Die Schweizer Jugend in der Pandemie - Spezialauswertung des SRG-Corona-Monitors im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit BAG
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Die Schweizer Jugend in der Pandemie Spezialauswertung des SRG- Corona-Monitors im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit BAG Kurzfassung Juli 2021
IMPRESSUM Die Schweizer Jugend in der Pandemie, 07/2021 Auftraggeber_in: Taskforce BAG COVID-19 Auftragnehmer_in: Sotomo, Dolderstrasse 24, 8032 Zürich. Autor_innen: Cyril Bosshard, Sarah Bütikofer, Michael Hermann, David Krähenbühl, Virginia Wenger
INHALTSVERZEICHNIS Inhaltsverzeichnis 1 Auftrag und Ziel der Analyse 5 2 Die wichtigsten Erkenntnisse 5 2.1 Jung sein im Ausnahmezustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.2 Rund ums Impfen und Testen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.3 . . . . . . . Haltung zu Behörden und Massnahmen . . . . . . . . . . . . . 8 2.4 . . . . . . . Ängste, Befürchtungen und Sehnsüchte . . . . . . . . . . . . . 9 3 Abschliessende Betrachtungen und Einordnungen 11 3
2 DIE WICHTIGSTEN ERKENNTNISSE 1 Auftrag und Ziel der Analyse Im März 2021 hat die COVID-19-Taskforce des Bundesamtes für Gesundheit BAG das Forschungsinstitut Sotomo mit einer Spezialauswertung der Daten aus dem SRG Corona- Monitor zur Situation der Jugendlichen in der Schweiz beauftragt. Der Fokus dieser Auswertungen lag auf einer detaillierten Analyse der Haltung der jungen Bevölkerung in der Schweiz in Bezug auf die angeordneten Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19- Pandemie. Aber auch die Auswirkungen der Krise und den Pandemiemassnahmen auf den jugendlichen Alltag sowie die Stimmungslage der unter 35-Jährigen wurden analysiert. Das Ziel der Spezialauswertung war es, fundierte Erkenntnisse zur Lebenssituation der Jugendlichen in der Schweiz während der Pandemie zu gewinnen und darauf basierend Handlungsempfehlungen abzuleiten. Die Datenbasis dafür bilden die acht zwischen März 2020 und Juli 2021 durchgeführten Befragungswellen im Rahmen des SRG-Corona-Monitors, an denen jeweils zwischen 25‘000 und 50‘000 Personen ab 15 Jahren teilnahmen, wovon zwischen fünf und zehn Prozent unter 25 sind. Da es sich um eine Opt-In-Befragung handelt, wurden die Daten für die Analyse statistisch gewichtet. Durch diese Gewichtung wird eine hohe Repräsentativität für die Schweizer Bevölkerung erzielt. 2 Die wichtigsten Erkenntnisse Im Folgenden werden die wichtigsten Erkenntnisse aus der Spezialauswertung des Corona-Monitors stichwortartig vorgestellt, teilweise mit entsprechenden Abbildungen. 2.1 Jung sein im Ausnahmezustand Eingeschränkt durch die Massnahmen: Die jüngeren Menschen fühlten sich während der gesamten Pandemie stärker durch die Massnahmen der Pandemiebekämpfung eingeschränkt als die älteren Generationen. Jung ist nicht gleich jung: Die jungen Erwachsenen zwischen 20 und 25 litten am meisten. Viele ihrer Pläne fielen ins Wasser, Ziele mussten verschoben, Träume ganz aufgegeben werden, kurz: statt losfliegen und die Welt fernab von der gewohnten Umgebung zu erkunden, wurden ihnen die Flügel unsanft gestutzt. Isolation, Einsamkeit und finanzielle Sorgen sind die Folgen davon. Geld macht den Unterschied: Die Pandemie hat die Vermögensverhältnisse der jungen Generation im Vergleich mit der Gesamtbevölkerung stärker verändert. Am stärksten sanken die Ersparnisse bei Personen zwischen 20 und 35 Jahren. Starke Betroffenheit der Jungen: Die junge Generation kommt mit der Pandemie schlech- ter zurecht als der Durchschnitt und sehr viel schlechter als die älteren Generationen. 5
2 DIE WICHTIGSTEN ERKENNTNISSE Und auch wenn es seit den erfolgten Lockerungen von April 2021 allen wieder besser geht, geht es den Jüngsten immer noch deutlich weniger gut, wie Abbildung 1 zu entnehmen ist. Abbildung 1: Gemütszustand im Zeitvergleich – nach Alter Ju ril 2 0 ise Ju ril 2 0 ise Ju ril 2 0 ise Ju ril 2 0 ise 2 r 2 r 2 r 2 r Ap rz r K Ap rz r K Ap rz r K Ap rz r K li 21 li 21 li 21 li 21 O 20 O ni 2 0 O i 20 O i 20 är 1 är 1 ä 1 ä 1 k 0 k 0 k 0 k 0 n 0 n 0 n 0 n 0 ä e ä e ä e ä e 21 21 21 21 M .2 M .2 M .2 M .2 Ja t. 2 Ja t. 2 Ja t. 2 Ja t. 2 M rd M rd M rd M rd Ju z Ju z Ju rz Ju rz n i n n Vo Vo Vo Vo sehr gut 2 1 neutral 0 -1 sehr schlecht -2 15-19 20-25 26-35 36+ «Wie geht es Ihnen zurzeit?»/«Wie ging es Ihnen vor Beginn der Corona-Krise?» – Durchschnittswert von -2: «sehr schlecht» bis 2: «sehr gut» Zurück ins «Hotel Mama»: Während die Pandemie die Wohnsituation der Durchschnitts- bevölkerung kaum tangiert hat, ist jede zehnte Person Anfang zwanzig im letzten Jahr entweder nicht von zu Hause ausgezogen oder kehrte wieder dahin zurück. Coronamüdigkeit: Ein Drittel der jungen Generation hatte gemäss eigenen Angaben die persönliche Belastbarkeitsgrenze bereits im Frühling 2021 erreicht, was die coro- nabedingten Einschränkungen angeht. Mittlerweile ist diesbezüglich eine Entspannung festzustellen. 6
2 DIE WICHTIGSTEN ERKENNTNISSE Aktives Sozialleben: Junge Menschen haben in der Regel das aktivste Sozialleben aller Bevölkerungsgruppen. Die Kontakthäufigkeit ging im Frühjahr 2020 in allen Bevölke- rungsgruppen stark zurück, erreichte aber innerhalb der Gruppe der jungen Menschen nach erfolgten Lockerungen am schnellsten fast wieder das Niveau von vor der Pandemie (Abbildung 2). Abbildung 2: Anzahl aller näherer Kontakte ausser Haus pro Woche (mit oder ohne Maske) – nach Alter Ap 0 21 20 21 0 0 2 er 1 i2 .2 i2 z z rh ril n. är är n kt l Vo Ja Ju Ju M M O 41 41 40 36 36 36 32 33 30 29 28 27 26 25 24 20 20 20 18 16 14 15 15 12 10 11 9 6 6 4 3 2 1 0 15-19 20-25 26-35 36-65 66+ «Mit wie vielen Menschen, die nicht mit Ihnen zusammenleben, hatten Sie in den letzten sieben Tagen näheren Kontakt (länger als 15 Minuten, näher als 1,5 Meter)? Denken Sie dabei an alle Begegnungen in der Nachbarschaft, bei der Arbeit/Schule oder unterwegs.» – «. . . alle Begegnungen (auch mit Maske oder anderem Schutz)» 2.2 Rund ums Impfen und Testen Impfbereitschaft: Die jungen Generationen weisen eine deutlich tiefere Impfrate auf als die anderen Altersgruppen. Digitalisierung: Erwartungsgemäss ist die junge Generation offen für Digitalisierung - von den unter zwanzig Jährigen würden vier von fünf Personen ein digitales Impfzertifikat mit sich führen. Testregime: Hinter dem Testregime der Schweiz steht eine klare Mehrheit von zwei Drittel der Befragten. 7
2 DIE WICHTIGSTEN ERKENNTNISSE 2.3 Haltung zu Behörden und Massnahmen Beurteilung der Pandemiestrategie: Die in der Schweiz zur Anwendung kommende Eindämmungsstrategie findet in allen Bevölkerungsgruppen mehrheitlich Unterstützung, so auch bei den jungen Menschen. Home-Office-Pflicht: Vor allem die unter 25-Jährigen beurteilen das Home-Office weniger positiv als die älteren Befragten. Vertrauen in den Bundesrat: Das Regierungsvertrauen ist in der Schweiz im internationa- len Vergleich zwar hoch, allerdings hatten die jungen Leute schon immer etwas weniger Institutionenvertrauen. Nach über einem Jahr Pandemie lag der Anteil derjenigen Jungen, die dem Bundesrat vertrauten, denn auch etwas tiefer als in der Gesamtbevölkerung, wie Abbildung 3 zeigt. Abbildung 3: Vertrauen in den Bundesrat in Bezug auf die Bewältigung der Corona-Krise – nach Alter Gesamtbevölkerung 19 35 20 11 15 Nach Alter 15-19 22 25 26 16 12 20-25 16 35 22 12 16 26-35 15 30 23 13 18 36-65 18 35 19 11 17 66+ 25 43 18 7 7 0% 25% 50% 75% 100% 5 - Sehr gross Sehr klein - 1 «Wie gross ist Ihr Vertrauen in die politische Führung der Schweiz (den Bundesrat) in Bezug auf die Bewältigung der Corona-Krise?» Haltung zu den Massnahmen: Die grössten Unterschiede zwischen den Altersgruppen zeigen sich betreffend Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und Schliessung von Geschäften und Dienstleistungen. Für die Mehrheit der unter 35-Jährigen gingen diese Massnahmen zur Pandemiebekämpfung zu weit, wie Abbildung 4 zeigt. 8
2 DIE WICHTIGSTEN ERKENNTNISSE Abbildung 4: Akzeptanz politischer Massnahmen – Haltung zu den Einschränkungen Abfederung von Lohnausfällen u.Ä. Einschränkung der Bewegungsfreiheit 15-19 5 61 34 38 49 13 20-25 8 57 35 42 45 13 26-35 8 53 39 40 39 20 36-65 8 56 36 33 47 19 66+ 11 67 22 20 60 20 Einschränkung von Auslandreisen Schliessung von Geschäften und Dienstleistungen 15-19 21 50 29 35 48 17 20-25 28 44 28 35 48 18 26-35 33 35 32 40 41 19 36-65 27 36 38 36 44 20 66+ 12 39 49 17 61 21 Stützung des Gesundheitswesens 0% 25% 50% 75% 100% 15-19 6 67 27 20-25 9 46 45 Gehen zu weit 26-35 8 41 52 Sind angemessen 36-65 10 42 48 Gehen zu wenig weit 66+ 5 51 44 0% 25% 50% 75% 100% Überblick über alle in allen Wellen abgefragten Massnahmen – nach Alter 2.4 Ängste, Befürchtungen und Sehnsüchte Entgangene Erfahrungen: Zwei Drittel der unter 30-Jährigen betrachten das Entdecken der Welt als für immer verlorene, nicht gemachte Erfahrung ihrer Jugend. Während die Jüngsten am meisten befürchten, wichtige Erfahrungen der Jugendjahre verpasst zu haben, haben die Befragten in den Zwanzigern eher Angst, dass sie berufliche Chancen nicht ergreifen konnten. Furcht vor Einsamkeit und Isolation: Während die älteren Generationen vorwiegend eine Erkrankung an COVID-19 und deren Folgen am meisten fürchten, befürchten junge Erwachsene verstärkt soziale Isolation, eingeschränkte Freiheiten und private Konflikte als Folge der Pandemie (Abbildung 5). 9
2 DIE WICHTIGSTEN ERKENNTNISSE Abbildung 5: Persönliche Befürchtungen – nach Alter Ap 20 Ju 21 Ap 20 Ju 21 Ap 20 Ju 21 Ju 20 Ju 20 Ju 20 M 21 M 21 M 21 O 20 O 20 O 20 Ja 20 Ja 20 Ja 20 21 21 21 z z z z z z ril ril ril n. n. n. ni ni ni . . . är är är är är är kt kt kt li li li M M M 60% 40% 20% 0% Eingeschränkte Soziale Isolation / COVID-19-Erkrankung Freiheiten Einsamkeit 60% 40% 20% 0% Konflikte im privaten Finanzielle Einbussen Arbeitsplatzverlust * Umfeld 15-19 20-25 26-35 36+ * Nur im Erwerbsalter «Welche Folgen der Corona-Krise auf persönlicher Ebene fürchten Sie besonders?» 10
3 ABSCHLIESSENDE BETRACHTUNGEN UND EINORDNUNGEN 3 Abschliessende Betrachtungen und Einordnungen Die Spezialauswertung des SRG Corona-Monitors hinsichtlich der Befindlichkeiten junger Menschen hat gezeigt, dass es den jungen Menschen nach fast eineinhalb Jahren Pandemie schlechter geht als dem Schweizer Bevölkerungsdurchschnitt. Allerdings geht es nicht allen Jugendlichen in allen Bereichen gleich schlecht. Es lassen sich klare Unterschiede hinsichtlich der wichtigsten soziodemographischen Merkmale feststellen: • Die Personen zwischen 20 und 25 leiden am meisten. Diese Altersgruppe befin- det sich inmitten parallel stattfindender lebensprägender Veränderungsprozesse, konkret in Bezug auf Berufseinstieg, Ausbildung, Abnabelung vom Elternhaus und Kernfamilie, der häufig mit einem Wohnortswechsel verbunden ist, sowie auch hinsichtlich des Eingehens fester Partnerschaften und dem Herausbilden eines stabilen Freundeskreises. Alle diese zentralen Bereiche des Lebens wurden von den Massnahmen zur Pandemiebekämpfung stark tangiert. • Es gibt zwischen Herkunftsregion, Geschlecht und Bildungsstand deutliche Un- terschiede in der Befindlichkeit. Personen aus der lateinischen Schweiz kommen weniger gut zurecht als junge Deutschschweizerinnen und Deutschschweizer, junge Männer kommen im Allgemeinen etwas besser zurecht als junge Frauen und Per- sonen mit einem Abschluss einer Universität oder einer Fachhochschule geht es besser als den weniger gut ausgebildeten jungen Menschen. • Die Erwerbssituation, die finanziellen Verhältnisse und die Wohnsituation der Jugendlichen beeinflussten die Befindlichkeit während der Zeit der verschiedenen Formen des Schweizer Lockdowns stark. So kamen Selbstständige schlechter zurecht als Erwerbstätige oder Personen, die sich noch in Ausbildung befinden. Sowohl das Alleinleben als auch das Zusammenleben mit anderen Personen, mit denen man keine Partnerschaft führt oder als Familie lebt, wirkten sich negativ auf das Zurechtkommen aus. Zudem geht es auch den jungen Menschen, deren Ersparnisse während der Pandemie gesunken sind, deutlicher schlechter als Personen, bei welchen sich das Einkommen nicht verändert hat, während es denjenigen, die mehr Ersparnisse haben als vor einem Jahr, wesentlich besser geht. Die jungen Menschen standen in der Schweiz während der Pandemiebewältigung mehr- heitlich nicht im Zentrum der politischen oder gesellschaftlichen Aufmerksamkeit. Die meisten jungen Menschen rechnen mit einem milden Verlauf der Infektion, was auch zu einer tieferen Impfbereitschaft führt. Folglich wäre es empfehlenswert, junge Menschen in Medienberichten, Experteninterviews oder durch Amtspersonen, die offizielle State- ments verantworten, explizit und direkt mit entsprechenden Botschaften anzusprechen. Zielgruppenspezifische Kommunikation und Angebote sollten betonen, dass es sich beim Befolgen der Massnahmen und der Impfung um einen Akt der Solidarität mit der Gesamtgesellschaft handelt, und dass das individuelle Verhalten deshalb im Interesse aller steht. 11
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