Vergesellschaftung als letztes Mittel gegen Verdrängung - Landesteil Hessen | Ausgabe 5/2019
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Mehr als 250 Menschen widersetzten sich bei einer Protestaktion in Frankfurt dem Mieten- wahnsinn. Fotos: Anja Peschke (DGB) Vergesellschaftung als letztes Mittel gegen Verdrängung Beim Mietenwahnsinn ist kein Ende in einer Protestaktion an der Frankfur- der Verbandsrat des PARITÄTISCHEN Sicht - im ersten Halbjahr 2019 sind die ter Hauptwache im April 2109 unter Gesamtverbands bereits im Frühjahr Mieten in Frankfurt erneut kräftig ge- anderem an, dass viele Menschen in- in der kontroversen Debatte zur Ver- stiegen. Nur in München sind sie nach zwischen mehr als die Hälfte ihres gesellschaftung positioniert. Die glei- aktuellen Statistiken noch teurer. Bei Einkommens für die Miete ausgeben che Haltung findet sich nun auch im der Wohnraumversorgung ist Hessen müssen. Zum Bündnis #Mietenwahn- aktualisierten Forderungspapier des laut einer Studie des Pestel-Instituts sinn-Hessen, das der PARITÄTISCHE Bündnisses #Mietenwahnsinn-Hes- Schlusslicht unter den Flächenländern Hessen 2018 angestoßen hat, gehö- sen. Dort heißt es: „Um Verdrängung in Deutschland: Bis zum Jahr 2035 wer- ren inzwischen mehr als mehr als 40 entgegenzuwirken, ist die Vergesell- den 400.000 zusätzliche Wohnungen Mieter*innenvereine und -initiativen, schaftung von Grund, Boden und gebraucht, fast ausschließlich im un- Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften, renditeorientierte Wohnungskonzer- teren und mittleren Preissegment. Studierendenvertretungen und andere nen gemäß Artikel 15 GG als letztes Gruppen, die für ein solidarisches Mit- Mittel zu nutzen. Das Instrument der „Die Situation auf dem Wohnungs- einander einstehen. Vergesellschaftung soll lediglich für markt spitzt sich immer mehr zu und solche Wohnungseigentümer*innen der Koalitionsvertrag lässt leider auch Derzeit wird im Bündnis über die und Woh nungsunternehmen genutzt nicht hoffen, dass die Landesregierung Forderungen nach einem sofortigen werden, die mit Wohnraum spekulie- genug gegensteuert“, sagt Lars Lauer, hessenweiten Mietendeckel diskutiert, ren, horrende Mietpreissteigerungen der beim PARITÄTISCHEN Hessen als außerdem über das Thema Vergesell- durchsetzen, Wohnraum verwahrlo- Referent für das Schwerpunktthema schaftung von Wohnraum. sen lassen oder nicht ausreichend in- Wohnen zuständig ist. Das Bündnis stand setzen und darüber hinaus ei- #Mietenwahnsinn-Hessen bleibt da- Angesichts der teils prekären Lagen nen Wohnungsbestand von über 3.000 her weiter aktiv. So prangerte es bei auf den Wohnungsmärkten hat sich Wohneinheiten aufweisen. Nicht ge- www.paritaet-hessen.org 5 | 2019 1
meint sind damit ausdrücklich private Maße zur Verfügung stellen, weil sie den gesellschaftlichen Zusammenhalt und verantwortlich agierende Woh keine preisgünstigen Wohnungen für akut“, betont Lars Lauer. Dabei ist das nungsvermieter*innen und -eigen ihre Klient*innen akquirieren kön- Problem nicht nur in Frankfurt, Hes- tümer*innen.“ nen. Bei diesem Fachtag sollen Mög- sen und Deutschland virulent, son- lichkeiten für eine fruchtbare Zusam- dern europaweit. Der PARITÄTISCHE Vorgestellt wird das aktualisierte Forde- menarbeit von sozialen Trägern mit Hessen unterstützt deshalb auch die rungspapier des Bündnisses #Mieten- kommunalen Wohnungsbaugesell- Europäische Bürgerinitiative „Hou- wahnsinn-Hessen bei der Konferenz schaften, Maklern und privater Woh- sing for all“, deren Anliegen es ist, „Kommunen und Wohnen“, zu der nungswirtschaft diskutiert werden, dass bessere rechtliche und finanzielle Attac und das Bündnis #Mietenwahn- um Abhilfe zu schaffen. Rahmenbedingungen geschaffen wer- sinn-Hessen für den 20. und 21. Sep- den, um Wohnen für alle Menschen tember 2019 nach Frankfurt einladen. Bei der Wohnraumversorgung von be- in Europa zu ermöglichen. Denn eine Die Tagung bietet einen Austausch für nachteiligten Gruppen neue Ansätze Kehrtwende ist auf allen politischen Engagierte in der kommunalen Arbeit zu erproben ist unabdingbar. Denn bei Ebenen überfällig: Die Interessen der (Stadt- und Gemeinderäte, Verwal- den Sozialwohnungen ist die Lücke in Mieter*innen müssen im Mittelpunkt tungen, kommunale Wohnungsbau- Hessen besonders groß. Ihre Zahl hat stehen und nicht länger die der Im- gesellschaften), sowie für wohnungs- sich in den letzten 25 Jahren auf nur mobilienwirtschaft. Wohnungspolitik politische und Stadtteilinitiativen und noch rund 85.000 mehr als halbiert, muss endlich als Sozialpolitik verstan- interessierte Bürger*innen. denn immer mehr Sozialbindungen den werden. Am zweiten Tag des Treffens steht die noch stärkere Vernetzung zwischen allen Aktiven und Initiativen in Hes- sen auf dem Programm, die sich in Stadtentwicklung einmischen und für bezahlbaren Wohnraum streiten. An- hand lokaler Beispiele sollen konkrete Handlungsperspektiven entwickelt werden, die zeigen, wie eine andere Wohnungspolitik vor Ort und hessen- weit umgesetzt werden kann. Die drastischen Folgen des Mieten- wahnsinns für soziale Einrichtungen sind das zentrale Thema bei einem Fachtag, den der PARITÄTISCHE Hessen für den 23. Oktober 2019 in Frankfurt unter dem Titel „Soziale Träger als Partner der Wohnungswirt- schaft“ plant. Denn die Arbeit vieler sozialer Einrichtungen, die zum PA- RITÄTISCHEN Hessen gehören, wird laufen aus, ohne dass dafür Ersatz ge- durch die akute Wohnungsnot massiv schaffen wird. Über 50.000 Menschen Tagungen und Informationen beeinträchtigt. Plätze in Frauenhäu- mit Anspruch suchen derzeit in Hes- sern, Betreutem Wohnen und ande- sen eine Sozialwohnung. Die Zahl der ■ Kommunen und Wohnen ren Unterkünften bleiben belegt, weil wohnungslosen Menschen steigt. Ras- Konferenz am 20. und 21. September 2019 in Frankfurt Klient*innen zwar ausziehen könnten sismus und Diskriminierung erschwe- www.kommunenkonferenz.de und möchten, aber keinen eigenen ren zusätzlich die Wohnungssuche. ■ Soziale Träger als Partner der Wohnraum finden oder erhalten. So- Deshalb fordert das Bündnis #Mie- Wohnungswirtschaft mit werden Plätze blockiert und ste- tenwahnsinn-Hessen unter anderem, PARITÄTISCHER Fachtag am 23. Oktober 2019, hen dem Hilfesystem nicht zur Ver- dass neue kommunale gemeinnützige Frankfurt, SAALBAU Titus Forum. Näheres fügung, sodass soziale Einrichtungen Wohnungsbaugesellschaften gegrün- demnächst auf ww.paritaet-hessen.org/wohnen Menschen mit Unterstützungsbedarf det werden, um mehr Wohnungen im ■ Housing for all abweisen müssen. unteren und mittleren Preissegment Europäische Bürgerinitiative zu schaffen. „Wohnraummangel und für bezahlbares Wohnen Auch ambulante Hilfen können ihre Mietpreise gehören zu den drängends- www.housingforall.eu Angebote nicht in ausreichendem ten sozialen Fragen und bedrohen 2 www.paritaet-hessen.org 5 | 2019
Die Zivilgesellschaft stärken Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege werden zunehmend von rechtsextremen Akteuren angefeindet. Mitgliedsorganisationen dagegen zu wappnen, zu stärken, zu vernetzen und fortzubilden, ist Anliegen des Projekts „Beratung gegen Rechts“ des PARITÄTISCHEN Gesamtverbandes. Der PARITÄTISCHE Hessen hat jetzt ein begleitendes Projekt gestartet. Demokratiebewusste und menschen- rechtsbasierte Aktivitäten in allen ge- sellschaftlichen Bereichen, Teile der Zivilgesellschaft und der Kultur gera- ten unter Druck - diese Bilanz zieht eine wissenschaftliche Studie von Benno Hafeneger und Hannah Jestädt ein halbes Jahr nach dem Einzug der AfD in den hessischen Landtag. In rund einem Viertel der AfD-Anfragen geht es demnach um die Themen Mi- gration, Asyl und Ausländer. mit menschen- und demokratiefeind- tungsstellen gegen Rechtsextremis- Auch die Freie Wohlfahrtspflege ge- lichen, rassistischen und antisemi- mus und für Betroffene rechter, rassis- hört zu den Feindbildern der AfD, tischen Äußerungen und Positionen tischer und antisemitischer Gewalt, schon in ihrem Programm zur Land- konfrontiert werden und vor der He- eine Sammlung von Handreichungen, tagswahl heißt es: „Mit keiner Lobby ist rausforderung stehen, darauf adäquat Arbeitshilfen und Studien und eine die Politik so eng verbunden wie mit zu reagieren. Auch Hassmails und Argumentationshilfen, um auf gän- der Wohlfahrtsindustrie. Dadurch Hetze in Sozialen Netzwerken neh- gige Vorurteile im Kontext Sozialer Ar- wächst die Gefahr, dass aus einer orga- men zu. beit zu reagieren. Im Rahmen des Pro- nisierten Hilfe für Menschen in Not jekts werden auch Veranstaltungen eine soziale Hängematte für Betrof- Vernetzung und Fortbildungen und Fortbildungen angeboten. fene und eine lukrative Einkommens- quelle für findige Sozialunternehmer Um die Mitgliedsorganisationen zur und ihre Mitarbeiter wird.“ eigenen Stärkung zu vernetzen, prä- ventiv tätig zu werden und Betroffenen Zivilgesellschaftliche Organisationen die nötige Unterstützung zukommen in der Sozialen Arbeit sind gezielten lassen, hat der PARITÄTISCHE Ge- Versuchen der öffentlichen Diskredi- samtverband das Projekt „Schutz wohl- tierung und Einschüchterung durch fahrtspflegerischer Einrichtungen ge- rechtsextreme Akteur*innen ausge- gen politische Anfeindung und Drang- Kontakt und weitere setzt. salierung“ (kurz: Projekt „Beratung Informationen gegen Rechts“) gestartet. Beim PARI- Das zeigt auch eine Befragung des TÄTISCHEN Hessen gibt es jetzt ein www.vielfalt-ohne-alternative.de PARITÄTISCHEN diesem Jahr. Von begleitendes Projekt und eine An- ■ Ansprechperson den 25 Mitgliedsorganisationen des sprechperson zu dem Thema. beim PARITÄTISCHEN Gesamtverband: Landesverbands Hessen, die den Fra- Christian Weßling gebogen ausgefüllt haben, berichten Zunächst ist es Ziel des Projekts, die Tel.: 030 24636-347 neun von physischen Angriffen und/ Unterstützungsbedarfe der Mit bgr@parität.org oder Sachbeschädigungen. Die Ergeb- gliedsorganisationen zu identifizieren. nisse der Befragung sind zwar nicht Ihre Anfragen werden beantwortet ■ Ansprechperson repräsentativ, zeigen aber deutlich, oder über Verweisstrukturen an Bera- beim PARITÄTISCHEN Hessen: dass Mitarbeitende der tungsstellen gegen Rechtsextremis- Barbara Helfrich Mitgliedsorganisationen im beruf- mus weitergeleitet. Auf der Tel.: 069 95 52 62-43 lichen Alltag sowohl von innerhalb als Internetseite des Projekts finden sich barbara.helfrich@paritaet-hessen.org auch von außerhalb der Einrichtungen die Adressen von ausgewählten Bera- www.paritaet-hessen.org 5 | 2019 3
FSJ und BFD beim PARITÄTISCHEN Hessen Du möchtest völlig neue Seiten an Dir entdecken, deine eigenen Fähigkeiten und Grenzen kennenlernen und die Wartezeit auf einen Ausbildungs- oder Studienplatz sinnvoll überbrücken? Dann ist ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder ein Bundesfreiwilligendienst (BFD) beim PARITÄTISCHEN Hessen genau das Richtige. Du kannst in ei- ner von vielen sozialen Einrichtung mitarbeiten, zum Beispiel in Kinder- tagesstätten, Senior*innenheimen, Krankenhäusern und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen oder in der Unterstützung von Geflüchteten. Alle Informationen finden Bewer ber*innen und potenzielle Einsatzstellen Der Einstieg in einen Freiwilligendienst unter www.paritaet-fwd.org. ist zu jeder Zeit im Jahr möglich. Das suchen die Freiwilligendienste des FSJ ist jungen Leuten unter 27 Jahren PARITÄTISCHEN Hessen laufend Fragen beantworten die Mitarbeitenden in vorbehalten. Im BFD dagegen gibt es weitere soziale Organisationen, die zu- den Servicestellen der Freiwilligendienste keine Altersbegrenzung nach oben, sätzliche Stellen im FSJ und im BFD des PARITÄTISCHEN Hessen und neben sozialen Tätigkeiten wer- schaffen möchten. unter Tel.: 069 219 76879-0. den im BFD auch gärtnerische, land- wirtschaftliche oder handwerkliche Aufgaben angeboten. Dein Freiwilligendienst beim PARI- Hessischer Elisabeth-Preis für SOZIALES 2019 verliehen TÄTISCHEN Hessen dauert in der Regel zwölf Monate, aber auch indi- Sieben Projekte, die Armut bei Kindern Fußball, Basketball und Tischtennis zu spie- viduelle Laufzeiten zwischen sechs und Jugendlichen mindern, sind mit dem len oder neue Trendsportarten auszupro- und 18 Monaten vereinbaren wir Hessischen Elisabeth-Preis für SOZIALES bieren. Auch Zirkusprojekte, Theater- gerne. Neben dem monatlichen Ta- 2019 geehrt worden. Die mit insgesamt workshops oder Ausflüge sowie Hilfe bei schengeld gehören zu den Leistungen 30.000 Euro dotierte Auszeichnung ver- Behördengängen oder Konflikten gehören im Freiwilligendienst regelmäßige gibt die Liga der Freien Wohlfahrtspflege zum Angebot. Bildungstage mit kreativen, kulturel- in Hessen in Kooperation mit der Hes- Den zweiten Platz belegte die Flüchtlingshilfe len, politischen und sportlichen Ange- sischen Landesregierung und LOTTO Hes- Mittelhessen e. V. mit ihrem Kulturbus boten. sen. NINO, der mehrmals in der Woche zu „Orte, an denen alle Kinder willkommen Flüchtlingsunterkünften in ländlichen Gebie- Für viele Berufsausbildungen oder sind, unabhängig von ihrer Herkunft und ten der Wetterau und im Lahn-Dill Kreis Universitäten wird das FSJ übrigens Familiengeschichte, brauchen wir mehr fährt und dort die Kinder besucht. Ein als Praktikum anerkannt, und es kann denn je“, sagte Dr. Yasmin Alinaghi, Lan- mehrsprachiger Pantomime und Lesepaten auch deine Chance auf einen Studien- desgeschäftsführerin des PARITÄ- verbringen mit ihnen Zeit beim Spielen, Le- platz erhöhen. Denn das FSJ wird als TISCHEN Hessen, in ihrer Laudatio auf sen und Theater spielen. Wartezeit und in einigen Fällen sogar die Kinderfarm Jimbala. Die Weitere Preisträger des diesjährigen Hes- auf den Numerus Clausus angerech- Mitgliedsorganisation des PARITÄ- sischen Elisabeth-Preises für SOZIALES sind net. TISCHEN Hessen mit Sitz in Friedberg der Internationale Verein Windrose aus kam unter 50 Projektbewerbungen auf Oberursel, die Jugendwerkstätten Oden- Zudem möchten wir die Vielfalt der den dritten Platz. wald, das Diakonisches Werk Werra-Meiß- Mitgliedsorganisationen beim PARI- Auch der erste Preis ging an eine ner und der Trägerverein des Frankfurter TÄTISCHEN nutzen, um interessier- Mitgliedsorganisation des PARITÄ- Jugendrings. ten jungen Menschen ein attraktives TISCHEN Hessen, die Freestyle gGmbH Angebot an Einsatzstellen für ihren aus Kassel. Sie ermöglicht es Jugendlichen Weitere Infos: Freiwilligendienst zu bieten. Deshalb im strukturschwachen Stadtteil Wesertor, www.hessischer-elisabethpreis.de 4 www.paritaet-hessen.org 5 | 2019
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