(Typische?) Probleme der Anwaltspraxis bei der Teilungsversteigerung
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Aufsätze FAO Campus (Typische?) Probleme der Anwaltspraxis bei der Teilungsversteigerung Wenn Grundstücke zu Geld gemacht werden müssen, ist Umsicht gefragtFAO* Rechtsanwalt Wolfgang Barchewitz, Köln Wenn Erbengemeinschaften Grundstücke verwerten müs- sen, ist Streit vorprogrammiert. Die Teilungsversteigerung ist AnwaltsWissen daher für beratende Anwältinnen und Anwälte eine Heraus- forderung. Anhand von zwei Beispielsfällen (und Varianten) Erben. Diese sind ihrerseits überwiegend hochbetagt; mehrere erläutert der Autor Probleme der Teilungsversteigerung und von ihnen versterben in den Folgejahren. gibt praktische Tipps (und berücksichtigt auch Fragen der In- Zum Nachlass gehört ein rund 5.000 Quadratmeter großes un- teressenkollision). Der Beitrag ist zur Pflichtfortbildung für bebautes Grundstück, das in Abt. II und III des Grundbuches die Fachanwaltschaft Erbrecht im Selbststudium mit Lern- unbelastet ist. Planungsrechtlich ist das gesamte Grundstück als erfolgskontrolle geeignet (auf www.faocampus.de). „Außenbereich“ qualifiziert; es wird insgesamt landwirtschaft- lich bzw. gärtnerisch genutzt. Die Umgebung des Grundstücks einschließlich der Nutzung des Umfeldes ergibt sich aus der oben abgebildeten Skizze. Das Versteigerungsgrundstück ist die I. Einleitung: Fallkonstellationen dick umrandete Fläche – angrenzend an die Kreisstraße und den Wendehammer (siehe Grafik). Die konjunkturelle Lage und der aktuelle Zinsmarkt haben dazu 2016 verstirbt Miterbin M 1 und wird ihrerseits von M 11 bis M geführt, dass die Vollstreckungsversteigerungen markant abge- 15 beerbt. M 15 hat persönlich in einer anderen Erbsache schlech- nommen haben. Diese Tendenz gilt aber nicht für die Verstei- te „Altlasten-Erfahrungen“ mit einem im Miteigentum mehrerer gerung zum Zwecke der Aufhebung einer Gemeinschaft (§ 180 Miterben stehenden unbebauten Nachlassgrundstück gemacht. ZVG; nachstehend kurz: Teilungsversteigerung). Um eine schnelle Lösung der Probleme herbeizuführen, beauf- Das ist nicht überraschend. Klassischer Auslöser der Teilungs- tragte er (nachstehend: „Antragsteller“) Anfang 2017 den Unter- versteigerung ist bekanntlich das Bruchteileigentum der zerstrit- zeichner, die Teilungsversteigerung des Nachlassgrundstückes tenen Eheleute oder das Gesamthandseigentum der Miterben an zu beantragen. der betroffenen Immobilie. Im letzteren Fall ist noch nicht ein- Die Miterbengemeinschaft umfasst in diesem Moment 21 Mit- mal „offener“ Streit innerhalb der Miterbengemeinschaft nötig. glieder, von denen aber nur 18 im Grundbuch eingetragen sind. Hier führen oft sonstige Probleme dazu, dass die gemeinsame Immobilie freihändig nicht veräußerbar ist. Zu denken ist etwa 1. Problem 1: Die tote Miterbin an (teilweise) ungeklärte Erbverhältnisse oder an schwer erreich- Miterbin M 2 ist 2010 verstorben; sie hinterlässt ein (2014 bare Miterben im Ausland. Diese Umstände treten umso eher eröffnetes) privatschriftliches Testament; Erben werden M 16 ein, wenn die betroffene Immobilie nicht qua Verfügung von To- bis M 18. Ein Erbschein liegt nicht vor. M 16 bis M 18 bleiben des wegen, sondern auf gesetzlichem Wege vererbt wurde. Das trotz Aufforderung passiv – insbesondere beantragen sie kei- trifft auch heute noch in ca. zwei Drittel der Erbfälle zu. nen Erbschein nach M 2. Bei dieser Ausgangslage ist eine rechtsgeschäftliche Veräuße- Mit Hinweis auf § 17 Abs. 3 ZVG, § 35 GBO verweigert das rung einfach zu risikoreich, da die pünktliche „Lieferfähigkeit“ Vollstreckungsgericht die Anordnung der Teilungsversteige- des/der veräußerungsbereiten Miterben fraglich ist. Damit das rung. Nachlassgrundstück in diesen (aktiven oder passiven) Blockade- a) Weigerung des Vollstreckungsgerichts fällen „zu Geld gemacht werden kann“, führt kein Weg an der Die Weigerung ist (leider) weiterhin trotz der hoffnungsfro- Teilungsversteigerung vorbei. hen großzügigeren BGH-Entscheidung vom 5. April 20161 Die auftretenden Probleme sollen an den folgenden zwei Pra- herrschende Meinung. Das ist bedauerlich. Denn immerhin xisfällen verdeutlicht werden. besteht ein erhebliches öffentliches Interesse an der Verkehrs- fähigkeit von Grund und Boden – vgl. z. B. auch Nr. 14.110 II. Fall 1: Erben der dritten Ordnung Erblasser E verstirbt 2008 in hohem Alter, ohne ein Testament gemacht zu haben. Er hinterlässt weder Ehefrau noch Kinder. * Dieser Beitrag ist zur Pflichtfortbildung für die Fachanwaltschaft Erbrecht im Selbst- studium mit Erfolgskontrolle geeignet (§ 15 FAO). DAV-Mitglieder können die Multiple- Die Recherche der gesetzlichen Erben ist schwierig und dauert Choice-Fragen online unter www.faocampus.de bis 31. Dezember 2021 beantworten. Bei Erfolg erhalten Sie für diesen Beitrag eine Fortbildungsbescheinigung im Äquivalent bis 2012. Der eingesetzte Nachlass-Pfleger ermittelt letztlich nach von einer Stunde. und nach 10 Personen aus der dritten Ordnung (§ 1926 BGB) als 1 XI ZR 440/15 = BGHZ 209/329. (Typische?) Probleme der Anwaltspraxis bei der Teilungsversteigerung, Barchewitz AnwBl Online 2020 531
Aufsätze Satz 1 VV zum GNotKG. Gerade in Fällen wie dem geschilder- soweit keine Initiative. Einigen sich die Beteiligten nicht frei- ten lässt sich die Verkehrsfähigkeit nur über die Teilungsver- willig, muss vor dem Prozessgericht auf Zustimmung zur steigerung erreichen. Insofern gibt es gute Gründe, das privat- Verteilung geklagt werden. Bis zur Rechtskraft des Urteils ist schriftliche Testament mit Eröffnungsprotokoll als geeignete der gesamte Erlösüberschuss blockiert (vgl. § 894 ZPO).5 Urkunde im Sinne des § 17 Abs. 3 ZVG anzuerkennen. Mit anderen Worten: Ziel muss sein, dass bis zum Vertei- lungstermin alle Miteigentümer über die Verteilung des Erlös- b) § 792 ZPO analog überschusses Einigkeit erzielt haben, wenn dieser nicht (zins- Das ist aber leider Zukunftsmusik. Deswegen bleibt nur der los) in der gerichtlichen Hinterlegungsstelle „verschmoren“ steinige Weg über § 792 ZPO analog. Auf diese Bestimmung soll; zumindest muss bis zu diesem Termin klar sein, wo die darf sich auch der Antragsteller der Teilungsversteigerung be- Opponenten mit welchen Argumenten sitzen, damit die lang- rufen, obwohl er ja gerade keinen Titel hat.2 M 15 muss also wierige Klage auf Zustimmung möglichst früh auf den Weg den Erbschein beantragen und bezahlen.3 gebracht werden kann. Nach Vorlage des so erwirkten Erbscheins nach M 2 ordnet a) Verteilungstermin das Gericht Mitte 2017 die Teilungsversteigerung an. Diese (zeitkritische) Aufgabe ist alles andere als trivial. Denn 2. Problem 2: Falsche Wertermittlung üblicherweise findet der Verteilungstermin nach rund sechs Der mit der Verkehrswertermittlung beauftragte Sachver- bis acht Wochen statt, nachdem der Zuschlag erteilt wurde. ständige bewertet das Grundstück trotz des Umfeldes (siehe Aber erst nach Zuschlagserteilung steht ja im Wesentlichen Skizze oben) als ausschließlich landwirtschaftliche Fläche. Er fest, wie groß der zu verteilende Erlösüberschuss sein wird.6 stützt sich dabei auf eine entsprechende Aussage der zuständi- Das bedeutet de facto, dass der Einigungsversuch lange vor gen örtlichen Baubehörde, wonach „eine bauliche Entwicklung dem Versteigerungstermin gestartet werden muss, wenn es auf dem angefragten Grundstück ausgeschlossen sei“. Mit anderen wie im hier besprochenen Praxisfall viele Verfahrensbeteilig- Worten: Auch dem westlichen Teil des Grundstücks (gärtneri- te gibt oder die Konflikte auch bei wenigen Miteigentümern sche Nutzung – angrenzend an den Wendehammer) wird die schon absehbar sind. Alsdann kann dieser Einigungsversuch sich aber gerade nicht auf (noch nicht errechenbare) konkrete Baulandqualität abgesprochen. Der anschließend von Gericht Geldbeträge, sondern maximal auf abstrakte Regeln beziehen, auf dieser Grundlage festgesetzte Verkehrswert ist marginal. wie der Erlösüberschuss zur gegebenen Zeit verteilt werden Wie gegen dieses – auch dem Laien erkennbar – unplausible soll. Zu diesen vorab regelbaren Punkten gehören: Ergebnis angehen? ● Beteiligungsquote in Prozent a) Sofortige Beschwerde? ● Vorab zu entnehmende Aufwendungen (zum Beispiel Be- ratungs- und Prozesskosten/ Sonderaufwendungen einzelner Der Weg über die sofortige Beschwerde gegen den Wertfest- Miteigentümer (zum Beispiel hier: Kosten Bauvoranfrage/ setzungsbeschluss (vgl. § 74 a Abs. 5 ZVG) ist nicht erfolgver- Grabpflege etc.) sprechend. Denn das Problem ist nicht ein falsches Gutach- Im besten Fall haben sich alle Parteien bereits bis zum Ver- ten, sondern eine falsche Aussage der örtlichen Baubehörde. steigerungstermin auf das abstrakte Regelwerk geeinigt; im Diese Aussage kann und wird das Beschwerdegericht als Zivil- zweitbesten Fall sind zumindest die Opponenten lokalisiert gericht nicht korrigieren. und können notfalls bereits jetzt juristisch zur Räson gebracht werden.7 b) Bauvoranfrage? Im konkreten Fall wurde das Problem durch eine Bauvoran- b) Erlösüberschuss frage gelöst. Diese führte (erwartungsgemäß) zu einem posi- Immer aber klärt das vorstehend beschriebene Verfahren nur tiven Bauvorbescheid, wonach das westliche Baufenster (ca. (abstrakte) Vorfragen, wie der Erlösüberschuss zu verteilen 1.000 qm/ gärtnerische Nutzung) mit einem Einfamilienhaus ist; der vom Vollstreckungsgericht geforderte Nachweis, wel- und einem Doppelhaus bebaut werden kann. che konkreten Beträge den einzelnen Eigentümer auszuzahlen Während der Laufzeit des Bauanfrageverfahrens musste das sind, leistet der vorgeschlagene Weg nicht. Vielmehr ist dazu Teilungsversteigerungsverfahren nach § 30 ZVG einstweilen eine zweite „Einigungsrunde“ erforderlich, in der jeder Eigen- eingestellt werden. tümer dem ihm (in Anwendung der zuvor definierten Vertei- Nach Vorlage des positiven Bauvorbescheids überarbeitete lungsregeln errechneten) zugewiesenen konkreten Betrag zu- der Sachverständige sein Gutachten; von Amts wegen änder- stimmt. Hier entsteht also eine erneute Blockademöglichkeit te das Gericht alsdann den Wertfestsetzungsbeschluss.4 Der für Opponenten, die zum wiederholten Mal Sand ins Getriebe neue Wert lag 400 Prozent über dem vorherigen. bringen können. 3. Problem 3: Erlösverteilung 2 Vgl. Kiderlen in Stöber: ZVG, 22. Aufl. 2019; § 181 ZVG Rdz 19 mwN; KG vom 6.3.2018 Bekanntlich „erlöst“ die Teilungsversteigerung die Parteien – 19 W 25/18. nur von ihrem Eigentum am gemeinsamen Grundstück; ein 3 Wg. der Erstattungsfähigkeit und dem Rang der Kosten: s. u. unter 4 b. Problemlöser schlechthin ist sie nicht. Denn der Anteil am 4 Vgl. Becker in Stöber aao: § 74 a ZVG Rdz 80 mwN. Versteigerungserlös, der den bisherigen Grundstückseigen- 5 Vgl. zum Ganzen: Storz/Kiderlen: Praxis der Teilungsversteigerung; 5. Aufl. 2011 unter C 9.5; tümern zusteht (sogenannter „Erlösüberschuss“), wird nicht 6 Eine exakte Berechnung ist erst zum Verteilungstermin selbst möglich, da der Ersteher von „Amts wegen“ (zum Beispiel nach Erbquote) verteilt und bekanntlich früher hinterlegen kann, um die anfallenden Bargebotszinsen zu reduzieren ausgezahlt. Vielmehr erhält jeder Miteigentümer seinen An- (vgl. § 49 ZVG). 7 Hier stellt sich die Frage nach dem in diesem Augenblick richtigen Klageantrag. Da teil erst und nur dann, wenn alle Miteigentümer sich in nach- eben vieles jetzt noch nur abstrakt umschrieben werden kann, dürfte sich die Fest- weisbarer Form darauf geeinigt haben, welche Beträge jeder stellungsklage gegen Opponierende empfehlen. Diese kann bekanntlich später unprob- lematisch in eine (konkrete) Leistungsklage umgestellt werden; vgl. etwa Greger in: einzelne bekommt. Das Versteigerungsgericht entwickelt in- Zöller: ZPO; 31 Aufl. 2016 – § 264 ZPO Rdz 3b). 532 AnwBl Online 2020 (Typische?) Probleme der Anwaltspraxis bei der Teilungsversteigerung, Barchewitz
Aufsätze c) Treuhandlösung und alsdann dem vorfinanzierenden Antragssteller erstattet Im konkreten Fall herrschte kein Krieg in der eher „amor- werden. phen“ Erbengemeinschaft; die überwiegende Mehrheit der Er- b) Kosten Bauvoranfrage ben wollte zwar keine eigene Initiative (mit Kostenvorschuss- pflicht!) entwickeln – war aber durchaus froh, dass sich der Bei der Bauvoranfrage handelt es sich um eine lediglich nütz- Antragsteller der Sache angenommen hatte. liche, nicht aber um eine notwendige Maßnahme im Sinne Das führte zu der Überlegung, ob es nicht eine kostengüns- § 744 Abs. 2, § 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB.10 Wäre die Maßnahme tige Möglichkeit gibt, rechtzeitig vor dem Verteilungstermin nicht zeitkritisch, müsste zunächst eine Mehrheitsentschei- abschließende Rechtssicherheit über die Verteilung des Er- dung innerhalb der Erbengemeinschaft gemäß § 745 BGB lösüberschusses zu erlangen und nur eine Einigungsrun- herbeigeführt werden; in der Sache selbst gibt es einen An- de (sinnvollerweise bereits vor dem Versteigerungstermin) spruch auf Zustimmung, da es sich um eine Maßnahme der durchzuführen. Deswegen war im konkreten Fall eine Treu- ordnungsgemäßen Verwaltung handelt.11 Hier sind jedoch handlösung Bestandteil der ersten Einigungsrunde. Danach §§ 30 Abs. 1 Satz 3 sowie 31 ZVG zu beachten. Der Antrag- beauftragten und bevollmächtigten die anderen Miteigen- steller hätte die kostenpflichtige Aufhebung des laufenden tümer den Antragsteller als Treuhänder, zur gegebenen Zeit Teilungsversteigerungsverfahrens riskiert, wenn er sich auf das langfristige Zustimmungs(ersetzungs)prozedere einge- nach den vereinbarten abstrakten Regeln die Verteilung des lassen hätte. Alsdann hätte ein neuer Antrag auf Teilungsver- AnwaltsWissen Erlösüberschusses zu berechnen und das Ergebnis (auch) in steigerung gestellt werden müssen. Diese vergrößerten – aber ihrem Namen dem Vollstreckungsgericht mitzuteilen. Wegen vermeidbaren Kosten wären zusätzlich zu Lasten der Gemein- des anwendbaren § 79 ZPO sollte der Antragsteller insoweit schaft gegangen (§ 753 BGB). den Unterzeichner mandatieren können.8 Im Ergebnis besteht eine anteilige Kostentragungspflicht al- Es konnte letztlich dahinstehen, ob die Meinung des zustän- ler Miterben nach § 748 BGB für das Bauvoranfrageverfahren. digen Vollstreckungsgerichtes, dieser Weg sei auch im eher ZPO/ZVG fernen Teilungsversteigerungsverfahren unzuläs- c) Anwaltskosten des Antragstellers sig, da der Antragsteller wegen einer Interessenkollision als Auch diese Kosten gehen nur anteilig zu Lasten des Antrag- Antragsteller die Antragsgegner nicht vertreten könne, richtig stellers – im Übrigen zu Lasten der anderen Eigentümer. An- war. Nach der rechtzeitig abgeschlossenen „ersten“ Einigungs- gesichts der Komplexität waren sie notwendige Kosten des runde und den dort erteilten Vollmachten waren alle Miterben Verkaufs.12 bereit, der errechneten Verteilung schnell und rechtzeitig vor dem Verteilungstermin zuzustimmen. Dabei mag auch eine Praxistipp Rolle gespielt haben, dass die Vereinbarungen der ersten Run- de vorsahen, dass der Antragsteller gegen eventuell Opponen- Aus Anwaltssicht ist zu berücksichtigen, dass gegenüber den anderen Eigentümern (soweit diese nicht Mandant sind) nach RVG abzurechnen ist. Das ist misslich, weil ten gerichtlich vorgehen solle. als Streitwert für VV Nr. 3311 RVG Zif. 1 und Zif. 6 sowie für Nr. 3312 nur der anteilige Grundstückswert des Mandanten angesetzt werden kann (vgl. § 26 Zif. 2 aE RVG); im Verhältnis zum Mandanten empfiehlt sich der Abschluss einer weitergehenden Ver- 4. Problem 4: Die Kosten gütungsvereinbarung. Wer zahlt die Musik? Vorschusspflichtig ist ausschließlich der Antragsteller – insbesondere die sogenannte Anordnungsge- bühr (vgl. VV Nr. 2210 zum GKG) sowie den Vorschuss für III. Fall 2: Das belastete Grundstück das Wertgutachten muss er verauslagen; das gleiche gilt für sonstige Kosten (Vorschuss Anwalt; Erbschein, Kosten Bau- Vater V verstirbt 2001; seine Erben sind Tochter T sowie die voranfrage etc…) Söhne S1 und S2 zu je ein Drittel. Die Erben setzen sich in Interessant ist die Frage, ob und wenn ja, wie und zu wes- den kommenden Jahren weitgehend auseinander; nur das ge- sen Lasten die eingesetzten Gelder zurückfließen. meinsame Elternhaus – nämlich ein Mehrfamilienhaus, in ● Nur zu einem geringen Teil kümmert sich das Vollstre- dem eine Wohnung von T bewohnt wird und das sonst fremd- ckungsgericht um diese Fragen; nach herrschender Meinung vermietet ist – stellt schließlich den letzten gemeinsamen gilt § 788 ZPO im Teilungsversteigerungsverfahren nicht.9 Nachlassgegenstand der Erbengemeinschaft dar. ● Die Regelung der Frage, wer mit den sonstigen angefalle- Im Laufe der Zeit nehmen die Differenzen zwischen den Mit- nen Kosten (also die jenseits der Kosten nach § 109 ZVG) be- erben über die Verwaltung und eine denkbare Verwertung des lastet werden soll, obliegt den Miteigentümern; soweit Kosten Elternhauses zu. Deswegen beantragt S 1 Anfang 2016 die Tei- aus dem Erlösüberschuss vorab entnommen (und damit von lungsversteigerung der Immobilie. Deren Verkehrswert setzt allen anteilig getragen) werden sollen, braucht es wie bei der das Versteigerungsgericht mit 666.000 Euro fest. Zu Beginn sonstigen Verteilung die (ggf. gerichtlich ersetzte) Zustim- mung aller. Anspruchsgrundlage sind dann die §§ 741 ff BGB (ggf. in 8 Für den Anwalt läuten spätestens jetzt die Alarmglocken der Interessenkollision im Verbindung mit § 2038 und § 2042 BGB) Mehrpersonenmandat (vgl. dazu plastisch: Offermann-Burckart in AnwBl 2018, 200 ff. sowie 2019, 602 ff.). Ich meine, man kann trefflich darüber streiten, ob es sich bei dieser Konstellation (Erteilung der Vollmacht war freiwillig und widerruflich) überhaupt um eine a) Erbschein nach Miterbin M 2 „Gefährdungslage“ handelt, außerdem gab es ja für den handelnden Rechtsanwalt nur einen Auftraggeber, der seinerseits in seiner Person die Vollmachten bündelte. Um allen Es wäre falsch, die entstehenden Kosten anteilig auf alle Mit- Eventualitäten vorzubeugen, hatte ich mir gleichwohl die Unbedenklichkeit von meiner erben zu verteilen. Denn es handelt sich um Kosten, die (nur) Rechtsanwaltskammer bestätigen lassen. von den Erben von M 2 verursacht sind und ausschließlich 9 Kiderlen in: Stöber aaO – § 180 ZVG, Rdz. 108ff; Böttcher in ZfIR 2020/ 124. 10 Schmidt in Müko § 748 BGB, Rdz 8; BGH vom 06.03.2008 – III ZR 219/07 – Mieterhö- von diesen zu tragen sind. Das bedeutet, dass diese Kosten hung. nicht vorab dem Erlösüberschuss, sondern in einem späteren 11 Vgl. Palandt-Weidlich; 77. Aufl. 2018; § 2038 BGB Zif. 6. Schritt dem Anteil (der Erben) von M 2 zu entnehmen sind 12 Kiderlen in Stöber aaO; § 180 ZVG Rdz 110. (Typische?) Probleme der Anwaltspraxis bei der Teilungsversteigerung, Barchewitz AnwBl Online 2020 533
Aufsätze des Verfahrens und auch beim Versteigerungstermin Mitte schaftlich gesehen muss T also überlegen, was es ihr wert 2017 ist die Immobilie wie folgt belastet: ist, die fremden zwei Drittel von ihren Brüdern im Versteige- Abteilung II des Grundbuches: kein Eintrag rungswege zu erwerben. Denn wenn T den Zuschlag erhält, Abteilung III des Grundbuches: erwirbt sie dadurch nur eine Immobilie, die weiterhin mit Nr. 1: 100.000 Euro Grundschuld für Bank, verzinslich Grundschulden über T 652 Euro belastet ist. mit 15 Prozent pa seit dem 1.1.2000 Insofern ist vorab der Verkehrswert des Versteigerungs- Nr. 2: 41.000 Euro Grundschuld für Tochter T; verzinslich objektes von 666.000 Euro zumindest um die Restvaluta der mit 15 Prozent pa sei dem 1.1.2005 Kredite bei der Bank zu reduzieren. Es bleibt als Zwischen- Nr. 3: 41.000 Euro Grundschuld für Sohn S 2; verzinslich ergebnis ein (insoweit) lastenfreier Wert von 146.000 Euro für mit 15 Prozent pa sei dem 1.1.2005 das Gesamtobjekt. Der Wert des (wirtschaftlich gesehen) nur Nr. 4: 470.000 Euro Grundschuld für Bank; verzinslich zu erwerbenden Anteil der Brüder von zwei Dritteln beträgt mit 15 Prozent pa seit dem 1.1.2009 demgemäß 97.300 Euro. Vor diesem Hintergrund gibt das Versteigerungsgericht Was T für die Wegfertigung der Grundschuld Abt. III lfd. beim Versteigerungstermin richtigerweise das sogenannte ge- Nr. 3 für S 2 aufwenden muss, weiß sie am Versteigerungs- ringste Gebot (vgl. § 182 ZVG) wie folgt bekannt: termin nicht genau – mit Sicherheit wird das aber nicht zum ● Das geringste Bargebot (= Untergrenze für einen mögli- „Nulltarif“ erledigt werden können. T verrechnet deswegen chen Zuschlag – vgl. § 44 Abs. 1 ZVG) beträgt 110.000 Euro. diese noch unbekannten Kosten vorsichtshalber im Kopf mit Darin sind 40.000 Euro dingliche Zinsen enthalten, die die den von der Bank angemeldeten dinglichen Zinsen von 40.000 Bank aus ihrem Recht Abt. III lfd. Nr. 1 angemeldet hat sowie Euro, die die Bank ja nach Erhalt auf ihre gesicherte Forde- je 31.000 Euro dingliche Zinsen, die die Grundschuldgläubi- rung anrechnen muss. ger Abt III lfd. Nr. 2 (= T) und Nr 3 (= S 2) angemeldet haben; Wenn T Eigentümerin werden will, muss sie mindestens die restlichen 8.000 Euro sind Verfahrenskosten. das geringste Bargebot von 110.000 Euro bieten und (bei Zu- ● Die verzinslichen Grundschulden Abt III lfd. Nr. 1 bis 4 mit schlag an sie) später ungekürzt an das Gericht bezahlen. Das einem Gesamtkapital von 652.000 Euro bleiben bestehen und bedeutet, dass sie nach dieser Rechnung sogar im besten Fall sind vom Ersteher zu übernehmen. zunächst 12.700 Euro mehr ausgibt (110.000 Euro ./. 97.300 Euro), als der zwei Drittel Anteil ihrer Brüder wert ist.14 1. Problem 1: Grundschuld ohne Forderung Tochter T hat die Objektverwaltung gemacht und weiß deswe- c) Gesamtrechnung gen, dass ihrer Grundschuld Abt III lfd. Nr. 2 keine gesicher- Mit der Rechnung unter vorstehend III. 1. b) streut sich T. te Forderung zugrunde liegt und dass die durch die Grund- allerdings immer noch heftig Sand in die Augen. Denn selbst schulden Abt III lfd. Nr. 1 und 4 gesicherten Forderungen der diese Rechnung ist im hohen Maße fehlerhaft; selbst, wenn T. Bank sich auf insgesamt rund 520.000 Euro belaufen und bei für das notwendige Mindestgebot von 110.000 Euro den Zu- den Krediten keine Rückstände bestehen; mit anderen Wor- schlag erhalten sollte, wird die Sache erheblich teurer für sie. ten: der Betrag von 520.000 Euro (nur) durch das der Bank Denn die Rechnung unter III. 1. b) übersieht, dass die Lö- geschuldete Restkapital dargestellt wird. schung der bestehen bleibenden vier verzinslichen Grund- Kann man T, die ja im Objekt wohnt, empfehlen, im Ver- schulden über insgesamt 652.000 Euro die T teurer zu stehen steigerungstermin ein Gebot abzugeben, um „das Sagen im kommen wird, als in III. 1. b) unterstellt. Denn für die Weg- Haus zu erwerben“ und so mit Sicherheit ihre Wohnung fertigung der Grundschulden ist zumindest der gesamte Kapi- weiter nutzen zu können? Für die Überlegung sollen die talbetrag der Grundpfandrechte aufzuwenden15. Das gilt sogar Erwerbsnebenkosten (zum Beispiel die Zuschlagsgebühr ge- für die Grundschuld Abt. III lfd. Nr. 2, als deren Gläubigerin mäß GKG VV Nr. 2214), die ggf von T neben ihrem Meistge- ja T selbst im Grundbuch eingetragen ist. Denn den einge- bot zu zahlen wäre, unberücksichtigt bleiben. tragenen Gläubigern sind diese Grundschulden im Rahmen eines Sicherungsvertrages nur treuhänderisch eingeräumt; a) Der eigene Anteil soweit den Rechten keine gesicherten Forderungen zugrunde Die Antwort auf diese Frage ist nicht trivial, obwohl man ja liegen, sind diese Grundschulden an den Rückgewährberech- leicht auf die Idee kommen könnte, dass T bei ihren Über- tigten zurückzugeben. Deswegen macht sich beispielsweise legungen doch gegenüber Außenstehenden privilegiert sei. die Bank im vorliegenden Fall gegenüber dem Rückgewährbe- Denn als (wirtschaftliche) Miteigentümerin des Versteige- rechtigten schadenersatzpflichtig, wenn sie T eine Löschungs- rungsobjektes könne sie doch 100 Prozent bieten, müsse aber bewilligung für ihre beiden Rechte gegen Zahlung (nur) ihrer wegen ihres Miteigentums von einem Drittel anschließend nur gesicherten Forderung in Höhe von 520.000 Euro aushändi- 66,6 Prozent bezahlen, da ihr ja ein Drittel des Erlöses zustehe. gen würde. Richtigerweise muss T bei ihrer Überschlagsrech- Dass diese „Milchmädchen-Idee“ falsch ist, ergibt sich im vor- nung also zumindest einen Betrag von 652.000 Euro für die liegenden Falle bereits daraus, dass sie mit Sicherheit nicht vier Grundschulden einkalkulieren.16 auf die abzulösenden Grundschulden angewandt werden kann. Aber selbst wenn das Versteigerungsobjekt unbelastet ist und einer der bisherigen Miteigentümer dieses ersteigert, muss er das ungeminderte Meistgebot bezahlen und darf die- ses nicht um seinen Anteil kürzen13. 13 Vgl. Kiderlen in Stöber aaO; § 180 ZVG Rdz 289. 14 Die Grundschuld Abt. III lfd. Nr. 2 für T als Gläubigerin soll bei dieser ersten Über- schlagsrechnung unberücksichtigt bleiben. Denn im für sie besten Fall kostet T die b) Was zahlen? Wegfertigung dieses Rechtes ja nichts. T muss die Rechenaufgabe also anders lösen. Dabei spielt si- 15 Wegen der Grundschuldzinsen: siehe nachstehend unter Problem 2. cherlich eine Rolle, das ihr das belastete Versteigerungsobjekt 16 Ganz herrschende Meinung – vgl. zB Kiderlen in Stöber aaO; § 180 ZVG, Rdz 305 ff.; auch Kogel: „Strategien bei der Teilungsversteigerung des Familienheimes“; 4. Aufl. wirtschaftlich gesehen bereits zu einem Drittel gehört; wirt- 2019; Rdz 294. 534 AnwBl Online 2020 (Typische?) Probleme der Anwaltspraxis bei der Teilungsversteigerung, Barchewitz
Aufsätze Mit ihrem (eingeschränkten) Kenntnissen müsste T also Dann hat T aber immer noch ihre beiden Brüder im Na- jetzt überschlägig rechnen: cken. Denn T ist nicht allein rückgewährberechtigt hinsicht- ● liquide Aufwendungen: 110.000 Euro Mindestgebot + lich der freien Grundschuldteile nebst Zinsen; vielmehr steht 652.000 Euro = 762.000 Euro der entsprechende Rückgewähranspruch den drei Miterben ● künftige Einnahmen der Erbengemeinschaft als Rückgewähr- zur gesamten Hand zu. Insofern könnten die beiden Brüder berechtigte: 102.000 Euro (= „verwertbare“ Bestandteile aus fordern, dass die freien Grundschuldteile (inklusive der neu dem geringsten Bargebot: angemeldete Beträge: T Euro 40 aufgelaufenen dinglichen Zinsen) an die Erbengemeinschaft Bank und 2 mal T Euro 31 – angemeldet von T und S2). zur gesamten Hand abgetreten werden und anschließend Dieser verwertbare Betrag von 102.000 Euro steht aber der T durchsetzen, dass die Grundschuldsicherheit gedrittelt und je nur zu einem Drittel zu – ausmachend 34.000 Euro. ein Drittel an jeden Miterben im Gleichrang abgetreten wird. Mit anderen Worten: Die lastenfreie Immobilie wird T Dann würde jeder Bruder neben dem proportionalen Grund- selbst im günstigsten Fall mindestens 728.000 Euro kosten (li- schuldbetrag auch den anteiligen wertvollen Zinsanhang er- quide Aufwendungen ./. Rückfluss T Euro 34). werben. Aus dieser Position hätte er zwar keinen (persönli- Das bedeutet, dass T alsdann rund 110 Prozent des Wertes chen) Zahlungsanspruch gegen T – wohl aber einen Anspruch der Immobilie aufwenden muss, um Alleineigentümerin des auf Duldung der Zwangsversteigerung in das von T ersteiger- unbelasteten Mehrfamilienhauses zu werden, das ihr ja be- te Objekt. Zu dessen Abwendung ist T dann letztendlich doch reits zu einem Drittel gehört. gezwungen, die für sie ärgerlichen dinglichen Zinsen seit AnwaltsWissen Unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist ein Gebot dem Versteigerungstermin zu zahlen.19 durch T, dessen bar zu zahlender Teil ja mindestens 110.000 Je später die Ablösung der liegengebliebenen Grundschuld Euro betragen muss, also durchaus fragwürdig.17 durchgeführt wird, desto teurer wird die Geschichte für den Ersteher. Hier tut T gut, in ihre Erwerbsüberlegungen einen 2. Problem 2: Zinsen angemessenen Sicherheitszuschlag einzukalkulieren. Das Wie wirken sich die dinglichen Grundschuldzinsen auf die gilt insbesondere dann, wenn sie ihr Gebot nicht aus Eigen- Erwerbsüberlegungen von T aus, die bis bzw. nach dem Ver- mitteln, sondern mit Fremdkapital finanzieren will. Denn die steigerungstermin anfallen? Finanzierung eines Meistgebotes ist für die meisten Kredit- institute kein Alltagsgeschäft und deswegen häufig mit Ver- a) Grundschuldzinsen bis zum Versteigerungstermin zögerungen bei der Kreditgewährung verbunden. Diese Zinsen sind für die Erwerbsüberlegung von T ohne Be- deutung. Praxistipp Denn soweit diese Zinsen für T „gefährlich“ sind, müssen Deswegen empfiehlt sich immer für den Ersteher (auch in der Vollstreckungsverstei- sie in das im Versteigerungstermin zu verkündende gerings- gerung) liegen gebliebene Grundschulden so schnell als möglich nach dem Zuschlag abzulösen und zur Löschung zu bringen. te Bargebot eingestellt werden, so dass T damit kalkulieren kann. Die Einstellung geschieht entweder von Amts wegen (§ 47 ZVG) oder nach Anmeldung, die zur Vermeidung eines Rangverlustes spätestens im Versteigerungstermin erfolgen IV. Fazit und zusammenfassende Praxistipps muss (beachte § 66 Abs 2 und § 37 Zif 4 ZVG). ● Erstens: Die Erbengemeinschaft ist kein Dauerzustand, b) Grundschuldzinsen nach dem Versteigerungstermin sondern vom Gesetz sehr bewusst und mit gutem Grund auf baldige Auseinandersetzung angelegt.20 Bereits die „ursprüng- Solche können natürlich nur auf die Grundschulden anfallen, liche“ Erbengemeinschaft ist schwergängig und streitanfällig; die (trotz Zuschlag) bestehen bleiben – in unserem Fall also diese negativen Eigenschaften verschärfen sich beim Hinzu- die Zinsen auf die Rechte Abt III lfd. Nr. 1 bis 4. treten von Erbeserben(gemeinschaften). Deswegen sollte die Bei bestehenbleibenden Grundschulden beginnt die Zins- Auseinandersetzung in guten Tagen und spätestens dann uhr mit dem Zuschlag von neuem an zu ticken. Der Takt stattfinden, wenn sich die ursprüngliche Erbengemeinschaft der Uhr richtet sich nach dem im Grundbuch eingetragenen um die ersten Erbeserben vergrößert.21 dinglichen, nicht nach dem Zinssatz, mit dem die zugrunde- ● Zweitens: Ist eine vollständige Auseinandersetzung in liegende gesicherte Forderung verzinst wird. Im Grundsatz guten Tagen nicht erreichbar, sollte wenigstens so viel wie muss der eingetragene Gläubiger diese Zinsen, die nach dem möglich „aufgeräumt“ und geregelt werden. Dazu gehört bei Zuschlag entstehen, genauso in voller Höhe geltend machen Immobilien im Nachlass die Aktualisierung der Grundbücher wie das Grundschuldkapital (siehe oben). In der Praxis lassen (Eigentumsumschreibung auf die Erben, die binnen zwei sich aber die institutionellen Kreditgeber von dieser Pflicht in Jahren nach Erbfall kostenfrei ist – vgl. Nr. 14.110 Satz 1 VV AGB freizeichnen und das Recht einräumen, diese Zinsen, an zum GNotKG/ Löschung von Grundpfandrechten, soweit die- denen sie in der Regel kein Interesse haben und deren Weiter- se keine Forderungen mehr absichern etc.). Dabei stellt sich leitung nur mit Arbeit und Risiko verbunden ist, nicht geltend oft heraus, dass notwendige Unterlagen (zum Beispiel bereits machen zu müssen. Das ist aber ein Recht – und keine Pflicht der Kreditgeber, so dass sich im Einzelfall die abzulösenden Beträge um die neuen Zinsen seit Zuschlag auch erhöhen 17 Bei dieser wirtschaftlichen Betrachtung bleibt das nicht bewertbare „Affektionsinteres- können, wenn das Kreditinstitut diese Zinsen eben doch gel- se“ von T (Elternhaus/ gesicherte eigene Wohnmöglichkeit) natürlich unberücksichtigt. tend macht.18 18 Die Fragen rund um die Grundschuldzinsen gehören zu den umstrittensten Problemen des Versteigerungsrechtes; das ganze Gebiet ist „vermint“; vgl. z.B. Nicht in Stöber Außerdem kann sich T mit dieser Überlegung – wenn über- aaO; § 114 ZVG Rdz 157 ff. haupt – nur im Außenverhältnis zur Bank beruhigen. Im für T 19 Vgl. Kogel aaO; Rdz 682 ff – bs 689 und 694. günstigen Fall macht die Bank von ihrem Recht Gebrauch und 20 Bauer in Weirich: Erben und Vererben, 6. Aufl., Rdz. 246. verzichtet darauf, die dinglichen Zinsen für die Zeit vom Zu- 21 Nach Erfahrung des Verfassers gilt das ebenfalls, wenn eine „einigende Klammer“ wegfällt – z. B. Tod der Mutter, die zusammen mit den Kindern eine EG nach dem Vater schlag bis zur Ablösung der Grundschulden gelten zu machen. verkörperte. (Typische?) Probleme der Anwaltspraxis bei der Teilungsversteigerung, Barchewitz AnwBl Online 2020 535
Aufsätze erteilte Löschungsbewilligungen/ Grundschuldbriefe) unauf- findbar sind; der notwendige Ersatz ist in guten Tagen zu be- sorgen! ● Drittens: Die Mitglieder von Erbengemeinschaften sind oft träge; man lässt die Dinge schleifen. Bewegung kommt erst in die Sache, wenn etwas schief geht oder jemand das Heft des Handelns in die Hand nimmt. Die Initiative zu überneh- men ist zwar mit Mühe, (vorzufinanzierendem) finanziellem Aufwand und ggf. einem Haftungsrisiko verbunden, hat aber den Vorteil, als „Herr des Verfahrens“ bestimmen zu können, wohin die Reise geht. ● Viertens: Bevor eine Teilungsversteigerung eingeleitet wird, ist anhand eines aktuellen Grundbuchauszuges die aktu- elle Rechtslage zu prüfen und auszuwerten. Denn ggf. ist die Belastungssituation so ungünstig, dass sich (einschließlich liegenbleibender Rechte) ein so hohes geringstes Gebot ergibt, dass es weder für einen bisherigen Miteigentümer noch einen Außenstehenden sinnvoll ist, ein Gebot abzugeben. Dann pro- duziert man nur Kosten, erreicht aber sonst nichts.22 ● Fünftens: Wer darüber nachdenkt, ein Objekt in der Tei- lungsversteigerung zu erwerben, tut gut daran, eher von der teuren Variante auszugehen – selbst dann, wenn er schon Miteigentümer der Immobilie ist. Das gilt ganz besonders, wenn Grundpfandrechte durch den Zuschlag nicht erlöschen, sondern vom Ersteher übernommen werden müssen. Denn erfahrungsgemäß wird die spätere Lastenfreistellung der Im- mobilie teurer als erwartet. ● Sechstens: Ganz selten verhalten sich die Parteien bei der Teilungsversteigerung rational; spätestens, wenn der konkrete Erlösüberschuss zu verteilen ist, werden gerne alte Rechnun- gen aufgemacht. Da das die Erlösverteilung über lange Zeit- räume verzögert, sind die Probleme bereits vor dem Versteige- rungstermin auf den Tisch zu bringen und (abstrakt) zu regeln – notfalls bereits jetzt durch entsprechende Klagen. Denn Zeit ist Geld. ● Siebtens: Der Berater oder die Beraterin sollte die gesetz- lichen Regeln zur Kostentragungspflicht bei der Teilungsver- steigerung sowie die einschlägigen Honorarvorschriften des RVG kennen. Denn dem Mandanten fällt die Mandatierung leichter, wenn er hört, dass im Regelfall die gesamten Verfah- renskosten von ihm nur anteilig zu tragen sind, da sie in der Regel aus der „Gemeinschaftskasse“ entnommen werden. 22 Vgl im Einzelnen: Kogel aaO, Rdz732 ff. Rechtsanwalt Wolfgang Barchewitz, Köln Der Autor ist seit vielen Jahren selbstständiger Rechtsanwalt mit den Tätigkeitsschwerpunkten Erb- und Immobilienrecht; letzteres mit dem spe- ziellen Fokus Immobiliarvollstreckung; www.rechts- anwalt-barchewitz.de Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de 536 AnwBl Online 2020 (Typische?) Probleme der Anwaltspraxis bei der Teilungsversteigerung, Barchewitz
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