Was sind die benötigten digitalen Kompetenzen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Arbeitswelt Industrie 4.0? Ergebnisse einer ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Was sind die benötigten digitalen Kompetenzen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Arbeitswelt Industrie 4.0? Ergebnisse einer Unternehmensbefragung in Wien Nadja Bergmann, L&R Sozialforschung, März 2021 L&R Sozialforschung
Unternehmensbefragung Februar 2021 Überblick über die Befragung Im Februar/Anfang März 2021 wurde eine Befragung bei 11 Unternehmen der Wiener Industrie 4.0 durchgeführt Es wurde auf einen Branchenmix und einen Mix zwischen kleinen, mittleren und großen Unternehmen geachtet Folgende Industriesparten wurden in die Befragung eingebunden: Verkehr, IT Technologie, Elektronik- und Elektrotechnische Industrie, Lampenproduktion, Mechatronik, Kunststofferzeugnisse, Nahrungsmittelindustrie, Transport- und Rohrleitungssysteme, Metallverarbeitung Die Interviews wurden mit den Lehrlingsbeauftragten, HR Verantwortlichen und/oder den Geschäftsführer*innen geführt
Befragungsthemen im Überblick Fokus junge Fachkräfte (mittlere Qualifikationsebene) Produktionsbereiche sowie fachliche Anforderungen im Überblick Schwierigkeiten Fachkräfte zu finden (was fehlt?) Relevanz spezifischer Kompetenzen (offene Fragen sowie Bewertung vorgegebener Items) Fokus Lehrlinge Lehrberufe sowie Schwierigkeit Lehrlinge zu finden Fehlende bzw. vermittelte Kompetenzen (offene Fragen sowie Bewertung vorgegebener Items) Initiativen zur Lehrlingsrekrutierung Herausforderungen und erwartete Veränderungen
Abschnitt neue junge Fachkräfte
Zum Einstieg: In welchen industrierelevanten Produktionsbereiche arbeiten die Fachkräfte? Mechatronik Automatisierung und Digitalisierung Elektro- und Gebäudetechnik Metallbearbeitung Produktion von IT-Technik und Applikationsentwicklung Spritzguss-Produktion Elektromechanik Nahrungsmittelproduktion Entwicklung und Konstruktion Fertigung
Was sind die wichtigsten fachlichen Anforderungen an neue Fachkräfte für Produktionsbereiche? Jeweils fachspezifische Ausbildung (Abschluss) Programmierkenntnisse und Automatisierung (Maschinen) Genereller Umgang mit Computer bzw. Tablet (Office 365) CNC Technik und CAM (Computer aided manufacturing) 3D Druck Elektrotechnik Technisches Englisch Metallbearbeitung Technisches Zeichnen und CAD Handwerkliches Geschick
In welchen Bereichen ist es schwierig junge Fachkräfte zu finden? „Selbst Lehrlinge sind schwer zu finden, früher sind sie uns die Türe eingelaufen“ „In den genannten Berufen ist der Markt sehr dünn an ausgebildeten Personen“ Elektronik und Schaltschrankbau (Mechatronik) Elektromechanik IT Servicebereich (2nd und 3rd Level) Entwicklung und Automatisierungstechnik (Programmieren) Betriebselektrik Metallbearbeitung Bereich Maschinen und Werkbank Maschinenbauentwicklung Allgemein – je höher digitale Anforderungen desto schwieriger
Art der Schwierigkeiten junge Fachkräfte zu finden In 10 von 11 befragten Unternehmen bewerben sich generell zu wenig Fachkräfte. Die Gründe dafür werden vor allem im dynamischen Markt und dem einhergehenden Fachkräftemangel gesehen bzw. der Vermutung, dass zu wenige Fachkräfte ausgebildet werden. In 10 von 11 Unternehmen bewerben sich nicht die passenden Fachkräfte. Andere mögliche Gründe Gehaltsschema nicht attraktiv genug Technische Expert*innen kostspielig und zu schnell vom Markt weg Schichtbetrieb ev. nicht attraktiv
Fehlende Industrie 4.0-relevante Kompetenzen bei als nicht passend eingestuften jungen Fachkräften „Wenn sie eine Fachausbildung haben, dann fehlen oft IT-Kenntnisse; können oft nicht mal mit Office umgehen“ Bestimmte Zertifikate fehlen (z.B. Microsoft, CISCO) Ausbildungen teilweise zu speziell – kein breiteres Verständnis Fehlende/zu geringe Programmierkenntnisse Keine Kenntnisse in Cloud Computing Keine Kenntnisse in CAM (Computer aided manufacturing) Oftmals fehlen grundlegende IT Kenntnisse (Office 365) Verständnis für Maschinen – programmieren bzw. Einstellungen lesen und verändern können fehlt Fehlendes Selbsterarbeiten von Wissen
Wichtigkeit bestimmter Kompetenzen für bewerbende Fachkräfte
Bewertung von Kompetenzfeldern
Kommentare und Beispiele für Kompetenzfelder
Zusammenfassung des Frageblocks zu „jungen Fachkräften“ 10 von 11 Unternehmen sehen einen Fachkräftemangel: sowohl , dass sich insgesamt zu wenige Personen bewerben als auch dass sich nicht die passenden Personen bewerben Gründe für den Fachkräftemangel liegen laut Interviewpartner*innenn sowohl an externen Faktoren: etwa dass nicht ausreichend viele Fachkräfte ausgebildet werden aber auch dass sich die Anforderungen am Arbeitsmarkt so schnell ändern, weshalb das Ausbildungssystem nicht so schnell reagieren kann sowie internen Faktoren: etwa Schichtarbeit oder ein wenig attraktives Gehaltsschema. Hinsichtlich der Qualifizierungswünsche an die Fachkräfte wird erkennbar, dass – je nach Industriesparte – sehr viele Betriebe bereits eine Vielzahl industrie4.0- spezifischer Kompetenzen erwarten (siehe Folie 11) sowie neben den fachspezifischen Kenntnissen ein erweitertes Softwareverständnis wie auch Prozessverständnis und Lernbereitschaft erwartet werden (Folie 12) – die Verschränkung von industriellen mit IT-relevanten Kompetenzen wird damit quasi häufig schon vorausgesetzt
Abschnitt Lehrlinge
Industrie-4.0-relevante Lehrberufe in den befragten Unternehmen IT Systemtechniker*in Prozesstechniker*in Elektrotechniker*in Technische*r Zeichner*in Betriebselektroniker*in Automatisierungstechniker*in Applikationsentwickler*in Werkzeugbautechniker*in Mechatroniker*in Kunststofftechniker*in Maschinenbautechniker*in Anlagen- und Metallbearbeiter*in Betriebstechniker*in Frauenanteil: 0 bis 30 Prozent
Veränderung Inhalt und Kompetenzschwerpunkte in der Lehrlingsausbildung der Betriebe Berufsbilder haben sich geändert – z.B. Elektrotechniker*innen von 3 auf 4 Jahre; mehr Persönlichkeitsbildung und Programmieren Lehrberuf Prozesstechniker*in noch relativ neu Nutzung digitaler Tafeln Simulationssoftware Generell sehr stark in die Digitalisierung und Virtualisierung Nutzung von Cloudtechnologien Apps zum Lernen
Schwierigkeiten bei Lehrlingssuche Von befragten Unternehmen genannt, die nachfolgende Lehrberufe anbieten IT Systemtechniker*in und Elektrotechniker*in Technische*r Zeichner*in Mechatroniker*in und Automatisierungstechniker*in Kunststofftechniker*in und Werkzeugbautechniker*in Betriebselektroniker*in Art der Schwierigkeiten (gilt für obengenannte Lehrberufe) Generell zu wenige junge Bewerber*innen Es bewerben sich nicht die passenden jungen Bewerber*innen Mögliche Gründe für zu wenige oder nicht passende Bewerber*innen Basiswissen fehlt (z.B. Deutschkenntnisse, Mathematikkenntnisse) Vermutung, dass schon von zuhause aus zu wenig mitgegeben wird Zu wenig technikinteressierte Jugendliche – vor allem bei jungen Frauen
Was sind die Voraussetzungen für junge Bewerber*innen um eine Lehre zu beginnen? Motivation und Lernbereitschaft Schulische Leistungen (Deutsch, Mathematik, Englisch, Physik) Grundkenntnisse im Umgang mit Computer und Programmen Technisches Interesse bzw. Verständnis und handwerkliches Geschick Räumliches Vorstellungsvermögen Teilweise werden Einstiegstests gemacht, Anwärter*innen bei Schnuppertagen getestet, teilweise Übernahme von der ÜBA (schon „vorselektiert“, wird sehr positiv herausgestrichen) Im Allgemeinen sind fortgeschrittene digitale Kompetenzen wie z.B. Programmieren nicht notwendig. Werden im Laufe der Ausbildung gelernt. Interesse bzw. Vorkenntnisse von Vorteil.
Einstellung zu digitalen (Grund-)Kompetenzen (Angaben in Prozent der befragten 11 Unternehmen) sollen sie Lernen sie in der Ist nicht (Grund-)Kompetenzen bereits im Betrieb Berufsschule relevant mitbringen Daten und Informationen 64% 27% 18% 9% recherchieren können Wert von Informationen 27% 64% 55% 9% beurteilen können Verantwortungsbewusster 36% 82% 36% 9% Umgang mit Daten Digitale Tools fürs Lernen 9% 73% 64% 0% Austausch mittels digitaler 18% 45% 55% 9% Technologien Zusammenarbeit mittels 9% 82% 64% 9% digitaler Technologien Programmierung 0% 82% 91% 0% (Grundkenntnisse) Datenschutzkenntnisse 9% 67% 64% 9%
Welche Kompetenzen werden im Unternehmen vermittelt während der Lehrausbildung? Zusätzlich vermittelte Kompetenzen (1 oder mehrere Unternehmen) Applikationsentwicklung & Coding Elektronik & Elektrotechnik Entwicklung von Steuerungssystemen und Netzwerktechnik CAM (Computer aided manufacturing) ANMERKUNG: Bis auf 1 Unternehmen können alle die für den Betrieb erforderlichen Kompetenzen im Betrieb vermittelt werden
Was sind die aktuellen Herausforderungen in der Lehrlingsausbildung? In den letzten Jahren weniger Bewerber*innen „Basis“ bei Einstieg oft mittelmäßig bis unterdurchschnittlich Schwierig qualifizierte Lehrlinge zu finden Lehrberufswechsel Umstieg auf neue Lernmedien „Refreshing“ der Berufsschulen als notwendig erachtet – neue Entwicklungen am Markt werden teilweise nicht vermittelt Wahrnehmung, dass Ausbildung und Verantwortung immer mehr beim Betrieb liegen Teilweise sprachliche Schwierigkeiten Fehlende soziale Kompetenz
Welche Initiativen und Kanäle werden genutzt um Lehrlinge für den Betrieb zu gewinnen? Teilnahme an Werbe- und Lehrlingskampagnen, z.B. „Mission Job“ Kooperationspartner (z.B. ÜBA, Innungen) Messen und Schulen (z.B. zu polytechnischen Schulen) Kanäle über WKÖ, Top Lehrbetrieb bei der WKÖ Social Media, Employerbranding in Sozialen Medien, Facebook-Auftritte Jobportale AMS Persönliche Empfehlungen
Werden Initiativen gesetzt, um Frauen und/oder spezifische Gruppen als Lehrlinge zu gewinnen? Kooperationspartner (z.B. Sprungbrett, Vereine, Schulen, AMS) Amazon-Award (Frauen in IT & Technik) Frauenzeitungen Werbung des Unternehmens als Familienunternehmen Töchtertag Generell schwierig Frauen für die Technik zu begeistern HTL-Messen Kontakt über Mitarbeiter*innen, die in HTL waren HTL-Abbrecher*innen werden tlw. explizit in Annoncen angesprochen HTL-Abbrecher*innen werden als Potenzial gesehen
Wie könnte das Interesse für Industrie 4.0 Berufsfelder erhöht werden? „Ich glaube das könnte schon steigen; man merkt, dass die Jugendlichen in den klassischen Lehrberufen fußfassen wollen, weil sie nicht wissen was es gibt“. „Man muss schon in der Schule damit anfangen - Aufklärungsarbeit - Leute aus der Wirtschaft holen“ Mehr Präsenz in Social Media („dort wo die Jugendlichen sind“) Positionierung als guter Arbeitsplatz in Social Media, nicht nur „Imagewerbung“ Vielfalt der Berufe aufzeigen Lehre mit Matura stärker bewerben Mehr Initiativen in Schulen setzen
Erwartete Veränderungen im Unternehmen und der Branche punkto digitale Techniken der Zukunft Smart-Wiring Weniger aber qualifizierteres Digitalisierung an Personal Baustellen Mehr Visualisierung Zukünftige Veränderungen Arbeitsprozesse Papierlose digital planen Fertigung Homeoffice Internet of Things Mehr Vernetzung
Zusammenfassung des Frageblocks zu Lehrlingen I Auch punkto Lehrlinge wird angesprochen, dass sich zu wenige (geeignete) Lehrlinge bewerben. Digitale Kenntnisse müssen noch nicht mitgebracht werden, werden aber zu einem großen Teil im Betrieb bzw. der Berufsschule vermittelt (Folie 20): Nur die Grundkompetenz „Daten und Informationen recherchieren können“ sowie auch – aber von deutlich weniger Unternehmen – ein „verantwortungsbewusster Umgang mit Daten“ sollte bereits mitgebracht werden, alle anderen Kompetenzen werden vermittelt; Programmieren (Grundkenntnisse) wird von fast allen Unternehmen als Kompetenz genannt, die sowohl in der Berufsschule als auch im Betrieb vermittelt wird, mit digitalen Tools lernen sowie die Zusammenarbeit mittels digitaler Tools wird ebenfalls sehr häufig genannt Weiterführende industrie4.0-relevante Kenntnisse, etwa 3D-Druck, CND-Technik oder kreative Metallbearbeitung wird von rund der Hälfte der Betriebe vermittelt, mehr als die Hälfte der Unternehmen vermitteln Kenntnisse in Robotik/Automatisierung/ Elektronik (Folie 21)
Zusammenfassung des Frageblocks zu Lehrlingen II Die Betriebe probieren über unterschiedliche Kanäle Lehrlinge zu akquirieren: etwa durch die Teilnahme an Werbe- und Lehrlingskampagnen, die Zusammenarbeit mit Kooperationspartner*innen (z.B. ÜBA, Innungen), die Präsenz bei Messen und an Schulen (z.B. zu polytechnischen Schulen), über Kanäle der WKÖ, mittels Social Media-Auftritten bzw. einem Employerbranding in Sozialen Medien, in Jobportalen sowie in Zusammenarbeit mit dem AMS Auch spezifische Gruppen werden beworben, etwa HTL-Abbrecher*innen, zudem probieren einige Unternehmen aktiv junge Frauen für eine Lehre zu interessieren, etwa in Zusammenarbeit mit spezifischen Mädchenberatungsstellen wie Sprungbrett, die Zusammenarbeit mit Schulen und dem AMS oder der Beteiligung am Girls Day. Dennoch finden es Betriebe nicht leicht, junge Frauen von technischen Berufen zu begeistern, eher IT-nahe Betriebe berichten aber auch von Erfolgen. Auf die Frage, wie das Interesse an Industrie4.0-Berufen insgesamt erhöht werden kann, wird die vermehrte Präsenz in Social Media genannt („dort wo die Jugendlichen sind“), eine Positionierung als guter Arbeitsplatz, die Vielfalt der Berufe aufzeigen, die Lehre mit Matura stärker bewerben sowie mehr Initiativen in Schulen setzen.
Kontakt und Rückfragen gerne an: Mag.a Nadja Bergmann bergmann@LRoscialresearch.at 01/595 50 50 www.LRsocialresearch.at L&R Sozialforschung
Sie können auch lesen