Verkannte Gefahr: Diabetes & Herz - Deutsche Herzstiftung
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T I T E LG E S C H I C H T E Verkannte Gefahr: Diabetes & Herz Jeder zweite Diabetiker stirbt an einem Herzinfarkt. Umgekehrt kommt es vor, dass ein Diabetes erst diagnostiziert wird, weil ein Patient seinen Arzt wegen Herzbeschwerden aufsucht. Wichtig ist es, die Zuckerkrankheit früh zu erkennen, um schwerwiegende Folgen an den Gefäßen und am Herzen zu vermeiden. Herr Professor Tschöpe, Herz und Diabetes – verläuft. Die Erkrankung entwickelt sich schlei- was für eine Beziehung ist das? chend, oft über einen langen Zeitraum hinweg. Professor Diethelm Tschöpe: Die meisten Pati- Sie richtet aber schon früh Schäden an den Blut- enten, die an der Zuckerkrankheit Diabetes melli- gefäßen an, etwa an Herzkranzgefäßen, jenen Blut- tus leiden, sterben an einer Erkrankung des Herz- gefäßen, die den Herzmuskel mit Sauerstoff und Kreislauf-Systems, am häufigsten an Herzinfarkt Nährstoffen versorgen. Der Herzinfarkt als erstes und Schlaganfall. Dieser Zusammenhang ist schon Symptom einer bereits seit Langem bestehenden, lange bekannt. Die Zahlen zeigen, dass das Risiko aber unentdeckt gebliebenen Zuckerkrankheit ist eines zuckerkranken Menschen, einer Herz-Kreis- nicht selten. Dies gilt auch für weitere Herzerkran- lauf-Erkrankung zu erliegen, im Vergleich zu einem kungen, beispielsweise Herzmuskelschwäche oder gesunden Menschen zwei- bis vierfach erhöht ist, Vorhofflimmern. Überspitzt könnte man sagen: bei Frauen mit Diabetes sogar bis zu sechsfach. Es Diabetes und Gefäßkrankheit – das sind zwei Sei- gibt aber auch die umgekehrte, weniger bekannte ten ein und derselben Medaille. Beide treten bereits Beziehung: Ein Drittel aller Patienten mit korona- früh gemeinsam auf, werden aufgrund fehlender rer Herzkrankheit ist von Diabetes betroffen – nach Symptome aber oft nicht rechtzeitig erkannt. Das manchen Quellen sogar über die Hälfte. Es kommt kann schlimme Konsequenzen haben. durchaus vor, dass ein Diabetes erst erkannt wird, wenn ein Patient seinen Arzt wegen Herzbeschwer- Was passiert mit den Gefäßen, wenn die Zucker- den aufsucht. Bei vielen Herzpatienten besteht zu- konzentration im Blut dauerhaft zu hoch ist? dem eine sogenannte gestörte Glukosetoleranz, die Die Folge eines permanent erhöhten Blutzucker- Vorstufe zum Diabetes. Herz-Kreislauf-Erkran- spiegels sind chemische Veränderungen von Prote- kungen und Diabetes – das ist eine grundsätzlich inen, etwa in der Gefäßwand. Je länger erhöhte Zu- gefährliche Konstellation. ckerspiegel bestehen, desto schwerwiegender sind die Veränderungen. Das Ergebnis ist, dass die Blut- Was macht diese Konstellation so gefährlich? gefäße an Elastizität verlieren und zu Arterioskle- Diabetes ist eine Stoffwechselerkrankung, die rose, zur sogenannten Gefäßverkalkung, neigen. zunächst meist symptomfrei, also ohne Anzeichen, Auch die Zellen des fließenden Blutes verändern 12 H E R Z H E U T E 3/ 2 01 9
Foto: Stiftung DHD / Heinz Heiss Im Gespräch mit HERZ heute: Professor Diethelm Tschöpe vom Herz- und Diabetes- zentrum Nord- rhein-Westfalen H E R Z H E U T E 3/ 2 019 13
T I T E LG E S C H I C H T E sich. Die Blutplättchen können bei Zuckerkranken oder aufgehoben. Das kann dazu führen, dass typi- Diabetes ist auch leichter verklumpen. Gefahr droht somit von zwei sche Beschwerden, mit denen sich ein Herzinfarkt wegen seiner Folgen für das Seiten: Zum einen schreitet die Arteriosklerose ankündigt, vom Diabetiker nicht wahrgenommen Blutgefäßsystem schneller voran, zum anderen besteht eine höhere werden. gefürchtet. Bereitschaft des Blutes, an den verhärteten Stel- len der Gefäßwand Gerinnsel zu bilden, die einen Was sind die Konsequenzen? Herzinfarkt provozieren. Mehr als die Hälfte der Diabetiker stirbt an ei- nem Herzinfarkt. Und die koronare Herzkrankheit In welcher Weise ist das Herz von den Verände- ist bei Zuckerkranken häufig: Meist sind mehrere rungen betroffen? Herzkranzgefäße, große und kleine, von Arterio- Obwohl zu viel Zucker im Blut schwimmt, kön- sklerose betroffen. Dadurch kommt es zu erhebli- nen die Herzmuskelzellen nur noch eingeschränkt chen körperlichen Leistungseinbußen. Die korona- Energie aus dem Zucker gewinnen. Dazu benö- re Herzkrankheit entwickelt sich bei Diabetikern tigen sie das körpereigene Hormon Insulin, das zudem schneller als bei nicht zuckerkranken Men- zuckerkranken Menschen entweder ganz fehlt schen und wird häufig von Herzmuskelschwäche oder in seiner Wirksamkeit eingeschränkt ist. Die und Rhythmusstörungen begleitet. Der plötzliche Herzmuskelzellen geraten dadurch in ein Energie- Herztod – auch als „dead-in-bed“-Syndrom be- defizit. Es kommt zudem zu Umbauprozessen, die zeichnet – ist bei Diabetikern etwa dreimal häufiger. Grafik: shutterstock / Naeblys den Herzmuskel steifer werden lassen. Er büßt an Anpassungsfähigkeit ein und kann weniger flexibel Gibt es einen Unterschied hinsichtlich des Herz- auf unterschiedliche Belastungen reagieren. Dies ist Kreislauf-Risikos bei zuckerkranken Frauen und unter anderem die Folge einer Schädigung der Ner- Männern? ven am Herzen, die bei Diabetes häufig auftritt: Die Bis zu den Wechseljahren sind Frauen aufgrund elektrische Leitfähigkeit der Nerven ist vermindert der weiblichen Geschlechtshormone vor Herz- 14 H E R Z H E U T E 3/ 2 01 9
T I T E LG E S C H I C H T E Kreislauf-Erkrankungen weitgehend geschützt. Wir regelmäßiger Bewegung den Übergang in einen sprechen vom prämenopausalen Hormonschutz. Diabetes verhindern, in jedem Fall aber verzögern. Bei Frauen mit Diabetes ist dieser Schutz häufig nicht mehr vorhanden. Nach Eintritt der Wech- Herz-Kreislauf-Erkrankungen bestimmen maß- seljahre, wenn die Produktion der weiblichen Ge- geblich die Lebenszeit von zuckerkranken Men- schlechtshormone zurückgeht, verschlechtert sich schen. Skandinavien und Nordamerika melden die Situation zusätzlich. Vor allem dann, wenn bei neuerdings weniger schwere Herz-Kreislauf- zuckerkranken Frauen weitere Risikofaktoren wie Ereignisse wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen oder bei Diabetikern. Gilt diese Trendumkehr auch starkes Übergewicht vorliegen. Interessanterweise für Deutschland? scheint Diabetes die bekannte Geschlechterdiffe- Die rückläufige Sterblichkeit an kardiovas- renz hinsichtlich des Risikos, eine Herz-Kreislauf- kulären Ereignissen wird auch bei Diabetikern Erkrankung zu erleiden, aufzuheben. in Deutschland beobachtet – allerdings in deut- lich geringerem Ausmaß als in Skandinavien und Sind frühe Stadien eines Diabetes nachweisbar? Aktuelle Studien zeigen, dass das Risiko, eine koronare Herzkrankheit zu entwickeln, bereits im ZAHLEN UND FAKTEN Vorstadium eines Diabetes deutlich erhöht ist. Bei vielen Patienten mit koronarer Herzkrankheit liegt Bis zu drei Viertel der Menschen mit Diabetes eine solche Störung vor. Ob das so ist, lässt sich versterben an Herzinfarkt oder Schlaganfall. mit einem Zuckerbelastungstest vergleichsweise einfach feststellen, fachsprachlich oraler Glukose- Das Risiko eines Diabetikers, eine Herz-Kreislauf- toleranztest genannt. Der Arzt misst dazu zunächst Erkrankung zu erleiden, ist zwei- bis vierfach erhöht; den Blutzuckerspiegel seines Patienten, der Patient bei Frauen sechsfach. trinkt sodann eine Zuckerlösung und nach einer gewissen Zeit wird der Zuckerspiegel im Blut er- Vom höheren Herz-Kreislauf-Risiko sind Menschen mit neut bestimmt. Steigt der Blutzuckerspiegel nach Typ-1- und Typ-2-Diabetes gleichermaßen betroffen. ein, zwei Stunden übermäßig stark an, weist das darauf hin, dass der Patient gefährdet ist, einen Bei bis zu 50 Prozent der Patienten, die bei einem Diabetes zu entwickeln. Oder es stellt sich heraus, Herzspezialisten in Behandlung sind, ist ein Diabetes dass bereits ein Diabetes vorliegt. nachweisbar oder die Vorstufe dazu, eine sogenannte gestörte Glukosetoleranz. Müsste bei jedem Patienten mit Herzkrankheit überprüft werden, ob bei ihm das Vorstadium Neue Zahlen zeigen: Von Herzschwäche sind deutlich mehr Diabetiker betroffen als bislang angenommen. eines Diabetes besteht? Grundsätzlich ja, und das gilt auch umgekehrt: Diabetiker können aufgrund einer gestörten Nerven- Bei Diabetikern mit einem entsprechenden Risiko- funktion körperliche Symptome weniger wahrnehmen. profil sollten der Gefäßstatus und die Herzfunktion Die Folge: stumme Infarkte, Herzrhythmusstörungen untersucht werden. oder plötzlicher Herztod. Gesetzt den Fall, bei einem Patienten mit koro- Etwa jeder fünfte Diabetiker zeigt im MRT Zeichen narer Herzkrankheit wurde die Vorstufe eines eines bislang nicht entdeckten Herzinfarkts. Diabetes festgestellt. Kann der Patient selbst et- was tun, um den Übergang in die Zuckerkrank- Quellen: heit hinauszuzögern oder gar zu verhindern? Stiftung „Der herzkranke Diabetiker“ in der Deutschen Diabetes- Stiftung: www.stiftung-dhd.de und Michael D. et al (2019): Prevalence Besteht ein Vorstadium zum Diabetes kann der and Prognosis of Unrecognized Myocardial Infarction in Asymptomatic Patient durch einen veränderten Lebensstil mit Patients With Diabetes. doi: 10.2337/dc18-2266 einer gesunden, ausgewogenen Ernährung und H E R Z H E U T E 3/ 2 019 15
T I T E LG E S C H I C H T E Nordamerika. Es bleibt hierzulande unverändert In Deutschland erhalten viel mehr Typ-2- bei einem zwei- bis vierfach höheren Auftreten von Diabetiker Insulin als in anderen europäischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wobei mittlerweile Ländern. Wird Insulin bei uns zu früh ver- die Herzschwäche besondere Aufmerksamkeit abreicht? erfährt. Die Situation in Deutschland lässt sich so be- schreiben: Bei uns erfolgt mehrheitlich keine per- Wie erklärt sich das? sonalisierte Behandlung zuckerkranker Menschen, Für den in Skandinavien und Nordamerika be- also eine Therapie, die sich am Gesamtrisikoprofil obachteten Rückgang sind maßgeblich die verbes- des einzelnen Patienten orientiert. In vielen Fällen serten Möglichkeiten der Herz-Kreislauf-Medizin ist nach wie vor die Blutzuckerkonzentration die verantwortlich. Das gilt sowohl für den Bereich der alleinige therapeutische Richtgröße. Ist der Blutzu- Prävention als auch für die modernen interventio- ckerspiegel hoch, ist das häufig Anlass, mit einer nellen Methoden, also etwa die Kathetertechnik, Insulintherapie zu beginnen. Das wiederum geht mit der das akute Koronarsyndrom oder der Herz- nicht selten mit einer Erhöhung des Gesamtrisikos infarkt behandelt werden kann. des Patienten einher, etwa aufgrund von Gewichts- Deutschland hat vor allem in der Prävention zunahme oder einer sich einstellenden ernied- einen deutlichen Nachholbedarf. Ein Beispiel ist rigten Insulinsensitivität, also der verminderten die Einstellung von Blutfettwerten: Hier werden Fähigkeit der Körperzellen auf das blutzuckersen- die in den Leitlinien empfohlenen – und für eine kende Hormon zu reagieren. Infolgedessen wird bessere Prognose erforderlichen Zielwerte – oft die Insulindosis in vielen Fällen fortgesetzt erhöht nicht erreicht. Dem kann nur durch eine kon- – bis hin zur kompletten Wirkungslosigkeit, weil sequente medikamentöse Therapie begegnet die Zellen die Botschaften des Hormons überhaupt werden. Auch der Grundsatz, dass jeder Patient nicht mehr wahrnehmen. Aus diesem Missstand individuell, seinem jeweiligen Risikoprofil ent- leitet sich die Forderung ab, jeden Patienten indi- sprechend behandelt werden muss, wird hierzu- viduell zu charakterisieren und einen persönlichen lande noch nicht durchgängig beachtet. Therapieplan im Hinblick auf die jeweiligen Pro- »HONIGSÜSSER DURCHFLUSS« Diabetes mellitus ist eine der ältesten Krankheiten 1921 entdeckten der kanadische Chirurg Frederick des Menschen. Die medizinische Bezeichnung lei- Banting und der amerikanisch-kanadische Bioche- tet sich von den griechischen Wörtern „diabetes“ miker Charles Best das blutzuckersenkende Hormon für Durchfluss und „meliteis“ für honigsüß ab. Ers- Insulin. Störungen im Haushalt dieses Hormons füh- te Empfehlungen zur Diagnose und Behandlung ren zu Diabetes: Ohne Insulin können die Zellen Trau- gibt bereits ein ägyptischer Papyrus aus dem Jahr benzucker (Glukose) aus dem Blut nicht nutzen und 1550 v. Chr. In der Neuzeit beschrieb der englische daraus Energie gewinnen. Arzt Thomas Willis (1621 bis 1675) die Krankheit de- Ab 1923 konnte das Hormon erstmals in größeren tailliert, einschließlich ihres wichtigsten Symptoms: Mengen hergestellt werden und war verfügbar, um „Der Harn der Kranken ist wunderbar süß, als sei er zuckerkranke Menschen zu behandeln. Zuvor war mit Zucker oder Honig durchtränkt.“ die Diagnose „Diabetes mellitus“ ein Todesurteil. Über die Jahrhunderte hinweg blieb das Wissen Das einzig gängige Mittel war eine „Hungerkur“: Die über Diabetes gering. Noch im Jahr 1920 nennt das Kranken wurden auf eine Diät von oft weniger als „Wörterbuch der medizinischen Terminologie“ als Ur- 500 Kalorien täglich gesetzt, die zwar den Sturz ins sache „wahrscheinlich einen zu vermehrter Zucker- diabetische Koma vermeiden und das Leben um ei- bildung führenden Reizzustand, bedingt durch eine nige Monate verlängern konnte, aber kein Segen für Überfunktion des chromaffinen Systems“. Im Jahr die Patienten war. 16 H E R Z H E U T E 3/ 2 01 9
T I T E LG E S C H I C H T E bleme und Bedürfnisse des Patienten zu erstellen. Bei älteren Patienten ist ein Wert unter acht Pro- Unumgänglich ist die Gabe von Insulin im Falle zent tolerabel. Die Absenkung des Blutzuckers mit des sogenannten Sekundärversagens, also dann, einer zu straffen Therapie und häufige Unterzu- wenn die medikamentöse Therapie nicht mehr die ckerungen können gefährlich sein. Insbesondere, gewünschte Wirkung zeigt und die körpereigene wenn Patienten schon älter oder bereits am Herzen Fähigkeit, Insulin herzustellen, erschöpft ist. Das erkrankt sind. Das Ziel beim HbA1c-Wert sollte muss durch die äußere Zufuhr von Insulin kom- in jedem Fall nicht über niedrige Werte „erkauft“ pensiert werden. werden. Es ist nur ein Durchschnittswert, der Aus- kunft darüber gibt, wie die Blutzuckereinstellung Aufgrund des engen Zusammenhangs von Typ- im letzten Vierteljahr war. 2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen wurden die Behandlungsleitlinien vor Kurzem Jüngste Studienergebnisse haben ergeben, dass angepasst – unter Fachleuten gilt das als Para- bestimmte neue Diabetesmedikamente das digmenwechsel. Herz-Kreislauf-Risiko von Zuckerkranken deut- Es gab eine lange Zeit der Orientierungslo- lich senken können. sigkeit. Die jüngste, im Jahr 2018 veröffentlichte Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und nachge- Therapieleitlinie der Amerikanischen und Europä- wiesenen kardiovaskulären Begleiterkrankungen ischen Diabetesgesellschaft empfiehlt, den Behand- sollten als blutzuckersenkende Wirkstoffe bevor- lungsplan an das individuelle Grundmuster der zugt sogenannte SGLT-2-Hemmer oder Inkretine Krankheitsentstehung eines Patienten und an sei- eingesetzt werden. Dieser Empfehlung liegen die ne Begleiterkrankungen anzupassen. Die Therapie Resultate aktueller Studien wie EMPA-REG OUT- muss heute patientenzentriert sein. Mit anderen COME, DECLARE, LEADER und SUSTAIN zu- Worten: Die Herz-Kreislauf-Situation und andere grunde: Sie konnten überzeugend den Nutzen der individuelle Besonderheiten des Patienten werden neuen Substanzen hinsichtlich des Vermeidens bei der Behandlung ebenso berücksichtigt wie der schwerer kardiovaskulärer Ereignisse wie beispiels- Blutzuckerspiegel. Entscheidend ist, dass es nicht weise Herzinfarkt zeigen. Auch bei Herzschwäche um einen Risikofaktor allein gehen kann. Und es erwiesen sie sich als vorteilhaft. kann auch nicht um die Frage gehen, ob nun der Bluthochdruck oder die erhöhten Blutfette als Risi- Was raten Sie den Patienten? kofaktoren wichtiger sind als der hohe Blutzucker. Das Krankheitsbild des herzkranken Diabeti- Es gilt, alle Risikofaktoren den Zielwerten gemäß kers ist eine interdisziplinäre Herausforderung. einzustellen. Nur von einer Behandlungsstrategie, Die Patienten sollten dazu ermutigt werden, die die alle Risikofaktoren gleichermaßen berücksich- entsprechende Behandlung einzufordern. tigt, ist zu erwarten, dass sie das Herz-Kreislauf-Ri- siko von zuckerkranken Menschen normalisieren kann. Das konnten Daten des nationalen schwedi- schen Diabetesregisters kürzlich noch einmal ein- drucksvoll bestätigen. Und in welcher Größenordnung soll danach der HbA1c-Wert – das sogenannte Blut- Prof. Dr. med. Dr. h.c. Diethelm Tschöpe ist Klinikdirektor im zuckergedächtnis – bei herzkranken Diabe- Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen in Bad tikern eingestellt werden? Oeynhausen und Vorsitzender der Stiftung „Der herzkranke Ideal wäre sicher ein HbA1c-Wert unter sie- Diabetiker“ in der Deutschen Diabetes-Stiftung, die es sich ben Prozent, wenn er therapeutisch erreichbar ist. zum Ziel gesetzt hat, Diabetespatienten zu informieren und den Dialog aller beteiligten Fachgruppen voranzubringen. Sein Grundsätzlich sollte der Zielwert aber immer in- wissenschaftlicher Schwerpunkt ist die Versorgungsforschung dividuell definiert werden. Das ist abhängig vom bei Stoffwechsel-, Herz-, Kreislauf- und Gefäßerkrankungen. Krankheitsbild und den begleitenden Problemen. Kontakt: diethelm.tschoepe@ruhr-uni-bochum.de H E R Z H E U T E 3/ 2 019 17
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