Verfahrensrecht für Praktiker 01.07.2015
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01.07.2015 Verfahrensrecht für Praktiker Jens Intemann Richter am Finanzgericht Diplom‐Finanzwirt 2 1
01.07.2015 3 Bestandskraft • Mit Eintritt der Bestandskraft gilt die festgesetzte Steuer als rechtmäßig • Es ist dann unerheblich, ob die Steuer tatsächlich zu hoch oder zu niedrig festgesetzt wurde • Ein bestandkräftiger Steuerbescheid kann grundsätzlich nicht mehr geändert werden • Eine Änderung ist nur unter den Voraussetzungen der Änderungsvorschriften der §§ 172 AO, § 129 AO zulässig 2
01.07.2015 Bestandskraft • Eine Änderung kann grundsätzlich auch nicht erfolgen, wenn die Steuer offensichtlich zu hoch festgesetzt wurde • Auch der Erlass der Steuerschuld ist nicht möglich, wenn die Einspruchsfrist versäumt wurde Bestandskraft Beispiel: Der Stpfl. A gibt trotz Aufforderung keine Steuererklärung für das Jahr 2014 ab. Daraufhin schätzt das FA die Besteuerungsgrundlagen. Es werden Einkünfte aus dem Betrieb eines Malerbetriebs in Höhe von 50.000 € angesetzt. Einspruch wird nicht erhoben. Tatsächlich hat der Stpfl. einen Verlust von 10.000 € erlitten. Kann der Steuerbescheid noch korrigiert werden? 3
01.07.2015 Bestandskraft Lösung: Der Steuerbescheid ist nach Ablauf der Einspruchsfrist bestandskräftig geworden. Obwohl die Steuerfestsetzung tatsächlich offensichtlich zu hoch ist, kann der Steuerbescheid nicht mehr geändert werden. Auch ein Erlass der Steuerschuld scheidet aus. Stpfl. A muss die (rechtswidrige) Steuer endgültig bezahlen. Änderungsvorschriften Änderungsnormen Falsche Bezeichnung der Änderungsnorm durch das FA ist unschädlich Selbst wenn das FA fehlerhaft annimmt, dass die Änderung nach § 164 AO erfolgen kann, ist die Änderung rechtmäßig, wenn die Voraussetzungen einer anderen Änderungsnorm (objektiv) z.B. §§ 173, 175 AO erfüllt sind BFH v. 12.8.2013 – X B 196/12, BFH/NV 2013, 1761 4
01.07.2015 Änderungsvorschriften Änderung wegen neuer Tatsachen gem. § 173 AO Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren oder niedrigeren Steuer führen. Änderungsvorschriften • Es muss eine Tatsache nachträglich bekannt werden • Tatsachen sind Lebenssachverhalte • Keine Tatsachen sind Rechtsansichten und Schlussfolgerungen 5
01.07.2015 Änderungsvorschriften Beispiel: Das FA will einen bestandskräftigen Steuerbescheid ändern, weil nachträglich bekannt wurde, dass der Stpfl. bisher unbekannte Betriebseinnahmen erzielt hat. Darüber hinaus wurde die Abschreibung für einen Maschine rechtsfehlerhaft zu hoch angesetzt. Änderungsvorschriften Lösung: 1. Eine Änderung wegen der nachträglich bekannt gewordenen Betriebseinnahmen nach § 173 AO ist möglich, weil es sich bei der Erzielung von Betriebseinnahmen um eine Tatsache handelt. 2. Die Änderung der AfA‐Beträge ist unzulässig, weil es sich um einen Rechtsfehler handelt, der nicht nach § 173 AO korrigiert werden kann. 6
01.07.2015 Änderungsvorschriften Nachträglich bekannt geworden • Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters • Jedoch nur für jeweilige Organisationseinheit • Veranlagungsstelle und Bewertungsstelle unterschiedlich • Kenntnisse der übergeordneten Behörde kann nicht dem zuständigen FA zugerechnet werden Änderungsvorschriften Beispiel: Der Bewertungsstelle des FA ist bekannt, dass der Stpfl. A Eigentümer einer Mietwohnung ist. Die Mieteinnahmen hat er in der Einkommensteuererklärung 2008 nicht angegeben. Nachdem der Veranlagungsbeamte nachträglich von den Mieteinnahmen erfahren hat, will er den bestandskräftigen EStBescheid 2008 gem. § 173 AO ändern. 7
01.07.2015 Änderungsvorschriften Lösung: Die Änderung nach § 173 AO ist zulässig, weil die Veranlagungsstelle sich nicht das Wissen der Bewertungsstelle zurechnen lassen muss. Deshalb ist die Tatsache der Mieteinnahmen des A für das FA neu iSd. § 173 AO. Änderungsvorschriften Nachträglich bekannt geworden • Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters • Objektive nicht allein subjektive Umstände entscheidend • Akteninhalt gilt grundsätzlich als bekannt 8
01.07.2015 Änderungsvorschriften Änderung nach § 173 AO • Eine allein in archivierten Akten festgehaltene Tatsache muss das Finanzamt nur dann als bekannt gegen sich gelten lassen, wenn für die Hinzuziehung dieser Akten nach den Umständen des Falls eine besondere Veranlassung bestand. BFH vom 18.5.2010 – X R 49/08, BFH/NV 2010, 2225 Änderungsvorschriften • Keine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, wenn das FA seine Ermittlungspflicht verletzt und der Stpfl. seine Mitwirkungspflicht erfüllt • Verletzen beide ihre Pflichten ist Änderung nur gesperrt, wenn Ermittlungs‐pflichtverletzung des FA deutlich überwiegt 9
01.07.2015 Änderungsvorschrift Grobes Verschulden des Steuerpflichtigen • Eine Änderung zugunsten des Stpfl. setzt voraus, dass den Stpfl. kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden • Das fehlerhafte Beantworten einer Frage im Erklärungsvordruck ist grob fahrlässig • Merkblätter zur Steuererklärung sind sorgfältig zu lesen • Der Mandant muss sich ein Verschulden seines steuerlichen Beraters zurechnen lassen Änderungsvorschriften Verschulden bei ELSTER‐Verfahren Steuerberater trifft grobes Verschulden wenn er dem steuerlich unerfahrenen Stpfl. lediglich die komprimierte Einkommensteuererklärung (ELSTER‐ Verfahren) vorlegt ohne den für eine vollständige Abgabe einer Steuererklärung maßgebenden Sachverhalt zu ermitteln 10
01.07.2015 Änderungsvorschriften Unerheblich ist, dass der Ausdruck der komprimierten Steuererklärung auf die Verwendung des Programms ELSTER zurückzuführen ist BFH v. 16.5.2013 – III R 12/12, BFH/NV 2013, 1467 Änderungsvorschriften Rechtsirrtum • Entschuldbarer Rechtsirrtum eines steuerlichen Laien ist nicht grob fahrlässig • Ein beauftragter Steuerberater muss dagegen auch komplizierte Steuerfragen sachgerecht behandeln 11
01.07.2015 Änderungsvorschriften Änderungssperre nach § 173 Abs. 2 AO • Nach § 173 Abs. 2 AO kann eine Änderung von Steuerbescheiden unzulässig sein • Grundsätzlich keine Änderung gem. § 173 Abs. 1 AO nach Außenprüfung • Ausnahme: Steuerhinterziehung und leichtfertige Steuerverkürzung Änderungsvorschriften Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit gem. § 129 AO Berichtigungsmöglichkeit für • Schreibfehler • Rechenfehler • und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten 12
01.07.2015 Änderungsvorschriften Berichtigung nach § 129 AO • Mechanischer Fehler • Verschreiben, verrechnen, vertippen • Rechtsanwendungsfehler muss ausgeschlossen sein Änderungsvorschriften Beispiel: Der Stpfl. erklärt Mieteinnahmen in Höhe von 5730 € aus der Vermietung einer Eigentumswohnung. Er gibt Werbungskosten in Höhe von 370, 30 € an. Der Sachbearbeiter des FA übersieht die Kommastelle und setzt im Steuerbescheid einen Werbungskostenüberschuss von 5730 € ./. 37030 € = ./. 31300 € fest. 13
01.07.2015 Änderungsvorschriften Lösung: Der Steuerbescheid kann nach § 129 AO wegen eines Rechenfehlers jederzeit berichtigt werden. Änderungsvorschriften Merksatz: Eine Unrichtigkeit ist nicht offenbar, wenn aus der Sicht eines objektiven Dritten die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass dem Sachbearbeiter ein Fehler unterlaufen ist, der nicht auf einem mechanischen Versehen beruht. Ist aus Sicht des objektiven Dritten in tatsächlicher Hinsicht (positiv) festzustellen, dass dem Bearbeiter ein nicht mechanischer Fehler unterlaufen ist, scheidet eine Berichtigung nach § 129 AO aus. 14
01.07.2015 Änderungsvorschriften § 129 AO und ELSTER‐Verfahren § 129 AO kann auch bei der Prüfung einer Steuererklärung, die im ELSTER‐Verfahren eingereicht wurde, angewendet werden BFH vom 13.8.2010 – IX B 20/10, BFH/NV 2010, 2232 Vorbehalt der Nachprüfung § 164 AO • Jeder Steuerbescheid kann unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen werden • Keine besonderen Voraussetzungen notwendig • Begründung für eine Vorbehaltsfestsetzung ist entbehrlich 15
01.07.2015 Vorbehalt der Nachprüfung § 164 AO • Der Steuerbescheid kann jederzeit aufgehoben oder geändert werden (§ 164 Abs. 2 AO) • Änderung zugunsten und zuungunsten des Stpfl. möglich • Vorbehalt der Nachprüfung entfällt mit Ablauf der Festsetzungsfrist Festsetzungsverjährung Festsetzungsverjährung • Dauer der Festsetzungsfrist (§ 169 AO) • Anlaufhemmung (§ 170 AO) • Ablaufhemmung (§ 171 AO) 16
01.07.2015 Festsetzungsverjährung Nach Ablauf der Festsetzungsverjährung kann ein Steuerbescheid nicht mehr • erstmals erlassen • geändert • aufgehoben • berichtigt werden. Festsetzungsverjährung Dauer der Festsetzungsfrist Die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 1 AO beträgt • regulär vier Jahre • bei Steuerhinterziehung zehn Jahre • bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre 17
01.07.2015 Festsetzungsverjährung Anlaufhemmung • Anlaufhemmung des § 170 AO wirkt sich auf den Fristbeginn aus • Die Frist beginnt mit Ablauf des Jahres, in welchem eine Steuererklärung abgegeben wird • Fristbeginn spätestens drei Jahre nach Ablauf des VZ Festsetzungsverjährung Beispiel: Der Stpfl. A reicht seine Einkommensteuererklärung für 2009 am 2.3.2010 ein. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des 31.12.2010 zu laufen. Sie endet mit Ablauf des 31.12.2014. Gibt der A die Steuererklärung im Jahre 2015 ab, endet die Frist mit Ablauf des 31.12.2016. 18
01.07.2015 Festsetzungsverjährung Ablaufhemmung • Anfechtung eines Steuerbescheids mit Einspruch oder Klage • Festsetzungsfrist endet nicht bevor über den Einspruch oder die Klage unanfechtbar entschieden wurde • Die Festsetzungsfrist des Folgebescheids wird durch den Erlass eines Grundlagenbescheids verlängert • Ablauf der Festsetzungsfrist des Folgebescheids erst zwei Jahre nach Erlass des Grundlagenbescheids Festsetzungsverjährung Festsetzungsfrist durch Übersendung des Steuerbescheids per Telefax BFH v. 28.1.2014 VIII R 28/13, BStBl. II 2014, 552 19
01.07.2015 Festsetzungsverjährung Die gesetzlich gebotene Schriftform für behördliche und gerichtliche Entscheidungen wird auch durch Übersendung per Telefax gewahrt Die Festsetzungsfrist ist nach Maßgabe des § 169 Absatz 1 Satz 3 Nr. 1 AO schon gewahrt, wenn der Steuerbescheid vor Ablauf der Festsetzungsfrist den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat und dem Adressaten tatsächlich (wenn auch erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist) zugegangen ist Auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe ‐ auch hinsichtlich der Bekanntgabefiktionen ‐ kommt es danach nicht an Festsetzungsverjährung Rechtsfolge: Ein gefaxter Einkommensteuerbescheid hemmt den Ablauf der Festsetzungsfrist Denn die Frist ist nach Maßgabe des § 169 Absatz 1 Satz 3 Nr. 1 AO auch gewahrt, wenn der Steuerbescheid vor Ablauf der Festsetzungsfrist den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat und dem Adressaten tatsächlich (wenn auch erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist) zugegangen ist 20
01.07.2015 Anfechtung eines Verspätungszuschlags Verspätungszuschlag § 152 AO Das FA kann einen Verspätungszuschlag festsetzen, wenn • Ein Stpfl. seiner Steuererklärungspflicht nicht fristgemäß nachkommt • Kein Verspätungszuschlag bei unverschuldeter Fristversäumnis • Verschulden des Steuerberaters ist dem Stpfl. zuzurechnen 21
01.07.2015 Verspätungszuschlag • Festsetzung des Verspätungszuschlags steht im Ermessen des FA • Das Ermessen erstreckt sich auf das ob und die Höhe des Verspätungszuschlags • Der Verspätungszuschlag darf 10 % der festgesetzten Steuer nicht überschreiten • Höchstbetrag von 25.000 € • Festsetzung regelmäßig im Zusammenhang mit der Steuerfestsetzung Verspätungszuschlag • Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist ein eigenständiger Verwaltungsakt • Dieser wird nur technisch mit dem Steuerbescheid in einem Schriftstück verbunden • Gegen den Verspätungszuschlag muss daher ausdrücklich selbständig Einspruch eingelegt werden 22
01.07.2015 Verspätungszuschlag Beispiel: Der Stpfl. A reicht seine Einkommensteuererklärung für 2012 erstmals verspätet ein. Mit dem Einkommensteuerbescheid 2012 vom 20.4.2014 wird die Steuer auf 10.000 € festgesetzt. Nach Abzug der Vorauszahlungen verbleibt einen Nachzahlung von 1.000 €. Gleichzeitig setzt das FA einen Verspätungszuschlag von 500 € fest. Verspätungszuschlag Lösung: Der Verspätungszuschlag darf höchsten 10% von 10.000 € also 1.000 € betragen. Die Höhe der tatsächlichen Abschlusszahlung ist unerheblich. Ein Verspätungszuschlag von 500 € ist nicht ermessensgerecht und damit rechtswidrig, weil der Stpfl. A erstmals seine Erklärung verspätet abgegeben hatte. 23
01.07.2015 Verspätungszuschlag Einspruch „Gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 vom 20.4.2014 wird Einspruch erhoben. Der Einspruch richtet sich auch gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags von 500 €.“ Einspruchsverfahren Einspruchsverfahren 24
01.07.2015 Einspruchsverfahren Form und Inhalt • Der Einspruch ist schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären • Einspruch durch Telefax ist zulässig • Einspruch kann auch per e‐mail wirksam eingelegt werden (AEAO zu § 357 Nr. 1) • Der Einspruch ist bei dem FA einzureichen, das den anzufechtenden Steuerbescheid erlassen hat • Einspruchsbefugt ist nur derjenige, der durch den Verwaltungsakt beschwert ist Einspruchsverfahren • Aus dem Einspruch muss sich ergeben, wer sich gegen welchen Steuerbescheid wendet • Zur Anfechtung eines Feststellungsbescheids ist regelmäßig der zur Vertretung berufene Geschäftsführer berechtigt (§ 352 Abs. 1 Nr. 1 AO) • Ausnahmsweise ist jeder Gesellschafter einspruchsbefugt, wenn er aus der Gesellschaft ausgeschieden ist 25
01.07.2015 Einspruchsverfahren • Eine falsche Bezeichnung des Einspruchs ist unschädlich (§ 357 Abs. 1 Satz 4 AO) • Aus dem Schriftstück muss sich nur ergeben, dass sich der Stpfl. gegen den Steuerbescheid wenden will • Der anzufechtende Steuerbescheid soll bezeichnet werden Einspruchsverfahren Rechtsbehelfsbefugnis = Beschwer 26
01.07.2015 Einspruchsverfahren • Beschwert ist regelmäßig der Adressat des Steuerbescheids • Kein Recht auf Popularklage Beispiel: Der verheiratete Stpfl. A erhält einen Umsatzsteuerbescheid für 2010. Seine Ehefrau E hält diesen für falsch und legt im eigenen Namen Einspruch ein. Der Einspruch ist unzulässig, weil E nicht beschwert ist. Einspruchsverfahren Strenge Auslegung eines Einspruchsschreibens BFH v. 19.8.2013 – X R 44/11, DStR 2014, 323 27
01.07.2015 Einspruchsverfahren Formulierung des Einspruchs: „Bescheid für 2007 über Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag vom 30.04.2009 Sehr geehrte Damen und Herren, gegen den Bescheid für 2007 über Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag vom 30.04.2009 legen wir Einspruch ein. Der Einspruch richtet sich gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags.“ Einspruchsverfahren Der Bund der Steuerzahler hat beim Niedersächsischen Finanzgericht Klage gegen die Erhebung des Solidaritätszuschlags eingereicht, AZ 7 K 143/08. Das Musterverfahren bezieht sich auf den Veranlagungszeitraum 2007. Wir erklären uns damit einverstanden, dass das Rechtsbehelfsverfahren ruht bis zur höchstrichterlichen Klärung dieser Rechtsfrage." 28
01.07.2015 Einspruchsverfahren Nach Ablauf der Einspruchsfrist erweiterte der StB den Einspruch erstmals um negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Zusammenhang mit der Geltendmachung eines Investionsabzugsbetrags für eine Photovoltaikanlage. Einspruchsverfahren Das Einspruchsschreiben ist nicht eindeutig Es muss ausgelegt werden Zur Auslegung ist die Begründung des Einspruchs heranzuziehen Die Begründung richtet sich nur gegen den Soli 29
01.07.2015 Einspruchsverfahren Der Einspruch wegen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb ist unzulässig Der Einspruch hat sich nur gegen den Soli gerichtet Dies ist eine eigenständiger Bescheid Er ist nur mit dem EStBescheid in einem Schriftstück äußerlich verbunden Einspruchsverfahren Ermittlung der Einspruchsfrist 30
01.07.2015 Einspruchsverfahren • Die Einspruchsfrist beträgt nach § 355 AO einen Monat • nicht vier Wochen! • Der Einspruch muss innerhalb der Einspruchsfrist beim zuständigen FA eingehen • Absendung des Einspruchs innerhalb der Frist reicht nicht aus • Für die Einhaltung der Einspruchsfrist gem. § 355 Abs. 1 AO trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast BFH v. 28.10.1987 I R 12/84, BStBl. II 1988, 111 Einspruchsverfahren Die Einspruchsfrist verlängert sich auf ein Jahr, wenn der Steuerbescheid keine Rechtsbehelfsbelehrung hat Dies kann vorkommen, wenn das FA versehentlich die Aktenausfertigung versendet oder eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung enthält 31
01.07.2015 Einspruchsverfahren Umfang der Rechtsbehelfsbelehrung Einspruchsverfahren Die vom FA erteilte Rechtsbehelfsbelehrung ist rechtmäßig Es ist nicht notwendig, auf die Möglichkeit zur Einlegung eines Einspruchs durch e‐mail hinzuweisen Versäumte Einspruchsfristen können nicht mit Hinweis auf darauf geheilt werden BFH v. 20.11.2013 – X R 2/12, BFH/NV 2014, 198 32
01.07.2015 Einspruchsverfahren Fristbeginn nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO • Steuerbescheid gilt drei Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben • Bei Übersendung mit einfachem Brief • Früherer Zugang unerheblich • Späterer Zugang: tatsächlicher Zugang entscheidend • Späterer Zugang ist aber vom Stpfl. nachzuweisen • Endet die 3‐Tages‐Frist an einem Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag beginnt die Frist am darauffolgenden Werktag BFH IX R 68/98, BStBl. II 2003, 875 (Änderung der Rechtsprechung) Einspruchsverfahren Beispiel: Der Einkommensteuerbescheid 2014 wird am 14.6.2015 zur Post gegeben. Er gilt am 17.6.2015 als bekannt gegeben. Auch wenn er tatsächlich am 15.6. oder 16.6 dem Stpfl. oder dem Berater zugeht. 33
01.07.2015 Einspruchsverfahren • Geht der Steuerbescheid dem Stpfl. bzw. dem Berater tatsächlich nicht zu, beginnt eine Frist nicht zu laufen • Der Steuerbescheid wird mangels Bekanntgabe nicht wirksam • Das FA muss den tatsächlichen Zugang des Steuerbescheids beweisen Einspruchsverfahren Achtung: Die 3‐Tages‐Fiktion des § 122 Abs. 2 AO gilt nicht, wenn der Steuerbescheid mit Postzustellungsurkunde zugestellt wird Dann beginnt die Frist mit der tatsächlichen Zustellung beim Stpfl. oder beim Berater Art der Zustellung muss daher beim Mandanten erfragt werden 34
01.07.2015 Einspruchsverfahren Ende der Einspruchsfrist • Einspruchsfrist endet mit Ablauf des Tages im folgenden Monat, • der durch seine Zahl dem Anfangstag entspricht • Fällt das Ende der Frist auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag • endet die Frist am darauffolgenden Werktag Einspruchsverfahren Beispiel: Bekanntgabe des Steuerbescheids erfolgt am der 20.5.01. Die Einspruchsfrist endet somit am 20.6.01. 35
01.07.2015 Einspruchsverfahren Beispiel: Bekanntgabe des Steuerbescheids erfolgt am 1.4.01. Die Frist würde somit eigentlich am 1.5.01 enden. Da der 1.5. aber ein Feiertag ist, endet die Frist erst mit Ablauf des 2.5.01. Hinweis: Die Monatsfrist muss nicht 30 Tage betragen Beispiel: Bekanntgabe des Steuerbescheids erfolgt am der 30.1.01. Die Einspruchsfrist endet am 28.2.01. Einspruchsverfahren Rechtzeitige Absendung des Einspruchs Beruft sich ein Stpfl. auf die angebliche rechtzeitige Aufgabe seines Einspruchs zur Post innerhalb der Monatsfrist, so bedarf es einer in sich geschlossenen und aus sich heraus verständlichen Darstellung der Umstände, aus denen sich bei entsprechender Glaubhaftmachung ergibt, dass der Einspruch rechtzeitig an das FA abgesendet worden ist. Neben den Angaben über die Führung eines Postausgangsbuches und über die Erstellung des Einspruchsschreibens sind insoweit genaue Angaben erforderlich, wann, zu welcher Uhrzeit und von wem das Einspruchsschreiben zur Post gegeben wurde. Die bloße Berufung auf das geführte Postausgangsbuch reicht insoweit nicht aus. Die Finanzbehörden sind nicht verpflichtet, einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe über den notwendigen Inhalt eines Wiedereinsetzungsantrages zu belehren. 36
01.07.2015 Einspruchsverfahren Postausgangsbuch der Datev Das elektronische Postausgangsbuch der DATEV ist zum Nachweis der rechtzeitige Absendung nur beschränkt geeignet Nach Auskunft der DATEV kann bei jedem einzelnen Postausgangssatz das Ausgangsdatum nachträglich geändert werden Unveränderlich ist lediglich die laufende Nummer, die damit das eigentliche Merkmal ist, um den Zeitpunkt der Absendung verlässlich zu ermitteln Einspruchsverfahren Daher ist ein bei DATEV geführtes elektronisches Postausgangsbuch zum Nachweis der Absendung nur geeignet, wenn die laufende Nummer des Postausgangssatzes zum Absendedatum passt, also in einer Reihe steht mit den laufenden Nummern der am selben Tag bzw. am Vor‐ und Folgetag abgesendeten Schriftstücke FG Berlin‐ Brandenburg v. 16.6.2014, DStRE 2015, 616 37
01.07.2015 Einspruchsverfahren Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 AO Einspruchsverfahren Wiedereinsetzung in den vorigen Stand § 110 AO War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist (z.B. die Einspruchsfrist) einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren 38
01.07.2015 Einspruchsverfahren Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO) Zudem ist er zu begründen (§ 110 Abs. 2 Satz 2 AO) Dabei sind die Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der einmonatigen Antragsfrist darzulegen, soweit sie nicht für die Behörde offenkundig oder amtsbekannt sind Einspruchsverfahren • Beruft sich ein Prozessbevollmächtigter wegen Versäumung der Einspruchsfrist auf ein Büroversehen, gehört zum schlüssigen Vortrag der Wiedereinsetzungsgründe die Darlegung, warum ein Organisationsverschulden auszuschließen ist. • Wird die nur versehentlich unterlassene Übermittlung eines fristwahrenden Einspruchs im Telefax‐Verfahren geltend gemacht, indizieren die gleichwohl erfolgte Dokumentation eines entsprechenden Einspruchsschreibens im Postausgangsbuch wie auch die Löschung der Einspruchsfrist ohne einen die Übermittlung bestätigenden Sendebericht einen Organisationsmangel. BFH v. 18.03.2014 ‐ VIII R 33/12, BStBl. II 2014, 922 39
01.07.2015 Wiedereinsetzung Gründe für eine Wiedereinsetzung • Erkrankung des Stpfl. • Kurzfristige Abwesenheit durch Urlaub oder Geschäftsreise • Überlange Postlaufzeit Wiedereinsetzung Keine Wiedereinsetzungsgründe • Arbeitsüberlastung • Kurze Fristüberschreitung • Verlust eines Steuerbescheids beim Stpfl. 40
01.07.2015 Wiedereinsetzung Verschulden des Steuerberaters • Fristversäumnis wegen mangelhafter Büroorganisation ist schuldhaft • Fristkontrollbuch ist zu führen und Fristen sind zu überwachen • Austragung der Frist erst nach tatsächlicher Absendung • Bei Absendung per Fax muss der Faxbericht vorliegen • Versehen einer zuverlässigen Mitarbeiterin ist jedoch unschädlich BFH v. 26.2.2014 IX R 41/13; BFH/NV 2014, 881; v. 3.4.2013 V R 24/12, BFH/NV 2013, 970 Wiedereinsetzung § 110 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen eines vom Prozessbevollmächtigten nicht zu vertretenden Büroversehens kann nur dann gewährt werden, wenn einem mit der büromäßigen Bearbeitung der Angelegenheit befassten und in der Vergangenheit stets zuverlässigem Mitarbeiter trotz ordnungsgemäßer Büroorganisatin ein Fehler unterlaufen ist Ein Prozessbevollmächtigter ist dabei verpflichtet, seinen Bürobetrieb so zu organisieren, dass Fristversäumnisse ausgeschlossen sind 41
01.07.2015 Wiedereinsetzung Beispiel: Die ansonsten zuverlässige Steuerfachgehilfin A ist konkret damit beauftragt worden, den Einspruch in der Sache X auf dem Weg nach Hause bei der örtlichen Hauptpost einzuwerfen. Die Frist läuft zwei Tage später ab. Versehentlich bleibt der Einspruch aber in der Tasche der A liegen. Wiedereinsetzung? Wiedereinsetzung Lösung: Es ist Wiedereinsetzung nach § 110 Abs. 1 AO zu gewähren. Ein versehentliches „Vergessen“ der Mitarbeiterin ist unverschuldet. 42
01.07.2015 Steuererklärung Steuererklärung per Telefax ist zulässig BFH vom 8.10.2014 – VI R 82/13, BFH/NV 2015, 371 Gegen BMF v. 20.1.2003, BStBl. I 2003, 74 Steuererklärung • Eine Einkommensteuererklärung kann auch wirksam per Telefax an das FA übermittelt werden • Es ist nicht erforderlich, • dass der Steuerpflichtige den Inhalt der Einkommensteuererklärung tatsächlich in vollem Umfang zur Kenntnis genommen hat Finanzverwaltung wendet das Urteil an und hat seine gegenteilige Auffassung aufgegeben BMF v. 16.4.2015, DStR 2015, 900 43
01.07.2015 Einspruchsverfahren Aussetzung der Vollziehung • Einspruch hemmt die Vollziehung eines Steuerbescheids nicht • Daher ist die festgesetzte Steuer trotz Einspruchs zu zahlen • Aussetzung der Vollziehung muss ausdrücklich beantragt werden Einspruchsverfahren • Aussetzung ist zu gewähren, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids bestehen • Vollziehung des Steuerbescheids würde eine unbillige Härte darstellen • Ernstliche Zweifel können sich auf eine Rechtsfrage oder auf den Sachverhalt beziehen 44
01.07.2015 Außenprüfung Betreuung einer Außenprüfung Außenprüfung Prüfungsanordnung • Die Durchführung einer Außenprüfung setzt den Erlass einer Prüfungsanordnung voraus • Die Prüfungsanordnung ist ein Verwaltungsakt • Die Prüfungsanordnung kann daher mit dem Einspruch angefochten werden • BFH v. 26.2.2014 – III B 123/13, BFH/NV 2014, 823 45
01.07.2015 Außenprüfung Beispiel: Das FA erlässt eine Prüfungsanordnung für 2010 bis 2012. Im Laufe der Prüfung fordert der Prüfer die Vorlage der Buchführung 2009. Außenprüfung Lösung: Die Aufforderung ist unzulässig, weil die Prüfungsanordnung sich auf 2010 bis 2012 beschränkt. Allerdings darf der Prüfer einer erweiterte Prüfungsanordnung erlassen. 46
01.07.2015 Außenprüfung • Eine Außenprüfung ist unzulässig, wenn die Steuerfestsetzung zweifelsfrei nicht mehr geändert werden kann • Eintritt der absoluten Festsetzungsverjährung • Außenprüfung aber dennoch zulässig, wenn reguläre Festsetzungsfrist abgelaufen ist • BFH v. 13.1.2010 – X B 113/09, BFH/NV 2010, 600 Außenprüfung Anfechtung einer Prüfungsanordnung • Prüfungsanordnung ist Verwaltungsakt • Sie kann mit Einspruch und Anfechtungsklage angefochten werden • Einspruch und Klage haben keine aufschiebende Wirkung • Es kann Aussetzung der Vollziehung beantragt werden 47
01.07.2015 Außenprüfung Begründung einer Prüfungsanordnung • Prüfung nach § 193 Abs. 1 AO bedarf keiner besonderen Begründung • Hinweis auf gesetzliche Regelung reicht aus • Dies gilt auch für Klein – und Kleinstbetriebe Außenprüfung Begründung der Prüfungsanordnung • Weitergehende Begründung notwendig, wenn • Dreifache Wiederholung einer Prüfung in kurze Abständen (BFH/NV 2004, 1617) • Prüfungserweiterung wegen erwarteter Mehrsteuern • Prüfung außerhalb des üblichen Prüfungsturnus aus besonderem Anlass (BFH BStBl. II 1989, 4) • Prüfung, ob überhaupt gewerbliche Einkünfte vorliegen (BFH/NV 2005, 1967) 48
01.07.2015 Außenprüfung Mitwirkungspflichten • Nach § 200 AO treffen den Stpfl. im Rahmen einer Außenprüfung erhöhte Mitwirkungspflichten • Er hat Auskünfte zu erteilen • Auszeichnungen, Bücher und Geschäftspapiere vorzulegen • Er hat notwendige Erläuterungen zu geben Außenprüfung Vorlagepflichtige Unterlagen • Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden • Alle aufbewahrungspflichtigen Unterlagen (§ 147 Abs. 1) • Achtung: auch sonstige Unterlagen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind (§ 147 Abs. 1 Nr. 5) 49
01.07.2015 Außenprüfung Grenzen einer Inanspruchnahme aufgrund der Mitwirkungspflicht ergeben sich daraus, dass die Finanzbehörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Pflicht zur Sachverhaltsermittlung (§ 88 Abs. 1 AO) nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat, ob und in welcher Form sie die Mitwirkung des Steuerpflichtigen in Anspruch nimmt Außenprüfung Aufforderung zur Vorlage der Unterlagen ist mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar Denn es ist ausreichend, dass das FA mit vertretbare rechtlichen Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass der fragliche Sachverhalt steuerliche Auswirkungen haben kann BFH v. 10.4.2013 – I R 45/11, BFH/NV 2013, 1657 50
01.07.2015 Außenprüfung Ein Vorlageverlangen ist auch rechtmäßig, wenn es sich auch auf solche Unterlagen bezieht, für die keine Aufbewahrungspflichten bestanden, die also freiwillig aufbewahrt wurden Dieses Gesetzesverständnis folgt dem Wortlaut des § 200 Abs. 1 Satz 2 AO, der keine Einschränkungen enthält, insbesondere keine Akzessorietät zu Aufbewahrungspflichten herstellt, wie dies etwa in § 147 Abs. 6 AO der Fall ist Außenprüfung Der Ermittlung der Verhältnisse des Steuerpflichtigen dient die Anforderung von Urkunden auch dann, wenn keine entsprechende Aufbewahrungspflicht besteht, diese Urkunden aber vorhanden sind und folglich vorgelegt werden können Dabei geht es um keine unangemessene Benachteiligung des überobligationsmäßig aufbewahrenden Steuerpflichtigen, sondern um die Ermöglichung der Auswertung des Vorhandenen im Sinne der Gleichmäßigkeit der Besteuerung 51
01.07.2015 Außenprüfung Beantwortung von Fragebögen Pflicht zur Beantwortung von Fragebögen z.B. Friseurgewerbe Fragebogen ist zu beantworten Pflicht über Erteilung von Auskünften über den Betrieb ergibt sich aus § 200 AO! Außenprüfung Auch detaillierte Fragen zum Geschäftsablauf und zum Wareneinsatz sind zu beantworten Allerdings kann nur Auskunft verlangt werden, soweit dem Stpfl. hierüber belastbare Informationen vorliegen Ist dem Stpfl. die abgefragte Tatsache nicht bekannt, muss er dies auch so mitteilen 52
01.07.2015 Außenprüfung Rechte und Pflichten bei einer digitalen Außenprüfung Außenprüfung Digitaler Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO • Zugriff auf Datenverarbeitungssystem • Digitale Prüfung der Buchführung • Übergabe eines Datenträgers • Einsicht in das Computersystem des Stpfl. 53
01.07.2015 Außenprüfung Digitaler Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO • Zugriffsmethode steht im Ermessen der Finanzbehörde • Zugriff nur im Rahmen der Prüfung • Umfang der Prüfungsanordnung entscheidend • Datenzugriff hat Umfang der Prüfung nicht erweitert • Zugriffsbeschränkung hat der Stpfl. zu veranlassen Außenprüfung Datenzugriff zulässig auf originäre Buchführungssysteme Auch auf der eigentlichen Buchführung vorgelagerten (Kassen‐)Systeme, da dem Datenzugriff grundsätzlich auch die Daten aus vorgeschalteten Systemen oder Nebensystemen unterfallen Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die in einem Vorsystem –wie einem Kassensystem– erzeugten (steuerrelevanten und aufbewahrungs‐ pflichtigen) Daten in verdichteter Form in das eigentliche Buchführungssystem übergeben werden BFH v. 16.12.2014 ‐ X R 47/13, DStR 2015, 892 glA BMF‐Schreiben vom 14. 11.2014, BStBl. I 2014, 1450, Rz. 20 54
01.07.2015 Außenprüfung • Zugriff ist nur auf aufbewahrungspflichtige Unterlagen gem. § 147 Abs. 1 AO zulässig • Kein digitaler Zugriff auf freiwillig geführte Unterlagen • Datenzugriff auch, wenn Bücher in Papierform und (freiwillig) edv‐ gestützt geführt werden Außenprüfung • Freiwillig von einem § 4 III‐Rechner erstellte Sachkonten nicht vorlagepflichtig • Freiwillig geführte Bücher und Aufzeichnungen nicht vorlagepflichtig • Unterlagen über rein private Vorgänge nicht vorlagepflichtig • BFH v. 24.6.2009 – VIII R 80/06, BStBl. II 2010, 452 55
01.07.2015 Außenprüfung Übersendung eines Datenträgers • Außenprüfer hat Anspruch auf Übergabe eines maschinell auswertbaren Datenträgers • Eine Pflicht zur Übersendung vor Prüfungsbeginn besteht nicht • Auswirkung auf Prüfungsbeginn • Einfluss auf Verjährung der Steueransprüche Außenprüfung Datenzugriff vor Ort • Außenprüfer kann vor Ort in das Datenverarbeitungssystem des Stpfl. Einsicht nehmen • Beschränkung des Datenzugriffs liegt im Verantwortungsbereich des Stpfl. • Stpfl. muss dabei Verschwiegenheitsverpflichtungen beachten 56
01.07.2015 Außenprüfung Anforderungen an die Kassenführung Außenprüfung Sachverhalt: Die Klägerin erzielte in den Streitjahren 2007 bis 2009 gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb einer Apotheke. Sie war nach §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB) buchführungspflichtig und verwendete ein speziell für Apotheken entwickeltes PC‐gestütztes Erlöserfassungssystem mit integrierter Warenwirtschaftsverwaltung der Firma X (X). Die Tageseinnahmen wurden über modulare PC‐ Registrierkassen der Firma X erfasst, dann durch Tagesendsummenbons (Z‐Bons) mit anschließender Nullstellung ausgewertet und als Summe in ein manuell geführtes Kassenbuch eingetragen. 57
01.07.2015 Außenprüfung Kassenführung Jeder Geschäftsvorfall ist vollständig und lückenlos aufzuzeichnen Aufzeichnungserleichterungen für den Einzelhandel aus der Vergangenheit BFH IV 472/60, BStBl. III 1966, 371; dazu BMF v. 9.1.1996, BStBl. I 1996, 34 Finanzverwaltung fordert Speicherung aller Einzelvorfälle bei elektronischen Kassen BMF v. 14.11.2014, BStBl. I 2014, 1450 Tz. 39; v. 26.11.2010, BStBl. I 2010, 1342 Außenprüfung Streitig ist, ob abweichend von der bisherigen Rechtsprechung mit PC‐Kassen geführte Aufzeichnungen (Dateien) jedes einzelnen Geschäftsvorfalls aufzubewahren und im Rahmen einer digitalen Außenprüfung vorzulegen ist 58
01.07.2015 Außenprüfung Kassendaten sind umfassend zu speichern BFH v. 16.12.2014 X R 42/13, DStR 2015, 892 glA. BMF v. 14.11.2014, BStBl. I 2014, 1450 Tz. 39 Außenprüfung Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verpflichten Einzelhändler wie z.B. Apotheker, im Rahmen der Zumutbarkeit sämtliche Geschäftsvorfälle einschließlich der über die Kasse bar vereinnahmten Umsätze einzeln aufzuzeichnen. Verwendet ein Einzelhändler, der in seinem Betrieb im allgemeinen Waren von geringem Wert an ihm der Person nach nicht bekannte Kunden über den Ladentisch gegen Barzahlung verkauft, eine PC‐Kasse, die detaillierte Informationen zu den einzelnen Verkäufen aufzeichnet und eine dauerhafte Speicherung ermöglicht, so sind die damit bewirkten Einzelaufzeichnungen auch zumutbar. Die Finanzverwaltung ist in diesem Fall nach § 147 Abs. 6 AO im Rahmen einer Außenprüfung berechtigt, Zugriff auf die Kasseneinzeldaten zu nehmen. 59
01.07.2015 Außenprüfung • Für bar erlangte Kasseneinnahmen • hat der BFH in diesem Zusammenhang unmissverständlich klargestellt, • dass der nach den GoB aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfall gerade nicht nur der am Ende eines Tages insgesamt vereinnahmte Betrag (Tageslosung) ist, • weil die Tatsache der sofortigen Bezahlung der Leistung es nicht rechtfertigt, die einzelnen Geschäftsvorfälle nicht auch einzeln mit Benennung des Kunden, der Art der Tätigkeit und der Bareinnahme aufzuzeichnen Außenprüfung • Entscheidet der Steuerpflichtige sich für ein modernes PC‐ Kassensystem, • das zum einen sämtliche Kassenvorgänge einzeln und detailliert aufzeichnet (mithin insbesondere die in Geld bestehende Gegenleistung sowie den Inhalt des Geschäfts) • und zum anderen auch eine langfristige Aufbewahrung (Speicherung) der getätigten Einzelaufzeichnungen ermöglicht, • kommt er gerade damit der ihm obliegenden Verpflichtung zur Aufzeichnung der einzelnen Verkäufe nach. 60
01.07.2015 Außenprüfung • Er kann sich in diesem Fall • nicht (mehr) auf die Unzumutbarkeit der Aufzeichnungsverpflichtung berufen. • Bei Verwendung einer PC‐Kasse ist die mit ihr bewirkte Einzelaufzeichnung auch zumutbar Außenprüfung • Dies bedeutet nicht, • dass die Verkäufe künftig einzeln gebucht werden müssen • Ausreichend ist weiterhin • die Verbuchung der zusammengefassten Tageslosung. • Es ist aber entscheidend, • dass diese sich auf die einzeln erfassten Verkäufe zurückführen lässt • und –ggf. unter Zuhilfenahme des Warenwirtschaftssystems– nachweisbar sind 61
01.07.2015 Außenprüfung • Können Daten nicht zur Verfügung gestellt werden • ist die Buchführung nicht ordnungsgemäß Es besteht regelmäßig eine Schätzungsbefugnis dem Grunde nach Außenprüfung Kassenführung ohne PC‐Kassen 62
01.07.2015 Außenprüfung • Es gibt allerdings keine gesetzliche Verpflichtung, • ein elektronisches Kassensystem zu nutzen • Es steht dem Stpfl. auch frei, • mechanische Kassen zu nutzen • oder eine „offene Ladenkasse“ zu führen • Dann gelten die strengen Aufzeichnungspflichten nicht Außenprüfung Soweit auf Einzelaufzeichnungen verzichtet werden darf, sind die Tagessummen der Kasseneinnahmen und Kassenausgaben in Form von Kassenberichten oder mit Hilfe eines Kassenbuchs täglich festzuhalten Die aus der Tageskasse ausgezählte Summe der Tageseinnahmen und ‐ausgaben ist in das in Form aneinandergereihter Kassenberichte geführte Kassenbuch zu übertragen Die zugehörigen Tagesendsummensbons (Z‐Bons) sind als sonstige Unterlagen i.S.d. § 147 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 AO aufzubewahren. 63
01.07.2015 Außenprüfung Dokumentiert der Steuerpflichtige sein Tageseinnahmen in Kassenberichten, ist das FA zur Schätzung gemäß § 162 II AO befugt, wenn der Steuerpflichtige die Eintragungen in den Kassenberichten wiederholt ‐ auch mehrfach ‐ durchgestrichen und durch andere Zahlen ersetzt hat Außenprüfung Ein Steuerpflichtiger muss auch im Fall der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG selbstredend seine Betriebseinnahmen und –ausgaben –sei es durch entsprechende Aufzeichnungen einschließlich Belegsammlung oder im Wege einer geordneten Belegablage– so festhalten, dass das FA diese auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüfen kann. 64
01.07.2015 Außenprüfung Der Stpfl. kann die Dokumentationspflicht durch chronologische Ablage der Ausgangsrechnungen erfüllen Erfasst der Stpfl. seine Tageseinnahmen in einer Summe, muss er das Zustandekommen der Summe (bspw. durch einen Kassenbericht) auch nachweisen können (Klein/Rätke, AO, 11. Aufl., § 146 Rz 8). Außenprüfung Vorlagepflichtige Unterlagen 65
01.07.2015 Außenprüfung • Private Bankkonten sind grundsätzlich nicht vorzulegen • Der Prüfer hat nur Anspruch auf Einsicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dort Betriebseinnahmen eingegangen sind • Ein unsubstantiierter Verdacht reicht nicht • Ermittlungen ins Blaue hinein sind unzulässig • BFH VII R 66/91, BFH/NV 1993, 76 ausführlich Intemann in Koenig, AO, § 200 Rz. 18; Rüsken in Klein, AO, § 200 Rz. 4 GoBD Umfang des Datenzugriffs Der Datenzugriff ist auf alle originären Buchführungsunterlagen zulässig Bilanz/GuV Anlagenbuchhaltung Bestands‐ und Erlöskonten Grundaufzeichnungen Eingangs‐ und Ausgangsrechnungen Geschäftsbriefe 66
01.07.2015 GoBD Finanzverwaltung will aber auch auf alle Nebensysteme zugreifen Vgl. Tz. 5 und 20 Kostenstellen Warenwirtschaftssysteme Zweifelhaft für alle reinen Managementsysteme GoBD Das neue BMF‐Schreiben zu den GoBD BMF v. 14.11.2014, BStBl. I 2014, 1450 67
01.07.2015 GoBD • Die Unveränderbarkeit der archivierten Daten muss gewährleistet werden • Änderungen müssen dokumentiert werden • Vgl. Tz. 58 ff. • Dies soll auch für elektronische Unterlagen gelten, die nicht Buchungen oder Aufzeichnungen betreffen GoBD Belegwesen Belege sind aufzubewahren Auf dem Papierbeleg sollen Angaben zur Kontierung, zum Ordnungskriterium und zum Buchungsdatum vermerkt werden Vgl. Tz. 64 Option: Stpfl. muss für sofortige Prüfungsfähigkeit in anderer Form sorgen Bei mehreren Buchungsvorgängen in einem Beleg muss die Zuordnung für jeden Geschäftsvorfall gesichert sein (Tz. 71 ff.) 68
01.07.2015 GoBD Datensicherheit Stpfl. muss Datensicherheit gewährleisten DV‐System muss vor Verlust und Änderung durch Dritte geschützt sein Sind die Daten nicht ausreichend geschützt und können deshalb nicht vorgelegt werden Ist die Buchführung formell nicht ordnungsgemäß Vgl. Tz. 103 ff. Schätzung der Besteuerungsgrundlagen dem Grunde nach zulässig Außenprüfung Anfechtung eines Vorlageverlangens 69
01.07.2015 Außenprüfung Auch die Aufforderung zur Datenüberlassung im Rahmen einer digitalen Außenprüfung ist ein Verwaltungsakt, gegen den sich der Stpfl. mit dem Einspruch und der Anfechtungsklage zur Wehr setzen kann BFH v. 16.12.2014 X R 42/13, DStR 2015, 892; v. 24.6.2009 VIII R 80/09, BStBl. II 2010, 452 Außenprüfung Schätzung von Besteuerungsgrundlagen 70
01.07.2015 Außenprüfung Schätzung der Besteuerungsgrundlagen Das Gericht prüft • ob eine Schätzungsbefugnis dem Grunde nach besteht (§ 162 AO) • ob die Schätzung der Höhe nach rechtmäßig ist • Nachkalkulation oder Geldverkehrsrechnung werden von der Gerichtsprüferin kontrolliert Außenprüfung Schätzung der Besteuerungsgrundlagen • Nach § 162 AO kann das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzen • Eine formell nicht ordnungsgemäße Buchführung kann zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen berechtigen • Aber auch eine formell ordnungsgemäße Buchführung kann in der Außenprüfung verworfen werden 71
01.07.2015 Außenprüfung Schätzung der Besteuerungsgrundlagen • Buchführungsunterlagen müssen den Anforderungen der §§ 140 ff. AO erfüllen • Die Geschäftsvorfälle sind vollständig und richtig zu erfassen • Die Kassenführung muss ordnungsgemäß sein • Die Kasse muss jederzeit kassensturzfähig sein Außenprüfung • Schätzungsbefugnis bei formell nicht ordnungsgemäßer Buchführung • Formeller Buchführungsmangel muss Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln • Buchführung muss wesentliche Mängeln aufweisen • Sachlicher Unrichtigkeit muss nicht feststehen • BFH v. 14.12.2011 – XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921 • Cöster in Koenig § 162 Rz. 62; Rüsken in Klein § 162 Rz. 25 72
01.07.2015 Außenprüfung Schätzungsbefugnis besteht auch bei einem unverschuldeten Verlust von Buchführungsunterlagen oder Aufzeichnungen zB. sind im Taxigewerbe die Schichtzettel aufzubewahren Feststellungen zur Ordnungsmäßigkeit der Buchführung trifft das FG BFH‐Beschluss III B 27/11, BFH/NV 2013, 497 Außenprüfung Nachweispflicht bei ungeklärten Einlagen Wird Kapital durch Buchung eines Geldbetrags in der Kasse aus dem PV in das BV eingelegt, trifft den Stpfl. eine besondere Mitwirkungspflicht an der Aufklärung der Herkunft der Mittel Im Einzelfall kann das FG zu dem Ergebnis kommen, dass es sich um unversteuerte Einnahmen handelt BFH v. 13.6.2013 – X B 132‐133/12, BFH/NV 2013, 1593 73
01.07.2015 Außenprüfung Schätzung der Besteuerungsgrundlagen Das Ergebnis einer formell ordnungsgemäßen Buchführung kann durch • Nachkalkulation • Geldverkehrsrechnung • Kontrollmitteilungen widerlegt werden. Außenprüfung Schätzung der Besteuerungsgrundlagen • Das Unterschreiten des unteren Rohgewinnaufschlagsatzes der Richtsatzsammlung reicht nicht aus 74
01.07.2015 Außenprüfung Beispiel: Der A betreibt eine Gastwirtschaft. Das Finanzamt führt für die Jahre 2012 bis 2014 eine Außenprüfung durch. Im Jahr 2014 stellt der Prüfer fest, dass verschiedene Barschecks in Höhe von insgesamt 5.000 € nicht in der Buchführung erfasst wurden, sondern auf ein privates Bankkonto eingezahlt wurden. Für die Jahre 2012 und 2013 kann er solche Einzahlungen nicht ermitteln. Dennoch schätzt er auch in den Jahren 2012 und 2013 jeweils 5.000 € hinzu. Lösung: Für die Jahre 2012 und 2013 sind keine Buchführungsmängel festgestellt worden. Die Hinzuschätzung für diese Jahre ist rechtswidrig. Außenprüfung Schätzung • Schätzungsbefugnis muss für jedes Streitjahr festgestellt werden • Ungeprüfte Übertragung von Buchführungsfehlern auf andere Jahre grundsätzlich unzulässig 75
01.07.2015 Außenprüfung Schlussbesprechung • Nach § 201 AO soll eine Schlussbesprechung durchgeführt werden • Der Stpfl. kann auf eine Schlussbesprechung verzichten • Erörterung der Ergebnisse der Außenprüfung • in rechtlicher und finanzieller Hinsicht Außenprüfung Schlussbesprechung • Absprachen im Rahmen einer Schlussbesprechung sind weder für das Finanzamt noch für den Stpfl. bindend • Auch wenn im Prüfungsbericht steht: • „Über die Prüfungsfeststellungen wurde Einigung erzielt“ 76
01.07.2015 Außenprüfung • Der Stpfl. kann gegen die absprachegemäß erlassenen Steuerbescheide Einspruch/Klage erheben • Die Einigung in der Schlussbesprechung ist kein Rechtsbehelfsverzicht • Das Finanzamt kann einen von der Absprache abweichenden Steuerbescheid erlassen Außenprüfung Abschluss einer tatsächlichen Verständigung • Die Ergebnisse einer Schlussbesprechung binden weder den Stpfl. noch das Finanzamt • Dies gilt auch, wenn in der Schlussbesprechung Einigkeit über die Prüfungsfeststellungen erzielt wurde • Dennoch kann der Stpfl. die nach der Prüfung ergangenen Steuerbescheide anfechten 77
01.07.2015 Außenprüfung Tatsächliche Verständigung • Ausnahme: Die Beteiligten schließen eine tatsächliche Verständigung ab • Das Ergebnis einer tatsächlichen Verständigung bindet den Stpfl. und das Finanzamt • Dies gilt auch, wenn die tatsächliche Verständigung zu einer fehlerhaften Besteuerung führt Außenprüfung Anfechtung einer tatsächlichen Verständigung • Irrtum über die steuerlichen Folgen kein Anfechtungsgrund BFH v. 8.10.2008 ‐ I R 63/07, BStBl. II 2009, 121 • Druck in der Schlussbesprechung oder drohendes Strafverfahren kein Anfechtungsgrund • Unzulässige Drohung mit Konsequenzen im Steuerstrafverfahren kann Anfechtung rechtfertigen 78
01.07.2015 Außenprüfung Klassische Fehler eines Steuerbescheids nach Außenprüfung Außenprüfung Änderung nach § 173 AO Kritische Prüfung einer Änderung nach § 173 AO Nicht jede Feststellung des Außenprüfers ist eine neue Tatsache 79
01.07.2015 Außenprüfung FA muss Änderungsnorm im Steuerbescheid angeben aber: Angabe einer unzutreffenden Änderungsnorm unschädlich Änderung ist rechtmäßig, wenn die Voraussetzungen einer anderen Änderungsnorm erfüllt sind BFH v. 12.8.2013 X B 196/12, BFH/NV 2013, 1761 Außenprüfung Beispiel: Das FA will einen bestandskräftigen Steuerbescheid ändern, weil nachträglich bekannt wurde, dass der Stpfl. bisher unbekannte Betriebseinnahmen erzielt hat. Darüber hinaus wurde die Abschreibung für einen Maschine rechtsfehlerhaft zu hoch angesetzt. 80
01.07.2015 Außenprüfung Lösung: 1. Eine Änderung wegen der nachträglich bekannt gewordenen Betriebseinnahmen nach § 173 AO ist möglich, weil es sich bei der Erzielung von Betriebseinnahmen um eine Tatsache handelt. 2. Die Änderung der AfA‐Beträge ist unzulässig, weil es sich um einen Rechtsfehler handelt, der nicht nach § 173 AO korrigiert werden kann. Außenprüfung • Änderungsnormen müssen für jedes Streitjahr und jede Steuerart gesondert geprüft werden • Voraussetzungen der Änderungsnormen können in einem Jahr vorliegen und in einem anderen Jahr nicht erfüllt sein • Besondere Aufmerksamkeit ist bei einer Erweiterung des Prüfungszeitraums angezeigt 81
01.07.2015 Außenprüfung Beispiel: Die Außenprüfung erstreckt sich zunächst auf die Jahre 2009 bis 2011. Die Einkommensteuerbescheide 2009 bis 2011 stehen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Der Prüfer „entdeckt“ Schwarzeinnahmen und erweitert die Prüfung auf die Jahre 2008 und 2007 – diese Steuerbescheide sind bestandskräftig. Er ändert auch im Schätzwege den Entnahmeeigenverbrauch zu Lasten des Stpfl. Außenprüfung Lösung: 1. Die „Schwarzeinnahmen“ können nach § 173 AO zur Änderung der Steuerbescheide 2007 und 2008 führen. 2. Der Eigenverbrauch kann nicht berücksichtigt werden, weil eine Schätzung keine „neue Tatsache“ darstellt. 82
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