Treibhausgase: KLIR - Modell zur einzelbetrieblichen Berechnung der Emissionen auf Milchviehbetrieben

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Treibhausgase: KLIR - Modell zur einzelbetrieblichen Berechnung der Emissionen auf Milchviehbetrieben
N u t z t i e r e

      Treibhausgase: KLIR – Modell zur einzelbetrieblichen
      Berechnung der Emissionen auf Milchviehbetrieben
      Tamara Köke, Sebastian Ineichen, Jan Grenz, Beat Reidy
      Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften BFH-HAFL, 3052 Zollikofen, Schweiz
      Auskünfte: Beat Reidy, E-Mail: beat.reidy@bfh.ch

      https://doi.org/10.34776/afs12-64 Publikationsdatum: 31. März 2021

      Das einzelbetriebliche Treibhausgasbilanzierungsmodell KLIR ist angepasst auf die spezifischen
      Gegebenheiten von Schweizer Milchviehbetrieben (Foto: Aaremilch AG).

      Zusammenfassung

      Die Schweizer Landwirtschaft verursacht rund 13 Pro-                     tion von Futtermitteln. Die Treibhausgasemissionen
      zent der Treibhausgasemissionen der Schweiz. Über die                    liegen mit 1,01 kg CO2-Äquivalenten pro kg ECM tiefer
      Hälfte davon entfällt dabei auf die Milchviehhaltung.                    als bisher für die Schweiz angenommen. Werden die
      Um Reduktionsmassnahmen auf der Stufe von Einzel-                        Emissionen auch dem mit der Milchviehhaltung verbun-
      betrieben zu evaluieren, werden Bilanzierungsmodelle                     denen Koppelprodukt Fleisch zugeordnet (alloziert),
      benötigt, welche die Produktionstechnik differenziert                    reduzieren sich die Emissionen in Abhängigkeit der
      abbilden. In einem gemeinsamen Projekt von Aaremilch                     gewählten Allokationsmethode auf 0,77 bis 0,75 kg
      und Nestlé wurde durch die HAFL ein Modell zur einzel-                   CO2-Äquivalente pro kg ECM. Die Resultate zeigen die
      betrieblichen Berechnung der Treibhausgasemissionen                      Bedeutung der Verwendung von betriebsspezifischen
      aus der Milchviehhaltung entwickelt. Die Berechnungs­                    Angaben zur Produktionstechnik, um die einzelbetrieb-
      methodik beruht auf international anerkannten                            lichen Emissionen differenziert abbilden zu können
      Standards, die, wo möglich, für die Schweiz adaptiert                    und Reduktionspotenziale zu identifizieren. Die Aus-
      wurden. Mit dem Modell wurden für 46 Milchvieh-                          wirkungen möglicher Reduktionsmassnahmen werden
      betriebe im Kanton Bern die Treibhaus­gasemissionen                      in einem folgenden Beitrag behandelt.
      berechnet. Im Mittel der Betriebe entfallen rund 56 %
      der Emissionen auf die enterische Fermentation, 23 %                      Key words: dairy, greenhouse gases, modelling,
      auf die Hofdüngerlagerung und 20 % auf die Produk-                       ­allocation, KLIR.

                                                                                                       Agrarforschung Schweiz 12: 64–72, 2021   64
Treibhausgase: KLIR – Modell zur einzelbetrieblichen Berechnung der Emissionen auf Milchviehbetrieben | Nutztiere

Einleitung

Mit der Ratifizierung des Klimaübereinkommens von                                                Einige potenzielle Reduktionsmassnahmen zielen ent-
­Paris hat sich die Schweiz verpflichtet, ihre Treibhausgas                                      sprechend auf eine Umverteilung der Emissionen aus
 (THG)-Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 um 50 % zu                                             dem Milchproduktionssystem auf Rindfleisch als Kop-
 reduzieren (SR 0.814.012). Die Schweizer Landwirtschaft                                         pelprodukt.
 trägt mit 6 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxidäquiva-                                           Im Hinblick auf die Erreichung der Reduktionsziele in
 lenten (CO2-eq.) rund 12,9 % zu den Treibhausgasemis-                                           der Landwirtschaft haben die Milchproduzentenorga-
 sionen des Landes bei (Bundesamt für Umwelt, 2020).                                             nisation Aaremilch AG und Nestlé Schweiz das Projekt
 Über 50 % entfallen alleine auf die Milchviehhaltung                                            «Klimaschonende und ressourceneffiziente Milchpro-
 (Bretscher et al., 2018). Obwohl die Methanbildung aus                                          duktion (KLIR)» lanciert. Während der Pilotphase von
 enterischer Fermentation über die Hälfte der gesamten                                           2017 bis 2020 sollten auf 46 Milchviehbetrieben die
 THG-Emissionen aus der Milchviehhaltung verursacht                                              THG-Emissionen um 10 % reduziert werden, ohne dabei
 (Casey & Holden, 2005; De Boer, 2003), müssen alle                                              den Kraftfuttereinsatz zu erhöhen. In der vorliegenden
 Emissionsquellen auf einzelbetrieblicher Ebene bekannt                                          Publikation wird das zugrunde liegende einzelbetrieb-
 sein, um Wechselwirkungen potentieller Minderungs-                                              liche CO2-Emissionsmodell KLIR beschrieben, werden die
 massnahmen abschätzen zu können (Crosson et al., 2011;                                          Emissionsquellen quantifiziert sowie die Auswirkungen
 Rotz, 2018). So können beispielsweise die Emissionen aus                                        unterschiedlicher Modellannahmen erläutert.
 enterischer Fermentation durch die Fütterung von Kraft-
 futtermitteln reduziert, gleichzeitig jedoch die Emissio-                                       Material und Methoden
 nen aus der Hofdüngerlagerung oder der Futtermittel-
 produktion erhöht werden (Martin et al., 2010). Neben                                           Modellbeschrieb
 der Leistungssteigerung werden in der Literatur weitere                                         Im KLIR-Modell werden die THG-Emissionen mechanis-
 Reduktionsmassnahmen im Bereich der Fütterung, des                                              tisch anhand der Entstehungsprozesse auf dem Einzel-
 Herden- bzw. Reproduktionsmanagements und der Hof-                                              betrieb ermittelt. Die Erhebung und mehrstufige Plausi-
 düngerlagerung genannt (Haupt et al., 2018). Rund 80 %                                          bilisierung der wichtigsten Kenngrössen aus Fütterung,
 der in der Schweiz geschlachteten Tiere sind direkt mit                                         Flächennutzung und Herdenmanagement ermögli-
 der Milchproduktion verbunden (Probst et al., 2019).                                            chen die Bestimmung weiterer E  ­ ffizienzparameter wie

 Systemgrenze KLIR 2.0
                                                                                                                                    THG-Emissionen
                                                                                                   Emissionsfaktoren                Futterproduktion
                                                                                                        gemäss
                                                        Betriebseigenes und zugekauftes Futter      Ecoinvent V3.0
                                                                                                    (inkl. Düngung)
                                                                                                                                                                     THG-Total aus Milch- und Fleischproduktion

                                                                                                                                                                                                                  THG aus Milchproduktion alloziert auf Milch

                                                                                                                                    THG-Emissionen
                                                                                                                                   Futtermittelzukauf
                                            Plausibilitätscheck
                                              Energiebilanz

                                                                                                        Enterische                  THG-Emissionen
           Milchviehherde                                                Futterration                 Fermentation                    Enterische
        Jungvieh und Milchkühe                                                                          basierend
                                                                     der Milchviehherde            auf Liu et al. (2017)
                                                                                                                                     Fermentation

                                                                                                       Direkte und
                                                                                                         indirekte
                  Verzehr gemäss Jans et al. (2015)                                                Emissionen (CH4 und              THG-Emissionen
                  Futtermittelgehalte aus Feedbase                                                  NO2) gemäss IPCC               Hofdüngerlagerung
                                                                                                    (2006), angepasst
                                                                                                     nach SNIR (2020)
                      Standardration für Jungtiere
                  in Abhängigkeit des Erstkalbealters                                               Emissionen aus                  THG-Emissionen
                                                                                                    Stromerzeugung                  Stromverbrauch
                                                                                                      gemäss KTBL

                                                                               Ökonomische/
     Output (Milch und Fleisch)                                               biophysikalische    Allokationsfaktor
                                                                                 Allokation        Milch (AFMilch)

     Ausmast überzähliger Jungtiere                                                                            Emissionen aus Infrastruktur (Maschinen und Gebäude) C-Sequestrierung in Böden

Abb. 1 | Treibhausgasberechnung und Systemgrenze im KLIR-Modell.

                                                                                                                                     Agrarforschung Schweiz 12: 64–72, 2021                                                                                     65
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­ ebenstagsleistung, Kraftfutterintensität und Futter-
L                                                                            bensjahre auf dem Betrieb) wird eine betriebsspezifische
konvertierungs- oder Nahrungsmittelkonkurrenz. Die                           Remontierungsrate berechnet, wovon die Zahl der zur
Systemgrenze umfasst das gesamte System der Milchpro-                        Aufzucht benötigen Jungtiere abgeleitet wird.
duktion des Milchviehbetriebes, d.h. laktierende, Galt-                      Die Berechnung der THG-Emissionen folgt einem «cradle-­
und Sömmerungskühe sowie Aufzuchttiere (Tränker,                             to-farmgate»-Ansatz und dem Tier-3-Modell (IPCC,
Aufzuchtkälber und Aufzuchtrinder zur Remontierung;                          2019; Abb. 1). Sie beinhalten sowohl direkte als auch
Abb. 1). Kern des Modells sind Herdenproduktionspara-                        indirekte Emissionen (CO2, CH4 und N2O) aus der enter-
meter sowie die Futterration. Der Verzehr der Milchkühe                      ischen Fermentation, der Futtermittelproduktion, dem
wird gemäss Empfehlungen für den Gesamtverzehr aus                           Hofdüngermanagement und dem Stromverbrauch.
dem «grünen Buch» berechnet (Jans et al., 2015).                             Methanemissionen aus enterischer Fermentation wer-
Die Zusammensetzung der Milchkuhration wird be-                              den für die jährlich verzehrte Futtermenge jedes Futter-
triebsindividuell erfasst und über eine Energiebilanz                        mittels nach der Formel von Liu et al. (2017) ermittelt, in
(verfütterte Energie vs. berechneter Bedarf) plausibili-                     der die Verdaulichkeit der Energie und die Fütterungs-
siert. Futtermittelgehalte wurden der schweizerischen                        intensität berücksichtigt werden (Formel 1). Hier wird
Futtermitteldatenbank (Agroscope, 2016) entnommen,                           die Verdaulichkeit der organischen Substanz (vOS) für
unter Berücksichtigung des Entwicklungstadiums und                           die Verdaulichkeit der Energie (ED) verwendet, da diese
der botanischen Zusammensetzung. Für die Aufzucht-                           gemäss Daccord et al. (2006) eng korrelieren.
tiere wurden Standardrationen basierend auf Morel und                        Für die Futtermittelproduktion beruhen die Emissions-
Kessler (2017) bzw. Münger und Kessler (2017) verwen-                        koeffizienten auf der Datenbank Ecoinvent V3.0 (Wer-
det. Über die Nutzungsdauer der Kühe (produktive Le-                         net et al., 2016) im System «allocation, recycled c­ ontent –

Formel 1 | Berechnung der Methanemissionen                                   Formel 3 | Direkte Lachgasemissionen
aus enterischer F­ ermentation nach Liu et al. (2017)                        aus der Hofdüngerlagerung nach IPCC (2019)

 Dm = 40,69 – 43,84 ED – 4,870 EIL + 6,368 (ED × EIL)                         N2OD = ([(N(T)*Nex(T)*MN(T,S))*EF(D)]*UF (N) )
 Wobei hier:                                                                  Wobei hier:
 Dm:       Methanbildung in % der aufgenommenen verdaulichen Energie (DEI)    N2OD:    direkte N2O Emissionen aus der Hofdüngerlagerung (kg N2O Jahr –1)
 ED: Energy digestibility of feed                                             N(T):    Anzahl Tiere der Tierkategorie T
     (hier: Verdaulichkeit der organischen Substanz (vOS))                    Nex(T): N Ausscheidung pro Kopf (kg N Tier –1 Jahr –1) nach IPCC (2019)
 EIL: DEI/NEm                                                                 MN(T,S): Mengenanteil N je Hofdüngerlagerungssystems S
 DEI: Digestible energy intake (verdauliche Energie verzehrt (MJ kg TS–1))             und Tierkategorie T
 NEm: Nettoerhaltungsbedarf (MJ)                                              EF(D):   Emissionsfaktor der direkten N2O Emissionen
                                                                                       aus Hofdüngerlagerung (kg N2O-N kg N–1)
                                                                              UF (N): Umrechnungsfaktor von N2O-N zu N2O = 44/28

Formel 2 | Methanemissionen                                                  Formel 4 | Indirekte Lachgasemissionen
aus der Hofdüngerlagerung nach IPCC (2019)                                   aus der Hofdüngerlagerung nach IPCC (2019)

 EP(T) = VS(T) *[B(T) *UF(m) *MF(S,k) *MV(S,T)]                               N2OV = [([(N(T)*Nex(T)*MHS(T,S))*EF(V)]* FG (S,T) )*UF (N) ]
 Wobei hier:                                                                  Wobei hier:
 EP(T):      CH4 Produktion je Tierkategorie T (kg CH4 Tier –1 Jahr –1)       N2OV: Indirekte N2O Emissionen aus der Hofdüngerlagerung (kg N2O
 VS(T):      flüchtige Feststoffe («volatile solids»)                         Jahr –1)
             je Tierkategorie T (kg TS Tier –1 Jahr –1)                       N(T):    Anzahl Tiere der Tierkategorie T
 B(T):       max. Methanproduktionskapazität aus Hofdünger                    Nex(T) : durchschnittliche jährliche N Ausscheidung pro Kopf
             je Tierkategorie T (m3 CH4 kg–1 VS)                                       (kg N Tier –1 Jahr –1) nach IPCC (2019)
 UF (m):     Umrechnungsfaktor m3 CH4 zu kg CH4 = 0,67                        MN(S,T): Mengenanteil N je Hofdüngerlagerungssystems S
 MF(S, k): Methanumrechnungsfaktor                                                     und Tierkategorie T
           für Hofdüngerlagerungssystem S nach Klimaregion k                  EF(V):   Emissionsfaktor für verflüchtigten N zu NH3 und NOx
 MV(S, T): Mengenanteil VS je Hofdüngerlagerungssystem S                               (kg N2O-N kg N verflüchtigt-1)
           und Tierkategorie T in %                                           FG(S,T): Anteil verflüchtigter N nach Hofdüngerlagerungssystem S
                                                                                       und Tierkategorie T
                                                                              UF (N) : Umrechnungsfaktor von N2O-N zu N2O = 44/28

                                                                                                           Agrarforschung Schweiz 12: 64–72, 2021          66
Treibhausgase: KLIR – Modell zur einzelbetrieblichen Berechnung der Emissionen auf Milchviehbetrieben | Nutztiere

Tab. 1 | Gehalte (Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, 2019), Schlacht- und Fleischausbeute (Thalmann & Schoch,
2015). sowie durchschnittliche Preise der Jahre 2015–2017 für Milch (TSM Treuhand et al., 2020) und Fleisch (eigene Berechnungen nach
Daten von Proviande bzw. des Schweizerischen Bauernverbandes) für die Allokation der THG-Emissionen. 1 Milchkuh­rassen, 2 Zweinutzungs-
rassen, 3 Tränker höchster Qualität, 4 Tränker zweiter Qualität.

                                   Erlös in CHF             Proteingehalt       Energiegehalt
                                                                                                  Schlachtausbeute     Fleischausbeute
                                   pro (Einheit)                (g/kg)             (MJ/kg)

                                       0,56
 Milch                                                           32                 3,14                 –                   –
                                     (kg ECM)

                                        6,95
 Schlachtkühe MKR1                                               214                5,65                0,45                0,67
                                      (kg SG)

                                        7,90
 Schlachtkühe ZNR 2                                              214                5,65                0,50                0,68
                                      (kg SG)

                                       10,35
 männliche Tränker AA 3                                          211                5,36                0,60                0,72
                                      (kg LG)

                                       9,05
 weibliche Tränker AA 3                                          211                5,36                0,60                0,72
                                      (kg LG)

                                       4,65
 restliche Tränker A 4                                           211                5,36                0,58                0,70
                                      (kg LG)

unit». Es wurde vorausgesetzt, dass allfällig verfütter-                     dingungen bekannt sind und die biologische Sequestrie-
tes Sojaschrot aus zertifiziertem Anbau stammt, was                          rung durch die Schweizer CO2-Verordnung (SR 641.711)
für 92 % des in der Schweiz verfütterten Sojaschrots                         bis anhin nicht anerkannt ist.
gilt (Grenz & Angnes, 2020). Emissionen aus der Hof-
düngerlagerung (Formeln 2–4, indirekte N2O-Emissio-                          Allokation der Emissionen auf Milch und Fleisch
nen durch Auswaschung hier nicht dargestellt) wurden                         Der Allokationsfaktor Milch (AFMilch) definiert, welcher
gemäss IPCC (2019) berechnet, angepasst analog zum                           Anteil der THG-Emissionen der Milchproduktion ange-
nationalen Treibhausgasinventar (Bundesamt für Um-                           lastet wird und welcher Anteil rechnerisch auf das Kop-
welt, 2020). Der Stromverbrauch wurde basierend auf                          pelprodukt Fleisch entfällt. Hier wurde einerseits die
Neser et al. (2012) in Abhängigkeit von der Anzahl GVE                       ökonomische Allokationsmethode geprüft (Cederberg
auf dem Betrieb berechnet (300–1500 kWh/Jahr/GVE,                            & Stadig, 2003). Dabei definiert der Anteil des Erlöses
je nach Betriebsgrösse). Die Emissionskoeffizienten                          aus der Milchproduktion am Gesamterlös (inklusive Tier-
wurden bei 0,182 kg CO2 eq./kWh für konventionellen                          verkauf) den AFMilch. Es wurden keine erhöhten Erlöse für
Strom bzw. bei 0,013 für Elektrizität aus erneuerbaren                       allfällige Zuchtviehverkäufe berücksichtigt. Andererseits
Ressourcen festgelegt (Messmer & Frischknecht, 2016).                        wurde auch eine biophysikalische Allokationsmethode
CO2-Äquivalente werden gemäss den Empfehlungen                               geprüft, welche von der International Dairy Federation
des IPCC (2019) (Methan = 25, Lachgas = 298) berechnet.                      (IDF) empfohlen wird (Thoma et al., 2013). Dabei wird
Die Berechnungen sollen betriebsindividuell mit in der                       anhand des «Fleisch-zu-Milch-Verhältnisses» («beef milk
Praxis leicht verfügbaren und eindeutig bestimmbaren                         ratio») auf die Verwendung der Futterenergie (Körper-
Eingangsdaten möglich sein. Indirekte Emissionen aus                         masseaufbau bzw. Milchproduktion) geschlossen und so
Investitionsgütern (Maschinen, Gebäude, Infrastruktur)                       der AFMilch bestimmt (Tab. 1).
wurden deshalb nicht berücksichtigt. Eine mögliche
C-Sequestrierung im Boden wird nicht berücksichtigt,                         Untersuchte Betriebe
weil keine gut belegten Koeffizienten für Schweizer Be-                      Um das KLIR-Modell zu testen, wurden 46 Milchvieh-
                                                                             betriebe der Aaremilch AG untersucht. Sie befinden
                                                                             sich im Umkreis von 40 km um Bern, vorwiegend in der
Tab. 2 | Jahresration der Milchviehherde (% TS, Mittel und Standard­
abweichung (SD)) auf den untersuchten 46 Milchviehbetrieben.                 Hügel- und Bergzone I & II. Die Milchleistung pro Kuh
1
  g TS/kg ECM, 2 standardisiert auf 6,7 MJ NEL                               und Jahr (7231 ± 1430,3 kg ECM, Mittelwert ± Standard-
                                                                             abweichung (SD)), die landwirtschaftliche Nutzfläche
             Wiesen-                 Übriges       Kraft-   Kraftfutter­
                          Mais                                               (19,1 ± 10,71 ha,) sowie die Anzahl Milchkühe (22 ± 19,1)
              futter              ­Grundfutter     futter   intensität1, 2
                                                                             variieren stark. Die mittlere Nutzungsdauer der Kühe
 Mittel          78        8           4            10           106
                                                                             lag bei 2,97 (± 0,73) Jahren, das Erstkalbealter bei 27,5
 SD            ± 11,5     ± 9,0      ± 4,0         ± 3,5       ± 30,1
                                                                             (± 1,71) Monaten und die Lebtagleistung bei 10,9 (± 1,92)

                                                                                                  Agrarforschung Schweiz 12: 64–72, 2021   67
Treibhausgase: KLIR – Modell zur einzelbetrieblichen Berechnung der Emissionen auf Milchviehbetrieben | Nutztiere

                                      0,6                                                                             für einen Betrieb, der dem Mittel der untersuchten Be-
                                                                                                                      triebe nahekommt (ML = 7013 kg ECM/Kuh/Jahr, EKA =
                                      0,5
Anteil an Gesamtemissionen (CO -eq)

                                                                                                                      26,4 Monate, ND = 3,74 Jahre, KF = 173 g/kg ECM), jeweils
                              ²

                                                                                                                      um 10, 20 und 50 % erhöht bzw. reduziert.
                                      0,4

                                      0,3
                                                                                                                      Resultate

                                      0,2                                                                             Emissionsquellen
                                                                                                                      Die THG-Gesamtemissionen der untersuchten Betriebe
                                      0,1                                                                             betragen gemäss KLIR-Modell im Mittel 1,01 kg CO2-eq
                                                                                                                      pro kg ECM (Tab. 3). Unabhängig von der Allokations-
                                      0,0                                                                             methode entstammen über die Hälfte aller berechneten
                                                                                                                      Emissionen der enterischen Fermentation, während die
                                                     tion

                                                                        ng -

                                                                                     duk tel-

                                                                                                          ität
                                                  nta e

                                                                           r
                                                                  lag dünge
                                            Fer erisch

                                                                                                                      Hofdüngerlagerung und die Produktion von Futtermit-
                                                                                         tion
                                                                                  pro ermit

                                                                                                          iz
                                                                                                      ktr
                                                                     eru
                                               me

                                                                                                                      teln (selbst produzierter und zugekaufter) je zu rund
                                              Ent

                                                                      f

                                                                                                   Ele
                                                                   Ho

                                                                                       t
                                                                                   Fut

                                                                                                                      einem Fünftel der Gesamtemissionen beitragen. Die
    Abb. 2 | Beitrag der verschiedenen Emissionsquellen zu den gesam-                                                 Emissionen aus dem Stromverbrauch sind im Mittel der
    ten Treibhausgasemissionen von 46 untersuchten Milchviehbetriebe
                                                                                                                      Betriebe bezogen auf die Gesamtemissionen vernach-
    berechnet mit dem KLIR-Modell (ungewichteter Mittelwert und
                                                                                                                      lässigbar. Dies ist insbesondere auf die grosse Mehrheit
    Standardabweichung der einzelnen Betriebe).
                                                                                                                      (78 %) der Betriebe zurückzuführen, welche Strom aus
                                                                                                                      erneuerbaren Ressourcen beziehen und damit im Mittel
    kg ECM. Die Betriebe können als graslandbasiert charak-                                                           nur gerade 3 g CO2-eq pro kg ECM verursachen. Bei den
    terisiert werden, wenngleich die Streuung im Mais- und                                                            restlichen 22 % der Betriebe, welche konventionellen
    Kraftfuttermitteleinsatz beträchtlich ist (Tab. 2). Der Ge-                                                       Strom beziehen, schlägt der Stromverbrauch mit rund
    halt der mittleren Jahresration lag bei 6,3 (± 0,16) MJ                                                           35 g CO2-eq pro kg ECM bedeutend höher zu Buche.
    NEL bzw. 164,6 (± 10,96) g RP pro kg TS.                                                                          Werden die Gesamtemissionen aller untersuchten Be-
    Alle betriebsspezifischen Parameter wurden im Rahmen                                                              triebe (7365 t CO2-eq) durch die Gesamtmilchmenge
    von Betriebsbesuchen im Sommer/Herbst 2017 erhoben                                                                (7789 t ECM) dividiert, reduziert sich der (so nach Milch-
    bzw. aus Betriebsaufzeichnungen sowie, wo möglich,                                                                menge) gewichtete Mittelwert mit 0,95 kg CO2-eq pro kg
    aus TVD-Daten übernommen.                                                                                         ECM um rund 60 g. Die Gesamtemissionen aller Betriebe
                                                                                                                      pro Milchkuh (1041 GVE) bzw. pro Rindvieh-GVE (1313,
    Sensitivitätsanalyse                                                                                              inkl. Aufzucht) liegen mit 7077 kg pro Milchkuh-GVE
    Mit einer vereinfachten Sensitivitätsanalyse wurde ge-                                                            bzw. 5611 kg pro Rindvieh-GVE dagegen höher als der
    prüft, welche Auswirkungen eine Variation der Para-                                                               ungewichtete Mittelwert (6879 kg pro Milchkuh-GVE
    meter Milchleistung (ML), Erstkalbealter (EKA), Nut-                                                              bzw. 5433 kg pro Rindvieh-GVE). Grössere Betriebe
    zungsdauer (ND) und Kraftfutterintensität (KF) auf die                                                            (mehr Tiere und mehr Milch) heben die Emissionen pro
    Resultate des Modells hat. Dazu wurden die Parameter                                                              Tier somit leicht, senken sie pro kg ECM jedoch deut-

    Tab. 3 | Einfluss unterschiedlicher Allokationsmethoden auf die Zuteilung der Treibhausgasemissionen der untersuchten 46 Milchvieh­
    betriebe. Ökonomische Allokation gemäss Erlösen aus Tier- bzw. Milchverkäufen. Biophysikalische Allokation nach «beef-to-milk»-Verhältnis
    gemäss Thoma et al. (2013). Gesamtemissionen aller Betriebe dividiert durch Gesamtmilchmenge bzw. Gesamt-GVE aller Betriebe (Mittel
    gewichtet) sowie ungewichtete Mittelwerte (Mittel) und Standardabweichung (SD) der Einzelbetriebe.

                                                                                                                        Allokationsmethode

                                                                                                Ohne                                    Ökonomisch               Biophysikalisch

                                                                        Mittel gewichtet         Mittel          SD             Mittel               SD       Mittel           SD

               Allokationsfaktor Milch (AFMilch)                               1, 00              1,00            -              0,77                0,04      0,74           0,05

               kg CO2-eq/ kg ECM                                               0,95               1,01           0,13            0,78                0,06      0,75           0,06

               kg CO2-eq/ Milchkuh GVE                                         7077              6879            996            5305                 876       5093            793

               kg CO2-eq/ Rindvieh GVE                      1
                                                                               5611              5433            647            4192                 625       4032            619

    1
         Rindvieh-GVE (inkl. Aufzuchttiere)

                                                                                                                                                Agrarforschung Schweiz 12: 64–72, 2021   68
Treibhausgase: KLIR – Modell zur einzelbetrieblichen Berechnung der Emissionen auf Milchviehbetrieben | Nutztiere

lich. Werden die THG-Emissionen auf das Koppelprodukt           nen aus der Hofdüngerlagerung werden die IPCC-Gui-
Fleisch allo­ziert, so entfallen im Mittel über alle Betriebe   delines mit den lokalen Verhältnissen angepassten Ko-
nur 77 % bzw. 74 % auf die Milchproduktion.                     effizienten empfohlen (Rotz, 2018), was im KLIR-Modell
                                                                analog zum nationalen Treibhausgasinventar umgesetzt
Sensitivitätsanalyse                                            wurde. Auswirkungen variierender Parameter werden
Die Variation der THG-Emissionen in Abhängigkeit des            auf sämtlichen Stufen des Produktionsprozesses abge-
Parameters Milchleistung zeigt die grösste Sensitivität.        bildet.
Dies betrifft sowohl die Gesamtemissionen pro Betrieb           Für einen Vergleich der hier publizierten Werte mit an-
(Abb. 3) als auch die Emissionen pro kg ECM (Abb. 4).           deren Studien müssen die jeweiligen Systemgrenzen und
Höhere Milchleistungen führen aufgrund des erhöhten             Allokationsmethoden berücksichtigt werden. Auch die
TS-Verzehrs der Kühe zu höheren Gesamtemissionen                Auswahl der Betriebe ist entscheidend (O’Brien et al.,
pro Betrieb, aber zu tieferen Emissionen pro kg ECM.            2014). Die hier untersuchte Betriebsgruppe ist nicht re-
Die Aufzucht des Jungviehs verursacht rund 21 % der             präsentativ für die Schweiz, wenngleich die gegenüber
Gesamtemissionen (4820 kg CO2-eq pro Tier). Eine Er-            ausländischen Studien hohen Raufutteranteile charakte-
höhung der Nutzungsdauer um 50 % (entspricht 1,87               ristisch für Schweizer Verhältnisse sind (Ineichen et al.,
Nutzungsjahren) führt im Modell zu einer Reduktion              2016). Ein Vergleich sollte vor einer allfälligen Allokation
der Gesamtemissionen um knapp 7 %. Bei Berücksich-              (auf Milch und das Koppelprodukt Fleisch) erfolgen, da
tigung der ökonomischen Allokation fällt der positive           der AFMilch je nach Methode, aber auch gemäss länder-
Einfluss der längeren Nutzungsdauer pro kg ECM aller-           spezifischen Gegebenheiten (Verwertung der Schlacht-
dings nur noch sehr gering aus (–2 %, Abb. 4). Durch die        körper, Marktverhältnisse für Milch und Fleisch) stark
verlängerte Nutzungsdauer fallen auf dem Milchvieh-             variieren kann (Cederberg & Stadig, 2003; Thoma et al.,
betrieb weniger Schlachtkühe und somit weniger Fleisch          2013) und die Resultate beeinflusst. Alternativ zur Allo-
als Koppelprodukt an. Infolgedessen steigt der AFMilch          kation der Emissionen auf Milch und Fleisch könnte, wie
und es wird ein grösserer Anteil der Gesamtemissionen           von Cederberg und Stadig (2003) vorgeschlagen, eine
auf die Milchproduktion alloziert. Veränderungen beim           Systemerweiterung («system expansion») gewählt wer-
Erstkalbealter und Kraftfuttereinsatz wirken sich sowohl        den. Dabei ersetzt das Fleisch, das als Koppelprodukt
auf die Gesamtemissionen als auch pro kg ECM ökono-             der Milchproduktion anfällt, Fleisch aus einem alterna-
misch alloziert ähnlich aus, wobei sich die Auswirkungen        tiven Produktionsprozess, hier beispielsweise aus der
bei proportionaler Veränderung der beiden Parameter             Mutterkuhhaltung. Die rechnerisch vermiedenen Emis-
deutlich unterscheiden. Das Erstkalbealter hat ähnlich          sionen aus der Mutterkuhhaltung werden sodann von
starke Auswirkungen auf die Gesamtemissionen wie                den Emissionen der Milchproduktion abgezogen. Probst
die Nutzungsdauer, während ein veränderter Kraftfut-            et al. (2019) haben diesen Ansatz für die Schweiz modell-
tereinsatz kaum Auswirkungen zeigt. Geringere Emis-             haft angewandt. Die Erweiterung der Systemgrenze ist
sionen durch enterische Fermentation werden durch               in der einzelbetrieblichen Bilanzierung jedoch schwer
höhere Emissionen in der Futtermittelproduktion aus-            kommunizierbar. Ausserdem steigt mit der Erweiterung
geglichen.                                                      der Systemgrenze auch die Zahl der notwendigen An-
                                                                nahmen sowie der potenziellen Fehlerquellen.
Diskussion                                                      Ohne Allokation betragen die mittleren ungewich-
                                                                teten Emissionen pro Betrieb rund 1,01 kg CO2-eq pro
Verschiedene Untersuchungen (Crosson et al., 2011;              kg ECM. Hersener et al. (2011) bezifferten anhand von
O’Brien et al., 2014; Rotz, 2018) betonen die Bedeutung         Buchhaltungsdaten die durchschnittlichen Emissionen
detaillierter einzelbetrieblicher Modelle für die Berech-       für die Schweiz auf 1,3–1,4 kg CO2-eq pro kg ECM (öko-
nung und Beurteilung von THG-Reduktionsmassnah-                 nomisch alloziert). Aus den im nationalen Treibhaus-
men. Das KLIR-Modell bietet den dazu notwendigen                gasinventar 2016 ausgewiesenen Emissionen von Milch­
Detailierungsgrad. Im Bereich der enterischen Fermen-           kühen (3,4 Mio. t CO2-eq) gemäss Bretscher et al. (2018)
tation wird die Verdaulichkeit der Futtermittel berück-         sowie der in der Schweiz im selben Jahr produzierten
sichtigt, der Verzehr wird in Abhängigkeit von Lebend-          Milchmenge von 3,4 Mio. t (TSM Treuhand et al., 2020)
gewicht und Milchleistung angepasst. Emissionen aus             lassen sich die Emissionen pro kg Milch in der Schweiz
der Futtermittelproduktion werden in Abhängigkeit von           auf 1,0 kg CO2-eq beziffern, wobei Aufzuchttiere darin
den tatsächlich eingesetzten Futtermitteln mittels Emis-        nicht berücksichtigt sind. Durch die Gewichtung nach
sionsfaktoren berechnet. Zur Modellierung der Emissio-          Milchmenge sinken die Emissionen pro kg ECM für die

                                                                                      Agrarforschung Schweiz 12: 64–72, 2021    69
Treibhausgase: KLIR – Modell zur einzelbetrieblichen Berechnung der Emissionen auf Milchviehbetrieben | Nutztiere

                                                10
Veränderung CO²-eq gegenüber Basiswert t (%)

                                                 0

                                               –10

                                               –20

                                                                                                                                                     Enterische Fermentation
                                                                                                                                                     Hofdüngerlagerung
                                               –30                                                                                                   Futtermittelproduktion
                                                                                                                                                     Strom
                                                            10

                                                            20

                                                            10

                                                            20

                                                            50

                                                           10

                                                           20

                                                           50

                                                           10

                                                           20

                                                           50

                                                           50
                                                           10

                                                           20

                                                           10

                                                           20

                                                           50
                                                             0

                                                             0

                                                             0

                                                             0

                                                             0

                                                             0
                                                       KF −1

                                                       KF −2

                                                       KF −5

                                                       KF +1

                                                       KF +2

                                                       KF +5
                                                     EKA −

                                                      EKA −

                                                      EKA +

                                                      EKA +

                                                      EKA +

                                                      ML −

                                                      ML −

                                                      ML −

                                                      ML +

                                                      ML +

                                                      ML +

                                                      ND −

                                                      ND −

                                                      ND −

                                                      ND +

                                                      ND +

                                                      ND +
                                                                                        Veränderungsszenario

      Abb. 3 | Einfluss veränderter Parameter (Erstkalbealter (EKA), Kraftfutterintensität (KF), Milchleistung (ML), Nutzungsdauer (ND)) auf die Ge-
      samtemissionen (kg CO2-eq) eines mittleren Praxisbetriebes. Veränderung in Prozent gegenüber dem Basiswert. Die einzelnen Parameter wurden
      jeweils um 10, 20 und 50 % erhöht bzw. reduziert. Szenario EKA -50 wäre physiologisch unmöglich und wurde deshalb ausgeschlossen.

      untersuchten Praxisbetriebe, was auf die höhere Einzel-                                              ten von 10–30 % der THG-Emissionen, welche aus der
      tierleistung der grösseren Betriebe zurückzuführen sein                                              Hofdüngerlagerung stammen. Martin et al. (2010) stellt
      dürfte. Resultate aus mit dem KLIR-Modell vergleichba-                                               diesbezüglich fest, dass in raufutterbasierten Systemen
      ren einzelbetrieblichen THG-Modellen wurden in der                                                   eine Verschiebung der Emissionen aus der Hofdünger-
      Schweiz bis anhin nicht publiziert. Im internationalen                                               lagerung und -ausbringung hin zur enterischen Fermen-
      Vergleich liegen die hier untersuchten Betriebe im mitt-                                             tation beobachtet werden kann.
      leren Bereich. Rotz (2018) untersuchte beispielsweise in                                             Am stärksten reagierten die berechneten Emissionen
      einer Übersichtsstudie verschiedene Modelle weltweit                                                 auf eine Veränderung der Milchleistung, was auf den er-
      und kam zum Schluss, dass auf spezialisierten Milch-                                                 höhten Futterverzehr bei steigender Milchleistung bzw.
      produktionsbetrieben die Emissionen pro kg ECM zwi-                                                  eine Verdünnung der Emissionen pro kg ECM zurückge-
      schen 0,8 und 1,2 kg CO2-eq pro kg ECM liegen dürften.                                               führt werden kann. Weitere möglicherweise wichtige
      O’Brien et al. (2014) modellierte um 0,9 kg CO2-eq pro kg                                            Parameter (wie Verdaulichkeit oder Futtermittelgehalte)
      ECM für amerikanische, englische und irische Spitzen-                                                wurden in der Sensitivitätsanalyse nicht geprüft, deren
      betriebe, Flysjö et al. (2011) 1,0 für Neuseeland und 1,16                                           Auswirkungen werden jedoch im Modell abgebildet.
      für Schweden.                                                                                        Aktuell wird vermehrt die Berücksichtigung einer po-
      Der mit KLIR berechnete Anteil der enterischen Fermen-                                               tenziellen Kohlenstofffixierung (C-Sequestrierung) in
      tation an den Gesamtemissionen (56 % im Mittel der                                                   landwirtschaftlich genutzten Böden diskutiert. Eine
      Betriebe) entspricht den Proportionen, die Flysjö et al.                                             Berücksichtigung der C-Sequestrierung in Emissionsmo-
      (2011) ermittelten. Der Anteil liegt höher, als ihn Rotz                                             dellen könnte möglicherweise die Emissionen aus der
      und Thoma (2017) für nordamerikanische Betriebe be-                                                  Milchviehhaltung, insbesondere in graslandbasierten
      rechneten (47 %), was auf die tiefere Milchleistung und                                              Systemen, drastisch reduzieren (O’Brien et al., 2014; Rotz
      den höheren Raufutteranteil der Schweizer Betriebe zu-                                               et al., 2010). Allerdings ist das tatsächliche Speicherpo-
      rückgeführt werden kann. Der Anteil der Hofdünger-                                                   tential ungewiss und von diversen Faktoren abhängig
      lagerung an den Gesamtemissionen beträgt rund 23 %                                                   (Keel et al., 2019) und eine allfällige Kohlenstoffspei-
      im Mittel der Betriebe. Rotz und Thoma (2017) berich-                                                cherung bei einer Nutzungsänderung reversibel. Da eine

                                                                                                                                Agrarforschung Schweiz 12: 64–72, 2021         70
Treibhausgase: KLIR – Modell zur einzelbetrieblichen Berechnung der Emissionen auf Milchviehbetrieben | Nutztiere

Veränderung CO²-eq * Kg ECM–1 gegenüber Basiswert t (%)

                                                           10

                                                            0

                                                          –10

                                                                                                                                                                                    Enterische Fermentation
                                                                                                                                                                                    Hofdüngerlagerung
                                                                                                                                                                                    Futtermittelproduktion
                                                                                                                                                                                    Strom
                                                                       10

                                                                       20

                                                                       10

                                                                       20

                                                                       50

                                                                      10

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                                                                      10

                                                                      20

                                                                      50

                                                                      10

                                                                      20

                                                                      50
                                                                      10

                                                                      20

                                                                      50
                                                                        0

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                                                                        0

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                                                                        0
                                                                  KF −1

                                                                  KF −2

                                                                  KF −5

                                                                  KF +1

                                                                  KF +2

                                                                  KF +5
                                                                EKA −

                                                                 EKA −

                                                                 EKA +

                                                                 EKA +

                                                                 EKA +

                                                                 ML −

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                                                                 ML +

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                                                                 ND −

                                                                 ND −                          Veränderungsszenario
      Abb. 4 | Einfluss veränderter Parameter (Erstkalbealter (EKA), Kraftfutterintensität (KF), Milchleistung (ML), Nutzungsdauer (ND)) auf die
      Emissionen pro kg ECM (kg CO2-eq) eines mittleren Praxisbetriebes auf Basis der ökonomischen Allokation mit Berücksichtigung des Koppel-
      produkts Fleisch. Veränderung in Prozent gegenüber dem Basiswert. Die einzelnen Parameter wurden jeweils um 10, 20 und 50 % erhöht bzw.
      reduziert. Szenario EKA -50 wäre physiologisch unmöglich und wurde deshalb ausgeschlossen.

      IPCC-Guideline zur Berücksichtigung der Kohlenstoff-                                                            onal empfohlenen Standards. Die Wahl der Methode zur
      speicherkapazität landwirtschaftlich genutzter Böden                                                            Verteilung (Allokation) der Emissionen auf die Milch und
      noch fehlt, wird dieser Effekt im Moment im KLIR-Mo-                                                            das Koppelprodukt Fleisch beeinflusst die modellierten
      dell noch nicht abgebildet.                                                                                     Emissionen stark. Die erfolgreiche Anwendung des Mo-
                                                                                                                      dells auf Praxisbetrieben zeigt seine Praxistauglichkeit
      Schlussfolgerungen                                                                                              und die Möglichkeit, betriebsspezifische Massnahmen
                                                                                                                      zur Reduktion der THG-Emissionen zu identifizieren und
      Das KLIR-Modell ermöglicht eine plausible, mechanisti-                                                          deren Auswirkungen zu überprüfen. Das Potenzial mög-
      sche und einzelbetriebliche Treibhausgasmodellierung                                                            licher Reduktionsmassnahmen wird in einem folgenden
      für Schweizer Milchviehbetriebe entsprechend internati-                                                         Beitrag behandelt.                                    n

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Treibhausgase: KLIR – Modell zur einzelbetrieblichen Berechnung der Emissionen auf Milchviehbetrieben | Nutztiere

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                                                                                                                         Agrarforschung Schweiz 12: 64–72, 2021                   72
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