Verdichtung am Zürichberg - Timbatec
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Wohnsiedlung Toblerstrasse, Zürich Verdichtung am Zürichberg Der Zürichberg gilt gemeinhin als Villenquartier. Es konnten sich in den einstigen Rebhängen aber auch Wohnbaugenossenschaften Grundstücke sichern und diese bebauen. Die Allgemeine Baugenossenschaft Zürich (ABZ) hat hier jüngst einen Beitrag zur Verdichtung geleistet. Manuel Pestalozzi Die Toblerstrasse durchquert die Siedlung. 4 BAU&ARCHITEKTUR SEPTEMBER 2018
Baugeschichtliches Archiv Stadt Zürich Manuel Pestalozzi Die frühere Siedlung in einer Aufnahme von Wolf-Benders Erben aus den 1960er-Jahren. Bis ins 20. Jahrhundert hinein waren die Ihre frühesten Siedlungen befanden sich zur nach Süden orientierten Hänge des Zürich- Zeit ihrer Erstellung an den Rändern des bergs ländlich geprägt. Noch immer gab es Siedlungsgebietes, heute stehen sie mitten Ein öffentlich begehbares Wegnetz verbindet Rebberge und isolierte, kleine Bauern- oder im Häusermeer. Zwei von ihnen konnten die Siedlungsteile beidseits der Strasse. Handwerkersiedlungen. Erst mit der zuneh- am Zürichberg realisiert werden. Jene an der menden Verbreitung des individuellen Mo- Toblerstrasse entstand anfangs der 1930er- Manuel Pestalozzi torfahrzeugs als Transportmittel wurden die Jahre – gleichzeitig wie diese selbst. Der Anhöhen über dem Stadtzentrum als Wohn- sanft quer zum Hang ansteigende, beschei- lage für gut Betuchte attraktiv. dene Boulevard ist das Fragment einer Stadt Die Bebauung des Zürichbergs erfolgte nicht tangente, welche nicht nur die unmittelbare kontinuierlich vom Zentrum her, sondern Gegend erschliesst, sondern die nördlichen entlang der bestehenden Strassen, die erst Quartiere Zürichs mit dem rechten Zürich- allmählich zu einem zusammenhängenden seeufer und auf dem Bergrücken mit der Netz von Verbindungen quer und senkrecht Allmend Fluntern und dem Zoo verbindet. zum teilweise steilen Hang ergänzt wurden. Ein Puzzleteil Durchmischung Wie ein Puzzleteil ist das polygonale, von Aufgrund der schubweisen, wenig koordi- der Toblerstrasse durchtrennte Grundstück nierten Entwicklung haben sich die Stadt- in den Hang eingefügt und ist umringt mit gebiete am Zürichberg nie zu reinen Villen Parzellen, die fast alle zur selben Zeit mit quartieren entwickelt. Bis heute gibt es Mehrfamilienhäusern gehobeneren Stan- einerseits verschiedene «Nester» von kleinen, dards bebaut wurden. Die ABZ erstellte etwas windschiefen Bauten, die dem Wandel 16 Mehrfamilienhäuser, rechteckige Solitä- trotzen. Fast überall war von Beginn weg der re mit Satteldächern, die locker angeordnet Anteil der Mehrfamilienhäuser beträchtlich. wurden und sich am Verlauf der Tobler- und Und an verschiedenen Orten konnten sich der nordöstlich angrenzenden Hadlaub neben den stattlichen Residenzen mit ihren strasse orientierten. Das Ensemble bildete grossen Gärten auch Baugenossenschaften eine Art kleine Gartenstadt, durchquert vom Grundstücke sichern und Wohnungen für öffentlichen Otto-Lang-Weg, welcher die Angestellte oder Arbeiterinnen und Arbeiter Tobler- mit der Hadlaubstrasse verbindet. erstellen. Erst auf den zweiten Blick unterschieden sich Die Allgemeine Baugenossenschaft Zü- diese solid wirkenden Massivbauten mit Bal- rich (ABZ) gehört zu den «alten» Bau konen und Garagenzeilen von den etwas ge- genossenschaften der Stadt. Sie wurde 1916, diegeneren Wohnhäusern der Nachbarschaft. also mitten im Ersten Weltkrieg, von Arbei- Das Schicksal der alten Siedlung wurde gegen Im unteren Teil der Anlage wird der Verlauf des tern gegründet, mit dem Ziel der Selbsthilfe. Ende des vergangenen Jahrzehnts besiegelt. Terrains maximal ausgenutzt. BAU&ARCHITEKTUR SEPTEMBER 2018 5
Wohnsiedlung Toblerstrasse, Zürich Häuser kleiner, also quartierüblich erschei- Manuel Pestalozzi nen. Von den gediegenen Nachbarhäusern aus den 1930er-Jahren scheint die Sockel lösung für die hangseitigen Gebäude zu stammen, welche das Entwurfsteam neu in- terpretierte. Bei diesen «Vorbildern» befindet sich auf Strassenniveau ein nicht vollwertiges Geschoss, in dem früher vermutlich Woh- nungen für Dienstboten untergebracht wa- ren. Im oberen Teil der neuen Siedlung sind auf dieser Ebene Gemeinschaftsräume un- tergebracht, unter anderem die Einstellplätze für Fahrräder oder die Waschmaschinen. Erst über dieser Basis setzt die grosszügige Ordnung des «Piano nobile» ein. Die bis zu sechsgeschossigen Wohnbauten werden durch zentral gelegene Treppen häuser erschlossen, individuelle Aussen- räume sind als Loggien ins Volumen ein- gebunden. Die mit grobem, strukturiertem Putz verkleideten Fassaden wurden in unterschiedlichen Aubergine- und Ocker tönen gestrichen, Aluminiumgesimse und die Metallfenster bilden dazu einen Kon- trast. Insgesamt wirken diese Bauten elegant – sie scheinen eher den Zürichberg zu re- präsentieren als die traditionelle Botschaft Die Natursteinmäuerchen wurden als prägendes Element von der alten Siedlung übernommen. einer Baugenossenschaft. Statt der früheren 114 Drei- und Vierzimmerwohnungen bietet Die geltende Bau- und Zonenordnung hätte Grün- und Aufenthaltszonen, die Architek- die Siedlung 169 Einheiten diverser Grössen. etwa eine Verdoppelung der Wohnflächen ten sprechen von « kabinettartigen Aussen- Die Mietpreise sind für Zürich relativ mo- ermöglicht. Die ABZ wollte verdichten – räumen». derat. allerdings nicht maximal, sondern massvoll, Der Entwurf operiert mit einem Drehen für das Quartier verkraft- und tolerierbar. und Spiegeln von gleichen Häusern, was für mp Von Beginn weg wurden Ersatzneubauten eine abwechslungsreiche Gesamterscheinung geplant, der Genossenschaft schwebte eine sorgt. Die geknickten Fassaden lassen die ▶▶ www.abz.ch neue, nachhaltige Siedlung vor, wegweisend sowohl hinsichtlich Wohn- und Nutzwert, Städtebau, Architektur und Umgebung, wie Manuel Pestalozzi auch bezüglich Wirtschaftlichkeit sowie Ökologie und Energie. Nach einer Machbarkeitsstudie fand ein Ar- chitekturwettbewerb statt, der von BS+EMI Architektenpartner AG, einer Arbeits gemeinschaft aus den Büros Baumberger & Stegmeier und Edelaar Mosayebi Inderbitzin aus Zürich, gewonnen wurde. Die Realisie- rung fand in zwei Etappen statt: Der Sied- lungsteil auf der Talseite der Toblerstrasse wurde 2015, jener zwischen Tobler- und Hadlaubstrasse 2017 fertiggestellt. In den Bestand eingepasst Den Architekten ist es gelungen, die Verdich- tung so zu bewerkstelligen, dass die Umge- bung ihren Charakter behalten konnte. Man glaubt, die Siedlung stehe schon länger hier, als sie es tatsächlich tut. Sie besteht neu aus insgesamt 13 Solitärbauten, die im Grundriss wie die Gesamtparzelle verwinkelt sind. Mit ihren Fassaden fassen sie die angrenzenden Strassenräume klar, nach innen umschliessen sie ein Raumkontinuum aus verschiedenen Verschiedene Aussenräume dienen als frei bespielbare Begegnungszonen. 6 BAU&ARCHITEKTUR SEPTEMBER 2018
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