Tool-Kit Zukunftslabor - Stadt Bern

Die Seite wird erstellt Günter Hohmann
 
WEITER LESEN
Tool-Kit
Zukunftslabor
Tool-Kit
Zukunftslabor

Seit Ausbruch der Pandemie stellt sich die Fra-    Das Tool-Kit beinhaltet:
ge: Wie wird Kultur in Zukunft produziert, prä-
                                                   Drehbuch, das an die eigenen
sentiert und genossen? Was heisst das für mich
                                                   Bedürfnisse angepasst werden kann
als Künstler*in, Musiker*in, Produktionsleitung,
Produzent*in, Tänzer*in, Techniker*in, Theater-
schaffende*r, Schreibende, Verleger*in? Wie
reagieren wir als Kulturinstitution darauf? Wie
kann die Kulturförderung auf die neuen Reali-
täten antworten? Welche Rahmenbedingungen
und welche Förderinstrumente braucht es? Das
vorliegende Tool-Kit mit Szenarien, Drehbuch
und Ablaufschema entstand aus dem Bedürfnis
heraus, jenseits des Überbrückungsmodus nach       Ablauf Workshop
vertiefenden Perspektiven zu suchen und einen
Blick in die Zukunft zu wagen.
Wir wollten uns mit einem neuen Workshop-
Format zum prospektiven Denken anregen.
Gerne stellen wir dieses Tool-Kit allen Interes-
sierten zur Verfügung.

                                                   4 Szenarien

                                                   Feedback-Formular

@2021 Eine Initiative von Kultur Stadt Bern                                            1
Ziele                                          Vorbemerkungen
– Anregen zum prospektiven Denken              zum Drehbuch
– Gemeinsam ergründen (Auswahl):               Das Format wurde mit Vertreter*innen der Kul-
     – wie in Zukunft Kultur produziert,      turkommissionen getestet. Wir haben uns dabei
        präsentiert und genossen wird;         auf Erkenntnisse für die Kulturförderung konzen-
     – Wie sich das eigene Schaffen/          triert. Je nach Zusammensetzung der Gruppe
       die Institution verändern wird;         ist der Fokus der Fragestellung unterschiedlich.
     – welches die idealen                    Das Format ist ein Ausgangspunkt, kann den
        Rahmenbedingungen sind;                eigenen Bedürfnissen angepasst werden und
                                               wird sich so weiterentwickeln.
     – wie die Kulturförderung auf die neue
        Realität reagieren kann und welche     Der Workshop kann mit beliebig vielen Personen
        Förderinstrumente es braucht;          durchgeführt werden. Je nach Anzahl, muss für
                                               die Diskussionen (je max. 8 Personen) in meh-
Es braucht:                                    reren Gruppen gearbeitet werden. Jede Gruppe
– 6 –16 Teilnehmende                          braucht eine Diskussionsleitung, eine*n Proto-
   (in Gruppen von max. 8 Personen)            kollant*in und einen (Breakout-)Raum.
– Pro Gruppe eine Workshop Leitung
   (Moderation)                                Die Auseinandersetzung mit den Szenarien 1
                                               bis 4 wird als Vorbereitung auf den Workshop
– Pro Gruppe eine*n Protokollant*in
                                               erwartet. Am Workshop selbst wird das opti-
   (kann auch von der Leitung übernommen
                                               mistische Szenario 3 (Nachbarschaft) als Aus-
   werden)
                                               gangspunkt für die Diskussion genommen.
– Szenarien
                                               Diskutiert wird nach bestimmten Fragestel-
      Analog:                                  lungen rund um «Produktion», «Plattformen»,
      – Pro Gruppe 1 Raum                      «Publikum» oder einer Mischung davon (Seite 6).
      – Pro Gruppe 1 Flipchart
                                               Ziel ist es, zu konkreten Erkenntnissen zu kom-
                                               men, wie in Zukunft Kultur produziert, präsen-
      Digital:
                                               tiert und genossen wird.
      – Z
         oom oder ähnliches Tool
        mit Breakout-Rooms                     Feedback zum Format sowie Erkenntnisse aus
      – Technik-Verantwortliche*r              dem Workshop sollen via Feedback-Formular an
                                               Kultur Stadt Bern (kulturelles@bern.ch) zurück-
                                               gespielt werden.

                                                                                             2
Drehbuch
Zukunftslabor

                3
Drehbuch

Intro
(= Mögliche, anzupassende Einladung an Teilnehmer*innen)
Mit der Einladung zum Workshop erhaltet Ihr vier Szenarien.
Wie wird die Kulturwelt nach, respektive mit Corona, aussehen?

Ausgehend von möglichen Entwicklungen be-          Wir möchten Euch und uns mit einem neuen
schreiben die vier modellartigen Szenarien ge-     Workshop-Format zum prospektiven Denken
samtgesellschaftliche Konsequenzen. Der zu         anregen. Wir verabschieden uns vom Über-
erwartende Wandel wurde dabei aus Gründen der      brückungsmodus und schauen nach vorn. Wir
Veranschaulichung bewusst zugespitzt. Es geht      möchten darüber diskutieren, wie in Zukunft Kul-
also weniger um die Abbildung von Wirklichkeit     tur produziert, präsentiert und genossen wird.
oder um eine genaue Prognose als vielmehr
darum, Denkräume zu öffnen und Orientie-           Wie kam es beispielsweise dazu, dass sich
rung zu schaffen. Wir werden zu Beginn dieses      eine noch nie dagewesene Anzahl von Kultur-
Workshops mit dem Szenario 3 (Nachbarschaft)       kollektiven gebildet hat, dass die kulturelle
arbeiten, einem relativ positiven Ausgangs-        Diversität im öffentlichen Raum allgegenwär-
punkt.                                             tig ist und jedes Unternehmen, dass etwas
                                                   auf sich hält, mittlerweile einen Kulturfonds
Wir befinden uns im Jahr 2026, die Kultur flo-     eingerichtet hat?
riert und wir blicken zurück auf schwierige,
turbulente und auch lehrreiche Jahre. Wie ist      Wir finden gemeinsam eine Antwort auf die Fra-
uns das gelungen? Wie produzieren, veran-          gen, wie unsere Institution auf die neue Reali-
stalten und geniessen wir Kultur heute, im         tät reagieren kann, wie wir es schaffen, agil zu
Herbst 2026?                                       bleiben, wie sich Produktionsalltag und Präsen-
                                                   tationsformen verändert haben.
Ziel des Workshops ist es, uns gedanklich in die
Zukunft zu projizieren und mittels Regnose zu      Wir finden gemeinsam eine Antwort auf die Fra-
fragen, wie wir dort hingekommen sind. Es geht     gen, wie sich der Berufsalltag von Kulturschaf-
also darum, den zurückgelegten Weg sichtbar zu     fenden verändert hat, was neu und bereichernd
machen, die «lessons learned» aufzuzeigen und      ist, welche neuen Formen zum festen Bestand-
konkrete Bedürfnisse für die Zeit bis ins Jahr     teil des Schaffens wurden.
2026 und danach zu formulieren.
                                                   Wir finden gemeinsam eine Antwort auf die
                                                   Fragen, wie die Kulturförderung auf die neue
                                                   Realität reagieren kann, welches die idealen
                                                   Rahmenbedingungen sind und welche Förder-
                                                   instrumente es braucht.

                                                                                                 4
1. Begrüssung                                       3. Vorstellungsrunde,
– K urze Begrüssung                                Austausch zum Szenario 3
   (Vorstellungsrunde erst unter Punkt 3!)          – Die Teilnehmer*innen lesen oder hören das
– Kurze Information, dass der Workshop mit            Szenario 3 nochmals.
   Tool-Kit (Drehbuch, Szenarien) von Kultur        – Die Teilnehmer*innen stellen sich vor.
   Stadt Bern zur Verfügung gestellt wird.
– Administratives zum Ablauf erläutern.            Nicht vergessen:
                                                    Wir befinden uns im Jahr 2026!

2. Einführung                                       Kurzer Austausch zu den Fragen:
Einleitung (Vorschlag):                             – W as hat Dich am Szenario 3
Wir stehen im Jahr 2026. Mehrere Pandemie-             am meisten inspiriert?
Wellen haben die Schweiz überrollt. Auf jede        – Was hat Dich am Szenario 3
Virusmutation folgen Anpassungen des Impf-             am stärksten irritiert?
stoffs und immer neue Kampagnen. Wiederholt
kam es zu Lockdowns und Schulschliessungen.         Die Diskussion dient der Aufwärmung
Doch nun scheint das Schlimmste überstanden.        und dem Eintauchen in das Szenario.
Ganz ausgerottet sind die Corona-Viren nicht und
das werden sie wohl nie sein. Doch es wurde ein
Modus Vivendi gefunden, der ein Leben in einer      3+. Optional:
neuen Normalität, namentlich auch ein entspre-
chendes Kulturleben erlaubt.
                                                    Vignettenarbeit zur
                                                    Aufwärmung
Die Gesellschaft und somit auch die Kulturszene     Eine Vignette ist eine einzelne, zeitlich um-
bekundeten anfänglich grosse Mühe, sich mit         grenzte Szene oder Thematik, welche hier dazu
den durch Corona diktierten Rahmenbedingun-         verwendet werden soll, sich ins Jahr 2026 zu
gen zurechtzufinden. Es galt, neue Wege und         versetzen. Gearbeitet wird in zwei (Breakout-)
Formen kultureller Produktion und Diffusion zu      Räumen.
entwickeln. Doch mit der Zeit zeigte sich ein
Silberstreifen am Horizont und je länger die        Jede Gruppe erhält eine Fragestellung aus dem
Situation andauerte, desto mehr machte sich ein     Alltag und überlegt sich basierend auf dem
Zweckoptimismus breit. Neue Ausdrucksformen         optimistischen Szenario 3 eine Antwort, welche
erlauben, sich ein Publikum zu erschliessen und     dann im Plenum präsentiert wird.
Kultur erfolgreich zu produzieren.
                                                    Vorschläge:
Da stehen wir jetzt. Wir sind im Jahre 2026 und
blicken zurück. Wir staunen darüber, wie erfolg-    – W ie informierst du dich über das Geschehen
reich wir Krisenjahre meistern konnten. Die Ge-        in Deiner Stadt?
sellschaft hat sich einem tiefgreifenden Wandel     – Wie sieht Euer Arbeitsalltag aus?
unterzogen. Die anfängliche Unsicherheit und        – Wie hat sich dein Lebensumfeld verändert?
der Existenzkampf sind dem Optimismus gewi-
chen. Wir verspüren Initiative und Ideenreichtum,
die gewonnenen neuen Werte zu leben und die
alternativen Ausdrucksformen kulturellen Lebens
zu verbreiten. Kultur in einem umfassenden Sin-
ne blüht und bereichert den Alltag mehr denn
je. Wie ist uns das gelungen? Wie produzieren,
veranstalten und geniessen wir Kultur heute, im
Herbst 2026?

                                                                                                   5
4. (Virtuelles) Meeting
(60 Minuten Diskussion)
In Gruppen von max. 8 Personen (mit je einer       Plattformen (Ort, wo Kultur gezeigt
Leitung und Protokollant*in) befinden wir uns      werden kann – real oder virtuell,
im Jahr 2026.                                      Innen- wie Aussenraum):
                                                   – W as haben wir in dieser Zeit als
Das Meeting widmet sich den Fragen: Wie wird
                                                      Veranstalter*innen entdeckt?
heute, im Jahr 2026 Kultur produziert, präsen-
                                                   – Wie haben wir es geschafft, als (grosse)
tiert und genossen?
                                                      Institution agil zu bleiben?
                                                   – Wie hat sich unser Betriebsmodell
Wir diskutieren anhand von Fragestellungen die
                                                      verändert? Wie divers sind wir aufgestellt?
Bereiche Produktion, Plattformen und Publikum
                                                   – Welche neuen Formen der Kulturangeboten
(je nach Fokus/Interesse der Gruppe). Die Frage-
                                                      haben wir als Veranstalter*innen entwickelt?
stellungen dienen dem Einstieg in die Diskus-
                                                   – Welche Präsentationsformen wurden zum
sion.
                                                      festen Bestandteil unseres Angebots?
                                                   – Was ist neu und bereichernd?
Mögliche Fragen (Vorschläge):
                                                   – Wie hat sich die Zusammenarbeit der Kultur-
                                                      produzent*innen und der Veranstalter*innen
Produktion:
                                                      verändert?
– W as haben wir in dieser Zeit als Kultur-       – Welche Plattformen wurden neu geschaffen?
   schaffende/Gruppe/Ensemble entdeckt?            – Welche Plattformen brauchen wir als Kultur-
– Wie hat sich unser Berufsalltag verändert?         schaffende neu/vermehrt?
– Welche neuen Formen der Kulturproduktion
   haben wir entwickelt und wollen wir weiter-
   führen?                                         Publikum:
– Wie produzieren wir heute?
                                                   –   ie schaue, höre, erlebe ich heute Kultur?
                                                      W
– Welche neuen Präsentationsformen wurden
                                                   –  Was ist anders als früher?
   zum festen Bestandteil unseres Schaffens?
                                                   –   Was ist neu und bereichernd?
– Was ist neu und bereichernd?
                                                   –    Was wünsche ich mir an Inhalten?
   Brauchen wir heute neue bzw. andere Hilfe-
                                                   –     Was wünsche ich mir an Begegnung?
   stellungen von der Kulturförderung? Wenn ja,
                                                   –      Was wünsche ich mir an Vermittlung?
   welche?
                                                   –       Wo fühle ich mich wohl, wenn ich Kultur
– Was war mein/unser Beitrag?
                                                            geniesse?
– Wie hat sich die Zusammenarbeit der Kultur-
                                                   – Was sind meine Erkenntnisse aus den
   produzent*innen und der Veranstalter*innen
                                                            vergangenen Jahren für mich privat, aber
   verändert?
                                                            auch für die Gesamtgesellschaft?

                                                   Im freien Gespräch wird zusammengetragen,
                                                   wie sich die Kulturlandschaft entwickelt hat und
                                                   was wir uns für die weitere Zukunft wünschen.

                                                   Protokollant*in hält die Ergebnisse auf dem
                                                   (virtuellen) Flipchart fest.

                                                   Gegen Ende des Meetings werden
                                                   die Ergebnisse priorisiert:
                                                   «Was hat uns am meisten überzeugt?». Eine
                                                   Person stellt sich zur Verfügung, die Ergebnisse
                                                   der anderen Gruppe vorzustellen.

                                                                                                       6
5. Ergebnisse und                                     6. Feedback und Ausblick
nächste Schritte                                      Feedback bei den Teilnehmenden einholen:
Wir sind immer noch im Jahr 2026. Die Gruppen         –    ie hat sich das Format bewährt?
                                                          W
stellen einander ihre (priorisierten) Ergebnisse      –   Hat es neue Ideen generiert?
vor (Flipchart oder geteiltes Dokument). Diskus-      –   Sind wir zu konkreten Resultaten gelangt?
sion zu gemeinsamen oder unterschiedlichen            –   Bringt es etwas für die eigenen Strategien?
Punkten.                                              –   Führt es zu weiteren Schritten?

Dann kehren wir zurück ins Jahr 2022.                 Feedback für Kultur Stadt Bern einholen:
– Was bedeutet das nun für uns?
                                                      – W
                                                         as hat sich bewährt, was würden wir ein
– Welches sind die Schritte im Hier und Jetzt
                                                        zweites Mal anders machen (Einführung,
   (2022) für die Zukunft?
                                                        Drehbuch, Szenarien, Ablauf)?
– Wo starten wir?
– Was ist nun mit der Priorisierung, womit           – W
                                                         elche Erkenntnisse für die Kulturförderung
   fangen wir jetzt an?                                 wollen wir weitergeben?
– Wie legen wir los?

Leitung hält Ideen auf (virtuellem) Flipchart fest.

Wichtig:
Die ersten Schritte gemeinsam festlegen
und terminieren.

                                                                                                         7
Ablauf Workshop
                    Zukunftslabor
                    Zeitbedarf: 3 Std. bis 3.35 Std. plus Pausen

Was                                                 Wer                             Wo

Eintreffen oder Einloggen                                                           Sitzungsraum oder Zoom

1. Begrüssung
– Begrüssung, Kurze Vorstellung Leitung
                                                    Leitung                         Sitzungsraum oder Zoom     5 Min.
   und Protokollant*in, Rahmenbedingungen,
– Administratives zum Ablauf

2. Einführung
– Einführung, «Entführung» ins Jahr 2026            Leitung                         Sitzungsraum oder Zoom     5 Min.

3. Vorstellungsrunde, Austausch zum Szenario 3
– Alle lesen oder hören das Szenario 3 nochmals
– Teilnehmer*innen stellen sich vor (2026!)         Teilnehmer*innen,
                                                                                    Sitzungsraum oder Zoom     30 Min.
– Diskussion zum Szenario 3:                       Leitung
   «was hat Dich inspiriert, was irritiert?»

3+. Optional: Vignettenarbeit zur Aufwärmung
– Einführung                                        Leitung                         Sitzungsraum oder Zoom     5 Min.

– Vignettenarbeit                                   Teilnehmer*innen                Gruppenräume oder
                                                                                                               15 Min.
                                                    Technik-Verantwortliche*r       Breakout-Räume

– Präsentation im Plenum                            Teilnehmer*innen                Sitzungsraum oder Zoom     15 Min.

4. (Virtuelles) Meeting
– Einleitung                                        Leitung                         Sitzungsraum oder Zoom     5 Min.

– Diskussion zu Themen Plattformen,                Teilnehmer*innen
   Produktion, Publikum                             1 Leitung pro Gruppe
– Fragestellungen als Einstieg in die Diskussion                                    Gruppenräume oder
                                                    1 Protokollant*in pro Gruppe                               60 Min.
– Ergebnisse protokollieren                                                         Breakout-Räume
                                                    (oder Leitung protokolliert),
– Priorisieren der Ergebnisse (letzte 10 Minuten)   (Technik-Verantwortliche*r)

Pause

5. Ergebnisse und nächste Schritte                                                  Sitzungsraum oder Zoom

– Vorstellen der Ergebnisse                                                         Sitzungsraum oder Zoom
– Diskussion zu Gemeinsamkeiten                    Protokollant*in                 Präsentation Resultate /
                                                                                                               30 Min.
                                                    Teilnehmer*innen                Flipchart oder Dokument
   und Unterschieden
                                                                                    teilen

– Zurück ins Jahr 2022:
                                                    Leitung
   Und nun? Womit starten wir?                                                      Sitzungsraum oder Zoom     30 Min.
                                                    Teilnehmer*innen
   Was sind unsere nächsten Schritte?

Feedback und Ausblick                               Leitung                         Sitzungsraum oder Zoom     15 Min.

Abschluss

                                                                                                                        8
Szenarien 1– 4
Zukunftslabor

                 9
Szenarien 1– 4

Wie wird Kultur in Zukunft produziert, präsen-       Szenario 3              Szenario 4
tiert und genossen? Was heisst das für mich          Nachbarschaft          Die Wir-Kultur
als Künstler*in, Musiker*in, Produktionsleitung,      Lokal – optimistisch   Global – optimistisch
Produzent*in, Tänzer*in, Techniker*in, Theater-
schaffende*r, Schreibende, Verleger*in? Wie
reagieren wir als Kulturinstitution darauf? Wie
kann die Kulturförderung auf die neuen Reali-
täten antworten? Welche Rahmenbedingungen
und welche Förderinstrumente braucht es? Die
vorliegenden Szenarien entstanden aus dem Be-
dürfnis heraus, jenseits des Überbrückungsmo-
dus nach vertiefenden Perspektiven zu suchen.
Sie wagen einen Blick in die Zukunft.

                                                   Szenario 1               Szenario 2
                                                   Rückzug ins Private      Gefühlte Krise
                                                   Lokal – pessimistisch     Global – pessimistisch

                                                   Der zu erwartende Wandel wurde dabei bewusst
                                                   zugespitzt. Es geht also nicht um die Abbildung
                                                   von Wirklichkeit als vielmehr darum, Denkräume
                                                   zu öffnen.

                                                   Als Inspiration dienten die Texte Whitepaper
                                                   «Der Corona-Effekt» des Zukunftsinstituts Frank-
                                                   furt / Wien vom 15. März 2020 sowie «PANDE-
                                                   MICS Existential Risk and Enablers of Change,
                                                   Scenario Reports» des Copenhagen Institute for
                                                   Future Studies vom 4. Juni 2020.

                                                                                                 10
Szenario 1
                                                                                          abspielen

Szenario 1
Rückzug ins Private
Tendenz: Lokal – pessimistisch

Der Shutdown ist die neue Normalität.               Die traditionellen Medien haben stark an Boden
Die Impfzahlen stagnieren, das Virus mutiert,       verloren. Mehr denn je treffen sich die Men-
die Spitäler sind voll. Widersprüchliche Exper-     schen in den sozialen Medien. Fake News ma-
tisen, ein föderalistischer Flickenteppich, die     chen die Runde. Über kulturelle Aktivitäten wird
andauernde Wirtschaftskrise, hohe Arbeitslo-        nicht berichtet, weil es diese kaum mehr gibt.
sigkeit, steigende Teuerung und dauernde Ver-
sorgungsengpässe haben das Vertrauen in die         Das lokale Gewerbe operiert auf Sparflamme
Institutionen und den Glauben in die Zukunft        und Konkurse sind an der Tagesordnung. Der
zerstört. Die Solidarität zwischen den Genera-      Tourismus ist gänzlich aus dem Stadtbild ver-
tionen, Regionen und den Gesellschaftsschich-       schwunden. Wer kann, arbeitet und unterrichtet
ten schwindet. Plünderungen und Unruhen sind        zuhause, zieht aufs Land und setzt auf Selbst-
keine Seltenheit, Kriminalität, psychische Krank-   versorgung. Vereinzelt gelingt es lokalen Netz-
heiten und die Selbstmordrate nehmen zu. Zur        werken, mit sozialen Wohngemeinschaften,
Aufrechterhaltung der zivilen Ordnung wird das      wirtschaftlichen Kollektiven und gemeinnützi-
Militär eingesetzt. Politik und Wirtschaft haben    gen Initiativen einen Gegenentwurf zu Staat und
dem Zerfall des öffentlichen Lebens auf Dauer       Kapitalismus zu schaffen. Viele Anbieter*innen
nichts entgegenzusetzen.                            setzen auf das Null-Kilometer-Prinzip. Die lokale,
                                                    nachhaltige Produktion von Nahrungsmitteln,
Die Menschen haben sich von der Politik ab-         Kleidern und Konsumgütern boomt. In den so
gewandt und misstrauen dem Staat, der sich          entstehenden sozioökonomischen Beziehungs-
im Ausnahmezustand ausserordentliche Kom-           netzen sehen manche ein Zukunftslabor.
petenzen gegeben hat. Die soziale Distanzie-
rung zwingt die Bevölkerung zur Abschottung.
Mehrheitlich findet das Leben in kleinen Ge-
meinschaften und Filterblasen statt. Einzig die
politischen Ränder, die ökologische Bewegung
und zivilgesellschaftliche Interessengemein-
schaften vermögen breit zu mobilisieren.
Radikale Gruppierungen schlagen aus Verschwö-
rungstheorien und der Angst vor dem Fremden
politisches Kapital.

                                                                                                   11
Kultur
Der Staat hat redlich versucht, der ökonomisch     Einige Kulturschaffende können sich durch pri-
desaströsen Situation des Kultursektors zu be-     vate Netzwerke über Wasser halten. Die meis-
gegnen. Doch der gesellschaftliche Konsens         ten sehen sich aber gezwungen, Sozialhilfe zu
über dessen Systemrelevanz schwindet schnell       beziehen oder sich neu zu orientieren. Einige
und die Gelder werden gestrichen. Auch Firmen      finden in der direkten Arbeit mit Laien ein er-
und Stiftungen streichen die Projektförderung      weitertes Berufsfeld. Die florierende und glo-
und das Kultursponsoring. Die anfänglich eu-       balisierte Game-Industrie bietet ebenfalls eine
phorischen Versuche, das kulturelle Leben vir-     Chance, vermag jedoch nicht alles aufzufan-
tuell aufrecht zu erhalten, scheitern zusehends.   gen. Wer weiterhin Kultur produziert, jongliert
Obwohl das Stammpublikum und die Kultur-           mit mehreren Jobs und lebt weit unter der Ar-
schaffenden sich solidarisch zeigen, stellt die    mutsgrenze. Viele engagieren sich vermehrt im
Grosszahl der kleinen und mittleren Kulturver-     politischen Widerstand gegen die kulturelle Ver-
anstalter*innen den Betrieb ein.                   armung und die Polarisierung in einer postfakti-
                                                   schen Gesellschaft.
Kultur wird, wenn überhaupt, über das Internet,
zuhause oder an illegalen Live-Veranstaltungen
konsumiert. Denn trotz allem bleibt das Bedürf-
nis nach Ablenkung, Unterhaltung, Inspiration,
Austausch, Tiefsinnigkeit, Gesellschaftskritik
und Bildung bestehen. So entdecken viele Men-
schen die eigene Kreativität.

                                                                                                12
Szenario 2
                                                                                        abspielen

Szenario 2
Gefühlte Krise
Tendenz: Global – pessimistisch

Eigentlich hat die Pandemie die Schweiz nur         Demgegenüber steigt die Medienvielfalt welt-
gestreift. Das Gesundheitssystem hat der Be-        weit dank Blogs, Podcasts und Websites weiter
lastung standgehalten, die Arbeitslosigkeit blieb   an. Diesen oft privaten und interessengebunde-
saisonal und die Übersterblichkeit hielt sich in    nen Initiativen stehen einige Milliardär*innen
Grenzen. Rational betrachtet hat die Politik also   und Unterhaltungskonzerne gegenüber, die das
vieles richtig gemacht. Doch sind die behördli-     globale Medien- und Verlagsgeschäft gänzlich
chen Massnahmen komplex, nervenaufreibend           kontrollieren. Die globalen Werbebudgets flies-
und stehen die Entscheidungsträger*innen            sen mittlerweile vollumfänglich an die GAFAM.
unter Dauerbeschuss. Die fortwährende Unsi-         Auch in der Schweiz hat sich der Strukturwandel
cherheit zermürbt und erschöpft die Menschen.       der Medienlandschaft rasant beschleunigt. Pro
Statt sich glücklich zu schätzen, in einem Land     Sprachregion gibt es noch je ein Verlagshaus.
mit belastbaren Strukturen und starkem sozia-       Zwar versucht der Staat, die vierte Gewalt mit
lem Netz zu leben, verharrt die Bevölkerung im      einem Fördermodell zu retten. Doch die Dis-
Krisenmodus der latenten Bedrohung.                 kussionen drehen sich im Kreis. Die SRG produ-
                                                    ziert nur noch Kurzfutter und verliert weiter an
                                                    Ansehen und Quote. Es fehlen die Motivation,
International dominiert der Isolationismus, sind    Ressourcen und die Energie für einen inspirier-
Bündnisse zerbrochen. Die Industrienationen         ten, inspirierenden Journalismus jenseits der
schotten sich ab, weltweit sind die Grenzen         Dystopien, der dazu beitragen könnte, das Land
geschlossen. Die Personenfreizügigkeit – es         aus der Angst-Starre der Verschonten und Ver-
gilt die Visums- und Zertifikatspflicht – und der   wöhnten zu führen.
freie Güter- und Kapitalverkehr sind stark ein-
geschränkt. Lange zitterten zahlreiche Branchen
um ihre Existenz im Schweizer Binnenmarkt,          So sind alle irgendwie unzufrieden. Die Angst,
doch haben sie sich dank noch nie dagewese-         dass der Kollaps von innen kommen wird und
nen Finanzspritzen insgesamt gut gehalten.          das Land unter dem massiven, andauernden
Angesichts der internationalen Verwerfungen         Druck doch zusammenbrechen könnte, geht um.
tendiert die Hoffnung, dass sich die Situation
irgendwann stabilisieren wird, aber gegen Null.
Die Vormachtstellung der liberalen Marktwirt-
schaft wird angezweifelt, das Ende der Globali-
sierung kündigt sich an. Weil sich Investitionen
unter diesen Bedingungen nicht lohnen, gibt es
zudem kaum Innovation oder nachhaltigen Wan-
del. Trotz guten Bilanzzahlen herrscht ein Gefühl
der Krise und Stagnation.

                                                                                                 13
Kultur
Um die wiederholten Pandemie-Wellen zu über-          Wo immer möglich, wird auch die digitale Trans-
brücken und auch den Kultursektor und die Krea-       formation und die Hybridisierung des kulturel-
tivindustrie zu retten, hat die öffentliche Hand      len Angebotes gefördert, denn die Schweiz soll
Milliarden investiert. Der Löwenanteil ist in die     auch im Internet zu einer kulturellen Topdestina-
Erhaltung bestehender Strukturen und etablier-        tion werden.
ter Institutionen geflossen. Die kulturellen Spiel-
                                                      Doch mit der Zeit stellt sich ein Verdrängungs-
stätten stehen einem interessierten, geimpften
                                                      mechanismus ein: Da sich auf den Schweizer
Publikum weiterhin offen. Gefragt ist vor allem
                                                      Plattformen immer mehr internationale Kultur-
Eskapismus. Opulenz und Exotik stehen hoch
                                                      schaffende tummeln, die mitsamt Mäzen*in-
im Kurs, es kommt zu einer Renaissance der
                                                      nen und Sponsor*innen willkommen geheissen
Hochkultur.
                                                      werden, fehlt es den heimischen Kulturschaf-
Da das Kulturleben jenseits der Landesgrenzen         fenden zusehends an Auftritts- oder Präsenta-
stark eingeschränkt ist, empfangen Schweizer          tionsmöglichkeiten. In spartenübergreifenden,
Häuser vermehrt Besucher*innen aus dem Aus-           lokalen Netzwerken finden sich Mittel und Wege
land. In Zürich, Genf, Basel, Bern, Lausanne,         des Widerstands. Es entsteht eine Art gut ver-
Lugano und Luzern boomt ein neuer Bühnen-             netzter Kultur-Untergrund, der nahe an seinem
Tourismus. Die Schweiz gewährt Kultur-Visas           Publikum arbeitet und neue Räume erschliesst.
und wird zur Topdestination eines elitären, inter-
nationalen Kulturtourismus.

                                                                                                    14
Szenario 3
                                                                                          abspielen

Szenario 3
Nachbarschaft
Tendenz: Lokal – optimistisch

Noch ist die Pandemie allgegenwärtig und ein         Dank frischen, unabhängigen Geschäftsmodel-
Ende nicht absehbar. Doch «Wir können Corona»        len wird auch die Medienbranche komplett um-
hat sich bewahrheitet. Die Strukturen und das        gekrempelt und werbefrei. Alt und Jung entwi-
soziale Netz haben stets gehalten. Krankheit und     ckeln ein neues Bewusstsein für eine qualitativ
Tod haben die Menschen aber zum Nachdenken           hochstehende Presse. Journalismus wird als
gebracht. Sie besinnen sich auf Kernthemen des       kulturelle Tätigkeit, die Medien als kulturelles
menschlichen Daseins und Zusammenlebens,             Produkt verstanden. Die «neuen» Medien über-
so universell wie individuell, und lassen sich von   nehmen eine wichtige Vermittlungs- und Vernet-
Zukunftsvisionen inspirieren. Es entstehen kons-     zungsfunktion. Die kulturfokussierte, lokale Be-
truktive und integrative Konzepte zur Initiierung    richterstattung wird ausgebaut.
und Förderung lokaler, basisdemokratischer Ini-
tiativen. Neue Themenparteien bringen sich aktiv     In der Ära der Post-Individualisierung dreht sich
in den politischen Diskurs ein. Die Tribalisierung   Alles um den eigenen «Stamm». Neo-Tribes gel-
gilt als gesellschaftliche Utopie der Stunde.        ten als zukunftsweisende Modelle. So erkennen
                                                     die Menschen in lokalen Gemeinschaften, Ver-
Die Wirtschaft wurde gebeutelt, doch haben           einen, Genossenschaften und Nachbarschaften
die Finanzspritzen gewirkt und die Sektoren          Potentiale, die für die Gesamtgesellschaft nütz-
erholen sich schnell. In der Krise wuchs die Er-     lich sein können. Forschung und Entwicklung,
kenntnis, dass Wohlfahrt wichtiger ist als Pro-      Innovation und Kreativität treten an die Stelle
duktivität. Die Zukunft soll ökologischen und        von herkömmlichen Strukturen und Prozessen.
sozial nachhaltigen Geschäftsmodellen gehö-          Neuen Technologien wird mit Zuversicht begeg-
ren. Angestrebt werden Unternehmen, die auf          net und gesellschaftliche Entwürfe werden in
Zusammenschlüssen von selbstgewählten Ge-            der Praxis erprobt.
meinschaften mit gruppenspezifischen Normen
basieren. In enger Kooperation mit finanzstar-
ken Partner*innen, aus allen Gesellschaftsbe-
reichen, engagiert sich die Wirtschaft für einen
neuen, genossenschaftlichen Weg.

                                                                                                   15
Kultur
Durch die strengen Einschränkungen, die für die       Grosse Teile der Gesellschaft sind nun mit einem
Kultur nach wie vor gelten, wird ihre existentielle   klaren Selbstverständnis kulturell tätig. Die Gren-
Bedeutung erst offensichtlich. In der Krise ent-      zen zwischen Profis und Laien sind fliessend und
stehen klein- und kleinsträumige Initiativen für      die Unschärfe wird von der Gesamtgesellschaft
Hauskonzerte, Leseabende oder Tanzveranstal-          als gewinnbringend und wertvoll anerkannt.
tungen. Gemeinschafts- und Quartierzentren            Darüber hinaus entstehen Beratungsstellen für
oder Bibliotheken etablieren sich als Orte des        kulturelle Initiativen in den Quartieren, für Ver-
gemeinschaftlichen Streamens, aber auch als           netzung und für den kulturellen Austausch inner-
Orte der gesellschaftlichen Auseinandersetzung        halb des Gemeinwesens.
und des kritischen Diskurses. Darüber hinaus er-
hält das Zusammenleben in der Familie, im Haus,       Die etablierten Kulturveranstalter*innen haben
in der Nachbarschaft, das gemeinsame Bespie-          ihr Programm weitgehend reduziert und ihre An-
len einer Brache, das Führen einer Hinterhof-Bar      gebote so adaptiert, dass Streaming-Communi-
oder genossenschaftliche Bewirtschaften von           ties angesprochen werden können. Doch bald
Schrebergärten eine kulturelle Dimension. Kultur      entwickeln sie jenseits der Digitalisierung neue
und kulturelle Teilhabe durchdringen als Grund-       Formate, welche die Bedürfnisse der neuformier-
bedürfnis alle gesellschaftlichen Lebensbereiche.     ten Stämme aufgreifen.

Vor dem Hintergrund eines breiten Kulturver-
ständnisses wird nicht nur Kultur im enge-
ren Sinne gefördert, sondern auch in soziale
Experimente, Think Tanks oder Zukunftslabors
investiert. Kulturschaffende bilden kleine, über-
schaubare und gut vernetzte Zellen. Der Haupt-
fokus ihrer künstlerischen Tätigkeit liegt in der
Auseinandersetzung und dem Dialog mit ihrem
Umfeld. Internationalität und Sichtbarkeit spie-
len immer noch eine Rolle, sind aber nicht mehr
zwingend an die physische Präsenz gebunden.

                                                                                                      16
Szenario 4
                                                                                           abspielen

Szenario 4
Die Wir-Kultur
Tendenz: Global – optimistisch

Die von der Gesellschaft verlangten Opfer waren      Auch die Presse war auf Berg- und Talfahrt. Elek-
gross. Doch schliesslich müssen alle anerkennen,     tronische Medien brachen aufgrund des erhöh-
dass die Schweiz im internationalen Vergleich ge-    ten Informationsbedarfs in der Bevölkerung alle
radezu vorbildlich aus der Krise gekommen ist.       Click-Rekorde, gleichzeitig brachen existentielle
                                                     Werbeeinnahmen weg. Doch entschlossen sich
Zwar haben Verschwörungstheoretiker*innen,           die Verlage dazu, die Verluste aufzufangen und
Querulant*innen und Hobby-Epidemiolog*innen          ihre Titel künftig weniger profitorientiert zu füh-
den politischen Entscheidungsträger*innen            ren. Print- und elektronische Medien arbeiten in
das Leben schwer gemacht. Doch die erfolgrei-        Kleinclustern, welche im Dienst der Gesellschaft
che Krisenbewältigung hat den Glauben an die         und der Demokratie stehen.
Demokratie und das Vertrauen ins politische
System letztlich gestärkt.                           Die Menschen erkennen das Potential einer
                                                     auf Wir-Kultur basierten Bewegung und stellen
Um die Wirtschaft zu retten, investierte der Staat   sich mit ihren Ressourcen in den Dienst dieser
Milliarden. Branchen, die glokale Konzepte ver-      Idee. Der Corona-Virus wird nicht als einmaliges
folgen, nachhaltig ressourcenschonend arbeiten       Ereignis begriffen, sondern als Vorbote einer Zu-
oder sich als besonders systemrelevant erwei-        kunft, in der der Kampf gegen unbekannte Be-
sen, erlebten einen veritablen Aufschwung.           drohungen der aus den Fugen geratenen Natur
Gleichzeitig fand vielerorts ein schmerzhafter       zur Tagesordnung gehört. Die ausgeprägte und
Strukturwandel statt. Das alles führte zu einer      aufgeklärte Wir-Kultur geht weit über die lokale
Verschiebung der Werte. Wachstum wird nicht          Nachbarschaft hinaus und weist eine überregio-
mehr an primär quantitativen, sondern an quali-      nale, nationale und internationale Komponente
tativen Parametern gemessen.                         auf. Die Identität als Berner*in oder Schwei-
                                                     zer*in macht einer Identität als Weltbürger*in
                                                     und Zeitgenoss*in Platz.

                                                                                                     17
Kultur
Kultur wird als die sinn- und überlebensrele-        Wer Kultur produziert, wird Teil regionaler, na-
vante Grösse menschlichen Zusammenlebens             tionaler und internationaler Netzwerke, die sich
schlechthin verstanden, als Brückenbauerin           quantitativ durch strenge Vorgaben selbst re-
zwischen Generationen, Geschlechtern, Schich-        gulieren. Qualitativ verabschieden sich Kultur-
ten und Gesellschaften. Das Verständnis von          produzent*innen trotz einer klaren Anspruchs-
Kultur als unersetzbares und unverzichtbares         haltung nicht noch mehr in die Exklusivität,
Praxisfeld für gelebte Werte und Normen wird         sondern liefern nahe beim Publikum einen für
zur Qualität in allen Bereichen des Alltags. Da-     die Mehrheit verständlichen Beitrag zum Welt-
mit entfällt das Verständnis von Publikum als        verständnis.
Besucher*innen von Theatern, Konzertlokalen
oder Museen. Ein derart umfassendes Kultur-          Die Marketing-Abteilungen zahlreicher Firmen
verständnis wird zum Nährboden für Solidarität,      und Marken, die hinsichtlich Ressourcenbe-
Toleranz und Resilienz.                              wusstsein und Kreislaufwirtschaft aufmerksam
                                                     und engagiert sind, suchen im Bereich Kulturför-
Im Sinne einer nachhaltigen Glokalisierung för-      derung zunehmend das Gespräch mit den För-
dern die Veranstalter*innen regionales Schaffen,     derstellen der öffentlichen Hand und weiteren
ohne aber das Anliegen überregionaler, nationa-      wichtigen Akteur*innen in diesem Feld. Das Pu-
ler und internationaler Vernetzung zu vernachläs-    blikum seinerseits honoriert die Kulturförderbe-
sigen. Sie verstehen sich als Teil einer Bewegung,   reitschaft jener Firmen, die z.B. Ganzheitlichkeit
deren Anliegen die gemeinsame Ermöglichung           und die Abkehr vom Konsumismus als Hand-
von Kultur in einem umfassenden Sinne ist. Im        lungsziele definieren, indem diese bevorzugt
Zentrum steht dabei die Überwindung von na-          berücksichtigt werden.
tionalstaatlichen, ethnischen und politischen
Grenzen. Internationale, auf Partizipation und
Inklusion ausgerichtete Netzwerke führen zu
neuen Ideen in den Bereichen Tourneen und
Festivals. Digitale Formate lösen den Event vor
Ort nicht ab, vielmehr unterstützt digitale Inno-
vation die Ermöglichung von Live-Kultur.

                                                                                                    18
Impressum

Szenarien                                          Drehbuch
Als Inspiration dienten die Texte Whitepaper       Franziska Burkhardt, Patrizia Crivelli,
«Der Corona-Effekt» des Zukunftsinstituts Frank-   Robert Stutz mit Unterstützung von Rea Banz,
furt / Wien vom 15. März 2020 sowie «PANDE-        Franziska Widmer und Gabriele Stiegler
MICS Existential Risk and Enablers of Change,
Scenario Reports» des Copenhagen Institute for     Getestet mit und adaptiert dank Feedback
Future Studies vom 4. Juni 2020.                   von: Annelies Alder, Rahel Allemann, Irene
                                                   Andreetto, Fabio Baechtold, Nathalie Bäschlin,
                                                   Andri Beyeler, Carola Ertle, Adrian Flückiger,
Adaption:
                                                   Silja Gruner, Ronny Hardlitz, Sibylle Heiniger,
Franziska Burkhardt, Patrizia Crivelli,
                                                   Martina Hunziker, Michael Imoberdorf, Lukas
Giulia Meier, Urs Rietmann
                                                   Iselin, Marianne Keller, Jürg Koch, Nils Kohler,
                                                   Dagmar Kopše, Franz Krähenbuehl, Milena Krstic,
Korrektorat:
                                                   Rachel Mader, Carole Meier, Miryam Melgar,
Martina Hunziker, Dagmar Kopše
                                                   Philippe Nauer, Aldir Polymeris, Fikrije Pulaj,
                                                   Lucien Spielmann, Nina Stadler, Ruth Stettler,
Redaktion:
                                                   Diego Valsecchi, Alexandra von Arx, Andreas
Ursula Pfander
                                                   Wagner, Annina Zimmermann
Gelesen von:
Kornelia Lüdorff
                                                   Herausgeberin:
Grafik:                                            Kultur Stadt Bern, 2021
Chantal Wyss

                                                                                                19
Sie können auch lesen