Jetzt Alle?! Digitale Souveränität von Älteren - Analysen und Konzepte - Eine Befragung zu digitalen Kompetenzen - Bertelsmann ...

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Analysen und Konzepte

        LebensWerte Kommune | Ausgabe 5 | 2020

           Jetzt Alle?!
Digitale Souveränität von Älteren
    Eine Befragung zu digitalen Kompetenzen
               Tobias Bürger, Regina Sidel
Inhalt | Analysen und Konzepte 5 | 2020

Inhalt
1.   Einleitung                                             4

2.	Nutzung digitaler Technologien bei Älteren
    stagniert                                               4
2.1 Digitale Gräben                                         5
2.2 Digitale Kompetenzen                                    5

3.   Ergebnisse der Befragung                               6
3.1	Kenntnisse im Bereich digitaler Technologien           6
3.2	Sicherheit im Umgang mit digitalen Endgeräten          6
3.3	Unterstützung bei der Nutzung digitaler
     Technologien                                           9
3.4	Anwendungen digitaler Technologien im Alter           10
3.5	Informiertheit zu techno­logischen Entwicklungen      11
3.6	Relevanz digitaler Technologien heute und in
     Zukunft                                               12

4.	Fazit und Handlungs­empfehlungen                       13
4.1 Was können wir tun?                                    15
4.2 Methodensteckbrief                                     16

5.	Bereitstellung der Umfrage­­ergebnisse als
    Open Data                                              16

Literaturverzeichnis                                       16

Mission                                                    17

Ausblick                                                   18

Impressum                                                  18

                                                            3
Analysen und Konzepte 5 | 2020 | Einleitung

                                                                vor Ausbruch der Pandemie durch das Meinungs-
           1. Einleitung                                        forschungsinstitut KANTAR im Auftrag der Ber-
                                                                telsmann Stiftung durchgeführt und untersucht
           Die Chancen gesellschaftlicher Teilhabe durch        verschiedene grundlegende Aspekte digitaler Sou-
           digitale Technologien sind für viele Menschen        veränität im Altersvergleich.
           in der aktuellen Situation greifbar gewor-
           den. Sprunghaft ist die Nutzung von Videokon-
           ferenz-Diensten für die Kommunikation mit
           Kolleg:innen, Freund:innen und Familie gestie-       2.	Nutzung digitaler
           gen, Einkäufe werden verstärkt online getätigt,
                                                                    Technologien bei Älteren
           kommunale Verwaltungen bieten Dienstleistun-
           gen vermehrt online an. Die Corona-Pandemie hat          stagniert
           die hohe Relevanz der digitalen Technologien für
           Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft sicht-     In unserer digitalen Gesellschaft sind die Chan-
           bar gemacht.                                         cen auf ein aktives selbstbestimmtes Leben und
                                                                gesellschaftliche Teilhabe – sozial und digital –
           Die Digitalisierung garantiert dabei für viele ein   nicht gleichmäßig verteilt. Diese Ungleichheit
           Mindestmaß an individueller Handlungsfähig-          äußert sich auch beim Zugang zum Internet. Zwar
           keit, Mobilität und Partizipation. In der Corona-    nutzen ältere Personen verstärkt das Internet,
           Pandemie gilt dies gerade auch für ältere Men-       doch noch immer existiert eine digitale Kluft zwi-
           schen. Zwei von fünf Bundesbürger:innen über         schen jüngeren und älteren Internetnutzer:innen.
           65 Jahren stehen der Digitalisierung nun positiver   Während 2019 fast jeder 14- bis 19-Jährige täg-
           gegenüber als vor der Corona-Pandemie, so eine       lich online war, trifft dies nur auf rund die Hälfte
           Umfrage des Branchenverbandes Bitkom (2020).         der 60- bis 69-Jährigen und nur rund jeden Drit-
           Mehr als die Hälfte gibt an, mit dem Internet die    ten über 70-Jährigen zu. Immer noch nutzen rund
           Herausforderungen während der Pandemie besser        15 Prozent der 60- bis 69-Jährigen das Internet gar
           bewältigen zu können. Rund ein Drittel der über      nicht, bei den über 70-Jährigen liegt dieser Anteil
           65-Jährigen will die Kenntnisse und Fähigkeiten      sogar bei 42 Prozent (Beisch, Koch und Schäfer
           des Internets auch weiterhin nutzen.                 2019: 375).

           Damit digitale Technologien zu einer Verbes-         In Deutschland nutzten im Jahr 2019/20 rund
           serung der Lebensverhältnisse beitragen, müs-        neun von zehn Bürger:innen das Internet, doch
           sen sie von den Nutzer:innen angenommen und          stieg unter diesen Nutzer:innen die Gruppe älte-
           digitale Kompetenzen erlernt werden. Im Achten       rer Personen mit einem niedrigen Bildungsab-
           Altersbericht der Bundesregierung wird deshalb       schluss zuletzt kaum, stellt die Initiative D21 in
           neben der stärkeren Einbindung älterer Menschen      ihrem jährlichen Digital-Index fest (Initiative D21
           in die Gestaltung der Digitalisierung ebenfalls      e.V. 2020). Dabei können Ältere in vielerlei Hin-
           eine Stärkung ihrer digitalen Souveränität gefor-    sicht von digitalen Technologien profitieren, sei es
           dert, worunter die „selbstbestimmte, informierte,    durch die Nutzung von Gesundheitstechnologien
           sichere und verantwortungsvolle Aneignung und        oder Kontakthalten mit Freund:innen und Ver-
           Nutzung digitaler Technologien“ (Berner, Endter      wandten über digitale Kommunikationstechnolo-
           und Hagen 2020: 44) verstanden wird.                 gien wie E-Mail oder Messenger-Dienste (Quan-
                                                                Haase, Mo und Wellman 2017).
           Wie verhält es sich mit der digitalen Souveräni-
           tät älterer Menschen in Deutschland? Die vor-
           liegende Befragung wurde im Mai 2019 deutlich

4
Nutzung digitaler Technologien bei Älteren stagniert | Analysen und Konzepte 5 | 2020

2.1 Digitale Gräben
                                                            Digitale Souveränität
Die Teilnahme an der Gesellschaft und die Mög-
lichkeit, sich in dieser zu engagieren, werden              Die gesellschaftlichen Debatten rund um die Chancen und
heute verstärkt durch das Internet ermöglicht.              Risiken digitaler Technologien werden aktuell maßgeblich
Insbesondere in Zeiten, in denen der physische              von der ethischen und rechtlichen Legitimität von künstli-
Kontakt eingeschränkt ist, stellt das Internet die          cher Intelligenz, Big Data und Datensicherheit dominiert.
Infrastruktur für Dienste bereit, durch die sich            Die aktive und selbstbestimmte digitale Teilhabe setzt dabei
alltägliche Aufgaben, wie beispielsweise Video-             ein Mindestmaß an digitaler Souveränität voraus. Was ver-
telefonate oder Einkäufe, erledigen lassen. Doch            stehen wir unter digitaler Souveränität? Digitale Souveräni-
bereits seit Mitte der 90er-Jahre spricht man im            tät enthält alle Kompetenzen, die Menschen für ein selbstbe-
Zusammenhang mit dem Zugang und der Nutzung                 stimmtes Handeln in einer Gesellschaft benötigen.
des Internets von einem „digitalen Graben“ oder
einer „digitalen Spaltung“.                                 Digitale Souveränität kann in sechs Teilbereiche unterschie-
                                                            den werden, die in individueller, gesellschaftlicher und tech-
Früh konnte gezeigt werden, dass sich (fehlende)            nologischer Verantwortung liegen und weiterentwickelt
Internetnutzung durch soziodemografische Fak-               werden:
toren wie Bildung, Geschlecht oder Alter erklä-             • digitale Kompetenz
ren lassen (Norris 2001). Der digitale Graben teilt         • Zugang zu digitaler Bildung
die Gesellschaft demnach in zwei Gruppen: Men-              • soziales Miteinander
schen mit und solche ohne Internetzugang. Men-              • Datensicherheit und Vertrauen
schen ohne Internetzugang haben somit auch                  • Infrastruktur und Wettbewerbsfähigkeit
einen geringen Zugang zu Informationen, was in              • Usability und Produktvielfalt
der Informationsgesellschaft eine starke Benach-
teiligung darstellt.

Zwar konnte in den letzten Jahren der digitale            Ein Internetanschluss ist somit noch kein Garant
Graben in Bezug auf die Nutzung des Internets in          dafür, dass Nutzer:innen das Internet tatsächlich
vielen Regionen der Welt verringert werden, doch          auch souverän nutzen können. Neben diesen Fak-
allein der Zugang zum Internet ermöglicht keine           toren haben auch die individuellen Fähigkeiten
Teilhabe, er stellt lediglich die Eintrittskarte in die   einen großen Einfluss auf die Nutzung digitaler
digitale Gesellschaft dar. Es gibt viele verschie-        Technologien. Fehlende digitale Kompetenzen im
dene Gründe dafür, warum Menschen das Inter-              Umgang mit Technologien wie dem Internet wer-
net nicht nutzen. So hat beispielweise in länd-           den deshalb mitunter als „zweiter digitalen Gra-
lichen Gebieten die soziale Vernetztheit einer            ben“ oder generell als „weitere digitale Gräben“
Person Einfluss darauf, ob und wie das Internet           bezeichnet (Courtois und Verdegem 2016).
genutzt wird (Boase 2010). Soziale und ökonomi-
sche Faktoren wie Einkommen, Alter, Bildung,
gesellschaftliche Segregation oder die Komple-            2.2 Digitale Kompetenzen
xität der Informationstechnologie beeinflussen
die Internetnutzung ebenfalls nachweislich und            Digitale Gräben zu schließen und den digita-
können bestehende soziale Unterschiede in der             len Wandel aktiv gestalten erfordert von den
Gesellschaft verstärken – anstatt diese aufzuhe-          Nutzer:innen eine umfassende Orientierungs-
ben (Goedhart et al. 2019; Mossberger et al. 2012;        und Gestaltungskompetenz, um aktuelle Entwick-
Matthews, Nazroo und Marshall 2018).                      lungen einordnen und das eigene Handeln reflek-
                                                          tieren zu können. Unter dem Begriff „digitale

                                                                                                                             5
Analysen und Konzepte 5 | 2020 | Ergebnisse der Befragung

             Souveränität“ verstehen wir deshalb all die digi-
             talen Kompetenzen, die für ein selbstbestimm-        3. Ergebnisse der Befragung
             tes Leben im Alter notwendig sind (siehe Kasten
             „Digitale Souveränität“).                            Für die vorliegende Studie wurden 1.007 Perso-
                                                                  nen ab 14 Jahren in Deutschland im Zeitraum vom
             Die vorliegende Befragung schließt an die von        26. April bis 3. Mai 2019 zu ihrem Umgang und
             der Bertelsmann Stiftung veröffentlichte Studie      ihren Einstellungen zu digitalen Technologien
             „Digital souverän? Kompetenzen für ein selbst-       befragt (siehe Kapitel 4.2 Methodensteckbrief).
             bestimmtes Leben im Alter“ (2019b) an, in der ein    Digitale Souveränität konnte in der telefonisch
             Expertenteam die Chancen und Risiken der Digi-       durchgeführten Befragung im Wesentlichen durch
             talisierung für Senior:innen untersucht hat. Ziel    drei Fragen gemessen werden: 1. zu den eigenen
             dieser Studie war es, den digitalen Wandel mit       Kenntnissen im Umgang mit digitalen Techno-
             Schwerpunkt auf den künftigen Herausforderun-        logien, 2. zur erlebten Sicherheit im Internet und
             gen insbesondere für die ältere Bevölkerung zu       beim Umgang mit technischen Geräten, und 3. zur
             untersuchen (siehe Kasten „Handlungsempfeh-          Informiertheit über digitale Technologien.
             lungen“).

                                                                  3.1	Kenntnisse im Bereich digitaler
                                                                       Technologien
    Handlungsempfehlungen
                                                                  Die Befragten wurden zu Beginn um eine allge-
    Im Rahmen der Studie „Digital souverän? Kompetenzen für       meine Einschätzung ihrer Kenntnisse im Bereich
    ein selbstbestimmtes Leben im Alter“ (2019b) wurden die       digitale Technologien und des Internets gebeten.
    folgenden Handlungsempfehlungen für digitale Souveräni-       Während nur 16 Prozent aller Befragten ihre eige-
    tät erarbeitet.                                               nen Kenntnisse als „sehr gut“ einschätzen, geben
    •	Digitale Souveränität bedeutet, Individuum, Gesellschaft   48 Prozent diese als „gut“ und 34 Prozent als „eher
      und Technik gemeinsam zu denken.                            schlecht“ bis „sehr schlecht“ an (Abbildung 1).
    •	Digitale Souveränität benötigt die Gestaltung auf ver-     Bei der Einschätzung der eigenen Kenntnisse im
      schiedenen politischen Ebenen.                              Bereich digitaler Technologien zeigt sich der Ein-
    •	Digitale Souveränität muss von älteren Menschen mitge-     fluss des Faktors Bildung. Denn die Kenntnisse
      staltet werden.                                             im Umgang mit der Technik sind bei Befragten
    •	Ein neues Paradigma für die technische Gestaltung der      mit mittlerem und höherem Bildungsabschluss
      Mensch-Technik-Interaktion ist zu fordern und umzuset-      im Schnitt um rund ein Drittel (64 zu 34 Prozent)
      zen.                                                        höher als bei solchen mit Volks- oder Hauptschul-
    •	Kriterien gelingender Partizipation müssen entwickelt      abschluss (Abbildung 2). Schüler:innen schätzen
      werden.                                                     ihre Kenntnisse mit 86 Prozent am höchsten ein.
    •	Künstliche Intelligenz sollte zur Bewältigung kommunaler
      Herausforderungen eingesetzt werden.
                                                                  3.2	Sicherheit im Umgang mit
                                                                       digitalen Endgeräten

                                                                  Neben eigenen Kenntnissen zum Umgang mit
                                                                  digitalen Technologien ist die Sicherheit, mit der
                                                                  Nutzer:innen diese anwenden, ein weiterer, wich-
                                                                  tiger Faktor für die souveräne Anwendung. Rund
                                                                  jede:r fünfte Befragte gibt an, mit Geräten wie

6
Ergebnisse der Befragung | Analysen und Konzepte 5 | 2020

ABBILDUNG 1 Eigene Kenntnisse im Bereich digitaler Technologien nach Altersgruppe

14- bis 29-Jährige                        34 %                                                                  55 %                                             10 %

30- bis 39-Jährige            16 %                                                           68 %                                                            15 %

40- bis 49-Jährige                 23 %                                          46 %                                                          24 %                 6%

50- bis 59-Jährige        10 %                                  44 %                                                            36 %                            8% 2%

        60+ Jahre      4%                            38 %                                                     36 %                                    17 %           5%

       Insgesamt              16 %                                             48 %                                                     26 %                     8% 2%

                     0%           10 %           20 %           30 %           40 %            50 %           60 %            70 %        80 %           90 %            100 %

         sehr gut                  eher gut                  eher schlecht                    sehr schlecht                   keine Angaben
Quelle: Eigene Darstellung

ABBILDUNG 2 Eigene Kenntnisse im Bereich digitaler Technologien nach Schulbildung, summiert

                    noch Schule                                                         86 %                                                                 14 %

          Abitur, Universität                                                    77 %                                                                     23 %

     mittl. Bildungsabschluss                                                    76 %                                                            22 %               2%

 Volks-/Hauptschulabschluss                              40 %                                                          56 %                                         4%

                     Insgesamt                                            64 %                                                                 34 %                 2%

                                  0%          10 %       20 %           30 %          40 %          50 %        60 %           70 %       80 %          90 %        100 %

         bessere Kenntnisse                    schlechtere Kenntnisse                   keine Angaben
Quelle: Eigene Darstellung

          Smartphone, Tablet oder Computer „sehr sicher“                                      „Digitale Souveränität setzt den verantwortungsvollen
          umgehen zu können. 44 Prozent der Befragten                                         Umgang mit digitalen Technologien voraus: sich
          fühlen sich „eher sicher“. Doch mehr als jede:r                                     Kompetenzen anzueignen und Risiken einzuschätzen.
          Dritte (35 Prozent) gibt an, sehr unsicher oder teil-                               Dazu sind Unterstützungsangebote erforderlich, die
          weise unsicher bei der Bedienung digitaler Endge-                                   Menschen qualifizieren, ihnen bei Problemen Hilfestellung
          räte zu sein (Abbildung 3).                                                         bieten und zugleich das Selbstvertrauen in die eigenen
                                                                                              Fähigkeiten stärken.“
                                                                                              Jutta Croll, Vorstandsvorsitzende der Stiftung Digitale Chancen

                                                                                                                                                                                 7
Analysen und Konzepte 5 | 2020 | Ergebnisse der Befragung

    ABBILDUNG 3 Sicherheit im Internet beim Umgang mit Geräten wie Smartphone, Tablet und PC, nach Altersgruppe

    14- bis 29-Jährige                       28 %                                                   51 %                                           21 %

    30- bis 39-Jährige                          32 %                                                       49 %                                    18 %

    40- bis 49-Jährige                   26 %                                                44 %                                        22 %              8%

    50- bis 59-Jährige         11 %                                          52 %                                               27 %                      7% 2%

            60+ Jahre         7%                         32 %                                          35 %                                 20 %               6%

           Insgesamt                  18 %                                           44 %                                        26 %                     9%    2%

                         0%           10 %             20 %        30 %             40 %       50 %               60 %   70 %        80 %          90 %         100 %

             sehr sicher                eher sicher              eher unsicher                völlig unsicher            keine Angaben
    Quelle: Eigene Darstellung

    ABBILDUNG 4 Sicherheit im Internet beim Umgang mit Geräten wie Smartphone, Tablet und PC, nach Altersgruppe,
                 Mittelwert (von 1 = sehr sicher bis 4 = völlig unsicher)
    3,0

    2,5                                                                                                                                   2,8

                                                                                                           2,4
    2,0                    2,3

                                                                   1,9
    1,5

    1,0

    0,5

    0,0
                         Insgesamt                       14- bis unter 45-Jährige             45- bis unter 65-Jährige             Über-65-Jährige

    Quelle: Eigene Darstellung

              Die größte Unsicherheit im Umgang mit diesen                                  digitalen Endgeräten im Durchschnitt um etwa
              Geräten zeigen die über 65-Jährigen, deren durch-                             ein Fünftel, sobald ein Volks- oder Hauptschul-
              schnittliches Sicherheitsempfinden auf einer                                  abschluss vorliegt. Dieses Ergebnis deckt sich mit
              Skala von 0 bis 4 mit rund 2,8 am oberen Ende                                 den Befunden des Achten Altenberichts, der eben-
              liegt (Abbildung 4). Gleichzeitig schwankt dieser                             falls eine Schere zwischen älteren Nutzer:innen
              Wert innerhalb dieser Altersgruppe am stärksten,                              aufgrund unterschiedlicher Bildungsstände fest-
              was auf die unterschiedliche Verteilung von per-                              stellt und deshalb vor einer Pauschalisierung von
              sönlichen Ressourcen hindeutet. Wie in der vor-                               älteren Nutzer:innen warnt (Berner, Endter und
              herigen Frage sinkt die Sicherheit im Umgang mit                              Hagen 2020). Folgt man dieser Argumentation,

8
Ergebnisse der Befragung | Analysen und Konzepte 5 | 2020

          dann ergibt sich hieraus die Notwendigkeit, Bil-                    Bei der Frage, welches Hilfsangebot wahrgenom-
          dungsangebote für ältere Anwender:innen stär-                       men wird, spielen sowohl die Selbsteinschätzung
          ker bedarfsorientiert anzubieten.                                   der eigenen Kenntnisse über digitale Technologien
                                                                              als auch die Sicherheit im Umgang mit dem Inter-
                                                                              net und technischen Geräten eine Rolle. Befragte,
          3.3	Unterstützung bei der Nutzung                                  die ihre eigenen Kenntnisse zu digitalen Tech-
               digitaler Technologien                                         nologien als sehr gut einschätzen, suchen eher
                                                                              selbstständig nach Lösungen im Internet, wäh-
          Genauso wichtig wie die Frage nach den eige-                        rend Befragte mit eher schlechten Kenntnissen
          nen Kenntnissen und der Sicherheit im Umgang                        sich deutlich häufiger an Freunde, Bekannte und
          mit den gängigen digitalen Technologien ist die                     Familienmitglieder wenden. Wer sich im Umgang
          Verfügbarkeit von Ansprechpartner:innen, wenn                       mit dem Internet und technischen Geräten sehr
          Fragen zur Nutzung, zu den Einstellungen oder                       sicher fühlt, der sucht ebenfalls eher selbst online
          Änderungswünschen aufkommen. Der überwie-                           nach Lösungen. Das Alter hat auch Einfluss auf
          gende Anteil der Befragten lebt in Ein- bis Zwei-                   die Nutzung bestimmter Hilfsangebote. So suchen
          Personen-Haushalten (68 Prozent), d. h. allein                      beispielsweise jüngere Nutzer:innen stärker selbst
          oder mit einer weiteren Person. Von allen Befrag-                   im Internet, ältere hingegen wenden sich bei Fra-
          ten können etwa zehn Prozent aufkommende                            gen eher an Freunde und Bekannte.
          Fragen zum Digitalen selbstständig lösen. Rund
          die Hälfte der Befragten kann bei Bedarf auf
          Ansprechpartner:innen aus privaten Kontakten
          zurückgreifen oder Fragen mittels einer Recherche
          im Internet bzw. über Angebote einer Einrichtung
          oder Institution klären. Jede dritte Person verfügt
          über bis zu zwei Ansprechpartner:innen. Nur etwa
          fünf Prozent bleiben ohne Rat und wenden sich
          auch nicht an Dritte (Abbildung 5).

ABBILDUNG 5 „Wenn Sie Fragen zur Nutzung, den Einstellungen Ihres Smartphones, Tablets oder Computers oder wie
             man diese verändert haben, an wen wenden Sie sich da?“, in Prozent

        Ich wende mich an keinen, kann etwaige Fragen
                                                                4,8
               aber auch nicht lösen oder Nichts davon

     ein:e Ansprechpartner:In (aus privaten Kontakten,
                                                                                                                             52,7
Recherche im Internet und Einrichtungen/Institutionen)

  zwei Ansprechpartner:innen (aus privaten Kontakten,
                                                                                                29,6
Recherche im Internet und Einrichtungen/Institutionen)

 drei Ansprechpartner:innen (sowohl private Kontakte,
                                                          2,3
Recherche im Internet und Einrichtungen/Institutionen)

         Ich habe genug Wissen und habe keine Fragen                    9,3

                                                     0%               10 %       20 %         30 %        40 %        50 %           60 %

Quelle: Eigene Darstellung

                                                                                                                                            9
Analysen und Konzepte 5 | 2020 | Ergebnisse der Befragung

     ABBILDUNG 6 Anwendungsbereiche digitaler Technologien im Alter, ausgewählte Antworten, Ø in Prozent, summiert
     „Wenn Sie an Ihr Leben im Alter denken, welche Anwednungen könnten für Sie hilfreich sein?“

             Altersgerechte häusliche Assistenzsysteme etwa durch
                                                                                       84
                Einbau von Bewegungssensoren oder eines Notrufs

               Internetplattformen zum Ankauf, Mieten oder Teilen
                                                                                       69
                                 von Waren oder Dienstleistungen

     Digitale Patientenakten, die eine bessere Krankheitsdiagnose/
                                                                                       64
                                             -therapie ermöglichen

                                                   Assistenzroboter                    58

            Die Vernetzung von Haustechnik und Haushaltsgeräten                        57

                           Die Nutzung eines selbstfahrenden Autos                     52

         Eine Onlinesprechstunde oder medizinische Ferndiagnose,
                                                                                       44
                                          etwa durch einen Arzt

                                                                     0%               20 %         40 %         60 %         80 %          100 %

     Quelle: Eigene Darstellung

               3.4	Anwendungen digitaler                                              eröffnet jedoch Möglichkeiten, analoge Termine
                    Technologien im Alter                                              und digitales Wissensmanagement zum Vorteil
                                                                                       älterer Patient:innen zu nutzen, was 64 Prozent
               Die Anwendungsbereiche digitaler Technologien                           der Befragten mit Blick auf die Zukunft hilfreich
               werden immer vielfältiger und entwickeln sich                           finden.
               ständig weiter. Insbesondere für ältere Menschen
               können sie Möglichkeiten bieten, das eigene Leben                       Bei einer ähnlichen Umfrage, der im Rahmen der
               selbstbestimmter zu führen. Beispielsweise kön-                         Studie „Digital Souverän“ (2019b) durchgeführten
               nen digitale Technologien das souveräne Leben in                        Onlinebefragung von in der Weiterbildung älte-
               den eigenen vier Wänden im Alter sicherer gestal-                       rer Menschen arbeitendem bzw. sich dort enga-
               ten. Gefragt nach speziellen Anwendungsmög-                             gierendem Fachpersonal, gingen rund 65 Prozent
               lichkeiten favorisieren 84 Prozent der Befrag-                          von einer Zunahme des Einflusses von Sprachas-
               ten altersgerechte Assistenzsysteme in ihrem                            sistenzsystemen in den nächsten Jahren aus. 44
               Zuhause, etwa in Form von Bewegungssenso-                               Prozent gaben an, dass E-Health-Verfahren in
               ren, die Stürze erkennen und im Ernstfall einen                         Zukunft einen stärkeren Einfluss auf das Leben
               Notruf auslösen können (Abbildung 6). Internet-                         älterer Menschen haben würden. Autonomes Fah-
               plattformen zum Einkaufen, Mieten oder Teilen                           ren jedoch hielt nur jede:r Dritte für relevant,
               von Waren oder Dienstleistungen für den Alltags-                        Smart-Home-Technologien erhielten immerhin
               gebrauch werden nach Meinung von 69 Prozent                             44 Prozent Zustimmung. Andere Technologien wie
               der Befragten zukünftig das selbstständige Leben                        Assistenzroboter, die Vernetzung von Haushalts-
               im Alter erleichtern. Medizinische Angebote wie                         technik und die Nutzung selbstfahrender Autos
               Onlinesprechstunden jedoch werden noch von                              erhielten Zustimmung zwischen 50 bis 60 Prozent
               mehr als der Hälfte der Befragten abgelehnt (44                         (Abbildung 7).
               Prozent). Der Trend zur digitalen Patientenakte

10
Ergebnisse der Befragung | Analysen und Konzepte 5 | 2020

ABBILDUNG 7 Vergleichsergebnisse: Relevante Technologien im Alter, ausgewählte Antworten, Ø in Prozent
„Welche drei digitalen Technologien werden in Zukunft das Leben älterer Menschen am stärksten beeinflussen?“

       persönliche Assistenzsysteme (z. B. Sprachassistenzsysteme)        65

                                          Smart-Home-Technolgien          44

             E-Health (z. B. Big Data-Analysen medizinischer Daten)       44

                                                 Autonomes Fahren         34

                                                     Serviceroboter       34

 bereits heute bei älteren Menschen etablierte digitale Technolgien       17

                                                  Internet der Dinge      13

                                                                    0%              20 %             40 %        60 %          80 %             100 %

Quelle: Bertelsmann Stiftung 2019b: 27

          3.5	Informiertheit zu techno­
               logischen Entwicklungen                                                „Digitale Souveränität erfordert, offen für Neues zu sein
                                                                                      und den Mut zu zeigen, auch mal Fehler zu machen. Die
          84 Prozent der Befragten sehen altersgerechte                               Leitbilder, die in digitale Technologien eingeschrieben
          Assistenzsysteme als sehr hilfreich an (Abbildung                           sind, müssen dieser Haltung gerecht werden: weg von
          6). Auf die Frage allerdings, wie gut sie sich über                         Nutzern, die möglichst nichts mitkriegen sollen, hin zu
          aktuelle Entwicklungen in diesem Bereich infor-                             informierten, aktiv entscheidenden Nutzenden.“
          miert fühlen, zeigt sich an dieser Stelle eine Dis-                         Philipp Otto, Direktor des Think Tanks iRights.Lab GmbH
          krepanz: Fast 60 Prozent fühlen sich zu altersge-
          rechten Assistenzsystemen schlecht informiert
          (Abbildung 8). Insbesondere in den Bereichen, die
          für die Zukunft und für den Alltag im Alter als sehr                    Technologien als besonders hoch einschätzen.
          hilfreich erachtet werden, fühlen sich die Befrag-                      Je geringer die eigenen Kenntnisse eingeschätzt
          ten schlecht informiert. Dies betrifft ebenso die                       werden, desto geringer ist auch die wahrgenom-
          Vernetzung von Haustechnik (Smart Home), wo                             mene Informiertheit. Für die digitale Souverä-
          51 Prozent Informationsdefizite bemängelten, wie                        nität Älterer bedeutet dies, dass verschiedene
          die Nutzung eines selbstfahrenden Autos (55 Pro-                        Faktoren, wie die eigenen Kenntnisse sowie die
          zent) und digitale Patientenakten in den Gesund-                        gefühlte Sicherheit im Umgang mit diesen Tech-
          heitssystemen (70 %).                                                   nologien, zusammen gedacht werden müssen,
                                                                                  um bedarfsgerechte Lösungen für Senior:innen
          Auch hier spielt das Alter der Befragten eine                           zu entwerfen. Angebote zur Vermittlung digi-
          Rolle, denn Jüngere fühlen sich besser informiert                       taler Kompetenzen sind eine wichtige Grund-
          als Ältere. Besser informiert fühlen sich zudem                         lage, die Motivation aufseiten der Nutzer:innen,
          Befragte, die ihre eigenen Kenntnisse zu digitalen                      Neues zu lernen und sich zu aktuellen Entwick-

                                                                                                                                                        11
Analysen und Konzepte 5 | 2020 | Ergebnisse der Befragung

     ABBILDUNG 8 Informiertheit über die aktuellen Entwicklungen in diesen verschiedenen Bereichen, summiert

                    Digitale Kommunikationskanäle und Soziale Medien            72                                             27

      Internetplattformen für Dienstleistungen und Waren des Alltags,
                                           zum Leihen/Mieten/Kaufen             62                                             36

                                  Schutzprogramme für persönliche Daten         61                                             37

                    Vernetzung von Haustechnik und Haushaltsgeräten             48                                             51

                                               Selbstfahrendende Autos          44                                             55

                                        Altersgerechte Assistenzsysteme         41                                             57

                                                  Digitale Patientenakte        29                                             70

                                                    Onlinesprechstunde          28                                             70

                                                       Assistenzroboter         28                                             70

                                                                           0%        20 %             40 %   60 %       80 %          100 %

              bessere Kenntnisse                  schlechtere Kenntnisse              keine Angaben
     Quelle: Eigene Darstellung

               lungen zu informieren. Ältere Menschen benöti-                    behördliche Angelegenheiten angewiesen oder
               gen demnach sowohl Trainings-, als auch Infor-                    nutzen gesundheitsbezogene Anwendungen.
               mationsangebote.
                                                                                 Ein Blick in die Zukunft zeigt jedoch, dass die
                                                                                 Befragten von einem starken Anstieg der Bedeu-
               3.6	Relevanz digitaler Technologien                              tung des Internets und digitaler Technologien in
                    heute und in Zukunft                                         vielen genannten Bereichen ausgehen. Den größ-
                                                                                 ten Bedeutungszuwachs sehen die Befragten bei
               Themenübergreifend geht der Durchschnitt der                      der Nutzung digitaler Technologien im Rahmen
               Befragten von einem deutlichen Bedeutungszu-                      behördlicher Angebote und in der Gesundheits-
               wachs digitaler Technologien aus. Für die heu-                    vorsorge. Bei den sogenannten Profinutzer:innen
               tige Nutzung ist dabei die Informationsbeschaf-                   (stufen ihr eigenes Kompetenzniveau in Bezug auf
               fung im Internet ausschlaggebend und auch mit                     digitale Technologien als „sehr gut“ ein), lässt
               Blick auf die Zukunft ist dies für die Befragten der              sich dieser positive Trend besonders gut beobach-
               wichtigste Anwendungsbereich (Abbildung 9).                       ten (Abbildung 10).
               Einen weiteren, wichtigen Bereich stellt für gut
               zwei Drittel der Nutzer:innen die Kommunika-                      An erster Stelle rangieren mit über 90 Prozent auf
               tion mit dem sozialen Umfeld dar. Mehr als die                    einem ähnlich hohen Niveau die Themen Infor-
               Hälfte der Befragten nutzt digitale Technologien                  mationsbeschaffung und Kommunikation. In den
               zur Unterhaltung, knapp die Hälfte für Online-                    weiteren Bereichen können die digitalen Techno-
               banking, mobilitätsbezogene Anwendungen, am                       logien ihren Einfluss überall moderat ausbauen.
               Arbeitsplatz oder zum Einkaufen und Bestel-                       Lediglich Anwendungsbereiche in der öffentli-
               len von Produkten. Weniger als ein Drittel der                    chen Verwaltung und beim Gesundheitsmanage-
               Nutzer:innen sind im heutigen Alltag online auf                   ment nehmen überproportional zu. Hierfür kann

12
Fazit und Handlungs­empfehlungen | Analysen und Konzepte 5 | 2020

ABBILDUNG 9 Wichtige Anwendungsbereiche digitaler Technologien heute und in Zukunft, Ø in Prozent

                                                                                           76
                                           Bei der Suche nach Informationen                                     78

                                                                                           68
 Bei der Kommunikation mit Freunden, Bekannten oder Familienmitgliedern                                         74

                                                                                           54
                     Zur Unterhaltung durch Musik, Videos, Filme und Spiele                                     64

                                                                                           48
                             Im Bereich Finanzen, Online-Banking, Bezahlung                                     67

                                                                                           47
                                         Bei Mobilität, Reisen und Transport                                    62

                                                                                           43
                                                                Am Arbeitsplatz                                 57

                                                                                           41
          Zum Einkaufen und Bestellen von Produkten und Dienstleistungen                                        61

                                                                                           27
                                          Bei behördlichen Angelegenheiten                                      62

                                                                                           22
                               Im Bereich Gesundheit, Gesundheitsvorsorge                                       59

                                                                              0%           20 %        40 %          60 %     80 %        100 %

        heute                   in Zukunft (in 10, 20 Jahren)
Quelle: Eigene Darstellung

          es zwei Erklärungsansätze geben: Vieles spricht                          digitale Technologien ein. Gleiches gilt für die
          dafür, dass die hohen Quoten bei der zukünftigen                         eigenen Kenntnisse digitaler Technologien. Je
          Anwendung stellvertretend für einen grundsätz-                           höher diese eingeschätzt werden, desto höher ist
          lichen Digitalisierungstrend in allen Lebensberei-                       auch die Einschätzung des Angewiesenseins auf
          chen stehen und die Befragten im Bereich der Ver-                        Technologien – sowohl heute als auch in Zukunft.
          waltung und der Gesundheitsvorsorge zukünftig
          eine stärkere Nutzung digitaler Technologien zur
          Erfüllung ihrer Aufgaben erwarten. Es kann aber
          prinzipiell auch den Abbau datenschutzrechtlicher                        4.	Fazit und Handlungs­
          Bedenken und den Wunsch nach neuen Angebo-
                                                                                       empfehlungen
          ten widerspiegeln. Hierzu sind weitere Studien
          notwendig.
                                                                                   Souveränität im Umgang mit digitalen Technolo-
          Bei der Einschätzung des Angewiesenseins auf                             gien wird für ein selbstbestimmtes Leben im Alter
          den Einsatz digitaler Technologien heute und                             zunehmend wichtiger. Dies hat nicht zuletzt die
          in Zukunft zeigte sich ebenfalls der Einfluss der                        Corona-Pandemie deutlich gemacht. Zwar besteht
          eigenen Kenntnisse sowie der gefühlten Sicher-                           für viele die Möglichkeit, das Internet über einen
          heit im Umgang mit digitalen Technologien. Je                            Netzzugang zu nutzen – sei es mobil oder statio­när
          sicherer sich die Befragten im Internet fühlen,                          –, doch digitale Kompetenzen stellen eine weitere
          desto höher schätzen sie das Angewiesensein auf                          Hürde bei der souveränen Nutzung digitaler Tech-

                                                                                                                                                  13
Analysen und Konzepte 5 | 2020 | Fazit und Handlungs­empfehlungen

     ABBILDUNG 10 Vergleich Anwendungsbereiche von „Profinutzer:innen“ heute und in Zukunf
     „Wie stark sind Sie in den jeweiligen Lebensbereichen auf den Einsatz digitaler Technologien/das Internet angewiesen?“ (Profinutzer:innen)

                                                                                                92                                                           +2
                                                Bei der Suche nach Informationen                                 94

                                                                                                93                                                           –2
  Bei der Kommunikation mit Freunden, Bekannten oder Familienmitgliedern                                         91

                                                                                                77                                                          +10
                         Zur Unterhaltung durch Musik, Videos, Filme und Spiele                                  87

                                                                                                73                                                          +10
                                  Im Bereich Finanzen, Online-Banking, Bezahlung                                 83

                                                                                                79                                                           +3
                                               Bei Mobilität, Reisen und Transport                               82

                                                                                                76                                                           +1
                                                                   Am Arbeitsplatz                               77

                                                                                                71                                                          +10
              Zum Einkaufen und Bestellen von Produkten und Dienstleistungen                                     81

                                                                                                35                                                          +46
                                               Bei behördlichen Angelegenheiten                                  81

                                                                                                33                                                          +57
                                    Im Bereich Gesundheit, Gesundheitsvorsorge                                   90

                                                                                   0%             20 %           40 %            60 %             80 %   100 %

              heute                    in Zukunft (in 10, 20 Jahren)
     Quelle: Eigene Darstellung

               nologien dar. Die Ergebnisse der vorliegenden
               Befragung zeigen, dass bei den befragten älteren                               „Die Digitalisierung bietet riesige Chancen die Teilhabe
               Nutzer:innen schon heute Interesse für zukunft-                                älterer Menschen zu verbessern. Wir müssen sie aller­
               weisende Technologien vorhanden ist.                                           dings dort abholen, wo sie sind. Die Neugier, was ich mit
                                                                                              digitalen Geräten interessegeleitet machen kann, ist dabei
               Der Erfolg digitaler Technologien, beispielsweise                              viel motivierender, als die schiere Aneignung von Technik.“
               in der Gesundheitsvorsorge, ist eines der Argu-                                Nicola Röhricht, Leiterin der Servicestelle „Digitalisierung und
               mente, um älteren Menschen einen besseren                                      Bildung für ältere Menschen“, BAGSO e. V.
               Zugang zur selbstbestimmten Nutzung zu ermög-
               lichen. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass
               ältere Menschen die Vorteile der Digitalisierung
               anerkennen, indem sie digitalen Technologien                              Ein weiteres Argument dafür, die Beteiligung älte-
               langfristig fast ausnahmslos eine stärkere Bedeu-                         rer Menschen in der digitalen Sphäre zu erhö-
               tung zusprechen. Im Augenblick bleibt jedoch                              hen, ist die Verbesserung der eigenen Lebensqua-
               offen, mit welchen Mitteln und Möglichkeiten                              lität. Digitale Souveränität kann ältere Menschen
               denjenigen, die sich die notwendigen digita-                              zu mehr sozialer Souveränität verhelfen. Digi-
               len Kompetenzen nicht selbst aneignen können,                             tale Kommunikationskanäle helfen gerade bei der
               gesamtgesellschaftlich begegnet werden kann.                              Pflege sozialer Beziehungen. Wie die Ergebnisse
                                                                                         der Studie jedoch zeigen, haben Ältere oft nur

14
Fazit und Handlungs­empfehlungen | Analysen und Konzepte 5 | 2020

         ein:e Ansprechpartner:in zur Verfügung. Zudem
         hängen digitale Kompetenzen von vielen sozio-               „Die Digitalisierung zwingt ältere Menschen lebenslang zu
         ökonomischen Faktoren, wie etwa dem Alter und               lernen. Diese Haltung muss verinnerlicht werden, damit
         dem Bildungsstand, ab. Aber auch die persönli-              digitale Technologien Teilhabe im Alter ermöglichen.“
         che Motivation beeinflusst die individuelle digitale        Dagmar Hirche, Unternehmerin und Gründerin des Vereins
         Souveränität bei den über 65-Jährigen.                      „Wege aus der Einsamkeit“

         Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass ältere
         Menschen digitalen Technologien in Zukunft fast
         ausnahmslos eine stärkere Bedeutung als heute           Mitmenschen weiter gestärkt werden. Denn die
         zuweisen. Wichtig ist jetzt die Frage, wie der sou-     Ergebnisse der Befragung deuten darauf hin, dass
         veräne Umgang mit digitalen Technologien von            Ältere im direkten Vergleich zu Jüngeren einen
         den Älteren, die sich für digitale Technologien         größeren Bedarf bei der Aneignung digitaler Kom-
         interessieren, sich diese Kompetenzen aber nicht        petenzen haben. Hindernisse und digitale Grä-
         selbst aneignen können, erlernt werden kann.            ben beim Zugang zu digitalen Technologien, wie
                                                                 dem Internet, sollten deshalb weiter reduziert und
                                                                 mehr niedrigschwellige Bildungsangebote, etwa
         4.1     Was können wir tun?                             über kommunale Infrastrukturen wie Bibliothe-
                                                                 ken und Volkshochschulen, zur Stärkung der digi-
         Im Rahmen der Studie „Digital Souverän?“ (2019b)        talen Souveränität angeboten werden (Bertels-
         wurde bereits eine Reihe von Möglichkeiten vor-         mann Stiftung 2019a).
         gestellt, wie unterschiedliche Akteur:innen das
         Digitalisierungsthema zukunftsbringend voran-           Digitale Souveränität muss individuelle Befähi-
         treiben können. Hierzu zählt beispielsweise die         gungen, gesamtgesellschaftliche Zusammen-
         Schaffung von Erfahrungs- und Experimentier-            hänge und digitale Technologien verbinden. Die
         räumen als zentrale Elemente der Vermittlung            Ausrichtung an den Anforderungen älterer Men-
         digitaler Teilhabemöglichkeiten.                        schen und deren Einbindung in Entwicklungspro-
                                                                 zesse ist hierfür ein essenzieller Schritt, denn er
         Damit alle Generationen die Vorteile der Digitali-      ist die Grundlage für den Aufbau von Vertrauen
         sierung nutzen und diese aktiv mitgestalten kön-        bei zukünftigen Nutzer:innen und somit ein mög-
         nen, muss die digitale Souveränität der älteren         licher Garant der langfristigen Akzeptanz digita-
                                                                 ler Technologien in einer altersgerechten Gesell-
                                                                 schaft insgesamt. Ergebnisse und Erkenntnisse
                                                                 aus der bedarfsgerechten Entwicklung solcher
Praxisbeispiel                                                   Technologien und Forschungsprojekte sollten in
                                                                 Kriterien gelingender Partizipation überführt wer-
Ein gutes Beispiel für Innovationen zur Steigerung der di-       den, um Innovationen zur Steigerung der digita-
gitalen Souveränität ist der Verein „Wege aus der Einsam-        len Souveränität älterer Menschen zu ermögli-
keit“, der im Rahmen seines Engagements für eine bessere         chen und deren langfristige Wirkung zu entfalten.
(Selbst)Wahrnehmung des Alters einsetzt. Unter dem Motto
„Wir versilbern das Netz“ erfreuen sich kostenfreie Ange-        Damit eine Stärkung digitaler Souveränität älterer
bote rund um Tablets und Smartphones einer hohen Beliebt-        Mitmenschen gewährleistet werden kann, soll-
heit. Der Verein macht sich ebenso für die flächendeckende       ten Fördermaßnahmen von der politischen Ebene
Verfügbarkeit von kostenfreiem WLAN in Wohnanlagen und           unterstützt und in langfristige strategische Ziele
Quartierstreffpunkten für Senior:innen stark.                    integriert werden. Dazu zählt beispielsweise die
                                                                 stärkere Förderung der flächendeckenden Nut-

                                                                                                                                 15
Analysen und Konzepte 5 | 2020 | Methodensteckbrief

          zung des Internets für die gesamte Bevölkerung
          sowie die gezielte Unterstützung älterer Men-         5.	Bereitstellung der
          schen. Digitalisierung kann das soziale Mitein-
                                                                    Umfrage­­ergebnisse als
          ander zwischen den Generationen befördern. Der
          Zugang zu digitalen Technologien und die Aneig-           Open Data
          nung digitaler Kompetenzen sollten deshalb auch
          vielseitig gedacht werden, denn auch das Fach-        Die in der Publikation dargestellten Zahlen sind
          personal, etwa Pflegekräfte in Einrichtungen des      eine bewusste und limitierte Auswahl an Ergeb-
          betreuten Wohnens, müssen ebenfalls digital sou-      nissen, die im Zuge der Auswertung als beson-
          verän sein.                                           ders relevant befunden wurden. Um gezielt einer
                                                                Unterauswertung der vorliegenden Daten entge-
          Die Corona-Pandemie hat die beschriebenen tech-       genzuwirken und unserem eigenen Anspruch als
          nologischen Entwicklungen beschleunigt. Damit         gemeinnützige Organisation gerecht zu werden,
          Maßnahmen langfristig erfolgreich sein können,        stehen die gesamten Umfrageergebnisse als Open
          müssen verlässliche Daten zum Stand digita-           Data zur Verfügung. Die Bertelsmann Stiftung
          ler Kompetenzen in der Bevölkerung vorliegen.         möchte hierdurch andere Forscher:innen dazu
          Diese Studie stellt erste Daten bereit, die zukünf-   befähigen, die Daten für eigene Fragenstellungen
          tig durch in regelmäßigen Abständen durchge-          (bspw. für Bachelor-, Master-, Doktorarbeiten
          führte Folgebefragungen aktualisiert und erwei-       oder sonstige Forschungsprojekte) zu verwerten.
          tert werden können.

          4.2 Methodensteckbrief                                Literaturverzeichnis
          Für die vorliegende Umfrage zum Thema Digi-           Beisch, Natalie, Wolfgang Koch und Carmen
          tale Souveränität wurden im Zeitraum vom 26.             Schäfer (2019). „ARD/ZDF-Onlinestudie
          April bis 3. Mai 2019 insgesamt 1.007 Personen           2019. Mediale Internetnutzung und Video-
          ab 14 Jahren telefonisch befragt. Von den Befrag-        on-Demand gewinnen weiter an Bedeutung“.
          ten waren 511 weiblich und 496 männlich, ins-            Media Perspektiven 9. 374–388. https://www.
          gesamt 550 berufstätig. Die Personen wurden              ard-werbung.de/fileadmin/user_upload/
          zu ihrer Internetnutzung, zu ihren Kenntnis-             media-perspektiven/pdf/2019/0919_Beisch_
          sen im Bereich digitale Technologien sowie deren         Koch_Schaefer.pdf (Download 9.9.2020).
          Einsatz in konkreten Lebensbereichen, zu ihrer        Berner, Frank, Cordula Endter und Christine
          persönlichen Einschätzung über zukünftige Ent-           Hagen (2020). Ältere Menschen und
          wicklungen, aber auch zu ihrer Informiertheit            Digi­tali­sierung. Erkenntnisse und
          über aktuelle Entwicklungen und ihrer Sicherheit         Em­pfehlungen des Achten Altersberichts.
          im Umgang mit digitalen Technologien befragt.            Hrsg. Bundesministerium für Familie,
          Durchgeführt wurde die repräsentative Befragung          Senioren, Frauen und Jugend. Berlin. https://
          als Mehrthemen-Umfrage vom Marktforschungs-              www.achter-altersbericht.de/fileadmin/
          institut KANTAR.                                         altersbericht/pdf/Broschuere-Achter-
                                                                   Altersbericht.pdf (Download 9.9.2020).
                                                                Bertelsmann Stiftung (2019a). Digital Kompakt:
                                                                   Assistenzinfrastrukturen. Gütersloh.
                                                                Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2019b).
                                                                   Digital souverän? Kompetenzen für ein
                                                                   selbstbestimmtes Leben im Alter. Gütersloh.

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Mission | Analysen und Konzepte 5 | 2020

Bitkom (2020). „Seit Corona haben Senioren
   ein besseres Bild von der Digitalisierung“.         Mission
   https://www.bitkom.org/Presse/
   Presseinformation/Seit-Corona-haben-                „Analysen und Konzepte“ ist eine Publikations-
   Senioren-ein-besseres-Bild-von-der-                 reihe aus dem Programm „LebensWerte Kom-
   Digitalisierung (Download 9.9.2020).                mune“. Das Programm widmet sich den drei gro-
Boase, Jeffrey (2010). „The Consequences of            ßen gesellschaftlichen Herausforderungen auf
   Personal Networks for Internet Use in Rural         kommunaler Ebene: dem demografischen Wan-
   Areas“. American Behavioral Scientist (53) 9,       del in seinen Ausprägungen und Auswirkungen
   1257–1267.                                          auf alle Politikfelder, der zunehmenden sozialen
Courtois, Cédric, und Pieter Verdegem (2016).          Spaltung, insbesondere bei Kindern und Jugend-
   „With a little help from my friends. An             lichen, sowie der Haushaltskrise, die sich regio-
   analysis of the role of social support in digital   nal vertieft und kommunales Agieren behindert.
   inequalities“. New Media & Society (18) 8,          „Analysen und Konzepte“ soll Ergebnisse der Stif-
   1508–1527.                                          tungsarbeit zu diesen Themen praxisgerecht ver-
Goedhart, Nicole S., Jacqueline E. W. Broerse,         mitteln und den Entscheidungsträgern relevante
   Rolinka Kattouw und Christine Dedding               Informationen zur Verfügung stellen.
   (2019). „‘Just having a computer doesn’t
   make sense’: The digital divide from the            Die Bertelsmann Stiftung engagiert sich in der
   perspective of mothers with a low socio-            Tradition ihres Gründers Reinhard Mohn für das
   economic position“. New Media & Society (21)        Gemeinwohl. Sie versteht sich als Förderin des
   11–12, 2347–2365.                                   gesellschaftlichen Wandels und unterstützt das
Initiative D21 e.V. (Hrsg.) (2020). D21 Digital        Ziel einer zukunftsfähigen Gesellschaft. Die Ber-
   Index 19/20. Jährliches Lagebild zur Digitalen      telsmann Stiftung tritt ein für die Stärkung kom-
   Gesellschaft. Berlin. https://initiatived21.de/     munaler Selbstverwaltung, da auf kommunaler
   app/uploads/2020/02/d21_index2019_2020.             Ebene gesellschaftlichen Herausforderungen am
   pdf (Download 9.9.2020).                            wirkungsvollsten begegnet werden kann. Die Stif-
Matthews, Katey, James Nazroo und Alan                 tung ist unabhängig und parteipolitisch neutral.
   Marshall (2018). „Digital inclusion in later
   life. Cohort changes in internet use over a
   ten-year period in England“. Ageing and
   Society (39) 9, 1914–1932.
Mossberger, Karen, Caroline J. Tolbert, Daniel
   Bowen und Benedict Jimenez (2012).
   „Unraveling Different Barriers to Internet
   Use“. Urban Affairs Review (48) 6, 771–810.
Norris, Pippa (2001). Digital divide. Civic
   engagement, information poverty, and the
   Internet worldwide. Cambridge: Cambridge
   University Press.
Quan-Haase, Anabel, Guang Y. Mo und Barry
   Wellman (2017). „Connected seniors. How
   older adults in East York exchange social
   support online and offline“. Information,
   Communication & Society (20) 7, 967–983.

                                                                                                                 17
Analysen und Konzepte 5 | 2020 | Ausblick

           Ausblick                                              Impressum
           Nr. 1 | 2021                                          Bertelsmann Stiftung 2020
                                                                 Bertelsmann Stiftung
           SDG-orientierte Gemeinwohlbilanz von                  Carl-Bertelsmann-Straße 256
           Kommunen                                              33311 Gütersloh
                                                                 Telefon +49 5241 81-0
           Bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrate-          www.bertelsmann-stiftung.de
           gien orientieren sich immer mehr Kommunen an
           der Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit den        Verantwortlich
           Zielen für eine nachhaltige Entwicklung (Sustai-      Dr. Tobias Bürger
           nable Development Goals, SDGs). Darüber hinaus
           gibt es bereits zahlreiche Kommunen, die sich mit     Autoren
           der Erstellung einer Gemeinwohlbilanz beschäfti-      Dr. Tobias Bürger, Bertelsmann Stiftung
           gen. In der nächsten Ausgabe von „Analysen und        Regina Sidel, ZEFIR Zentrum für interdisziplinäre
           Konzepte“ werden daher die wesentlichen Eck-          Regionalforschung
           punkte des Konzepts der Gemeinwohlbilanz her-
           ausgearbeitet. Darüber hinaus werden die inhalt-      Korrektur
           lichen Beziehungen zwischen dem Konzept der           Rudolf Jan Gajdacz, München
           Gemeinwohlbilanz und den SDGs – insbesondere
           auf lokaler Ebene – identifiziert. Schließlich wer-   Grafikdesign
           den Empfehlungen gegeben, wie die SDG-Orien-          Nicole Meyerholz, Bielefeld
           tierung einer kommunalen Gemeinwohlbilanz
           verstärkt werden könnte.                              Bildnachweis
                                                                 © Rawpixel.com – stock.adobe.com

                                                                 Der Text und die Grafiken dieser Publikation sind
                                                                 lizenziert unter der Creative Commons Namens­
                                                                 nennung 4.0 International (CC BY 4.0) Lizenz.
                                                                 Den vollständigen Lizenztext finden Sie unter:
                                                                 https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
                                                                 legalcode.de

                                                                 Empfohlene Zitierweise: Bertelsmann Stiftung
                                                                 (2020). Jetzt Alle?! Digitale Souveränität von Äl-
                                                                 teren: Eine Befragung zu digitalen Kompetenzen.
                                                                 Gütersloh.

                                                                 ISSN 2199-7969
                                                                 DOI 10.11586/2020070

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Adresse | Kontakt

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Carl-Bertelsmann-Straße 256
33311 Gütersloh
Telefon +49 5241 81-0

Dr. Tobias Bürger
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Telefon +49 5241 81-81832
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Petra Klug
Senior Project Manager
Programm LebensWerte Kommune
Telefon +49 5241 81-81347
petra.klug@bertelsmann-stiftung.de

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