TIBET360 - Das CAI - eine Überraschung - eine Überraschung Sorge um Anya Sengdra Arbeits
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TIBET360° INFORMATIONEN | MEINUNGEN | ANALYSEN AUSGABE 1 | 2021 Das CAI - eine Überraschung 2 4 Arbeits- 3 Sorge um programme Anya Sengdra
TIBET360° DAS CAI - EINE ÜBERRASCHUNG 2 Kommentar Das Investitionsabkommen (CAI) zwischen der EU und China hat überrascht. Den Schleier um dieses Abkommen hat die EU zu ungewohnter Zeit gelüftet, zwischen den Jahren. Bekannt sind derartige Terminierungen bisher nur von der KP-Führung in Peking, die etwa gerne Andersden- kende festnimmt oder verurteilt, wenn die Aufmerksam- keit der weihnachtsträgen Öffentlichkeit im Westen „Mainstreaming“ von Menschenrechten, die ressort- und fachübergreifende Berücksichtigung von Menschenrech- ten sollte sich auch in harten Vertragsverhandlungen widerspiegeln. Es reicht nicht mehr, wenn Wirtschaftspoli- tiker Menschenrechte bei Delegationsreisen in China nur ansprechen. Das CAI ist auch in dieser Hinsicht kein Fort- schritt. Zu hoffen bleibt, dass sich besonders das Europa- begrenzt ist. Überraschender ist allerdings die Tatsache, parlament für eine Verbesserung des Vertragswerkes ein- dass sich die EU-Verhandler offenbar mit einer bloßen setzt. Zu wünschen wäre auch eine breite Diskussion in Absichtserklärung der chinesischen Regierung zufrieden der Öffentlichkeit wie auch zuletzt bei anderen internatio- Kai Müller, gegeben haben was die Einhaltung von ILO-Standards nalen Handelsverträgen. ICT-Geschäftsführer angeht – für die Frage von Zwangsarbeit in Xinjiang Foto: Yan Revazov (Ost-Turkestan) und auch in Tibet von großer Brisanz. Die chinesische Regierung hat freilich mit dem Abkom- Menschenrechtsorganisationen wissen leider nur zu men einen Punktsieg errungen. Zu Zeiten, da sich die genau, was diese Zusagen wert sind. Seit 1998 verspricht Menschenrechtsbilanz der KP immer mehr verdunkelt, in und vertröstet Peking, wenn es um die Ratifikation des Tibet, Ost-Turkestan, der südlichen Mongolei oder in Hong Zivilpaktes geht. Ganz zu schweigen von den völkerrecht- Kong, muss das Abkommen wie ein Geschenk anmuten, lichen Verpflichtungen in Bezug auf Hong Kong. mit dem man nicht unbedingt rechnen musste. Es wäre interessant zu erfahren, ob die KP-Führung das Entgegen- Im Abkommen fehlt es überdies an einer robusten kommen der EU mit ebensolcher Überraschung aufge- Menschenrechtsklausel, die auch in Handels- und Wirt- nommen hat wie die Öffentlichkeit im Westen. Eine Gegen- schaftsabkommen fester Bestandteil sein sollte. leistung Pekings muss man nicht erwarten. REISE DER UNO-HOCHKOMMISSARIN - ÜBERPRÜFUNG NACH SOZIALPAKT Nach einem für die chinesische Regierung weniger Vereinten Nationen. ICT hat zusammen mit der Loyola erfolgreichen Jahr beim UNO-Menschenrechtsrat bleibt Law School einen Bericht zu den „List of Issues“ an den die Volksrepublik auch in 2021 im Fokus der Kritik und Ausschuss gesandt, der sich insbesondere mit den Aufmerksamkeit. UNO-Hochkommissarin Bachelet zwangsweisen Arbeitsprogrammen der chinesischen Foto: ICT; Foto: hbieser, pixabay.de, Quelle: phayul.com berichtete im Dezember von Bemühungen, ein Voraus- Behörden in Tibet befasst. Menschenrechtsorganisatio- team innerhalb der ersten Jahreshälfte nach China ent- nen wie die ICT kritisieren, dass Tibeter keine Möglich- senden zu wollen, um den mit der KP-Führung verein- keit haben, sich diesen Programmen zu entziehen, die barten Besuch der Hochkommissarin vorzubereiten. Von massiv in ihre Rechte eingreifen. So müssen Betroffene zentraler Bedeutung dürfte sein, ob sich die Delegation ihre bisherige Lebensweise aufgeben, werden von ihren der Hochkommissarin wird frei bewegen und ob Familien und ihrem Umfeld getrennt und werden an Pro- Fotos Cover im Uhrzeigersinn: Gesprächspartner ohne Furcht vor Repression werden duktionsstätten sogar außerhalb Tibets überstellt. sprechen können. ICT hat die Hochkommissarin mit Nachdruck darum gebeten, Tibet in ihre Reise miteinzubeziehen. Mehr Informationen: Im März unterzieht sich China einer turnusmäßigen ICT-Pressemitteilung: Überprüfung nach dem Wirtschafts- und Sozialpakt der https://bit.ly/3dmUVvW
AUSGABE 1 | 2021 ARBEITS- PROGRAMME PARALLELEN ZWISCHEN XINJIANG UND TIBET Für weltweite Empörung sorgte die Enthüllung der chi- nesischen „Umerziehungslager“ in der Uigurenregion Programm nun aufbaue. Landarbeiter, die in die soge- nannten „Berufsausbildungszentren“ versetzt würden, erhielten eine ideologische Ausbildung, die Wert auf strikte Disziplin lege und von den Teilnehmern verlange, militärische Übungen durchzuführen und Uniformen zu tragen. Neben beruflichen Fertigkeiten würden den „Aus- zubildenden“ Chinesisch-Kenntnisse sowie „juristische 3 Xinjiang (Ost-Turkestan), in denen vermutlich mehr als und politische Bildung“ vermittelt. In einem Dokument eine Million Angehöriger muslimischer Minderheiten fest- werde das Ziel ausgegeben, schrittweise „den Übergang gehalten, misshandelt und gedemütigt werden. Ehema- von ‘Ich muss arbeiten’ zu ‘Ich will arbeiten’ zu lige Insassen, denen die Flucht ins Ausland gelang, verwirklichen“. berichteten von „Gehirnwäsche“, Folter und Zwangsar- Nach Einschätzung der International Campaign for beit. Wie im Oktober 2020 unter anderem die Nachrich- Tibet handelt es sich bei dem sogenannten Arbeitspro- tenagentur Reuters berichtete, existiert auch in Tibet ein gramm der chinesischen Regierung in Tibet um eine tief- sogenanntes „Arbeitsprogramm“, das starke Parallelen zu greifende Menschenrechtsverletzung. Die offizielle Dar- Xinjiang aufweist. Die Rede ist von militärisch organisier- stellung, der zufolge die Teilnahme daran freiwillig erfolge, ten „Umerziehungszentren“ und Transfers in chinesische kann nur als zynisch bezeichnet werden. Denn tatsächlich Provinzen. Ans Licht gebracht wurde dieses Programm dürften die Menschen keine andere Wahl haben, als sich von dem deutschen China-Forscher Adrian Zenz in einem in ihr Schicksal zu fügen. Die staatliche Politik in Tibet ist Bericht für die in den USA ansässige „Jamestown Foun- diskriminierend und deutlich rassistisch konnotiert, wenn dation“. Demnach wurden mehr als eine halbe Million Tibeter als rückständig oder faul bezeichnet und zur Tibeter von den chinesischen Behörden in ein Arbeitspro- Arbeit in chinesischen Fabriken umerzogen und umge- gramm gezwungen. Vordergründig diene dieses dem formt werden sollen. Ziel, „der chinesischen Industrie loyale Arbeitskräfte zur Kritik am sogenannten „Berufsausbildungsprogramm“ Verfügung zu stellen“, so der Bericht, für den zahlreiche sowie an der damit verbundenen erzwungenen Indoktri- Meldungen chinesischer Staatsmedien, offizielle Doku- nation und Überwachung übte auch die „Inter Parliamen- mente und Beschaffungsanträge aus dem Zeitraum 2016 tary Alliance on China“ (IPAC). Das Programm erinnere in -2020 ausgewertet wurden. beunruhigender Weise „an die von den chinesischen Im Rahmen des staatlichen Programms existieren dem- Behörden in der uigurischen Region erzwungene Berufs- nach Quoten für den massenhaften Transfer von Arbei- ausbildung und den massenhaften Transfer von Arbeits- tern innerhalb Tibets und in andere Teile Chinas. So müss- kräften“, so die Abgeordneten in ihrer Stellungnahme, in ten etwa die Behörden der tibetischen Hauptstadt Lhasa der sie die internationale Gemeinschaft zu konkretem 1.000 Arbeitskräfte entsenden, der Bezirk Shigatse 1.400 Handeln aufforderten. Zu den Unterzeichnern gehörten und der Bezirk Shannan 800. Bei Nichterfüllung der Quo- auch die Bundestagsabgeordneten Margarete Bause ten drohten Strafen. Es handele sich bei dem Programm (B ’90/Grüne) und Michael Brand (CDU). der chinesischen Regierung „um einen erzwungenen Lebensstilwandel vom Nomadentum und der Landwirt- schaft zur Lohnarbeit“, so Adrian Zenz, weiter. Das Pro- gramm der chinesischen Behörden sei Zenz zufolge fast Mehr Informationen: „der stärkste, deutlichste und gezielteste Angriff auf tradi- ICT-Petition zu Arbeitsprogrammen: tionelle tibetische Lebensgrundlagen seit der Kulturrevo- https://bit.ly/2WvB0Uy lution von 1966 bis 1976“. Schon vor einigen Jahren hät- Stellungnahme Inter Parliamentary Alliance on China: ten die chinesischen Behörden in Tibet eine ideologische https://bit.ly/2W6tz7k „Umerziehungskampagne“ gestartet, auf der das
TIBET360° AUSGABE 1 | 2022 +++newsTICKER+++ Foto: TAFM SORGE UM ANYA SENGDRA Tibeter wählen Exil-Regierung: Stichwahl 4 um das Präsidentenamt https://bit.ly/2Yz6prM Quelle: HRW Die International Campaign for Tibet (ICT) angeklagt, „Streit auszulösen und Ärger zu ist besorgt um das Wohl des tibetischen Men- provozieren“ sowie „Menschen zu versam- schenrechtsverteidigers Anya Sengdra, der meln, um die öffentliche Ordnung zu stören“. am 6. Dezember 2019 von einem chinesi- Die beiden bewusst vage formulierten schen Gericht in der osttibetischen Präfektur Begriffe finden unter Xi Jinping in den ver- Tibetischer Reiseführer stirbt an den Golog (chin. Guoluo) zu einer siebenjährigen gangenen Jahren zunehmend Anwendung in Folgen seiner in Haft erlittenen Verlet- Haftstrafe verurteilt worden war und dessen der Verfolgung von Menschenrechtsverteidi- zungen Berufung am 17. Juni 2020 abgelehnt wurde. gern und anderen Kritikern der https://bit.ly/2yxYf8q Sengdra wurde aufgrund einer friedlichen Regierungspolitik. Kampagne gegen korrupte chinesische Im Mai 2020 hatten vier UN-Menschen- Beamte verurteilt. Der Antikorruptionsaktivist rechtsexperten und die UN-Arbeitsgruppe Menschenrechtsorganisationen fordern ist in seiner Heimatregion schon seit Jahren gegen willkürliche Inhaftierungen die chinesi- Regierungen zu „diplomatischem Boy- für seinen Einsatz gegen Korruption öffentli- sche Regierung aufgefordert, ihre Vorwürfe kott“ von Peking 2022 auf cher Stellen bekannt. Die Europäische Union gegen Anya Sengdra fallen zu lassen. Die https://bit.ly/2yvxf9C (EU) hatte zuletzt nach der Haftentlassung UN-Menschenrechtsexperten zeigten sich des tibetischen Menschenrechtsverteidigers besorgt darüber, dass Sengdras „legitime Tashi Wangchuk von den chinesischen Arbeit“ offenbar kriminalisiert werden solle Peking treibt ideologische und politi- Behörden ein Ende von Folter und Misshand- und ebenso über Berichte, dass sich seine sche Indoktrination voran: Junge Tibe- lungen in chinesischen Haftanstalten gefor- physische und psychische Gesundheit in Haft ter an Schulen dert sowie eine genaue Untersuchung der in verschlechtert habe. Die Rechte Sengdras https://bit.ly/2Yz6prM diesem Zusammenhang bestehenden Vor- sowie die Rechte der tibetischen Minderheit würfe verlangt. Daher fordert die ICT die Bun- müssten „vollumfänglich respektiert“ werden. desregierung und die EU auf, sich gegenüber China müsse seinen Verpflichtung nach inter- Newsletter der chinesischen Regierung für die Rechte nationalem Recht nachkommen, wozu die Die International Campaign for Tibet Anya Sengdras einzusetzen. Aufhebung der Vorwürfe gegen Sengdra versendet regelmäßig per E-Mail aktu- gehöre, so die Experten. elle Informationen über Tibet und die Arbeit der ICT. VAGE ANKLAGEPUNKTE Mehr Informationen: https://savetibet.de/newsletteranmeldung/ ICT-Meldung: https://bit.ly/2SGoDUF 2014 gründete Anya Sengdra zusammen mit tibetischen Nomaden die Freiwilligenor- ganisation „Mang Dhon Ling“ (Forum für Impressum TIBET360° öffentliche Angelegenheiten), um gegen den Herausgeber: V. i. S. d. P.: Kai Müller Machtmissbrauch durch lokale Behörden zu International Campaign for Tibet kämpfen. Er prangerte die Unterschlagung Deutschland e. V. Stand: 18. Februar 2021 von Mitteln an, die für zwangsangesiedelte Schönhauser Allee 163 tibetische Nomaden vorgesehen waren, star- 10435 Berlin tete Kampagnen gegen illegale Bergbauakti- Tel.: +49 (0) 30 / 2787 9086 vitäten und die Jagd auf gefährdete Wildtiere. Fax: +49 (0) 30 / 2787 9087 Seinem Anwalt zufolge war Anya Sengdra info@savetibet.de www.savetibet.de
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