DGfN 2019, Seite 4211: fisch gegen Epitope der Nierenzellen gerichtet sind, Indikationsstärke: III oder im Rahmen systemischer Reaktionen, die un- Empfehlungsgrad: 2B ter anderem die Niere betreffen. Dies ist zum Beispiel der Fall beim SLE, einer systemischen Inflammation ASFA-Leitlinien 2019, Seite 3118: durch verschiedene Autoantikörper, die sich in der Indikationsstärke: II Schädigung unterschiedlichster Organe manifestiert. Empfehlungsgrad: 2C Besonders charakteristisch ist die Lupusnephritis, die bei mehr als der Hälfte aller Patienten auftritt. Der Leitlinienempfehlungen IgA-Nephropathie Nachweis spezifischer Antikörper, wie anti-ds-DNS- mit RPGN Antikörper, Lupus-Antikoagulans oder Antiphospho- ASFA-Leitlinien 2019, Seite 2478: lipid-Antikörper unterstützt die Diagnose.8, 11 Indikationsstärke: III Empfehlungsgrad: 2B 20
3.5. Fokal-segmentale Glomerulosklerose Einsatz des Plasmaaustauschs Der Plasmaaustausch wird als letzte Therapieo- Der Begriff der fokal-segmentalen Glomerulosklerose ption bei Patienten mit drohendem Verlust einer (FSGS) beschreibt sowohl eine Erkrankung mit einer Transplantatniere eingesetzt, insbesondere bei primären Schädigung der Podozyten als auch einen frühem Rezidiv. Sie kann bei >50 % der Patienten ein histologischen Befund an der Niere, der mit verschie- Wiederauftreten der FSGS partiell oder vollständig denen renalen Ätiologien assoziiert ist. Klinisch ist die verhindern.8 FSGS häufig durch ein steroidrefraktäres nephro- tisches Syndrom (Proteinurie >3,5 g/Tag, Hypo- Leitlinienempfehlungen proteinämie
3.6. Anti-GBM-Erkrankung den, um die Beeinträchtigung der Blutgerinnung zu (Goodpasture-Syndrom) reduzieren.21 Die Behandlungsdauer sollte mindes- tens 10 Tage betragen und richtet sich nach der kli- Die anti-glomeruläre Basalmembran-Erkrankung (An- nischen Entwicklung des Patienten, nicht dem Anti- ti-GBM) ist gekennzeichnet durch einen raschen GBM-Titer.8 Funktionsverlust der Niere verbunden mit teilweise lebensbedrohlichen pulmonalen Hämorrhagien. Leitlinienempfehlungen Standards der Therapeutischen Apherese Pathogenese der DGfN 2019, Seite 4511: Auslöser sind Autoantikörper, die spezifisch die Indikationsstärke: I Alpha-3-Kette des Typ IV-Kollagens attackieren, ei- Empfehlungsgrad: 1B nem Bestandteil der Basalmembran von Blutgefäßen der Nieren und der Lunge. Die daraus resultierende ASFA-Leitlinien 2019, Seite 1978: nekrotisierende Glomerulonephritis ist gekennzeich- Diffuse alveoläre Hämorrhagie (DAH) net durch Ablagerungen von IgG an der glomerulären Indikationsstärke: I Basalmembran. Damit verbunden ist die Aktivierung Empfehlungsgrad: 1C des Komplementsystems und anderer immunologi- scher Pfade, die die Basalmembran zusätzlich schä- • Nicht dialysepflichtig digen.11 Indikationsstärke: I Empfehlungsgrad: 1B Einsatz des Plasmaaustauschs Aufgrund des schweren, rasch progredienten Ver- • Dialysepflichtig, keine DAH laufs wird eine frühzeitige Kombination der immun- Indikationsstärke: III suppressiven Therapie mit dem Plasmaaustausch Empfehlungsgrad: 2B empfohlen. Bei Patienten, die noch Serum-Kreatinin- werte unter 5,7 mg/dl aufweisen, kann so häufig die Nierenfunktion erhalten werden.8 Bei Patienten mit diffuser alveolärer Hämorrhagie sollte ganz oder teil- weise FFP als Substitutionsflüssigkeit eingesetzt wer- 22
3.7. Autoimmune Enzephalitiden Einsatz des Plasmaaustauschs Obwohl die Autoantikörper im ZNS und damit jen- Unter dem Sammelbegriff autoimmune Enzephaliti- seits der Blut-Hirn-Schranke aktiv sind, führt die De- den werden neuropsychiatrische Symptomkomplexe pletierung im Intravasalraum zu einer Umverteilung zusammengefasst, die durch Autoantikörper gegen und Titerabnahme im ZNS. Bei fulminanten Verläufen Strukturen der Grauen Substanz ausgelöst werden. und charakteristischen Symptomen kann ein Plasma- Die neuropsychiatrische Symptomatik entwickelt sich austausch schon vor dem Nachweis der spezifischen meist schrittweise über Tage und Wochen. Sie um- Antikörper sinnvoll sein, weil ein früher Behandlungs- fasst unter anderem psychotische Symptome, rasch beginn mit einer besseren Prognose assoziiert ist.11 progrediente Gedächtnisstörungen, Myoklonien, epi- leptische Anfälle und Schlafstörungen. Bis zu 70 % Der Plasmaaustausch ist ebenso wie Kortikosteroi- der Patienten werden intensivpflichtig. Die neurolo- de und intravenöse Immunglobuline zur Erstbehand- gischen Symptome sind charakteristisch für die zu- lung geeignet. Meist werden 5-10 Behandlungen in- grundeliegende Pathophysiologie, ein sicherer Nach- nerhalb von 14 Tagen durchgeführt.8, 11 weis der autoimmunen Genese ist aber nur anhand der Autoantikörper im Liquor und/oder im Serum Leitlinienempfehlungen möglich.11 Standards der Therapeutischen Apherese der DGfN 2019 für alle autoimmunen Pathogenese Enzephalitiden, Seite 5511: Auslöser autoimmuner Enzephalitiden sind Auto- Indikationsstärke: I antikörper gegen spezifische neuronale Proteine, Empfehlungsgrad: 1B z. B. gegen N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptoren (NMDAR) oder Proteine spannungsabhängiger ASFA-Leitlinien 2019, Seiten 269, 3518: Kaliumkanäle (VGKC-Komplex). Als Ursache der Bil- • NDMAR-Enzephalitis dung dieser Autoantikörper sind teilweise Tumoren Indikationsstärke: I oder stattgehabte Infektionen nachweisbar. Die Auto- Empfehlungsgrad: 1C antikörper führen zuerst zu Funktionsstörungen, spä- ter auch zum Absterben von Neuronen. Der Spiegel • Erkrankungen mit Antikörpern gegen spannungs- der Autoantikörper korreliert teilweise mit der Erkran- gesteuerte Kaliumkanäle einschließlich LGI1/ kungsschwere.8, 11 CASPR2-Enzephalitis Indikationsstärke: II Empfehlungsgrad: 1B 23
3.8. Myasthenia gravis und Lambert- Einsatz des Plasmaaustauschs Eaton-Myasthenie-Syndrom (LEMS) Der Plasmaaustausch wird als Eskalationstherapie bei myasthenen Krisen mit Einschränkung der Atem- Die Myasthenia gravis ist gekennzeichnet durch eine funktion eingesetzt, selten bei therapierefraktären allgemeine, belastungsabhängige Muskelschwäche, schwersten Symptomen für stabile Patienten. Der die sich zu lebensgefährlichen Krisen auswachsen Verlauf, nicht aber die Absolutwerte der Autoantikör- kann mit akuter, schwerer Ateminsuffizienz bis hin zur per-Titer korrelieren mit der Symptomschwere und Beatmungspflichtigkeit.11 können daher zum therapeutischen Monitoring einge- Das Lambert-Eaton-Myasthenie-Syndrom (LEMS) setzt werden.8, 11 zeigt eine sehr ähnliche Symptomatik, meist aber Vor Operationen und vor Beginn einer Steroid-Puls- ohne eine Beeinflussung der Hirnstamm-Motorik wie therapie wird der Plasmaaustausch teilweise zur Vor- Diplopie oder Dysarthrie. Bei etwa 60 % der Pati- bereitung der Patienten eingesetzt, u.a. um das enten lässt sich ein Tumor nachweisen, sodass das Risiko postoperativer myasthenischer Krisen nach LEMS häufig ein paraneoplastisches Syndrom dar- Thymektomie zu reduzieren.8, 23 stellt.8 Typische Behandlungsschemata setzen PA anfangs täglich, später zweitägig mit einem 1-1,5fachen Pathogenese Plasmaaustauschvolumen ein, bis der Patient stabili- Bei ca. 90 % der Patienten mit Myasthenia gravis siert ist.11 blockieren Autoantikörper gegen postsynaptische Acetylcholinrezeptoren die Signalübertragung an der motorischen Endplatte von den Nerven auf die quer- gestreifte Muskulatur. In den restlichen Fällen sind die Autoantikörper gegen andere Proteine gerich- tet, die eine Rolle bei der Signalübertragung spielen, z.B. muskelspezifische Kinasen.11 In ca. 10 % der Fälle findet sich ursächlich ein Thymom, sodass eine Thymektomie eine kurative Option sein kann.23 Bei Patienten mit LEMS richten sich die Autoantikörper überwiegend gegen spannungsgesteuerte Calcium- kanäle an den präsynaptischen Endplatten.11 24
Leitlinienempfehlungen Leitlinien Diagnostik und Therapie der Standards der Therapeutischen Apherese Myasthenia gravis und des Lambert-Eaton- der DGfN 2019, Seite 5211: Syndroms der Deutschen Gesellschaft für Myasthene Krise Neurologie, Seite 3823: Indikationsstärke: I „Die Indikation besteht in der myasthenen Krise. Empfehlungsgrad: 1B Zudem kann die Plasmapherese bei anderen thera- pierefraktären Situationen zur Stabilisierung labiler Langzeittherapie bei schwerster Symptomatik Verhältnisse vor Operationen (einschließlich der Indikationsstärke: II Thymektomie) oder vor Beginn einer hochdosierten Empfehlungsgrad: 2B Steroidtherapie bei schwerer Myasthenie verwandt werden.“ ASFA-Leitlinien 2019, Seiten 261, 2538: Myasthene Krise, instabile oder refraktäre Zustände, instabile Erkrankungsverläufe, zur Vorbereitung einer Thymektomie Indikationsstärke: I Empfehlungsgrad: 1B Lambert-Eaton-Myasthenie-Syndrom Indikationsstärke: II Empfehlungsgrad: 2C 25
3.9. Guillain-Barré-Syndrom (GBS) eine der Erkrankung vorausgehende Infektion bei den und chronische inflammatorische meisten Patienten nachgewiesen werden.11 demyelinisierende Polyneuropathie Bei CIDP-Patienten ist die Pathogenese noch un- (CIDP) klar; bei den Patienten wurde eine Aktivierung der hu- moralen und der zellulären Immunantwort nachge- Immunvermittelte Polyneuropathien manifestieren wiesen. Die Komplementaktivierung ist häufig mit der sich in Funktionsstörungen sensorischer und motori- Krankheitsschwere assoziiert.8 scher peripherer Nerven. Zwei klinische Ausprägun- gen sind das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) und die Einsatz des Plasmaaustauschs chronische inflammatorische demyelinisierende Poly- Immunsuppressiva sind beim GBS nicht wirksam, neuropathie (CIDP), die sich hauptsächlich durch die sodass IVIG oder Plasmaaustausch die primären unterschiedlich rasche Progredienz unterscheiden. Therapieoptionen bei akutem, schwerem Verlauf Das Guillain-Barré-Syndrom ist in seiner häufigsten sind. Meist werden 4-6 Behandlungen innerhalb von Form, der akuten inflammatorischen demyelinisieren- 1-2 Wochen mit dem 1-1,5fachen Plasmavolumen den Polyneuropathie, durch eine akute, symmetrisch durchgeführt. Oft tritt eine klinische Besserung erst aufsteigende Lähmung charakterisiert, die potentiell nach mehreren Behandlungen ein.24 lebensbedrohlich ist.11 Auch die chronische inflammatorische demyelini- Bei CIDP wird Plasmaaustausch meist 5x innerhalb sierende Polyneuropathie ist durch periphere Läh- von 2 Wochen oder 10x innerhalb von 4 Wochen mungserscheinungen gekennzeichnet, die aber lang- durchgeführt.24 samer voranschreiten als beim GBS, typischerweise über Wochen und Monate.11 Pathogenese Das GBS ist durch Autoantikörper gegen Ganglio- side (Galaktocerebrosid) in den Myelinscheiden der Nervenwurzeln und proximalen Nervenwurzeln charakterisiert. Die Autoantikörper sind beim GBS wohl ursprünglich gegen strukturell ähnliche bakteri- elle Glykolipide gerichtet. Daher kann typischerweise 26
Leitlinienempfehlungen Leitlinien Therapie akuter und chronischer Standards der Therapeutischen Apherese der immunvermittelter Neuropathien und DGfN 2019 zu GBS und CIDP, Seite 6311: Neuritiden der Deutschen Neurologischen Indikationsstärke: I Gesellschaft 2018, Seiten 10, 12, 1324 Empfehlungsgrad: 1A GBS Indikationsstärke: Ib ASFA-Leitlinien 2019, Seiten 189, 2138: Empfehlungsgrad: A GBS Indikationsstärke: I CIDP Empfehlungsgrad: 1A Indikationsstärke: Ib Empfehlungsgrad: A CIDP Indikationsstärke: I „Eine Indikation für IVIG oder Plasmapherese be- Empfehlungsgrad: 2B steht bei mäßig schwerem bis schwerem Ver- lauf (unabhängige Gehstrecke
3.10. AB0-inkompatible Transplantation, Einsatz des Plasmaaustauschs Transplantation bei HLA-sensibili- Der Plasmaaustausch wird zur prophylaktischen sierten Empfängern und antikörper- Depletion der Antikörper zum Zeitpunkt der Trans- vermittelte Transplantatabstoßung plantation eingesetzt und ist Bestandteil aller in Deutschland etablierten Behandlungsprotokolle bei Pathogenese Nierentransplantation.10 Wenn Organspender eine Blutgruppe aufweisen, ge- gen die der potentielle Empfänger Antikörper (Iso- Die amerikanischen Aphereseleitlinien enthalten auch hämagglutinine) besitzt, also z.B. wenn ein Empfän- Empfehlungen zum Einsatz des Plasmaaustauschs ger mit Blutgruppe 0 das Organ eines Spenders mit für hämatopoetische Stammzelltransplantationen bei Blutgruppe B empfangen soll, erhöht sich das Risiko AB0-inkompatiblen Patienten, zur Desensibilisierung einer Rejektion erheblich.25 bei HLA-Inkompatibilität und dem Einsatz bei akuten Abstoßungen für Leber-, Herz- und Lungentransplan- Das Risiko einer Rejektion des Spenderorgans ist tationen.8 ebenfalls erhöht, wenn der Empfänger gegen HLA- Antigene (Humanes Leukozytenantigen-System) des Leitlinienempfehlungen Donors Antikörper ausgebildet hat (sogenannte do- Standards der Therapeutischen Apherese der norspezifische Antikörper), z.B. nach Blutspenden, DGfN 2019 für Nierentransplantation, Seite 3611: vorherigen Transplantationen oder Schwangerschaf- Indikationsstärke: I ten.25 Empfehlungsgrad: 1A Bei Patienten mit erhöhtem Risiko eines antikörper- bedingten Transplantatversagens werden die Anti- körper vor der Transplantation mit Plasmaaustausch depletiert. Bilden Empfänger nach der Transplan- tation trotz medikamentöser Immunsuppression de novo Antikörper gegen das Spendergewebe, kann bei fulminantem Verlauf ebenfalls ein Plasmaaus- tausch in Frage kommen.8 28
Tabelle 6: ASFA-Leitlinien 2019. Nach Padmanabhan et al. 20198 Art der Transplantation Indikationsstärke Empfehlungsgrad Nierentransplantation AB0-kompatibel (Seite 341) Desensibilisierung, Lebendspender I 1B Desensibilisierung, postmortale Spende III 2C Antikörperbedingte Abstoßung I 1B AB0-inkompatibel (Seite 343) Desensibilisierung, Lebendspender I 1B Antikörperbedingte Abstoßung II 1B Hämatopoetische Stammzelltransplantation (Seiten 333, 335) AB0-inkompatibel Hämagglutinine vorhanden, Stammzellen II 1B aus Knochenmark Hämagglutinine vorhanden, Stammzellen II 2B aus Apherese Aplasie der roten Blutkörperchen (PRCA) III 2C nach Tx HLA-Desensibilisierung III 2C Lebertransplantation (Seite 337) AB0i Lebendspende I 1C Postmortale Spende* III 2C Antikörperbedingte Abstoßung III 2C Herztransplantation Desensibilisierung II 1C Antikörperbedingte Abstoßung III 2C Lungentransplantation (Seite 339) Antikörperbedingte Abstoßung III 2C * Desensibilisierung nicht indiziert bei Donor mit Blutgruppe A (z.B. A2) und Empfänger mit Blutgruppe 0 29
Abkürzungsverzeichnis ACE-Hemmer Angiotensin-converting enzyme inhibitors; Hemmer des Angiotensin-konvertierenden Enzyms ADAMTS13 A disintegrin and metalloproteinase with a thrombospondin type 1 motif, member 13; von-Willebrand-Faktor-spaltende Protease aHUS Atypisches hämolytisch-urämisches Syndrom ANCA Anti-neutrophil cytoplasmic antibody; Anti-Neutrophile zy- toplasmatische Antikörper Anti-GBM Anti-glomeruläre Basalmembran-Erkrankung aPPT Activated partial thromboplastin time; Aktivierte partielle Thromboplastinzeit ASFA American Society for Apheresis CIDP Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuro- pathie DGfN Deutsche Gesellschaft für Nephrologie DIC Disseminated intravascular coagulation; disseminierte intra- vaskulare Gerinnung EGPA Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis FFP Fresh frozen plasma; gefrorenes Frischplasma FSGS Fokal-segmentale Glomerulosklerose GBS Guillain-Barré-Syndrom GPA Granulomatose mit Polyangiitis HLA Humanes Leukozytenantigen-System HUS Hämolytisch-urämisches Syndrom Ig Immunglobulin IVIG Intravenöse Immunglobuline K+ Ionisiertes Kalium LEMS Lambert-Eaton-Myasthenie-Syndrom MPA Mikroskopischen Polyangiitis MPS Membranplasmaseparation NMDAR N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptoren PA Plasmapherese RPGN Rasch progrediente Glomerulonephritis SLE Systemischer Lupus erythematodes STEC-HUS Shigatoxin-produzierende Escherichia coli - hämolytisch- urämisches Syndrom TMA Thrombotische Mikroangiopathie TPE Therapeutic Plasma Exchange TTP Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura VGKC Voltage gated potassium (i.e. Kalium) channel-complex; spannungsabhängige Kaliumkanäle 30
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