VENICE BAROQUE ORCHESTRA - 27.11.2013 MAURICE STEGER BLOCKFLÖTE
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Mittwoch, 27. November 2013, 20 Uhr LEONARDO LEO Concerto G-Dur für Flöte, Streicher und Hamburg, Laeiszhalle, Großer Saal (1694 – 1744) Basso continuo Allegro Siciliano. Largo VENICE BAROQUE ORCHESTRA Allegro MAURICE STEGER BLOCKFLÖTE Pause ANTONIO VIVALDI Sinfonia A-Dur für Streicher und Basso continuo RV 158 FRANCESCO GEMINIANI Concerto grosso d-Moll „La follia“ nach Arcangelo (1678 – 1741) Allegro molto (1687 – 1762) Corelli op. 5 Nr. 12 Andante molto Adagio – Allegro – Adagio – Vivace – Allegro – Andante – Allegro Allegro – Adagio – Adagio – Allegro – Adagio – Allegro DOMENICO SARRI Concerto Nr. 11 a-Moll für Blockflöte, zwei Violinen, ANTONIO VIVALDI Concerto g-Moll für Flöte und Streicher RV 439 (1679 – 1744) Viola und Basso continuo „La notte“ Largo – Staccato e dolce Largo – Presto „Fantasmi“ – Largo – Presto – Allegro Largo „Il sonno“ – Allegro Larghetto Spiritoso Concerto D-Dur für Flöte und Streicher RV 428 „Il gardellino“ TOMASO ALBINONI Concerto G-Dur für Streicher und Basso continuo Allegro (1671 – 1751) op. 7 Nr. 4 Cantabile Allegro Allegro molto Largo Allegro Das Konzert wird am Sonntag, den 22. Dezember 2013, um 11 Uhr auf NDR Kultur gesendet. 02 | PROGRAMMABFOLGE PROGRAMMABFOLGE | 03
VENICE BAROQUE ORCHESTRA VENICE BAROQUE ORCHESTRA BESETZUNG Im Jahr 1997 gründete Andrea Marcon das Venice Umfangreiche Tourneen während der Saison ERSTE VIOLINEN VIOLA CEMBALO Baroque Orchestra, welches sich als eines der 2007/08 führten das Orchester mit Giuliano Luca Mares Alessandra Di Vincenzo Massimiliano Raschietti führenden Ensembles Europas auf Alte Musik und Carmignola nach Südamerika. In 2013/2104 das Musizieren auf authentischen Instrumenten stehen Tourneen in Europa, USA und Asien mit Gianpiero Zanocco Meri Skejic spezialisiert hat. Highlights der vergangenen Andrea Marcon und Philippe Jaroussky an. Michele Lot Saison waren eine USA Tournee in 28 Städte mit Mauro Spinazzè VIOLONCELLO Robert McDuffie und der Aufführung des neuen Ein erfolgreicher Teil der Arbeit des Orchesters ist Philip Glass Violinkonzerts „The American Four es, in Vergessenheit geratene Werke des Barock Daniele Bovo Seasons“, eine Japan- und Koreatournee mit neu vorzustellen. So führte es unter Andrea Marcon ZWEITE VIOLINEN Giuliano Carmignola, eine Österreich- und Frank- u. a. Francesco Cavallis Oper „L’Orione“ auf. Giorgio Baldan VIOLONE reichtournee mit Patricia Petibon und Vivaldi’s 2004 wurde Händels „Siroe“ mit dem Orchester „Senna festeggiante“ im Concertgebouw Amster- zum ersten Mal in den Vereinigten Staaten an der Giacomo Catana Alessandro Pivelli dam. Des Weiteren standen Cellokonzerte von Brooklyn Academy of Music aufgeführt. Für seine Giuseppe Cabrio Tartini und Vivaldi mit Gautier Capuçon in Heidel- Aufnahmen wurde das Orchester mit dem Dias- berg, Essen und Berlin, Pergolesis Stabat Mater pason D’Or, dem Choc du Monde de la Musique, im Théatre des Champs-Elysées mit Veronica dem Echo Klassik Preis und dem Edison Award Cangemi und Sara Mingardo, eine Monteverdi- ausgezeichnet. Vesper beim Bachfest Leipzig sowie eine Europa- tournee mit Magdalena Kožená unter der Leitung Das Venice Baroque Orchestra wird gefördert von Andrea Marcon an. von der Fondazione Cassamarca in Treviso. 04 | BESETZUNG VENICE BAROQUE ORCHESTRA | 05
MAURICE STEGER VON DISTELFINKEN UND NACHTGESPENSTERN BLOCKFLÖTEN ITALIENISCHE KONZERTE MIT UND OHNE SOLO-BLOCKFLÖTE Maurice Steger wurde 1971 in Winterthur geboren, Hilfsmittel zur musikalischen Früherziehung, Werke Antonio Vivaldis ebenso wie die der beiden er lebt in Zürich, wo er auch seine erste musika- Eltern-Folterinstrument, Inbegriff harmloser Haus- Neapolitaner Domenico Sarri und Leonardo Leo. lische Ausbildung erhielt. Es folgten ein Studium musik – die bekannten Blockflöten-Klischees sind der Aufführungspraxis Alter Musik sowie die nicht gerade schmeichelhaft für ernsthafte Spieler Antonio Vivaldi komponierte Solokonzerte sowohl Ausbildung zum Dirigenten, wobei er besondere des Instruments, geben allerdings eine völlig für die Block- als auch die Traversflöte. Seine um Impulse von Marcus Creed und Reinhard Goebel falsche Vorstellung von seinen klanglichen und 1729 erschienene Sammlung op. 10 ist zwar aus- erhielt. Spätestens seit ihn „The Independent“ musikalischen Möglichkeiten. Die Ursachen des drücklich für „flauto traverso“ bestimmt, doch wenn als „the world’s leading recorder virtuoso“ feierte, Image-Problems liegen in der Historie wie auch Maurice Steger zwei Stücke daraus – die Konzerte gehört Steger mit seiner weltweiten Konzerttätig- in der Bauart der Blockflöte: Sie erreichte den Nr. 2 RV 439 und Nr. 3 RV 428 – auf der Blockflöte keit als Blockflötist wie auch als Dirigent zu den Gipfelpunkt ihrer Popularität und Spielkultur in der spielt, begeht er keineswegs ein Sakrileg. Schließ- führenden Interpreten auf dem Gebiet der Alten Barockzeit, wurde aber im Lauf des 18. Jahrhun- lich bediente sich Vivaldi selbst, als er die sechs- Musik. Konzerttourneen führten ihn mit den derts zunehmend durch die Traversflöte (Querflöte) teilige Reihe zusammenstellte, bei älteren Eigen- Violons du Roy durch die USA und Kanada; eine verdrängt, und war um 1800, außer unter Amateur- kompositionen für andere Besetzungen, oft mit ausgedehnte Zusammenarbeit verbindet ihn mit musikern, nicht mehr in Gebrauch. Immer größere Beteiligung der Blockflöte. Warum er diese Stücke The English Concert. Regelmäßig arbeitet Maurice Orchester und Konzerthallen verlangten nun einmal umarrangierte, ist zwar nicht eindeutig belegt, Steger mit den Barocchisti, der Akademie für einen entsprechend stärkeren Klang, und dieser aber eine Erklärung bietet sich an: Sein Verleger Alte Musik Berlin, dem Barockorchester Europa Entwicklung konnte die Blockflöte nicht folgen. dürfte bei ihm Solokonzerte für Traversflöte bestellt Galante und dem Venice Baroque Orchestra. Dass man auf ihr dennoch ungemein ausdrucksvoll, haben. Offenbar hatte Vivaldi aber weder Zeit für Hinzu kommen zahlreiche Auftritte als Dirigent dramatisch und virtuos spielen kann, zeigen die Neukompositionen noch Originalwerke auf Lager. und als Solist moderner Orchester wie dem Naoki Kitaya, Sergio Ciomei oder Mauro Valli, aber Zürcher Kammerorchester und dem Musikkollegi- auch mit seinem eigenen Ensemble erarbeitet um Winterthur, dem Brandenburgischen Staats- Maurice Steger immer wieder ein neues, über orchester Frankfurt, dem Staatsorchester Jahrhunderte quasi ungehört gebliebenes Reper- Braunschweig und den Berliner Barock Solisten, toire aus vergangenen Zeiten. Konzerte führten der NDR Radiophilharmonie, dem Taipei Sym- ihn u. a. in den Herkulessaal München, in die Phil- phony Orchestra sowie dem Malaysia Symphony harmonie Berlin, Laeiszhalle Hamburg, Victoria Orchestra. Dabei arbeitete er wiederholt mit Hall Genève, Wigmore Hall London, ins KKL Luzern, renommierten Künstlern wie Cecilia Bartoli, in den Musikverein Wien sowie in die Suntory Hall Hilary Hahn, Andreas Scholl, Bernard Labadie, Tokyo und ins National Theatre Taipei. Fabio Biondi, Sandrine Piau, Diego Fasolis, Sol Gabetta, Thomas Quasthoff oder Nuria Rial. Einen ebenso wichtigen Teil in Maurice Stegers künstlerischer Tätigkeit bilden Programme in kleiner, kammermusikalischer Besetzung sowie Solorezitale. Im Teamwork mit ausgesuchten Spezialisten Alter Musik wie Hille Perl, Lee Santana, Jean-Baptiste Oudry: „Stillleben mit Violine und Blockflöte“, Gemälde von 1741 06 | SOLIST PROGRAMM | 07
Er konnte zwar am Ospedale della Pietà, dem Verlage verkauften nur im eigenen Laden; Le Cène NEAPOLITANISCHE OPERISTEN AUF ABWEGEN venezianischen Waisenhaus und Mädchen-Musik- dagegen verfügte über ein modernes Vertriebsnetz Aus der wohl wichtigsten Sammelhandschrift der konservatorium, das ihn jahrzehntelang als Lehrer, mit Agenten in jedem größeren Handelszentrum. Blockflöten-Literatur, den auf das Jahr 1725 datier- Orchesterleiter, Komponist und Instrumenten- ten „Ventiquattro concerti di Flauto, Violini, Violetta einkäufer beschäftigte, mit allen nur erdenklichen Im Fall der Reihe op. 10 lag ein besonderes Ver- e Basso, di Diversi Autori“, stammt das Concerto Instrumenten experimentieren – selbst so exoti- kaufsargument wohl in den fantasieanregenden a-Moll von Domenico Sarri. Das Manuskript vereint sche wie Mandoline, Dudelsack, Chalumeau, Viola Titeln der ersten drei Konzerte: „La tempesta di die wichtigsten neapolitanischen Komponisten der all’inghlese oder Psalterium wurden von ihm mare“ (Der Seesturm), „La notte“ (Die Nacht) und Zeit: Francesco Mancini steuerte zwölf Werke bei, bedacht. Doch die Traversflöte war in Italien noch „Il gardellino“ (Der Distelfink, im modernen Italie- Alessandro Scarlatti sieben, und von fünf weiteren nicht weit verbreitet; an der Pietà wurde sie erst nisch „cardellino“ geschrieben). Tonmalerei und Musikern, unter ihnen Sarri, ist jeweils ein Stück 1728 eingeführt. außermusikalische Programme waren damals enthalten. Merkwürdigerweise haben sich aus dem durchaus nicht ungewöhnlich: Schon im 16. Jahr- frühen 18. Jahrhundert keine süd-, sondern nur So kam es, dass Vivaldi nur eines der Konzerte hundert hatten italienische Madrigalkomponisten norditalienische Blockflöten erhalten. Es muss aber aus op. 10 (Nr. 4, RV 435) eigens für die aktuelle bestimmte Rhythmen und Melodietypen für die im Umfeld des vizeköniglichen Hofs von Neapel Veröffentlichung schrieb; bei den übrigen behalf Darstellung von Schlachten, Vogelkonzerten oder bedeutende Virtuosen des Instruments gegeben er sich mit Adaptionen. Die beiden Werke des Jagdszenen entwickelt, und auch in der Oper des haben – anders wäre die Existenz der Handschrift heutigen Programms waren ursprünglich Kammer- 17. und 18. Jahrhunderts waren solche Schilde- nicht zu erklären. konzerte mit einfach besetzten Stimmen: Flöte, rungen weit verbreitet. Vivaldi, der übrigens auch zwei Violinen, Fagott und Generalbass verlangte das ein sehr fruchtbarer Opernkomponist war, hinter- Domenico Sarri, der in anderen Quellen auch Konzert RV 104, das Vivaldis op. 10 Nr. 2 (RV 439, ließ mehr als 20 Konzerte mit besonderen Titeln. „Sarro“ oder „Sarra“ geschrieben wird, ist heute „La notte“) zugrunde lag; Flöte, Oboe, Violine, Manche dieser Bezeichnungen, wie etwa „Grosso nur noch Spezialisten ein Begriff, zählte in seiner Leonardo Leo Fagott und Generalbass waren es in RV 90, dem mogul“ (Violinkonzert RV 208), sind nur scherzhafte Zeit jedoch zu den meistbeschäftigten Opernkom- späteren op. 10 Nr. 3 (RV 428, „Il gardellino“). Beinamen, doch dem Flötenkonzert „La notte“ ponisten. Aus Apulien stammend, kam er bereits Ebenfalls vor allem als Opernkomponist, aber auch Gerade beim letztgenannten Stück erklärt sich liegt, ebenso wie ja auch den berühmten „Vier mit sechs oder sieben Jahren in die Opern-Metro- durch seine Kirchenmusik wurde Leonardo Leo die ungewöhnlich intensive Beteiligung der Jahreszeiten“, ein echtes Programm zugrunde. pole am Vesuv, erhielt eine gründliche Ausbildung bekannt; außerdem war er Direktor des Konserva- Streicher an der Solobegleitung aus der ganz Es beschreibt die Seelenzustände eines Menschen am Conservatorio Sant’ Onofrio (einem der vier toriums Sant’ Onofrio. Sein Konzert G-Dur entstand anders angelegten Erstfassung. in der Nacht: Das einleitende Largo erzeugt eine Musikkonservatorien Neapels) und errang schon einige Jahre nach den Blockflötenkonzerten Sarris unheimlichen Ruhe, bevor im anschließenden 1704, mit 25 Jahren, die Position des Vizehof- und seiner Kollegen, von denen es sich durch sei- TONMALEREI UND PROGRAMME Presto die „Fantasmi“, also die Gespenster, den kapellmeisters. 1728 wurde er Kapellmeister der nen fast schon galanten, spielerisch-leichten Stil Gedruckt wurde Vivaldis Sammlung op. 10 nicht Schlaflosen heimsuchen. Der erlösende Schlaf Stadt Neapel und 1737 erster Kapellmeister am unterscheidet. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war es etwa in seiner Heimatstadt Venedig, sondern in („Il sonno“) wird in einem weiteren Largo durch Hof. Sarri schrieb neben seinen rund 60 Opern auch für die Traversflöte bestimmt, und vielleicht ließ Amsterdam bei Michel-Charles Le Cène. Wie bereits lange Haltetöne im Piano dargestellt; dieser Satz Oratorien, Intermezzi und Serenaten, aber offen- sich Leo ja durch den berühmten Traversflötisten sein Vorgänger Estienne Roger konnte Le Cène ist mit Dämpfern und ohne Cembalo zu spielen. bar nur wenige Instrumentalstücke: Außer dem Johann Joachim Quantz, den späteren Lehrer des eine hervorragende Druckqualität bieten, da er mit Nicht ganz so deutlich ist der außermusikalische Blockflötenkonzert sind nur noch einige Sonaten Preußenkönigs Friedrich II., zu dem Werk anregen. dem Notenstich arbeitete, während venezianische Bezug im Konzert „Il gardellino“, doch immerhin bekannt. Vor allem die beiden langsamen Sätze Quantz verbrachte 1725 einige Monate in Neapel. Verlage noch das veraltete System mit beweglichen imitiert der Solist unmittelbar nach dem Ein- des Konzerts erinnern durch ihre gesanglichen Typen nutzten. Außerdem ermöglichte der Amster- leitungsritornell den Gesang des Vogels. Danach Melodien und die (vom Interpreten einzufügenden) SOLISTENLOSE KONZERTE damer Geschäftsmann seinen Komponisten (unter rufen gelegentliche Triller in der Solostimme Verzierungen an Opernarien. Neben originalen und adaptierten Blockflötenkon- ihnen auch Geminiani, Locatelli, Händel, Quantz immer wieder den programmatischen Vorwurf zerten enthält das heutige Programm auch einige und Telemann) eine weite Verbreitung: Italienische in Erinnerung. recht unterschiedlich konzipierte Werke ohne 08 | PROGRAMM PROGRAMM | 09
Solisten. Das Eröffnungsstück zählt zu den rund Europa nach Venedig strömten. Von Zeit zu Zeit op. 5 Nr. 12) schließt, wurde 1729 veröffentlicht. 60 Kompositionen, die Antonio Vivaldi mal als fasste er sie zu Zwölferpacks zusammen, die er Bereits in der Originalfassung stellt das Stück „Concerto a quattro“, mal als „Sinfonia“, am tref- veröffentlichte – anfangs in Venedig, später dann, einen Sonderfall dar: Es folgt weder der mehrsät- fendsten aber als „Concerto ripieno“ bezeichnete. (wie Vivaldi) in Amsterdam. Albinonis op. 7 er- zigen Form der Kirchensonate noch jener der Das Ripieno ist der in jeder Stimme mehrfach schien 1715 bei Estienne Roger. Die Sammlung (tanzbetonteren) Kammersonate, sondern besteht besetzte Streicherkörper, und das Ripienkonzert enthält vier Konzer te mit einer und vier mit zwei nur aus einem einzigen, langen Variationssatz. demnach ein Konzert für Streichorchester. Bekannt Solo-Oboen, dazu vier reine Streicher-Concerti, Sein Thema ist die „Folia“ – wenn man denn von wurde Vivaldi ja vor allem durch seine Solokon- zu denen auch das G-Dur-Werk op. 7 Nr. 4 zählt. einem Thema sprechen mag. Denn variiert wird hier zerte, deren schnelle Sätze er nach einem immer Eine Spezialität Albinonis war der fünfstimmige Satz keine Melodie, sondern ein Bass-Harmonie-Muster. gleichen, allerdings fantasievoll abgewandelten mit einer zweiten Bratschenstimme. Auch die Im 17. und 18. Jahrhundert gab es eine ganze Schema gestaltete, der sogenannten „Ritornellform“. Kompositionen aus op. 7 sind „Concerti a cinque“. Reihe solcher allgemein bekannter Modelle, die Sie setzt sich aus vier oder fünf Tutti-Abschnitten als Grundlage gemeinsamen Improvisierens, aber (Ritornellen) und drei oder vier eingeschobenen Francesco Geminiani als Autor des Schlussstücks auch komponierter Variationen genutzt wurden. Solopassagen (Couplets) zusammen. Die Ritornelle anzugeben, ist im Grunde nicht ganz korrekt. Charakteristisch für die Folia ist außer den stan- stehen auf den harmonischen Hauptstufen; die „La Folia“ ist Teil einer Reihe, in der Geminiani die dardisierten Harmonien (d, A, d, C, F, C, d, A) das Soli modulieren dagegen durch die Tonarten, sie zwölf Violinsonaten op. 5 seines Lehrers Arcangelo Metrum: ein Dreiertakt ähnlich der Sarabanda oder werden aus den Ritornellen durch freie Fortspin- Corelli zu Concerti grossi umarbeitete. Die durch- Ciaconna. Auf einen Tanz geht sie auch ursprüng- nung gewonnen und bieten Raum für Virtuosität. aus eigenständigen, um zusätzliche Stimmen für lich zurück. Er stammte aus Portugal und wurde Vivaldis Ripienkonzerte gleichen in ihrer dreisätzi- zweite Violine und Viola ergänzten Arrangements dort rasend schnell ausgeführt – daher der Name, gen Grundform (schnell-langsam-schnell) den erschienen in zwei Bänden in London, wo Geminiani der sich mit „Tollheit“ übersetzen lässt. Während Solokonzerten, doch für die einzelnen Sätze musste Francesco Geminiani, Crayonstich von den größten Teil seines Lebens verbrachte. Band 2, sich die Folia über ganz Europa verbreitete, wurde er andere Lösungen finden, weil der Wechsel von Jean-Baptiste Lucien der mit dem Konzert „La Folia“ (Corellis Sonate zwar das Grundtempo immer langsamer, doch die Solo und Tutti als Formprinzip ausfiel. Die meisten „Tollheit“ blieb: Über den ruhig wechselnden Bass- schnellen Sätze gestaltete er sehr knapp und ten-Fabrikant, und er selbst nannte sich „Musico tönen ließen sich umso wildere Oberstimmen- motivisch einheitlich; langsame Mittelsätze ver- di violino dilettante veneto“ (auf dem Titelblatt Variationen anbringen. kürzte er oft zu bloßen Überleitungen. Im Kopfsatz seines Opus 1 aus dem Jahr 1694). Er verstand der Sinfonia A-Dur RV 158 verfuhr Vivaldi jedoch sich also als vornehmer Musikliebhaber, der vom Jürgen Ostmann anders, indem er die Gruppen der ersten und Ertrag seiner Arbeit nicht leben musste – zunächst zweiten Violinen in einen lebhaften Dialog treten jedenfalls, denn später ging das Familienunter- ließ. Das zentrale, ungewöhnlich umfangreiche nehmen bankrott. Doch obwohl Albinoni nun fak- Andante molto überrascht gegen Ende mit einer tisch Berufsmusiker war, wurde er nie Mitglied der bizarren Unisono-Passage. Und das Finale des offiziellen venezianischen Musikervereinigungen gleichen, wohl relativ spät entstandenen Werks und ließ sich auch nur selten in der Öffentlichkeit nimmt einige Züge der klassischen Sonaten- auf seinem Instrument, der Violine, hören. Statt- satzform vorweg. dessen komponierte er unermüdlich – Serenaten, Kantaten und Opern, die ihn in Venedig und in VIVALDIS KONKURRENTEN anderen italienischen Städten bekannt machten, Tomaso Albinoni galt unter den venezianischen aber auch Sonaten, Concerti und Sinfonien. Musikern seiner Zeit als Außenseiter. Sein Vater Abschriften dieser Instrumentalwerke verkaufte war ein wohlhabender Papierwaren- und Spielkar- er an adelige Touristen, die im Winter aus ganz Francesco Geminiani: Titelblatt der Concerti grossi 10 | PROGRAMM PROGRAMM | 11
KONZERTVORSCHAU NDR DAS ALTE WERK Abo-Konzert 5 NDR PODIUM DER JUNGEN NDR SINFONIEORCHESTER Mittwoch, 26. Februar 2014, 20 Uhr ABONNEMENTKONZERTE Hamburg, Laeiszhalle, Großer Saal Samstag, 8. Februar 2014, 20 Uhr KA1a | Freitag, 29. November 2013, 20 Uhr LYRIARTE & VALER SABADUS Hamburg, Rolf-Liebermann-Studio KA1b | Samstag, 30. November 2013, 20 Uhr Abo-Konzert 4 Ensemble Lyriarte BELCANTO Hamburg, Kampnagel Mittwoch, 29. Januar 2014, 20 Uhr Valer Sabadus Countertenor NDR Radiophilharmonie BEN HUR Hamburg, Laeiszhalle, Großer Saal Werke von Vassilis Christopoulos Leitung NDR Sinfonieorchester Accademia Bizantina GEORG FRIEDRICH HÄNDEL und Olena Tokar Sopran Stefan Geiger Dirigent NDR Chor NICOLA ANTONIO PORPORA Petter Moen Tenor „Ben Hur“ – Stummfilm von FRED NIBLO mit der Ottavio Dantone Cembalo und Leitung 19 Uhr: Einführungsveranstaltung im Kleinen Saal der Laeiszhalle Jan Štáva Bass Musik für großes Orchester von CARL DAVIS Karina Gauvin Sopran Arien und Opernauszüge von Yetzabel Arias Fernandez Sopran WOLFGANG AMADEUS MOZART, GIACOMO PUCCINI, Sonia Prina Alt GIACHINO ROSSINI, IGOR STRAWINKSY, Delphine Galou Alt ERICH KORNGOLD, PETER TSCHAIKOWSKY u. a. NDR CHOR Milena Storti Alt ANTONIO VIVALDI Donnerstag, 5. Dezember 2013, 20 Uhr „Juditha Triumphans“ Oratorium in zwei Teilen Freitag, 6. Dezember 2013, 20 Uhr für Soli, Chor und Orchester RV 645 Hamburg, Rolf-Liebermann-Studio 19 Uhr: Einführungsveranstaltung im Kleinen Saal der Laeiszhalle HYMNE À LA NUIT NDR Chor Jean-Christophe Cholet Leitung und Komposition Valer Sabadus Cholet-Känzig-Papaux-Trio Elise Caron Vocals In Kooperation mit NDR jazz. Olena Tokar Ottavio Dantone Karten im NDR Ticketshop im Levantehaus, Tel. (040) 44 192 192, online unter ndrticketshop.de 12 | KONZERTVORSCHAU KONZERTVORSCHAU | 13
In Hamburg auf 99,2 Foto: © [M] Stockbyte, Stefano Stefani | Photodisc, ccvision IMPRESSUM Weitere Frequenzen unter ndr.de/ndrkultur Herausgegeben vom Fotos: NORDDEUTSCHEN RUNDFUNK [M] plainpicture (Titel) PROGRAMMDIREKTION HÖRFUNK Harald Hoffmann (S. 5) BEREICH ORCHESTER UND CHOR Marco Borggreve (S. 6) Rothenbaumchaussee 132 | 20149 Hamburg akg-images (S. 7, S. 9, S. 10, S. 11) dasaltewerk@ndr.de Ribalta Luce (S. 12 links) Arne Schultz (S. 12 rechts) NDR Das Alte Werk im Internet: Dorothee Falke (S. 13) www.ndr.de/dasaltewerk NDR | Markendesign Leitung: Andrea Zietzschmann Gestaltung: Klasse 3b, Hamburg Litho: Otterbach Medien KG GmbH & Co. Redaktion NDR Das Alte Werk: Angela Piront Druck: Nehr & Co. GmbH Redaktionsassistenz: Janina Hannig Nachdruck, auch auszugsweise, Redaktion des Programmheftes: nur mit Genehmigung des NDR gestattet. Dr. Ilja Stephan Der Text von Jürgen Ostmann ist ein Originalbeitrag für den NDR. Die Konzerte der Reihe NDR Das Alte Werk hören Sie auf NDR Kultur 14 | IMPRESSUM Hören und genießen
Sie können auch lesen