Verfahrensrecht für Praktiker 01.07.2015

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Verfahrensrecht für Praktiker 01.07.2015
01.07.2015

Verfahrensrecht für Praktiker
              Jens Intemann
         Richter am Finanzgericht
            Diplom‐Finanzwirt

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Verfahrensrecht für Praktiker 01.07.2015
01.07.2015

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Bestandskraft
• Mit Eintritt der Bestandskraft gilt die festgesetzte Steuer als
  rechtmäßig
• Es ist dann unerheblich, ob die Steuer tatsächlich zu hoch oder zu
  niedrig festgesetzt wurde
• Ein bestandkräftiger Steuerbescheid kann grundsätzlich nicht mehr
  geändert werden
• Eine Änderung ist nur unter den Voraussetzungen der
  Änderungsvorschriften der §§ 172 AO, § 129 AO zulässig

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Bestandskraft
• Eine Änderung kann grundsätzlich auch nicht erfolgen, wenn die
  Steuer offensichtlich zu hoch festgesetzt wurde
• Auch der Erlass der Steuerschuld ist nicht möglich, wenn die
  Einspruchsfrist versäumt wurde

Bestandskraft
 Beispiel:
 Der Stpfl. A gibt trotz Aufforderung keine Steuererklärung für das Jahr
 2014 ab. Daraufhin schätzt das FA die Besteuerungsgrundlagen. Es
 werden Einkünfte aus dem Betrieb eines Malerbetriebs in Höhe von
 50.000 € angesetzt. Einspruch wird nicht erhoben. Tatsächlich hat der
 Stpfl. einen Verlust von 10.000 € erlitten.
 Kann der Steuerbescheid noch korrigiert werden?

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Bestandskraft
 Lösung:
 Der Steuerbescheid ist nach Ablauf der Einspruchsfrist
 bestandskräftig geworden.
 Obwohl die Steuerfestsetzung tatsächlich offensichtlich zu hoch ist,
 kann der Steuerbescheid nicht mehr geändert werden.
 Auch ein Erlass der Steuerschuld scheidet aus.
 Stpfl. A muss die (rechtswidrige) Steuer endgültig bezahlen.

Änderungsvorschriften
                       Änderungsnormen
Falsche Bezeichnung der Änderungsnorm durch das FA ist
 unschädlich
Selbst wenn das FA fehlerhaft annimmt, dass die Änderung nach §
 164 AO erfolgen kann,
ist die Änderung rechtmäßig,
wenn die Voraussetzungen einer anderen Änderungsnorm (objektiv)
 z.B. §§ 173, 175 AO erfüllt sind
BFH v. 12.8.2013 – X B 196/12, BFH/NV 2013, 1761

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Änderungsvorschriften
       Änderung wegen neuer Tatsachen gem. § 173 AO
 Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide
 aufzuheben oder zu ändern,
 soweit Tatsachen
 oder Beweismittel
 nachträglich bekannt werden,
 die zu einer höheren oder niedrigeren Steuer führen.

Änderungsvorschriften
• Es muss eine Tatsache nachträglich bekannt werden
• Tatsachen sind Lebenssachverhalte
• Keine Tatsachen sind Rechtsansichten und Schlussfolgerungen

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Änderungsvorschriften
Beispiel:
Das FA will einen bestandskräftigen Steuerbescheid ändern, weil
nachträglich bekannt wurde, dass der Stpfl. bisher unbekannte
Betriebseinnahmen erzielt hat. Darüber hinaus wurde die
Abschreibung für einen Maschine rechtsfehlerhaft zu hoch angesetzt.

Änderungsvorschriften
Lösung:
1. Eine Änderung wegen der nachträglich bekannt gewordenen
Betriebseinnahmen nach § 173 AO ist möglich, weil es sich bei der
Erzielung von Betriebseinnahmen um eine Tatsache handelt.
2. Die Änderung der AfA‐Beträge ist unzulässig, weil es sich um einen
Rechtsfehler handelt, der nicht nach § 173 AO korrigiert werden kann.

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Änderungsvorschriften
                    Nachträglich bekannt geworden
• Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters
• Jedoch nur für jeweilige Organisationseinheit
• Veranlagungsstelle und Bewertungsstelle unterschiedlich
• Kenntnisse der übergeordneten Behörde kann nicht dem zuständigen
  FA zugerechnet werden

Änderungsvorschriften
 Beispiel:
 Der Bewertungsstelle des FA ist bekannt, dass der Stpfl. A Eigentümer
 einer Mietwohnung ist. Die Mieteinnahmen hat er in der
 Einkommensteuererklärung 2008 nicht angegeben.
 Nachdem der Veranlagungsbeamte nachträglich von den
 Mieteinnahmen erfahren hat, will er den bestandskräftigen
 EStBescheid 2008 gem. § 173 AO ändern.

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Änderungsvorschriften
 Lösung:
 Die Änderung nach § 173 AO ist zulässig, weil die Veranlagungsstelle
 sich nicht das Wissen der Bewertungsstelle zurechnen lassen muss.
 Deshalb ist die Tatsache der Mieteinnahmen des A für das FA neu iSd.
 § 173 AO.

Änderungsvorschriften
                     Nachträglich bekannt geworden
• Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters
• Objektive nicht allein subjektive Umstände entscheidend
• Akteninhalt gilt grundsätzlich als bekannt

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Änderungsvorschriften
                       Änderung nach § 173 AO
• Eine allein in archivierten Akten festgehaltene Tatsache muss das
  Finanzamt nur dann als bekannt gegen sich gelten lassen, wenn für
  die Hinzuziehung dieser Akten nach den Umständen des Falls eine
  besondere Veranlassung bestand.
BFH vom 18.5.2010 – X R 49/08, BFH/NV 2010, 2225

Änderungsvorschriften
• Keine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, wenn das FA seine
  Ermittlungspflicht verletzt und der Stpfl. seine Mitwirkungspflicht
  erfüllt
• Verletzen beide ihre Pflichten ist Änderung nur gesperrt, wenn
  Ermittlungs‐pflichtverletzung des FA deutlich überwiegt

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Änderungsvorschrift
             Grobes Verschulden des Steuerpflichtigen
• Eine Änderung zugunsten des Stpfl. setzt voraus, dass den Stpfl. kein
  grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel
  erst nachträglich bekannt werden
• Das fehlerhafte Beantworten einer Frage im Erklärungsvordruck ist
  grob fahrlässig
• Merkblätter zur Steuererklärung sind sorgfältig zu lesen
• Der Mandant muss sich ein Verschulden seines steuerlichen Beraters
  zurechnen lassen

Änderungsvorschriften
                   Verschulden bei ELSTER‐Verfahren
Steuerberater trifft grobes Verschulden
wenn er dem steuerlich unerfahrenen Stpfl.
lediglich die komprimierte Einkommensteuererklärung (ELSTER‐
 Verfahren) vorlegt
ohne den für eine vollständige Abgabe einer Steuererklärung
 maßgebenden Sachverhalt zu ermitteln

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Änderungsvorschriften
Unerheblich ist,
dass der Ausdruck der komprimierten Steuererklärung
auf die Verwendung des Programms ELSTER
zurückzuführen ist

BFH v. 16.5.2013 – III R 12/12, BFH/NV 2013, 1467

Änderungsvorschriften
                            Rechtsirrtum
• Entschuldbarer Rechtsirrtum eines steuerlichen Laien ist nicht grob
  fahrlässig
• Ein beauftragter Steuerberater muss dagegen auch komplizierte
  Steuerfragen sachgerecht behandeln

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Änderungsvorschriften
            Änderungssperre nach § 173 Abs. 2 AO

• Nach § 173 Abs. 2 AO kann eine Änderung von Steuerbescheiden
  unzulässig sein
• Grundsätzlich keine Änderung gem. § 173 Abs. 1 AO nach
  Außenprüfung
• Ausnahme: Steuerhinterziehung und leichtfertige Steuerverkürzung

Änderungsvorschriften
Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit gem. § 129 AO

Berichtigungsmöglichkeit für
• Schreibfehler
• Rechenfehler
• und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten

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Änderungsvorschriften
                   Berichtigung nach § 129 AO
• Mechanischer Fehler
• Verschreiben, verrechnen, vertippen
• Rechtsanwendungsfehler muss ausgeschlossen sein

Änderungsvorschriften
 Beispiel:
 Der Stpfl. erklärt Mieteinnahmen in Höhe von 5730 € aus der
 Vermietung einer Eigentumswohnung. Er gibt Werbungskosten in
 Höhe von 370, 30 € an. Der Sachbearbeiter des FA übersieht die
 Kommastelle und setzt im Steuerbescheid einen
 Werbungskostenüberschuss von
             5730 € ./. 37030 € = ./. 31300 €
 fest.

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Änderungsvorschriften
 Lösung:
 Der Steuerbescheid kann nach § 129 AO wegen eines Rechenfehlers
 jederzeit berichtigt werden.

Änderungsvorschriften
Merksatz:
Eine Unrichtigkeit ist nicht offenbar, wenn aus der Sicht eines
objektiven Dritten die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass dem
Sachbearbeiter ein Fehler unterlaufen ist, der nicht auf einem
mechanischen Versehen beruht.

Ist aus Sicht des objektiven Dritten in tatsächlicher Hinsicht (positiv)
festzustellen, dass dem Bearbeiter ein nicht mechanischer Fehler
unterlaufen ist, scheidet eine Berichtigung nach § 129 AO aus.

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Änderungsvorschriften
                  § 129 AO und ELSTER‐Verfahren

§ 129 AO kann auch bei der Prüfung einer Steuererklärung, die im
ELSTER‐Verfahren eingereicht wurde, angewendet werden

BFH vom 13.8.2010 – IX B 20/10, BFH/NV 2010, 2232

Vorbehalt der Nachprüfung § 164 AO
• Jeder Steuerbescheid kann unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
  erlassen werden
• Keine besonderen Voraussetzungen notwendig
• Begründung für eine Vorbehaltsfestsetzung ist entbehrlich

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Vorbehalt der Nachprüfung § 164 AO

• Der Steuerbescheid kann jederzeit aufgehoben oder geändert werden
  (§ 164 Abs. 2 AO)
• Änderung zugunsten und zuungunsten des Stpfl. möglich
• Vorbehalt der Nachprüfung entfällt mit Ablauf der Festsetzungsfrist

Festsetzungsverjährung
                     Festsetzungsverjährung

• Dauer der Festsetzungsfrist (§ 169 AO)

• Anlaufhemmung (§ 170 AO)

• Ablaufhemmung (§ 171 AO)

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Festsetzungsverjährung
  Nach Ablauf der Festsetzungsverjährung kann ein Steuerbescheid
  nicht mehr
• erstmals erlassen
• geändert
• aufgehoben
• berichtigt werden.

Festsetzungsverjährung
                     Dauer der Festsetzungsfrist
  Die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 1 AO beträgt
• regulär vier Jahre
• bei Steuerhinterziehung zehn Jahre
• bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre

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Festsetzungsverjährung
                            Anlaufhemmung
• Anlaufhemmung des § 170 AO wirkt sich auf den Fristbeginn aus
• Die Frist beginnt mit Ablauf des Jahres, in welchem eine
  Steuererklärung abgegeben wird
• Fristbeginn spätestens drei Jahre nach Ablauf des VZ

Festsetzungsverjährung
 Beispiel:
 Der Stpfl. A reicht seine Einkommensteuererklärung für 2009 am
 2.3.2010 ein. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des 31.12.2010
 zu laufen. Sie endet mit Ablauf des 31.12.2014.
 Gibt der A die Steuererklärung im Jahre 2015 ab, endet die Frist mit
 Ablauf des 31.12.2016.

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Festsetzungsverjährung
                          Ablaufhemmung
• Anfechtung eines Steuerbescheids mit Einspruch oder Klage
• Festsetzungsfrist endet nicht bevor über den Einspruch oder die Klage
  unanfechtbar entschieden wurde
• Die Festsetzungsfrist des Folgebescheids wird durch den Erlass eines
  Grundlagenbescheids verlängert
• Ablauf der Festsetzungsfrist des Folgebescheids erst zwei Jahre nach
  Erlass des Grundlagenbescheids

Festsetzungsverjährung

Festsetzungsfrist durch Übersendung des Steuerbescheids per Telefax

BFH v. 28.1.2014 VIII R 28/13, BStBl. II 2014, 552

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Festsetzungsverjährung
 Die gesetzlich gebotene Schriftform für behördliche und gerichtliche
  Entscheidungen wird auch durch Übersendung per Telefax gewahrt
 Die Festsetzungsfrist ist nach Maßgabe des § 169 Absatz 1 Satz 3 Nr. 1 AO
  schon gewahrt,
 wenn der Steuerbescheid vor Ablauf der Festsetzungsfrist den Bereich der
  für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat
 und dem Adressaten tatsächlich (wenn auch erst nach Ablauf der
  Festsetzungsfrist) zugegangen ist
 Auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe ‐ auch hinsichtlich der
  Bekanntgabefiktionen ‐ kommt es danach nicht an

Festsetzungsverjährung
Rechtsfolge:
 Ein gefaxter Einkommensteuerbescheid hemmt den Ablauf der
  Festsetzungsfrist
 Denn die Frist ist nach Maßgabe des § 169 Absatz 1 Satz 3 Nr. 1 AO
  auch gewahrt,
 wenn der Steuerbescheid vor Ablauf der Festsetzungsfrist den Bereich
  der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen
  hat
 und dem Adressaten tatsächlich (wenn auch erst nach Ablauf der
  Festsetzungsfrist) zugegangen ist

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            Anfechtung eines Verspätungszuschlags

Verspätungszuschlag § 152 AO
  Das FA kann einen Verspätungszuschlag festsetzen, wenn
• Ein Stpfl. seiner Steuererklärungspflicht nicht fristgemäß nachkommt
• Kein Verspätungszuschlag bei unverschuldeter Fristversäumnis
• Verschulden des Steuerberaters ist dem Stpfl. zuzurechnen

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Verspätungszuschlag
• Festsetzung des Verspätungszuschlags steht im Ermessen des FA
• Das Ermessen erstreckt sich auf das ob und die Höhe des
  Verspätungszuschlags
• Der Verspätungszuschlag darf 10 % der festgesetzten Steuer nicht
  überschreiten
• Höchstbetrag von 25.000 €
• Festsetzung regelmäßig im Zusammenhang mit der Steuerfestsetzung

Verspätungszuschlag
• Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist ein eigenständiger
  Verwaltungsakt
• Dieser wird nur technisch mit dem Steuerbescheid in einem
  Schriftstück verbunden
• Gegen den Verspätungszuschlag muss daher ausdrücklich selbständig
  Einspruch eingelegt werden

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Verspätungszuschlag
Beispiel:
Der Stpfl. A reicht seine Einkommensteuererklärung für 2012 erstmals
verspätet ein. Mit dem Einkommensteuerbescheid 2012 vom
20.4.2014 wird die Steuer auf 10.000 € festgesetzt.
Nach Abzug der Vorauszahlungen verbleibt einen Nachzahlung von
1.000 €.
Gleichzeitig setzt das FA einen Verspätungszuschlag von 500 € fest.

Verspätungszuschlag
Lösung:
Der Verspätungszuschlag darf höchsten 10% von 10.000 € also 1.000
€ betragen. Die Höhe der tatsächlichen Abschlusszahlung ist
unerheblich.
Ein Verspätungszuschlag von 500 € ist nicht ermessensgerecht und
damit rechtswidrig, weil der Stpfl. A erstmals seine Erklärung
verspätet abgegeben hatte.

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Verspätungszuschlag
                                Einspruch
„Gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 vom 20.4.2014 wird
Einspruch erhoben.
Der Einspruch richtet sich auch gegen die Festsetzung des
Verspätungszuschlags von 500 €.“

Einspruchsverfahren

                   Einspruchsverfahren

                                                                    24
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Einspruchsverfahren
                            Form und Inhalt
• Der Einspruch ist schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu
  erklären
• Einspruch durch Telefax ist zulässig
• Einspruch kann auch per e‐mail wirksam eingelegt werden (AEAO zu §
  357 Nr. 1)
• Der Einspruch ist bei dem FA einzureichen, das den anzufechtenden
  Steuerbescheid erlassen hat
• Einspruchsbefugt ist nur derjenige, der durch den Verwaltungsakt
  beschwert ist

Einspruchsverfahren
• Aus dem Einspruch muss sich ergeben, wer sich gegen welchen
  Steuerbescheid wendet
• Zur Anfechtung eines Feststellungsbescheids ist regelmäßig der zur
  Vertretung berufene Geschäftsführer berechtigt (§ 352 Abs. 1 Nr. 1
  AO)
• Ausnahmsweise ist jeder Gesellschafter einspruchsbefugt, wenn er
  aus der Gesellschaft ausgeschieden ist

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Einspruchsverfahren
• Eine falsche Bezeichnung des Einspruchs ist unschädlich (§ 357 Abs. 1
  Satz 4 AO)
• Aus dem Schriftstück muss sich nur ergeben, dass sich der Stpfl.
  gegen den Steuerbescheid wenden will
• Der anzufechtende Steuerbescheid soll bezeichnet werden

Einspruchsverfahren

            Rechtsbehelfsbefugnis = Beschwer

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Einspruchsverfahren
• Beschwert ist regelmäßig der Adressat des Steuerbescheids
• Kein Recht auf Popularklage
Beispiel:
  Der verheiratete Stpfl. A erhält einen Umsatzsteuerbescheid für 2010.
  Seine Ehefrau E hält diesen für falsch und legt im eigenen Namen
  Einspruch ein.
  Der Einspruch ist unzulässig, weil E nicht beschwert ist.

Einspruchsverfahren

            Strenge Auslegung eines Einspruchsschreibens

BFH v. 19.8.2013 – X R 44/11, DStR 2014, 323

                                                                                 27
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Einspruchsverfahren
Formulierung des Einspruchs:
„Bescheid für 2007 über Einkommensteuer, Kirchensteuer und
  Solidaritätszuschlag vom 30.04.2009
 Sehr geehrte Damen und Herren,
  gegen den Bescheid für 2007 über Einkommensteuer, Kirchensteuer
  und Solidaritätszuschlag vom 30.04.2009 legen wir Einspruch ein.
  Der Einspruch richtet sich gegen die Festsetzung des
  Solidaritätszuschlags.“

Einspruchsverfahren
 Der Bund der Steuerzahler hat beim Niedersächsischen Finanzgericht
 Klage gegen die Erhebung des Solidaritätszuschlags eingereicht, AZ
 7 K 143/08.
 Das Musterverfahren bezieht sich auf den Veranlagungszeitraum
 2007.
 Wir erklären uns damit einverstanden, dass das
 Rechtsbehelfsverfahren ruht bis zur höchstrichterlichen Klärung
 dieser Rechtsfrage."

                                                                             28
01.07.2015

Einspruchsverfahren

 Nach Ablauf der Einspruchsfrist erweiterte der StB den Einspruch
 erstmals um negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb im
 Zusammenhang mit der Geltendmachung eines
 Investionsabzugsbetrags für eine Photovoltaikanlage.

Einspruchsverfahren
Das Einspruchsschreiben ist nicht eindeutig
Es muss ausgelegt werden
Zur Auslegung ist die Begründung des Einspruchs heranzuziehen
Die Begründung richtet sich nur gegen den Soli

                                                                           29
01.07.2015

Einspruchsverfahren
Der Einspruch wegen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb ist
 unzulässig
Der Einspruch hat sich nur gegen den Soli gerichtet
Dies ist eine eigenständiger Bescheid
Er ist nur mit dem EStBescheid in einem Schriftstück äußerlich
 verbunden

Einspruchsverfahren

                  Ermittlung der Einspruchsfrist

                                                                         30
01.07.2015

Einspruchsverfahren
• Die Einspruchsfrist beträgt nach § 355 AO einen Monat
• nicht vier Wochen!
• Der Einspruch muss innerhalb der Einspruchsfrist beim zuständigen
  FA eingehen
• Absendung des Einspruchs innerhalb der Frist reicht nicht aus
• Für die Einhaltung der Einspruchsfrist gem. § 355 Abs. 1 AO trägt der
  Steuerpflichtige die Feststellungslast
BFH v. 28.10.1987 I R 12/84, BStBl. II 1988, 111

Einspruchsverfahren
 Die Einspruchsfrist verlängert sich auf ein Jahr,
 wenn der Steuerbescheid keine Rechtsbehelfsbelehrung hat
 Dies kann vorkommen, wenn das FA versehentlich die
  Aktenausfertigung versendet
 oder eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung enthält

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01.07.2015

Einspruchsverfahren

              Umfang der Rechtsbehelfsbelehrung

Einspruchsverfahren
Die vom FA erteilte Rechtsbehelfsbelehrung ist rechtmäßig
Es ist nicht notwendig, auf die Möglichkeit zur Einlegung eines
 Einspruchs
durch e‐mail hinzuweisen
Versäumte Einspruchsfristen können nicht mit Hinweis auf darauf
 geheilt werden

BFH v. 20.11.2013 – X R 2/12, BFH/NV 2014, 198

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01.07.2015

Einspruchsverfahren
                  Fristbeginn nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO
•   Steuerbescheid gilt drei Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben
•   Bei Übersendung mit einfachem Brief
•   Früherer Zugang unerheblich
•   Späterer Zugang: tatsächlicher Zugang entscheidend
•   Späterer Zugang ist aber vom Stpfl. nachzuweisen
•   Endet die 3‐Tages‐Frist an einem Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen
    Feiertag beginnt die Frist am darauffolgenden Werktag

BFH IX R 68/98, BStBl. II 2003, 875 (Änderung der Rechtsprechung)

Einspruchsverfahren
    Beispiel:
    Der Einkommensteuerbescheid 2014 wird am 14.6.2015 zur Post
    gegeben.

    Er gilt am 17.6.2015 als bekannt gegeben.
    Auch wenn er tatsächlich am 15.6. oder 16.6 dem Stpfl. oder dem
    Berater zugeht.

                                                                                     33
01.07.2015

Einspruchsverfahren
• Geht der Steuerbescheid dem Stpfl. bzw. dem Berater tatsächlich
  nicht zu, beginnt eine Frist nicht zu laufen
• Der Steuerbescheid wird mangels Bekanntgabe nicht wirksam
• Das FA muss den tatsächlichen Zugang des Steuerbescheids beweisen

Einspruchsverfahren
Achtung:
 Die 3‐Tages‐Fiktion des § 122 Abs. 2 AO gilt nicht, wenn der
  Steuerbescheid mit Postzustellungsurkunde zugestellt wird
 Dann beginnt die Frist mit der tatsächlichen Zustellung beim Stpfl.
  oder beim Berater
 Art der Zustellung muss daher beim Mandanten erfragt werden

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01.07.2015

Einspruchsverfahren
                     Ende der Einspruchsfrist
• Einspruchsfrist endet mit Ablauf des Tages im folgenden Monat,
• der durch seine Zahl dem Anfangstag entspricht
• Fällt das Ende der Frist auf einen Sonnabend, Sonntag oder
  gesetzlichen Feiertag
• endet die Frist am darauffolgenden Werktag

Einspruchsverfahren
 Beispiel:
 Bekanntgabe des Steuerbescheids erfolgt am der 20.5.01. Die
 Einspruchsfrist endet somit am 20.6.01.

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01.07.2015

Einspruchsverfahren
 Beispiel:
 Bekanntgabe des Steuerbescheids erfolgt am 1.4.01. Die Frist würde somit
 eigentlich am 1.5.01 enden. Da der 1.5. aber ein Feiertag ist, endet die Frist erst
 mit Ablauf des 2.5.01.

 Hinweis:
 Die Monatsfrist muss nicht 30 Tage betragen

 Beispiel:
 Bekanntgabe des Steuerbescheids erfolgt am der 30.1.01. Die Einspruchsfrist
 endet am 28.2.01.

Einspruchsverfahren
                        Rechtzeitige Absendung des Einspruchs
 Beruft sich ein Stpfl. auf die angebliche rechtzeitige Aufgabe seines Einspruchs
  zur Post innerhalb der Monatsfrist, so bedarf es einer in sich geschlossenen und
  aus sich heraus verständlichen Darstellung der Umstände, aus denen sich bei
  entsprechender Glaubhaftmachung ergibt, dass der Einspruch rechtzeitig an das
  FA abgesendet worden ist.
 Neben den Angaben über die Führung eines Postausgangsbuches und über die
  Erstellung des Einspruchsschreibens sind insoweit genaue Angaben erforderlich,
  wann, zu welcher Uhrzeit und von wem das Einspruchsschreiben zur Post
  gegeben wurde.
 Die bloße Berufung auf das geführte Postausgangsbuch reicht insoweit nicht aus.
 Die Finanzbehörden sind nicht verpflichtet, einen Angehörigen der
  steuerberatenden Berufe über den notwendigen Inhalt eines
  Wiedereinsetzungsantrages zu belehren.

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Einspruchsverfahren
                   Postausgangsbuch der Datev
 Das elektronische Postausgangsbuch der DATEV ist zum Nachweis der
  rechtzeitige Absendung nur beschränkt geeignet
 Nach Auskunft der DATEV kann bei jedem einzelnen Postausgangssatz
  das Ausgangsdatum nachträglich geändert werden
 Unveränderlich ist lediglich die laufende Nummer, die damit das
  eigentliche Merkmal ist, um den Zeitpunkt der Absendung verlässlich
  zu ermitteln

Einspruchsverfahren
 Daher ist ein bei DATEV geführtes elektronisches Postausgangsbuch
 zum Nachweis der Absendung nur geeignet,
 wenn die laufende Nummer des Postausgangssatzes zum
  Absendedatum passt,
 also in einer Reihe steht mit den laufenden Nummern der am selben
  Tag bzw. am Vor‐ und Folgetag abgesendeten Schriftstücke

FG Berlin‐ Brandenburg v. 16.6.2014, DStRE 2015, 616

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01.07.2015

Einspruchsverfahren

       Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 AO

Einspruchsverfahren
         Wiedereinsetzung in den vorigen Stand § 110 AO
 War jemand ohne Verschulden verhindert,
 eine gesetzliche Frist (z.B. die Einspruchsfrist) einzuhalten,
 so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu
  gewähren

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01.07.2015

Einspruchsverfahren
 Der Antrag ist innerhalb eines Monats
 nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO)
 Zudem ist er zu begründen (§ 110 Abs. 2 Satz 2 AO)
 Dabei sind die Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der einmonatigen
  Antragsfrist darzulegen,
 soweit sie nicht für die Behörde offenkundig oder amtsbekannt sind

Einspruchsverfahren
• Beruft sich ein Prozessbevollmächtigter wegen Versäumung der
  Einspruchsfrist auf ein Büroversehen, gehört zum schlüssigen Vortrag
  der Wiedereinsetzungsgründe die Darlegung, warum ein
  Organisationsverschulden auszuschließen ist.
• Wird die nur versehentlich unterlassene Übermittlung eines
  fristwahrenden Einspruchs im Telefax‐Verfahren geltend gemacht,
  indizieren die gleichwohl erfolgte Dokumentation eines
  entsprechenden Einspruchsschreibens im Postausgangsbuch wie auch
  die Löschung der Einspruchsfrist ohne einen die Übermittlung
  bestätigenden Sendebericht einen Organisationsmangel.
BFH v. 18.03.2014 ‐ VIII R 33/12, BStBl. II 2014, 922

                                                                                39
01.07.2015

Wiedereinsetzung
  Gründe für eine Wiedereinsetzung
• Erkrankung des Stpfl.
• Kurzfristige Abwesenheit durch Urlaub oder Geschäftsreise
• Überlange Postlaufzeit

Wiedereinsetzung
  Keine Wiedereinsetzungsgründe
• Arbeitsüberlastung
• Kurze Fristüberschreitung
• Verlust eines Steuerbescheids beim Stpfl.

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01.07.2015

Wiedereinsetzung
                Verschulden des Steuerberaters
• Fristversäumnis wegen mangelhafter Büroorganisation ist schuldhaft
• Fristkontrollbuch ist zu führen und Fristen sind zu überwachen
• Austragung der Frist erst nach tatsächlicher Absendung
• Bei Absendung per Fax muss der Faxbericht vorliegen
• Versehen einer zuverlässigen Mitarbeiterin ist jedoch unschädlich

BFH v. 26.2.2014 IX R 41/13; BFH/NV 2014, 881; v. 3.4.2013 V R
 24/12, BFH/NV 2013, 970

Wiedereinsetzung § 110 AO
 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
 wegen eines vom Prozessbevollmächtigten nicht zu vertretenden
  Büroversehens
 kann nur dann gewährt werden,
 wenn einem mit der büromäßigen Bearbeitung der Angelegenheit
  befassten und in der Vergangenheit stets zuverlässigem Mitarbeiter
  trotz ordnungsgemäßer Büroorganisatin ein Fehler unterlaufen ist
 Ein Prozessbevollmächtigter ist dabei verpflichtet, seinen Bürobetrieb
  so zu organisieren, dass Fristversäumnisse ausgeschlossen sind

                                                                                  41
01.07.2015

Wiedereinsetzung
Beispiel:
Die ansonsten zuverlässige Steuerfachgehilfin A ist konkret damit
beauftragt worden, den Einspruch in der Sache X auf dem Weg nach
Hause bei der örtlichen Hauptpost einzuwerfen. Die Frist läuft zwei
Tage später ab. Versehentlich bleibt der Einspruch aber in der Tasche
der A liegen.
Wiedereinsetzung?

Wiedereinsetzung
Lösung:
Es ist Wiedereinsetzung nach § 110 Abs. 1 AO zu gewähren. Ein
versehentliches „Vergessen“ der Mitarbeiterin ist unverschuldet.

                                                                               42
01.07.2015

Steuererklärung

               Steuererklärung per Telefax ist zulässig

BFH vom 8.10.2014 – VI R 82/13, BFH/NV 2015, 371
Gegen BMF v. 20.1.2003, BStBl. I 2003, 74

Steuererklärung
• Eine Einkommensteuererklärung kann auch wirksam per Telefax an
  das FA übermittelt werden
• Es ist nicht erforderlich,
• dass der Steuerpflichtige den Inhalt der Einkommensteuererklärung
  tatsächlich in vollem Umfang zur Kenntnis genommen hat

Finanzverwaltung wendet das Urteil an und hat seine gegenteilige
 Auffassung aufgegeben
BMF v. 16.4.2015, DStR 2015, 900

                                                                             43
01.07.2015

Einspruchsverfahren
                     Aussetzung der Vollziehung
• Einspruch hemmt die Vollziehung eines Steuerbescheids nicht
• Daher ist die festgesetzte Steuer trotz Einspruchs zu zahlen
• Aussetzung der Vollziehung muss ausdrücklich beantragt werden

Einspruchsverfahren
• Aussetzung ist zu gewähren, wenn ernstliche Zweifel an der
  Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids bestehen
• Vollziehung des Steuerbescheids würde eine unbillige Härte
  darstellen
• Ernstliche Zweifel können sich auf eine Rechtsfrage oder auf den
  Sachverhalt beziehen

                                                                            44
01.07.2015

Außenprüfung

                 Betreuung einer Außenprüfung

Außenprüfung
                          Prüfungsanordnung
• Die Durchführung einer Außenprüfung setzt den Erlass einer
  Prüfungsanordnung voraus
• Die Prüfungsanordnung ist ein Verwaltungsakt
• Die Prüfungsanordnung kann daher mit dem Einspruch angefochten
  werden
• BFH v. 26.2.2014 – III B 123/13, BFH/NV 2014, 823

                                                                          45
01.07.2015

Außenprüfung
Beispiel:
Das FA erlässt eine Prüfungsanordnung für 2010 bis 2012. Im Laufe
der Prüfung fordert der Prüfer die Vorlage der Buchführung 2009.

Außenprüfung
Lösung:
Die Aufforderung ist unzulässig, weil die Prüfungsanordnung sich auf
2010 bis 2012 beschränkt.
Allerdings darf der Prüfer einer erweiterte Prüfungsanordnung
erlassen.

                                                                              46
01.07.2015

Außenprüfung
• Eine Außenprüfung ist unzulässig, wenn die Steuerfestsetzung
  zweifelsfrei nicht mehr geändert werden kann
• Eintritt der absoluten Festsetzungsverjährung
• Außenprüfung aber dennoch zulässig, wenn reguläre
  Festsetzungsfrist abgelaufen ist
• BFH v. 13.1.2010 – X B 113/09, BFH/NV 2010, 600

Außenprüfung
             Anfechtung einer Prüfungsanordnung
• Prüfungsanordnung ist Verwaltungsakt
• Sie kann mit Einspruch und Anfechtungsklage angefochten werden
• Einspruch und Klage haben keine aufschiebende Wirkung
• Es kann Aussetzung der Vollziehung beantragt werden

                                                                          47
01.07.2015

Außenprüfung
               Begründung einer Prüfungsanordnung
• Prüfung nach § 193 Abs. 1 AO bedarf keiner besonderen Begründung
• Hinweis auf gesetzliche Regelung reicht aus
• Dies gilt auch für Klein – und Kleinstbetriebe

Außenprüfung
                Begründung der Prüfungsanordnung
• Weitergehende Begründung notwendig, wenn
  • Dreifache Wiederholung einer Prüfung in kurze Abständen (BFH/NV 2004,
    1617)
  • Prüfungserweiterung wegen erwarteter Mehrsteuern
  • Prüfung außerhalb des üblichen Prüfungsturnus aus besonderem Anlass (BFH
    BStBl. II 1989, 4)
  • Prüfung, ob überhaupt gewerbliche Einkünfte vorliegen (BFH/NV 2005, 1967)

                                                                                       48
01.07.2015

Außenprüfung
                          Mitwirkungspflichten
• Nach § 200 AO treffen den Stpfl. im Rahmen einer Außenprüfung
  erhöhte Mitwirkungspflichten
• Er hat Auskünfte zu erteilen
• Auszeichnungen, Bücher und Geschäftspapiere vorzulegen
• Er hat notwendige Erläuterungen zu geben

Außenprüfung
                  Vorlagepflichtige Unterlagen
• Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden
• Alle aufbewahrungspflichtigen Unterlagen (§ 147 Abs. 1)
• Achtung: auch sonstige Unterlagen, die für die Besteuerung von
  Bedeutung sind (§ 147 Abs. 1 Nr. 5)

                                                                          49
01.07.2015

Außenprüfung
Grenzen einer Inanspruchnahme aufgrund der Mitwirkungspflicht
 ergeben sich daraus,
dass die Finanzbehörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Pflicht zur
 Sachverhaltsermittlung (§ 88 Abs. 1 AO)
nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat,
ob und in welcher Form sie die Mitwirkung des Steuerpflichtigen in
 Anspruch nimmt

Außenprüfung
Aufforderung zur Vorlage der Unterlagen ist mit dem
 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar
Denn es ist ausreichend, dass das FA mit vertretbare rechtlichen
 Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass der fragliche Sachverhalt
 steuerliche Auswirkungen haben kann

BFH v. 10.4.2013 – I R 45/11, BFH/NV 2013, 1657

                                                                             50
01.07.2015

Außenprüfung
Ein Vorlageverlangen ist auch rechtmäßig, wenn es sich auch auf
 solche Unterlagen bezieht, für die keine Aufbewahrungspflichten
 bestanden, die also freiwillig aufbewahrt wurden
Dieses Gesetzesverständnis folgt dem Wortlaut des § 200 Abs. 1
 Satz 2 AO, der keine Einschränkungen enthält, insbesondere keine
 Akzessorietät zu Aufbewahrungspflichten herstellt, wie dies etwa in
 § 147 Abs. 6 AO der Fall ist

Außenprüfung
Der Ermittlung der Verhältnisse des Steuerpflichtigen dient die
 Anforderung von Urkunden auch dann, wenn keine entsprechende
 Aufbewahrungspflicht besteht, diese Urkunden aber vorhanden sind
 und folglich vorgelegt werden können
Dabei geht es um keine unangemessene Benachteiligung des
 überobligationsmäßig aufbewahrenden Steuerpflichtigen,
sondern um die Ermöglichung der Auswertung des Vorhandenen im
 Sinne der Gleichmäßigkeit der Besteuerung

                                                                              51
01.07.2015

Außenprüfung
                    Beantwortung von Fragebögen
Pflicht zur Beantwortung von Fragebögen
z.B. Friseurgewerbe
Fragebogen ist zu beantworten
Pflicht über Erteilung von Auskünften über den Betrieb ergibt sich
 aus § 200 AO!

Außenprüfung
Auch detaillierte Fragen zum Geschäftsablauf und zum Wareneinsatz
 sind zu beantworten
Allerdings kann nur Auskunft verlangt werden, soweit dem Stpfl.
 hierüber belastbare Informationen vorliegen
Ist dem Stpfl. die abgefragte Tatsache nicht bekannt, muss er dies
 auch so mitteilen

                                                                             52
01.07.2015

Außenprüfung

      Rechte und Pflichten bei einer digitalen Außenprüfung

Außenprüfung
                Digitaler Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO
• Zugriff auf Datenverarbeitungssystem
• Digitale Prüfung der Buchführung
• Übergabe eines Datenträgers
• Einsicht in das Computersystem des Stpfl.

                                                                     53
01.07.2015

Außenprüfung
              Digitaler Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO
• Zugriffsmethode steht im Ermessen der Finanzbehörde
• Zugriff nur im Rahmen der Prüfung
• Umfang der Prüfungsanordnung entscheidend
• Datenzugriff hat Umfang der Prüfung nicht erweitert
• Zugriffsbeschränkung hat der Stpfl. zu veranlassen

Außenprüfung
                             Datenzugriff zulässig
 auf originäre Buchführungssysteme
 Auch auf der eigentlichen Buchführung vorgelagerten (Kassen‐)Systeme,
 da dem Datenzugriff grundsätzlich auch die Daten aus vorgeschalteten
  Systemen oder Nebensystemen unterfallen
 Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die in einem Vorsystem –wie einem
  Kassensystem– erzeugten (steuerrelevanten und aufbewahrungs‐
  pflichtigen) Daten in verdichteter Form in das eigentliche
  Buchführungssystem übergeben werden
 BFH v. 16.12.2014 ‐ X R 47/13, DStR 2015, 892
 glA BMF‐Schreiben vom 14. 11.2014, BStBl. I 2014, 1450, Rz. 20

                                                                                     54
01.07.2015

Außenprüfung
• Zugriff ist nur auf aufbewahrungspflichtige Unterlagen gem. § 147
  Abs. 1 AO zulässig
• Kein digitaler Zugriff auf freiwillig geführte Unterlagen
• Datenzugriff auch, wenn Bücher in Papierform und (freiwillig) edv‐
  gestützt geführt werden

Außenprüfung
• Freiwillig von einem § 4 III‐Rechner erstellte Sachkonten nicht
  vorlagepflichtig
• Freiwillig geführte Bücher und Aufzeichnungen nicht vorlagepflichtig
• Unterlagen über rein private Vorgänge nicht vorlagepflichtig
• BFH v. 24.6.2009 – VIII R 80/06, BStBl. II 2010, 452

                                                                                55
01.07.2015

Außenprüfung
                 Übersendung eines Datenträgers
• Außenprüfer hat Anspruch auf Übergabe eines maschinell
  auswertbaren Datenträgers
• Eine Pflicht zur Übersendung vor Prüfungsbeginn besteht nicht
• Auswirkung auf Prüfungsbeginn
• Einfluss auf Verjährung der Steueransprüche

Außenprüfung
                        Datenzugriff vor Ort
• Außenprüfer kann vor Ort in das Datenverarbeitungssystem des Stpfl.
  Einsicht nehmen
• Beschränkung des Datenzugriffs liegt im Verantwortungsbereich des
  Stpfl.
• Stpfl. muss dabei Verschwiegenheitsverpflichtungen beachten

                                                                               56
01.07.2015

Außenprüfung

            Anforderungen an die Kassenführung

Außenprüfung
Sachverhalt:
Die Klägerin erzielte in den Streitjahren 2007 bis 2009 gewerbliche
Einkünfte aus dem Betrieb einer Apotheke. Sie war nach §§ 238 ff. des
Handelsgesetzbuchs (HGB) buchführungspflichtig und verwendete ein
speziell für Apotheken entwickeltes PC‐gestütztes
Erlöserfassungssystem mit integrierter Warenwirtschaftsverwaltung
der Firma X (X). Die Tageseinnahmen wurden über modulare PC‐
Registrierkassen der Firma X erfasst, dann durch Tagesendsummenbons
(Z‐Bons) mit anschließender Nullstellung ausgewertet und als Summe
in ein manuell geführtes Kassenbuch eingetragen.

                                                                               57
01.07.2015

Außenprüfung
                            Kassenführung
Jeder Geschäftsvorfall ist vollständig und lückenlos aufzuzeichnen
Aufzeichnungserleichterungen für den Einzelhandel aus der
 Vergangenheit
BFH IV 472/60, BStBl. III 1966, 371; dazu BMF v. 9.1.1996, BStBl. I
 1996, 34
Finanzverwaltung fordert Speicherung aller Einzelvorfälle bei
 elektronischen Kassen
BMF v. 14.11.2014, BStBl. I 2014, 1450 Tz. 39; v. 26.11.2010, BStBl. I
 2010, 1342

Außenprüfung
Streitig ist, ob abweichend von der bisherigen Rechtsprechung
mit PC‐Kassen geführte Aufzeichnungen (Dateien) jedes einzelnen
 Geschäftsvorfalls aufzubewahren und
im Rahmen einer digitalen Außenprüfung vorzulegen ist

                                                                                 58
01.07.2015

Außenprüfung

             Kassendaten sind umfassend zu speichern

BFH v. 16.12.2014 X R 42/13, DStR 2015, 892
glA. BMF v. 14.11.2014, BStBl. I 2014, 1450 Tz. 39

Außenprüfung
 Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verpflichten Einzelhändler
  wie z.B. Apotheker, im Rahmen der Zumutbarkeit sämtliche
  Geschäftsvorfälle einschließlich der über die Kasse bar vereinnahmten
  Umsätze einzeln aufzuzeichnen.
 Verwendet ein Einzelhändler, der in seinem Betrieb im allgemeinen Waren
  von geringem Wert an ihm der Person nach nicht bekannte Kunden über
  den Ladentisch gegen Barzahlung verkauft, eine PC‐Kasse, die detaillierte
  Informationen zu den einzelnen Verkäufen aufzeichnet und eine
  dauerhafte Speicherung ermöglicht, so sind die damit bewirkten
  Einzelaufzeichnungen auch zumutbar.
 Die Finanzverwaltung ist in diesem Fall nach § 147 Abs. 6 AO im Rahmen
  einer Außenprüfung berechtigt, Zugriff auf die Kasseneinzeldaten zu
  nehmen.

                                                                                     59
01.07.2015

Außenprüfung
• Für bar erlangte Kasseneinnahmen
• hat der BFH in diesem Zusammenhang unmissverständlich
  klargestellt,
• dass der nach den GoB aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfall
  gerade nicht nur der am Ende eines Tages insgesamt vereinnahmte
  Betrag (Tageslosung) ist,
• weil die Tatsache der sofortigen Bezahlung der Leistung es nicht
  rechtfertigt, die einzelnen Geschäftsvorfälle nicht auch einzeln mit
  Benennung des Kunden, der Art der Tätigkeit und der Bareinnahme
  aufzuzeichnen

Außenprüfung
• Entscheidet der Steuerpflichtige sich für ein modernes PC‐
  Kassensystem,
• das zum einen sämtliche Kassenvorgänge einzeln und detailliert
  aufzeichnet (mithin insbesondere die in Geld bestehende
  Gegenleistung sowie den Inhalt des Geschäfts)
• und zum anderen auch eine langfristige Aufbewahrung (Speicherung)
  der getätigten Einzelaufzeichnungen ermöglicht,
• kommt er gerade damit der ihm obliegenden Verpflichtung zur
  Aufzeichnung der einzelnen Verkäufe nach.

                                                                                60
01.07.2015

Außenprüfung
• Er kann sich in diesem Fall
• nicht (mehr) auf die Unzumutbarkeit der Aufzeichnungsverpflichtung
  berufen.
• Bei Verwendung einer PC‐Kasse ist die mit ihr bewirkte
  Einzelaufzeichnung auch zumutbar

Außenprüfung
• Dies bedeutet nicht,
• dass die Verkäufe künftig einzeln gebucht werden müssen
• Ausreichend ist weiterhin
• die Verbuchung der zusammengefassten Tageslosung.
• Es ist aber entscheidend,
• dass diese sich auf die einzeln erfassten Verkäufe zurückführen lässt
• und –ggf. unter Zuhilfenahme des Warenwirtschaftssystems–
  nachweisbar sind

                                                                                 61
01.07.2015

Außenprüfung
• Können Daten nicht zur Verfügung gestellt werden
• ist die Buchführung nicht ordnungsgemäß

Es besteht regelmäßig eine Schätzungsbefugnis dem Grunde nach

Außenprüfung

                 Kassenführung ohne PC‐Kassen

                                                                        62
01.07.2015

Außenprüfung
• Es gibt allerdings keine gesetzliche Verpflichtung,
• ein elektronisches Kassensystem zu nutzen
• Es steht dem Stpfl. auch frei,
• mechanische Kassen zu nutzen
• oder eine „offene Ladenkasse“ zu führen
• Dann gelten die strengen Aufzeichnungspflichten nicht

Außenprüfung
Soweit auf Einzelaufzeichnungen verzichtet werden darf,
sind die Tagessummen der Kasseneinnahmen und Kassenausgaben in
 Form von Kassenberichten oder mit Hilfe eines Kassenbuchs täglich
 festzuhalten
Die aus der Tageskasse ausgezählte Summe der Tageseinnahmen und
 ‐ausgaben ist in das in Form aneinandergereihter Kassenberichte
 geführte Kassenbuch zu übertragen
Die zugehörigen Tagesendsummensbons (Z‐Bons) sind als sonstige
 Unterlagen i.S.d. § 147 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 AO aufzubewahren.

                                                                            63
01.07.2015

Außenprüfung
Dokumentiert der Steuerpflichtige sein Tageseinnahmen in
 Kassenberichten,
ist das FA zur Schätzung gemäß § 162 II AO befugt,
wenn der Steuerpflichtige die Eintragungen in den Kassenberichten
 wiederholt ‐ auch mehrfach ‐ durchgestrichen und durch andere
 Zahlen ersetzt hat

Außenprüfung
Ein Steuerpflichtiger muss auch im Fall der Gewinnermittlung nach §
 4 Abs. 3 EStG
selbstredend seine Betriebseinnahmen und –ausgaben
 –sei es durch entsprechende Aufzeichnungen einschließlich
 Belegsammlung oder im Wege einer geordneten Belegablage–
so festhalten, dass das FA diese auf Richtigkeit und Vollständigkeit
 überprüfen kann.

                                                                               64
01.07.2015

Außenprüfung
 Der Stpfl. kann die Dokumentationspflicht
durch chronologische Ablage der Ausgangsrechnungen erfüllen
Erfasst der Stpfl. seine Tageseinnahmen in einer Summe, muss er das
 Zustandekommen der Summe
(bspw. durch einen Kassenbericht) auch nachweisen können
 (Klein/Rätke, AO, 11. Aufl., § 146 Rz 8).

Außenprüfung

                  Vorlagepflichtige Unterlagen

                                                                              65
01.07.2015

Außenprüfung
• Private Bankkonten sind grundsätzlich nicht vorzulegen
• Der Prüfer hat nur Anspruch auf Einsicht, wenn Anhaltspunkte dafür
  bestehen, dass dort Betriebseinnahmen eingegangen sind
• Ein unsubstantiierter Verdacht reicht nicht
• Ermittlungen ins Blaue hinein sind unzulässig
• BFH VII R 66/91, BFH/NV 1993, 76

ausführlich Intemann in Koenig, AO, § 200 Rz. 18; Rüsken in Klein, AO,
 § 200 Rz. 4

GoBD
                    Umfang des Datenzugriffs
 Der Datenzugriff ist auf alle originären Buchführungsunterlagen
  zulässig
 Bilanz/GuV
 Anlagenbuchhaltung
 Bestands‐ und Erlöskonten
 Grundaufzeichnungen
 Eingangs‐ und Ausgangsrechnungen
 Geschäftsbriefe

                                                                                 66
01.07.2015

GoBD
 Finanzverwaltung will aber auch auf alle Nebensysteme zugreifen
 Vgl. Tz. 5 und 20
 Kostenstellen
 Warenwirtschaftssysteme

Zweifelhaft für alle reinen Managementsysteme

GoBD

            Das neue BMF‐Schreiben zu den GoBD

BMF v. 14.11.2014, BStBl. I 2014, 1450

                                                                           67
01.07.2015

GoBD
• Die Unveränderbarkeit der archivierten Daten muss gewährleistet
  werden
• Änderungen müssen dokumentiert werden
• Vgl. Tz. 58 ff.
• Dies soll auch für elektronische Unterlagen gelten, die nicht
  Buchungen oder Aufzeichnungen betreffen

GoBD
                                Belegwesen
 Belege sind aufzubewahren
 Auf dem Papierbeleg sollen Angaben zur Kontierung, zum
  Ordnungskriterium und zum Buchungsdatum vermerkt werden
 Vgl. Tz. 64
 Option: Stpfl. muss für sofortige Prüfungsfähigkeit in anderer Form
  sorgen
 Bei mehreren Buchungsvorgängen in einem Beleg muss die
  Zuordnung für jeden Geschäftsvorfall gesichert sein (Tz. 71 ff.)

                                                                               68
01.07.2015

GoBD
                            Datensicherheit
 Stpfl. muss Datensicherheit gewährleisten
 DV‐System muss vor Verlust und Änderung durch Dritte geschützt sein
 Sind die Daten nicht ausreichend geschützt und können deshalb nicht
  vorgelegt werden
 Ist die Buchführung formell nicht ordnungsgemäß
 Vgl. Tz. 103 ff.

Schätzung der Besteuerungsgrundlagen dem Grunde nach zulässig

Außenprüfung

             Anfechtung eines Vorlageverlangens

                                                                               69
01.07.2015

Außenprüfung
 Auch die Aufforderung zur Datenüberlassung
 im Rahmen einer digitalen Außenprüfung
 ist ein Verwaltungsakt,
 gegen den sich der Stpfl. mit dem Einspruch
 und der Anfechtungsklage
 zur Wehr setzen kann

BFH v. 16.12.2014 X R 42/13, DStR 2015, 892; v. 24.6.2009 VIII R
 80/09, BStBl. II 2010, 452

Außenprüfung

            Schätzung von Besteuerungsgrundlagen

                                                                           70
01.07.2015

Außenprüfung
               Schätzung der Besteuerungsgrundlagen
 Das Gericht prüft
  • ob eine Schätzungsbefugnis dem Grunde nach besteht (§ 162 AO)
  • ob die Schätzung der Höhe nach rechtmäßig ist
  • Nachkalkulation oder Geldverkehrsrechnung werden von der Gerichtsprüferin
    kontrolliert

Außenprüfung
                Schätzung der Besteuerungsgrundlagen
• Nach § 162 AO kann das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen
  schätzen
• Eine formell nicht ordnungsgemäße Buchführung kann zur Schätzung
  der Besteuerungsgrundlagen berechtigen
• Aber auch eine formell ordnungsgemäße Buchführung kann in der
  Außenprüfung verworfen werden

                                                                                       71
01.07.2015

Außenprüfung
                Schätzung der Besteuerungsgrundlagen
• Buchführungsunterlagen müssen den Anforderungen der §§ 140 ff.
  AO erfüllen
• Die Geschäftsvorfälle sind vollständig und richtig zu erfassen
• Die Kassenführung muss ordnungsgemäß sein
• Die Kasse muss jederzeit kassensturzfähig sein

Außenprüfung
• Schätzungsbefugnis bei formell nicht ordnungsgemäßer
  Buchführung
• Formeller Buchführungsmangel muss Anlass geben, die
  sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses
  anzuzweifeln
• Buchführung muss wesentliche Mängeln aufweisen
• Sachlicher Unrichtigkeit muss nicht feststehen
• BFH v. 14.12.2011 – XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921
• Cöster in Koenig § 162 Rz. 62; Rüsken in Klein § 162 Rz. 25

                                                                          72
01.07.2015

Außenprüfung
Schätzungsbefugnis besteht auch bei einem unverschuldeten Verlust
 von Buchführungsunterlagen oder Aufzeichnungen
zB. sind im Taxigewerbe die Schichtzettel aufzubewahren
Feststellungen zur Ordnungsmäßigkeit der Buchführung trifft das FG
BFH‐Beschluss III B 27/11, BFH/NV 2013, 497

Außenprüfung
                Nachweispflicht bei ungeklärten Einlagen
Wird Kapital durch Buchung eines Geldbetrags in der Kasse aus dem
 PV in das BV eingelegt,
trifft den Stpfl. eine besondere Mitwirkungspflicht an der Aufklärung
 der Herkunft der Mittel
Im Einzelfall kann das FG zu dem Ergebnis kommen, dass es sich um
 unversteuerte Einnahmen handelt
BFH v. 13.6.2013 – X B 132‐133/12, BFH/NV 2013, 1593

                                                                                73
01.07.2015

Außenprüfung
               Schätzung der Besteuerungsgrundlagen
  Das Ergebnis einer formell ordnungsgemäßen Buchführung kann
  durch
• Nachkalkulation
• Geldverkehrsrechnung
• Kontrollmitteilungen
  widerlegt werden.

Außenprüfung
              Schätzung der Besteuerungsgrundlagen
• Das Unterschreiten des unteren Rohgewinnaufschlagsatzes der
  Richtsatzsammlung reicht nicht aus

                                                                       74
01.07.2015

Außenprüfung
Beispiel:
Der A betreibt eine Gastwirtschaft. Das Finanzamt führt für die Jahre
2012 bis 2014 eine Außenprüfung durch. Im Jahr 2014 stellt der Prüfer
fest, dass verschiedene Barschecks in Höhe von insgesamt 5.000 € nicht
in der Buchführung erfasst wurden, sondern auf ein privates Bankkonto
eingezahlt wurden. Für die Jahre 2012 und 2013 kann er solche
Einzahlungen nicht ermitteln. Dennoch schätzt er auch in den Jahren
2012 und 2013 jeweils 5.000 € hinzu.
Lösung:
Für die Jahre 2012 und 2013 sind keine Buchführungsmängel
festgestellt worden. Die Hinzuschätzung für diese Jahre ist rechtswidrig.

Außenprüfung
                            Schätzung
• Schätzungsbefugnis muss für jedes Streitjahr festgestellt werden
• Ungeprüfte Übertragung von Buchführungsfehlern auf andere Jahre
  grundsätzlich unzulässig

                                                                                   75
01.07.2015

Außenprüfung
                         Schlussbesprechung
• Nach § 201 AO soll eine Schlussbesprechung durchgeführt werden
• Der Stpfl. kann auf eine Schlussbesprechung verzichten
• Erörterung der Ergebnisse der Außenprüfung
• in rechtlicher und finanzieller Hinsicht

Außenprüfung
                       Schlussbesprechung
• Absprachen im Rahmen einer Schlussbesprechung sind weder für das
  Finanzamt noch für den Stpfl. bindend
• Auch wenn im Prüfungsbericht steht:
• „Über die Prüfungsfeststellungen wurde Einigung erzielt“

                                                                            76
01.07.2015

Außenprüfung
• Der Stpfl. kann gegen die absprachegemäß erlassenen
  Steuerbescheide Einspruch/Klage erheben
• Die Einigung in der Schlussbesprechung ist kein Rechtsbehelfsverzicht
• Das Finanzamt kann einen von der Absprache abweichenden
  Steuerbescheid erlassen

Außenprüfung
            Abschluss einer tatsächlichen Verständigung
• Die Ergebnisse einer Schlussbesprechung binden weder den Stpfl.
  noch das Finanzamt
• Dies gilt auch, wenn in der Schlussbesprechung Einigkeit über die
  Prüfungsfeststellungen erzielt wurde
• Dennoch kann der Stpfl. die nach der Prüfung ergangenen
  Steuerbescheide anfechten

                                                                                 77
01.07.2015

Außenprüfung
                    Tatsächliche Verständigung
• Ausnahme: Die Beteiligten schließen eine tatsächliche Verständigung
  ab
• Das Ergebnis einer tatsächlichen Verständigung bindet den Stpfl. und
  das Finanzamt
• Dies gilt auch, wenn die tatsächliche Verständigung zu einer
  fehlerhaften Besteuerung führt

Außenprüfung
          Anfechtung einer tatsächlichen Verständigung
• Irrtum über die steuerlichen Folgen kein Anfechtungsgrund
  BFH v. 8.10.2008 ‐ I R 63/07, BStBl. II 2009, 121
• Druck in der Schlussbesprechung oder drohendes Strafverfahren kein
  Anfechtungsgrund
• Unzulässige Drohung mit Konsequenzen im Steuerstrafverfahren kann
  Anfechtung rechtfertigen

                                                                                78
01.07.2015

Außenprüfung
      Klassische Fehler eines Steuerbescheids nach Außenprüfung

Außenprüfung
            Änderung nach § 173 AO
Kritische Prüfung einer Änderung nach § 173 AO
Nicht jede Feststellung des Außenprüfers ist eine neue Tatsache

                                                                          79
01.07.2015

Außenprüfung
 FA muss Änderungsnorm im Steuerbescheid angeben
aber: Angabe einer unzutreffenden Änderungsnorm unschädlich
Änderung ist rechtmäßig, wenn die Voraussetzungen einer anderen
 Änderungsnorm erfüllt sind
BFH v. 12.8.2013 X B 196/12, BFH/NV 2013, 1761

Außenprüfung
Beispiel:
 Das FA will einen bestandskräftigen Steuerbescheid ändern, weil
 nachträglich bekannt wurde, dass der Stpfl. bisher unbekannte
 Betriebseinnahmen erzielt hat. Darüber hinaus wurde die
 Abschreibung für einen Maschine rechtsfehlerhaft zu hoch angesetzt.

                                                                              80
01.07.2015

Außenprüfung
Lösung:
 1. Eine Änderung wegen der nachträglich bekannt gewordenen
 Betriebseinnahmen nach § 173 AO ist möglich, weil es sich bei der
 Erzielung von Betriebseinnahmen um eine Tatsache handelt.

 2. Die Änderung der AfA‐Beträge ist unzulässig, weil es sich um einen
 Rechtsfehler handelt, der nicht nach § 173 AO korrigiert werden kann.

Außenprüfung
• Änderungsnormen müssen für jedes Streitjahr und jede Steuerart
  gesondert geprüft werden
• Voraussetzungen der Änderungsnormen können in einem Jahr
  vorliegen und in einem anderen Jahr nicht erfüllt sein
• Besondere Aufmerksamkeit ist bei einer Erweiterung des
  Prüfungszeitraums angezeigt

                                                                                81
01.07.2015

Außenprüfung
Beispiel:
 Die Außenprüfung erstreckt sich zunächst auf die Jahre 2009 bis
 2011. Die Einkommensteuerbescheide 2009 bis 2011 stehen unter
 dem Vorbehalt der Nachprüfung. Der Prüfer „entdeckt“
 Schwarzeinnahmen und erweitert die Prüfung auf die Jahre 2008 und
 2007 – diese Steuerbescheide sind bestandskräftig. Er ändert auch im
 Schätzwege den Entnahmeeigenverbrauch zu Lasten des Stpfl.

Außenprüfung
Lösung:
 1. Die „Schwarzeinnahmen“ können nach § 173 AO zur Änderung der
 Steuerbescheide 2007 und 2008 führen.

 2. Der Eigenverbrauch kann nicht berücksichtigt werden, weil eine
 Schätzung keine „neue Tatsache“ darstellt.

                                                                               82
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