(Typische?) Probleme der Anwaltspraxis bei der Teilungsversteigerung

Die Seite wird erstellt Beeke Hirsch
 
WEITER LESEN
Aufsätze

FAO Campus

(Typische?) Probleme
der Anwaltspraxis bei der
Teilungsversteigerung
Wenn Grundstücke zu Geld gemacht werden
müssen, ist Umsicht gefragtFAO*
Rechtsanwalt Wolfgang Barchewitz, Köln

Wenn Erbengemeinschaften Grundstücke verwerten müs-
sen, ist Streit vorprogrammiert. Die Teilungsversteigerung ist

                                                                                                                                                                                 AnwaltsWissen
daher für beratende Anwältinnen und Anwälte eine Heraus-
forderung. Anhand von zwei Beispielsfällen (und Varianten)                         Erben. Diese sind ihrerseits überwiegend hochbetagt; mehrere
erläutert der Autor Probleme der Teilungsversteigerung und                         von ihnen versterben in den Folgejahren.
gibt praktische Tipps (und berücksichtigt auch Fragen der In-                         Zum Nachlass gehört ein rund 5.000 Quadratmeter großes un-
teressenkollision). Der Beitrag ist zur Pflichtfortbildung für                     bebautes Grundstück, das in Abt. II und III des Grundbuches
die Fachanwaltschaft Erbrecht im Selbststudium mit Lern-                           unbelastet ist. Planungsrechtlich ist das gesamte Grundstück als
erfolgskontrolle geeignet (auf www.faocampus.de).                                  „Außenbereich“ qualifiziert; es wird insgesamt landwirtschaft-
                                                                                   lich bzw. gärtnerisch genutzt. Die Umgebung des Grundstücks
                                                                                   einschließlich der Nutzung des Umfeldes ergibt sich aus der
                                                                                   oben abgebildeten Skizze. Das Versteigerungsgrundstück ist die
I. Einleitung: Fallkonstellationen                                                 dick umrandete Fläche – angrenzend an die Kreisstraße und den
                                                                                   Wendehammer (siehe Grafik).
Die konjunkturelle Lage und der aktuelle Zinsmarkt haben dazu                         2016 verstirbt Miterbin M 1 und wird ihrerseits von M 11 bis M
geführt, dass die Vollstreckungsversteigerungen markant abge-                      15 beerbt. M 15 hat persönlich in einer anderen Erbsache schlech-
nommen haben. Diese Tendenz gilt aber nicht für die Verstei-                       te „Altlasten-Erfahrungen“ mit einem im Miteigentum mehrerer
gerung zum Zwecke der Aufhebung einer Gemeinschaft (§ 180                          Miterben stehenden unbebauten Nachlassgrundstück gemacht.
ZVG; nachstehend kurz: Teilungsversteigerung).                                     Um eine schnelle Lösung der Probleme herbeizuführen, beauf-
   Das ist nicht überraschend. Klassischer Auslöser der Teilungs-                  tragte er (nachstehend: „Antragsteller“) Anfang 2017 den Unter-
versteigerung ist bekanntlich das Bruchteileigentum der zerstrit-                  zeichner, die Teilungsversteigerung des Nachlassgrundstückes
tenen Eheleute oder das Gesamthandseigentum der Miterben an                        zu beantragen.
der betroffenen Immobilie. Im letzteren Fall ist noch nicht ein-                       Die Miterbengemeinschaft umfasst in diesem Moment 21 Mit-
mal „offener“ Streit innerhalb der Miterbengemeinschaft nötig.                      glieder, von denen aber nur 18 im Grundbuch eingetragen sind.
Hier führen oft sonstige Probleme dazu, dass die gemeinsame
Immobilie freihändig nicht veräußerbar ist. Zu denken ist etwa                     1. Problem 1: Die tote Miterbin
an (teilweise) ungeklärte Erbverhältnisse oder an schwer erreich-                  Miterbin M 2 ist 2010 verstorben; sie hinterlässt ein (2014
bare Miterben im Ausland. Diese Umstände treten umso eher                          eröffnetes) privatschriftliches Testament; Erben werden M 16
ein, wenn die betroffene Immobilie nicht qua Verfügung von To-                      bis M 18. Ein Erbschein liegt nicht vor. M 16 bis M 18 bleiben
des wegen, sondern auf gesetzlichem Wege vererbt wurde. Das                        trotz Aufforderung passiv – insbesondere beantragen sie kei-
trifft auch heute noch in ca. zwei Drittel der Erbfälle zu.                         nen Erbschein nach M 2.
   Bei dieser Ausgangslage ist eine rechtsgeschäftliche Veräuße-                      Mit Hinweis auf § 17 Abs. 3 ZVG, § 35 GBO verweigert das
rung einfach zu risikoreich, da die pünktliche „Lieferfähigkeit“                   Vollstreckungsgericht die Anordnung der Teilungsversteige-
des/der veräußerungsbereiten Miterben fraglich ist. Damit das                      rung.
Nachlassgrundstück in diesen (aktiven oder passiven) Blockade-                     a) Weigerung des Vollstreckungsgerichts
fällen „zu Geld gemacht werden kann“, führt kein Weg an der
                                                                                   Die Weigerung ist (leider) weiterhin trotz der hoffnungsfro-
Teilungsversteigerung vorbei.
                                                                                   hen großzügigeren BGH-Entscheidung vom 5. April 20161
   Die auftretenden Probleme sollen an den folgenden zwei Pra-
                                                                                   herrschende Meinung. Das ist bedauerlich. Denn immerhin
xisfällen verdeutlicht werden.
                                                                                   besteht ein erhebliches öffentliches Interesse an der Verkehrs-
                                                                                   fähigkeit von Grund und Boden – vgl. z. B. auch Nr. 14.110
II. Fall 1: Erben der dritten Ordnung
Erblasser E verstirbt 2008 in hohem Alter, ohne ein Testament
gemacht zu haben. Er hinterlässt weder Ehefrau noch Kinder.                        *   Dieser Beitrag ist zur Pflichtfortbildung für die Fachanwaltschaft Erbrecht im Selbst-
                                                                                       studium mit Erfolgskontrolle geeignet (§ 15 FAO). DAV-Mitglieder können die Multiple-
Die Recherche der gesetzlichen Erben ist schwierig und dauert                          Choice-Fragen online unter www.faocampus.de bis 31. Dezember 2021 beantworten.
                                                                                       Bei Erfolg erhalten Sie für diesen Beitrag eine Fortbildungsbescheinigung im Äquivalent
bis 2012. Der eingesetzte Nachlass-Pfleger ermittelt letztlich nach                    von einer Stunde.
und nach 10 Personen aus der dritten Ordnung (§ 1926 BGB) als                      1   XI ZR 440/15 = BGHZ 209/329.

(Typische?) Probleme der Anwaltspraxis bei der Teilungsversteigerung, Barchewitz                                                         AnwBl Online 2020               531
Aufsätze

Satz 1 VV zum GNotKG. Gerade in Fällen wie dem geschilder-        soweit keine Initiative. Einigen sich die Beteiligten nicht frei-
ten lässt sich die Verkehrsfähigkeit nur über die Teilungsver-    willig, muss vor dem Prozessgericht auf Zustimmung zur
steigerung erreichen. Insofern gibt es gute Gründe, das privat-   Verteilung geklagt werden. Bis zur Rechtskraft des Urteils ist
schriftliche Testament mit Eröffnungsprotokoll als geeignete       der gesamte Erlösüberschuss blockiert (vgl. § 894 ZPO).5
Urkunde im Sinne des § 17 Abs. 3 ZVG anzuerkennen.                  Mit anderen Worten: Ziel muss sein, dass bis zum Vertei-
                                                                  lungstermin alle Miteigentümer über die Verteilung des Erlös-
b) § 792 ZPO analog                                               überschusses Einigkeit erzielt haben, wenn dieser nicht (zins-
Das ist aber leider Zukunftsmusik. Deswegen bleibt nur der        los) in der gerichtlichen Hinterlegungsstelle „verschmoren“
steinige Weg über § 792 ZPO analog. Auf diese Bestimmung          soll; zumindest muss bis zu diesem Termin klar sein, wo die
darf sich auch der Antragsteller der Teilungsversteigerung be-    Opponenten mit welchen Argumenten sitzen, damit die lang-
rufen, obwohl er ja gerade keinen Titel hat.2 M 15 muss also      wierige Klage auf Zustimmung möglichst früh auf den Weg
den Erbschein beantragen und bezahlen.3                           gebracht werden kann.
  Nach Vorlage des so erwirkten Erbscheins nach M 2 ordnet
                                                                  a) Verteilungstermin
das Gericht Mitte 2017 die Teilungsversteigerung an.
                                                                  Diese (zeitkritische) Aufgabe ist alles andere als trivial. Denn
2. Problem 2: Falsche Wertermittlung                              üblicherweise findet der Verteilungstermin nach rund sechs
Der mit der Verkehrswertermittlung beauftragte Sachver-           bis acht Wochen statt, nachdem der Zuschlag erteilt wurde.
ständige bewertet das Grundstück trotz des Umfeldes (siehe        Aber erst nach Zuschlagserteilung steht ja im Wesentlichen
Skizze oben) als ausschließlich landwirtschaftliche Fläche. Er    fest, wie groß der zu verteilende Erlösüberschuss sein wird.6
stützt sich dabei auf eine entsprechende Aussage der zuständi-       Das bedeutet de facto, dass der Einigungsversuch lange vor
gen örtlichen Baubehörde, wonach „eine bauliche Entwicklung       dem Versteigerungstermin gestartet werden muss, wenn es
auf dem angefragten Grundstück ausgeschlossen sei“. Mit anderen   wie im hier besprochenen Praxisfall viele Verfahrensbeteilig-
Worten: Auch dem westlichen Teil des Grundstücks (gärtneri-       te gibt oder die Konflikte auch bei wenigen Miteigentümern
sche Nutzung – angrenzend an den Wendehammer) wird die            schon absehbar sind. Alsdann kann dieser Einigungsversuch
                                                                  sich aber gerade nicht auf (noch nicht errechenbare) konkrete
Baulandqualität abgesprochen. Der anschließend von Gericht
                                                                  Geldbeträge, sondern maximal auf abstrakte Regeln beziehen,
auf dieser Grundlage festgesetzte Verkehrswert ist marginal.
                                                                  wie der Erlösüberschuss zur gegebenen Zeit verteilt werden
Wie gegen dieses – auch dem Laien erkennbar – unplausible
                                                                  soll. Zu diesen vorab regelbaren Punkten gehören:
Ergebnis angehen?
                                                                  ● Beteiligungsquote in Prozent
a) Sofortige Beschwerde?                                          ● Vorab zu entnehmende Aufwendungen (zum Beispiel Be-
                                                                  ratungs- und Prozesskosten/ Sonderaufwendungen einzelner
Der Weg über die sofortige Beschwerde gegen den Wertfest-         Miteigentümer (zum Beispiel hier: Kosten Bauvoranfrage/
setzungsbeschluss (vgl. § 74 a Abs. 5 ZVG) ist nicht erfolgver-   Grabpflege etc.)
sprechend. Denn das Problem ist nicht ein falsches Gutach-           Im besten Fall haben sich alle Parteien bereits bis zum Ver-
ten, sondern eine falsche Aussage der örtlichen Baubehörde.       steigerungstermin auf das abstrakte Regelwerk geeinigt; im
Diese Aussage kann und wird das Beschwerdegericht als Zivil-      zweitbesten Fall sind zumindest die Opponenten lokalisiert
gericht nicht korrigieren.                                        und können notfalls bereits jetzt juristisch zur Räson gebracht
                                                                  werden.7
b) Bauvoranfrage?
Im konkreten Fall wurde das Problem durch eine Bauvoran-          b) Erlösüberschuss
frage gelöst. Diese führte (erwartungsgemäß) zu einem posi-       Immer aber klärt das vorstehend beschriebene Verfahren nur
tiven Bauvorbescheid, wonach das westliche Baufenster (ca.        (abstrakte) Vorfragen, wie der Erlösüberschuss zu verteilen
1.000 qm/ gärtnerische Nutzung) mit einem Einfamilienhaus         ist; der vom Vollstreckungsgericht geforderte Nachweis, wel-
und einem Doppelhaus bebaut werden kann.                          che konkreten Beträge den einzelnen Eigentümer auszuzahlen
   Während der Laufzeit des Bauanfrageverfahrens musste das       sind, leistet der vorgeschlagene Weg nicht. Vielmehr ist dazu
Teilungsversteigerungsverfahren nach § 30 ZVG einstweilen         eine zweite „Einigungsrunde“ erforderlich, in der jeder Eigen-
eingestellt werden.                                               tümer dem ihm (in Anwendung der zuvor definierten Vertei-
   Nach Vorlage des positiven Bauvorbescheids überarbeitete       lungsregeln errechneten) zugewiesenen konkreten Betrag zu-
der Sachverständige sein Gutachten; von Amts wegen änder-         stimmt. Hier entsteht also eine erneute Blockademöglichkeit
te das Gericht alsdann den Wertfestsetzungsbeschluss.4 Der        für Opponenten, die zum wiederholten Mal Sand ins Getriebe
neue Wert lag 400 Prozent über dem vorherigen.                    bringen können.
3. Problem 3: Erlösverteilung
                                                                  2     Vgl. Kiderlen in Stöber: ZVG, 22. Aufl. 2019; § 181 ZVG Rdz 19 mwN; KG vom 6.3.2018
Bekanntlich „erlöst“ die Teilungsversteigerung die Parteien             – 19 W 25/18.
nur von ihrem Eigentum am gemeinsamen Grundstück; ein             3     Wg. der Erstattungsfähigkeit und dem Rang der Kosten: s. u. unter 4 b.
Problemlöser schlechthin ist sie nicht. Denn der Anteil am        4     Vgl. Becker in Stöber aao: § 74 a ZVG Rdz 80 mwN.
Versteigerungserlös, der den bisherigen Grundstückseigen-         5     Vgl. zum Ganzen: Storz/Kiderlen: Praxis der Teilungsversteigerung; 5. Aufl. 2011 unter
                                                                        C 9.5;
tümern zusteht (sogenannter „Erlösüberschuss“), wird nicht        6     Eine exakte Berechnung ist erst zum Verteilungstermin selbst möglich, da der Ersteher
von „Amts wegen“ (zum Beispiel nach Erbquote) verteilt und              bekanntlich früher hinterlegen kann, um die anfallenden Bargebotszinsen zu reduzieren
ausgezahlt. Vielmehr erhält jeder Miteigentümer seinen An-              (vgl. § 49 ZVG).
                                                                  7     Hier stellt sich die Frage nach dem in diesem Augenblick richtigen Klageantrag. Da
teil erst und nur dann, wenn alle Miteigentümer sich in nach-           eben vieles jetzt noch nur abstrakt umschrieben werden kann, dürfte sich die Fest-
weisbarer Form darauf geeinigt haben, welche Beträge jeder              stellungsklage gegen Opponierende empfehlen. Diese kann bekanntlich später unprob-
                                                                        lematisch in eine (konkrete) Leistungsklage umgestellt werden; vgl. etwa Greger in:
einzelne bekommt. Das Versteigerungsgericht entwickelt in-              Zöller: ZPO; 31 Aufl. 2016 – § 264 ZPO Rdz 3b).

532       AnwBl Online 2020                                           (Typische?) Probleme der Anwaltspraxis bei der Teilungsversteigerung, Barchewitz
Aufsätze

c) Treuhandlösung                                                                  und alsdann dem vorfinanzierenden Antragssteller erstattet
Im konkreten Fall herrschte kein Krieg in der eher „amor-                          werden.
phen“ Erbengemeinschaft; die überwiegende Mehrheit der Er-
                                                                                   b) Kosten Bauvoranfrage
ben wollte zwar keine eigene Initiative (mit Kostenvorschuss-
pflicht!) entwickeln – war aber durchaus froh, dass sich der                       Bei der Bauvoranfrage handelt es sich um eine lediglich nütz-
Antragsteller der Sache angenommen hatte.                                          liche, nicht aber um eine notwendige Maßnahme im Sinne
   Das führte zu der Überlegung, ob es nicht eine kostengüns-                      § 744 Abs. 2, § 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB.10 Wäre die Maßnahme
tige Möglichkeit gibt, rechtzeitig vor dem Verteilungstermin                       nicht zeitkritisch, müsste zunächst eine Mehrheitsentschei-
abschließende Rechtssicherheit über die Verteilung des Er-                         dung innerhalb der Erbengemeinschaft gemäß § 745 BGB
lösüberschusses zu erlangen und nur eine Einigungsrun-                             herbeigeführt werden; in der Sache selbst gibt es einen An-
de (sinnvollerweise bereits vor dem Versteigerungstermin)                          spruch auf Zustimmung, da es sich um eine Maßnahme der
durchzuführen. Deswegen war im konkreten Fall eine Treu-                           ordnungsgemäßen Verwaltung handelt.11 Hier sind jedoch
handlösung Bestandteil der ersten Einigungsrunde. Danach                           §§ 30 Abs. 1 Satz 3 sowie 31 ZVG zu beachten. Der Antrag-
beauftragten und bevollmächtigten die anderen Miteigen-                            steller hätte die kostenpflichtige Aufhebung des laufenden
tümer den Antragsteller als Treuhänder, zur gegebenen Zeit                         Teilungsversteigerungsverfahrens riskiert, wenn er sich auf
                                                                                   das langfristige Zustimmungs(ersetzungs)prozedere einge-
nach den vereinbarten abstrakten Regeln die Verteilung des
                                                                                   lassen hätte. Alsdann hätte ein neuer Antrag auf Teilungsver-

                                                                                                                                                                                       AnwaltsWissen
Erlösüberschusses zu berechnen und das Ergebnis (auch) in
                                                                                   steigerung gestellt werden müssen. Diese vergrößerten – aber
ihrem Namen dem Vollstreckungsgericht mitzuteilen. Wegen
                                                                                   vermeidbaren Kosten wären zusätzlich zu Lasten der Gemein-
des anwendbaren § 79 ZPO sollte der Antragsteller insoweit
                                                                                   schaft gegangen (§ 753 BGB).
den Unterzeichner mandatieren können.8
                                                                                      Im Ergebnis besteht eine anteilige Kostentragungspflicht al-
   Es konnte letztlich dahinstehen, ob die Meinung des zustän-
                                                                                   ler Miterben nach § 748 BGB für das Bauvoranfrageverfahren.
digen Vollstreckungsgerichtes, dieser Weg sei auch im eher
ZPO/ZVG fernen Teilungsversteigerungsverfahren unzuläs-                            c) Anwaltskosten des Antragstellers
sig, da der Antragsteller wegen einer Interessenkollision als
                                                                                   Auch diese Kosten gehen nur anteilig zu Lasten des Antrag-
Antragsteller die Antragsgegner nicht vertreten könne, richtig
                                                                                   stellers – im Übrigen zu Lasten der anderen Eigentümer. An-
war. Nach der rechtzeitig abgeschlossenen „ersten“ Einigungs-
                                                                                   gesichts der Komplexität waren sie notwendige Kosten des
runde und den dort erteilten Vollmachten waren alle Miterben
                                                                                   Verkaufs.12
bereit, der errechneten Verteilung schnell und rechtzeitig vor
dem Verteilungstermin zuzustimmen. Dabei mag auch eine                             Praxistipp
Rolle gespielt haben, dass die Vereinbarungen der ersten Run-
de vorsahen, dass der Antragsteller gegen eventuell Opponen-                           Aus Anwaltssicht ist zu berücksichtigen, dass gegenüber den anderen Eigentümern
                                                                                       (soweit diese nicht Mandant sind) nach RVG abzurechnen ist. Das ist misslich, weil
ten gerichtlich vorgehen solle.                                                        als Streitwert für VV Nr. 3311 RVG Zif. 1 und Zif. 6 sowie für Nr. 3312 nur der anteilige
                                                                                       Grundstückswert des Mandanten angesetzt werden kann (vgl. § 26 Zif. 2 aE RVG); im
                                                                                       Verhältnis zum Mandanten empfiehlt sich der Abschluss einer weitergehenden Ver-
4. Problem 4: Die Kosten                                                               gütungsvereinbarung.
Wer zahlt die Musik? Vorschusspflichtig ist ausschließlich der
Antragsteller – insbesondere die sogenannte Anordnungsge-
bühr (vgl. VV Nr. 2210 zum GKG) sowie den Vorschuss für                            III. Fall 2: Das belastete Grundstück
das Wertgutachten muss er verauslagen; das gleiche gilt für
sonstige Kosten (Vorschuss Anwalt; Erbschein, Kosten Bau-                          Vater V verstirbt 2001; seine Erben sind Tochter T sowie die
voranfrage etc…)                                                                   Söhne S1 und S2 zu je ein Drittel. Die Erben setzen sich in
   Interessant ist die Frage, ob und wenn ja, wie und zu wes-                      den kommenden Jahren weitgehend auseinander; nur das ge-
sen Lasten die eingesetzten Gelder zurückfließen.                                  meinsame Elternhaus – nämlich ein Mehrfamilienhaus, in
● Nur zu einem geringen Teil kümmert sich das Vollstre-                            dem eine Wohnung von T bewohnt wird und das sonst fremd-
ckungsgericht um diese Fragen; nach herrschender Meinung                           vermietet ist – stellt schließlich den letzten gemeinsamen
gilt § 788 ZPO im Teilungsversteigerungsverfahren nicht.9                          Nachlassgegenstand der Erbengemeinschaft dar.
● Die Regelung der Frage, wer mit den sonstigen angefalle-                         Im Laufe der Zeit nehmen die Differenzen zwischen den Mit-
nen Kosten (also die jenseits der Kosten nach § 109 ZVG) be-                       erben über die Verwaltung und eine denkbare Verwertung des
lastet werden soll, obliegt den Miteigentümern; soweit Kosten                      Elternhauses zu. Deswegen beantragt S 1 Anfang 2016 die Tei-
aus dem Erlösüberschuss vorab entnommen (und damit von                             lungsversteigerung der Immobilie. Deren Verkehrswert setzt
allen anteilig getragen) werden sollen, braucht es wie bei der                     das Versteigerungsgericht mit 666.000 Euro fest. Zu Beginn
sonstigen Verteilung die (ggf. gerichtlich ersetzte) Zustim-
mung aller.
   Anspruchsgrundlage sind dann die §§ 741 ff BGB (ggf. in
                                                                                   8     Für den Anwalt läuten spätestens jetzt die Alarmglocken der Interessenkollision im
Verbindung mit § 2038 und § 2042 BGB)                                                    Mehrpersonenmandat (vgl. dazu plastisch: Offermann-Burckart in AnwBl 2018, 200 ff.
                                                                                         sowie 2019, 602 ff.). Ich meine, man kann trefflich darüber streiten, ob es sich bei dieser
                                                                                         Konstellation (Erteilung der Vollmacht war freiwillig und widerruflich) überhaupt um eine
a) Erbschein nach Miterbin M 2                                                           „Gefährdungslage“ handelt, außerdem gab es ja für den handelnden Rechtsanwalt nur
                                                                                         einen Auftraggeber, der seinerseits in seiner Person die Vollmachten bündelte. Um allen
Es wäre falsch, die entstehenden Kosten anteilig auf alle Mit-                           Eventualitäten vorzubeugen, hatte ich mir gleichwohl die Unbedenklichkeit von meiner
erben zu verteilen. Denn es handelt sich um Kosten, die (nur)                            Rechtsanwaltskammer bestätigen lassen.

von den Erben von M 2 verursacht sind und ausschließlich                           9     Kiderlen in: Stöber aaO – § 180 ZVG, Rdz. 108ff; Böttcher in ZfIR 2020/ 124.
                                                                                   10 Schmidt in Müko § 748 BGB, Rdz 8; BGH vom 06.03.2008 – III ZR 219/07 – Mieterhö-
von diesen zu tragen sind. Das bedeutet, dass diese Kosten                            hung.
nicht vorab dem Erlösüberschuss, sondern in einem späteren                         11 Vgl. Palandt-Weidlich; 77. Aufl. 2018; § 2038 BGB Zif. 6.
Schritt dem Anteil (der Erben) von M 2 zu entnehmen sind                           12 Kiderlen in Stöber aaO; § 180 ZVG Rdz 110.

(Typische?) Probleme der Anwaltspraxis bei der Teilungsversteigerung, Barchewitz                                                             AnwBl Online 2020                533
Aufsätze

des Verfahrens und auch beim Versteigerungstermin Mitte             schaftlich gesehen muss T also überlegen, was es ihr wert
2017 ist die Immobilie wie folgt belastet:                          ist, die fremden zwei Drittel von ihren Brüdern im Versteige-
Abteilung II des Grundbuches: kein Eintrag                          rungswege zu erwerben. Denn wenn T den Zuschlag erhält,
Abteilung III des Grundbuches:                                      erwirbt sie dadurch nur eine Immobilie, die weiterhin mit
Nr. 1: 100.000 Euro Grundschuld für Bank, verzinslich               Grundschulden über T 652 Euro belastet ist.
mit 15 Prozent pa seit dem 1.1.2000                                    Insofern ist vorab der Verkehrswert des Versteigerungs-
Nr. 2: 41.000 Euro Grundschuld für Tochter T; verzinslich           objektes von 666.000 Euro zumindest um die Restvaluta der
mit 15 Prozent pa sei dem 1.1.2005                                  Kredite bei der Bank zu reduzieren. Es bleibt als Zwischen-
Nr. 3: 41.000 Euro Grundschuld für Sohn S 2; verzinslich            ergebnis ein (insoweit) lastenfreier Wert von 146.000 Euro für
mit 15 Prozent pa sei dem 1.1.2005                                  das Gesamtobjekt. Der Wert des (wirtschaftlich gesehen) nur
Nr. 4: 470.000 Euro Grundschuld für Bank; verzinslich               zu erwerbenden Anteil der Brüder von zwei Dritteln beträgt
mit 15 Prozent pa seit dem 1.1.2009                                 demgemäß 97.300 Euro.
  Vor diesem Hintergrund gibt das Versteigerungsgericht                Was T für die Wegfertigung der Grundschuld Abt. III lfd.
beim Versteigerungstermin richtigerweise das sogenannte ge-         Nr. 3 für S 2 aufwenden muss, weiß sie am Versteigerungs-
ringste Gebot (vgl. § 182 ZVG) wie folgt bekannt:                   termin nicht genau – mit Sicherheit wird das aber nicht zum
● Das geringste Bargebot (= Untergrenze für einen mögli-            „Nulltarif“ erledigt werden können. T verrechnet deswegen
chen Zuschlag – vgl. § 44 Abs. 1 ZVG) beträgt 110.000 Euro.         diese noch unbekannten Kosten vorsichtshalber im Kopf mit
Darin sind 40.000 Euro dingliche Zinsen enthalten, die die          den von der Bank angemeldeten dinglichen Zinsen von 40.000
Bank aus ihrem Recht Abt. III lfd. Nr. 1 angemeldet hat sowie       Euro, die die Bank ja nach Erhalt auf ihre gesicherte Forde-
je 31.000 Euro dingliche Zinsen, die die Grundschuldgläubi-         rung anrechnen muss.
ger Abt III lfd. Nr. 2 (= T) und Nr 3 (= S 2) angemeldet haben;        Wenn T Eigentümerin werden will, muss sie mindestens
die restlichen 8.000 Euro sind Verfahrenskosten.                    das geringste Bargebot von 110.000 Euro bieten und (bei Zu-
● Die verzinslichen Grundschulden Abt III lfd. Nr. 1 bis 4 mit      schlag an sie) später ungekürzt an das Gericht bezahlen. Das
einem Gesamtkapital von 652.000 Euro bleiben bestehen und           bedeutet, dass sie nach dieser Rechnung sogar im besten Fall
sind vom Ersteher zu übernehmen.                                    zunächst 12.700 Euro mehr ausgibt (110.000 Euro ./. 97.300
                                                                    Euro), als der zwei Drittel Anteil ihrer Brüder wert ist.14
1. Problem 1: Grundschuld ohne Forderung
Tochter T hat die Objektverwaltung gemacht und weiß deswe-          c) Gesamtrechnung
gen, dass ihrer Grundschuld Abt III lfd. Nr. 2 keine gesicher-      Mit der Rechnung unter vorstehend III. 1. b) streut sich T.
te Forderung zugrunde liegt und dass die durch die Grund-           allerdings immer noch heftig Sand in die Augen. Denn selbst
schulden Abt III lfd. Nr. 1 und 4 gesicherten Forderungen der       diese Rechnung ist im hohen Maße fehlerhaft; selbst, wenn T.
Bank sich auf insgesamt rund 520.000 Euro belaufen und bei          für das notwendige Mindestgebot von 110.000 Euro den Zu-
den Krediten keine Rückstände bestehen; mit anderen Wor-            schlag erhalten sollte, wird die Sache erheblich teurer für sie.
ten: der Betrag von 520.000 Euro (nur) durch das der Bank              Denn die Rechnung unter III. 1. b) übersieht, dass die Lö-
geschuldete Restkapital dargestellt wird.                           schung der bestehen bleibenden vier verzinslichen Grund-
   Kann man T, die ja im Objekt wohnt, empfehlen, im Ver-           schulden über insgesamt 652.000 Euro die T teurer zu stehen
steigerungstermin ein Gebot abzugeben, um „das Sagen im             kommen wird, als in III. 1. b) unterstellt. Denn für die Weg-
Haus zu erwerben“ und so mit Sicherheit ihre Wohnung                fertigung der Grundschulden ist zumindest der gesamte Kapi-
weiter nutzen zu können? Für die Überlegung sollen die              talbetrag der Grundpfandrechte aufzuwenden15. Das gilt sogar
Erwerbsnebenkosten (zum Beispiel die Zuschlagsgebühr ge-            für die Grundschuld Abt. III lfd. Nr. 2, als deren Gläubigerin
mäß GKG VV Nr. 2214), die ggf von T neben ihrem Meistge-            ja T selbst im Grundbuch eingetragen ist. Denn den einge-
bot zu zahlen wäre, unberücksichtigt bleiben.                       tragenen Gläubigern sind diese Grundschulden im Rahmen
                                                                    eines Sicherungsvertrages nur treuhänderisch eingeräumt;
a) Der eigene Anteil                                                soweit den Rechten keine gesicherten Forderungen zugrunde
Die Antwort auf diese Frage ist nicht trivial, obwohl man ja        liegen, sind diese Grundschulden an den Rückgewährberech-
leicht auf die Idee kommen könnte, dass T bei ihren Über-           tigten zurückzugeben. Deswegen macht sich beispielsweise
legungen doch gegenüber Außenstehenden privilegiert sei.            die Bank im vorliegenden Fall gegenüber dem Rückgewährbe-
Denn als (wirtschaftliche) Miteigentümerin des Versteige-           rechtigten schadenersatzpflichtig, wenn sie T eine Löschungs-
rungsobjektes könne sie doch 100 Prozent bieten, müsse aber         bewilligung für ihre beiden Rechte gegen Zahlung (nur) ihrer
wegen ihres Miteigentums von einem Drittel anschließend nur         gesicherten Forderung in Höhe von 520.000 Euro aushändi-
66,6 Prozent bezahlen, da ihr ja ein Drittel des Erlöses zustehe.   gen würde. Richtigerweise muss T bei ihrer Überschlagsrech-
Dass diese „Milchmädchen-Idee“ falsch ist, ergibt sich im vor-      nung also zumindest einen Betrag von 652.000 Euro für die
liegenden Falle bereits daraus, dass sie mit Sicherheit nicht       vier Grundschulden einkalkulieren.16
auf die abzulösenden Grundschulden angewandt werden
kann. Aber selbst wenn das Versteigerungsobjekt unbelastet
ist und einer der bisherigen Miteigentümer dieses ersteigert,
muss er das ungeminderte Meistgebot bezahlen und darf die-
ses nicht um seinen Anteil kürzen13.                                13 Vgl. Kiderlen in Stöber aaO; § 180 ZVG Rdz 289.
                                                                    14 Die Grundschuld Abt. III lfd. Nr. 2 für T als Gläubigerin soll bei dieser ersten Über-
                                                                       schlagsrechnung unberücksichtigt bleiben. Denn im für sie besten Fall kostet T die
b) Was zahlen?                                                         Wegfertigung dieses Rechtes ja nichts.
T muss die Rechenaufgabe also anders lösen. Dabei spielt si-        15 Wegen der Grundschuldzinsen: siehe nachstehend unter Problem 2.

cherlich eine Rolle, das ihr das belastete Versteigerungsobjekt     16 Ganz herrschende Meinung – vgl. zB Kiderlen in Stöber aaO; § 180 ZVG, Rdz 305 ff.;
                                                                       auch Kogel: „Strategien bei der Teilungsversteigerung des Familienheimes“; 4. Aufl.
wirtschaftlich gesehen bereits zu einem Drittel gehört; wirt-          2019; Rdz 294.

534        AnwBl Online 2020                                         (Typische?) Probleme der Anwaltspraxis bei der Teilungsversteigerung, Barchewitz
Aufsätze

   Mit ihrem (eingeschränkten) Kenntnissen müsste T also                              Dann hat T aber immer noch ihre beiden Brüder im Na-
jetzt überschlägig rechnen:                                                        cken. Denn T ist nicht allein rückgewährberechtigt hinsicht-
● liquide Aufwendungen: 110.000 Euro Mindestgebot +                                lich der freien Grundschuldteile nebst Zinsen; vielmehr steht
652.000 Euro = 762.000 Euro                                                        der entsprechende Rückgewähranspruch den drei Miterben
● künftige Einnahmen der Erbengemeinschaft als Rückgewähr-                         zur gesamten Hand zu. Insofern könnten die beiden Brüder
berechtigte: 102.000 Euro (= „verwertbare“ Bestandteile aus                        fordern, dass die freien Grundschuldteile (inklusive der neu
dem geringsten Bargebot: angemeldete Beträge: T Euro 40                            aufgelaufenen dinglichen Zinsen) an die Erbengemeinschaft
Bank und 2 mal T Euro 31 – angemeldet von T und S2).                               zur gesamten Hand abgetreten werden und anschließend
   Dieser verwertbare Betrag von 102.000 Euro steht aber der T                     durchsetzen, dass die Grundschuldsicherheit gedrittelt und je
nur zu einem Drittel zu – ausmachend 34.000 Euro.                                  ein Drittel an jeden Miterben im Gleichrang abgetreten wird.
   Mit anderen Worten: Die lastenfreie Immobilie wird T                            Dann würde jeder Bruder neben dem proportionalen Grund-
selbst im günstigsten Fall mindestens 728.000 Euro kosten (li-                     schuldbetrag auch den anteiligen wertvollen Zinsanhang er-
quide Aufwendungen ./. Rückfluss T Euro 34).                                       werben. Aus dieser Position hätte er zwar keinen (persönli-
   Das bedeutet, dass T alsdann rund 110 Prozent des Wertes                        chen) Zahlungsanspruch gegen T – wohl aber einen Anspruch
der Immobilie aufwenden muss, um Alleineigentümerin des                            auf Duldung der Zwangsversteigerung in das von T ersteiger-
unbelasteten Mehrfamilienhauses zu werden, das ihr ja be-                          te Objekt. Zu dessen Abwendung ist T dann letztendlich doch
reits zu einem Drittel gehört.                                                     gezwungen, die für sie ärgerlichen dinglichen Zinsen seit

                                                                                                                                                                                AnwaltsWissen
   Unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist ein Gebot                       dem Versteigerungstermin zu zahlen.19
durch T, dessen bar zu zahlender Teil ja mindestens 110.000                           Je später die Ablösung der liegengebliebenen Grundschuld
Euro betragen muss, also durchaus fragwürdig.17                                    durchgeführt wird, desto teurer wird die Geschichte für den
                                                                                   Ersteher. Hier tut T gut, in ihre Erwerbsüberlegungen einen
2. Problem 2: Zinsen                                                               angemessenen Sicherheitszuschlag einzukalkulieren. Das
Wie wirken sich die dinglichen Grundschuldzinsen auf die                           gilt insbesondere dann, wenn sie ihr Gebot nicht aus Eigen-
Erwerbsüberlegungen von T aus, die bis bzw. nach dem Ver-                          mitteln, sondern mit Fremdkapital finanzieren will. Denn die
steigerungstermin anfallen?                                                        Finanzierung eines Meistgebotes ist für die meisten Kredit-
                                                                                   institute kein Alltagsgeschäft und deswegen häufig mit Ver-
a) Grundschuldzinsen bis zum Versteigerungstermin                                  zögerungen bei der Kreditgewährung verbunden.
Diese Zinsen sind für die Erwerbsüberlegung von T ohne Be-
deutung.                                                                           Praxistipp
   Denn soweit diese Zinsen für T „gefährlich“ sind, müssen                          Deswegen empfiehlt sich immer für den Ersteher (auch in der Vollstreckungsverstei-
sie in das im Versteigerungstermin zu verkündende gerings-                           gerung) liegen gebliebene Grundschulden so schnell als möglich nach dem Zuschlag
                                                                                     abzulösen und zur Löschung zu bringen.
te Bargebot eingestellt werden, so dass T damit kalkulieren
kann. Die Einstellung geschieht entweder von Amts wegen
(§ 47 ZVG) oder nach Anmeldung, die zur Vermeidung eines
Rangverlustes spätestens im Versteigerungstermin erfolgen                          IV. Fazit und zusammenfassende Praxistipps
muss (beachte § 66 Abs 2 und § 37 Zif 4 ZVG).
                                                                                   ● Erstens: Die Erbengemeinschaft ist kein Dauerzustand,
b) Grundschuldzinsen nach dem Versteigerungstermin                                 sondern vom Gesetz sehr bewusst und mit gutem Grund auf
                                                                                   baldige Auseinandersetzung angelegt.20 Bereits die „ursprüng-
Solche können natürlich nur auf die Grundschulden anfallen,
                                                                                   liche“ Erbengemeinschaft ist schwergängig und streitanfällig;
die (trotz Zuschlag) bestehen bleiben – in unserem Fall also
                                                                                   diese negativen Eigenschaften verschärfen sich beim Hinzu-
die Zinsen auf die Rechte Abt III lfd. Nr. 1 bis 4.
                                                                                   treten von Erbeserben(gemeinschaften). Deswegen sollte die
   Bei bestehenbleibenden Grundschulden beginnt die Zins-
                                                                                   Auseinandersetzung in guten Tagen und spätestens dann
uhr mit dem Zuschlag von neuem an zu ticken. Der Takt
                                                                                   stattfinden, wenn sich die ursprüngliche Erbengemeinschaft
der Uhr richtet sich nach dem im Grundbuch eingetragenen
                                                                                   um die ersten Erbeserben vergrößert.21
dinglichen, nicht nach dem Zinssatz, mit dem die zugrunde-
                                                                                   ● Zweitens: Ist eine vollständige Auseinandersetzung in
liegende gesicherte Forderung verzinst wird. Im Grundsatz
                                                                                   guten Tagen nicht erreichbar, sollte wenigstens so viel wie
muss der eingetragene Gläubiger diese Zinsen, die nach dem
                                                                                   möglich „aufgeräumt“ und geregelt werden. Dazu gehört bei
Zuschlag entstehen, genauso in voller Höhe geltend machen
                                                                                   Immobilien im Nachlass die Aktualisierung der Grundbücher
wie das Grundschuldkapital (siehe oben). In der Praxis lassen
                                                                                   (Eigentumsumschreibung auf die Erben, die binnen zwei
sich aber die institutionellen Kreditgeber von dieser Pflicht in
                                                                                   Jahren nach Erbfall kostenfrei ist – vgl. Nr. 14.110 Satz 1 VV
AGB freizeichnen und das Recht einräumen, diese Zinsen, an
                                                                                   zum GNotKG/ Löschung von Grundpfandrechten, soweit die-
denen sie in der Regel kein Interesse haben und deren Weiter-
                                                                                   se keine Forderungen mehr absichern etc.). Dabei stellt sich
leitung nur mit Arbeit und Risiko verbunden ist, nicht geltend
                                                                                   oft heraus, dass notwendige Unterlagen (zum Beispiel bereits
machen zu müssen. Das ist aber ein Recht – und keine Pflicht
der Kreditgeber, so dass sich im Einzelfall die abzulösenden
Beträge um die neuen Zinsen seit Zuschlag auch erhöhen                             17 Bei dieser wirtschaftlichen Betrachtung bleibt das nicht bewertbare „Affektionsinteres-
können, wenn das Kreditinstitut diese Zinsen eben doch gel-                           se“ von T (Elternhaus/ gesicherte eigene Wohnmöglichkeit) natürlich unberücksichtigt.

tend macht.18                                                                      18 Die Fragen rund um die Grundschuldzinsen gehören zu den umstrittensten Problemen
                                                                                      des Versteigerungsrechtes; das ganze Gebiet ist „vermint“; vgl. z.B. Nicht in Stöber
   Außerdem kann sich T mit dieser Überlegung – wenn über-                            aaO; § 114 ZVG Rdz 157 ff.
haupt – nur im Außenverhältnis zur Bank beruhigen. Im für T                        19 Vgl. Kogel aaO; Rdz 682 ff – bs 689 und 694.
günstigen Fall macht die Bank von ihrem Recht Gebrauch und                         20 Bauer in Weirich: Erben und Vererben, 6. Aufl., Rdz. 246.

verzichtet darauf, die dinglichen Zinsen für die Zeit vom Zu-                      21 Nach Erfahrung des Verfassers gilt das ebenfalls, wenn eine „einigende Klammer“
                                                                                      wegfällt – z. B. Tod der Mutter, die zusammen mit den Kindern eine EG nach dem Vater
schlag bis zur Ablösung der Grundschulden gelten zu machen.                           verkörperte.

(Typische?) Probleme der Anwaltspraxis bei der Teilungsversteigerung, Barchewitz                                                         AnwBl Online 2020               535
Aufsätze

erteilte Löschungsbewilligungen/ Grundschuldbriefe) unauf-
findbar sind; der notwendige Ersatz ist in guten Tagen zu be-
sorgen!
● Drittens: Die Mitglieder von Erbengemeinschaften sind oft
träge; man lässt die Dinge schleifen. Bewegung kommt erst
in die Sache, wenn etwas schief geht oder jemand das Heft
des Handelns in die Hand nimmt. Die Initiative zu überneh-
men ist zwar mit Mühe, (vorzufinanzierendem) finanziellem
Aufwand und ggf. einem Haftungsrisiko verbunden, hat aber
den Vorteil, als „Herr des Verfahrens“ bestimmen zu können,
wohin die Reise geht.
● Viertens: Bevor eine Teilungsversteigerung eingeleitet
wird, ist anhand eines aktuellen Grundbuchauszuges die aktu-
elle Rechtslage zu prüfen und auszuwerten. Denn ggf. ist die
Belastungssituation so ungünstig, dass sich (einschließlich
liegenbleibender Rechte) ein so hohes geringstes Gebot ergibt,
dass es weder für einen bisherigen Miteigentümer noch einen
Außenstehenden sinnvoll ist, ein Gebot abzugeben. Dann pro-
duziert man nur Kosten, erreicht aber sonst nichts.22
● Fünftens: Wer darüber nachdenkt, ein Objekt in der Tei-
lungsversteigerung zu erwerben, tut gut daran, eher von der
teuren Variante auszugehen – selbst dann, wenn er schon
Miteigentümer der Immobilie ist. Das gilt ganz besonders,
wenn Grundpfandrechte durch den Zuschlag nicht erlöschen,
sondern vom Ersteher übernommen werden müssen. Denn
erfahrungsgemäß wird die spätere Lastenfreistellung der Im-
mobilie teurer als erwartet.
● Sechstens: Ganz selten verhalten sich die Parteien bei der
Teilungsversteigerung rational; spätestens, wenn der konkrete
Erlösüberschuss zu verteilen ist, werden gerne alte Rechnun-
gen aufgemacht. Da das die Erlösverteilung über lange Zeit-
räume verzögert, sind die Probleme bereits vor dem Versteige-
rungstermin auf den Tisch zu bringen und (abstrakt) zu regeln
– notfalls bereits jetzt durch entsprechende Klagen. Denn Zeit
ist Geld.
● Siebtens: Der Berater oder die Beraterin sollte die gesetz-
lichen Regeln zur Kostentragungspflicht bei der Teilungsver-
steigerung sowie die einschlägigen Honorarvorschriften des
RVG kennen. Denn dem Mandanten fällt die Mandatierung
leichter, wenn er hört, dass im Regelfall die gesamten Verfah-
renskosten von ihm nur anteilig zu tragen sind, da sie in der
Regel aus der „Gemeinschaftskasse“ entnommen werden.

22 Vgl im Einzelnen: Kogel aaO, Rdz732 ff.

                               Rechtsanwalt Wolfgang Barchewitz, Köln
                               Der Autor ist seit vielen Jahren selbstständiger
                               Rechtsanwalt mit den Tätigkeitsschwerpunkten
                               Erb- und Immobilienrecht; letzteres mit dem spe-
                               ziellen Fokus Immobiliarvollstreckung; www.rechts-
                               anwalt-barchewitz.de
                               Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de

536           AnwBl Online 2020                                                     (Typische?) Probleme der Anwaltspraxis bei der Teilungsversteigerung, Barchewitz
Sie können auch lesen