UNBEGLEITETE MINDERJÄHRIGE FLÜCHTLINGE IN KARLSRUHE - KONZEPTION ZUR KRISENBEWÄLTIGUNG DIE LEISTUNGEN DER JUGENDHILFE - Stand Januar 2015

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Stadt Karlsruhe
Sozial- und Jugendbehörde

UNBEGLEITETE MINDERJÄHRIGE
FLÜCHTLINGE IN KARLSRUHE –
KONZEPTION ZUR KRISENBEWÄLTIGUNG
DIE LEISTUNGEN DER JUGENDHILFE
Stand Januar 2015
2 | UNBEGLEITETE MINDERJÄHRIGE FLÜCHTLINGE IN KARLSRUHE – DIE LEISTUNGEN DER JUGENDHILFE

EINLEITUNG
In Karlsruhe befindet sich die Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) für      Ende 2014 wurden monatlich bis zu fünfzig unbegleitete minderjährige
Baden-Württemberg.                                                          Flüchtlinge in Karlsruhe in Obhut genommen. Die gestiegene Anzahl
                                                                            von umF betrifft nicht nur Karlsruhe, sondern auch andere Stadt- und
Seit 2006 werden unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (umF), die          Landkreise in Baden-Württemberg, insbesondere in Grenz- oder
sich in Karlsruhe beziehungsweise in der LEA melden, bis zum Erlangen       Flughafennähe, so dass die Plätze für Inobhutnahmen und Hilfen
der Volljährigkeit im Kinder- und Jugendhilfezentrum der Heimstiftung       zur Erziehung in Jugendhilfeeinrichtungen nicht mehr ausreichen.
Karlsruhe und inzwischen auch bei anderen Jugendhilfeträgern in Obhut       Aus diesem Grund wurde und wird die bisherige Karlsruher Praxis in
genommen. Die Zahlen schwankten bis 2013 jährlich zwischen 100              Kooperation mit Jugendhilfeträgern aus der Region Karlsruhe erweitert
und 130 Kindern und Jugendlichen, davon 90 Prozent männlich. Seit           und weiterentwickelt. Ab November 2014 werden fortlaufend neue
2013/2014 nimmt die Zahl der Minderjährigen, die ohne Begleitung von        Plätze für die Inobhutnahme (siehe unten) geschaffen, so dass die
Personensorgeberechtigten Schutz suchen, kontinuierlich zu. Die Zahl der    vorliegende Darstellung lediglich einer Momentaufnahme entspricht.
Flüchtlinge und insbesondere der umF ist abhängig von Fluchtgründen,        Diese spiegelt das große Engagement aller beteiligten Fachleute
Fluchtwegen, der Praxis der Inobhutnahme (ION) anderer Jugendämter          verschiedener Institutionen sowie der Karlsruher Bürgerschaft bis hin zur
in Baden-Württemberg, gesetzlichen Bestimmungen, den Kapazitäten            Belastungsgrenze wieder.
der zusätzlich geschaffenen Landeserstaufnahmeeinrichtungen in Baden-
Württemberg sowie den Praxen anderer Bundesländer.

ERSTAUFNAHME  INOBHUTNAHME  HILFE ZUR ERZIEHUNG
Vor 2013 kamen die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aus             INOBHUTNAHMEN IN DEN JAHREN 2012, 2013, 2014
25 Ländern (vorrangig aus Afrika, Pakistan) und 2013 vor allem aus          IM ÜBERBLICK
Afghanistan und dem Irak. 2014 liegt der Schwerpunkt auf Syrien sowie
Irak, Afghanistan, Pakistan, Somalia, Gambia und Marokko. Für die            MONAT                         2012              2013              2014
Kommunikation bedarf es Dolmetscherinnen und Dolmetscher für eine
große Zahl von Landessprachen.                                               Januar                           10                 9                 9
                                                                             Februar                           6                 6                 3
LANDESERSTAUFNAHMEEINRICHTUNG (LEA) |                                        März                              8                10                12
SOZIALER DIENST DER STADT KARLSRUHE                                          April                             7                 8                 9
„„   Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden zunächst, wie alle        Mai                               4                 6                14
     Flüchtlinge in Karlsruhe, von der Landeserstaufnahmeeinrichtung         Juni                              4                13                14
     (LEA) aufgenommen.
     Dort findet eine erste gesundheitliche Abklärung statt.                 Juli                              8                11                11
                                                                             August                           14                 9                13
„„   In der LEA erfolgt dreimal wöchentlich durch den Sozialen Dienst
                                                                             September                         9                10                26
     der Stadt Karlsruhe die Alterfestsetzung anhand eines von einem
     Dolmetscher unterstützten Verfahrens mit einer intensiven Befragung     Oktober                          10                13                28
     der Betroffenen mittels Interviewbögen.                                 November                         10                 6                40
                                                                             Dezember                          6                11                59
„„   Der Soziale Dienst beantragt beim Familiengericht die Bestellung
     eines Vormunds, die in der Regel zwei bis drei Tage später bei der      Gesamt                          96               112               238
     Abteilung B des Jugendamtes (Beistandschaften, Vormundschaften,
     Pflegschaften, Unterhaltsvorschusskasse) vorliegt. Gleichzeitig wird   CHRISTIAN-GRIESBACH-HAUS
     durch den Sozialen Dienst eine Inobhutnahmestelle, eine geeignete
     Pflegefamilie oder nach Angehörigen der Minderjährigen gesucht, um     Neben der Erweiterung der Inobhutnahmemöglichkeiten in
     sie dort in Obhut zu nehmen beziehungsweise dorthin zu verlegen.       Jugendhilfeeinrichtungen bei verschiedenen Trägern wurde im November
                                                                            2014 im Rahmen der Jugendhilfe die erste Erstaufnahmestelle mit 20
INOBHUTNAHME                                                                bis maximal 22 Plätzen eröffnet. Männliche umF werden von der LEA
                                                                            zur Erstaufnahme in das Christian-Griesbach-Haus in der Sophienstraße
Seit Oktober 2014 ist eine ausschließliche Inobhutnahme in der dafür        193 gebracht. Hier wurde von der AWO Karlsruhe gGmbH und der
vorgesehenen Jugendhilfeeinrichtung aus Kapazitätsgründen nicht             Heimstiftung Karlsruhe in gemeinsamer Trägerschaft eine Einrichtung
mehr möglich. Aus diesem Grunde wurden verschiedene sogenannte              geschaffen, um bis zum Freiwerden von Inobhutnahmeplätzen in anderen
Erstaufnahmeeinrichtungen oder ION-Übergangsgruppen geschaffen,             Jugendhilfeeinrichtungen eine Betreuung zu gewährleisten und erste
die einer Inobhutnahme in einer Jugendhilfeeinrichtung vorgeschaltet        Hilfen zu vermitteln. Seit Dezember 2014 wird diese Einrichtung von
werden müssen. Diese Einrichtungen unterliegen (derzeit) nicht der          dem Zentrum für Individuelle Erziehungshilfen (ZEFIE) in einem weiteren
Heimaufsicht und dienen lediglich der kurzfristigen Aufnahme. Das damit     Stockwerk um 30 Plätze ergänzt. Maßgebliche Unterstützung erfolgt
verbundene Krisenmanagement liegt in der Verantwortung der Leitung          durch den Romak Sicherheitsdienst.
des Sozialen Dienstes.
SOZIAL- UND JUGENDBEHÖRDE | 3

ANDERE EINRICHTUNGEN                                                          „„   Sobald Plätze in einer anderen Jugendhilfeeinrichtung frei
                                                                                   werden, erfolgt dorthin umgehend die Verteilung der umF unter
Zusätzlich werden weitere Aufnahmeplätze geschaffen.                               der Federführung des Sozialen Dienstes sowie die Aufnahme des
So wurden im Dezember 2014 für einige Tage auf einer                               jungen Menschen und die Fortsetzung der Vorarbeit, die etwa im
Station der St. Vincentius Kliniken Jugendliche aus Afghanistan                    Griesbachhaus geleistet wurde.
untergebracht. Diese wurden durch den Jugendhilfeträger Institut
für transkulturelle Lösungen (ITL) betreut. Darüber hinaus werden             „„   Bei schweren gesundheitlichen Belastungen, zum Beispiel bei
ab 29. Dezember 2014 bis zu 20 Jugendliche in der Jugendherberge                   psychischen Erkrankungen oder einer Körperbehinderung, kann von
in der Verantwortung von ITL in Obhut genommen.                                    hieraus zum Beispiel eine stationäre Aufnahme in der Kinder- und
                                                                                   Jugendpsychiatrie oder in einer Spezialeinrichtung initiiert werden.
Abhängig von den Wartezeiten auf einen anderen Inobhutnahmeplatz                   Außerdem besteht eine fortlaufende Kooperation mit der
gehören zu den Aufgaben das Kennenlernen der umF, die Aufnahme                     Kinder- und Jugendpsychiatrie.
in die Gruppe, Initiierung einer medizinischen Abklärung und
Versorgung sowie Klärung der Beschulung. Hierfür stehen derzeit               „„   Die bei Trägern und beim Sozialen Dienst angesiedelte
zur Verfügung: Vorbereitungsklassen in der Schillerschule für unter                Verlegungsplanung sucht mit Blick auf den Jugendhilfebedarf der
16-Jährige, Projektklassen in der Elisabeth-Selbert-Schule (ESS) für über          umF und eine mögliche Familienzusammenführung im Fall eines
16-Jährige sowie Klassen im Parzival-Schulzentrum. Das Beschulungs-                Asylantrags eine Jugendhilfeeinrichtung außerhalb von Karlsruhe.
und Bildungskonzept wird kontinuierlich unter Beteiligung der oben                 Sobald eine geeignete Einrichtung gefunden wird, erfolgt auf
genannten und weiteren Schulen sowie dem Staatlichen Schulamt und                  Antrag des Vormundes eine sogenannte Zuweisung durch das
dem Regierungspräsidium weiterentwickelt.                                          Regierungspräsidium an die beziehungsweise den für diese
                                                                                   Einrichtung zuständigen Stadt oder Landkreis in Baden-Württemberg.
„„   Schon im Christian-Griesbach-Haus nimmt der Vormund Kontakt                   Danach beantragt der Vormund beim Jugendamt vor Ort die
     zum Mündel auf und erfragt im Kennenlerngespräch unter anderem                Unterbringung in dieser Einrichtung, die Gewährung von Jugendhilfe
     Familiensituation, Fluchtgrund und -weg, Hobbys, Ziele und das                und die Übernahme der Vormundschaft.
     Vorhandensein von Verwandten.                                                 Die Suche nach Einrichtungen und die Verlegung gestalten sich
                                                                                   aufgrund fehlender Plätze in geeigneten Einrichtungen, die nach
„„   Er berät mit dem Mündel die Voraussetzungen für einen Antrag auf              Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes (FlüAG) auch von
     Asyl (schriftlicher Antrag ans Bundesamt für Migration und Flüchtlinge        anderen Jugendämtern mit
     – BAMF). Zum Teil sind hierfür aufwändige Recherchen über das                 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen belegt werden, zunehmend
     Herkunftsland notwendig. Wird lediglich humanitäres Bleiberecht               aufwändiger.
     geltend gemacht, geht der Antrag mit ausführlicher Begründung an
     die hiesige Ausländerbehörde, die wiederum Regierungspräsidium           „„   Freie Plätze, die für weitere Inobhutnahmen zur Verfügung stehen,
     und BAMF informiert. In der Regel ist der Klärungsprozess nach vier           werden durch den Sozialen Dienst laufend gesucht.
     bis sechs Wochen abgeschlossen. Für die Dauer des Asylverfahrens
     besteht Anspruch auf eine Aufenthaltsgestattung nach                     WEITERREISENDE UMF
     § 55 AsylVfG; beim Antrag bei der Ausländerbehörde besteht vorerst
     Anspruch auf eine Duldung nach                                           Daneben gibt es unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die die
     § 15a in Verbindung mit § 60a AufenthG.                                  Hilfen in der Erstaufnahmestelle oder der Inobhutnahme in einer
                                                                              Jugendhilfeeinrichtung nicht annehmen.
JUGENDHILFEEINRICHTUNGEN MIT                                                  24 Stunden nach dem Verschwinden eines jungen Menschen aus der
BETRIEBSERLAUBNIS | VERLEGUNGSPLANUNG                                         Inobhutnahmeeinrichtung erfolgt eine Vermisstenanzeige bei der Polizei.
                                                                              Ein Teil dieser jungen Menschen kehrt nicht nach Karlsruhe zurück.
In Karlsruhe und Umgebung stehen aufgrund der steigenden Zahl
der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge inzwischen mehrere               HILFEN ZUR ERZIEHUNG FÜR UNBEGLEITETE
Jugendhilfeträger zur Verfügung, die ein auf den Jugendhilfebedarf dieser     MINDERJÄHRIGE FLÜCHTLINGE, DIE
jungen Menschen ausgerichtetes Angebot bieten. Hierzu gehört die              KEINEN ASYLANTRAG STELLEN
Heimstiftung Karlsruhe, aktuell mit 37 Plätzen in stationären Gruppen
und vier Plätzen in Bereitschaftspflegefamilien. Im ersten Quartal            Die Stadt Karlsruhe leistet auch Jugendhilfe für die jungen Menschen, die
2015 wird eine weitere stationäre Gruppe eröffnet werden. Weitere             keinen Asylantrag stellen. Seitens der Verlegungsplanung und durch den
Träger, die etwa 30 zusätzliche Plätze zur Verfügung stellen, sind unter      Sozialen Dienst wird versucht, geeignete Jugendhilfeeinrichtungen oder
anderem die Hardtstiftung in Kooperation mit ZEFIE, Kolpinghaus,              Pflegefamilien in Karlsruhe und Umgebung zu finden.
Jugendhilfezentrum Schloß Stutensee, Augustinusheim, gSofa, amj Ginal,
und Stift Sunnisheim. Weitere Angebote, zum Beispiel im Bereich des           Die minderjährigen Flüchtlinge werden dann auf der Leistungsgrundlage
Pflegekinderdienstes der Stadt Karlsruhe, sind in Planung und werden          von Hilfe zur Erziehung oder Hilfe für junge Volljährige nach den gleichen
fortwährend aufgebaut.                                                        Standards wie Karlsruher Kinder und Jugendliche gut betreut, versorgt,
                                                                              gefördert und bei der Integration unterstützt.
Die Inobhutnahme erfolgt durch den Sozialen Dienst einzelfallabhängig
(Geschlecht, Alter, gesundheitliche Belastungen, besonderer                   Eine Arbeitsgruppe die vom Büro für Integration koordiniert wird,
Jugendhilfebedarf) entweder direkt aus der LEA, zum Beispiel von              analysiert aktuell spezielle Förderbedarfe und strukturelle Defizite bei der
Mädchen, oder aus einer der Erstaufnahmenstellen in Absprache mit dem         Zielgruppe die in Karlsruhe verbleibt. Da in Karlsruhe Betreuungsplätze
Vormund und den Fachleuten aus der Erstaufnahmestelle. Wird der oder          fehlen, wurden freie Träger der Jugendhilfe gebeten neue
die Jugendliche direkt aus der LEA in einer Einrichtung außerhalb der         Inobhutnahmeplätze zu schaffen (Planungen aktuell beim Diakonischen
Stadt Karlsruhe in Obhut genommen, kann auch das dortige Jugendamt,           Werk, der Heimstiftung und bei amj Ginal).
sofern es sich dazu bereit erklärt, zum Vormund bestellt werden.
4 | UNBEGLEITETE MINDERJÄHRIGE FLÜCHTLINGE IN KARLSRUHE – DIE LEISTUNGEN DER JUGENDHILFE

Der Soziale Dienst und die Wirtschaftliche Jugendhilfe Karlsruhe              Unterkunft nicht möglich und auch nicht mehr sinnvoll ist. Hinzu
bleiben zuständig. Die Vormundschaft wechselt in der Regel mit dem            kommen gesetzliche Bestimmungen und eine auf drei Monate
Aufenthaltsort der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Die              begrenzte Duldung, die etwa eine eigenverantwortliche Kontoführung
Gesamtzahl derjenigen, die nicht in Baden-Württemberg verteilt werden,        erschweren und den Zugang zu Schul- oder Ausbildung und Beruf
sondern in Karlsruher Zuständigkeit bleiben, ist 2014 auf etwa neunzig        behindern. In enger Kooperation zwischen verschiedenen Institutionen
angestiegen.                                                                  und Gremien wird versucht, die Integration zu erleichtern. Unter
                                                                              Federführung der Leiterin des Büros für Integration trifft sich seit
Besteht nach der Volljährigkeit weiterhin Jugendhilfebedarf, wird Hilfe für   Dezember 2014 eine ämterübegreifende Arbeitsgruppe zum Thema
junge Volljährige gewährt.                                                    „Duldung“. Ziel ist die Erstellung einer Konzeption zur Verbesserung der
                                                                              Integrationsbedingungen für Geduldete, die dem Migrationsbeirat und
NACH BEENDIGUNG DER JUGENDHILFE                                               den politischen Gremien 2015 vorgelegt wird.

Mit dem Ende der Jugendhilfeleistung zeigt sich, ob es gelungen               Eine mit Mitteln des Bundesministeriums für Migration und Flüchtlinge
ist, den jungen Menschen auf einen möglichen Verbleib in Karlsruhe            finanzierte Praxisstudie soll ab 2015 über die Entwicklungschancen der
beziehungsweise Deutschland oder im Falle einer Abschiebung auf               unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge Aufschluss geben, indem die
ein Leben in seiner Heimat vorzubereiten und ob gegebenenfalls von            Hilfeverläufe der umF und ihre Zukunftsperspektiven nach Ende der
Seiten der deutschen Gesellschaft und ihrer Institutionen die Integration     Jugendhilfe untersucht werden. Von der Abteilung Beistandschaften,
erleichtert wird.                                                             Vormundschaften, Pflegschaften, Unterhaltsvorschusskasse wird
                                                                              derzeit ein entsprechendes Fachprojekt des Bachelor-Studiengangs der
Schwierigkeiten ergeben sich zum Beispiel aus dem engen Karlsruher            Hochschule Kehl betreut.
Wohnungsmarkt, auf den die jungen Menschen nach der Jugendhilfe
angewiesen sind, da eine Unterbringung in der gemeinsamen

LEISTUNGEN UND KOSTEN DER INOBHUTNAHME
UND DER HILFEN ZUR ERZIEHUNG
Die Stadt Karlsruhe setzt sich für Menschen, die vor Krieg und                „„   Mit der im Herbst 2014 entstandenen Krise können die
Katastrophen fliehen, ein. Hierzu gehört das große zivilgesellschaftliche          Voraussetzungen für Leistungs- und Entgeltverhandlungen im
Engagement der Bürgerinnen und Bürger sowie ihrer Vereine und                      bisherigen Umfang für die Erstaufnahmenstellen nicht mehr
Initiativen. Dazu zählt aber auch die Bereitschaft von Politik und                 eingehalten werden. Die Vereinbarungen mit den Trägern werden unter
Verwaltung, die notwendigen Hilfen zu leisten, die durch das gegebene              Federführung der Direktion der Sozial- und Jugendbehörde getroffen.
Kostenerstattungsverfahren nicht abgedeckt sind.
                                                                              „„   Die Stadt Karlsruhe stellt das notwendige Personal bei den beteiligten
„„   Die Wirtschaftliche Jugendhilfe (WJH) im Jugendamt übernimmt                  Ämtern und (Haupt-)Abteilungen zur Verfügung. Die Personalkosten
     zunächst die Kosten für die Unterbringung der umF sowie weitere               im Umfang von aktuell etwa elf Planstellen werden in Baden-
     Kosten, zum Beispiel für Krankenscheine und Deutschkurse. Nach                Württemberg nicht erstattet. Darüber hinaus wird die Arbeit der
     Anlaufen der Hilfe bekommt die WJH vom Bundesverwaltungsamt                   Jugendhilfe unter anderem unterstützt durch eine Schulkoordinatorin
     das Bundesland genannt, welches für die Kostenerstattung                      der Heimstiftung Karlsruhe.
     der Inobhutnahme und Hilfen zur Erziehung zuständig ist. Die
     Unterbringungskosten werden der Stadt Karlsruhe erstattet.

„„   Die Leistungs- und Entgeltverhandlungen für die Inobhutnahme und
     Hilfen zur Erziehung nach § 34 SGB VIII werden vom Sozialen Dienst
     und der Entgeltstelle/WJH, in der Regel (bei Inobhutnahme nach
     § 42 SGB VIII) unter Beteiligung beziehungsweise bei Hilfen zur
     Erziehung in Verantwortung des Kommunalverbandes für Jugend und
     Soziales Baden-Württemberg (KVJS) geführt. Die Vereinbarungen
     werden von den erstattungspflichtigen Bundesländern angefordert.
     Sie sind in der Regel Voraussetzung für eine Kostenerstattung nach
     § 89f SGB VIII.

GESCHÄTZTES PERSONAL- UND ARBEITSPLATZKOSTENAUFKOMMEN FÜR UMF
BEI DER SOZIAL- UND JUGENDBEHÖRDE DER STADT KARLSRUHE:

                                                                                                    2012              2013              2014
 Personalkosten Abteilung B                                                                              201.560 €         203.390 €         249.900 €
 Personalkosten Sozialer Dienst                                                                            59.300 €          59.300 €          70.930 €
 Personalkosten Wirtschaftliche Jugendhilfe                                                                56.320 €          70.700 €        105.600 €
 Gesamt-Personalkosten Sozial- und Jugendbehörde                                                         317.180 €         333.390 €         426.430 €
 Steigerung zu 2012 in %                                                                                                     + 5,1 %        + 34,44 %
SOZIAL- UND JUGENDBEHÖRDE | 5

                                                                                                2012              2013              2014
 Personal- & Gemein-/Sachkosten Abteilung B                                                         236.300 €         238.360 €         292.580 €
 Personal- & Gemein-/Sachkosten Sozialer Dienst                                                        70.630 €          70.630 €          84.330 €
 geschätzte Personal- & Gemein-/Sachkosten Wirtschaftliche Jugendhilfe                                 67.350 €          83.170 €       124.260 €
 Gesamt-Personal- & Gemein-/Sachkosten Sozial- und Jugendbehörde                                    374.280 €         392.160 €         501.170 €
 Steigerung zu 2012 in %                                                                                                 + 4,77 %      + 33,90 %

MASSNAHMEN UND ZIELE DER STADT KARLSRUHE
In den letzten Monaten ist es immer wieder zu krisenhaften Engpässen       Die Verteilung der Jugendlichen auf Einrichtungen im Land läuft sehr
bei der Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen        schleppend, sodass sich die Aufenthaltszeiten in der Inobhutnahme
(umF) gekommen.                                                            verlängern und die Zahl der untergebrachten Jugendlichen stetig steigt.
                                                                           Zum Zeitpunkt der Vorlagenerstellung sind folgende Einrichtungen
Seit Oktober 2014 kommen arbeitstäglich durchschnittlich zwei              vorhanden und belegt:
Jugendliche nach Karlsruhe, die von der SJB versorgt werden müssen. Seit
dieser Zeit stehen keine Plätze mit Betriebserlaubnis zur Verfügung. Die
Jugendlichen werden – wie oben angeführt – in sonstigen Einrichtungen
untergebracht und durch Jugendhilfeträger betreut.

BETRIEBSERLAUBTE EINRICHTUNGEN

 NAME DES TRÄGERS                                   ANSCHRIFT                                   PLÄTZE FÜR UMF               DAVON BELEGT
 Heimstiftung                                        Sybelstraße 13                             AJUMIs + MIKA +
                                                                                                Haus Noah +
                                                                                                Bereitschafts-
                                                                                                pflegefamilien
                                                                                                                  etwa 43                       40
 Hardtstiftung + ZEFIE – Theodor-Steinmann-Haus      Gartenstraße 27                                                     8                       8
 Schloss Stutensee                                   Stutensee                                                           2                       2
 gSofa                                               Rheinstetten                                                        5                       5
 Caritas – St. Augustinusheim                        Ettlingen                                                           4                       4
 Kolpinghaus                                         Karlstraße 115                                                      4                       4
 ZEFIE – Bereitschaftspflegefamilien                 Karl-Martin-Graff-Straße 12                                         5                       5
 amj-Ginal                                           Pforzheim                                                           2                       2
 Mädchengruppe Virginia                              Pforzheim                                                           1                       1
 Gesamt                                                                                                               74                        71

SONSTIGE EINRICHTUNGEN

 NAME DES TRÄGERS                                   ANSCHRIFT                                   PLÄTZE FÜR UMF               DAVON BELEGT
 Heimstiftung und AWO – Griesbachhaus 4. Etage       Sophienstraße 193                                                20                        20
 ZEFIE – Griesbachhaus 2. Etage                      Sophienstraße 193                                                30                        30
 ITL (Institut für transkulturelle Lösungen) –       Sophienstraße 193                                                20                        10
 Griesbachhaus 5. Etage
 ITL – Jugendherberge                                Moltkestraße 24                                                  20                        20
 Gesamt                                                                                                               90                        80
6 | UNBEGLEITETE MINDERJÄHRIGE FLÜCHTLINGE IN KARLSRUHE – DIE LEISTUNGEN DER JUGENDHILFE

KÜNFTIG GEPLANTE PLÄTZE

                                                                                                                             VORGESEHENE
 NAME DES TRÄGERS                                    ANSCHRIFT                                    PLÄTZE FÜR UMF             ERÖFFNUNG
 ITL                                                 Ostmarkstraße 31                                                   10        10. Februar 2015
 Heimstiftung                                        Sybelstraße 13                                                      8            1. März 2015
 ZEFIE                                               Karl-Martin-Graff-Straße 12                                        10            1. März 2015
 Heimstiftung                                        Augartenstraße 47                                                   8               Juni 2015
 AWO                                                 Augartenstraße 47                                                   8               Juni 2015
 Gesamt                                                                                                                44

Aus der Übersicht geht hervor, dass bei einem Zugang von täglich            „„   daran anschließende Reduzierung der Plätze in den betriebserlaubten
zwei Jugendlichen (Durchschnitt der vergangenen drei Monate) die                 Einrichtungen auf die in der Leistungs- und Entgeltvereinbarung
Platzkapazitäten spätestens am 5. März 2015 erschöpft sein werden.               festgelegten Auslastungsquoten. Dadurch entsteht ein
Da dann alle verfügbaren räumlichen und personellen Ressourcen                   Belegungspuffer für neu ankommende jugendliche Flüchtlinge.
in Karlruhe aufgebraucht sind, können keine Jugendlichen mehr in                 Dieses Ziel kann bei der augenblicklichen hohen Zahl von Zugängen
Karlsruhe untergebracht werden. Karlsruhe kann nicht alle umF, die nach          frühestens Ende 2016 erreicht werden.
Baden-Württemberg kommen, über einen längeren Zeitraum aufnehmen.
Über diesen Endpunkt der Aufnahme hinaus hat die Stadt Karlsruhe            Die Stadtverwaltung hat zur Entspannung der Aufnahmesituation sowohl
folgende Ziele:                                                             den Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS), den Städte- und
                                                                            Landkreistag als auch den Ministerpräsidenten Baden-Württemberg um
„„   Abbau der Plätze in der Jugendherberge bis 31. März 2015               Hilfe und Unterstützung gebeten.
     (Vertragsende),
                                                                            Gespräche über eine Verbesserung der Situation auf Landesebene stehen
„„   Abbau der Plätze im Griesbachhaus, schrittweise halbjährliche          noch aus.
     Schließung eines Stockwerkes, beginnend am 1. Oktober 2015 bis
     30. September 2016,

FAZIT
Die Stadt Karlsruhe ist mit Sitz der LEA zuständig für die Inobhutnahme     Die aktuell von der Stadt Karlsruhe in allen genannten Bereichen
unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge. Mit der Zunahme internationaler   eingerichteten Personalkapazitäten (etwa 11 Stellen, davon 8,5 Stellen
Fluchtbewegungen aus Kriegs- und Krisengebieten ist die Zahl junger         überplanmäßig und befristet) müssen erweitert werden. Dafür reichen
Menschen, die Hilfe in Deutschland suchen, sprunghaft gestiegen.            weder die bisherigen finanziellen noch räumlichen Spielräume aus.
Die damit verbundenen Jugendhilfebedarfe sind von den besonders
betroffenen Stadt- und Landkreisen wie Karlsruhe nicht zu decken. Mit       Auf verschiedenen Ebenen wurde und wird die hier beschriebene
bis zu fünfzig umF, die innerhalb eines Monats einen Vormund benötigen,     Situation von den Verantwortlichen der Stadtverwaltung Karlsruhe
in Obhut genommen und in den verschiedenen, zuvor beschriebenen             und der Kooperationspartnerinnen und -partner auf Landes- und
Belangen unterstützt werden, Hilfen zur Erziehung und damit fachlicher      Bundesebene geschildert. Eine positive Resonanz mit Blick auf eine
Leistungen des Sozialen Dienstes und der Jugendhilfeträger bedürfen,        Entlastung ist bisher nicht in Sicht.
für die eine Fallakte angelegt wird, Rechnungen der Jugendhilfeträger
bezahlt und erstattungspflichtigen Bundesländern Kosten in Rechnung
gestellt werden, erschöpfen die kommunalen, aber auch persönlichen
Ressourcen der beteiligten Fachleute.
SOZIAL- UND JUGENDBEHÖRDE | 7

                                                                                                                     Sozialer Dienst
                                                                                                                     „„ Altersfestsetzung
                                  Landeserstaufnahmeeinrichtung                                                      „„ Vormundbestellung beim

                                              (LEA)                                                                     Familiengericht
                                                                                                                     „„ Vermittlung zu Angehörigen

                                                                                                                        und Inobhutnahmestellen
                                         unbegleitete minderjährige                                                  „„ Verteilungsmanagement und
                                             Flüchtlinge (umF)
                                                                                                                        Verlegeplanung

                                                                                                                     Abteilung B/Vormundschaften
                                  Die Erstaufnahme erfolgt weitestgehend im
                                  Griebachhaus. Bei besonderen Problemlagen                                          „„ Kennenlernen, Erörterung der Flucht
                                  wird, unter der Voraussetzung, dass Plätze                                         „„ Beratung des Asylantrags

                                  frei sind, die Belegung von speziellen                                             „„ gegebenenfalls Antrag auf
                                  Inobhutnahmeplätzen vorgenommen.                                                      humanitäres Bleiberecht/Hilfe zur
                                                                                                                        Erziehung
               nur männliche unbegleitete                         andere unbegleitete
                 minderjährige Flüchtlinge                        minderjährige Flüchtlinge                          Wirtschaftliche Jugendhilfe
                                                                  (Mädchen, Kinder und                               „„ Übernahme der Kosten
                                                                  traumatisierte, männliche                          „„ Abwicklung der
                                                                  Jugendliche)                                          Kostenerstattungsansprüche

               Inobhutnahme in sonstigen
                     Einrichtungen

            Christian-                     andere
         Griesbach-Haus                Einrichtungen

„„ Heimstiftung
   und AWO gGmbH
„„ Zentrum für Individuelle

   Erziehungshilfen (ZEFIE)
„„ Institut für transkulturelle

   Lösungen (ITL)                                  Inobhutnahme in
„„ Jugendherberge Karlsruhe                betriebserlaubten Einrichtungen
   (DJH) und ITL                        (etwa 70 Plätze bei verschiedenen Trägern)
                                                                                                                 Angehörige,
                                                                                                         sonstige geeignete Personen
                                                                      Jugendhilfe-
                                             Pflegefamilien
                                                                     einrichtungen

                                                                                              „„ Heimstiftung
                                                                                              „„ Hardtstiftung in Kooperation mit ZEFIE
                                                                                              „„ Kolpinghaus

                                                                                              „„ Schloß Stutensee

                                                                                              „„ Augustinusheim

                                                                                              „„ gSofa

                                                                                              „„ amj Ginal

                                                                                              „„ Stift Sunnisheim

                             Asyl                                           Humanitäres Bleiberecht
             Verteilung auf Land- und Stadtkreise                         aktuell etwa 90 Personen bleiben
                    in Baden-Württemberg                                     in Karlsruhe und Umgebung

             vollstationäre              Jugendhilfe-                    vollstationäre               Jugendhilfe-
             HzE* Gruppen               einrichtungen                    HzE* Gruppen                einrichtungen

     * Hilfen zur Erziehung
© Stadt Karlsruhe | Layout und Grafik: F. Vorreiter | Gedruckt in der Rathausdruckerei auf 100 Prozent Recyclingpapier.
IMPRESSUM
Herausgegeben von

Stadt Karlsruhe
Sozial- und Jugendbehörde
Kaiserallee 4
76133 Karlsruhe
Telefon: 0721 133-5001
Fax: 0721 133-5009
E-Mail: sjb@karlsruhe.de

2. Auflage vom 9. Februar 2015
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