Tibet360 - Dalai Lama im Europaparlament Angriff auf Pressefreiheit - Campaign for Tibet
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Tibet360° INFORMATIONEN | MEINUNGEN | ANALYSEN AUSGABE 1 | 2016 Dalai Lama im Europaparlament 2 4 Angriff auf Zerstörung 3 Pressefreiheit
Foto: Olivier Adam Empfang Martin Schulz trifft den Dalai Lama – Werte statt Orientierungslosigkeit 2 Kommentar Ein solches Bild hatte man schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen: Ein führender europäischer Politiker empfängt den Dalai Lama offiziell in seinen Amtsräumen, und das trotz massiver chinesischer Proteste. Während außenpolitische Plattform, die die chinesische Regierung zusammen mit osteuropäischen EU-Staaten mit dem For- mat „16+1“ geschaffen hat – ohne Beteiligung Brüssels. Während Peking damit geschickt eine lästige menschen- Foto: Michael Rahn EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) sein rechtspolitische Agenda aus Brüssel – so marginal sie auch Gespräch am 15.9. in Straßburg mit dem Dalai Lama als sein möge – umgehen kann, treibt „16+1“ möglicherweise „offen und spirituell bereichernd“ bezeichnete, ließ die einen weiteren Keil in eine gemeinsame Außenpolitik der Reaktion der chinesischen Regierung nicht lange auf sich Europäer. „16+1“, ein Ergebnis wertebezogener Beliebig- warten: Eine Delegationsreise des Wirtschaftsausschusses keit europäischer Außenpolitik, so wie sie etwa in der Furcht des Europaparlaments wurde abgesagt, begleitet von indi- vor Begegnungen mit dem Dalai Lama zum Ausdruck Kai Müller, gnierten Kommentaren der chinesischen Staatsmedien. kommt? Peking hat erkannt, dass es Europa erfolgreich ICT-Geschäftsführer unter Druck setzen und spalten kann. Das Treffen Wertebezogene Außenpolitik Schulz/Dalai Lama fällt wohltuend aus diesem Rahmen. Der Empfang des Dalai Lama in Straßburg unterstreicht, Mehr Informationen: dass der Friedensnobelpreisträger in Europa große Unterstützung genießt – und dass sich das Europäische „EU, Parliament officials ignore China pressure to Parlament als demokratisch gewählte Institution nicht welcome Dalai Lama in Strasbourg, Paris, Brussels“, vorschreiben lässt, wen es empfangen darf. http://bit.ly/2cY5MA6 Wie notwendig ein klares Fundament europäischer In den Medien: „The Guardian view on the Dalai Lama: Außenpolitik gerade gegenüber China ist, zeigt die neue don’t squeeze him out“, http://bit.ly/2cO7znG Menschenrechtsrat 33. Sitzung In seinem Eröffnungsstatement der 33. Sitzung des Während der Generaldebatte im Rat äußerten sich UNO-Menschenrechtsrates in Genf beklagte der Hoch überdies die Europäische Union und Deutschland besorgt Fotos Cover im Uhrzeigersinn: Olivier Adam, Bodhicitta CC-BY-2.0 kommissar für Menschenrechte Seid al-Hussein Menschen- über die Situation in Tibet, die USA, die Tschechische rechtsverletzungen in China, insbesondere die Verfolgung Republik, Frankreich, Kanada, Irland und Großbritannien von Menschenrechtsanwälten und ihren Familien. kritisierten die Menschenrechtslage in China insgesamt. Al-Hussein verwies ferner auf Berichte über „Diskriminie- Die International Campaign for Tibet kritisierte im Rahmen rung, Folter und Misshandlung, ‚Verschwindenlassen‘ und eines Oral Statements für die Helsinki Foundation for Todesfälle in Haft von Angehörigen ethnischer und religiö- Human Rights die Lage der Religionsfreiheit in Tibet und ser Gemeinschaften“, ein deutlicher Hinweis auf die Situa- verwies insbesondere auf Abriss und Vertreibungen im tion von Uiguren und Tibetern. Wiederholt kritisierte Seid buddhistischen Institut von Larung Gar. al-Hussein die mangelnde Kooperationsbereitschaft Pekings, da die chinesische Regierung sich seit elf Jahren einem offi- ziellen Besuch des Hochkommissars in der Volksrepublik Mehr Informationen: verweigert habe. Die Kritik dürfte angesichts der erneuten Kandidatur Chinas für die Mitgliedschaft im Menschen- Mehr Informationen: http://bit.ly/2dyNS82 rechtsrat für besondere Aufmerksamkeit gesorgt haben.
AUSGABE 1 | 2016 Foto: Bodhicitta CC-BY-2.0 Zerstörung Buddhistisches Institut Larung Gar: Abrissarbeiten und Vertreibungen Nach der Zerstörung Tausender Unterkünfte im bud- dhistischen Studienzentrum Larung Gar haben die chine- sischen Behörden eine große Anzahl ehemaliger Bewoh- ner der im osttibetischen Landkreis Serthar (chin.: Seda) gelegenen Einrichtung von dort vertrieben. Wie hoch deren Zahl ist, lässt sich im Moment nicht sagen, da die Behörden seit mehreren Wochen die Kommunikations- haben. Schätzungen zufolge lag die Zahl der Bewohner Larung Gars in Spitzenzeiten bei bis zu 40.000 oder gar 50.000 Menschen. Die Verwaltung der Präfektur Kardze bestreitet offiziell, dass in Larung Gar Zerstörungen statt- finden. Es handele sich dabei lediglich um Renovierungs- arbeiten zum Zwecke des Brandschutzes und der besse- ren Lenkung der Besucher. 3 wege in der dünn besiedelten Region massiv blockieren und überwachen, um so zu verhindern, dass Informatio- nen an die Öffentlichkeit gelangen. Tibetische Quellen Eindeutiger berichten von einer „großen Anzahl von Menschen“, die Repressionscharakter gezwungen wurden, Larung Gar zu verlassen und in ihre Heimatregionen in anderen Teilen Tibets zurückzukehren. Aus Sicht der ICT ist diese Darstellung nicht stichhaltig. Die Abrissaktion begann am 20. Juli und ist offenbar im In einem Brief an den UNO-Sonderberichterstatter zur Reli- Moment unterbrochen worden. Es ist jedoch davon aus- gions- und Weltanschauungsfreiheit Heiner Bielefeldt ver- zugehen, dass sie spätestens im kommenden Jahr, wenn wies ICT auf den eindeutigen Repressionscharakter der nicht schon früher, wieder aufgenommen wird. Der Inter- Maßnahmen. So enthielt bereits die behördliche Anord- national Campaign for Tibet vorliegendes Bildmaterial nung der Abrissarbeiten in Larung Gar Passagen, in denen zeigt, dass die chinesischen Abrisstrupps mit schwerem die religiöse Führung des Studienzentrums verpflichtet Gerät gearbeitet haben. Insgesamt sollen in Larung Gar wurde, an Treffen teilzunehmen, bei denen „rechtliche circa 2.000 Unterkünfte zerstört worden sein. Tibetischen und ideologische Führung“ vermittelt werden sollte. Mön- Quellen zufolge seien von den Behörden angekündigte che und Nonnen wurden gezwungen, an sogenannten Entschädigungen bislang ausgeblieben. Aus Verzweif- „Rechtserziehungsmaßnahmen“ teilzunehmen und lung über die Abrissaktion haben sich drei tibetische Non- schriftliche Loyalitätsbekundungen abzugeben. Das Vor- nen in den vergangenen Wochen das Leben genommen. gehen der Behörden zeige deutlich, dass den Betroffenen Im August starben die 20-jährige Tsering Dolma aus dem keine Möglichkeit der Partizipation eingeräumt wurde. ICT osttibetischen Ngaba und Semga aus dem Landkreis dazu: „Die chinesische Regierung hat es im vorliegenden Dzamthang (chin.: Rangtang), zeitgleich mit dem Beginn Fall unterlassen, die von ihren Maßnahmen Betroffenen der Abrissarbeiten hatte sich bereits am 20. Juli die Nonne anzuhören und ihre Anliegen zu berücksichtigen. Gerade Rinzin Dolma erhängt. angesichts der überragenden Bedeutung von Larung Gar darf dies nicht hingenommen werden. Die Zerstörung von 2.000 Unterkünfte zerstört Unterkünften, die Vertreibung von Mönchen und Nonnen wie auch das besorgniserregende Maß an Einschüchte- rung und Unterdrückung stellen einen Angriff auf die freie Die Abrissarbeiten in Larung Gar waren in einer Anord- Religionsausübung dar.“ nung der Kreisverwaltung angekündigt worden. Darin wird das erklärte Ziel ausgegeben, bis Ende September 2017 die Anzahl der Bewohner von Larung Gar auf 5.000 Mehr Informationen: zu begrenzen. Allem Anschein nach waren die religiösen Institutionen von Larung Gar nicht in die Entscheidungs- International Campaign for Tibet: „Mass expulsions at findung einbezogen. In dem buddhistischen Zentrum sol- globally renowned Buddhist institutes follow demolitions”, len zuletzt mindestens 10.000 Menschen dauerhaft gelebt http://bit.ly/2dAD1dF
AUSGABE 1 | 2016 +++newsTICKER+++ Angriff auf Presse- Quelle: Xinhua freiheit Bosch-Medienforum als Tashi Wangchuk droht „Defeat Device“ lange Haftstrafe Für die Bosch-Stiftung ist „Völkerverstän- 4 digung“ wichtiger als der öffentliche Einsatz für unabhängige Berichterstat- tung aus China oder verfolgte Tibeter www.savetibet.de/blog Dem Tibeter Tashi Wangchuk droht eine des Verfahrens zu drängen. ICT-Geschäfts- Quelle: Xinhua lange Haftstrafe, nachdem die „New York führer Kai Müller: „Offensichtlich soll Times“ über ihn und seine Kritik an der chine- Wangchuk insbesondere dafür belangt wer- sischen Kultur- und Bildungspolitik in Tibet den, dass er gegenüber ausländischen berichtet hatte. Der 31-jährige Wangchuk, der Medien kritisch über die Situation in Tibet ein Ladengeschäft in der tibetischen Stadt gesprochen hat. Die Repression richtet sich Neuer KP-Chef der Autonomen Region Jyekundo in der Tibetisch Autonomen Präfek- daher nicht nur gegen Tashi Wangchuk, Tibet (TAR) bekannt als Hardliner tur Yushu in der Provinz Qinghai betreibt, war sondern auch gegen die ohnehin schon http://bit.ly/2dEF55Y von der „New York Times“ im November 2015 stark eingeschränkte Berichterstattung interviewt und umfassend porträtiert worden. unabhängiger Medien wie der ‚New York Times‘. An Tashi Wangchuk soll ein Exempel Festnahme nach statuiert werden, das besonders internatio- Quelle: Xinhua nale Medien abschrecken soll.“ Interview mit ICT ruft insbesondere Medienvertreter „New York Times“ aus Deutschland dazu auf, sich für Tashi Wangchuk und für akzeptable Arbeitsbedin- gungen internationaler und chinesischer Peking plant massiven Ausbau des Dem Artikel zufolge hatte er unter ande- Medien in China und Tibet einzusetzen. Tibet-Tourismus / ICT: Tourismus-Boom rem versucht, die örtlichen Behörden per begleitet von „kultureller Enteignung“ Gerichtsklage auf tibetischsprachigen Unter- der Tibeter richt in den Schulen zu verpflichten. Im Mehr Informationen: http://bit.ly/2cYfrGI Januar 2016 war Wangchuk verhaftet und zunächst an einen unbekannten Ort ver- „New York Times“: „Tibetans Fight to bracht worden. Im März wurde bekannt, dass Salvage Fading Culture in China”, Tibet-Monitor ihm „Anstiftung zum Separatismus“ vorge- http://nyti.ms/1RcCeMx Die International Campaign for Tibet worfen werde, obwohl keinerlei entspre- „New York Times“: „Police in China Push erstellt in unregelmäßigen Abständen chende Aktivitäten Wangchuks bekannt sind. for Trial of Tibetan Education Advocate”, einen sogenannten „Tibet-Monitor“, der Wangchuk muss, sollte das Gerichtsverfah- http://nyti.ms/2doQwwt menschenrechtsrelevante Nachrichten ren eröffnet und – wovon in derartigen Ver- aus den staatlichen chinesischen fahren auszugehen ist – mit einer Verurteilung Medien zusammenfasst. enden, mit einer bis zu 15-jährigen Haftstrafe Bei Interesse senden Sie bitte eine rechnen. Die Staatsanwaltschaft habe nun 90 E-Mail an kai.mueller@savetibet.de Tage Zeit, Anklage zu erheben, so vor Kurzem Wangchuks Anwalt, der bekannte chinesi- Impressum sche Menschenrechtsanwalt Liang Xiaojun Herausgeber: Gestaltungskonzept: (auf Twitter @liangxiaojun) in der „New ICT Deutschland e. V. Creative Comp., Hamburg York Times“. Schönhauser Allee 163 Die International Campaign for Tibet zeigt 10435 Berlin Druck: sich entsetzt über das Vorgehen der chinesi- Tel.: +49[0]30 2787 9086 Hans Gieselmann Druck und schen Behörden und ruft Politik und Öffent- Fax: +49[0]30 2787 9087 Medienhaus GmbH & Co. KG info@savetibet.de Potsdam-Nuthetal lichkeit in Deutschland dazu auf, gegenüber www.savetibet.de den chinesischen Behörden auf Frei Stand: 5. Oktober 2016 lassung Wangchuks und auf Einstellung V. i. S. d. P.: Kai Müller
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