VOM WASCHBECKEN INS MEER - ZU DEN UMWELTFOLGEN VON MIKROKUNSTSTOFFEN IN KOSMETIK- UND KÖRPERPFLEGEPRODUKTEN
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VO M WASCHBECKE N I NS MEER ZU DEN UMWELT F O L G E N V ON M IKRO K U N S T S T O F F E N I N KOS M E TI K- www. greenpeace . de U ND KÖ RP E RP F L EGEP R OD UKTE N FÜR MEERE OHNE PLASTIKMÜLL
2 V O M WA S C H BE C K EN I N S M EER U N S E RE OZEANE SIND W UNDER S CHÖN – UND ÜB ER - L EBE N S WICHTIG FÜR UNS M ENS CHEN. DOCH P LA S TI K - M Ü LL WIRD IHNEN LANG FR IS TIG ZUM VER HÄ NG NIS . N I C HT NU R IN MEEREN, FLÜS S EN UND S EEN FI NDEN S I C H WIN ZIGE PLASTIKPA RTI KEL, S ONDER N A UCH I N D E R N AHRUNGSKETTE . ZUS ÄTZLI CH G ELA NG EN F L ÜS S IGE , GEL- UND WACHS A RTI G E M IKR OKUNS T- S T OF F E A US KOSMETIK IN DI E G EWÄ S S ER – TA G F Ü R TA G BEIM HÄNDEWAS CHEN ODER DUS CHEN. S I E WIE D ER DAVON ZU B EFR EIEN, IS T UNM ÖG LI CH. D R . S A N D RA SCHÖTTNER M E ERE S B I OLOGIN BEI GR EENP EA CE E. V. Impressum Greenpeace e. V., Hongkongstraße 10, 20457 Hamburg, Tel. 040/306 18-0 Politische Vertretung Berlin Marienstraße 19–20, 10117 Berlin mail@greenpeace.de, www.greenpeace.de V. i. S. d. P. Dr. Sandra Schöttner Übersetzung Angelika Brandt | Text & Konzept Text Maddy Cobbing, mit Dr. Sandra Schött- ner, Dr. Oliver Worm und Manfred Santen Fotos S. 1: Greenpeace, S. 3, 5, 7: Fred Dott/ Greenpeace, S. 8: Shutterstock, S. 9: Georg Mayer/Greenpeace, S. 10: The 5 Gyres Institu- te, S. 11: Sari Tolvanen/Greenpeace, S. 13 Gordon Welters/Greenpeace, S. 15, 17, 19, 21, 23, 25: Daniel Müller/Greenpeace, Monta- gen: Johannes Groht, S. 32 Greenpeace Gestaltung Johannes Groht Kommunikationsdesign Druck Reset Grafische Medien GmbH, Virchowstraße 8, 22767 Hamburg Zur Deckung unserer Herstellungskosten bitten wir um eine Spende: GLS Bank IBAN DE49 4306 0967 0000 0334 01 BIC GENODEM1GLS
Z U D E N U MW E LTFOLGE N V O N MIKROKUNST ST OF F EN IN KOSMET I K- U N D KÖ RP E RP FLE G E P RO D U KTE N 3 VO M WA SCHB E CKEN IN S M EER ZUSAMME NFASSUN G Hersteller konventioneller Kosmetik- und Pflegeprodukte setzen breit Mikrokunststoffe ein, ohne Rücksicht auf die Umweltfolgen. Auf der Suche nach Ursachen und Lö- Duschgel oder Zahnpasta, die sofort ren bei konventionellen Kosmetik- und sungen sind zunächst „Microbeads“ während ihrer Anwendung wieder ab- Körperpflegeprodukten zur Standard- ins Visier geraten, winzige Plastikper- gewaschen werden. Sämtliche andere, Rezeptur. In kosmetischen Formulie- len in Kosmetik- und Körperpflegepro- sogenannte „Leave-on“-Produkte rungen nehmen sie unterschiedliche dukten wie Peeling, Zahnpasta oder sind nicht betroffen, darunter Creme, Formen an, werden auf vielfältige Duschgel. Seitdem fordern Wissen- Make-up, Lippenstift oder Haarspray, Weise kombiniert und erfüllen eine schaftlerInnen, Umweltschutzverbände die vorerst auf Haut und Haaren ver- Vielzahl an Funktionen. Die genaue und VerbraucherInnen weltweit ein bleiben, aber unweigerlich zu einem Anzahl solcher synthetischer Inhalts- Verbot von Plastikpartikeln in solchen späteren Zeitpunkt abgewaschen stoffe sowie die verwendeten Mengen Produkten. Die Länder Kanada, die werden. Und die eigentliche Krux: sind nicht bekannt. Sicher ist aber: USA, Großbritannien, Neuseeland oder Plastikpartikel sind längst nicht die Hersteller setzen sie weltweit massiv auch Südkorea haben bereits reagiert einzigen Mikrokunststoffe, die in ein – quer durch die Produktpaletten, und ein Verbot angekündigt. Und in Kosmetik- und Körperpflegeprodukten mit bekannten Marken wie L’Oréal, Deutschland? Hier verlässt sich die zum Einsatz kommen. Nivea, Dove, Penaten, Bebe, Clearasil, Bundesregierung ausschließlich auf Garnier, Schwarzkopf, The Body Shop, einen rein freiwilligen Verzicht der Mikrokunststoffe in Form synthetischer Vichy, Gilette, Astor, Essence, Max Kosmetikindustrie – ein Deal, den Um- Polymere können fest, wachsartig, Factor, oder Maybelline. weltministerium und Kosmetikindustrie gelartig oder flüssig sein – und gehö- im Rahmen des sogenannten „Kosme- So werden in Badezimmern weltweit tikdialogs“ vereinbart haben. täglich große Mengen Mikrokunststoffe Mikrokunststoffe aus Kosmetik- und Körperpflege- Ob gesetzlich oder freiwillig – in jedem schließt als Begriff alle synthetischen produkten in den Abfluss gespült. Fall greifen diese Maßnahmen zu Polymere ein – unabhängig von deren kurz: Sie gelten nur für feste Plastik- Polymersorte, Aggregatzustand bzw. In der EU landet die Mehrheit synthe- Formmasse, Größenbegrenzung, Löslich- partikel in sogenannten „Rinse-off“- keit oder auch Funktion im Produkt. tischer Polymere aus Kosmetik- und Produkten wie Peeling, Shampoo, Körperpflegeprodukten über kommu-
4 V O M WA S C H BE C K EN I N S M EER Polymere Halbsynthetische Polymere sind natür- liche Polymere, die chemisch verändert sind große Moleküle, die aus Ketten wurden. Dazu zählt etwa vulkanisiertes mehrerer sich wiederholender Unterein- Gummi in Reifen sowie Zelluloseazetat in heiten bestehen, sogenannten Mono- Zigarettenfiltern oder Bekleidung. meren. Mehrere bedeutet: mindestens scheinlich mit schädlichen per- bzw. drei, meist jedoch mehrere hundert oder Synthetische Polymere sind rein künst- polyfluorierten Verbindungen (PFCs) tausend Untereinheiten. Je nach Kompo- lichen Ursprungs. Sie basieren häufig auf wie Perfluoroctansäure (PFOA) ver- sition, Struktur, Größe und verschiedenen Petrochemikalien und umfassen zahlreiche anderen Faktoren können Polymere fest, synthetische Materialien und Kunststof- unreinigt. PFOA wurde beim Men- wachsartig, gelartig oder flüssig sein fe, die in Verpackungen, Konsum- und schen bereits mit Krebs, Störungen und eine große Bandbreite unterschied- Haushaltsgütern (inklusive Kosmetik- und im Hormonhaushalt, verzögerter licher Eigenschaften aufweisen. Nicht Körperpflegeprodukten), Elektronik, Mö- Pubertät, gestörter Fortpflanzungsfä- selten werden verschiedene Polymere zu beln, sowie im Bauwesen, in der Landwirt- Co- oder Crosspolymeren miteinander schaft oder auch in der Automobil- und higkeit sowie veränderter Immunab- kombiniert. Luftfahrtindustrie eingesetzt werden. wehr in Verbindung gebracht – und Wichtige Beispiele sind Polyethylen (PE), gilt zudem als äußerst persistent und Natürliche Polymere sind rein biologi- Polypropylen (PP), Polyvinylchlorid (PVC), schen Ursprungs. Sie kommen in Pflanzen Polyurethan (PUR), Polyethylenterephthalat bioakkumulierend. oder Tieren vor und umfassen bekannte (PET), Polystyrol (PS, inklusive Styropor), • Polyquaternium-Verbindungen, die Beispiele wie Proteine, Zucker und Gene, Polyamid (PA, inklusive Nylon), Polytetra- oft als Alternative zu Silikonen zum aber auch Zellulose, Baumwolle, Gummi, fluoroethylen (PTFE, inklusive Teflon) und Schelllack, Bernstein, Wolle und Seide. sämtliche Polysiloxane (Silikone). Einsatz kommen, gelten als nicht oder nur schwer biologisch abbau- bar. Einige dieser Verbindungen (bei- nale Abwässer in Kläranlagen. Die bioakkumulierend, das heißt, sie spielsweise PQ-7, PQ-16 und PQ-10) meisten verfügen über moderne drei- reichern sich in Lebewesen an. sind zudem giftig für Wasserorga- stufige, in manchen Fällen sogar vier- nismen und stehen unter Verdacht, stufige Systeme zur Abwasserbehand- Ihre Auswirkungen auf die Süßwas- langfristig schädliche Auswirkungen lung. Dort reichern sich synthetische ser- und Meeresumwelt – sowie auf in Gewässern zu verursachen. Polymere größtenteils im Klärschlamm die menschliche Gesundheit – geben • Die Silikone Cyclotetrasiloxan (D4) an. Dieser wird nicht nur verbrannt deshalb begründeten Anlass zur Sor- und Cyclopentasiloxan (D5) sind als oder deponiert, sondern auch zur Dün- ge. So zum Beispiel: sehr persistent und stark bioakku- gung auf Feldern ausgebracht – und mulierend klassifiziert. Es werden transportiert diese Mikrokunststoffe • Polyethylen und Nylon gelten als langfristig schädliche Auswirkungen in die Umwelt. Einen Teil der syntheti- sehr persistent. In der Meeresumwelt auf Gewässer befürchtet. Vielerorts schen Polymere halten die Kläranlagen wurden sie schon vielfach in Form reichern sie sich in Nahrungsnetzen zudem nicht vollständig zurück und von Plastikpartikeln gefunden – nicht an – unter anderem in Fischen, Vögeln pumpen sie letztlich mit dem geklärten zuletzt auch in kommerziell genutzten und Säugetieren. Beim Menschen Abwasser in die umliegenden Ge- Speisefischen und Meeresfrüchten. können sie mit Störungen im Hormon- wässer. In Ländern und Regionen mit Sie können, teils sogar mit Schad- haushalt, Beeinträchtigung der Fort- unzureichend ausgestatteten oder gar stoffen belastet, auch in der Nah- pflanzungsfähigkeit und Organschä- fehlenden Kläranlagen werden synthe- rungskette weitergegeben werden. den in Verbindung gebracht werden. tische Polymere aus Kosmetik- und • Polyalkylenglykole mit einem mitt- Körperpflegeprodukten direkt in die leren bis hohen Molekulargewicht Das größte Problem zur abschlie- Umwelt gespült. (beispielsweise PEG-200 oder PEG- ßenden Beurteilung synthetischer 90M) gelten als zunehmend schwer Polymere in Kosmetik- und Körperpfle- Von einigen synthetischen Polymeren biologisch abbaubar. Sie stehen geprodukten ist jedoch der Mangel kennen WissenschaftlerInnen bereits deshalb trotz ihrer wasserlöslichen an öffentlich verfügbaren Daten. die negativen Eigenschaften. Sie sind Eigenschaften unter Verdacht, länger Die Mehrheit der Inhaltsstoffe wurde persistent bzw. langlebig, also nicht in der Umwelt zu verbleiben als bislang noch gar nicht näher auf ihre oder nur schwer biologisch abbaubar oftmals angenommen. Umweltverträglichkeit hin untersucht und verbleiben lange in der Umwelt; • Polytetrafluorethylen, besser oder bewertet, die Kosmetikhersteller sie sind toxisch, das heißt, giftig für bekannt als PTFE oder Teflon, ist sind gesetzlich nicht dazu verpflichtet. Lebewesen; teilweise sind sie auch nicht nur persistent, sondern wahr- Deshalb gibt es keine oder nur sehr
Z U D E N U MW E LTFOLGE N V O N MIKROKUNST ST OF F EN IN KOSMET I K- U N D KÖ RP E RP FLE G E P RO D U KTE N 5 lückenhafte Kenntnisse über ihre per- sistenten, toxischen oder bioakkumu- lierenden Eigenschaften – geschweige denn über ihren Verbleib und die lang- fristige Auswirkungen in der Umwelt. Diesen Informationsmangel räumen einige Hersteller sogar offen ein. Doch statt das Vorsorgeprinzip anzuwenden, setzt die Kosmetikindustrie nahezu un- eingeschränkt auf solche Inhaltsstoffe. Kritisch ist auch, dass sich syntheti- Greenpeace-Aktivisten informieren in Hamburg über Mikrokunststoffe in Nivea-Produkten. sche Polymere in ihrem Verhalten und ihren Auswirkungen verändern können, Bisher fallen synthetische Polymere in Chemikalien CLP sind für synthetische wenn sie sich in Gemischen gegen- Kosmetik- und Körperpflegeproduk- Polymere als kosmetische Inhaltsstoffe seitig beeinflussen. Dieses Phäno- ten weitgehend durch das Regulie- nicht zuständig. men kann sowohl in Abwässern als rungsnetz. Von wenigen Ausnahmen auch in der Umwelt auftreten, wenn abgesehen, sind sie weder durch die Damit Kosmetik- und Körperpflegepro- Einzelsubstanzen aufeinandertreffen. EU-Chemikalienverordnung REACH dukte keine synthetischen Polymere Dass dies passiert, liegt schon allein abgedeckt noch durch die EU-Kosme- mehr freisetzen, und um mögliche dadurch nahe, da Kosmetik- und Kör- tikverordnung. Nur wenige haben bis- Schäden in der Umwelt zu vermeiden, perpflegeprodukte oftmals eine Kom- her explizit eine sogenannte Wissen- müssen Politik und Industrie folgende bination von mehreren dieser Mikro- schaftliche und Technische Bewertung Maßnahmen umsetzen: kunststoffe gleichzeitig enthalten. Fast der EU durchlaufen, die entsprechen- alle bislang durchgeführten Tests der den Berichte sind der Öffentlichkeit • Sofortige und umfassende Bewer- Hersteller synthetischer Polymere be- nur schwer zugänglich. Auch die tung aller synthetischen Polymere ziehen sich jedoch nur auf Einzelstoffe EU-Detergenzienverordnung, die für sowie deren Gemische und Alter- und nicht auf Gemische – geschweige Wasch- und Reinigungsmittel gilt, so- nativen auf mögliche Umweltaus- denn auf die sich addierenden Effekte wie die EU-Verordnung zur Einstufung, wirkungen unter Anwendung des von Einzelstoffen. Verpackung und Kennzeichnung von Stoffgruppenkonzepts [Industrie] • Transparente Bereitstellung aller Ergebnisse und Daten aus beste- Mikroplastik bzw. „Nurdles“) oder mikroskopisch kleine henden und zukünftigen Bewertun- Perlen und Körnchen in Kosmetikprodukten gen synthetischer Polymere sowie ist nicht einheitlich definiert. Es wird häufig – (sogenannte „Microbeads“). vor allem von Vertretern der Industrie – nur deren Gemische und Alternativen als festes synthetisches Polymer bezeich- Sekundäres Mikroplastik hingegen ent- [Industrie] net. Das sind dann Plastikpartikel mit einem steht entweder durch die Abnutzung grö- • Schließen sämtlicher gesetzlicher Durchmesser oder einer Länge von weniger ßerer Kunststoffgegenstände während des als 5 Millimeter: Kügelchen, Fragmente Gebrauchs, zum Beispiel durch Reifenab- Regulierungslücken für synthe- oder auch Fasern. Flüssige, wachs- und rieb auf der Straße oder Mikrofasern, die tische Polymere in Kosmetik- und gelartige synthetische Polymere beinhal- sich beim Waschgang aus Fleecejacken Körperpflegeprodukten [Politik] tet diese Beschreibung von Mikroplastik lösen. Auch größere Kunststoffteile, die • Sofortiges Verbot aller syntheti- oftmals nicht. in der Umwelt mechanischen Kräften und ultravioletter Strahlung ausgesetzt sind, schen Polymere mit bekannter Primäres Mikroplastik wird bereits in klei- wie etwa Fragmente von Plastikflaschen schädlicher Wirkung sowie mit bis- ner Größe hergestellt, wie etwa Granulate oder Plastikverpackungen, die im Meer lang unbekannter Auswirkung auf aus der Kunststoffvorfertigung für größere treiben, werden als sekundäres Mikroplas- Plastikgegenstände (sogenannte „Pellets“ tik bezeichnet. Mensch und Umwelt unter Anwen- dung des Vorsorgeprinzips [Politik]
6 V O M WA S C H BE C K EN I N S M EER SYNTHETISCHE PO LY M ER E I N PRO D UKTE N Hersteller setzen in Kosmetik- und Körperpflegeprodukten eine Vielzahl chemischer Substanzen ein: Die Liste der Internationalen Nomenklatur für kosmetische Inhaltsstoffe (INCI) umfasst zwischen 16.000 und 21.000 Stoffe,1, 2, 3 die EU-Datenbank für kosmetische Inhaltsstoffe CosIng verzeichnet insgesamt über 28.000 Stoffe.4 Darunter befinden sich viele synthetische Polymere – Kunststoffe, die man nicht selten aus anderen Bereichen des Alltags kennt, die aber auch speziell für kosmetische Zwecke hergestellt werden. Ihre genaue Anzahl ist nicht bekannt; zudem fehlt es an Informationen Checkliste für synthetische über weltweit eingesetzte Mengen.5, 6 Polymere in Kosmetik (englische INCI-Schreibweise) In kosmetischen Formulierungen Emulsionen, Suspensionen und echten • Acrylate Co-, Crosspolymer konventioneller Hersteller gehören Lösungen) oder als Zwischenformen (AC, ACS) synthetische Polymere mittlerweile zur (wie Gele, Pasten und Wachse). Nicht • Polyamide (PA, Nylon) Standard-Rezeptur.7, 8, 9 Gängige In- selten ändert sich der Zustand auch • Polyacrylate (PA) haltsstoffe dieser Art sind unter ande- während ihrer Herstellung, Verarbei- • Polymethyl Methacrylate rem Acrylates Co- und Crosspolymer, tung im Produkt, Anwendung beim (PMMA) Nylon, Polyethylen, Polyethylenglykol, Verbraucher – und nicht zuletzt auch, • Polyquaternium (PQ) Cyclomethicone oder Polyquaternium. nachdem sie ins Abwassersystem oder • Polyethylene (PE) Sie müssen auf Produktverpackungen die Umwelt gelangt sind.11 Dort können • Polyethylene Glycol (PEG)* immer in der englischen INCI-Schreib- sie sich zu anderen Stoffen abbauen • Polyethylene Terephthalate (PET) weise angegeben werden. oder mit weiteren Stoffen verbinden. • Polypropylene (PP) • Polypropylene Glycol (PPG)* Synthetische Polymere werden in Trotz der großen Vielfalt an syntheti- • Polystyrene (PS) Kosmetik- und Körperpflegeprodukten schen Polymeren in Kosmetik- und • Polyurethane (PUR) häufig kombiniert, um verschiedene Körperpflegeprodukten: In der Kritik • Silsesquioxane Funktionen zu erfüllen.7, 8 Zum Beispiel standen bisher vor allem die soge- • Silikone dienen sie als Schleifmittel, Weichma- nannten „Microbeads“12 – winzige – Cyclo-, Di-, Amodi-, Tri-, cher, Conditioner, Filmbildner, Gleitmit- Plastikperlen aus Polyethylen, die in Methicone tel, Bindemittel, Trennmittel, Lösemittel, Peeling, Zahnpasta oder Duschgel – Cyclotetra-, Cyclopenta-, Stabilisator, Verdickungsmittel, Füll- als Schleifpartikel verwendet wurden. Cyclohexasiloxane stoff, Feuchthaltemittel, Absorptions- Sie sind weltweit der Inbegriff für – Dimethiconol mittel, Antistatikum, Entschäumer, Vis- primäres Mikroplastik, das täglich in – Di-, Tri-, Siloxane kositätsregler, Fixiermittel, Hitzeschutz, Badezimmern den Abfluss hinunter- * v. a. biologisch schwer abbaubare Ver- Trübungsmittel oder Farbstoff. gespült wird – und letztlich Flüsse und bindungen, erkennbar an Werten Meere belastet. über 50 (z. B. PEG-120) Es gibt diverse Anwendungsformen10: Diese Checkliste findet sich als So können synthetische Polymere als Seit Bekanntwerden dieser Umwelt- kostenlose Einkaufshilfe unter www.greenpeace.de/ Feststoffe vorliegen (wie Perlen, Körn- belastung fordern Wissenschaftler,13 einkaufshelfer-mikroplastik chen und Pulver), als Flüssigkeiten (in Umweltschutzverbände und Verbrau-
Z U D E N U MW E LTFOLGE N V O N MIKROKUNST ST OF F EN IN KOSMET I K- U N D KÖ RP E RP FLE G E P RO D U KTE N 7 Die Industrie unterscheidet zwischen Mi- cherInnen14, 15 weltweit ein Verbot von verzichten, die sofort während ihrer krokunststoffen in Rinse-off- and Leave- on-Produkten. Letztlich landet aber alles festen Plastikpartikeln in Kosmetik- Anwendung wieder abgewaschen beim Duschen im Abfluss. und Körperpflegeprodukten. Die Län- werden. Sämtliche andere, sogenannte der USA16, Kanada17, Großbritannien18, „Leave-on“-Produkte wie Creme, Neuseeland19 oder auch Südkorea20 Make-up, Lippenstift oder Haarspray, einem Blick hinter die Kulissen, der haben bereits reagiert und ein derarti- die vorerst auf Haut und Haaren ver- über Plastikperlen weit hinaus führt. ges Verbot angekündigt. In Deutsch- bleiben, aber unweigerlich zu einem Denn genau wie feste gelangen auch land verlässt sich die Bundesregierung späteren Zeitpunkt abgewaschen nicht-feste synthetische Polymere dagegen ausschließlich auf einen frei- werden, sind nicht Teil der gesetzlichen täglich in großen Mengen vom Ba- willigen Verzicht der Kosmetikindus- oder freiwilligen Ausstiegspläne. dezimmer ins Abwasser – und damit trie, der im Rahmen des sogenannten potenziell in Gewässer. Bisher herrscht „Kosmetikdialogs“21 vereinbart wurde Ausgenommen vom Verzicht auf jedoch große Unklarheit über den und aus Greenpeace-Sicht zahlreiche „Microbeads” sind aber vor allem auch Verbleib und die Auswirkungen Schlupflöcher enthält. synthetische Polymere in flüssiger, sämtlicher synthetischer Polymere aus wachs- und gelartiger Form. Doch Kosmetik- und Körperpflegeprodukten Geplant ist lediglich, auf feste Plas- gerade die enorme Bandbreite und der in der Umwelt. tikpartikel in sogenannten „Rinse- massive Einsatz solcher Mikrokunst- off“-Produkten wie Peeling, Sham- stoffe in Kosmetik- und Körperpfle- poo, Duschgel oder Zahnpasta zu geprodukten weltweit verlangen nach
8 V O M WA S C H BE C K EN I N S M EER SYNTHETISCHE PO LY M ER E I N KLÄRWE RKE N Auch moderne Kläranlagen schaffen es Weltweit spülen unzählige Haushalte Kosmetik- und Körperpflege- nicht, sämtliche synthetischen Polymere zu filtern (Symbolfoto). produkte in den Abfluss. So gelangen Tag für Tag große Mengen synthetischer Polymere in kommunale Abwässer. In Ländern wie Deutschland gibt es üblicherweise moderne Kläranlagen, die über dreistufige Systeme1 mit mechanischer, biologischer und chemischer Abwasserbehandlung verfügen. In einzelnen Fällen sind sie bereits vierstufig oder haben spezielle Endreinigungsverfahren – bisher ist das jedoch nicht die Norm.2 Synthetische Polymere in fester Form, Abwasser entfernen.3 Zudem unter- wie beispielsweise Polyethylenperlen scheiden sich verschiedene Kläranla- im Peeling oder feinste Nylonpartikel gen stark im Hinblick auf ihre Rückhal- im Make-up, werden theoretisch tekapazität.3, 4, 5 Lediglich ein System mechanisch herausgefiltert. Laut mit vierter Klärstufe in Form eines einer Studie des Alfred-Wegener-Insti- Scheiben-Tuchfilters konnte bisher die tuts können Kläranlagen die winzigen Menge der Plastikpartikel im Abwas- Plastikpartikel mit konventionellen ser um 97 Prozent reduzieren.3 Laut Mitteln aber nicht vollständig aus dem Experten von Fraunhofer UMSICHT ist
Z U D E N U MW E LTFOLGE N V O N MIKROKUNST ST OF F EN IN KOSMET I K- U N D KÖ RP E RP FLE G E P RO D U KTE N 9 dem Abwasser entfernt werden, müss- können sich synthetische Polymere ten verschiedenste Aktivfilter in einer dort auch mit Schadstoffen verbin- vierten Klärstufe in Reihe geschaltet den oder mit anderen Stoffen zu werden9 – ein technischer Aufwand, schädlichen Substanzen reagieren. der für Kläranlagen nicht zu leisten In Deutschland wird Klärschlamm ist.10 überwiegend auf Deponien und in Verbrennungsanlagen entsorgt – Deshalb ist davon auszugehen, dass oder in der Landwirtschaft genutzt selbst bei modernen Abwasserbe- – Schätzungen zufolge waren das Mikroplastik oder nicht? Schwer zu erken- handlungsanlagen synthetische Poly- bisher jährlich rund 29 Prozent.12 Aber nen bei nicht-festen Mikrokunststoffen mere zu einem gewissen Anteil über auch nach der neuen Klärschlamm- wie zum Beispiel Polyquaternium. den Ablauf in die Umwelt freigesetzt verordnung13 darf Klärschlamm aus werden.11 Bei starken Regenfällen kleineren Abwasserbehandlungsanla- bis heute „noch nicht eindeutig geklärt, kann sich dieser Anteil aufgrund der gen weiterhin zur Düngung auf Feldern welchen Effekt die Reinigungsprozesse Überlastung des Systems noch deut- ausgebracht werden. Von dort aus auf die Mikroplastikfracht des behan- lich erhöhen. Offizielle Angaben dazu gelangen synthetische Polymere samt delten Abwasserstroms haben“.6 gibt es nicht – vergleichende Abwas- anderer im Klärschlamm abgelagerter sermessungen verschiedener Klär- Chemikalien wieder in die Umwelt und Flüssige, wachs- und gelartige anlagen auf regionaler, nationaler oder damit in die Nahrungskette.13 synthetische Polymere, die nicht selten internationaler Ebene müssen in keiner auch als „gelöst“7 bezeichnet werden, Datenbank erfasst werden.10, 11 Ohne- Bei aller Diskussion um Kläranlagen können dagegen nicht mechanisch hin fehlen für synthetische Polymere darf vor allem eines nicht vergessen herausgefiltert werden. Je nach chemi- standardisierte Messverfahren. Sie ge- werden: In vielen Ländern, insbeson- schen oder biologischen Eigenschaf- hören bisher nicht zu jenen Stoffen, die dere im globalen Süden, aber auch ten müssen sie in der chemischen gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie in anderen Ländern Europas, gibt es Klärstufe zersetzt bzw. ausgeflockt oder auch Oberflächengewässer- keine modernen Abwasserbehand- oder in der biologischen Klärstufe von verordnung überwacht werden müs- lungsanlagen. Doch auch hier werden Mikroorganismen verstoffwechselt sen.6 Kosmetik- und Körperpflegeproduk- werden. In einigen Fällen kommen te gängiger internationaler Marken sogar extra synthetische Polymere als Jener Anteil synthetischer Polymere, verwendet und täglich in den Abfluss Flockungsmittel zum Einsatz, um die der samt Abbauprodukten tatsächlich gespült – oder sogar direkt in lokale Effektivität der Abwasserbehandlung aus dem Abwasser entfernt wird, setzt Gewässer entsorgt. Entsprechend ist zu verbessern.8 Um jedoch sicher- sich im Klärschlamm ab. Offizielle davon auszugehen, dass synthetische stellen zu können, dass persistente Angaben zu genauen Mengen oder Polymere aus Shampoo, Lotion oder synthetische Polymere wie Silikone Konzentrationen liegen nicht vor. Je Make-up dort fast unvermittelt in die oder Polyquaternium vollständig aus nach ihren chemischen Eigenschaften Umwelt gelangen.
10 V O M WA S C H BE C K EN I N S M EER SYNTHETISCHE PO LY M ER E I N DER U MWE LT Synthetische Polymere in Kosmetik- und Körperpflegeprodukten sind Teil des generellen Problems persistenter, toxischer und/oder bioakkumulierender Inhaltsstoffe in Konsumgütern des täglichen Bedarfs. Persistente Stoffe werden als langlebige und somit nicht oder nur schwer biologisch abbaubare organische Stoffe beschrieben – eine Bezeichnung, die synthetische Polymere einschließen kann.1 Es gibt Daten, die zeigen, dass in Deutschland etwa 43.653 Tonnen solcher Substanzen jährlich in Haushaltsprodukten wie Wasch- und Reinigungsmitteln verwendet werden, darunter befinden sich etliche synthetische Polymere.1 Entsprechende Informationen für Kosmetik- und Körperpflegeprodukte sind jedoch nicht verfügbar. Feste Plastikpertikel wurden bereits Die Freisetzung persistenter Stoffe bekannt, dass sie schädliche Zusatz- in Speisefischen und Meeresfrüchten nachgewiesen. Entsprechende Forschung kann dazu führen, dass sie sich in der stoffe (zum Beispiel Weichmacher wie zu nicht-festen Mikrokunststoffen steht Umwelt oder im Menschen anreichern Bisphenol A) auslaugen oder auch teilweise noch ganz am Anfang. und dort langfristige Schäden ver- Schadstoffe (zum Beispiel Pestizide ursachen – insbesondere, wenn sie wie DDT) an sich binden können, die toxische und/oder bioakkumulieren- bereits im Wasser vorhanden sind2, 3 de Eigenschaften haben, das heißt, – und letztlich auch in die Nahrungs- giftig für Lebewesen sind und/oder kette gelangen. Wissenschaftler ha- sich in Lebewesen anreichern. Doch ben die winzigen Teilchen bereits in auch Stoffe, die nicht persistent, also kleinstem Zooplankton, aber auch in durchaus biologisch abbaubar sind, kommerziell genutzten Speisefischen können zur Gefahr werden, nämlich und Meeresfrüchten wie Thunfisch, dann, wenn sie toxische Eigenschaf- Kabeljau, Makrele, Muscheln oder ten aufweisen und Lebewesen damit Garnelen gefunden4. Dort können sie unmittelbar schädigen. samt Schadstoffen sowohl physisch als auch chemisch zum Problem Synthetische Polymere in Form fester werden: Sie rufen beispielsweise Ver- Plastikpartikel sind in der Regel per- änderungen oder Entzündungen im sistent und unlöslich in Gewässern. Darmtrakt der Tiere hervor, beeinflussen Auch wenn sie als vergleichsweise deren Nahrungsaufnahme oder Fort- wenig toxisch gelten, entstehen öko- pflanzungsverhalten – und durchdrin- logische Risiken. So ist mittlerweile gen sogar Gewebe- und Zellbarrieren.4
Z U D E N U MW E LTFOLGE N V O N MIKROKUNST ST OF F EN IN KOSMET I K- U N D KÖ RP E RP FLE G E P RO D U KTE N 11 Insbesondere bei Muscheln und anderen Synthetische Polymere in flüssiger, Laut Richtlinien der EU und USA Arten, bei denen das gesamte weiche Fleisch verzehrt wird, ist es unvermeidbar, wachs- oder gelartiger Form können müssen Hersteller von Kosmetik- und dass Menschen zumindest eine gewisse sowohl persistent als auch biologisch Körperpflegeprodukten sogenannte Menge an Plastikpartikeln aufnehmen. abbaubar sein – und nicht zuletzt auch Sicherheitsdatenblätter (MSDS, toxisch und/oder bioakkumulierend. Im Material Safety Data Sheets) erstellen, Allgemeinen tendieren sie dazu, stärker in denen die Handhabung, Sicherheit, mit der Umwelt zu interagieren als feste Toxikologie sowie der Verbleib aller Plastikpartikel: Sie haben eine höhere eingesetzten Inhaltsstoffe in der Um- biologische Aktivität und folglich welt abgedeckt sind. Eine Auswertung höhere potenzielle Schädlichkeit für solcher Sicherheitsdatenblätter7 ergab Lebewesen. Was mit ihnen in der Um- jedoch: Viele MSDS liefern keine welt geschieht, ist jedoch weitgehend Informationen über das Verhalten von unbekannt. Lediglich für einzelne Stoffe synthetischen Polymeren in der Um- liegen Informationen vor – darunter welt. Dies deckt sich mit den jüngsten Hersteller-Hinweise, dass sie „giftig für Recherchen von Greenpeace. Vor Wasserorganismen“ sind und „langfris- allem bei flüssigen, wachs- und gel- tig schädliche Auswirkungen auf Ge- artigen synthetischen Polymeren sind wässer“ haben.5 Konkrete Ergebnisse fehlende Informationen vielmehr die aus der Forschung oder Umweltüber- Regel als die Ausnahme – und des- wachung liegen meist nur für solche halb äußerst besorgniserregend. Stoffe vor, die bereits seit Längerem un- ter Verdacht stehen, schädlich zu sein.6
12 V O M WA S C H BE C K EN I N S M EER SYNTHETISCHE PO LY M ER E I M GESETZ Der wichtigste Rechtsrahmen für Chemikalien in der EU ist die Chemikalienverordnung (REACH)1. Sie bezieht sich jedoch aus- drücklich nicht auf kosmetische Inhaltsstoffe oder Produkte, denn diese fallen unter die EU-Kosmetikverordnung2. Allerdings reguliert herrscht: Während bei Wasch- und die Kosmetikverordnung Inhaltsstoffe grundsätzlich nicht aufgrund Reinigungsmitteln nämlich nur Subs- von Umweltaspekten und schließt zudem nur wenige synthetische tanzen zugelassen werden, die leicht Polymere ein. Bei REACH sind synthetische Polymere, abgesehen biologisch abbaubar sind, gilt dies für von wenigen Ausnahmen, sogar explizit von der Registrierungs- und Kosmetik- und Körperpflegeprodukte Bewertungspflicht ausgenommen.3 Aber nicht etwa, weil sie als nicht. Beim Umweltbundesamt (UBA) vertritt man deshalb die Meinung: „Die unbedenklich gelten – diese Ausnahme ist vielmehr ein Ergebnis des strengeren Bestimmungen der EU-De- massiven Lobbydrucks der chemischen bzw. Kunststoffindustrie. tergenzienverordnung für Wasch- und Reinigungsmittel sowie die CLP-Kenn- Auch die EU-Verordnung zur Einstu- kosmetische Inhaltsstoffe nicht zu- zeichnungsverordnung sollten auch für fung, Verpackung und Kennzeich- ständig. Vor allem hier wird deutlich, Kosmetik gelten.“6 nung von Chemikalien (CLP)4 sowie dass bei der Regulierung von Produk- die EU-Detergenzienverordnung5 ten, die typischerweise ins Abwasser Unterm Strich bedeuten diese Regu- sind für synthetische Polymere als gelangen, eine Art Doppelmoral lierungslücken, dass sich Chemie- und Kosmetikindustrie in Bezug auf synthetische Polymere praktisch selbst Das Vorsorgeprinzip vorbeugend zu handeln, um diese von regulieren. Dies hat unter anderem vornherein zu vermeiden. ist eine zentrale Leitlinie der Umwelt- und zur Folge, dass keine oder nur sehr Gesundheitspolitik in Deutschland und in Ressourcenvorsorge sieht vor, mit den lückenhafte Kenntnisse über synthe- der EU. Es soll verhindern, dass Gefah- natürlichen Ressourcen wie Wasser, Boden tische Polymere existieren, geschwei- ren für die Umwelt (und letztlich für den und Luft schonend umzugehen, um sie Menschen) überhaupt erst entstehen. Das langfristig zu sichern und im Interesse künf- ge denn öffentlich verfügbar sind. Das Vorsorgeprinzip beruht unter anderem auf tiger Generationen zu erhalten. macht ihre vollständige Bewertung der Annahme, dass schädliche Substanzen – und damit wiederum ihre gesetzliche beziehungsweise Aktivitäten nicht mehr Die Anwendung des Vorsorgeprinzips unschädlich beziehungsweise rückgängig auf Kosmetik- und Körperpflegeprodukte Regelung – zu einer Quadratur des gemacht werden können – und deshalb von hieße, den Einsatz bzw. die Freisetzung von Kreises. vornherein vermieden werden müssen. Die Inhaltsstoffen vorbeugend zu verhindern, Verhinderung möglicher Gefahren ist auch wenn deren Auswirkungen auf die Süß- Zwar erfordern alle Kosmetikerzeug- dann erforderlich, wenn es keine völlige wasser- und Meeresumwelt weitgehend wissenschaftliche Gewissheit gibt. Laut unbekannt sind. Und dies ist bei vielen syn- nisse, die in der EU vermarktet wer- Umweltbundesamt basiert das Vorsorge- thetischen Polymeren der Fall. Dabei sollten den, eine sogenannte Wissenschaft- prinzip auf den Prinzipien der Risikovorsor- nicht nur die unterschiedlichen Charakteris- liche und Technische Bewertung ge und der Ressourcenvorsorge: tika der vielen Stoffgruppen von syntheti- schen Polymeren berücksichtigt werden, (STA, Scientific and Technical Assess- Risikovorsorge bedeutet, bei unvollstän- sondern auch die der Einzelsubstanzen und ment)7. Für die breite Öffentlichkeit ist digem oder unsicherem Wissen über Art, ihre Kombination in einem Gemisch. Auch es jedoch kaum möglich, die Ergeb- Ausmaß, Wahrscheinlichkeit sowie Kau- die Entwicklung und Überprüfung sämtlicher salität von Umweltschäden und -gefahren Alternativen müsste berücksichtigt sein. nisse dieser Bewertungen einzusehen. Außerdem zeigt ein Blick in die veröf-
Z U D E N U MW E LTFOLGE N V O N MIKROKUNST ST OF F EN IN KOSMET I K- U N D KÖ RP E RP FLE G E P RO D U KTE N 13 Als Verbraucher bräuchte man Chemie-Expertise, um im Kleingedruckten die Mikrokunststoffe zu identifizieren. fentlichten Stellungnahmen mehrerer abhängigkeit oder Genauigkeit solcher view). Berichte aus diesem Gremium EU-Sachverständigenausschüsse, Bewertungen einzuschätzen. werden jedoch von einem Ausschuss dass bisher überhaupt nur wenige syn- bearbeitet, der vom US-amerikani- thetische Polymere als kosmetische Auch die USA verfügen über ein Sys- schen Kosmetikverband Personal Care Inhaltsstoffe ausgewertet wurden.8 tem zur Prüfung kosmetischer Inhalts- Products Council (PCPC), der Zulas- Damit ist es extrem schwierig, die Un- stoffe (CIR, Cosmetic Ingredient Re- sungsbehörde Food and Drug Ad- ministration (FDA) und dem Verbrau- cherverband Consumer Federation of Der Stoffgruppenansatz gangen werden, dass Stoffe, für die keine America (CFA) unterstützt wird.9 Bis Daten vorliegen, automatisch sicher sind. ist ein Konzept, das derzeit für die Regu- dato wurden etwa 225 CIR-Berichte lierung von Chemikalien vorgeschlagen Die Anwendung des Stoffgruppen- über Polymerverbindungen veröffent- wird. Es besagt: Wenn ein Stoff (oder eine konzepts auf synthetische Polymere licht.10 Diese beziehen sich nur auf die gesamte Stoffgruppe) einer international hieße, zunächst mit einer gründlichen kurzfristige Toxizität eines Inhaltsstoffs bzw. national verbindlichen Verordnung Bewertung der Risiken eines Stoffes (und unterliegt, die eine Einschränkung oder einer Stoffgruppe) unter Einsatz einer und darauf, ob er als krebserregend, einen Verzicht erfordert, sollte er nicht glaubwürdigen Screening-Methode zu erbgutverändernd oder fortpflanzungs- durch Stoffe mit ähnlichen schädlichen beginnen. Eine solche Bewertung sollte gefährdend (CMR11) für den Menschen Eigenschaften ersetzt werden. Dabei muss die Ökotoxizität sowie den Verbleib und ermittelt werden, ob ein Stoff einer Stoff- das Verhalten eines Stoffes in der Umwelt eingestuft werden muss. In der Regel gruppe angehört, die für einen ähnlichen beinhalten. Zudem sollte sie die Abbau- beinhalten sie keine detaillierten An- Zweck verwendet wird – selbst wenn nicht produkte sowie die Interaktion mit anderen gaben zum Verbleib der kosmetischen alle dieser Stoffe unter diese Verordnung synthetischen Polymeren und Chemikalien fallen. Es sollte jedoch nicht davon ausge- berücksichtigen. Inhaltsstoffe in der Umwelt oder zu ihrer Ökotoxizität.
14 V O M WA S C H BE C K EN I N S M EER T Y PI SCHE INHALTS S T O FFE IN K O S M ET IK PO LYETHYL E N (PE ) Polyethylen (PE) ist der wichtigste Kunststoff weltweit. Derzeit liegt der globale jährliche Bedarf bei 84,7 Millionen Tonnen.1 Polymersorten in dieser Stoffgruppe können von hoher, mittlerer und niedriger Dichte sein, linear oder verzweigt. Die Verpackungsindustrie setzt sie in Tüten, Lebensmittelpackungen oder Kosmetik-Flaschen ein, aber auch in Haushaltswaren, Spielwaren und Agrarfolien.2 In Kosmetik- und Körperpflegeproduk- Tatsächlich macht PE in zahlreichen ten kommt PE vor allem im Bereich Studien, in denen Gewässer auf die der dekorativen Kosmetik zum Einsatz, Verschmutzung durch Plastikpartikel sowie in der Hautpflege und Hautrei- hin untersucht wurden, meist die vor- nigung.3, 4 Als Schleifmittel im Peeling herrschende Kunststoffsorte aus. So ist es bereits weltweit zu zweifel- auch in einer Greenpeace-Studie mit haftem Ruhm gelangt.5 Nach ersten über 50 Stichproben aus deutschen Schätzungen des Umweltbundesamts Flüssen – einschließlich winziger, (UBA) setzt die Kosmetikindustrie in farbiger Plastikperlen, die vermutlich Deutschland jährlich circa 500 Tonnen von Körperpflegeprodukten stammen.8 PE-Partikel ein.6 Zudem wurde PE bereits in einer Viel- zahl von Meerestieren nachgewiesen, Bei PE handelt es sich ein persisten- darunter kommerziell genutzte Speise- tes, also nicht biologisch abbaubares, fische und Meeresfrüchte.9, 10 synthetisches Polymer mit geringer To- xizität. Laut Sicherheitsdatenblatt des Ähnlich wie bei Nylon, gibt es bei PE Herstellers Nova Chemicals7 ist es „ein Hinweise darauf, dass es mit einer weitgehend inerter, stabiler Feststoff, vergleichsweise höheren Wahrschein- der als nicht-toxisch in Gewässern lichkeit persistente organische Schad- gilt“, „persistent in Gewässern“ ist und stoffe (POPs) an seiner Oberfläche „unter Sonnenlicht langsam spröder anreichert als andere synthetische Po- wird, sich aber nicht vollständig ab- lymere.11, 12 So erhöht PE theoretisch baut“. Darin deutet sich schon an: PE das Risiko eines Schadstofftransports kann, wie andere feste synthetische in den Körper wasserlebender Tiere, Polymere auch, zur Kontamination von wenn diese die winzigen Plastikpartikel Gewässern und Wasserorganismen in sich aufnehmen. mit Plastikpartikeln beitragen.
Z U D E N U MW E LTFOLGE N V O N MIKROKUNST ST OF F EN IN KOSMET I K- U N D KÖ RP E RP FLE G E P RO D U KTE N 15 STECKBR IE F PO LYETHYL E N (PE ) Bezeichnung Funktion Auswirkung auf dem Produkt im Produkt auf Mensch und Umwelt Welche Bezeichnungen hat Welche Funktionen hat Welche Auswirkungen hat Polyethylen auf Produkten? Polyethylen in Produkten? Polyethylen auf Mensch und Wie erkenne ich es? Warum ist es enthalten? Umwelt? Was ist darüber bekannt, warum Üblicherweise (offizielle Unter anderem: sollte ich es vermeiden? englische INCI-Schreibweise): • Schleifmittel • Polyethylene • Füllstoff Sofern überhaupt bekannt: • PE • Bindemittel • langlebig (nicht biologisch abbaubar) • Filmbildner • als Plastikpartikel in Meeres- • Viskositätsregler tieren, darunter Kabeljau Produkt-Beispiele Welche Produkte beispielsweise enthalten Polyethylen? Wo finde ich es ganz konkret? Eine kleine Auswahl: • Gesichtspuder „Natural Bronzing Powder“ von Manhattan (Coty) • Eyeliner „Excess Intensity Longwear“ von Max Factor (Coty) • Peeling „Ultra Rapid Action 3 in 1“ von Clearasil (Reckitt Benickser) • Gesichtscreme „Revitalift Laser X3 Intensivpflege“ von L’Oréal Paris (L’Oréal) • Deodorant „Motionsense Invisible Aqua Stick 48h“ von Rexona (Unilever)
16 V O M WA S C H BE C K EN I N S M EER T Y PI SCHE INHALTS S T O FFE IN K O S M ET IK PO LYAM ID (PA, NYL O N ) Nylon, auch bekannt als Polyamid (PA), gilt als High-Performance- Kunststoff mit hoher Langlebigkeit, Belastbarkeit, Flexibilität sowie hoher Temperatur- und elektrischer Beständigkeit.1 Das Material wird häufig in Anwendungen für die Automobilindustrie und die Luftfahrt eingesetzt, für Teppiche und Textilien, elektrische und elektronische An- wendungen sowie für Verpackungen und in der Medizin.1, 2 Laut Prog- nosen wird sich der Verbrauch von Nylon bald auf 10 Millionen Tonnen Nylon belaufen3 – dabei gelten biobasierte Polyamide und Spezialpoly- amide als die Nylonvarianten, die immer stärker nachgefragt werden.4 In Kosmetik- und Körperpflegepro- weise wie „nicht unter Verdacht, giftig/ dukten wird Nylon in erster Linie im bioakkumulierend zu sein“.7 In Form Bereich der dekorativen Kosmetik ver- winziger Plastikpartikel kann es aller- wendet, in einigen Fällen aber auch bei dings zur Kontamination von Wasser- der Hautpflege.5 Dabei hat Nylon-12 organismen einschließlich kommerziell mit Abstand die meisten Anwendun- genutzter Speisefische und Meeres- gen, gefolgt von Nylon-6 – weit vor Ny- früchte beitragen.8, 9 Zudem deuten lon 6/12 und anderen Vertretern dieser Studien darauf hin, dass Nylon, ähnlich Stoffgruppe.6 Es liegt grundsätzlich in wie Polyethylen, mit höherer Wahr- fester Form vor. scheinlichkeit persistente organische Schadstoffe (POPs) an seiner Oberflä- Nylon ist persistent in der Umwelt, gilt che anreichert als andere synthetische aber nicht als akut toxisch.6 Sämtliche Polymere.10 So erhöht auch Nylon Sicherheitsdatenblätter zu Nylon-6 theoretisch das Risiko eines Schad- und Nylon-12 enthalten jedoch keine stofftransports in den Körper wasserle- Angaben in Bezug auf Ökotoxizität und bender Tiere, wenn diese Nylonpartikel Umweltverträglichkeit – oder aber Hin- in sich aufnehmen.
Z U D E N U MW E LTFOLGE N V O N MIKROKUNST ST OF F EN IN KOSMET I K- U N D KÖ RP E RP FLE G E P RO D U KTE N 17 STECKBR IE F PO LYAM ID (PA, NYL O N ) Bezeichnung Funktion Auswirkung auf dem Produkt im Produkt auf Mensch und Umwelt Welche Bezeichnungen hat Nylon Welche Funktionen hat Nylon Welche Auswirkungen hat Nylon auf Produkten? in Produkten? auf Mensch und Umwelt? Wie erkenne ich es? Warum ist es enthalten? Was ist darüber bekannt, warum sollte ich es vermeiden? Üblicherweise (offizielle Unter anderem: englische INCI-Schreibweise): • Füllstoff Sofern überhaupt bekannt: • Nylon-X • Trübungsmittel • langlebig • Polyamide-X, Polyamide-X/X • Filmbildner (nicht biologisch abbaubar) • PA-X, PA-X/X • Viskositätsregler • als Plastikpartikel in Meeres- Beispiele: Nylon-6, Polyamide-6, tieren, darunter Kabeljau • Absorptionsmittel Nylon-12, Polyamide-12, Nylon-6/12 Produkt-Beispiele Welche Produkte beispielsweise enthalten Nylon? Wo finde ich es ganz konkret? Eine kleine Auswahl: • Make-up „Nude Illusion“ von Catrice (Cosnova) • Lidschatten „EyeArtist Luxury Eye Shadow Palette“ von Astor (Astor) • Lippenstift „Super Stay 24h Color“ von Maybelline (L’Oréal) • Augencreme „Q10plus Anti-Falten Augencreme“ von Nivea (Beiersdorf) • Sonnenschutzspray „Ambre Solaire UV Sport“ von Garnier (L’Oréal)
18 V O M WA S C H BE C K EN I N S M EER T Y PI SCHE INHALTS S T O FFE IN K O S M ET IK PO LYALKYL E NG LYKO L E (PA Gs) U N D - ETH E R Die Gruppe der Polyalkylenglycole (PAGs) und -ether umfasst eine große Bandbreite an Stoffen, die in vielen Branchen verwendet werden – darunter ist auch die Kosmetik- und Körperpflegebranche.1 Am häu- figsten unter den kosmetischen Inhaltsstoffen vertreten sind Polyethy- lenglykol (PEG), Polypropylenglykol (PPG) sowie ihre jeweiligen Ether, zum Beispiel Laurylalkohol (Laureth-X) oder Stearylalkohol (Steareth-X). Teil der offiziellen Bezeichnung von Und auch BASF4 beschreibt sein Tetro- PAGs ist eine Ziffer – sie gibt die nic 304, einen flüssigen, wasserlöslichen durchschnittliche Anzahl der Unter- PEG-/PPG-Ether, mit: „Chronische einheiten im Polymer an. PEG-40 hat Toxizität/Wirkung […] Das Produkt demnach 40 Untereinheiten, PEG-90M wurde nicht getestet. Die Aussagen zur dagegen 90.000 Untereinheiten und ist Toxikologie wurden von Produkten mit somit wesentlich länger. Je nach Ket- ähnlicher Struktur und Zusammenset- tenlänge der im Polymer enthaltenen zung abgeleitet. […] Biologisch schlecht Glykole (sowie der alkoholischen Kom- abbaubar. […] Weitere ökotoxikologi- ponenten) sind PAG-Verbindungen bei sche Empfehlungen: Nicht unbehandelt Raumtemperatur flüssig, wachsartig in natürliche Gewässer einlassen. Das oder fest. Produkt wurde nicht getestet. Die Aus- sagen zur Ökotoxikologie wurden von Kurzkettige PAGs sind als leicht bio- Produkten mit ähnlicher Struktur und logisch abbaubar bekannt,2 während Zusammensetzung abgeleitet.“ langkettige PAGs mit mittlerem bis hohem Molekulargewicht zunehmend In Bezug auf seine gesundheitliche persistenter und also schwerer biolo- Verträglichkeit wird in der Datenbank gisch abbaubar werden. Gemeinhin Skin Deep5 empfohlen, Zusammenset- gelten PAGs als relativ umweltverträg- zungen mit PEGs/Ceteareth/Polyethy- lich, jedoch lassen sich auch hier nur lenen zu vermeiden, da diese „häufig wenige schlüssige Daten und Informa- mit 1,4-Dioxan kontaminiert sind, tionen gewinnen. dessen Karzinogenität für den Men- schen wahrscheinlich ist.“ Auch in ei- Im Sicherheitsdatenblatt von Syskem3 nem Forum für Naturkosmetik6 äußert zu PPG-400 wird erst behauptet: „Die man sich besorgt. Hier wird erläutert, Substanz ist für Wasserorganismen durch PEGs „verliert sie [die Haut] ihre nicht schädlich. […] Auf der Basis von natürliche Barrierefunktion und wird Informationen zu ähnlichen Produkten durchlässiger für Schadstoffe und Um- […] kann man davon ausgehen, dass weltgifte, die so leichter in den Körper die Substanz biologisch leicht abbau- eindringen können.“ Andererseits kam bar ist. [...] Aufgrund der relativ hohen ein wissenschaftliches EU-Komitee Wasserlöslichkeit ist keine Bioakkumu- zu dem Schluss, Laureth-97 sei „von lierung zu erwarten.“ Doch schließlich geringer Toxizität und stellt kein Risiko stellt sich heraus: „Diese Substanz für die Gesundheit der Verbraucher wurde noch nicht in Bezug auf Persis- dar.“ Der Bericht geht jedoch in keiner tenz, Bioakkumulation und Toxizität Weise auf das Verhalten der Substanz (PBT) bewertet.“ in der Umwelt ein.
Z U D E N U MW E LTFOLGE N V O N MIKROKUNST ST OF F EN IN KOSMET I K- U N D KÖ RP E RP FLE G E P RO D U KTE N 19 STECKBR IE F PO LYALKYL E NG LYKO L E (PA Gs) U N D - ETH E R Bezeichnung Funktion Produkt-Beispiele auf dem Produkt im Produkt Welche Produkte beispielsweise Welche Bezeichnungen haben Welche Funktionen haben Poly- enthalten Polyalkylenglykole/- Polyalkylenglykole/-ether auf alkylenglykole/-ether in Produkten? ether? Produkten? Warum sind sie enthalten? Wo finde ich sie ganz konkret? Wie erkenne ich sie? Eine kleine Auswahl: Unter anderem: Üblicherweise (offizielle • Viskositätsregler • Waschcreme „Regenerist englische INCI-Schreibweise): • Stabilisator Reinigungscreme“ von Olaz • PEG-X (Procter & Gamble) • Bindemittel • PPG-X • Waschgel „Normaderm • Feuchthaltemittel • PEG-X/PPG-X Reinigungsgel“ von Vichy • Fixiermittel • Laureth-X (L’Oréal) • Trägersubstanz • Ceteareth-X • Shampoo „Anti-Schuppen • Steareth-X Shampoo A3“ von Alpecin (Dr. Kurt Wolff) • Glycereth-X Auswirkung • Duschgel „Creme Soft Beispiele: PEG-200, PEG-90M, auf Mensch und Umwelt Pflegedusche“ von Nivea PEG/PPG-18/18, Steareth-25 Welche Auswirkungen haben (Beiersdorf) Polyalkylenglykole/-ether auf • Cremebad „Hautzarte Mensch und Umwelt? Verwöhnung Mandelmilch“ von Was ist darüber bekannt, warum Kneipp (Kneipp) sollte ich sie vermeiden? Sofern überhau pt bekannt: • zunehmend langlebig mit steigen- der Anzahl an Untereinheiten X
20 V O M WA S C H BE C K EN I N S M EER T Y PI SCHE INHALTS S T O FFE IN K O S M ET IK PO LYTETRAFL UORETH Y L EN (P TFE, T EFL ON) Polytetrafluorethylen (PTFE), gehört zur Gruppe der poly- und perfluo- rierten Verbindungen (PFCs).1 Es ist vor allem durch seine Verwendung als Antihaftbeschichtung bei Teflon-Kochgeschirr sowie als wasser- dichte Membran in Gore-Tex-Outdoorbekleidung bekannt. Zudem wird es unter dem Namen Dyneon für industrielle Anwendungen wie hitze-, chemikalien- sowie flammenbeständige Beschichtungen und Geräte eingesetzt. Früher wurde es in der Schönheitschirurgie für Brustim- plantate genutzt – aufgrund negativer Nebenwirkungen jedoch durch Silikon ersetzt.2 In Kosmetik- und Körperpflegeprodukten kommt PTFE vor allem im Bereich der dekorativen Kosmetik zum Einsatz, seltener auch in der Hautpflege.3, 4 PTFE ist ein sehr großes, persistentes wie veränderter Immunabwehr in Ver- synthetisches Polymer – und daher bindung gebracht werden.8, 9 Überdies normalerweise nicht bioverfügbar oder gilt es als persistent in der Umwelt, toxisch für Organismen. Als fester bioakkumulierend in Organismen und Plastikpartikel kann PTFE jedoch zur sehr giftig für Wasserorganismen.9, 10, 11 Kontamination von Meeresorganismen, einschließlich kommerziell genutzter Unter REACH ist PFOA als besonders Speisefische und Meeresfrüchte bei- besorgniserregender Stoff (SVHC, tragen.5, 6 Substances of Very High Concern) klassifiziert.12 Derzeit besteht der Überdies zeigen viele Studien, dass Vorschlag, die Vermarktung und den bei der Herstellung von PTFE andere Einsatz von PFOA unter REACH poly- und perfluorierte Chemikalien als einzuschränken, wobei die maximal Hilfsstoffe verwendet werden – und erlaubten Konzentrationen dann als Verunreinigung in PTFE-haltigen immer noch zu hoch wären.13 Die Kosmetik- und Körperpflegeprodukten Kontamination mit PFOA ist jedoch erhebliche Risiken für Mensch und vermutlich nicht das einzige Problem Umwelt bergen können.7 So auch das beim Einsatz von PTFE in Kosmetik- bekannte Tensid Perfluoroktansäure und Körperpflegeprodukten. Auch (PFOA): Es konnte beim Menschen häufig verwendete PFOA-Ersatzstoffe bereits mit Krebs, Störungen im Hor- wie Adona, GenX oder EEA-NH4A14 monhaushalt, verzögerter Pubertät, zählen zu den besorgniserregenden gestörter Fortpflanzungsfähigkeit so- Chemikalien.10
Z U D E N U MW E LTFOLGE N V O N MIKROKUNST ST OF F EN IN KOSMET I K- U N D KÖ RP E RP FLE G E P RO D U KTE N 21 STECKBR IE F PO LYTETRAFL UORETH Y L EN (P TFE, T EFL ON) Bezeichnung Funktion Auswirkung auf dem Produkt im Produkt auf Mensch und Umwelt Welche Bezeichnungen hat Welche Funktionen hat Welche Auswirkungen hat Polytetrafluorethylen auf Polytetrafluorethylen in Produkten? Polytetrafluorethylen auf Mensch Produkten? Warum ist es enthalten? und Umwelt? Wie erkenne ich es? Was ist darüber bekannt, warum Unter anderem: sollte ich es vermeiden? Üblicherweise (offizielle • Füllstoff englische INCI-Schreibweise): • Hitzeschutz Sofern überhaupt bekannt: • PTFE • langlebig (nicht oder nur • Trennmittel • Polytetrafluorethylene schwer biologisch abbaubar) • Bindemittel • als Plastikpartikel in Meeres- • Conditioner tieren, darunter Kabeljau Außerdem: Produkt-Beispiele • mögliche Verunreinigung mit schädlicher Perfluoroktansäure Welche Produkte beispielsweise enthalten Polytetrafluorethylen? (PFOA): Wo finde ich es ganz konkret? – karzinogen (krebsauslösend) Eine kleine Auswahl: – hormonaktiv (Störung • Gesichtspuder „Loose Face Powder“ von The Body Shop (L’Oréal) des Hormonhaushalts) • Lidschatten „Quattro Exeshadow“ von Essence (Cosnova) – reproduktionstoxisch • Lippenkonturenstift „Lipliner Red Blush“ von Essence (Cosnova) (Beeinträchtigung der • Anti-Aging Tagescreme „Skin Active Miracle Skin Cream“ von Garnier Fortpflanzungsfähigkeit) (L’Oréal) – immunotoxisch (Störung des Immunsystems)
22 V O M WA S C H BE C K EN I N S M EER T Y PI SCHE INHALTS S T O FFE IN K O S M ET IK PO LYQ UATE RNIUM (P Q ) Es gibt derzeit über 40 verschiedene Polyquaternium (PQ)-Verbindun- gen,1 die sich üblicherweise in Kosmetik- und Körperpflegeprodukten finden. PQ wird insbesondere aufgrund seiner filmbildenden und anti- statischen Eigenschaften verwendet – und ersetzt nicht selten Silikone, weshalb es in immer wieder neuen Varianten auf den Markt kommt. In Studien zu PQ aus Kosmetik- und ben,2 und auch PQ-11 ist als „sehr Körperpflegeprodukten in Gewässern giftig für die Wasserumwelt“ klassifi- werden Vertreter dieser Stoffgruppe ziert.8 Zudem ist es „nicht leicht biolo- charakterisiert als „besorgniserregende gisch abbaubar“ und somit persistent.2 Chemikalien im Abwasser von Kläran- Trotz dieser Eigenschaften kommt PQ lagen, was überwiegend auf zuneh- In einer Vielzahl von Kosmetik- und menden Beweisen der Toxizität für Körperpflegeprodukten zum Einsatz. Wasserorganismen beruht“. Dort wird auch betont, dass „jedoch wenig über Oft wird angenommen, dass PQ-Ver- ihren Verbleib und ihr Verhalten in der bindungen, die nicht schnell biolo- Umwelt bekannt“ ist.2, 3 gisch abgebaut werden, tendenziell leicht an Oberflächen adsorbieren Die spärlichen Informationen, die und sich deshalb im Klärschlamm tatsächlich verfügbar sind, verheißen anreichern, der dann entsorgt wird.9 jedoch nichts Gutes. So beschreibt Es ist jedoch davon auszugehen, das Sicherheitsdatenblatt von BASF4 dass selbst technisch ausgeklügel- PQ-16 als „sehr giftig für Wasseror- te Kläranlagen nicht imstande sind, ganismen/kann langfristig schädliche Polyquaternium vollständig aus dem Auswirkungen auf Gewässer haben“ Abwasser zu entfernen (siehe Kapitel und ist „nicht leicht biologisch ab- „Synthetische Polymere in Kläranla- baubar.“ Auch PQ-7 gilt als „giftig für gen”). Insbesondere bei Stoffen, die Wasserorganismen mit langfristigen nicht nur persistent, sondern auch Auswirkungen“5, ist laut CIR-Gremium nachweislich giftig für Wasserorganis- jedoch „für den Einsatz in kosmeti- men sind, sollte das Risiko einer Frei- schen Formulierungen sicher“.6, 7 PQ- setzung in die Umwelt von vornherein 10 wird ebenfalls als „giftig“ beschrie- aktiv ausgeschlossen werden.
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