UPDate - Universitäre Psychiatrische Dienste Bern

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UPDate - Universitäre Psychiatrische Dienste Bern
NEWSLETTER 117 • JANUAR 2021

         UPDate

Retter
in Gefahr
Forschende der Universitätsklinik für Psychiatrie und          blizierte Studie zeigt, dass die verschiedenen Erfahrungen
Psychotherapie der UPD und der Privatklinik M
                                            ­ eiringen         und Umstände, denen diese Berufsgruppen begegnen
finden Symptome posttraumatischer Belastungs­                  (z. B. der Kontakt mit aggressiven Menschen, die Arbeit mit
störungen (PTBS) bei Mitarbeitenden der Polizei, Feuer­        Fa­milien oder der Umgang mit Todesfällen und Suizid) auch
wehr, Rettungssanitätern, Notfallmedizin und Akut­             unterschiedlich stark mit PTBS Symptomen und Suizidge­
psychiatrie.                                                   danken verbunden sind. Dabei weisen Mitarbeitende der
                                                               Notaufnahme und psychiatrische Pflegefachpersonen die
Das Forschungsteam um PD Dr. phil. Leila Soravia, Prof. Dr.    höchsten Werte bei der subjektiven Belastung auf.
med. Thomas Müller und Prof. Dr. med. Sebastian Walther        Die Ergebnisse unterstreichen die dringende Notwendigkeit
führte 2015 eine anonyme Online-Umfrage bei 1002 Rettungs­     massgeschneiderter Schulungs- und Beratungsdienste, die
kräften in Bern durch. Allen Teilnehmenden wurden Fragen       den Mitarbeitern helfen würden, herausfordernde berufliche
zu traumatischen Ereignissen gestellt, die sie vor und wäh-    Situationen zu bewältigen und ihre Lebensqualität und ihr
rend ihrer Arbeit erlebt hatten. Die Teilnehmenden wurden      psychisches Wohlbefinden in solchen Hochrisikoberufen zu
auch gebeten, zu bewerten, wie gut sie selbst mit Stress und   verbessern.
diesen schwierigen Erlebnissen zurechtkommen.
Die nun im renommierten Journal Frontiers in Psychiatry pu-    Prof. Dr. med. Sebastian Walther
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NEWSLETTER 117 • JANUAR 2021                                                                                                   2

Klinisches Zentrum für Gewaltbetroffene
ZEGB
Im November 2020 wurde im Grossen Rat ein Vorstoss von
                                                                    Eine Studie der Universität Basel «Domestic Violence
vier Grossrätinnen und -räten angenommen, an welchem der
                                                                    against Woman of a Crisis Intervention» zeigt, dass die
Sozialdienst der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psycho­
                                                                    Lebenszeitprävalenz bei Patientinnen der Kriseninter­
therapie (PP) der UPD beteiligt ist. Über das Postulat wurde
                                                                    ventionsstation 70 Prozent betrug. 38 Prozent der Patien-
der Regierungsrat beauftragt, das Projekt «Zentrum für Ge-
                                                                    tinnen erlebten in den letzten zwölf Monaten vor Klinik­
waltbetroffene ZEGB» zu prüfen. Dies wird im Rahmen des
                                                                    eintritt häusliche Gewalt, elf Prozent standen direkt wegen
Projekts Überprüfung Opferhilfestrategie des Kantons Bern
                                                                    häus­licher Gewalt in Behandlung auf der Kriseninterven­
erfolgen, in welchem die UPD mit der Leiterin des Sozial-
                                                                    tionsstation und 19 Prozent waren mindestens einmal
dienstes PP Lisa Aeberhard in der Begleitgruppe vertreten ist.
                                                                    in ihrem Leben aufgrund von häuslicher Gewalt in statio-
Das Universitäre Notfallzentrum Insel (UNZ) sowie die UPD
                                                                    närer Behandlung.
behandeln regelmässig Opfer von häuslicher Gewalt. Obwohl
sich Betroffene häufig an das Gesundheitssystem wenden,
wurden dazu im Kanton Bern bislang wenig medizinische              weisende können im ZEGB eine medizinische Nachkontrolle
Daten (hausärztlich, notfallmedizinisch und psychiatrisch)         erhalten. Sie haben die Möglichkeit, eine rechtsmedizinische
erhoben.                                                           Dokumentation erstellen zu lassen oder eine psychosoziale
Gewalterfahrungen sind meist mit gesundheitlichen Folgen           Kurzberatung zu erhalten, welche auch eine Information zu
und insbesondere mit psychischen Auswirkungen verbun-              den rund 20 Beratungsangeboten für Betroffene von häus­
den. Auch Kinder als Mitbetroffene sind erheblichen psychi-        licher Gewalt im Kanton umfasst. Ebenfalls erfolgt eine Ak­
schen Belastungen ausgesetzt. Häusliche Gewalt, welche sich        tualisierung bezüglich Gefährdungssituation von Kindern/
in unterschiedlichen Gewaltformen manifestieren kann,              Kindesschutz sowie eine Bedarfsabklärung für eine psycho-
wirkt sich zudem auf der sozialen bzw. psychosozialen Ebene        logische oder psychiatrische Unterstützung. Falls gewünscht,
aus, z. B. hinsichtlich Arbeits- oder Wohnsituation, Sicherheit,   kann eine Anmeldung für eine psychosoziale, psychologische
Finanzen oder Aufenthaltsstatus. Daher spielt die Soziale          oder psychiatrische Behandlung in der UPD erfolgen. Je nach
Arbeit bei der Unterstützung von Gewaltbetroffenen eine            Indikation kann ebenfalls ein vorübergehender Aufenthalt
wichtige Rolle.                                                    in einer der Gastfamilien von SoWohnen geprüft werden.
Im Jahr 2019 führte der Sozialdienst PP in der UPD drei «So­       Das ZEGB versteht sich als Bindeglied zwischen Kliniken und
zialkonferenzen» zum Thema häusliche Gewalt durch. Im An-          Beratungsstellen. Es ist kein Konkurrenzangebot zu den ver-
schluss an diese Veranstaltungen entstand auf Initiative der       schiedenen Beratungsstellen, sondern ist diesen gleichsam
Leiterin Sozialdienst eine Zusammenarbeit mit dem UNZ.             in einem klinischen Setting vorgelagert. Es soll u. a. auch den
Dass sich zwei Universitätskliniken für die Bekämpfung von         Zugang zu Gewaltbetroffenen ermöglichen, die bisher nicht
häuslicher Gewalt zusammenschliessen, ist schweizweit ein          in Kontakt mit Beratungsstellen standen. Daten des UNZ
Novum. Heute setzt sich die Projektgruppe ZEGB aus einer           zeigen, dass 50 Prozent der Patientinnen und Patienten, die
Fachärztin klinische Notfallmedizin (UNZ), einer Fachärztin        infolge häuslicher Gewalt im UNZ eine Notfallbehandlung in
Rechtsmedizin (Institut für Rechtsmedizin IRM) und einer           Anspruch nahmen, Selbstzuweisende waren, also nicht durch
Sozialarbeiterin/Juristin (PP/UPD) zusammen. Das Kooperati-        Beratungsstellen, Polizei oder die SanPol eingewiesen wur-
onsprojekt hat zum Ziel, kurative sowie präventive Unterstüt-      den. Die fachliche Vernetzung von verschiedenen Expertisen
zungs- und Interventionsmöglichkeiten besser zu verzahnen.         im ZEGB hat ebenfalls zum Ziel, den sektorenübergreifenden
ZEGB will dies mit einer medizinischen, rechtsmedizinischen        Fachaustausch zu fördern und besonders auch die medizini-
und psychosozialen bzw. psychiatrischen Nachbetreuung              sche Gewaltforschung im Kanton Bern zu intensivieren.
umsetzen. Patientinnen und Patienten des UNZ oder der
UPD, von Fach- und Beratungsstellen, von Kliniken oder nie-        MLaw Lisa Aeberhard
dergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie auch Selbstzu-            Leitung Sozialdienst PP der UPD
NEWSLETTER 117 • JANUAR 2021                                                                                                  3

Viel Medienpräsenz für die UPD im Jahr 2020
Die UPD mit ihren universitären Spezialangeboten und zahlreichen Fachleuten erhält regelmässig
Medienanfragen. Trotz bzw. gerade wegen COVID-19 war im Jahr 2020 die Präsenz unserer Experten
in regionalen, nationalen aber auch internationalen Medien besonders gross. Über 30 Artikel aus
Printmedien, Online-Plattformen, Radio und Fernsehen wurden im Verlauf des Jahres dem Medienspiegel
der UPD hinzugefügt. Hier eine kleine Auswahl:

Wenn der Winterblues auf die Stimmung drückt                      Das Virus schlägt den Menschen auf die Psyche
                                  Am Morgen lange finster                                         Während des ersten Lock-
                                  und abends bereits früh                                         downs widmete sich die Ber-
                                  wieder dunkel. Draussen ist                                     ner Zeitung im März in einer
                                  es kalt und häufig nass.                                        Titelgeschichte dem Thema
                                  Die Winterzeit schlägt vielen                                   «Psyche und Coronavirus».
                                  Menschen auf das Gemüt                                          Prof. Dr. med. Stefan Klöppel,
                                  und kann zu einer Winter­                                       Ärztlicher Direktor der UPD
                                  depression führen. Dieses                                       und Direktor und Chef­arzt
                                  Risiko kann wegen COVID-19                                      der Universitätsklinik für
zusätzlich gesteigert werden. Die Betroffenen sind schwer         Alterspsychiatrie und Psychotherapie stellte sich den Fragen
beeinträchtigt durch eine anhaltende Niedergeschlagenheit         der Redaktion für ein ausführliches Interview.
sowie eine Minderung von Interesse und Antrieb erklärte
Prof. Dr. med. Christoph Nissen, Chefarzt und stv. Direktor
der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der
UPD im Interview mit Radio neo1.                                  Rodrigo muss wegen Coronavirus zu Hause
                                                                  in Quarantäne bleiben
                                                                                                   Wie wirkt sich eine Quaran-
                                                                                                   täne in einem Kindergarten
Auffallend mehr Notfälle in der Kinder- und                                                        auf die Kinder aus? PD Dr.
Jugendpsychiatrie                                                                                  med. Jochen Kindler, Chef­
                                 Die Corona-Pandemie                                               arzt an der Universitätsklinik
                                 schlägt aufs Gemüt, das be-                                       für Kinder- und Jugendpsy-
                                 kommen auch die Kinder-                                           chiatrie und Psychotherapie
                                 und Jugendpsychiatrien                                            der UPD empfahl in der
                                 deutlich zu spüren. Prof. Dr.                                     Pendlerzeitung 20 Minuten
                                 med. Michael Kaess, Direk-       betroffenen Eltern, so weit als möglich Ruhe und Sicherheit
                                 tor der Universitätsklinik für   zu vermitteln.
                                 Kinder- und Jugendpsychiat-
                                 rie und Psychotherapie der
UPD, sprach in einem Beitrag in der SRF-Sendung Echo der
Zeit zusammen mit seinen Kollegen der beiden Unispitäler          Einstein in der Psychiatrie – Es ist Okay, nicht Okay zu sein
Zürich und Basel über die Auswirkungen der Pandemie auf                                            Die Doku-Sendung Einstein
Kinder und Jugendliche und die psychiatrischen Institutionen,                                      Spezial in der Psychiatrie
die sie in einer Krise betreuen.                                                                   zeigte einen vertieften Ein-
                                                                                                   blick in den Alltag in der
                                                                                                   Erwachsenen- und Kinder­
                                                                                                   psychiatrie und sprach mit
Pandemie hinterlässt seelische Spuren                                                              Betroffenen über Krankheit,
                             Im November war die Jour-                                             Ausgrenzung und Hoffnung.
                             nalistin Christine Wanner zu                                          In der Sendung wurden ver-
                             Besuch in der UPD und pro-           schiedene Behandlungen dokumentiert, u. a. auch die tiefe
                             duzierte mehrere Beiträge            Hirnstimulation (DBS) bei schwerster Depression, wie sie
                             für Prime Time-Sendungen             durch Prof. Dr. med. Sebastian Walther von der Universitäts-
                             von Radio SRF1, SRF2 und             klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der UPD in Zusam-
                             SRF4 zum Thema «Psychiat-            menarbeit mit der Neurologie des Inselspitals durchgeführt
                             rie in der Pandemie».                wird.

                                                                  Mike Sutter, Leiter Kommunikation & Information
NEWSLETTER 117 • JANUAR 2021                                                                 4

                                                                 Dienstjubiläen Januar 2021

«Jeder denkt doch von sich selbst,
er wäre ein guter Mensch.
Was, wenn alle recht haben?»                                     10 Jahre
                                                                 Ulrich Böhnke
                Der Historiker und Journalist Rutger Bregman
                legt in seinem neuen Sachbuch «Im Grunde
                gut – eine neue Geschichte der Menschheit»
                eine positive Version der Menschheitsge-
                schichte dar und hält fest, dass es Zeit für
                einen neuen Realismus ist.
                Bregman beweist mit etlichen Forschungs­
                beispielen aus der Psychologie, Biologie und
der Geschichte seine «Fassadentheorie»: Die Gesellschaft
ist nicht geprägt durch Egoismus oder Boshaftigkeit und ent-     15 Jahre
springt auch keinem feindseligem Naturzustand sondern            Daniel Schärer
ist vielmehr «eher gut» als «eher schlecht».
Eine unterhaltsame, innovative, optimistische Lektüre die
auch auf Spotify gratis als Hörbuch zu Gemüte geführt wer-
den kann.

                                                                 20 Jahre
Veranstaltungen                                                  Mhammad Laghmari
                                                                 Daniel Ralf Müller
            Nächste Sendung:                                     Shanmugalingam Muthurajah
            Mittwoch, 24. Februar 2021
            17:00–18:00 Uhr

Radio loco-motivo

Verrücktes Radio mit Seele: Menschen mit und ohne Psychia-
trieerfahrung machen gemeinsam Radio rund ums Thema
Psychiatrie, um ihre Anliegen an eine breite Öffentlichkeit zu
tragen.                                                          25 Jahre
                                                                 Marianna Salzmann Pirkheim
Radio loco-motivo sendet auf Radio Bern RaBe 95.6 MHz.
Sendung verpasst? Kein Problem. Jederzeit nachzuhören
auf www.radiolocomotivo.ch

Weitere Informationen finden Sie unter
www.upd.ch/veranstaltungen

                                                                 30 Jahre
                                                                 Zeno Kupper
IMPRESSUM
Verantwortung: Mike Sutter,
Leiter Kommunikation & Information
Autorinnen, Autoren, Fotografinnen und Fotografen
dieser Ausgabe: Sebastian Walther, Lisa Aeberhard,
Mike Sutter, Phil Wenger
Gestaltung: tasty graphics gmbh

Die nächste Ausgabe des UPD-Newsletters erscheint im             35 Jahre
Februar 2021. Texte und Bilder schicken Sie bitte bis am         Manuela Campaniello
20. Februar an: mike.sutter@upd.ch
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