US-KLIMAPOLITIK WAS VON BARACK OBAMA UND JOHN MCCAIN ZU ERWARTEN IST

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LÄNDERBERICHT
Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.

AUSLANDSBÜRO U.S.A.
DR. NORBERT WAGNER
URSULA CARPENTER

18. August 2008                 US-Klimapolitik
www.kas.de
www.kas.de/washington           Was von Barack Obama und John McCain zu erwarten
                                ist

                                Gleich wer im Januar 2009 als nächster US-           zug von Al Gores Blockbuster "Eine unbe-
                                Präsident vereidigt werden wird, eine klima-         queme Wahrheit" und angesichts einer Rei-
                                politische Wende ist wahrscheinlich, manche          he von Naturkatastrophen sowie dramati-
                                meinen sogar unvermeidlich 1 . Im Kern sind          schen Benzinpreiserhöhungen herrscht in
                                die Energie- und Umweltziele von John Mc-            Amerika ein günstiges Klima für umweltpoli-
                                Cain und Barack Obama ähnlich und wei-               tische Initiativen. New Yorks Bürgermeister
                                chen in vielen Punkten von der bisherigen            will alle Taxis in seiner Stadt bis zum Jahr
                                Politik der Bush-Regierung ab.                       2012 auf Fahrzeuge mit Hybridantrieb um-
                                                                                     stellen 4 .
                                • Beide Kandidaten versprechen drastische
                                Reduzierungen der Treibhausgasemissio-               Der Bürgermeister von San Francisco hat in
                                nen.                                                 seinen Stadtbehörden den Wasserkonsum
                                                                                     aus Plastikflaschen verboten 5 , und Wa-
                                • Beide befürworten eine Führungsrolle der           shingtons Bürgermeister hat seinen Gelän-
                                Vereinigten Staaten bei den internationalen          dewagen gegen einen Smart eingetauscht 6 .
                                Verhandlungen zur Bekämpfung des welt-               Auch in Bundesstaaten machen Landespoli-
                                weiten Klimawandels.                                 tiker mit immer neuen Klimaschutzinitiati-
                                                                                     ven auf sich aufmerksam, allen voran Kali-
                                • Beide wollen die amerikanische Abhängig-           forniens Gouverneur Arnold Schwarzeneg-
                                keit von ausländischem Erdöl reduzieren              ger. Er ging mit seiner klimapolitischen Pio-
                                und die Entwicklung neuer, sauberer Tech-            nierarbeit sogar auf Konfrontationskurs zur
                                nologien fördern.                                    Bundesregierung.

                                • Beide unterscheiden sich aber darin, wie           Im Wahljahr 2008 verknüpfen sich damit
                                sie diese Ziele erreichen wollen 2 .                 sowohl in Amerika selbst als auch weltweit
                                                                                     Hoffnungen auf eine neue klimapolitische
                                Klimawende beim Klimawandel                          Führungsrolle des zukünftigen US-
                                                                                     Präsidenten – bei der nationalen Gesetzge-
                                Nach Jahren einer geringen Priorität seitens         bung aber auch bei internationalen Klima-
                                der US-Bundesregierung für den Klima-
                                schutz ist in Amerika ein neuer Umweltakti-
                                vismus ausgebrochen 3 . Seit dem Triumph-            4
                                                                                       “Mayor Bloomberg Orders Taxi Cabs to Be Hybrid
                                                                                     by 2012", Stacie Servetah und Adam
                                                                                     Cataldo, Bloomberg.com, 22. Mai 2007
                                                                                     5
                                1
                                                                                       "San Fran Gets Smart on the Stupidity of Bottled
                                  Vgl. "Obama and McCain both offer new depar-       Water", The Huffington Post, Olivia Zaleskim
                                ture for US", AFP, 15. Juni 2008,                    25. Juni 2007
                                http://afp.google.com/article/ALeqM5j5n5V            6

                                TirfbfjW-R12VNX3ENcK3Kg                              http://blog.washingtonpost.com/dc/2008/06/fenty
                                2
                                  Vgl. "Shades of Green", Margaret Kriz, National    _gets_new_wheels.html
                                Journal, 21. Juni 2008
                                3
                                  Vgl. "That Buzz in Your Ear May Be Green Noise",
                                Alex Williams, New York Times, 15. Juni 2008
2

Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.   schutzabkommen. Klimaschutz, so manche                In der Tat gehört die Einschätzung, dass die
                                Insider, rangiert – nach der wirtschaftlichen         Folgen der Erderwärmung bereits jetzt
AUSLANDSBÜRO U.S.A.             Situation - als Problem weit oben auf der             spürbar sind, immer mehr zum amerikani-
DR. NORBERT WAGNER              Prioritätenliste des neuen Präsidenten und            schen Mainstream (2001: 54%; 2008:
URSULA CARPENTER                den neuen Kongresses. 7 Vor dem Hinter-               61%). In den letzten Jahren ist die Anzahl
                                grund der Befürwortung einer aktiven Kli-             der Amerikaner, die glauben, dass die Erd-
18. August 2008                 mapolitik durch die amerikanische Bevölke-            erwärmung noch zu ihren Lebzeiten eine
                                rung, der bereits gestarteten Klimainitiati-          ernsthafte Bedrohung darstellen wird von
www.kas.de                      ven von Kommunal- und Regionalpolitikern,             25% im Jahr 1997 auf 40% im Jahr 2008
www.kas.de/washington           der flankierenden Unterstützung des                   angestiegen. Die Mehrheit der Amerikaner
                                Supreme Courts, der in seinem jüngsten                meint gar, dass sie ihre Lebensgewohnhei-
                                Verfassungsurteil die Regulierung von                 ten geändert haben, um die Umwelt zu
                                Treibhausgasen durch die US-                          schützen (55% kleine Veränderungen; 28%
                                Umweltbehörde EPA legitimierte, und mit               große Veränderungen) 12 . Die Frage, ob sie
                                den beiden "klimafreundlichen" Präsident-             an die These der Erderwärmung durch
                                schaftskandidaten könnten die USA sehr                Treibhausgase glaubten, beantworteten im
                                bald die Führungsrolle beim Klimaschutz               letzten Jahr 71% der Amerikaner mit "Ja"
                                übernehmen. 8                                         (23% "Nein"). Eine Umfrage der Stanford
                                                                                      University in Kooperation mit Associated
                                "Kyoto-Skeptiker" kurz vor dem Aus?                   Press bezifferte diese Zahl im letzten Jahr
                                                                                      sogar auf 81 Prozent 13 . Bereits im letzten
                                Ja, es gibt sie immer noch – die "Kyoto-              Jahr bezeichneten Amerikaner mehrheitlich
                                Skeptiker", die gegen das "Lügen-Diktat"              das Problem der Erderwärmung als "wich-
                                des Weltklimarates (UNIPCC) protestieren              tigstes globales Umweltproblem" 14
                                und sich der Panikmache der "Klimaortho-
                                doxie" nicht unterwerfen wollen: "Hallo Al            Amerikaner befürworten aktive Klimapoli-
                                Gore! Hallo UNIPCC! Eure Wissenschaft ist             tik
                                fehlerhaft. Eure Hypothese ist falsch. Eure
                                Daten sind manipuliert. Und (...) eure                Darüber hinaus unterstützt die Mehrheit der
                                Angsttaktiken sind bedauerlich. Die Erde hat          Amerikaner staatliche Eingriffe (z.B. über
                                kein Fieber. Kohlendioxid verursacht keine            Steuergesetze) zum Klimaschutz: 77% der
                                                                   9
                                signifikante Erderwärmung." Noch vor we-              Befragten befürworteten im Sommer 2007
                                nigen Tagen propagierte eine konservative             staatliche Regulierungen bei Kfz-
                                Lobby-Organisation die Neuauflage der vor             Treibstoffverbrauchsnormen (44% für Vor-
                                zehn Jahren erschienenen ersten "Global               schriften; 33% für Anreize). 78% der Be-
                                                              10
                                Warming Skeptic Petition" . Immer mehr                fragten sprachen sich für staatliche Emissi-
                                geraten die Positionen der Klimagegner je-            onsgrenzen für Kraftwerke aus (57% für
                                doch bei der amerikanischen Öffentlichkeit            Vorschriften; 21% für Anreize). Mehr als
                                ins Abseits. 11                                       zwei Drittel der Amerikaner waren bereits
                                                                                      im vergangenen Jahr der Meinung, dass
                                                                                      Präsident Bush nicht genug für den Klima-
                                                                                      schutz getan habe (68%) und für fast zwei
                                                                                      Drittel der Amerikaner (63%) war die Kli-
                                7
                                  Vgl. "Congressional Insiders Poll", "What will be   mapolitik ihrer Kongressabgeordneten ein
                                the most urgent priority facing the next
                                president and Congress in January", National          wichtiger Faktor bei ihrer Stimmabgabe (für
                                Journal, 7. Juni 2008                                 59% einer von mehreren Faktoren, für 4%
                                8
                                  "Why the Climate Bill Failed", Eric Pooley, TIME,
                                9. Juni 2008                                          der wichtigste Faktor). Auffällig beim Wäh-
                                9
                                  John Coleman vs. Al Gore, busimmons, 15. Juni
                                2008
                                10
                                   Vgl. Newsletter der American Conservative Un-
                                                                                      12
                                ion Foundation, "31.000 Kyoto Skeptics",                 Vgl. Gallup Poll, 6.-9. März 2008, Vgl.
                                Dennis Avery, 11. Juni 2008                           www.Pollingreport.com "Environment"
                                                                                      13
                                http://www.acuf.org/issues/issue109/080607cul.a          Vgl. Gallup Poll, 6.-9. März 2008, Vgl.
                                sp                                                    www.Pollingreport.com "Environment"
                                11                                                    14
                                   "Heating Up", Laurie David, Elle, Mai 2008            Ebenda
3

Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.   lerverhalten ist die unterschiedliche Gewich-    Menschen verursachte Umweltverschmut-
                                tung des klimapolitischen Faktors bei Re-        zung, jedoch lediglich 26% der Republika-
                                                                                        16
AUSLANDSBÜRO U.S.A.             publikanern und Demokraten: für 77% der          ner.
DR. NORBERT WAGNER              demokratischen Wähler spielt die Klimapoli-
URSULA CARPENTER                tik bei ihrem Wahlverhalten eine Rolle (70%      McCain profiliert sich klimapolitisch als
                                ein Faktor von mehreren; 7% ausschlagge-         "Anti-Bush"
18. August 2008                 bender Faktor), verglichen mit lediglich
                                22% für republikanische Wähler. Für zwei         Angesichts dieser parteipolitischen Unter-
www.kas.de                      Drittel der unabhängigen Wähler spielt die       schiede könnte ein außen stehender Beob-
www.kas.de/washington           klimapolitische Haltung ihrer politischen        achter schnell zu dem Schluss kommen,
                                Kandidaten ebenfalls eine Rolle (für 65%         dass die Demokraten in diesem Präsident-
                                ein Faktor von mehreren; für 3% aus-             schaftswahlkampf bei den "Klima-Wählern"
                                schlaggebender Faktor).                          im Vorteil wären. Bei manch anderen repub-
                                                                                 likanischen Präsidentschaftskandidaten wäre
                                Unterschiede zwischen Demokraten und             dies wohl zutreffend. Nicht jedoch bei John
                                Republikanern                                    McCain. Denn er kann als moderater Repub-
                                                                                 likaner glaubwürdig beanspruchen, mit Kli-
                                Eine aktuelle Umfrage des renommierten           maschutzgesetzen im Senat gegen die Ver-
                                Meinungsforschungsinstituts Pew ergab,           säumnisse der Bush-Regierung angekämpft
                                dass der Anteil der Amerikaner, die glau-        zu haben. Er wurde mit diesen Initiativen
                                ben, dass die Erde wärmer wird (77%), seit       gar zum Störenfried für die eigene Parteiba-
                                Januar 2007 abgenommen hat (-6%).                sis. Diesen Nachteil will er indes durch den
                                Grund dafür ist der abnehmende Anteil der        Zugewinn unter unabhängigen Wählern der
                                Republikaner (2007: 62%), die die Erder-         Mitte kompensieren. Gerade mit seiner Kli-
                                wärmung als Tatsache akzeptieren (2008: -        mapolitik könnte es McCain gelingen, sich
                                13%) 15 . Noch strittiger sind die Meinungen     als "Anti-Bush" zu profilieren, und damit
                                über die Ursachen der Erderwärmung. We-          seinen demokratischen Gegnern, die eine
                                niger als die Hälfte der Amerikaner (47%)        McCain-Präsidentschaft zu einer "dritten
                                ist davon überzeugt, dass diese auf              Bush-Amtszeit" abstempeln wollen, die An-
                                menschliche Aktivitäten zurückzuführen ist.      griffsfläche zu entziehen. John McCain be-
                                Während Demokraten mehrheitlich dieser           tont: "Der Präsident und ich haben seit vie-
                                Meinung sind (58%), glauben dies lediglich       len Jahren darüber (Klima- und Umweltpoli-
                                27% der Republikaner, jedoch immerhin die        tik) verschiedene Meinungen... Es gibt seit
                                Hälfte der unabhängigen Wähler (50%).            langem einen bedeutenden, tiefgehenden,
                                Noch ausgeprägter sind die parteipolitischen     starken Unterschied bei diesem Thema zwi-
                                Unterschiede bei Wählern mit höherem Bil-        schen mir und der Bush-Regierung." 17
                                dungsniveau. Unter Befragten mit Universi-
                                tätsabschluss glaubten 75% der Demokra-          In der Tat umfasst das klimapolitische Pro-
                                ten und 57% der Unabhängigen an die              gramm von John McCain ähnliche Strategien
                                menschliche Verursachung der Erderwär-           wie das seines demokratischen Rivalen 18 .
                                mung, dagegen nur 19% der Republikaner.          McCain befürwortet einen verbindlichen
                                Auch im Kongress selbst spiegelt sich die        Emissionshandel ("cap-and-trade program")
                                parteipolitische Spaltung bei den Ansichten      zur Drosselung des Treibhausgases, die ver-
                                über die Ursachen der Erderwärmung wider.
                                In einer Befragung des National Journal wa-
                                ren 95% der Demokraten davon überzeugt,          16
                                                                                    Congressional Insiders Poll, National Journal, 7.
                                dass die Erderwärmung Folge ist von durch        Juni 2008,
                                                                                 http://www.nationaljournal.com/njmagazine/ip_2
                                                                                 0080607_9244.php
                                                                                 17
                                                                                    "Stumping on Climate, McCain Faults Bush",
                                                                                 Elisabeth Bumiller, New York Times, 14. Mai
                                15
                                  Vgl. "An Increase in GOP Doubt About Global
                                                                                 2008
                                                                                 18
                                Warming Deepens Partisan Divide", Pew Research      Vgl. League of Conservation Voters,
                                Center Publication, 8. Mai 2008,                 http://presidentialprofiles2008.org/McCain/t
                                http://pewresearch.org/pubs/828/global-warming   ab1.html
4

Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.   stärkte Nutzung sauberer, erneuerbarer             geführt, dass die Umwelt-Lobby-
                                Energiequellen, aber auch der Kernenergie          Organisation League of Conservation Voters
AUSLANDSBÜRO U.S.A.             (im Unterschied zu Obama, der Atomkraft            McCain lediglich die umweltpolitische "Life
DR. NORBERT WAGNER              nur unter gewissen Voraussetzungen aus-            Time"- Gesamtpunktzahl von "26" (von ma-
URSULA CARPENTER                bauen würde). McCain war unter den repub-          ximal 100) gab. Sein jüngster Appell, zur
                                likanischen Präsidentschaftskandidaten der         Sicherung der nationalen Energieversorgung
18. August 2008                 einzige, der die Erderwärmung in seine             bis zum Jahr 2030 20 45 neue Atomkraftwer-
                                Wahlkampfplattform aufnahm und sie re-             ken zu bauen und das seit Jahrzehnten be-
www.kas.de                      gelmäßig bei Wahlkampfauftritten themati-          stehende Bohrverbots in Amerikas Küsten-
www.kas.de/washington           sierte. Im Kongress war er geradezu Vorrei-        regionen ("moratorium on off-shore dril-
                                ter für eine engagiertere Klimapolitik, insbe-     ling") 21 aufzuheben, löste bei Umweltschüt-
                                sondere mit seiner Gesetzesinitiative zur          zern Empörung aus. Außerdem gefährdet er
                                Eindämmung von Treibhausgasen, die er              seine Wahlaussichten in den Schlüsselstaa-
                                bereits 2003 zusammen mit seinem (damals           ten Kalifornien und Florida mit ihren langen
                                noch) demokratischen Amtskollegen Joe              Küsten 22 .
                                Lieberman als erste derartige Vorlage im
                                Senat einbrachte. Im Gegensatz zu seinen           Obama: Modell und Primus demokrati-
                                republikanischen Parteikollegen weist Mc-          scher Klimapolitik
                                Cain immer wieder auf die wirtschaftlichen
                                Vorteile hin, die der Kampf gegen die Erd-         John McCain hat das republikanische Lager
                                erwärmung und die Abhängigkeit von fossi-          für das Thema Klimapolitik geöffnet.
                                len Brennstoffen mit sich bringen wird. Au-        "Nichtstun gegen die Erderwärmung ist in
                                ßerdem ist er davon überzeugt, dass der            der Politik eines Präsidenten keine Option
                                Klimawandel eine ernsthafte Bedrohung der          mehr" 23 . Dagegen profiliert sich Barack
                                nationalen Sicherheit Amerikas darstellt.          Obama mit seiner Klimapolitik geradezu als
                                                                                   Prototyp der demokratischen Umweltpolitik.
                                Dennoch erhält McCain keine guten Zensu-           Auf der Internetseite Obamas zum Thema
                                ren von amerikanischen Umweltverbänden.            Umweltschutz gerät das Ranking der Um-
                                Ein Grund dafür ist die von ihm avisierte          weltschützer geradezu zum Werbespot für
                                Verringerung der Treibhausgase um 65 Pro-          den demokratischen Präsidentschaftskandi-
                                zent bis 2050 (Ausgangsjahr 1990), statt           daten: "Die League of Conservation Voters
                                der vom Weltklimarat zur Vermeidung grö-           hat Barack Obama die beste Beurteilung
                                ßerer Umweltkatastrophen empfohlenen               (life time rating) unter allen gegenwärtigen
                                Verringerung um 80 Prozent. Auch McCains           Präsidentschaftskandidaten gegeben
                                Unterstützung einer intensiveren Nutzung           (96)." 24 Für Barack Obama ist die Erder-
                                von Kohle- und Nuklearenergie findet keine         wärmung ein Problem, dessen Lösung sofort
                                positive Resonanz bei Umweltschützern. Sie         angegangen werden muss, nicht ein "some-
                                bemängeln außerdem das Fehlen von schär-           day problem, as it is now." Er verspricht
                                feren Richtwerten bei den Treibstoff-              den Wählern, "wenn die Welt an den Stufen
                                verbrauchsnormen und der Energieeffizienz.
                                McCains Abstimmungsverhalten im Senat,
                                                                                   20
                                z.B. seine Nein-Stimme im Jahr 2005 zur              Vgl. "McCain Sees Need for More Nuclear
                                                                                   Power", Laura Meckler, Rebecca Smith, The Wall
                                Einführung verbindlicher Standards für             Street Journal, 19. Juni 2008
                                                                                   21
                                Stromkraftwerke bei der Einbeziehung von
                                                                                   http://www.johnmccain.com/Informing/News/Pres
                                sauberen, erneuerbaren Energien (10% bis           sReleases/Read.aspx?guid=0fde5172-
                                2020) und sein inkonsistentes Abstim-              01fb-4782-8882-adb0e9798dd5
                                                                                   22
                                                                                      Vgl. "McCain plays with fire on offshore drilling",
                                mungsverhalten beim Naturschutz, z.B. Er-          Politico, Charles Mahtesian, David Mark, 18. Juni
                                schließung eines Naturschutzgebietes im            2008,
                                                                                   http://www.politico.com/news/stories/0608/1115
                                Nordosten Alaskas (ANWR) 19 , haben dazu           4.html
                                                                                   23
                                                                                      "How Green is John McCain?", TIME, Bryan
                                                                                   Walsh, 12. Mai 2008
                                                                                   24

                                                                                   http://www.barackobama.com/issues/pdf/Environ
                                19
                                  McCain war bisher gegen Erdölerschließungen in   mentFactSheet.pdf
                                ANWR, lässt jedoch als "Föderalist" prinzipiell
                                die Möglichkeit offen, diese Entscheidung den
                                Bundesstaaten zu überlassen.
5

Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.   des Weißen Hauses ankommt, um zu hören,              Probleme der Endlagerung gelöst sind. Im
                                was Amerika zum Klimawandel zu sagen                 vergangenen Jahr hat er für Investitionen
AUSLANDSBÜRO U.S.A.             hat, werde ich sie wissen lassen, dass Ame-          im Bereich der Kohleverflüssigung ge-
DR. NORBERT WAGNER              rika diese Herausforderung annehmen wird.            stimmt, solange sie mit einer 20-
URSULA CARPENTER                Dass Amerika bereit ist, wieder zu führen."          prozentigen Reduktion der Kohlenstoffver-
                                Für Obama ist Klimawandel "die wichtigste            schmutzung (verglichen mit der Verschmut-
18. August 2008                 Herausforderung dieses Zeitalters", und er           zung durch konventionelles Benzin) einher-
                                will Präsident der Vereinigten Staaten wer-          geht. Außerdem war er Co-Sponsor des
www.kas.de                      den, "um uns in diese neue Ära zu füh-               "Global Warming Pollution Reduction Act",
www.kas.de/washington           ren." 25                                             des strengsten Gesetzes zur Erderwärmung,
                                                                                     das je im Senat vorgelegt wurde. Obama
                                Barack Obamas umfassender Plan zum Kli-              hat konsistent für den Schutz von Amerikas
                                mawandel und zur Energiepolitik gerät da-            Küstenregionen gestimmt und Ölbohrungen
                                bei zum klimapolitischen Wunschkatalog 26 .          in den Küstengewässern ("off-shore dril-
                                Er enthält ein verbindliches Emissionshan-           ling") abgelehnt. In die Erforschung von
                                delsprogramm, das im Einklang mit den                Technologien zur Herstellung neuer Bio-
                                Empfehlungen des Weltklimarates eine Re-             brennstoffe (Ethanol) will Obama $150 Mrd.
                                duktion der Treibhausgase von "80% bis               über 10 Jahre in Form von Steueranreizen,
                                2050" und einen erhöhten Verbrauch von               direkten Subventionen und Regierungsver-
                                sauberen, erneuerbaren Energien im Ener-             trägen investieren. Bis zum Jahr 2013 sollen
                                giemix der USA vorsieht (25% bis 2025) 27 .          dann die ersten zwei Milliarden Gallonen
                                In seinen Erläuterungen zur "menschheits-            Ethanol auf den Markt kommen.
                                bedrohende Klimakrise" scheut sich Obama
                                nicht zuzugeben, dass die erforderliche              Republikanisches 'enfant terrible' gegen
                                Transformation des Energieverbrauchs an-             demokratisches Wunderkind
                                fangs mit Kosten verbunden sein wird. Er
                                betont jedoch, dass dieser Übergang eine             Konfrontiert mit Benzinpreisen in Rekordhö-
                                neue Generation von "clean energy jobs"              he und täglich neuen Fernsehbildern von
                                schaffen und neue Chancen für die ameri-             dramatischen Naturkatastrophen hat sich in
                                kanische Wirtschaft eröffnen wird. Sein Kli-         der Wahrnehmung der Amerikaner eine
                                maprogramm sieht eine Anhebung der Kfz-              Verbindung zwischen Energie- und Klimapo-
                                Treibstoffverbrauchsnormen (CAFE stan-               litik entwickelt. Für den Präsidentenwahl-
                                dard) auf 50 mpg (miles per gallon) bis              kampf bedeutet das, dass verstärkt Ener-
                                2020 vor. Zur Abmilderung der in der Über-           gie- und Klimapolitik gemeinsam diskutiert
                                gangsphase für die Autoindustrie anfallen-           werden. Dabei muss John McCain eine
                                den Mehrkosten schlägt Obama staatliche              Gratwanderung vollführen zwischen den für
                                Subventionen für die Krankenversiche-                seinen Wahlsieg nötigen umweltbewussten
                                rungsprämien der in der Autoindustrie be-            unabhängigen Wählerstimmen und der Ba-
                                schäftigten Amerikaner vor, insbesondere             sis der republikanischen Partei, der das be-
                                im Zusammenhang mit der Entwicklung von              zahlbare Angebot an Energie für die ameri-
                                energieeffizienten Autos ("Health Care for           kanischen Verbraucher wichtiger ist als der
                                Hybrids Act"). Zwar sagt Obama nicht prin-           Klimaschutz. Bei diesem Balanceakt sieht
                                zipiell "Nein" zur Nutzung von Kernenergie,          der klimapolitische Spagat McCains nicht
                                aber für ihn kommt der Neubau von Kern-              immer elegant aus, wie die Washington Post
                                kraftwerken erst dann in Frage, wenn die             kürzlich spottete: "Wenn John McCain so
                                                                                     weiter tanzt, wird er sich noch eine Hüfte
                                                                                     brechen." 28 Einerseits geriert er sich mit
                                25
                                   Vgl. Portsmouth-Rede am 8. Oktober 2007,          seiner Unterstützung des Emissionshandels
                                "Real Leadership for a Clean Energy Future",
                                http://www.barackobama.com/2007/10/08/remar
                                ks_of_senator_barack_obam_28.php
                                26
                                   Vgl.
                                                                                     28
                                http://presidentialprofiles2008.org/voterguide/oba     "Put Your Right Wing In, Take Your Left Wing
                                ma-page.html                                         Out", Dana Milbank, The Washington Post,
                                27
                                   Weitere Einzelheiten, vgl. Tabelle im Anhang      17. Juni 2008
6

Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.   als Umweltschützer, andererseits will er in      regulation" Wahlkampf macht, könnte bei
                                Amerikas Küstengewässern nach weiteren           den Wählern auflaufen. "Man kann die Kos-
AUSLANDSBÜRO U.S.A.             Ölquellen bohren, um den Öldurst der Ame-        ten genau kalkulieren." 31 Bei den Republi-
DR. NORBERT WAGNER              rikaner zu stillen. Einerseits bleibt er (bis-   kanern sei es umgekehrt: "Ein Kandidat, der
URSULA CARPENTER                her) standhaft bei seinem "Nein" zu Ölboh-       Anti-Umwelt ist und die Erderwärmung
                                rungen in Alaskas Naturschutzgebiet              leugnet, geht in den Vorstädten unter." Mc-
18. August 2008                 (ANWR), andererseits befürwortet er den          Cains Auftritt bei einem dänischen Windtur-
                                Bau neuer Atomkraftwerke und ist vehe-           binenhersteller im Swing State Oregon, der
www.kas.de                      ment gegen staatliche Ethanol-                   aufgrund Mc-Cains mangelnder Unterstüt-
www.kas.de/washington           Subventionen – ein komplizierter Tanz des        zung von erneuerbaren Energien im Senat
                                republikanischen "enfant terrible". 29           von der Blogosphäre als heuchlerisch be-
                                                                                 zeichnet wurde 32 , birgt die Gefahr des Wäh-
                                Aber auch das demokratische Wunderkind           lerverlustes in den Kohlestaaten Ohio und
                                Barack Obama schaukelt mit seiner Klima-         Pennsylvania, die als Swing States ebenfalls
                                politik einmal mehr nach links, so mit dem       eine Schlüsselrolle spielen. Seine klimapoli-
                                Wahlversprechen zur Ethanolförderung im          tischen Vorstöße beim Emissionshandel ver-
                                Maisanbaustaat Iowa, der ihm seinen ersten       schaffen ihm vielleicht Wählersympathien in
                                Vorwahlsieg bescherte, und einmal mehr           der Mitte, verschrecken jedoch die Wähler
                                nach rechts, wie in seinen Kampagnenbesu-        aus dem wirtschaftsliberalen Lager 33 , deren
                                chen in den Kohlestaaten Kentucky und            Lobbyisten mit den Argumenten "schlecht
                                West Virginia, wo Obamas Kohlepolitik ("Ja"      für das Wirtschaftswachstum, schlecht für
                                zu "sauberer Kohle") bei den Wählern gut         den Arbeitsmarkt, keine Energiesteuer, kei-
                                ankommt. Im klimapolitischen Swing zwi-          ne höheren Strom- und Benzinpreise" 34 er-
                                schen "corn belt" und "coal belt" schwankt       folgreich gegen das "Cap and Trade"-Gesetz
                                Obama zwischen einem von Umweltschüt-            ins Feld gezogen waren.
                                zern verschmähten "Nie Nein" zur Atom-
                                energie und einer viel beklatschten Stand-       McCains jüngster Vorstoß zur Aufhebung
                                haftigkeit beim absoluten "Nein" zu Ölboh-       des Ölförderungsmoratoriums an Amerikas
                                rungen in Alaskas Naturschutzgebiet und an       Küsten brachte ihm eine (in der Öffentlich-
                                Amerikas Küsten.                                 keit jedoch überbetonte 35 ) politische Ohrfei-
                                                                                 ge vom republikanischen Umweltaktivisten
                                Klimapolitik als Kristallisierungspunkt im       Arnold Schwarzenegger ein. Als Gouverneur
                                Wahlkampf                                        von Kalifornien hatte dieser sich zwar zu
                                                                                 Beginn des Jahres mit seinem Endorsement
                                Neben dem Kampf um die Wähler der Mitte          hinter McCain gestellt, wies jedoch als Gou-
                                bedienen beide Präsidentenkandidaten für         verneur des Küstenstaates mit dem größten
                                die Wahlen wichtige traditionelle Zielgrup-      Umwelttechnologiesektor McCains neuste
                                pen: McCain macht sich bei der republikani-      Energieinitiative zurück: "Kaliforniens Küs-
                                schen "constituency" der Energieerzeuger         tenstreifen ist ein internationaler Schatz.
                                (Öl, Kohle, Atomkraft) und der Autoindust-
                                rie im "rust belt" beliebt, und Obama hofiert
                                die neuen Industrien der alternativen Ener-      31
                                                                                    "Climate Is a Risky Issue for Democrats", Juliet
                                                                                 Eilperin, Washinton Post, 6. November
                                gien, wobei er bereits Gefahr läuft, zu eng      2007
                                mit der Ethanol-Lobby verbandelt zu sein 30 .    32
                                                                                    Vgl. "McCain tries to have it both ways", Meteor
                                                                                 Blades, 14. Mai 2008, Daily Kos,
                                Gefahren lauern dabei auf beide Lager, so        http://www.dailykos.com/storyonly/2008/5/14/19
                                Newt Gingrich, der ehemalige Sprecher des        4936/055
                                                                                 33
                                                                                    Vgl. "Climate Change Bill Would Damage the
                                Repräsentantenhauses und Autor des Bu-           Economy, Critics Say", Kaitlynn Riely,
                                ches "A Contract With the Earth". Ein De-        CNSNews.com
                                                                                 34
                                                                                    Vgl. "Climate legislation invites contrast-
                                mokrat, so Gingrich, der mit "litigation and
                                                                                 ing claims", Gannett News Service, 10. Juni
                                                                                 2008
                                                                                 35
                                                                                    http://politicker.com/mccain-
                                                                                 schwarzenegger-forget-differences-during-
                                29
                                  Ebenda                                         santa-barbaraevent
                                30
                                  Vgl. "Obama Camp Closely Linked With Etha-
                                nol", Larry Rother, The New York Times, 23.
                                Juni 2008
7

Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.   Ich unterstütze die Aufhebung des Bohrver-         klimapolitischen Brennpunkte Atomkraft,
                                botes für neue Ölförderungen an unseren            Naturschutz, Ölbohrungen und Ethanol zur
AUSLANDSBÜRO U.S.A.             Küsten nicht." Stattdessen solle Amerika zur       Polarisierung der beiden Lager beitragen.
DR. NORBERT WAGNER              künftigen Energieversorgung die Richtung           Obamas Gegenattacke ließ nicht lange auf
URSULA CARPENTER                seines Bundesstaates Kalifornien einschla-         sich warten. Mit einem Anti-McCain-Spot,
                                gen "hin zu größerer Innovation in neuen           der in denselben US-Bundesstaaten wie die
18. August 2008                 Technologien und neue Brennstoffoptionen           McCain-Werbung ausgestrahlt wurde, kon-
                                                    36
                                für Verbraucher."        Die innerparteilichen     terte er: "Bei Benzinpreisen ist McCain ein
www.kas.de                      Kämpfe um die "richtige" Klimapolitik der          Teil des Problems." In Umwelt- und Energie-
www.kas.de/washington           Republikanischen Partei haben inzwischen           fragen habe McCain zu 95 Prozent mit der
                                Befürchtungen ausgelöst, dass sie beim Par-        Bush-Linie abgestimmt. 40
                                teitag der Republikaner im August in einen
                                öffentlichen Kampf um das republikanische          US-Bundesstaaten als Wegbereiter
                                Parteiprogramm ausufern könnten: "Die
                                Schlacht kann möglicherweise nicht verhin-         Ein wichtiger inneramerikanischer Faktor,
                                dert werden", so urteilt die Washington            der auf eine neue klimapolitische Richtung
                                Post 37 . McCain, so ein Umwelt- und Ener-         der amerikanischen Bundesregierung hin-
                                gieexperte des Competitive Enterprise Insti-       wirkt, ist der Druck aus den US-
                                tutes, "schwimmt wirklich gegen den Strom          Bundesstaaten 41 , die seit Jahren mit eige-
                                seiner Partei" 38 . McCain selbst versucht nun     nen Initiativen das bundespolitische Hinter-
                                aus diesem "Handicap" eine Tugend zu ma-           herhinken der Bush-Administration in Sa-
                                chen. Die erste „Obama-Attack-Ad" der Mc-          chen Klimapolitik zu kompensieren suchen.
                                Cain-Kampagne macht aus dieser innerpar-           Dies geschah in Form von regionalen klima-
                                teilichen Not eine klimapolitische Tugend          politischen Zusammenschlüssen (z.B. die
                                durch Werbung mit der Führungsrolle Mc-            Regional Greenhouse Gas Initiative (RGGI)
                                Cains: "Er zwingt seine eigene Partei zur          der Nordoststaaten und die Western Climate
                                Auseinandersetzung mit dem Klimawan-               Initiative (WCI) entlang der Westküste
                                     39
                                del" . – im Gegensatz zu Barack Obama,             Nordamerikas) und in regionalen Koalitionen
                                der zu allen klima- und energiepolitischen         klimafreundlicher Gouverneure (z. B. die
                                Vorstößen McCains nur "Nein" sage und sei-         Western Governors Association's Clean and
                                ner eigenen Parteilinie folge. Dass die re-        Diversified Energy Initiative und der Mid-
                                publikanische Parteizentrale beim Negativ-         western Greenhouse Gas Accord). Klimapo-
                                Auftakt des Obama-McCain-Wahlkampfes               litische Pionierarbeit leistete allen voran der
                                ausgerechnet mit dem Fokus Klima- und              Bundesstaat Kalifornien mit einer Fülle von
                                Energiepolitik ins Feld gerückt ist, lässt         Landesgesetzen zum Klimaschutz (z.B. der
                                vermuten, dass dieses Thema in der heißen          California Global Warming Solutions Act von
                                Phase der Kampagne eine noch wichtigere            2006), insbesondere mit den Vorstößen von
                                Rolle spielen und als Kristallisierungspunkt       Gouverneur Arnold Schwarzenegger bei der
                                die Unterschiede zwischen den beiden Prä-          Festlegung seines Landes auf die "80% bis
                                sidentschaftskandidaten schärfer akzentuie-        2050"- Emissionsreduktionen. Mit diesen
                                ren wird. Dabei werden insbesondere die            Klimainitiativen spielen die US-
                                                                                   Bundesstaaten nicht nur eine Vorreiterrolle
                                                                                   beim Klimaschutz der Vereinigten Staaten,

                                36
                                                                                   sondern schaffen ein positives politisches
                                   Pressemitteilung "Governor Schwarzenegger
                                Reiterates Opposition to New Drilling off          "Klima" für klimapolitische Maßnahmen auf
                                California's Coast", 18. Juni 2008,
                                http://gov.ca.gov/index.php?/print-
                                version/pressrelease/
                                9917/
                                37
                                   Vgl. "Conservatives Ready to Battle McCain on   40
                                                                                      Vgl. RealClearPolitics, "Obama: New Energy", 8.
                                Convention Platform", Michael Shear,               Juli 2008
                                Washington Post, 7. Juli 2008                      http://www.realclearpolitics.com/video_log/2008/
                                38
                                   Ebenda                                          07/obama_energy.html
                                39
                                   "RNC Launches First Anti-Obama Ad", Susan       41
                                                                                      Vgl. Pew Center on Gobal Climate Change,
                                Davis, The Wall Street Journal online, 7. Juli     "Learning from State Action on Climate
                                2008                                               Change", Update Dezember 2007,
                                                                                   http://www.pewclimate.org/docUploads/States%2
                                                                                   0Brief%20Template%20_November%2
                                                                                   02007_.pdf
8

Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.   Bundesebene. Ähnliche Initiativen gibt es im           her lediglich auf internationale Skepsis,
                                Kommunalbereich, beispielsweise das Ab-                wenn nicht sogar Ablehnung gestoßen, da
AUSLANDSBÜRO U.S.A.             kommen von 500 US-Bürgermeistern, die                  sie weder steuerliche Maßnahmen (emissi-
DR. NORBERT WAGNER              sich zu den Emissionsbeschränkungen des                ons tax), noch Emissionshandel oder andere
URSULA CARPENTER                Kyoto-Abkommens bekennen und den                       Regelwerke, obligatorische Maßnahmen
                                Druck auf ihre jeweiligen Landesregierun-              oder international bindende Verpflichtungen
18. August 2008                 gen, aber auch die Bundesregierung und                 avisierte. Insbesondere bei den Europäern
                                den Kongress ausüben wollen, ähnliche                  führte Bushs "Führungsrolle“ in der Klima-
www.kas.de                      Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung ein-                 politik zu Frustration, allen voraus beim
www.kas.de/washington           zuführen 42 . Damit sind die amerikanischen            deutschen Umweltminister, der sie als "lo-
                                Bundesstaaten und Kommunen zu wirksa-                  sership instead of leadership" 44 bezeichne-
                                men Lobbyisten für eine aktivere US-                   te. Sowohl McCain und Obama haben dage-
                                Klimapolitik geworden und haben durch ihre             gen ein neues globales Klimaengagement
                                Initiativen einen fruchtbaren Nährboden für            angekündigt. McCain versprach in seiner
                                die zu erwartende klimapolitische Trend-               klimapolitischen Grundsatzrede in Portland,
                                wende des neuen US-Präsidenten bereitet.               selbst beim Nichtgelingen der Einbindung
                                                                                       Chinas und Indiens in internationale Klima-
                                Neue Impulse bei internationalen Klima-                abkommen (ein oft zitierter Hinderungs-
                                verhandlungen                                          grund für die Bush-Regierung), als Präsi-
                                                                                       dent eine klimapolitische Führungsrolle zu
                                Angesichts der klimapolitischen Führungs-              übernehmen: "Wir haben selbst dann die
                                rolle der Bundesstaaten, aber auch der seit            Verpflichtung, zu handeln. 45 " McCain beab-
                                der Machtübernahme der Demokraten be-                  sichtigt, in diesem Falle, eine "wirksame
                                reits eingetretenen Veränderungen im US-               Diplomatie" mit diesen Ländern in Zusam-
                                Kongress und der zu erwartenden Politik-               menarbeit mit der Europäischen Union und
                                wende im Weißen Haus, hoffen Umweltpoli-               anderen gleichgesinnten Ländern zu entwi-
                                tiker weltweit auf ein neues Engagement                ckeln, um beispielsweise durch Technologie-
                                der Vereinigten Staaten bei internationalen            transfer zu Emissionsbegrenzungen zu ge-
                                Anstrengungen zur Bekämpfung des Klima-                langen 46 . Obama verspricht ebenfalls ein
                                wandels. Insbesondere von den USA als                  konstruktives "re-engagement" der USA in
                                dem Land mit den höchsten Treibhausgas-                den Klimaverhandlungen der UNO und er-
                                                       43
                                ausstößen der Welt          erwartet die Völker-       kennt den UNFCCC-Prozess als das Hauptfo-
                                gemeinschaft ein aktives Mitwirken an dem              rum für internationale Klimaverhandlungen
                                Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls                 an. Außerdem beabsichtigt er ein neues Fo-
                                in Kopenhagen 2009 und bei den G8+5-                   rum der Staaten mit den größten Treib-
                                Verhandlungen. Die "large emitters mee-                hausemissionen (Industrieländer plus
                                tings"-Initiative von Präsident Bush war bis-          Schwellenländer) ins Leben zu rufen, ein
                                                                                       "Global Energy Forum", das alle G8-
                                                                                       Mitgliedstaaten plus Brasilien, China, Indien,
                                42
                                   Die Rolle der US-Kommunen für einen verstärk-       Mexiko und Südafrika umfasst. 47
                                ten transatlantischen klima- und energiepoliti-
                                schen
                                Dialog werden von Dale Medearis in "Local Au-
                                thorities as Leaders in the Transatlantic
                                Climate and Energy Dialogue" untersucht, FACET
                                Commentary No. 13 – June
                                                                                       44
                                2008. Vgl.                                                "German Minister Attacks US Climate Policy",
                                http://www.aicgs.org/documents/facet/medearis.f        Deutsche Welle, 17. April 2008,
                                acet13.pdf                                             http://www.dw-
                                43
                                   Eine niederländische Umweltagentur hat vor          world.de/dw/article/0,2144,3273751,00.html
                                                                                       45
                                kurzem errechnet, dass China die USA inzwischen           Klima-Rede McCains in Portland, Oregon, am
                                als "the world's biggest polluter" überholt hat. Al-   12. Mai 2008,
                                lerdings sind die USA weiterhin der                    http://www.johnmccain.com/Informing/News/Spe
                                weltweit größte Umweltverschmutzer pro Kopf            eches/Read.aspx?guid=0b381abde573-
                                (19.4 Tonnen CO2 vgl. mit 5.1 Tonnen pro               459d-8716-fbd83ab62d8d
                                                                                       46
                                Kopf in China). Vgl. "Poor countries seek break in        Ebenda
                                                                                       47
                                climate talks long deadlocked by You                      Vgl. "The Blueprint for Change",
                                First principle", The Associated Press, 14. Juni       http://www.barackobama.com/pdf/ObamaBlueprin
                                2008                                                   tForChange.pdf
9

Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.                                                          freundlichen Demokraten dominierten Kon-
                                                                                       gress und einem "grünen" amerikanischen
AUSLANDSBÜRO U.S.A.             Vorsichtiger Optimismus statt überzogene               Präsidenten müssen Gesetze und völker-
DR. NORBERT WAGNER              Erwartungen                                            rechtliche Abkommen ratifiziert und US-
URSULA CARPENTER                                                                       Politiker im unbarmherzigen Takt von zwei
                                Vor diesem Hintergrund war die von Präsi-              Jahren (alle Abgeordneten und ein Drittel
18. August 2008                 dent Bush mitgetragene Erklärung des G8-               der Senatoren) in finanziell aufwendigen
                                Gipfels zur Verpflichtung der Industrieländer          Wahlkampagnen wiedergewählt werden. So
www.kas.de                      auf eine "50% bis 2050"-Emissions-                     warnt ein Beobachter, dass Klimagesetzge-
www.kas.de/washington           reduktion zugleich "monumental und er-                 bung in den USA "Krieg bedeutet. Und im
                                bärmlich" 48 sowie darüber hinaus ein weite-           Krieg ist der Ausgang nie vorhersehbar." 52
                                res Indiz für ein Voranschreiten der ameri-            Statt Euphorie ist also eher vorsichtiger Op-
                                kanischen Klimapolitik, das sich im Laufe              timismus angebracht. In diesem Sinne sieht
                                des letzten Jahres mit Bushs "Major Econo-             die Vorsitzende des Umweltausschusses im
                                mies"-Initiative angebahnt hatte. Mit der              Senat, Barbara Boxer, das gescheiterte Kli-
                                neuen G8-Vereinbarung ist ein wichtiger                magesetz dennoch als "good roadmap for
                                Grundstein für die künftige US-Klimapolitik            the next President" 53 . Für die transatlanti-
                                gelegt und der Nachfolger des jetzigen US-             schen Beziehungen bedeuten diese politi-
                                Präsidenten schon jetzt zu diesem wichtigen            schen Weichenstellungen bessere Aussich-
                                Emissionsziel verpflichtet. Es ist indes zu            ten auf einen intensiveren klimapolitischen
                                erwarten, dass sowohl Obama als auch Mc-               Dialog.
                                Cain anspruchsvollere Ziele für die USA ins
                                Auge fassen: "Dankenswerterweise haben
                                die Senatoren John McCain und Barack
                                Obama versprochen, mehr zu tun. Es wird
                                einem von ihnen zufallen, die Politik des
                                Wandels zu entwerfen und zu implementie-
                                ren – genauso wie es das Erbe von Herrn
                                Bush sein wird, dies versäumt zu haben." 49
                                Dennoch sollte der vorzeitige Jubel einiger
                                Umweltschützer über die "Unvermeidbar-
                                keit" 50 von Emissionsgrenzen in den USA
                                durch ein gesundes Maß an Skepsis ge-
                                dämpft werden. Die klimapolitischen Gra-
                                benkämpfe anlässlich des jüngst gescheiter-
                                ten Emissionshandelsgesetzes im US-Senat
                                haben die Fronten künftiger Klimakämpfe
                                klar umrissen. Republikaner sprechen sogar
                                von einem neuen Lackmus-Test der Klima-
                                gesetzgebung nach dem Motto: "Wenn das
                                Gesetz Energiepreise erhöht, ist es eine Tot-
                                geburt." 51 Auch mit einem von umwelt-

                                48
                                   "No G(8) Accomplishment", Editorial, Washing-
                                ton Post, 10. Juli 2008,
                                http://www.washingtonpost.com/wpdyn/
                                con-
                                tent/article/2008/07/09/AR2008070901977.html
                                49
                                   Ebenda
                                50
                                   "Why the Climate Bill Failed", Eric Pouley, TIME,
                                9. Juni 2008,
                                http://www.time.com/time/nation/article/0,8599,
                                1812836,00.html
                                51
                                   Für das konservative Wall Street Journal ist der    52
                                Klimawandel "eine wirtschaftliche, keine                    "Why the Climate Bill Failed", o.a.
                                                                                       53
                                theologische Frage". "Kyoto's Long Goodbye", Edi-           Ebenda
                                torial, Wall Street Journal, 11. Juli 2008
10

Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.

AUSLANDSBÜRO U.S.A.
DR. NORBERT WAGNER
URSULA CARPENTER                McCains Beraterteam 54

18. August 2008                 Der wichtigste innenpolitische Schlüsselberater von John McCain, der auch für Energie- und
                                Umweltpolitik zuständig ist, ist Douglas Holtz-Eakin, ehemaliger Leiter des Congressional
www.kas.de                      Budget Office. Außerdem verfügt das McCain-Lager über eine Reihe von "Vollblutpolitikern",
www.kas.de/washington           u.a. Senator George Allen aus Virginia, Robert McFarlane, ehemaliger Nationalen Sicher-
                                heitsberater von Präsident Reagan, und James Woolsey, ehemaliger CIA-Direktor.

                                Obamas Beraterteam

                                Neben Friedensnobelpreisträger und Ex-Vizepräsident Al Gore, den Barack Obama als Präsi-
                                dent möglicherweise als Klimaberater in sein Kabinett aufnehmen würde, gibt es eine Reihe
                                von Klima-, Energie- und Umweltberatern, die in der Obama-Kampagne eine prominente
                                Rolle spielen. Der wichtigste Berater für Energie- und Umweltfragen im Obama-Lager ist Ja-
                                son Grumet, Präsident des Washingtoner Think Tanks Bipartisan Policy Center. Daneben
                                spielen Daniel Kammen, Professor für Energie, Ordnungspolitik und Nukleare Ingenieurwis-
                                senschaften an der University of California (Berkeley) und Howard Learner, Geschäftsführer
                                des Environmental Law and Policy Center in Chicago, eine wichtige Rolle. Weitere Experten
                                im umwelt- und energiepolitischem Beraterstab sind Julie Anderson, ehemalige Expertin für
                                Klimawandel bei der Union of Concerned Scientists, und Frank Loy, ehemaliger Präsident
                                des German Marshall Fund und derzeit Vorstandsmitglied in einer Reihe von Umweltverbän-
                                den.

                                54
                                  Vgl. "Shades of Green", Margaret Kriz, Natonal Journal, 21. Juni 2008,
                                http://www.nationaljournal.com/njmagazine/nj_20080621_6762.php?related=true&story
                                1=nj_20080621_6762&story2=dj_20060320_2&story3=nj_20080619_5784
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Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.   Anhang 2 55

AUSLANDSBÜRO U.S.A.
DR. NORBERT WAGNER
URSULA CARPENTER

18. August 2008

www.kas.de
www.kas.de/washington

                                55
                                   Quellen: u.a. Brookings Institution, Candidate Issue Index,
                                http://www.brookings.edu/~/media/Files/rc/papers/2008/0129_climate_change_antholis
                                _opp08/0129_climate_change_antholis_opp08.pdf New York Times:
                                http://politics.nytimes.com/election-guide/2008/issues/climate.html und
                                http://www.grist.org/candidate_chart_08.html
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