Wenn Abwasser die Wärme und die Kälte liefert - AWIAG ...
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Energie ■ Wärme ■ Strom Energie Zürichsee Linth AG: erster Winterbetrieb mit neuem Anergienetz Wenn Abwasser die Wärme und die Kälte liefert Die bisher ungenutzte Wärme im geklärten Abwasser der ARA Rapperswil- Seit dem Herbst 2019 versorgt das neu Jona war Ausgangspunkt für das neue Anergienetz. Mit dem schrittweisen erstellte Anergienetz erste Liegenschaften in Rapperswil-Jona. Als Energiequelle Ausbau sollen neue Wärme- und Kältekunden gewonnen, aber auch dient die lokale ARA Langrüti-Feldli, deren zusätzliche Abwärmelieferanten integriert werden. gereinigtes Abwasser aus dem Vorfluter- becken genutzt wird. Dank dieser Wärme- Text Jürg Wellstein auskopplung gelangt das Abwasser jetzt Bilder EZL auf tieferem Temperaturniveau in den angrenzenden Obersee. Dem Anergienetz steht eine Energiequelle mit einer durch- schnittlichen Temperatur von circa 11 °C zur Verfügung. Bei maximaler Auslastung fliessen stündlich über 900 m3 ins Netz und kommen mit einer Rücklauftemperatur 38 hk gebäudetechnik 3 · 20
Energie ■ Wärme ■ Strom kompakt Wissenstransfer für eine Arealentwicklung im Süden Englands 4,8 MW Das Energiepotenzial der ARA umfasst Das Wissen um die Konzipierung von Anergienetzen lässt sich auch exportieren. Im südenglischen Bournemouth soll die Entwicklung maximal ca. 4,8 MW thermische des Geschäftsareals «Wessex Fields» Leistung, wovon bei der ersten mit nachhaltigen Kriterien erfolgen. zurzeit in Betrieb stehenden Etappe Die Stadtverwaltung BCP (Bourne- ca. 1 MW genutzt wird. mouth, Pool, Christchurch) erarbei- tet zurzeit eine Strategie, welche die zukünftige Energieversorgung des Areals sicherstellt. Auch in England sind die Themen im Hinblick auf den Klimawandel ein grosses Anliegen. Entsprechend gefragt: zukunftswei- sende Systeme mit hohen Anteilen an erneuerbaren Energiequellen. Im Rahmen einer Masterarbeit der HSR Hochschule für Technik Rapperswil hat Silvana Eigenmann, Mitarbeiterin der Andy Wickart Haustechnik AG, zusammen mit den lokalen Behörden die Kriterien für eine erneuerbare Energieversorgung ermittelt. Die Projektziele waren: Berechnung des Energiebedarfs, Va- rianten zu möglichen Energiestrate- gien und eine technische Evaluation In der ARA Rapperswil-Jona dieser Optionen. Die Bedarfsabklä- kommen geschraubte rung hat ergeben, dass ca. 2,2 MW Platten-Wärmetauscher zum Wärmeleistung und 2,6 MW Kälte be- Einsatz, um die Energie aus dem geklärten Abwasser für das nötigt werden. Beim Konzept A wur- neue Anergienetz zu gewinnen. de die Realisierung eines Anergie- netzes berücksichtigt. Dabei könnte die örtliche ARA eine ähnliche Rolle spielen wie in Rapperswil-Jona und zusammen mit dem Wasser des von 5 °C zurück. Die maximale Vorlauftem- Projekt ist auch Ausdruck der Transforma- nahen Flusses «Stour» verlässliche peratur kann bis zu 25 °C erreichen. tion der EZL vom Gaslieferanten zum Ener- Wärme- und Kältequellen darstellen. giedienstleister mit einem breiteren An- Beim Konzept B wurde das Potenzial Partnerschaftliche Zusammenarbeit gebotsfächer. Der Entscheid zugunsten von Erdwärme und Abwasser ein- für Leuchtturmprojekt eines solchen Niedertemperatur-Verbunds bezogen. Aus den Erkenntnissen soll Die Energie Zürichsee Linth AG (EZL) ver- liegt einerseits in der ARA begründet, die ein Infrastrukturprojekt formuliert sorgt Industrie und Gewerbe sowie Ein- als primäre, ganzjährige Energiequelle werden, welches die zukünftig er- und Mehrfamilienhäuser in den Kantonen dient, andererseits lassen sich weitere werbbaren Grundstücke nachhaltig St. Gallen, Schwyz und Glarus mit Erdgas mögliche Abwärmequellen integrieren, die mit Energie versorgt. Das genaue und Biogas sowie Wärme und den dazu durch Sportstätten und Industrien hinzu- Betriebsmodell wird noch erarbei- notwendigen Dienstleistungen. Das Aner- kommen könnten. Auf diese Weise ist auch tet, sodass kommende Investoren gienetz konnte durch die Zusammenarbeit eine Ausdehnung des Netzes und die Spei- mit möglichst geringen Hürden von mit der Stadt und der Baugesellschaft sung von Quartierheizungen (Energie-Clus- einer Verbundlösung profitieren «Langrüti-Mitte» realisiert werden. Das ter) möglich. Gleichzeitig besteht bei ein- können. hk gebäudetechnik 3 · 20 39
Energie ■ Wärme ■ Strom Die ARA Rapperswil-Jona speist das Anergienetz mit Energie und ermöglicht einen Niedertempera- tur-Kreislauf von durchschnittlich 11 °C. Im Hinter- grund ist das Baufeld «Langrüti Mitte» ersichtlich – einer der ersten Kunden von Wärme und Kälte. Die erste Etappe des Anergienetzes ist seit Herbst 2019 in Betrieb. Der weitere Ausbau wird neue Kunden und zusätzliche Abwärmelieferanten erschliessen. Der Temperaturverlauf des gereinigten Abwassers im Jahr 2017 zeigt das eigentliche Potenzial der zelnen Kunden ein Bedarf an Kühlenergie, Wärmequelle im Anergienetz auf. der durch das Anergienetz erfüllt werden kann. Dieses gewährt auf dem Stadtgebiet von Rapperswil-Jona eine Anbindung an eine optimale Energiequelle für Wärme- Jona- Stadthaus/ Center pumpenanlagen. Schulhaus Der Anschluss an das Anergienetz erfolgt in den jeweiligen Liegenschaften durch Wärmetauscher und Wärmepumpenanla- gen, die für Heiz- und Kühlfunktionen Altersheim ausgelegt werden. Als Kunden kommen Porthof sowohl Neubauten als auch Sanierungs- objekte in Frage. Das Energiepotenzial der ARA umfasst maximal ca. 4,8 MW thermi- ARA sche Leistung, wovon bei der ersten zurzeit Alterszentrum Rapperswil- Schachen in Betrieb stehenden Etappe circa 1 MW Jona genutzt wird. Die Netzlänge für die 1. und 2. Etappe wird rund 1800 Meter umfassen und mit nicht isolierten PE-Rohren aus- Digicity geführt. Um mögliche Vereisungen bei Erschliessung 1. Etappe im 2018 vollzogen Trassen und Übergabestationen zu vermei- Erschliessung 2. Etappe im 2019/2020 den, wird dem zirkulierenden Wasser im Versorgungsring 13 Prozent Ethanol bei- gemischt. Somit kann sichergestellt wer- den, dass auch bei kleineren Kompakt- Temperaturen des gereinigten Abwassers im Jahre 2017 Wärmepumpenanlagen ohne Eintritts- regulierung ein Vereisungsschutz gewähr- leistet ist. Unterschiedliche Betriebsoptionen dank Niedertemperaturkonzept Während im Winter durch den Heizbedarf Temperatur [° C] der Kunden dem Anergienetz Wärme ent- zogen wird, dient das warme Abwasser aus dem Vorfluterbecken für die Regeneration der tieferen Rücklauftemperatur. Dabei wird die Restenergie aus dem Vorfluter- becken dem Anergienetz zugeführt. Dies wirkt sich positiv auf die Wärmepumpen und deren Warmwasserbereitung aus. Der Durchfluss im Netz wird entsprechend der jeweiligen Bedarfssituation bei den Kun- den geregelt, was zu einer optimierten 40 hk gebäudetechnik 3 · 20
Betriebsweise führt. Das IET Institut für Energietechnik der HSR Hochschule für Technik Rapperswil wird in den nächsten Jahren ein ausführliches Monitoring der Anlage durchführen, sodass ein möglichst effizienter Betrieb resultiert. Am IET wur- den bereits Simulationen des Anergie- netzes durchgeführt, die dann mit den Messdaten verglichen werden können. Die Planung und Begleitung des Projekts wurden durch die Andy Wickart Haustech- nik AG umgesetzt. Bereits im Jahr 2018 konnten die ersten Rohrleitungen für das Verteilnetz verlegt werden. Der Durchmes- ser der Hauptleitung ab der ARA beträgt 45 cm. Im ersten Ausbauschritt wurden mehr als 1000 Trassemeter verbaut. Als Projektpartner hat die Baugesellschaft «Langrüti-Mitte» die Umsetzung des Aner- gienetzes unterstützt, indem sie in der Nähe der ARA in einer ersten Phase bis circa 2022 eine Siedlung mit sechs Mehr- familienhäusern baut, die insgesamt 90 Miet- und Eigentumswohnungen umfasst. Das Quellennetz lässt sich ideal für reversi- ble Wärmepumpenkonzepte einsetzen, somit kann neben Heizenergie auch Kühl- energie abgegeben werden. Die dabei anfallende Abwärme lässt sich im Bedarfs- fall dem Anergienetz abgeben, was Rück- kühler auf Gebäuden ersetzen wird. Das Gesamtprojekt hat zahlreiche Erweite- rungsmöglichkeiten und soll in den nächs- ten Jahren verdichtet und erweitert wer- den. Gerade in Bezug auf die Energie- strategie der Energiestadt Rapperswil-Jo- na sowie der neuen gesetzlichen Vorgaben wird sich das Anergienetz als ein wichtiger Energieträger für die Stadt erweisen. ■ www.ezl.ch www.awiag.ch hk gebäudetechnik 3 · 20 41
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