Therapiepotenzial intraokularer Steroid-Depotsysteme

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Therapiepotenzial intraokularer Steroid-Depotsysteme
MEDIZIN

          ÜBERSICHTSARBEIT

          Therapiepotenzial intraokularer
          Steroid-Depotsysteme
          Entwicklungen zur Verlängerung der Wirkdauer intraokular applizierter Kortikosteroide

          Martin M. Nentwich, Michael W. Ulbig

          ZUSAMMENFASSUNG                                                                          rkrankungen des hinteren Augenabschnitts, wie die
          Hintergrund: Bei vielen Erkrankungen des hinteren Augen-
                                                                                            E      altersabhängige Makuladegeneration (AMD), die
                                                                                            diabetische Retinopathie, retinale Venenverschlüsse und
          abschnitts stellt die Therapie mit Kortikosteroiden einen
                                                                                            Uveitis sind in den Industrienationen neben dem Glau-
          wesentlichen Therapieansatz dar. Aufgrund der Blut-Reti-
                                                                                            kom Ursachen für eine Sehbehinderung oder gar Blind-
          naschranke ist es schwierig, an der Netzhaut durch eine
                                                                                            heit (e1, e2). Die Blut-Retinaschranke wirkt als Barriere
          systemische oder topische Gabe therapeutische Wirk-
                                                                                            zwischen der Netzhaut (Retina) und den für die Blutver-
          spiegel zu erreichen. Eine wirksame Alternative stellt die
                                                                                            sorgung der Netzhaut zuständigen Gefäßen. Sie reguliert
          direkte Einbringung des Medikaments in den Glaskörper-
                                                                                            den Austausch von Wasser, Proteinen und Ionen zwischen
          raum des Auges dar, die „intravitreale operative Medika-
                                                                                            der Netzhaut und der systemischen Zirkulation (1). Zu-
          mentenapplikation“ (IVOM). Aufgrund der relativ kurzen
          Halbwertszeit der applizierten Medikamente sind häufig
                                                                                            dem ist sie auch ein Hindernis für den Übertritt von Medi-
          wiederholte IVOM im Abstand von wenigen Wochen erfor-                             kamenten in das Augeninnere (2). Bei systemischer Gabe
          derlich. Intraokulare Depotsysteme sollen über einen län-                         ist daher eine hohe Medikamentendosis erforderlich, um
          geren Zeitraum einen ausreichenden Wirkspiegel im Auge                            einen suffizienten Wirkspiegel im hinteren Augenab-
          ermöglichen und so die Anzahl der notwendigen Eingriffe                           schnitt zu erreichen, so dass diesem Applikationsweg
          reduzieren. Eine typische Indikation für eine intravitreale                       durch die systemischen Nebenwirkungen der Therapie
          Steroidtherapie ist das Makulaödem.                                               klare Grenzen gesetzt sind. Andererseits können mittels
                                                                                            Augentropfen an der Ader- und Netzhaut keine wirksa-
          Methoden: selektive Literaturrecherche                                            men Konzentrationen erreicht werden. Unter krankhaften
          Ergebnisse: Unterschiedliche intravitreale Steroid-Depot-                         Bedingungen kann die Blut-Retinaschranke in ihrer Bar-
          systeme wurden in den vergangenen Jahren in prospektiven,                         rierefunktion gestört sein, womit der Übertritt von Medi-
          randomisierten klinischen Studien evaluiert und sind teil-                        kamenten erleichtert wird. Allerdings kann die fehlerhafte
          weise bereits für die klinische Anwendung zugelassen.                             Funktion der Blut-Retinaschranke zu einem Makulaödem
          Es muss zwischen nichtresorbierbaren, lang wirksamen                              führen. Eine Modifikation der Blut-Retinaschranke mit
          Implantaten (Fluocinolonacetonid-Implantate) und resor-                           dem Ziel, einen besseren Übertritt von Medikamenten in
          bierbaren kürzer wirksamen unterschieden werden.                                  das Augeninnere zu erreichen wird aufgrund der mit einer
          Hauptnebenwirkungen einer intravitrealen Steroidtherapie                          erhöhten Permeabilität der Gefäßwände einhergehenden
          sind die Kataraktprogression und -induktion (Linsentrübung)                       Nebenwirkungen kaum angewendet (3).
          sowie ein Augeninnendruckanstieg, die in Abhängigkeit                                 Deshalb erfolgt eine medikamentöse Therapie bei Er-
          von der Wirkdauer der einzelnen Implantate in unter-                              krankungen des hinteren Augenabschnitts, wie der AMD
          schiedlicher Häufigkeit zu verzeichnen sind.                                      und dem Makulaödem unterschiedlicher Genese, vor-
          Schlussfolgerung: Intravitreale Steroid-Depotsysteme ha-                          nehmlich durch die „intravitreale operative Medikamen-
          ben die therapeutischen Möglichkeiten von Erkrankungen                            tenapplikation“ (IVOM). Auf diese Weise ist es möglich,
          des hinteren Augenabschnitts erweitert. Langzeitergebnis-                         hohe lokale Wirkspiegel zu erreichen und die systemi-
          se stehen noch aus, so dass die optimalen Therapieregime                          schen Nebenwirkungen deutlich zu reduzieren. Die IVOM
          in der klinischen Praxis evaluiert werden müssen.                                 ist allerdings ein invasiver Eingriff, der unter sterilen Be-
          ►Zitierweise                                                                      dingungen erfolgen muss. Infektionen im Augeninneren
           Nentwich MM, Ulbig MW: The therapeutic                                           (Endophthalmitis) sind nach der IVOM mit einer Rate von
           potential of intraocular depot steroid systems—                                  0,02 % (12/60 322 Eingriffen) bis 0,26 % (4/1 553 Ein-
           developments aimed at prolonging duration of efficacy.                           griffen) sehr selten (e3, e4). Auch das Risiko anderer
           Dtsch Arztebl Int 2012; 109(37): 584–90.                                         Komplikationen wie der Ausbildung von Netzhautlöchern
           DOI: 10.3238/arztebl.2012.0584                                                   (Risiko 0,017 pro Eingriff) [e5], einer Netzhautablösung
                                                                                            (Risiko 0,03 % pro Eingriff) [6] oder einerGlaskörperblu-
                                                                                            tung (Risiko 0,02 % [e5] bis 0,03 % [6]) ist niedrig.
          Augenklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München, Klinikum der
                                                                                                Häufiger sind spezifische Medikamentennebenwir-
          Universität München, Campus Innenstadt: Prof. Dr. med. Ulbig, Dr. med. Nentwich   kungen wie ein Anstieg des Augeninnendrucks und die

584                                                                                                   Deutsches Ärzteblatt | Jg. 109 | Heft 37 | 14. September 2012
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   TABELLE 1

   Intravitreale Implantate

     Implantat                      Wirkstoff                   Zugelassene Indikation für                        Resorbierbar          Nahtlose
                                                                intravitreale Anwendung                                               Implantation
     Ganciclovir                    Ganciclovir                 Zytomegalievirus (CMV)-Retinitis                       Nein               Nein
                                    4,5 mg
     Fluocinolonacetonid            Fluocinolonacetonid         chronische nichtinfektiöse Uveitis                     Nein               Nein
                                    0,59 mg
     Fluocinolonacetonid            Fluocinolonacetonid         USA: Zulassung von FDA abgelehnt (2011)                Nein                 Ja
                                    0,19 mg                     Europa: grundsätzlich positives Votum
                                                                (2/2012) Zulassung Österreich (4/2012),
                                                                Zulassung Großbritannien (5/2012)
     Triamcinolonacetonid           Triamcinolonacetonid        Europa: keine Zulassung                                 Ja,               Ja,
                                    40 mg/mL                                                                      kein Implantat       Injektion
                                                                USA: auf topische Steroide nicht anspre-
                                                                                                                     sondern              der
                                                                chende Uveitis oder intraokulare Entzün-
                                                                                                                    kristalline       Suspension
                                                                dung, Arteriitis temporalis, sympathische
                                                                                                                   Suspension
                                                                Ophthalmie, intraoperative Visualisierung
                                                                des Glaskörpers
     Dexamethason                   Dexamethason                Makulaödem nach VAV und ZVV Entzün-                     Ja                  Ja
                                    700 µg                      dung des posterioren Segments des Auges
                                                                (nichtinfektiöse Uveitis)

                                                                   FDA, Food and Drug Administration; VAV, Venenastverschluss; ZVV, Zentralvenenverschluss

Kataraktbildung nach der intravitrealen Applikation von                       se von VEGF, Prostaglandinen und inflammatorischen
Triamcinolon (5, 6). Bei der alternativ möglichen sub-                        Zytokinen (11). Bei einigen Patienten mit einem Maku-
konjunktivalen, para- oder retrobulären Injektion von                         laödem nach einem Zentralvenenverschluss (ZVV) im
Kortikosteroiden wird zwar eine Penetration des Bulbus                        Auge wurde durch eine systemische Kortikosteroidthe-
vermieden, allerdings werden hierdurch trotz einer hö-                        rapie eine vorübergehende Reduktion des Makula-
heren Behandlungsfrequenz anatomisch wie auch funk-                           ödems und ein Anstieg der Sehschärfe erreicht (9).
tionell der IVOM unterlegene therapeutische Ergebnisse                        Nach dem Absetzen der Medikation kam es jedoch zu
erreicht (7). Außerdem kommt es dann zu systemischen                          einem Rezidiv, so dass eine systemische Kortiko-
Nebenwirkungen wie einem Anstieg des Blutzuckers.                             steroidtherapie aufgrund mangelnder Wirksamkeit und
Unter Berücksichtigung der möglichen Komplikationen                           ihres ungünstigen Nebenwirkungsprofils nicht als The-
einer IVOM ist es erstrebenswert, die Wirkdauer der                           rapieoption bei Patienten nach ZVV empfohlen wurde
Medikamente nach einmaliger intravitrealer Applikation                        (12). Dies gilt auch heute noch.
zu verlängern und so die Anzahl an Wiederbehandlun-                              Alternativ zu einer intravitrealen Kortikosteroidgabe
gen zu reduzieren. Neben dem Sicherheitsaspekt trägt                          wurde in den vergangenen Jahren eine intravitreale an-
eine reduzierte Behandlungsfrequenz zu einer geringe-                         ti-VEGF-Therapie (Pegaptanib, Bevacizumab, Ranibi-
ren Belastung für und zu einer höheren Akzeptanz der                          zumab) bei verschiedenen Krankheitsbildern des hinte-
Therapie durch die Patienten bei.                                             ren Augenabschnitts (unter anderem AMD, venöse Ver-
    Intravitreale Kortikosteroide werden derzeit klinisch                     schlüsse, diabetisches Makulaödem) in randomisierten
zur Therapie eines Makulaödems bei retinalen Venen-                           kontrollierten Studien evaluiert (e5–e12). Hier zeigte
verschlüssen und der Uveitis eingesetzt (Tabelle 1). Ei-                      sich für Bevacizumab und Ranibizumab im Vergleich
ne Zulassung des 0,19 mg Fluocinolonacetonid-Im-                              zu Pegaptanib ein stärkerer therapeutischer Effekt. Ak-
plantates zur Therapie des diabetischen Makulaödems                           tuell steht mit Pegaptanib und dem Antikörperfragment
ist im April/Mai 2012 in Österreich und Großbritannien                        Ranibizumab eine zugelassene intravitreale anti-
erfolgt. Ein Makulaödem entsteht durch die Einlage-                           VEGF-Therapie der exsudativen AMD zur Verfügung.
rung von Flüssigkeit in die äußere plexiforme und die                         Für Ranibizumab besteht des Weiteren eine Zulassung
innere nukleäre Schicht sowie ein Anschwellen der                             für die Behandlung des diabetischen Makulaödems und
Müllerzellen der Netzhaut. Verantwortlich hierfür ist                         des Makulaödems nach venösen Gefäßverschlüssen
eine Leckage der in der Nähe der Fovea gelegenen reti-                        mit fovealer Beteiligung. Die Anti-VEGF-Therapie
nalen Kapillaren, zu der neben einer Vielzahl von Fak-                        richtet sich direkt gegen den für eine gesteigerte Gefäß-
toren eine erhöhte Freisetzung von Vascular-Endotheli-                        durchlässigkeit zuständigen Wachstumsfaktor VEGF
al-Growth-Factor (VEGF) und Entzündungsprozesse                               und muss ebenfalls über die Pars plana des Ziliarkör-
beitragen (8–10).                                                             pers direkt in den Glaskörperraum des Auges appliziert
    Kortikosteroide stabilisieren unter anderem die en-                       werden. Anders als bei den Steroid-Depotpräparaten
dothelialen „tight junctions“ und inhibieren die Synthe-                      sind hier aber fast monatliche Behandlungen notwen-

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 109 | Heft 37 | 14. September 2012                                                                                                     585
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                                                                                          nicht. Auch dieses Implantat wird im Rahmen eines
                                                                                          chirurgischen Eingriffs über eine 3,5 mm Inzision im
                                                                                          Bereich der Pars plana des Ziliarkörpers in das Auge
                                                                                          eingebracht und mit der Bulbuswand vernäht. In einer
                                                                                          prospektiven multizentrischen Studie mit dreijähriger
                                                                                          Nachbeobachtungszeit wurden die 0,59 mg (n = 110)
                                                                                          und 2,1 mg (n = 168) FA-Implantate an insgesamt 278
                                                                                          Patienten mit einer nichtinfektiösen Uveitis posterior
                                                                                          hinsichtlich ihrer Effektivität und Sicherheit untersucht.
                                                                                          Zusammenfassend zeigte diese Studie eine Wirksamkeit
                                                                                          dieser FA-Implantate in Bezug auf die Rezidivrate der
                                                                                          Uveitis und die Stabilisierung des Visus über drei Jahre.
                                                                                          Allerdings traten ausgeprägte Nebenwirkungen auf wie
                                                                                          die Notwendigkeit von Kataraktoperationen bei beinahe
                                                                                          allen behandelten Augen und von augendrucksenkenden
                                                                                          Operationen bei einem großen Teil der Patienten (3, 13).
Abbildung 1: Dexamethason-Implantat (700 µg). Weitwinkelfundusaufnahme eines                 Aufgrund der ausgeprägten Nebenwirkungen dieser
Patienten mit einem Makulaödem bei Venenastverschluss. Am rechten unteren Bildrand kann   FA-Implantate wurden sie mit der Standardtherapie
man das im Glaskörperraum des Auges liegende Dexamethason-Implantat als längliche,        (systemische Kortikosteroide und bei Bedarf zusätz-
helle Struktur erkennen.
                                                                                          liche Immunsuppression) bei Patienten mit nichtin-
                                                                                          fektiöser Uveitis verglichen. Die FA-Implantate und
                                                                                          die Standardtherapie führten zu einer nichtsignifikant
                                                                                          unterschiedlichen Visusverbesserung bei einer geringe-
                      dig, andererseits führen die anti-VEGF-Medikamente                  ren Rate an aktiver Uveitis und behandlungsbedürf-
                      nicht zu einer Linsentrübung oder Augendrucksteige-                 tigen systemischen Infektionen in der FA-Gruppe.
                      rung. Die verschiedenen anti-VEGF-Medikamente un-                   Allerdings war die Rate an Kataraktoperationen mit
                      terscheiden sich hinsichtlich der Medikamentenkosten                80 % (Hazard Ratio [HR] = 3,3, p < 0,0001), an Inter-
                      beträchtlich, wobei das günstigste Präparat Bevacizu-               ventionen zur Senkung des Augeninnendrucks (61 %,
                      mab jedoch nicht für die intraokulare Anwendung zu-                 HR = 4,2, p < 0,0001) und an der Entwicklung eines
                      gelassen ist. Obwohl die intravitreale Therapie nun be-             Glaukoms (17 %, HR = 4,2, p = 0,0008) in der FA-Im-
                      reits seit mehreren Jahren praktiziert wird, existiert bis-         plantat-Gruppe deutlich höher. Die Autoren schluss-
                      her keine anerkannte Abrechnungsziffer für die Ein-                 folgerten daher, dass beide Therapieregime einen
                      bringung der Medikamente ins Auge. Dies kompliziert                 Stellenwert in der Behandlung der nichtinfektiösen
                      die Situation insbesondere für die Patienten, weil je-              Uveitis besitzen und die Therapieentscheidung bei je-
                      weils ein Antrag auf Übernahme der Behandlungskos-                  dem Patient individuell abgewogen werden sollte (14).
                      ten bei der Krankenkasse gestellt werden muss.                         Kürzlich wurden die Ergebnisse einer prospektiven
                                                                                          multizentrischen Untersuchung zur Effektivität und Si-
                      Intravitreale Depotsysteme                                          cherheit des 0,59 mg FA-Implantats gegenüber der
                      Die ersten intravitrealen Medikamenten-Depotsysteme                 Standardtherapie (Laser oder Beobachtung) bei Patien-
                      wurden zur Lokaltherapie der CMV-Retinitis (Humanes                 ten mit diabetischem Makulaödem veröffentlicht. Das
                      Zytomegalievirus) bei HIV-Patienten entwickelt und                  FA-Implantat führte in dieser Untersuchung im Ver-
                      1996 von der „Food and Drug Administration“ (FDA) in                gleich zur Kontrollgruppe zu einem besseren Visusan-
                      den USA für den klinischen Gebrauch zugelassen. Das                 stieg, allerdings auf Kosten einer Kataraktprogression
                      Ganciclovir-Implantat enthält den in Tablettenform ge-              bei fast allen behandelten Patienten und der Notwen-
                      pressten Wirkstoff (4,5 mg Ganciclovir) ummantelt von               digkeit einer augendrucksenkenden Operationen bei
                      Polyvinylalkohol (PVA) und hydrophobem Ethylenvi-                   mehr als 30 % der Patienten aufgrund eines steroidbe-
                      nylacetat (EVA) und gibt initial 1 µg/h Ganciclovir ab              dingten Augeninnendruckanstiegs (15).
                      und erreicht über acht Monate therapeutische intravirale               Die 3-Jahresergebnisse einer prospektiven, interven-
                      Konzentrationen. Es handelt sich hierbei um ein nicht-              tionellen Fallserie bei Patienten mit einem Makula-
                      abbaubares, relativ großes Implantat, das im Bereich der            ödem nach ZVV zeigte ähnliche Ergebnisse mit einem
                      Pars plana des Ziliarkörpers über eine 5,5 mm Inzision              vergleichbaren Komplikationsspektrum (16).
                      an der Bulbuswand vernäht werden musste (3).                           Zusammenfassend lässt sich anhand der vorliegen-
                                                                                          den Studienergebnisse festhalten, dass das 0,59 mg
                      Fluocinolonacetonid-Implantate                                      Fluocinolonacetonid-Implantat bei den untersuchten
                      Das erste kortisonhaltige intravitreale Implantat beruht            Krankheitsbildern wirksam ist, allerdings auf Kosten
                      auf einer dem Ganciclovir-Implantat ähnlichen, nicht-               ausgeprägter Nebenwirkungen, wie der Ausbildung ei-
                      abbaubaren Matrix und enthält 0,59 mg Fluocinolonace-               ner Katarakt bei beinahe allen und der Notwendigkeit
                      tonid (FA). Es ist seit 2005 von der FDA zur Behandlung             einer augendrucksenkenden Operation bei einem be-
                      eines Makulaödems aufgrund einer nichtinfektiösen                   achtlichen Anteil der Patienten.

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                                                                                   Abbildung 2: Optische Kohärenz-Tomo-
  a                                                                                graphie eines klinischen Verlaufs bei
                                                                                   einem Patienten mit Makulaödem nach
                                                                                   Zentralvenenverschluss
                                                                                   a) vor der Implantation
                                                                                   b) 3 Monate nach Implantation des 700 µg
                                                                                      Dexamethason-Implantats. Es zeigt sich
                                                                                      eine deutliche Abnahme der zentralen
                                                                                      Netzhautdicke nach der Behandlung.

  b

Fluocinolonacetonid-Implantat (0,19 mg)                         real appliziert (IVTA) (18). Die „Standard Care versus
Ein weiteres FA-Implantat kann über eine Injektionsna-          Corticosteroid for Retinal Vein Occlusion (SCORE)
del (25 Gauge; 0,46 mm) in den Glaskörperraum des               Studie“, eine multizentrische Studie an 271 Patienten,
Auges injiziert werden, ohne dass eine Naht benötigt            untersuchte die Sicherheit und Effektivität der intra-
wird. Es ist nichtresorbierbar und enthält 0,19 mg              vitrealen Gabe von 1 mg beziehungsweise 4 mg un-
Fluocinolonacetonid. In einer prospektiven, placebo-            konserviertem Triamcinolonacetonid bei Patienten mit
kontrollierten doppelblinden Phase-III-Studie bei Pa-           Makulaödem nach Zentralvenenverschluss (ZVV). Hier
tienten mit nach Lasertherapie persistierendem diabeti-         wurde ein therapeutischer Effekt der intravitrealen Tri-
schem Makulaödem wurde die Wirksamkeit und Si-                  amcinolonacetonidapplikation nachgewiesen und somit
cherheit des FA-Implantats mit zwei unterschiedlichen           erstmals eine erfolgreiche Therapie des Makulaödems
Wirkstoffkonzentrationen (Wirkstofffreisetzung: 0,2 µg          nach ZVV beschrieben (9, 19). Hinsichtlich des Sicher-
und 0,5 µg pro Tag) untersucht und mit der Schein-              heitsprofils war die 1 mg-Dosierung der 4 mg-Dosie-
infektion verglichen. Während es in beiden Behand-              rung überlegen und somit sollte eine intravitreale The-
lungsgruppen zu einer Visusverbesserung kam, war das            rapie mit 1 mg Triamcinolonacetonid bei Patienten mit
Nebenwirkungsspektum vor allem hinsichtlich der intra-          ZVV, die den Einschlusskriterien der SCORE-Studie
okularen Drucksituation in der Gruppe mit der niedrige-         entsprechen, erwogen werden, so die Schlussfolgerung
ren Dosis günstiger (17). Die Zulassung des 0,19 mg             der Autorengruppe (19).
Implantats (niedrige Dosis) für die Therapie des diabeti-          Bei Patienten mit einem Makulaödem aufgrund eines
schen Makulaödems wurde beantragt. Der Antrag auf               Venenastverschlusses (VAV) konnte kein Vorteil einer
Zulassung wurde in den USA im Herbst 2011 negativ               intravitrealen Triamcinolonacetonidbehandlung gegen-
beschieden. Im Februar 2012 wurde der Antrag in                 über der Standardtherapie (Grid-Laser im Bereich der
Europa in einem dezentralen Zulassungsverfahren                 Makula) nachgewiesen werden. Zudem bestand in der
grundsätzlich positiv bewertet. Eine Zulassung in               Behandlungsgruppe das Risiko für einen Augeninnen-
Österreich und Großbritannien ist im April/Mai 2012             druckanstieg (20).
erfolgt.
                                                                Dexamethason-Implantat
Triamcinolonacetonid                                            Bei Dexamethason handelt es sich wie bei Fluocinolon
Bei Triamcinolonacetonid handelt es sich nicht um ein           um ein hochwirksames Kortikosteroid mit einer im Ver-
Steroid-Implantat sondern um ein Glukokortikoid, das            gleich zu Kortison 30-fach relativ höheren Wirkstärke
als Suspension nach intravitrealer Anwendung aufgrund           (21). Nach intravitrealer Eingabe beträgt die geschätzte
seiner Struktur über mehrere Wochen hinweg therapeu-            Halbwertszeit im menschlichen Auge allerdings ledig-
tische intraokulare Wirkspiegel aufrechterhält. Wäh-            lich 5,5 h, so dass bei der Therapie eines Makulaödems
rend Triamcinolonacetonid in Europa nicht für die intra-        wiederholte operative Eingriffe in relativ kurzen Ab-
okulare Anwendung zugelassen ist, wird es vor allem in          ständen notwendig sind (22). Das Dexamethason-Im-
den USA als zugelassene Therapie regelmäßig intravit-           plantat, das mit dem Ziel, die Wirkdauer zu verlängern,

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 TABELLE 2

 Studienlage zu den Implantaten

      Indikation, Studiendesign,          Einschlusskriterien          Endpunkte                         Ergebnisse
      Nachbeobachtung
      Fluocinolonacetonid-Implantat 0,59 mg
      nichtinfektiöse Uveitis             rezidivierende               Vergleich der                     Visusverbesserung um ≥ 3 Zeilen nach drei Jahren:
      posterior (13)                      nichtinfektiöse posteriore   0,59 mg (n = 110) und             0,59 mg Gruppe: 23 % (22/94)
      prospektive randomisierte           Uveitis,                     2,1 mg (n = 168)                  [unbehandelte Partneraugen: 6 % (5/90)] (p < 0,01)
      multizentrische Studie              Zustand nach Kortikoste-     FA-Implantate und                 Unerwünschte Wirkungen:
                                          roidtherapie                 unbehandelte Partneraugen         Augeninnendruckanstieg um ≥ 10 mm Hg
      3 Jahre                                                          hinsichtlich Sicherheit und       0,59 mg Gruppe: 67 % (74/110)
                                                                       Effektivität                      [unbehandelte Partneraugen: 23 % (25/109)]
      diabetisches Makulaödem (15)        persistierendes              Vergleich des 0,59 mg             Visusanstieg ≥ 15 Buchstaben nach
      prospektive randomisierte           oder rezidivierendes         FA-Implantats (n = 127) mit       6, 12, 24 und 36 Monaten
      multizentrische Studie              diabetisches Makulaödem      der Standardtherapie (n = 69)     FA-Implantat: 16,8 %, 16,4 %, 31,8 %, 31,1 %
                                          Visus 0,05–0,4               (fokale/Grid-Laserphotoko-
      3 Jahre                                                          agulation oder Beobachtung)       Kontrollgruppe: 1,4 % (p = 0,0012), 8,1 % (p = 0,1191),
                                                                       (Randomisierung 2 : 1)            9,3 % (p = 0,0016), 20,0 % (p = 0,1566)
                                                                       hinsichtlich Sicherheit und       Augendruckanstieg auf Werte ≥ 30 mm Hg
                                                                       Effektivität
                                                                                                         FA-Implantat: 61,4 % (78/127)
                                                                                                         Kontrollgruppe 5,8 % (4/69)
      Fluocinolonacetonid-Implantat 0,19 mg
      diabetisches Makulaödem (17)        trotz Lasertherapie          Vergleich der                     Visusanstieg ≥ 15 Buchstaben nach 24 Monaten
      prospektive, randomisierte          persistierendes              0,2 µg/d (n = 375) und            FA-Implantat 0,2 µg/d: 28,7 %
      placebokontrollierte doppelblinde   diabetisches Makulaödem      0,5 µg/d (n = 393)
                                                                       FA-Implantate und der             Kontrollgruppe 16,2 % (p = 0,002)
      Phase-III-Studie
                                                                       Scheinbehandlung (n = 185)        Rate an filtrierenden Glaukomoperationen
      2 Jahre                                                          ggfs. mit Lasertherapie und
                                                                       ggfs. Re-Behandlung nach          FA-Implantat 0,2 µg/d: 3,7 %
                                                                       12 Monaten (Randomisierung        Kontrollgruppe 0,5 %
                                                                       2 : 2 : 1) hinsichtlich Sicher-
                                                                       heit und Effektivität
      Dexamethason-Implantat 700 µg
      persistierendes Makulaödem (e13)    trotz Therapie               Vergleich der                     Visusanstieg ≥ 15 Buchstaben nach drei Monaten
      prospektive randomisierte           persistierendes              350 µg (n = 105) und              DEX-Implantat 700 µg: 18 % (19/105)
      multizentrische Phase-II-Studie     Makulaödem                   700 µg (n = 105)
                                          Visus 0,1–0,5                Dexamethason-Implantate           Kontrollgruppe 6 % (6/105) (p = 0,006)
      6 Monate                                                         und Beobachtung (n = 105)         Augeninnendruckanstieg ≥ 10 mm Hg
                                                                       (Randomisierung 1 : 1 : 1)        zu einem Zeitpunkt innerhalb der sechs Monate
                                                                       hinsichtlich Sicherheit und       (keine drucksenkende Operation notwendig)
                                                                       Effektivität
                                                                                                         DEX-Implantat 700 µg: 17 % (17/101)
                                                                                                         Kontrollgruppe 3 % (3/100)
      Makulaödem nach ZVV und VAV         Makulaödem                   Vergleich der                     Zeitdauer bis zu einem Visusanstieg ≥ 15 Buchstaben
      (23, 24)                            nach VAV                     350 µg (n = 412) und              Signifikant kürzer in den Behandlungsgruppen als in der
      prospektive randomisierte           (Dauer 6 Wochen –            700 µg (n = 421)                  Kontrollgruppe (p < 0,001)
      multizentrische Phase-III-Studie    12 Monate)                   Dexamethason-Implantate
                                                                       und Beobachtung (n = 423)         Anteil der Patienten mit einem Visusanstieg ≥ 15 Buchstaben
      6 Monate randomisiert +             nach ZVV                                                       (Tag 30–90 nach Implantation)
                                          (Dauer 6 Wochen –            (Randomisierung 1 : 1 : 1)
      verblindet                                                       hinsichtlich Sicherheit und       Signifikant höher in den Behandlungsgruppen als in der
                                          9 Monate)
      6 weitere Monate offene                                          Effektivität                      Kontrollgruppe (p < 0,001)
      Anschlussstudie mit ggfs.           Visus 0,1–0,4
                                                                                                         Augeninnendruckanstieg ≥ 10 mm Hg 60 Tage
      Re-Behandung                                                                                       nach Implantation
      (700 µg Implantat)
                                                                                                         DEX-Implantat 700 µg: 12,6 % (nach der 1. Implantation)
      nichtinfektiöse intermediäre oder   nichtinfektiöse              Vergleich der                     Rückgang der Glaskörpertrübungen (Vitreous Haze Score 0)
      posteriore Uveitis (25)             intermediäre oder            350 µg (n = 76) und               nach acht Wochen
      prospektive randomisierte           posteriore Uveitis           700 µg (n = 77)                   DEX-Implantat 700 µg: 47 % (36/77)
      multizentrische Phase-III-Studie    Visus 0,03–0,63              Dexamethason-Implantate
                                                                       und Beobachtung (n = 76)          Kontrollgruppe 12 % (9/76) (p < 0,001)
      6 Monate                                                         (Randomisierung 1 : 1 : 1)        Anteil der Patienten mit einem Visusanstieg ≥ 15 Buchstaben
                                                                       hinsichtlich Sicherheit und
                                                                       Effektivität                      Signifikant höher in den Behandlungsgruppen als in der
                                                                                                         Kontrollgruppe [p < 0,001 (700 µg-Gruppe) bzw. p ≤ 0,027
                                                                                                         (350 µg-Gruppe)]
                                                                                                         Augeninnendruckanstieg auf Werte ≥ 25 mm Hg
                                                                                                         nach Implantation
                                                                                                         DEX-Implantat 700 µg: 7,1 %
                                                                                                         Kontrollgruppe 4,2 % (p > 0,05)

                                                                               VAV, Venenastverschluss; ZVV, Zentralvenenverschluss; FA, Fluocinolonacetonid; DEX, Dexamethason

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MEDIZIN

entwickelt wurde, besteht aus einer biologisch abbauba-         Resümee
ren Matrix aus Polylactid-co-Glycolid (PLGA) und ent-           In den letzten Jahren wurden verschiedene Steroid-Depot-
hält 700 µg Dexamethason. In den ersten 60 Tagen nach           systeme in klinischen Studien untersucht und haben be-
der Implantation werden hierdurch hohe intravitreale            reits teilweise Eingang in die klinische Praxis gefunden.
Wirkstoffkonzentrationen erreicht, gefolgt von einer            Diese Therapieoptionen haben das therapeutische Arsenal
länger andauernden Freisetzung niedrigerer Konzentra-           des Augenarztes bei der Behandlung von Erkrankungen
tionen. Das Implantat wird in einem Einmalapplikator            des hinteren Augenabschnitts wesentlich erweitert. Die
geliefert, mit dem es über die Pars plana des Ziliarkör-        vorgestellten Systeme unterscheiden sich hinsichtlich ih-
pers mit einer 22 Gauge (0,64 mm) Injektionskanüle              rer Implantation deutlich. Während das zuerst vorgestellte
operativ in den Glaskörperraum des Auges eingebracht            0,59 mg FA-Depotsystem über einen relativ großen
wird (Abbildung 1). Das Dexamethason-Implantat wur-             Schnitt eingebracht und dann an der Bulbuswand ange-
de im Juli 2010 von der „European Medicines Agency“             näht wird, erfolgt die Implantation des 0,19 mg FA-Im-
(EMA) zur Therapie des Makulaödems nach venösen                 plantats und des Dexamethason-Implantats nahtlos über
Gefäßverschlüssen und im Juni 2011 zur Therapie der             eine sich selbst schließende Injektionsstelle.
nichtinfektiösen Uveitis zugelassen.                               Mit einer langdauernden Steroidwirkung können eine
   Zwei identische, prospektive, multizentrische Studi-         Kataraktprogression und ein Anstieg des Augeninnen-
en untersuchten über 12 Monate die Sicherheit und Ef-           drucks verbunden sein. Hinsichtlich der Häufigkeit die-
fektivität von ein oder zwei Behandlungen mit dem De-           ser Nebenwirkungen scheinen sich die verschiedenen
xamethason-Implantat bei insgesamt 1 267 Patienten              vorgestellten Steroid-Depotsysteme – wahrscheinlich
mit Venenastverschluss oder Zentralvenenverschluss              maßgeblich aufgrund ihrer unterschiedlichen Wirkungs-
(Abbildung 2). In den beiden Behandlungsgruppen kam             dauer – voneinander zu unterscheiden. Länger wirksame,
es signifikant schneller und häufiger (29 % im Ver-             nicht-abbaubare Implantate konnten in den Studien die
gleich zu 11 % nach 60 Tagen) zu einer Visusverbesse-           Krankheitsbilder gut therapieren, allerdings mit den
rung um ≥ 15 Buchstaben als in der Kontrollgruppe               Nebenwirkungen einer langdauernden Steroidtherapie
(p < 0,001). Nach zweimaliger Implantation des 700 µg           (Linsentrübung und Anstieg des Augeninnendrucks).
Implantats kam es bei 29,8 % (90/302) der phaken Au-            Abbaubare Implantate weisen bei allerdings deutlich
gen zu einer Zunahme der Linsentrübung (Kontroll-               kürzerer Wirkdauer nach einmaliger Applikation ein
gruppe 5,7 %; 5/88). Ein Augeninnendruckanstieg fand            günstigeres Nebenwirkungsspektrum auf. Im Falle einer
sich am häufigsten 60 Tage nach Implantation und wur-           wiederholten intravitrealen Implantation kommt es auch
de in der Gruppe der zweimaligen 700 µg Implantation            hier vermehrt zu einem – meist medikamentös beherrsch-
bei 12,6 % der Patienten nach der ersten und bei 15,4 %         baren – Augeninnendruckanstieg und einer beschleunig-
nach der zweiten Behandlung festgestellt (23, 24).              ten Trübung der Augenlinse. Derzeit fehlen noch Unter-
   Die Sicherheit und Effektivität des Dexamethason-            suchungen zum Langzeitverlauf unter dieser Therapie,
Implantats bei Patienten mit einer nichtinfektiösen in-         so dass aktuell noch keine definitiven Aussagen zu mög-
termediären oder posterioren Uveitis wurde in einer             lichen langfristigen Nebenwirkungen bei wiederholten
Phase-III-Studie (HURON-Studie) untersucht. Die Be-             Behandlungen getätigt werden können. Allerdings ist
handlungsgruppen profitierten über die gesamte Nach-            aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit einer intra-
beobachtungszeit hinweg von der Therapie, auch eine             vitrealen Steroidtherapie nicht damit zu rechnen, dass
Verbesserung des Visus um ≥ 15 Buchstaben war in den            sich im Langzeitverlauf noch weitere seltene, gefährliche
Behandlungsgruppen signifikant häufiger. Ein Augen-             Nebenwirkungen zeigen werden.
innendruckanstieg auf Werte von ≥ 25 mm Hg trat bei
den Kontrolluntersuchungen jeweils bei weniger als
10 % der Patienten auf und die Rate an Linsentrübun-              KERNAUSSAGEN
gen lag zwischen 7 % (4/55) in der Kontrollgruppe und
15 % (9/62) in der 700 µg Gruppe (25).                           ● Die Pharmakotherapie von Erkrankungen des hinteren Augenabschnitts stellt eine
   Die Ergebnisse der vorliegenden Studien weisen da-               therapeutische Herausforderung dar. Bei einer systemischen Kortikosteroidtherapie
                                                                    wäre bei den für einen ausreichenden intraokularen Wirkspiegel notwendigen Do-
rauf hin, dass das 700 µg Implantat im Vergleich zu
                                                                    sierungen mit systemischen Nebenwirkungen zu rechnen.
dem 350 µg Implantat bei einer vergleichbaren Anwen-
dungssicherheit wirksamer ist. Dementsprechend wur-              ● Der Begriff „intravitreale operative Medikamentenapplikation“ (IVOM) beschreibt die
de die Zulassung auch für das 700 µg Implantat für die              direkte operative Einbringung von Medikamenten in den Glaskörperraum des Au-
Therapie eines Makulaödems nach venösen Gefäßver-                   ges. Hierdurch können hohe lokale Wirkstoffkonzentrationen erreicht und die syste-
                                                                    mischen Nebenwirkungen reduziert werden.
schlüssen und bei Uveitis beantragt und erteilt. Das De-
xamethason-Implantat scheint entsprechend der bisher             ● Mögliche unerwünschte Effekte der intravitrealen Therapie sind die mit der operati-
vorliegenden Daten eine gute therapeutische Sicherheit              ven Einbringung des Medikamentes verbundenen Komplikationen sowie im Fall
aufzuweisen und nach einmaliger Anwendung über                      der Steroide eine Trübung der Augenlinse und ein Augendruckanstieg.
mehrere Monate zu wirken. Die klinische Erfahrung                ● Intravitreale Depotsysteme wurden entwickelt, um die Wirkdauer intravitreal appli-
zeigt aktuell, dass auch bei diesem Präparat bei wieder-            zierter Medikamente zu verlängern und so die Behandlungsfrequenz zu reduzieren.
holten Implantationen und somit verlängerter Wir-                ● Die bisherigen Studien zeigen eine gute Wirksamkeit intravitrealer Steroid-Depot-
kungsdauer zunehmend mit Linsentrübungen zu rech-                   systeme bei je nach Implantat-Typ unterschiedlichem Nebenwirkungsprofil.
nen ist (Tabelle 2).

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 109 | Heft 37 | 14. September 2012                                                                                           589
MEDIZIN

Interessenkonflikt                                                                 18. Bandello F, Iacono P, Battaglia Parodi M: Treatment options for dif-
Dr. Nentwich erhielt Honorare für eine Autorenschaft im Rahmen einer Publi-            fuse diabetic macular edema. Eur J Ophthalmol 2010; 21: 45–50.
kation, Erstattung von Teilnahmegebühren für einen Kongress sowie Reise-
und Übernachtungskosten von Allergan.                                              19. Ip MS, Scott IU, VanVeldhuisen PC, et al.: A randomized trial
                                                                                       comparing the efficacy and safety of intravitreal triamcinolone with
Prof. Ulbig nimmt Beratertätigkeiten wahr für Novartis, Allergan und Pfizer. Er-       observation to treat vision loss associated with macular edema
stattung von Teilnahmegebühren für Kongresse erhielt er von Novartis und Pfi-
zer. Die Erstattung für Reise- und Übernachtungskosten sowie Honorare für
                                                                                       secondary to central retinal vein occlusion: the Standard Care vs
die Vorbereitung von wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen erhielt            Corticosteroid for Retinal Vein Occlusion (SCORE) study report 5.
er von Novartis, Allergan und Pfizer. Für die Durchführung von klinischen Auf-         Arch Ophthalmol 2009; 127: 1101–14.
tragsstudien erhielt er Gelder auf ein Drittmittelkonto von Novartis.              20. Scott IU, Ip MS, VanVeldhuisen PC, et al.: A randomized trial compa-
                                                                                       ring the efficacy and safety of intravitreal triamcinolone with stan-
                                                                                       dard care to treat vision loss associated with macular Edema se-
Manuskriptdaten
eingereicht: 14. 10. 2011, revidierte Fassung angenommen: 13. 3. 2012                  condary to branch retinal vein occlusion: the Standard Care vs Cor-
                                                                                       ticosteroid for Retinal Vein Occlusion (SCORE) study report 6. Arch
                                                                                       Ophthalmol 2009; 127: 1115–28.
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    ral pathophysiology of macular edema. Eur J Ophthalmol 2010; 21:               Campus Innenstadt
    10–9.                                                                          Mathildenstraße 8
                                                                                   80336 München
 9. Glacet-Bernard A, Coscas G, Zourdani A, Soubrane G, Souied EH:                 Michael.Ulbig@med.uni-muenchen.de
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MEDIZIN

ÜBERSICHTSARBEIT

Therapiepotenzial intraokularer
Steroid-Depotsysteme
Entwicklungen zur Verlängerung der Wirkdauer intraokular applizierter Kortikosteroide

Martin M. Nentwich, Michael W. Ulbig

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