"Unterwegs mit dem Dschungelexpress"- Die Gleichenbergerbahn im Wandel der Zeit - Steirisches ...
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Bundesoberstufenrealgymnasium | 8330 Feldbach | Pfarrgasse 6 Vorwissenschaftliche Arbeit „Unterwegs mit dem Dschungelexpress“- Die Gleichenbergerbahn im Wandel der Zeit vorgelegt von Martin Hasenburger 8C Betreuer OStR Prof. Mag. Josef Ganster Feldbach, Februar 2016
Abstract Mobilität war und ist von zentraler Bedeutung für die Menschheit. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wo Autos noch selten anzutreffen waren, spielten die Eisenbahnen, vor allem auch die Nebenbahnen, eine entscheidende Rolle. Die Gleichenbergerbahn, die dazu zählt, ist heute nicht nur als Nolstalgiebahn unterwegs, sondern hat auch noch immer eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung. Beide Aspekte werden in der vorliegenden Arbeit genauer analysiert. Des Weiteren erfährt man viel über die Schienenfahrzeuge, die aktuell bzw. früher auf dieser Strecke verkehren bzw. verkehrten. Auch die geschichtliche Entwicklung mit all ihren Schwierigkeiten ist eines der Hauptthemen. Die wissenschaftlichen Methoden waren zum einen das Analysieren von Diagrammen, die auf Basis der Daten der Steiermärkischen Landesbahnen (STLB) eigenständig erstellt wurden. Des Weiteren sind eigene Fotos des Fuhrparkes und eine Befragung der STLB in die Arbeit eingebaut. Um den geschichtlichen Verlauf interessanter zu gestalten, wurden auch Originalzitate von alten Geschichtsbüchern und Zeitungen integriert.
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ...................................................................................................................................... 4 2 Historische Entwicklung ............................................................................................................... 5 2.1 Feld-und Normalspurbahn in Feldbach/Mühldorf (1915/1918) ........................................... 5 2.2 Erste Besprechungen für einen Bau nach Radkersburg ........................................................ 6 2.3 Der Bahnbau Feldbach-Bad Gleichenberg............................................................................. 9 2.4 Die Bahnlinie wird eröffnet ................................................................................................. 11 2.5 Zerstörung und Wiederaufbau ............................................................................................ 13 3 Fuhrpark ..................................................................................................................................... 15 3.1 Fuhrpark der Feld- und Normalspurbahn in Feldbach/Mühldorf (1915/18) ...................... 15 3.2 Fuhrpark der fertiggestellten Gleichenbergerbahn ............................................................ 15 3.2.1 E-Lok E 41 ...................................................................................................................... 15 3.2.2 Triebwägen ET 1/ET 2 ................................................................................................... 16 3.2.3 Rangiertraktor RT 1 ....................................................................................................... 17 3.2.4 Motorbahnwagen X 51 und Turmwagen X 59 .............................................................. 18 3.2.5 Personenwaggons ......................................................................................................... 18 3.2.6 Güterwaggons ............................................................................................................... 19 3.2.7 Weitere Zugfahrzeuge .................................................................................................. 20 4 Verkehrsdienstleistungen........................................................................................................... 21 4.1 Personenverkehr ................................................................................................................. 21 4.1.1 Feld- und Normalspurbahn in Feldbach/Mühldorf (1915/18) ..................................... 21 4.1.2 Bahnlinie Feldbach-Bad Gleichenberg (ab 1931).......................................................... 21 4.1.3 Beginn der Aufzeichnungen .......................................................................................... 22 4.1.4 Ab 2000 ......................................................................................................................... 24 4.1.5 Heutige Situation und Blick in die Zukunft ................................................................... 27 4.2 Güterverkehr ....................................................................................................................... 28 4.2.1 Feld- und Normalspurbahn in Feldbach/Mühldorf (1915/18) ..................................... 28 4.2.2 Bahnlinie Feldbach-Bad Gleichenberg (ab 1931).......................................................... 29 4.2.3 Beginn der Aufzeichnungen .......................................................................................... 29 4.2.4 Heutige Situation und Blick in die Zukunft ................................................................... 32 5 Fazit ............................................................................................................................................ 34 Literaturverzeichnis ....................................................................................................................... 35 Abbildungsverzeichnis ................................................................................................................... 38 Anhang .......................................................................................................................................... 40
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin 1 Einleitung Ringelspielbahn, Dschungelexpress, Gleichenbergerbahn. Bei Erwähnung dieser Begriffe wusste man früher sogar noch in Wien, welche Eisenbahn hier gemeint ist. Heute kennen nur mehr die wenigsten diese Umschreibungen und viele Personen der südoststeirischen Region wissen oft nicht einmal mehr, dass hier eine Bahnlinie existiert. Auch nur wenige der Fahrgäste ahnen welche geschichtliche Entwicklung hinter dieser Bahnstrecke steckt. Von der Idee und Planung her die älteste, bezüglich der Fertigstellung die jüngste Zugverbindung der Steiermärkischen Landesbahnen (STLB). Mit Steigungen von bis zu 42 Promille schlängelt sich die Bahn mit einer Höhendifferenz von über 130 Metern durch das südoststeirische Hügelland. Die Trassenführung durch den Wald verhalf ihr auch zum Namen Dschungelexpress, welcher bereits im Titel der VWA integriert ist. Die Arbeit versucht die Bahnlinie Feldbach-Bad Gleichenberg von den ersten Besprechungen beginnend, bis ins Jahr 2015 in vielfältiger Hinsicht zu beschreiben. Dazu wurden alte Protokolle analysiert, Zeitungsartikel zitiert, Internetrecherchen durchgeführt, auf Schreibforen Informationen gesammelt und die wenigen vorhandenen Bücher zur Bahn gelesen. Die zwei bedeutendsten Literaturquellen sind vom oststeirischen Heimatforscher Prof. Johann Schleich. Diese wurden besonders für das erste Kapitel im Hauptteil als Basis verwendet. Die darin nicht beschriebenen Details wurden durch weitere Bücher ergänzt. Für den Fuhrpark waren Bücher, das Infomaterial der STLB, aber auch persönliche Beobachtungen ausschlaggebend. Ein Hauptziel der Arbeit war die Analyse der Bahn in wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht und aufzuzeigen, welche Bedeutung sie für die anliegenden Orte darstellt. Des Weiteren erfährt man im dritten bzw. letzten Kapitel, was im Laufe der Jahre transportiert wurde und welche Projekte gestartet wurden, um diese Bahnlinie zu erhalten. 4
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin 2 Historische Entwicklung 2.1 Feld-und Normalspurbahn in Feldbach/Mühldorf (1915/1918) Der Grundstein der Gleichenbergerbahn wurde in Feldbach bzw. Mühldorf gelegt. Wichtig dafür war die Verbindung zwischen dem Bahnhof Feldbach und einem Kriegsgefangenenlager östlich von Feldbach, in dem zeitweise bis zu 50.000 Gefangene und Wachmannschaften untergebracht waren. Da immer wieder Materialien vom Bahnhof benötigt wurden, verkehrten auf dieser Strecke täglich mehr als 100 Fuhrwerke, die von Pferden gezogen wurden. Die Ausscheidungen der Tiere verbunden mit Niederschlägen machten den Weg jedoch unbefahrbar. Aus diesem Grund wurde Anfang Jänner 1915 eine Feldbahn mit Benzinmotor beantragt. Am 10. Jänner kam es bereits zur Begehung der Schleppbahnführung, die vom Lager, entlang der Gleichenbergerstraße über die Ungerstraße und Bürgergasse, zum Bahnhof führte. Es existierten noch Verzweigungen, wie beim Lager zum Steinberg Mühldorf, beim ehemaligen Kaufhaus Gortan Richtung Hauptplatz über die Grazerstraße zum Steinbruch Unterweißenbach und zur Ertlermühle an der Raab. Dank diesem 600mm- bzw. 760mm-Schmalspurschienennetz (die Angaben in der Literatur variieren) konnte der Materialtransport nun auf Schienen erfolgen. Da für den Bau hauptsächlich Kriegsgefangene eingesetzt wurden, verursachte der Bahnbau keine hohen Kosten. Aufgrund der verspäteten Ankunft der zwei Feldbahnlokomotiven, wurden die Anhänger zunächst von den Kriegsgefangenen geschoben. Der Bahnlinienausbau innerhalb des Lagers erfolgte sukzessive in die einzelnen Bereiche. Zuerst spielte sich der Bahnbetrieb beim Lagerbahnhof (heutiger Lokalbahnhof) südlich der Gleichenbergerstraße ab, wo eine provisorische Lokomotivenremise errichtet wurde. Mit zunehmenden Bahnverkehr und größerem Fuhrpark wurde ein Feldbahnhof außerhalb des Lagers in der heutigen Franz Seiner-Gasse errichtet. Ende Juli des Jahres 1915 wurde das Lager teilweise in ein Spital umgewandelt. Daher gab es einen eigenen Krankentransport, der vom Bahnhof Feldbach verwundete Soldaten durch die Stadt entlang der Bürgergasse, Ungarstraße und Gleichenbergerstraße in das Lager brachte. Da die Stadtbewohner Seuchen fürchteten, wurde ein zweiter Anschluss an den Bahnhof Feldbach gelegt. Dieser kreuzte die Raab und die Europastraße, wo jeweils eine Brücke errichtet wurde. Dank einer Kooperation zwischen Bahnbau und Raabregulierung kostete Ersteres statt 240.000 Kronen nur 70.000 Kronen. Diese neu erbaute Bahnstrecke war wie die Bahnlinie Feldbach-Graz in Normalspurbreite gebaut. Im 5
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin Oktober 1916 wurde aus Holzmangel die Erbauung eines Sägewerkes am Lagerrand geplant (Abb.1). Aus dem Bauprotokollbeschluss:1 „Von der bereits erbauten normalspurigen Schleppbahn in das Lager an der Raabbrücke abzweigend wird ein Stützgeleise über die Mitte des zu erweiternden Holzplatzes gelegt. Am Ende dieses Stüzgeleises kommt die Sägehalle zur Aufstellung.“2 Auch hier musste eine Sägewerk Straße überbrückt werden. Dieses neue Gleis war ebenfalls in Normalspur- breite gebaut. In dieses 1435mm-Schienennetz Feldbahnhof wurde später für die Feldbahn eine Schmalspur hineingesetzt. Bahnhof Feldbach Die Normalspurbahn wurde bis 1917 zum Abb. 1: Die Normalspurbahn vom Bahnhof Feldbach in den Lagerbahnhof und in das Kilometer zwei und bis 2. Sägewerk November 1918 bis zum Kilometer fünf ausgebaut und ist ein Teil der späteren Gleichenbergerbahn. In diese Normalspurbahn wurde für die Feldbahn bis zum Kilometer 4.4 ein Schmalspurgeleise integriert. Die Bahn reichte bis nach Oedt, wo Kohle aus einer Lagerstätte geholt wurde.3 2.2 Erste Besprechungen für einen Bau nach Radkersburg In einem 1916 erstellten Protokoll heißt es: „Das Bahnprojekt Feldbach-Gleichenberg-Radkersburg ist seit dem am 13. Mai 1873 veröffentlichten Gesetze über die Sicherstellung einer Eisenbahnverbindung von Wien über Radkersburg an die steirische Grenze nicht mehr von der Tagesordnung verschwunden und steht sowohl als Teilstück dieser besonders seit dem Jahre 1907 wieder hochaktuell gewordenen Bahnverbindung von Wien nach Dalmatien, als auch als selbständiges Lokalunternehmen ununterbrochen im Vordergrunde der Erörterungen in den öffentlichen Körperschaften.“4 1 vgl. Schleich, 2013, S. 3 f. 2 ebd., S. 4 3 vgl. ebd., S. 4 f. 4 ebd., S. 29 6
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin Somit zeigt sich, dass die Bahnlinie von Gleisdorf Feldbach nach Radkersburg bereits seit Graz Radkersburg 1873 im Gespräch ist. Ein wichtiger Grund dafür war der Wunsch nach einer ununterbrochenen Eisenbahnlinie von Wien nach Spalato (Split), die für das Habsburgerreich einen enormen militärischen Nutzen aufgewiesen hätte, Karlstadt denn dadurch wäre die große Rüstungslinie von Norden nach Süden vervollständigt worden (Abb.2). Die Bahn wäre durch die Richtpunkte Wien-Aspang-Hartberg- Gleisdorf-Feldbach-Gleichenberg- Radkersburg-Luttenberg-Friedau gegeben. Spalato Jedoch sahen auch die Orte der Südoststeiermark ihren wirtschaftlichen Abb. 2: Geplante Reichsbahnlinie Wien-Spalato (Ausschnitt!) Nutzen in dieser Bahn, weshalb lange über die Trassenführung von Feldbach nach Radkersburg diskutiert wurde. Die erstgenannte Trasse, welche 1886 vom Handelsministerium bewilligt wurde, führt von Feldbach mit einem kleinen Einschnitt beim Prädibauer bis Maierdorf, setzt dann mit einem kleinen Tunnel nach Trautmannsdorf über und geht im breiten Stradnertale bis Purkla fort, wo sie dann an die Radkersburger Bahn anschließt. Zwischen 1907 und 1909 fanden in Fehring (Abb.3), Straden und Ilz Eisenbahntage statt, die einen Einfluss auf die Trassenführung hatten. Fehring wollte auch an die Bahn angeschlossen werden, was jedoch abgelehnt wurde, mit der Begründung, dass man sich auf Rutschterrain befinden würde und zusätzlich von Fehring nach Abb. 3: Einladung zum Eisenbahntag in Fehring Gleichenberg kein besonderer Bedarf an Verkehrsmittel gegeben sei. In Ilz wurde sogar eine Trassenführung ausgehend von Gleisdorf über Ilz nach Feldbach mit einer Abzweigung bei Neustift Richtung Söchau diskutiert. 7
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges am 28. Juni 1914 verlagerten sich die Prioritäten des Abgeordnetenhauses vorerst auf andere Schwerpunkte. Jedoch wurde diese Bahn von verschiedenen Parteien immer stärker gefördert, weshalb es auch am 15. Mai 1916 bei der Militärbauleitung zu einer Besprechung über den Weiterbau der bereits vorhandenen Normalspurbahn (siehe 2.1) kam. Anwesend waren alle wichtigen Bezugspersonen der Region, wie zum Beispiel die Bürgermeister von Feldbach, Gleichenberg und Radkersburg. (Dr. Josef König, Josef Wagner und Oswald von Kodolitsch). Man kam zum Ergebnis, dass es mehrere wichtige Gründe für den Weiterbau gab. Zunächst würde die Bahn die Lebensmittelversorgung für das Lager erleichtern, wo bereits eine Lebensmittelknappheit herrschte. Auch für die Holzbeschaffung bräuchte man die Bahn dringendst, da der Bahnhof Feldbach bereits stark frequentiert war und das Bau- und Brennholz billig mit der Bahn aus Gleichenberg, Poppendorf und Straden ins Lager befördert werden könnte. Des Weiteren würde die Bahn für den Wassertransport benötigt werden, denn durch die begrenzte Anzahl an Pferden konnte das Gleichenberger-Wasser vom Kurort nur beschränkt heraustransportiert werden. Der Bahnbau hätte aus verschiedenen Gesichtspunkten sofort beginnen sollen. Die Finanzierung der 37 Kilometer langen Strecke war bereits seit dem Jahr 1913 gesichert. Das Baukapital betrug 8.525.000 Kronen. 1917 erschien das Druckwerk „Die wirtschaftliche Bedeutung des Ausbaues der oststeirischen Eisenbahnlinien“, in dem die Finanzierung detailliert beschrieben ist: „Der Staat gewährt einen in Aktien zu refundierenden Beitrag von 2.000.000. Kronen, das Land hat 800.000 Kronen, die Interessenten haben 955.000 Kronen in Aktien zu übernehmen, das Resterfordernis per 4.770.000 Kronen soll durch Ausgabe von Prioritätsaktien gedeckt werden.“5 Für die Bauleitung schien dies ein einwandfreies Vorhaben zu sein, weshalb auch am 3. Juni 1916 an das k. u. k Kriegsministerium ein Schreiben erging, in dem zusätzlich argumentiert wurde, dass sich durch den in Bau begriffenen Bahndamm bereits die Arbeitskräfte als auch die Maschinen und Werkzeuge für ein Vorhaben wie dieses in Feldbach befinden würden. Vom Kriegsministerium erfolgte eine abweisende Entscheidung, was die Interessenten der Bahnlinie nicht davon abhielt, weiter Druck auszuüben. Am 19. September desselben Jahres beschwerte sich die Gemeinde Gleichenberg bei der Militärbauleitung Feldbach, dass tausende Kurgäste aufgrund fehlender Verkehrsmittel nicht in den Kurort gelangen könnten. Die Bauleitung schickte daraufhin am 12. Oktober eine Nachricht an die Quartiermeisterabteilung nach Villach: „Es ist vorgekommen, dass sich kranke Offiziere und Mannschaftspersonen sowie hunderte Zivilpersonen tagelang in Feldbach in notdürftigen Unterkünften aufhalten mussten, da sie wegen der requirierten Fuhrwerke nicht nach Gleichenberg befördert werden konnten.“6 5 Schleich, 2011, S. 3 8
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin Im Jahr 1917 wurde jedoch nur das Detailprojekt von Feldbach bis Oedt genehmigt, was bereits im Kapitel 2.1 beschrieben ist.7,8 2.3 Der Bahnbau Feldbach-Bad Gleichenberg Nach jahrelangem Brief- bzw. Streitverkehr zwischen der Bauleitung und dem Kriegsminister setzte sich der Landesrat und spätere Vizekanzler Franz Winkler energisch für diese Bahn ein. Da ihm als Landesrat das Referat Landes-Eisenbahnen unterstand, brachte er mit seiner Partei Landbund am 2. Dezember 1924 einen Antrag ein. In diesem appellierte er an die Landesregierung, sie sollte mit der Bundesregierung verhandeln, dass ein mindestens gleich hoher Geldbetrag in die Bahnlinie Feldbach-Gleichenberg (Radkersburg) investiert wird, wie für die Bahnlinie Landeck-Tösens bereits genehmigt wurde. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Bei dieser Sitzung sprach auch der Abgeordnete Hans Roth aus Gnas von der Christlich-Sozialen Partei über die Schwierigkeiten beim Transport von landwirtschaftlichen Produkten aus dem Obstbau und der Agrarwirtschaft, verursacht durch die im Sommer staubigen und in den übrigen Jahreszeiten morastigen Straßen. Da die Christlich-Soziale Partei die Bahntrasse durch Gnas forderte, wurde zwischen den Parteien lange diskutiert. Die Bevölkerung blieb 14 Monate uninformiert, bis dann im Jänner 1926 schlussendlich die Zustimmung der Bundesregierung zum Bauvorhaben einlangte, inklusive der Bestätigung, dass 45% bereits in das Bundesbudget 1927 eingeplant worden ist. Der gleiche Betrag sei vom Land zu leisten und 10% müssten die Interessenten aufbringen. Das geschätzte Baukapital ist durch die starke Inflation nach dem Ersten Weltkrieg vom bereits genannten Wert 8.525.000 Kronen auf 86 Milliarden Kronen bzw. 8,6 Millionen Schilling gestiegen (Vergleichsweise kostete zu dieser Zeit ein Kartoffelgulasch mit Gebäck und einem Glas Bier 1,20 Schilling). Am 27. Februar des gleichen Jahres wurde das Projekt auch bei der Landtagssitzung einstimmig angenommen. Die endgültige Trasse, die im Jänner bereits politisch begangen wurde, stand nun fest und sollte den Wirtschaftsraum Gnas miteinbeziehen, wodurch die Bahnstrecke um sieben Kilometer verlängert wurde. Sie führt durch Oedt, Prädiberg, Gnas, Maierdorf und Trautmannsdorf nach Gleichenberg. Die Strecke wurde nun in einzelne Bauabschnitte unterteilt, wobei Remisen, Bahnhofsgebäude, Haltestellen, Brücken und Unterführungen extra vergeben wurden. Anschließend begann die Anwerbung von über 1000 Hilfsarbeitern, 200 bis 300 Facharbeitern –––––––––––––––––––––––––– 6 Schleich, 2013, S. 36 7 vgl. ebd., S. 29 ff./S. 35 f. 8 vgl. Schleich, 2011, S. 1 ffff. 9
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin und etwa 120 Ingenieuren, technischen Zeichnern, Lagerverwaltern usw. Von den ursprünglich geplanten 1000 Hilfsarbeitern wurden bei Baubeginn - am 12. Oktober 1926 wurde der Spatenstich durch Bundespräsident Hainisch vorgenommen - 580 Personen eingestellt, von denen jedoch nach kurzer Zeit ein Großteil die Baustelle verließ (Begründung: siehe Zitat unten), sodass die Bauleitung um eine weitere Zuweisung von Arbeitern ansuchte, um wenigstens 390 Arbeiter zur Verfügung zu haben. Im August 1927 wurde im Arbeiterwille (Zeitung) ein Artikel veröffentlicht: „Die Baracken […] sind unrein. Kein Wasser ist vorhanden, dies muss zwei Stunden weit zugetragen werden. Die Waschgelegenheit ist unter jeder Kritik, denn für eine ganze Baracke ist nur eine Waschlavoire vorhanden.“9 Dies ist nur einer von mehreren Berichten, in denen die Arbeitsverhältnisse sehr einseitig beschrieben werden. Trotz allem können die geschaffenen Arbeitsplätze zur Zeit der hohen Arbeitslosigkeit gar nicht hoch genug bewertet werden. Es fanden hier viele kleine Bauern Arbeit, für die es eine gute Nebeneinkunft darstellte. Durch den Bahnbau kamen jedoch auch viele „Fremdarbeiter“, meist aus den östlichen Bundesländern, die bei den anliegenden Bauern ein Quartier bekamen. Die Abschnittsbauleitungen hatten sich in den größeren Ortschaften niedergelassen. Der Bahnbau wurde aber nicht von allen Personen begrüßt. In Feldbach warteten am Bahnhof jeden Tag bis zu 30 Kutschen, welche die Kurgäste nach Gleichenberg chauffierten. Die sogenannten Fiaker waren gegen diese Bahn, die nach Fertigstellung die Gäste direkt nach Gleichenberg befördern würde und ihnen somit die Arbeitsgrundlage nehmen würde. Ebenso die Posthalter (so nannte man die Pferde- und Kutschenbesitzer), die vom Transport des Mineralwassers sehr profitierten. Gleichenberg jedoch erhoffte sich durch die erleichterte Anreise wesentlich mehr Gäste, vor allem aus Graz und eventuell auch aus Wien. Die Bauarbeiten gestalteten sich aufgrund des hügeligen Geländes besonders schwierig. Um zu Abb. 4: Gewaltiger Erdeinschnitt mit Arbeitern und Lokomotive im Hintergrund große Steigungen zu vermeiden, mussten einerseits riesige Terrassen aufgeschüttet werden und andererseits tiefe Erdeinschnitte (Abb.4) gegraben werden. Zusätzlich mussten Stützmauern, Brücken und umfangreiche Entwässerungen konstruiert und errichtet werden. Damit die Bevölkerung die Bahn queren 9 Schleich, 2007, S. 47 10
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin konnte, mussten unzählige Durchlässe gegraben werden. Für die Bahndammaufschüttung wurden gewaltige und teilweise sehr lange Holzgerüste erbaut (Abb.5). Auf Tunnel wurde bei dieser Trassenführung gänzlich verzichtet. Ein sehr trauriger Vorfall ereignete sich am 29. November 1927 in Trautmannsdorf bei Kilometer 20.3, wo es bei Erdarbeiten zu einem Hangrutsch kam, bei dem acht Menschen starben und vier schwer verletzt wurden. Daran Abb. 5: Riesiges Holzgerüst für die Bahndammaufschüttung in Katzendorf erinnert noch eine Gedenktafel mit den eingravierten Namen, die beim Unfallsort aufgestellt wurde. Ein weiterer Todesfall ist in Oedt zu vermerken, wo ein Bahnarbeiter ebenso bei einem Erdrutsch verschüttet wurde. In Trautmannsdorf, wie auch in anderen Gebieten, wurden zum Materialtransport vorübergehend Schmalspurbahnen errichtet. Bereits während des Bahnbaus wurden auf der Normalspurbahn Dampflokomotiven eingesetzt, die mit zahlreichen Waggons Holz und andere Materialien beförderten. Am 10. Dezember 1928 wurde die Konzession für den Betrieb der elektrischen Lokalbahn erteilt. Daher wurde in Gnas von der Elin AG eine Gleichrichterstation errichtet, die den von der STEWEAG hergeleiteten 20 kV-Drehstrom gleichrichtete und mit 1500V in die Fahrleitung einspeiste. Die enormen Kosten, verursacht durch tiefe Einschnitte, hohe Aufschüttungen und viele Unterführungen, zeigten bald, dass eine Fortführung der Bahnlinie von Gleichenberg nach Radkersburg nicht möglich ist.10,11,12,13 2.4 Die Bahnlinie wird eröffnet Am Sonntag, den 14. Juni 1931 wurde die 21,214 Kilometer lange Bahnlinie mit einer Spurbreite von 1435mm (Normalspur) nach zirka vierundeinhalb Jahren Bauzeit eröffnet. Der Bahnbau dauerte länger als erwartet, weshalb die Eröffnung mehrmals verschoben werden musste. An der Eröffnungsfeier nahm auch Bundespräsident Miklas teil. Somit waren nach Hainisch, der den Spatenstich vornahm, zwei Bundespräsidenten am Bahnbau involviert, was die damalige Wichtigkeit verdeutlicht. Des Weiteren waren der Minister für Handel und Verkehr Heinl, 10 vgl. Schleich, 2013, S. 47 f. 11 vgl. Schleich, 2011, S. 23 ff. 12 vgl. Prassl, 1988, S. 335 13 vgl. Marktgemeinde Gnas, 1991, S. 85 11
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin Innenminister Winkler und Landeshauptmann Dr. Rintelen anwesend. Die Feier begann beim reichlich geschmückten Bahnhof Feldbach, wo der Feldbacher Bürgermeister Schaar und der Oedter Bürgermeister Trummer die Begrüßungsansprachen hielten. Danach fuhr die verzierte Gleichenbergerbahn, die aus einer Lokomotive, zwei Personenwaggons und zwei Triebwagen bestand, in Richtung Gnas, wo der Präsident von Bürgermeister Meixner und Nationalrat Roth begrüßt wurde. Roth, der sich für den Anschluss an Gnas stark gemacht hatte, dankte allen Personen, die sich für dieses Projekt in der bestehenden Form eingesetzt hatten. Die Festgäste wurden bei den einzelnen Stationen von der Bevölkerung feierlich empfangen. An der Unfallstelle in Trautmannsdorf, wo eine Gedenktafel an den schrecklichen Vorfall erinnern soll, wurde der Verstorbenen gedacht. Die große Eröffnungsfeier fand schließlich am Bahnhof von Bad Gleichenberg statt. Hier wurden offiziell nochmals alle Gäste begrüßt und der Bürgermeister von Bad Gleichenberg, Dr. Haus-Hausen, hielt eine Ansprache. Bereits bei dieser Eröffnungsfeier wurde über die möglichen Probleme der Bahn gesprochen. Ein Auszug aus der Rede des Landeshauptmannes Rintelen: „Eine gewisse Tragik wollte es, dass die wirtschaftlichen und die Verkehrsverhältnisse während des Baues der Bahn eine volle Umwälzung erfuhren, sodass durch die Entwicklung des Autoverkehrs die wirtschaftliche Funktion und Ertragsfähigkeit der Bahn schwer beeinträchtig wurden.“14 Die Festfeier wurde im Mailandsaal beendet. Am darauffolgenden Tag wurde der offizielle Personen- und Güterverkehr aufgenommen. Die Betriebsführung übernahm das Steiermärkische Landeseisenbahnamt. Am 4. April 1932 wurde die Aktiengesellschaft Lokalbahn Feldbach-Bad Gleichenberg gegründet (Abb.6). Überraschenderweise genehmigte das Bundesministerium für Abb. 6: Eine Aktie der Lokalbahn im Wert von 1000 Schilling Handel und Verkehr am 2. Juli dieses Jahres technische Vorarbeiten für die Weiterführung nach Purkla. Es blieb jedoch beim Planungsstadium, denn danach wird nichts mehr von diesem Projekt berichtet. Nach Fertigstellung der Bahnstrecke wurde noch lange über die Trassenführung diskutiert und über die Sinnhaftigkeit, dass der Wirtschaftsraum Gnas in die Bahnlinie miteinbezogen wurde. 14 Schleich, 2013, S. 57 12
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin In den „Skizzen der Zeit“ schrieb Dr. Anatol Fuksas über Alfred Graf Brussell-Schaubeck, den Präsidenten des Gleichenberger und Johannisbrunnen‘ Aktienvereins. „Er machte den Vorschlag, wie auf dem kürzesten und billigsten Weg eine Bahnverbindung von Feldbach nach Bad Gleichenberg hergestellt werden könnte, nämlich, indem man die Bahnlinie von Feldbach über Mühldorf, Untergiem, Dorf Gleichenberg in den Kurort führt. Die Strecke ist bis auf einen Durchstich beim Taxberg eben, kein Rutschgelände, nur rund acht Kilometer lang und könnte mit hoher Geschwindigkeit befahren werden. […] Für den Kurort hätte ein Stechgleis bis zur Villa Possenhofen gelegt werden sollen, so hätte der Gast ohne großen Lärm, Rauch und Staub bis zum Zentrum des Ortes gelangen können.“15 Für Gleichenberg wäre dies möglicherweise ein Vorteil gewesen, da somit der Transportweg der Personen- und Güter kürzer gewesen wäre, jedoch hätte man somit die Gebiete Fischa, Gnas, Maierdorf und Trautmannsdorf verkehrsmäßig vernachlässigt. Des Weiteren ist der Aussage „nur rund acht Kilometer“ wenig Glauben zu schenken, da Feldbach von Gleichenberg in Luftlinie ca. 8,5 Kilometer entfernt liegt und die Bahnlinie trotzdem mindestens zwölf Kilometer lang gewesen wäre.16 2.5 Zerstörung und Wiederaufbau Am 30. Juni 1942 wurde unter den Nationalsozialisten die AG Lokalbahn Feldbach (Abb.7) aufgelöst und die Konzession inklusive des Vermögens an das Land Steiermark (damals Reichsgau Steiermark) übertragen. Die Lokalbahn wurde somit zur Landesbahn. Am 31. März 1945 fuhr der letzte Transport mit Verwundeten von Bad Gleichenberg nach Feldbach. Von April bis Mai war die Bahnlinie ins Kriegsgeschehen involviert. Die Oberleitung Abb. 7: Fahrplan im Jahr 1947 mit Hinweis auf die Wiederinbetriebnahme im wurde durch Artilleriebeschuss November beschädigt und die Gleisanlagen bei Hofstätten und das Viadukt in Katzendorf gesprengt. Der Lokalbahnhof in Feldbach wurde bei den Kämpfen ebenso zerstört. Nach dem Krieg fanden Reparaturarbeiten statt und erst zwei Jahre nach Kriegsende, am 1. November 1947, erfolgte die provisorische Wiederaufnahme des Bahnverkehrs mit einer Dampflokomotive. Danach wurde die Oberleitung, die teilweise Kupfersammler geplündert hatten, wiederhergestellt und die Bahn konnte ab dem 15. November 1948 wieder elektrisch betrieben werden. 15 Schleich, 2013, S. 57 f. 16 vgl. ebd., S. 57 f. 13
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin Erst im Jahr 1975 waren technische Erneuerungen an der Bahn notwendig. Die Quecksilberdampf-Gleichrichterstation wurde durch eine Siliziumdioden-Gleichrichteranlage ersetzt. Diese befindet sich im Bahnhof Gnas. Zusätzlich wurde bei dieser Gelegenheit das Stromsystem von 1500 Volt auf 1800 Volt Gleichstrom umgestellt.17,18 17 vgl. Schleich, 2013, S. 57 f. 18 vgl. Puntigam, 2004, S. 184 14
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin 3 Fuhrpark Bevor in dieser Arbeit der Güter- und Personenverkehr der Bahn behandelt werden kann, muss der Fuhrpark beschrieben werden, der die Verfrachtung der Güter und Personen erst ermöglicht. Auch hier hat sich im Laufe der Zeit einiges verändert und deshalb wird der Maschinenpark der letzten Jahrzehnte ebenfalls miteinbezogen. 3.1 Fuhrpark der Feld- und Normalspurbahn in Feldbach/Mühldorf (1915/18) Der Maschinenpark zwischen 1915 und 1918 übertrumpfte aufgrund seiner Größe den heutigen. Für den Verschub der Güter- und Personenwaggons waren im Lager- bzw. im Feldbahnhof elf Dampflokomotiven und eine Benzinlok im Einsatz. Die Güter konnten für den Transport in bzw. auf die 380 Muldenkipper, 40 Kastenwagen, 34 Waldbahnwagen, 105 Plateauwagen und acht Plattformwagen verfrachtet werden. Für den Personenverkehr standen zehn Personenwaggons und fünf gedeckte Verwundetenwaggons zur Verfügung. Die genannten Zahlen könnten abweichen, da aufgrund von notwendigen Reparaturen nicht immer alle Maschinen zeitgleich in Feldbach/Mühldorf waren und höchstwahrscheinlich auch zwischen den einzelnen Bahnen gehandelt wurde. Was mit den Lokomotiven nach der Auflösung des Lagers im Jahr 1918 passiert ist, bleibt großteils ungeklärt.19 3.2 Fuhrpark der fertiggestellten Gleichenbergerbahn 3.2.1 E-Lok E 41 Die elektrisch betriebene Lokomotive mit der Bezeichnung E 41 wurde bereits ein Jahr vor der offiziellen Bahneröffnung nach Feldbach geliefert und gehört somit zur Grundausstattung der Normalspurbahn. Sie wurde von der Grazer Waggonfabrik AEG-Union in der Spurweite von 1435mm angefertigt. Auffallend an dieser Mittelführerstandslok sind ihre symmetrisch angeordneten halbhohen Vorbauten. Diese haben den Vorteil, dass der Lokführer von seiner Position aus gute Sicht in alle Richtungen hat und dadurch die Lok einfach in beide Richtungen steuern kann. Die Lok ist 11,45 Meter lang und besitzt eine Masse von 38,3 Tonnen. Sie besitzt zwei zweiachsige Drehgestelle, die von vier Tatzlagermotoren angetrieben werden. Im Laufe der Jahre hat sich an der Lok einiges verändert. Der Rahmen der Lok war ursprünglich genietet, wurde jedoch im Jahr 2002 bei einer Generalinspektion von einer geschweißten Konstruktion 19 vgl. Schleich, 2013, S. 5 15
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin ersetzt und verlängert. Der Scheren-Stromabnehmer wurde durch einen Einholm- Stromabnehmer ersetzt. Bei dieser Kontrolle wurde auch eine Funkfernsteuerung installiert. Eine wesentliche äußerliche Veränderung bewirkte zudem die neue Lackierung, die in den Farben der Steiermärkischen Landesbahnen gehalten ist. Bis 2002 war die Lok nämlich blau gestrichen. Alle äußerlichen Veränderungen sind auf Abbildung 8 im direkten Vergleich gut sichtbar. Die mit 1800 Volt betriebene Maschine hat eine Leistung von 400 kWh, was zirka 545 PS entspricht, und erreicht eine Maximalgeschwindigkeit von 50 km/h. Die Lokomotive wird auf der Strecke Feldbach-Bad Gleichenberg hauptsächlich für den Güterverkehr und für Verschubarbeiten verwendet. Gelegentlich wird sie Abb. 8: Die E 41 vor und nach der Modernisierung auch für Sonderfahrten benötigt, bei denen sie mit dem Personenwaggon EB 22 (3.2.5) und/oder mit den Triebwägen ET 1/2 (3.2.2) zusammengeschlossen wird.20 3.2.2 Triebwägen ET 1/ET 2 Diese beiden elektronischen Triebwägen mit der Bezeichnung ET 1 bzw. ET 2 sind als Zwillingspaar seit 1930 auf dieser Strecke beheimatet und gehören zur Anfangsausstattung. Der ET 1 wurde in den Jahren 1979/1980 bei der Firma Knotz und der ET 2 in den Jahren 1990/1991 bei Rotax grundlegend restauriert. Der Holzaufbau der beiden Maschinen wurde durch einen Stahlkasten ersetzt. Der ET 1 behielt die ursprüngliche Lackierung in Blau/Creme mit dem Schriftzug Steiermärkische Landesbahnen. Beim ET 2 wurden das Muster der Steiermärkischen Landesbahnen in den Farben Rot/Weiß/Grün und das typische Logo STLB in geschwungener Schrift verwendet (Abb.9). Die ursprünglichen Farben wurden in der Zeitung Neues Wiener Extrablatt am Eröffnungstag so begründet: „Der Außenanstrich ist in den Farben blau und creme gehalten, sodass sich ein vorteilhaftes Aussehen für den Verkehr eines Kurortes ergibt.“21 20 vgl. Inderst, 2015, S. 97 21 Neues Wiener Extrablatt, 1931, „Die Triebwägen der Bahn Feldbach-Bad Gleichenberg“ 16
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin Jeder Triebwagen besaß zwei Scherenstromabnehmer, die durch Einholm-Stromabnehmer ersetzt wurden. Ein Unterschied zu früher ist ebenso, dass nun bei der Fahrt nur ein Stromabnehmer an der Oberleitung anliegt. Eine Besonderheit stellen die vier Tatzlagermotoren da, die seit 1930 nicht getauscht wurden. Die Puffer sind 16,24 Meter voneinander entfernt und ein Wagen wiegt 35,2 Tonnen. Der Innenraum wurde völlig erneuert und die Sitzanzahl von 53 auf 58 erhöht. Somit kann man die Triebwägen gut mit einem Linienbus vergleichen, der ungefähr gleich viele Personen transportieren kann. Die beiden Triebwägen sind laut STLB 2. Klasse, jedoch kann dies aufgrund der geringeren Ausstattung nicht mit der Economy Class (2.Klasse) der ÖBB verglichen werden. Die Möglichkeit zur Fahrradmitnahme ist aufgrund der anliegenden Radwege jedoch ein Vorteil. Zwischen den Personenräumen befindet sich ein Abb. 9: Der ET 2 vor und nach der Modernisierung Gepäcksabteil, das zur Zeit der vielen Kurgäste eine besondere Rolle gespielt hat. Später wurde es für die Paketversendung und heute vor allem für die Fahrradmitnahme genutzt. Die Fensterreihe durchflutet den Wagen mit Tageslicht und ermöglicht den ungestörten Blick auf die Landschaft. Die mit 1800 Volt betriebenen Maschinen haben eine Leistung von 296 kWh (rund 400 PS) und erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Die beiden Triebwägen tragen seit jeher die Hauptlast des Personenverkehrs, wobei heute üblicherweise der ET 2 in Betrieb ist. Für den Güterverkehr werden sie eher selten eingesetzt.22 3.2.3 Rangiertraktor RT 1 Der Rangiertraktor RT 1 mit der Nummer 3.53.414 kam erst 32 Jahre nach Eröffnung der Bahnstrecke nach Feldbach. Er wurde 1963 von den Jenbacher Werken als JW20 gebaut und im Juni desselben Jahres angeliefert. Dieses Fahrzeug gilt als Museumsstück, da bis 1989 nur 660 Stück JW20 produziert wurden und heute nur mehr wenige davon existieren. Maschinen wie diese wurden ursprünglich in Schmalspurbreite gebaut, weshalb dieser RT 1 auch aussieht, als 22 vgl. Inderst, 2015, S. 98 17
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin würde er auf großen Füßen stehen. Der 3,8 Tonnen schwere Rangiertraktor besitzt einen Einzylinder-Viertakt-Dieselmotor mit 20 PS und erreicht maximal 16 km/h. Der JW20, der auf den Spitznamen Spinne hört, wurde vor allem für Verschubarbeiten in den Bahnhöfen eingesetzt, da er hier aufgrund seiner geringen Größe vorteilhalt ist. Im Jahr 1996 wurde der RT 1 an die Aktiengesellschaft Rondo Ganahl in St. Ruprecht verkauft.23 3.2.4 Motorbahnwagen X 51 und Turmwagen X 59 Die beiden Maschinen X 51 und X 59 kommen von den ÖBB und wurden in Feldbach grundlegend neu aufgebaut. Im Jahr 1992 wurde der Motorbahnwagen X 51 (Abb. 11) mit Montagekorb und funkfern- gesteuertem Hydraulikkran in Betrieb genommen. Dieser ist durch seinen Kran, an der man eine Schaufel fixieren Abb. 10: Der Motorbahnwagen in Mühldorf kann, sehr gut bei Streckenarbeiten jeglicher Art einsetzbar. Der Motorgerüstwagen bzw. Turmwagen X 59, welcher als X 512 nach Feldbach kam, wurde ebenfalls umgebaut. Er wird heute für Oberbauarbeiten eingesetzt, da er eine heb- und schwenkbare Bühne besitzt. Diese zwei Fahrzeuge werden im Unterschied zur Lok und den Triebwägen nicht elektrisch, sondern mit Diesel betrieben.24,25 3.2.5 Personenwaggons Bestandteil des Eröffnungszuges waren zwei zweiachsige Personenwaggons des Baujahres 1930 und der Bauart BC 231. Einer der beiden wurde 1956 in Spantenbauweise neu aufgebaut und in den Farben creme/blau lackiert. Im Jahr 1979 wurde er noch beim Landesbahnhof gesichtet, jedoch bereits ausgeräumt und nicht mehr betriebstüchtig. Heute kann man ihn als Bi 31 im Brückenbaumuseum in Edelsbach bei Feldbach besichtigen (Abb.12). Was mit dem zweiten Abb. 11: Der Bi 31 in Edelsbach bei Feldbach Wagen passiert ist, bleibt fraglich. Da jedoch zwei Triebwägen und zwei Personenwaggons zeitgleich nur selten gebraucht wurden, ist er wahrscheinlich verkauft worden.26 23 vgl. Müller-Triebl et.al., 2006, S. 13 24 vgl. Wilfing, 2013, S. 3 25 vgl. Zeller, 1993, S. 3 26 vgl. Müller-Triebl et.al., 2006, S. 13 18
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin Der Personenwaggon EB 22 (Abb.13) wurde 1955 von der Firma Schindler Wagons S.A. in Pratteln (in der Nähe von Basel) hergestellt. Seine letzte Revision bei den Schweizer Bundes- Bahnen erhielt er im März 1985. Im Mai 1987 wurde er an die STLB übergeben. Der 25 Tonnen schwere Wagen misst von einem Puffer zum anderen 22,7 Meter. Der Wagen ist unterteilt in zwei Abteile zu je 40 Sitzplätzen. Im Gegenteil zu den Triebwägen sind hier gepolsterte Abb. 12: Der Personenwaggon EB 22 in Mühldorf Zweierbänke gegenüber aufgestellt. Dieser Wagen punktet ebenfalls mit seinen großen Fenstern, die den Innenraum mit Licht durchfluten. Wie die Triebwägen ist auch dieser Waggon 2. Klasse.27 Der Bp-k Personenwaggon, welcher in den 75-Jahr-Jubiläumszug eingereiht war, wurde zuvor in der Werkstätte Feldbach nach dem Vorbild der ÖBB Schlierenwagen aufgebaut. Der Personenwaggon wurde auf der Gleichenberger Bahn zu den Jubiläumsfahrten und zu einigen Sonderfahrten benötigt, ist nun jedoch auf der Bahnstrecke Gleisdorf-Weiz unterwegs.28 3.2.6 Güterwaggons In Feldbach befinden sich im Jahr 2015 rund 36 zweiachsige Trichterwagen mit der Bezeichnung Fcs und Tds. Diese mit einem seitlichen Kippmechanismus ausgestatteten Waggons wurden ab 2010 etappenweise nach Feldbach geliefert. Die Fcs (Abb. 14) sind im Gegensatz zu den Tds oben offen und somit ist ihr Inhalt nicht witterungsgeschützt. Daher werden sie primär für Abb. 13: FCS in Mühldorf den Schottertransport verwendet. In den Tds wird bzw. wurde hingegen vor allem Getreide transportiert. Diese Güterwägen haben einen Laderaum von 40,6 Kubikmeter und ein Eigengewicht von 12,8 Tonnen. Von einem Puffer zum anderen misst man 9,64 Meter. Die Waggons der STLB unterscheiden sich von den brauen ÖBB-Fcs, die auch des Öfteren am Landesbahnhof Feldbach abgestellt sind, durch ihren farbigen Streifen mit dem Symbol der Landesbahnen (Abb.14).29 27 vgl. Direktion der Steiermärkischen Landesbahnen, 1987, S. 1 28 vgl. Steiermärkische Landesbahnen, 2006 [ONLINE] 29 vgl. Steiermärkische Landesbahnen, 2011, [ONLINE] 19
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin Auf der Strecke Feldbach-Bad Gleichenberg findet man auch immer wieder Flachwaggons, sogenannte k-Wagen. Diese Wägen wurden früher vor allem für Holztransporte nach bzw. von Gnas und Bad Gleichenberg genutzt. Im Jahr 1986 waren noch zwei k-Wagen mit der Bezeichnung Fb-GI X 64 und Fb-Gb X 1205 auf der Strecke.30 Zu Bahnbeginn befanden sich hier auch noch zwei Dienstwagen, 35 Güterwagen und diverse Klein- und Arbeitsfahrzeuge, zu denen heute jedoch keine genaueren Informationen mehr bestehen.31 Ein zweiachsiger Güterwagen mit der Bezeichnung Tbs ist ebenfalls Eigentum dieser Bahnlinie. Dieser Waggon mit einem Schiebedach und einer Länge von 14,52 Meter wird allerdings nicht für den Gütertransport im herkömmlichen Sinne genutzt. Für angemeldete Radgruppen wird er an einen Triebwagen gehängt und dient als Transportmittel für die Fahrräder.32,33 3.2.7 Weitere Zugfahrzeuge Wie bereits in Kapitel 2.5 erwähnt, war eine Dampflokomotive nach dem Zweiten Weltkrieg im Einsatz (Abb. 15). Diese wurde 1879 in Wiener Neustadt produziert und war während der Kriegszeit auf der Bahnlinie Windischfeistritz-Windischfeistritz Stadt in Betrieb. Danach befand sie sich mit der Bezeichnung C-n2t in der Werkstätte Weiz, von wo sie Abb. 14: Die Lokomotive mit der Bezeichnung C-n2t nach Feldbach gebracht wurde. Im Jahr 1948 wurde sie an Jugoslawien zurückgegeben.34 30 vgl. Müller-Triebl et.al., 2006, S. 24 31 vgl. Tazek, 1982, S. 12 f. 32 vgl. Steiermärkische Landesbahnen, 2011, [ONLINE] 33 vgl. Christopher et. al., 1997, S. 69 34 vgl. Müller-Triebl et.al., 2006, S. 25 20
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin 4 Verkehrsdienstleistungen Im ersten Kapitel erfährt man wie diese Bahnstrecke entstanden ist, was sehr wichtig ist, um die gegenwärtige Bahnsituation zu verstehen. Danach wurde der Fuhrpark beschrieben und dadurch bereits das dritte Kapitel Verkehrsdienstleistungen eingeleitet. Im Folgenden wird angeführt, wozu die Waggons verwendet werden und welche Bedeutung der Transport für die Südoststeiermark hat. 4.1 Personenverkehr 4.1.1 Feld- und Normalspurbahn in Feldbach/Mühldorf (1915/18) Der erste Personenverkehr fand zur Zeit des Kriegsgefangenenlagers in Feldbach/Mühldorf statt und bestand in erster Linie daraus, Soldaten vom Bahnhof Feldbach ins Lager zu bringen (Abb. 16). Ab der Errichtung des Spitalslagers wurden primär Verwundete aus der eigenen Armee befördert. Zunächst durch das Zentrum von Feldbach, mit Errichtung der Normalspurbahn außerhalb der Stadt über die Eisenbahnbrücke. Als Abb. 15: Kriegsgefangene kommen in Mühldorf an Besonderheit kann angeführt werden, dass sonntags die Feldbacher Bevölkerung gegen Bezahlung mit einem speziellen vierachsigen Personenwagen zu Theateraufführungen ins Lager gebracht wurde. Zusätzlich bestand die Möglichkeit auf den Steinberg zu fahren und dort an einer Raststätte mit Brunnen Kraft zu tanken.35,36 4.1.2 Bahnlinie Feldbach-Bad Gleichenberg (ab 1931) In der Literatur wird häufig erwähnt, dass erst am 20. Juni der Linienverkehr aufgenommen wurde. Die seriöse Zeitung Neues Wiener Extrablatt schreibt am 15. Juni jedoch: „Heute, Montag, wurde der fahrplanmäßige Verkehr eröffnet, der auch direkte Wagen zwischen Wien (Aspanghof) und Bad Gleichenberg vorsieht.“37 Dieser Ausschnitt zeigt auch, dass womöglich bereits mit Beginn des Verkehrs auf der Gleichenbergerbahn ein direkter Kurswagen von Wien aus angeboten wurde. Auf jeden Fall wurde den Kurgästen der Weg nach Bad Gleichenberg deutlich erleichtert und somit der Kurort noch stärker belebt. Ein weiterer Vorteil für Bad Gleichenberg war, dass sehr viele Artikel über die Bahn und die anschließenden Orte in 35 vgl. Schleich 2013a [VIDEO] 36 vgl. Schleich 2013b [VIDEO] 37 Neues Wiener Extrablatt, 1931, „Feierliche Eröffnung der Bahn Feldbach-Gleichenberg“ 21
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin diversen Zeitungen erschienen sind, wodurch in ganz Österreich darauf aufmerksam gemacht wurde. Die Bahn erleichterte auch den Alltag der Bevölkerung an der Bahnlinie, denen nun eine Bahnreise nach Feldbach, Graz und Wien ermöglicht wurde. Dies war vor allem wichtig, da sich Autos und Motorräder nur wenige leisten konnten. Zusätzlich waren die Straßen, wie die B66 von Bad Gleichenberg nach Feldbach, in sehr schlechtem Zustand. Von 1. April 1945 bis 31. Oktober 1947 fand kein Bahnbetrieb auf der Strecke statt. Am 16.12.1947 wurde von den Steiermärkischen Landesbahnen der Kraftfahrlinienbetrieb über Straden nach Bad Radkersburg aufgenommen. Dies war aufgrund der aufkommenden Popularität der Busse für die STLB und für die südoststeirische Region sehr wichtig, jedoch wirkte sich dies langfristig negativ auf die Personenzahlen der Bahn aus. Der Bus benötigt heute von Bad Gleichenberg nach Feldbach rund 15 Minuten weniger und somit wird diese Verbindung für gewöhnlich der Bahnverbindung vorgezogen. Nur mit dem Bahnerlebnis kann der Zug punkten.38 4.1.3 Beginn der Aufzeichnungen Auf Basis der Daten des Personenverkehrs wurde ein Diagramm erstellt (Abb.17), das den Personenverkehr in Fünf-Jahresabständen, mit Ausnahme der Jahre 1951, 1981 und 2014 zeigt. Die Fahrgäste wurden durch die Triebwagenführer gezählt. Die folgenden Analysen versuchen Gründe für die Zu-und Abnahme der Fahrgastzahlen zu nennen, jedoch sind die beschriebenen Faktoren gewiss nur einige von vielen. 38 vgl. Schleich, 2013, S. 58 22
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin 120000 110000 100000 90000 80000 70000 60000 50000 40000 30000 20000 10000 0 1951 1955 1960 1965 1970 1975 1981 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2014 Abb. 16: Der Personenverkehr in Fünf-Jahresabständen zwischen 1951 und 2014 Die Aufzeichnungen beginnen bereits mit dem Höchststand, der über die Jahre bei Weitem nicht mehr erreicht wurde. Man muss bedenken, dass im Jahr 1951 noch keine touristischen Aktionen durchgeführt wurden und somit diese 115742 Fahrgäste nur durch den Linienverkehr zustande kamen. Zu dieser Zeit verkehrten auch wie heute nur vier Zugpaare, was umgerechnet 40 Personen pro Streckenfahrt bedeuten. Aus diesem Grund sollte man eventuelle Schließungsgerüchte zu dieser Zeit nicht allzu ernst nehmen. Von 1962 bis 1968/70 bestand eine Direktverbindung von Wien nach Bad Gleichenberg. In den Quellen variieren die Daten der Auflösung der Verbindung zwischen 1968 und 1970. Da jedoch die Personenzahlen bereits im Jahre 1970 von 90248 auf 53051 gesunken sind, ist das frühere Datum wahrscheinlicher. In dieser Zeit verkehrte im Sommerhalbjahr von Wien über die Wechselstrecke nach Bad Gleichenberg der sogenannte Blaue Blitz Abb. 17: Personen begutachten den entgleisten Blauen Blitz (Dieseltriebwagen der ÖBB-Baureihen 5045 und 5146) als E 953/954. Wie auf Abbildung 18 ersichtlich entgleiste dieser einmal auf der Strecke Feldbach-Bad Gleichenberg. Danach bestand eine entsprechende Kurswagenverbindung. Dafür wurde ein Waggon von Wien nach Graz befördert, der danach von einem anderen Triebwagen weiter nach Bad Gleichenberg 23
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin geführt wurde. Dies wurde durch die Züge E750/751 und FG 54/55 vollzogen. Laut den Fahrgastzahlen wurde das jedoch nicht sehr gut aufgenommen. Trotzdem sanken nach Auflösung der Organisation im Jahr 1985 die Zahlen wiederum und lagen im Jahr 1990 am Tiefpunkt.39 In dieser Zeit wurde eine mögliche Bahneinstellung stark diskutiert, da das jährliche Defizit bei fünf Millionen Schilling (363.000€) lag. Dazu wurde ein Artikel von Johann Schleich im „Steiermark-Magazin“ veröffentlicht, in dem berichtet wird, dass der Personenverkehr mit 31. Juli 1989 eingestellt werden soll. Die Merkendorf-Bewohner waren strikt dagegen und nahmen daher geschlossen an einer Protestfahrt teil. Diese Fahrt setzte mit Sicherheit einen Impuls, denn danach wurde einiges unternommen. Im Jahr 1988 folgte, anstatt einer Einstellung, die Erweiterung des Personenverkehrs auf fünf Zugpaare. Ebenso wurden Haltestellen in Oedt- Siedlung, Burgfried und Katzendorf hinzugefügt. Von 1989 bis 1991 gab es einen Kurswagen ausgehend von Unzmarkt, der immer am Sonntagabend verkehrte. Ein weiteres Zeichen dafür, dass die Steiermärkischen Landesbahnen sich klar für den Erhalt der Bahnlinie entschieden haben, war die abschnittsweise Erneuerung der Oberleitung von Gnas bis Feldbach. Ebenso wurde eine neue Gleichrichteranlage geschaffen und der ET 2 grundlegend modernisiert. Zusätzlich ist die Bahn seit 1994 in den Verkehrsbund Großraum Graz einbezogen. Diese Maßnahmen waren mit Sicherheit ausschlaggebend, dass der Personenverkehr nach dem Tiefpunkt im Jahr 1990 mit 26033 Nutzern erstmals seit 1960 wieder merklich zu steigen begann.40 4.1.4 Ab 2000 Mit der Jahrtausendwende versuchte das Steirische Vulkanland, zusammen mit den Gemeinden, Ideen zu sammeln, um die Bahn neu zu beleben. Wichtig war es erstmals, die Bahn wieder ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken. Es sind danach sehr viele Aktionen rund um die Bahn entstanden, die sich im vorliegenden Diagramm (Abb.19) bereits sichtlich ausgewirkt haben.41 39 vgl. Schleich, 2011, S. 20 40 Steiermark-Magazin, 1988, „Massiver Protest für Gleichenberg-Bahn“ 41 vgl. Schleich 2011 [VIDEO] 24
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin 55000 52500 50000 47500 45000 42500 40000 37500 35000 32500 30000 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Abb. 18: Der Personenverkehr zwischen 2005 und 2014 Im Jahr 2005 fand erstmals Theater am Zug statt. Dafür wurde der ein Jahr zuvor teilausgebesserte Personenwaggon EB 22 an die Lok angehängt. Die Laien-Theatergruppe unter Leitung von Johann Seidl sorgte während der Zugfahrt und bei einigen Haltestellen durch ihre Vorführungen für Unterhaltung. Diese Theaterfahrten waren Bestandteil der touristischen Aktionen an der Bahn bis 2013 und waren stets ausgebucht. In diesen neun Jahren wurden acht verschiedene Programme insgesamt 97 Mal aufgeführt. Somit war diese touristische Attraktion eine der wichtigsten für die Bahnlinie. Man muss auch bedenken, dass bei bis zu 15 Vorstellungen pro Jahr (2012) mehr als tausend Personen allein dadurch chauffiert wurden. Das entspricht bei einer Personenanzahl von 45000 mehr als zwei Prozent. Diese Attraktion wurde laut STLB aufgrund beschränkter Kapazität durch die Waggongröße und zu hohem Aufwand eingestellt.42 42 vgl. Seidl, laufend aktualisiert [ONLINE] 25
„Unterwegs mit dem Dschungelexpress“ Hasenburger Martin Das Jahr 2006 war für die Gleichenbergerbahn durch das 75-Jahrjubiläum ein sehr wichtiges. Am 15. Juni wurden die Ehrengäste mit einem eigenen Sonderzug (Abb.20), bestehend aus dem EB 22, pb-k „Schlieren“ und der E 41, aus Graz abgeholt und nach der Jubiläumsveranstaltung am Bahnhof Maierdorf wieder zurückgebracht. Zum Abb. 19: Festzug zum 75jährigen Jubiläum am Bahnhof der Adventmarkt in Bad Gleichenberg fuhr Steiermärkischen Landesbahnen ausgehend von Feldbach ein Sternderlzug, der von Kindern während der Fahrt geschmückt wurde. Diese Aktion wird jährlich durchgeführt. Im Jahr 2007 ist der Personenverkehr um 10,08 % gestiegen, in absoluten Zahlen um 3607 Mitfahrer, wofür verschiedene Gründe anzuführen sind. Einer der Hauptgründe ist, dass an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen ein zusätzliches Zugpaar im Zeitraum 1. Mai - 26. Oktober am späteren Nachmittag geführt wurde. Parallel dazu wurde in Zusammenarbeit mit dem steirischen Verkehrsbund ein Folder „Radfahren mit der Gleichenbergerbahn“ und ein weiterer mit dem Thema „Wandern mit der Gleichenbergerbahn“ erstellt. Diese zehn Wander- und sechs Fahrradtouren können in Kooperation mit der Bahn genutzt werden. Eine weitere wichtige Aktion mit dem Namen Steirische Landpartie wurde durch die Fremdenführerin Gudrun Haas in die Welt gerufen. Bei diesem Projekt, das bis heute besteht, werden einzelne kulinarische Betriebe in der Region angefahren bzw. auch erwandert. Während der Zugfahrt hat man die Möglichkeit Wissenswertes über die Bahn zu erfahren. All diese Aktionen stärken zusätzlich die anliegenden Betriebe im steirischen Vulkanland.43,44 2008 zeigten die Fahrplanmaßnahmen ein überaus erfreuliches Ergebnis. Die Fahrgastzahlen sind im Vergleich zum Vorjahr um 13,75% gestiegen und betragen somit 44.772. Aufgrund der guten Inanspruchnahme der Spätverbindung wurde diese nun an Sonn- und Feiertagen ganzjährig geführt. Samstags fährt dieses Zugpaar weiterhin nur zwischen 1. Mai und 26. Oktober. Für die touristische Nutzung wurde ein zweiter Wanderfolder mit zusätzlichen zehn Wandertouren aufgelegt. 43 vgl. STLB, 2007 [ONLINE] 44 vgl. Haas, 2015 [ONLINE] 26
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