Wie ich geboren wurde - 1K-Digital

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Wie ich geboren wurde - 1K-Digital
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Textauszüge                                                bei uns so üblich. Wir sorgen füreinander, hauen uns
                                                           auf die Schulter und fallen uns um den Hals. Wenn
[S.11 - 12]                                                einer Geburtstag hat, dann singen wir ihm ein Lied
                                                           und essen Kuchen. Genau wie die Menschen. Aber
Wie ich geboren wurde                                      wir sind Wanzen.

Wir sind daran gewöhnt, dass alle anderen einen            [S. 22]
Schreck kriegen. „Ach du heiliger Strohsack! Guck
doch mal, wie viele das sind!“                             Eine geheimnisvolle Kiste trifft ein
Klar sind wir viele, schließlich sind wir Wanzen!
Und viele zu sein, das ist bei Wanzen üblich. Mein         Zwar meinen die Menschen, Flughäfen seien
Großvater meint zwar, dass es damals, im blühenden         seelenlose, öde Orte, aber wir Wanzen im
Mittelalter, weit mehr von uns gegeben habe, aber          Gepäckraum führen ein höchst angenehmes
das nehme ich ihm nicht ab. Kaum aus dem Ei                Leben. Morgens bleiben wir meist lange im Bett,
gekrochen, war mir schon klar, dass ich mir um so          auch vormittags ist nicht viel los. Dann erzählt
etwas wie Einsamkeit auf dieser Welt keine Sorgen          uns Großvater Johannes Wanzenmärchen, aber
zu machen brauchte. Es wimmelte von Verwandten!            es kommt auch vor, dass Vello uns Fechten mit
Die meisten hatten nicht einmal gemerkt, dass              Fichtennadeln beibringt.
ich die Großtat vollbracht hatte, auf die Welt zu          Unsere beste Zeit beginnt am späten Nachmittag,
kommen. Ich rollte die Eierschalen beiseite und            wenn das frische Gepäck eintrifft. Offiziell nennen
räkelte mich wohlig. Sich im Ei zu entwickeln, ist         die Menschen es verlorengegangenes Gepäck.
nämlich nicht lustig. Platz ist da wenig.                  In unseren Ohren klingt das komisch, denn sie
                                                           bringen es doch selber her! Wir haben oft davon
                                                           gesprochen, dass die Menschen uns fragen könnten,
                                                           wenn sie was versiebt haben. Jede Wanze weiß, wo
                                                           das verlorene Gepäck ist: im Gepäckraum natürlich!

                                                                                                                    Kairi Look. Die Flughafenwanzen geben nicht auf. Aus dem Estnischen von Irja Grönholm
                                                           Ihr habt es doch selber hergebracht!

                                                           [S. 24-26]

                                                           Heute war die Ausbeute besonders reich. Im
                                                           Londoner Flughafen Heathrow hatte man was
                                                           verwechselt und eine ganze Ladung Gepäck, die
                                                           für einen anderen Flughafen bestimmt war, zu uns
                                                           geschickt. Ich krabbelte mit Walli gerade in eine
                                                           gelbe Tasche, als sie plötzlich erstarrte.
                                                           „Willi“, flüsterte Walli und sah sich erschrocken um.
                                                           „Hörst du das?“
                                                           Ich hörte nichts. Ich sah über die Schulter nach
                                                           hinten und schärfte meine Wanzenohren, aber
                                                           hören tat ich nichts. Walli ließ ihren Blick zu einer
                                                           Kiste an der Wand huschen und hüstelte vielsagend.
                                                           Ich lauschte.
Ich heiße Willi und bin eine Wanze. Ich bin erst ein       Und jetzt hörte ich es. Die Kiste knurrte!
paar Tage alt, aber pfiffig. Das mit der Pfiffigkeit hat
Onkel Anton festgestellt, der schon lange mittelalt        „Wow …“ flüsterte ich Walli zu und nahm meine
ist und den Lauf der Welt kennt. Ich schaukelte noch       Freundin an die Hand. Mit äußerster Vorsichtig
auf der Eierschale, als er zur Stelle war und rief:        schlichen wir uns an die geheimnisvolle Kiste heran,
„Brüder! Noch ein Söhnchen! Guckt mal, was für ein         um sie ein bisschen genauer unter die Lupe zu
pfiffiges Wänzlein!“                                       nehmen. Das war gruselig, aber auch toll.
Damit war die Sache besiegelt.                             Jede Wanze weiß, dass Gepäckstücke
Aber Onkel Anton ist ja auch pfiffig. Jedes Mal, wenn      manchmal Töne von sich geben. Der Koffer des
er ein Kreuzworträtsel gelöst hat, haut er sich auf        Bonbonpapiersammlers raschelt und der des
die Schuler und ruft: „Ay, caramba! Bin ich nicht eine     Uhrmachers tickt, aber eine knurrende Kiste war uns
pfiffige Pfanze?!“ Er sagt nicht „Wanze“, sondern          noch nicht untergekommen.
„Pfanze“, und außerdem ist das keine richtige Frage,       „Was meinst du, was da knurrt?“ flüsterte Walli mit
denn Onkel Anton weiß ganz genau, dass er mit der          flackernden Augen und beäugte die Kiste von links
pfiffigen Pfanze sich selber meint. Trotzdem tritt         und von rechts.
dann immer einer von den Verwandten auf ihn zu             „Wir können ja fragen“, meinte ich. „Was knurrt, das
und haut ihm auch nochmal auf die Schulter. Das ist        redet vielleicht auch.“

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„Super Idee!“ Walli nickte. „Los, frag was!“            Reisen bildet!“
Wir schlichen uns noch näher an die knurrende Kiste     „Deine Flöhe sind bestimmt mit unseren
und klopften zunächst einmal an. Das Knurren hörte      verwandt“, meinte ich. Auch die Flughafenflöhe
auf. Walli zwinkerte mir aufmunternd zu. Ich hustete    hatten geschärfte Sinne. Sie untersuchten das
mir die Spucke von den Stimmbändern und sagte           angekommene Gepäck immer als Erste und
laut: „Hallo. Wir sind die Flughafenwanzen Willi und    sammelten die interessantesten Stücke heraus. Ihre
Walli. Ist da jemand?“                                  Reserven wuchsen ständig. Wenn für gewöhnliche
Keine Antwort. Wir warteten ab und klopften noch        Insekten ein benutztes Stofftaschentuch
einmal. Und lauschten wie die Lüchse.                   unbrauchbar ist und in den Müll gehört, dann sehen
Schließlich hörten wir es in der Kiste kratzen. Und     Flöhe das ganz anders. Ein findiger Floh nimmt das
dann sagte jemand ganz leise und ganz verlegen:         Taschentuch an sich und verkauft es umgehend als
„Niemand da.“                                           Lampenschirm oder Fenstervorhang. Der Käufer ist
„Wie das?!“ flüsterte Walli. „Da ist doch jemand drin   überglücklich und kann sich nicht vorstellen, jemals
und redet!“                                             ohne Flohmarktware klargekommen zu sein.
„Wie das?!“ wiederholte ich Wallis Worte. „Sie
haben doch geknurrt!“                                    „Jaja, die Flöhe, die kennen sich aus“, meinte Onkel
„Gar nicht!“ erwiderte die Kiste eigensinnig. „Ich      Anton. „Wir haben Glück, sie sind schon wochenlang
habe nur ein bisschen gegrummelt. Hier drin ist es      wach.“ Und zwar hatten die Flöhe auf einem Flug
nämlich schrecklich eng.“                               von Costa Rica hundert Kilo Kaffeebohnen gefunden
„Aber wenn niemand in der Kiste ist, wieso              und brüderlich unter sich aufgeteilt. Jeder Floh
grummelt es dann da drinnen?“ Walli gab nicht auf.      erhielt eine Bohne und hat seitdem keine einzige
Die Kiste schwieg. Und dann sagte jemand mit            Minute mehr geschlafen. Wenn also auf dem
einem tiefen Seufzer: „Vielleicht ist ja hier nur ein   Flughafen etwas los war – die Flöhe haben es
Hund. Ein Dackel. Der Robi heißt. Ob Sie mich jetzt     garantiert nicht übersehen.
bitte rauslassen könnten?“
Walli lächelte triumphierend – ein grummelnder          [S.71 – 75]

                                                                                                                 Kairi Look. Die Flughafenwanzen geben nicht auf. Aus dem Estnischen von Irja Grönholm
Hund! Ha! So etwas hat man im Gepäckraum noch
nie gesehen! Wir machten uns mit Volldampf an die       Die Flöhe haben Sorgen
Kiste.
                                                        Die Flöhe interessierten sich für alles, was in der
                                                        Welt vor sich ging. Jeden Morgen und jeden Abend
                                                        um neun versammelten sie sich in der Business
                                                        Lounge vor dem Fernsehbildschirm, um die
                                                        Börsennachrichten zu sehen. Die Flöhe wussten
                                                        immer, welche Trends vorherrschten und was auf
                                                        den Aktienmärkten los war. Zum Jahresende wurde
                                                        eine Abordnung nach Amerika an die Wall Street
                                                        geschickt, um die Lage mit eigenen Augen zu prüfen.
                                                        Der Eindruck war jahrein, jahraus der gleiche: die
                                                        Lage war viel schlimmer, als im Fernsehen berichtet
                                                        wurde.
                                                        Reich waren die Flöhe schon seit Jahrhunderten.
                                                        Ihre Vorratslager waren immer gestrichen voll,
[S. 66 – 67]                                            und Markt abzuhalten garantierte ihnen satte
                                                        Einnahmen. Trotzdem waren die Flöhe nicht
Ein Besuch auf dem Flohmarkt                            hochnäsig. Ein hochnäsiger Floh wäre in seiner
                                                        Familie sofort unten durch gewesen. Der Handel lag
„Mit den Flöhen zu reden, das war eine super            ihnen einfach im Blut. Irgendwann und irgendwo
Idee von euch“, lobte Robi, während er in               war dieser Hang bei ihnen zum Durchbruch
Richtung Terminal trabte. „Flöhe sind ja eine           gekommen, und nun lebten sie ihn in vollen Zügen
unglaublich aufmerksame Gattung. Sie haben mal          aus.
in meinem Fell gewohnt und mir jeden Abend              „Wie laufen die Geschäfte?“ fragte Onkel Anton den
spannende Geschichten über ihre Unternehmen             Floh Ferdinand.
erzählt. Kam mein Herrchen mit dem Kamm, sind           „Wie geschmiert, man kann nicht klagen“,
sie rausgesprungen, ein bisschen frische Luft           antwortete der Floh, „aber es könnte mehr
schnappen, und wenn er fertig war, sind sie wieder      gefeilscht werden. Keiner mag mehr Preise
eingezogen. Ich habe es sehr bedauert, dass sie         herunterhandeln. Der Kunde will alles, und zwar
irgendwann komplett weggezogen sind. Ich denke          sofort, und zahlt ohne Murren und Knurren
oft daran, wie es ihnen gehen mag und was sie so        den vollen Preis.“ Er seufzte. Preisnachlässe zu
machen … Wer so viel herumgekommen ist … Tja,           verhandeln, war die größte Leidenschaft der Flöhe.

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„Jaja“, nickte Onkel Anton, „die modernen Zeiten,       „Und wer ist das auf dem Bild daneben?“ forschte
keiner hat mehr Zeit…“                                 Walli. „ Ganz ansehnlicher Mann …“
„Das Spielerische schwindet“, klagte Ferdinand,        „Das ist Lehman“, stellte Ferdinand den Herrn auf
„und bei uns türmt sich das Geld. Man bekommt es       dem Bild vor. „Unser Hoffnungsträger.“
ja schon mit der Angst zu tun, wenn ein glitzernder    „ Lehman, General der amerikanischen
Flitter wieder zum vollen Preis weggeht! Nur ein       Seestreitkräfte?“ fragte Vello atemlos.
einziger Verkauf, und schon ist der nächste Batzen     „Nein, Bankier Lehman“, antwortete Ferdinand.
Geld verdient!“ Der Floh seufzte herzzerreißend.       „Der Schandfleck der amerikanischen Wirtschaft.“ Er
Ferdinands Sorge bedrückte auch die anderen            lächelte strahlend. „Aber unser Retter und Messias!“
Flöhe. Das mit dem Flohmarkt verdiente Geld war        Von Lehman hatten die Flöhe in Amerika erfahren.
ein ernsthaftes Problem – sie wussten nicht, wohin     Er hatte in seiner Bank das Geld von Tausenden
damit. Das Vorratslager war ja schon mit der ganzen    Menschen gesammelt, um es danach einfach zu
Ware voll bis unters Dach! Die Flöhe suchten seit      verlieren. Auf die Flöhe hatte diese Begebenheit
geraumer Zeit nach einer Möglichkeit, das Geld         großen Eindruck gemacht. Sie druckten das Bild des
möglichst schmerzfrei loszuwerden.                     Mannes aus und hängten es neben das Transparent
„Voriges Jahr haben wir glücklicherweise mal           an die Wand. Die Zukunft sah gleich noch heller aus.
rote Zahlen geschrieben“, entsann sich Ferdinand       Wenn sie tüchtig daran arbeiteten, würden auch sie
voller Freude. „Wir haben gehandelt bis zum            eines Tages ihr Geld los sein!
Gehtnichtmehr und konnten immerhin den                 Wir bewunderten den an der Wand hängenden
Glühwürmchen einige Kilo gebündelter Scheine ins       Lehman. „Nicht übel, sieht bisschen aus wie ein
Johannifeuer werfen. Kredite vergeben wir auch         Fuchs“, meinte Robi.
so viele wie möglich und bitten darum, sie nicht       „Ein schöner Mann“, seufzte Walli. „So strahlend
zurückzuzahlen. Und zum Glück haben wir jetzt auch     weiße Zähne!“
noch die andere Sache.“                                „So alt und noch keine Brille“, versetzte Onkel Anton.
„Was für eine andere Sache?“ fragte Walli.             „Wahrscheinlich liest er nicht viel. Er wird seine
„Den Rettungsanker zum Geldloswerden“,                 ganze Energie ins Geldverlieren stecken, Bankiers

                                                                                                                Kairi Look. Die Flughafenwanzen geben nicht auf. Aus dem Estnischen von Irja Grönholm
antwortete Ferdinand freudig. „Diesmal gibt es         haben bestimmt wenig Freizeit.“
wirklich Grund zur Hoffnung! Schaut mal hoch!“         „Ein Glück, dass wir Wanzen sind!“ warf ich ein. Die
Wir schauten hoch. Weit oben über den                  Flöhe hatten wirklich ganz andere Sorgen als wir.
[Flohmarkt-] Ständen hing ein Transparent. Darauf
nur vier Worte in Blockschrift:                        [S.84 – 88]

              ES LEBE DIE INFLATION!                   Die Versammlung

Ferdinand lächelte zufrieden und nickte. „Inflation.   „Zunächst danke ich allen für ihr Kommen“, begann
Das heißt, dass das Geld mit der Zeit immer weniger    Franz freundlich. „Schön zu sehen, dass Sie trotz der
wert ist. Wir haben es in den Nachrichten gehört       kurzfristigen Ankündigung die Zeit gefunden haben.
und sind jetzt große Fans davon.“                      Aber es ist ernst, sehr ernst.“ Der Floh räusperte
                                                       sich und holte tief Luft: „Unser Flughafen wird einer
                                                       Hygiene- und Sauberkeitskontrolle unterzogen.
                                                       Wenn nicht alles so ist, wie es vorschriftsmäßig zu
                                                       sein hat, wird er geschlossen.“
                                                       Ein erregtes Summen ging durch die Versammlung.
                                                       „Wie jetzt – Sauberkeitskontrolle?“ fragte Brummer
                                                       Bruno von der Wand her. „Meiner Meinung nach
                                                       wird hier mehr als genug saubergemacht.“
                                                       „Genau!“ ergänzte [Schabe] Schorsch. „Wir haben
                                                       die Nase voll von den putzwütigen Putzfrauen!
                                                       Überall der grausige Gestank nach Klo-, Fliesen-,
                                                       Fugen- und Fensterreiniger! Nur im Café ist es noch
                                                       auszuhalten!“
                                                       „Die Kontrolle sagt aber was anderes“, meinte Franz.
                                                       „Alles verdreckt!“, bellte Robi nervös dazwischen.
                                                       „Sagt mein Herrchen!“
                                                       „Das ist Robi, der Hund von Inspektor Tangens“,
                                                       stellte Franz Robi vor und winkte ihn zu sich. „Komm
                                                       und erzähl am besten selber, du kannst sicherlich
                                                       Genaueres dazu sagen.“
                                                       „Genaueres kann ich leider nicht sagen.“ Robi
                                                       kletterte verlegen zu Franz hinauf. „Mein Herrchen

                                                                                                            4
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hat nur gesagt, dass der Flughafen alt ist und man        ich eben mal einen Gruß durchsagen? Und mir ein
deswegen die Kontrolle durchführen muss. Und              Lied wünschen?“ Die Heuschrecken verachteten alle
wenn er verdreckt ist, wird er geschlossen.“              Insekten, ausgenommen Heuschrecken.
„Das wär´s ja noch!“ rief Schorsch kämpferisch.             Das wildeste Treiben herrschte bei den Fliegen,
„Schließen! So ein Idiot! Keiner hat ihn hergebeten!“     die, wie immer, alle zur gleichen Zeit redeten.
„Justament!“ fiel Vello ein. „Wir lassen uns nicht        Die Fliegen strotzten vor Ideen und Tatendrang,
unterkriegen! Auf in den Kampf! Bis zum letzten           entsprechend weniger Energie verwandten sie aufs
Blutstropfen!“                                            Denken. Andererseits waren sie auch einsichtig und
„Ruhe bitte!“ verschaffte sich Versammlungsleiter         herzlich. Wie wir Wanzen, liebten auch die Fliegen
Franz Gehör. „Als erstes müssen wir beschließen, ob       Nähe und hegten Gefühle für die Menschen. Sie
und wie wir das Ganze ändern können. Kopflos in           flogen ihnen ständig hinterher und setzten sich
den Kampf zu ziehen bringt nicht viel. Robi, sprich –     bei jeder Gelegenheit auf ihre Schultern oder
was hat Tangens genau gesagt?“                            Arme. Ungebrochen glaubten sie an das Gute im
 „Na dass die Kontrolle laut Mängelliste                  Menschen. Franz´ Hinweis darauf, dass Tangens
durchgeführt wird. Die hat mein Herrchen erstellt, er     böse sein könnte, verwirrte die Fliegen. Jeder wollte
ist nämlich Experte!“ antwortete Robi stolz. „Er hat      etwas dazu sagen.
sie noch da, von den letzten Kontrollen. Fragen Sie       Wir, die Wanzen, trafen als erste unsere
Willi und Walli, wenn Sie mir nicht glauben.“             Entscheidung. Wie immer, fiel sie einstimmig aus
Franz warf mir einen fragenden Blick zu.                  – keiner regte sich auf oder benahm sich daneben.
„Stimmt“, nickte ich. „Tangens hat ganz deutlich          Nach der Beratung fielen wir uns um den Hals.
gesagt, dass die Liste fertig ist und er so schnell wie   „Guck mal, wie friedlich es heute bei den Schaben
möglich anfangen will. Wir haben sie [den Direktor        zugeht“, flüsterte mir Walli ins Ohr. Wahrhaftig, auch
und Tangens] im Direktorenzimmer belauscht.“              da herrschte außergewöhnliche Ruhe. Die Schaben
Unter den Zuhörern entstand ein nervöses                  hatten sich um Schorsch geschart und lauschten.
Getümmel. Ein klitzekleiner Fliegenjunge wurde            Der Häuptling stand mit gespreizten Beinen mitten
ohnmächtig und sank von der Wand auf den Boden.           im Kreis und gestikulierte. Die Augen der Schaben

                                                                                                                   Kairi Look. Die Flughafenwanzen geben nicht auf. Aus dem Estnischen von Irja Grönholm
„Jawohl, im Direktorenzimmer“, wiederholte Walli.         bewegten sich im selben Takt – rauf, runter, rauf,
„Und wir hatten gar keine Angst!“ Walli lächelte          runter.
verträumt.                                                „In zehn Minuten kommen wir zur Entscheidung!“
„Also dann …“ Franz versank in Gedanken, dann             rief Franz. Das Stimmgemurmel verstärkte sich. Die
fuhr er auf. „Nein! Der Flughafen darf um keinen          Versammlung hatte ihren Höhepunkt erreicht.
Preis geschlossen werden! Werte Versammlung, ich
erwarte Vorschläge! Zeit zur Beratung – fünfzehn
Minuten!“ Franz setzte ich, ein Bein übers andere         [S.111 – 114]
geschlagen, auf den Rand des Rednerpults und
verschränkte die Finger.                                  Sicherheitskontrolle
Jetzt kam Leben in den Raum, die Versammelten
teilten sich in Gruppen auf. Die Ameisen bildeten         Die Fliegen saßen an der Decke der Abflughalle
blitzschnell zwei Kolonnen: die eine begann mit den       und besprachen miteinander, wie der Beschluss
Beratungen, die andere knüpfte Proviantsäckchen           der Versammlung in die Tat umzusetzen sei. Sie
auf, ließ es sich schmecken und wartete auf Befehle.      waren voll und ganz bei der Sache, aber es gab ein
Bei den Ameisen war die Arbeitsteilung eisern             klitzekleines Problem – den Beschluss als solchen,
geregelt – die einen dachten, die anderen machten.        den hatten sie vergessen.
Auch die Termiten benahmen sich wie immer in              „Sicherheitskontrolle“, meinte eine der Fliegen
aufregenden Momenten und fraßen ein Loch in               und kratzte sich im Nacken. „Wir sollten in die
die Wand. Kleineren Zwischenmahlzeiten niemals            Sicherheitskontrolle und da dann irgendwas
abgeneigt, wurden sie unter Stress zu regelrechten        machen.“
Fresssäcken. Heute war es besonders schlimm. Das          „Irgendwas mit Menschen war es auch“, erinnerte
Loch in der Wand vergrößerte sich beängstigend            sich eine zweite. „Sollten wir sie nicht irgendwas
schnell.                                                  fragen? Auf Menschenschultern landen und in
Die Heuschrecken hielten sich starr auf dem               Menschenohren flüstern …“ Die Fliege lächelte
Fensterbrett und verfolgten nur mit den Augen die         verträumt.
Umgebung. Sie, die Herrscher der Lautsprecher,            „Ich fresse meinen Flügel, wenn da nicht was mit
ließen sich nicht dazu herab, Unruhe zu verbreiten.       Putzen war“, versetzte Kuno, der Fliegenälteste.
Ihr Nervenkostüm war ohnehin nicht das Beste –            Die Fliegen nickten. „… was mit Putzen war“,
von morgens bis abends die zu den Lautsprechern           wiederholten sie im Chor.
Drängenden abzuwehren, die nur ihre Lieben                Die Augen der zweiten Fliege leuchteten. „Sagt mal,
grüßen wollten, das hatte über die Jahre Spuren           sollten wir nicht die Menschen putzen? Kekskrümel
hinterlassen. Immer wieder gelang es einzelnen            aus dem Bart, Haare vom Mantelkragen?“
Käfern durchzubrechen, nur um zu fragen: „Kann            „Ich weiß nicht, irgendwie war das anders“, meinte

                                                                                                               5
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jemand. „Sollten wir nicht das Kofferkarussell             reichlich. Neben dem Abfallbehälter lagen leere
abwaschen? Da fährt doch tagtäglich ein Haufen             Flaschen und Bonbonpapiere. Neben dem Laufband
Müll drauf rum.“                                           hatte jemand seine Drecktapsen hinterlassen. Selbst
„Müll … Müll …“ wiederholte Kuno. „Leute! Ich habs!        der Stuhl und der Monitor der Alten waren dreckig
Wir sollten die Sicherheitskontrolle putzen! Bevor es      und speckig. Staub hatte hier wochenlang keiner
losgeht mit der …“                                         gewischt.
„…Sicherheitskontrolle!“ riefen alle im Chor. „Bevor       Zuerst beseitigten die Fliegen den gröbsten Dreck.
es losgeht mit der Sicherheitskontrolle“, Kuno nickte      Die schweren Stücke oblagen den Brummern, die
zufrieden. „Genau - bevor es losgeht! Morgen               mehr Kraft und die stärkeren Flügel hatten. Von den
früh Punkt acht Uhr.“ Alles nickte im Takt zu Kunos        Menschen klaubten die Fliegen Fussel und Krümel
Worten.                                                    ab, im Haar eines ungekämmten Mannes fanden
„Auf geht´s! Mir nach!“ Kuno flog los. Die Fliegen         sie eine Daune aus seinem Kopfkissen. Zwei Fliegen
stießen sich mit den Hinterbeinen von der Decke ab         wollten einem kleinen Jungen in die Ohren gucken,
und summten durch die Luft.                                aber der schüttelte sich und verscheuchte sie immer
Kuno hob einen Flügel. „Ach ja, eins noch. Wir             wieder.
haben zum Putzen nur eine Nacht, das heißt,                Die Menschen merkten gar nicht, wie hunderte
jedwede Späßchen und Extrawürste fallen weg.               von Fliegen um sie herum Ordnung machten. Sie
Und jetzt ist gleich Schlafenszeit, also kurz noch die     fuchtelten ein bisschen, wenn sich ihnen eine
Aufteilung. Ich schlage folgendes vor.“ Kuno kratzte       auf den Kopf oder die Schulter setzte, doch das
sich und fing an: „Zwanzig Mann auf einen Passagier,       war schon alles. Bemerkt wurden die Fliegen nur
das heißt, auf die, die von weither kommen und             von den Kindern, die verfolgten das Treiben mit
ungewaschen sind. Die zur Arbeit wollen, sind              strahlenden Augen. Aber waren aus den Kindern
sauberer, auf die schlage ich zehn Mann vor. Und           Erwachsene geworden, war auch die Beziehung zu
dann natürlich die Kinder – jede Menge Fingernägel,        den Fliegen eine andere.
Ohren, Füße. Und wer dann noch übrig ist, der putzt        Die Fliegen wussten, dass die Erwachsenen in ihnen
den Raum.“ Kuno holte Luft. „Aufteilung. Wer nimmt         schmutziges Ungeziefer sah, das Bakterien und

                                                                                                                    Kairi Look. Die Flughafenwanzen geben nicht auf. Aus dem Estnischen von Irja Grönholm
die Menschen?“                                             Krankheiten verbreitet. Dies war zwar peinlich,
Sämtliche Fliegen schrien durcheinander. „Ich!“            doch zu ändern war es nicht – die Bakterien
„Nein, ich!“ „Ich will aber!“                              setzten sich einfach an ihnen fest, und die Regeln
„Doch nicht alle!“ Kuno schüttelte den Kopf. „Denkt        der Natur lassen sich nun mal nicht ändern.
doch mal an die vielen Ecken, das Laufband, das            Sicher, gerne hätten sich die Fliegen jeden Tag
Durchleuchtungsdings, wo die Koffer durchlaufen,           mit Seife abgeschrubbt, doch das war leider
da ist mehr als genug zu tun.“                             nicht möglich. Stattdessen versuchten sie den
Eine Gruppe älterer und wahrscheinlich auch                Menschen klarzumachen, sich die Hände vor dem
pflichtbewussterer Fliegen sonderte sich von den           Essen und nach dem Gang aufs Klo zu waschen,
anderen ab. „Nett von euch“, sagte Kuno, „mit              doch sie wurden nicht erhört. Wie oft mussten die
Menschen habt ihr schon genug zu tun gehabt, nicht         Fliegen mit ansehen, wie sich die Erwachsenen
wahr. Soll sich jetzt die Jugend amüsieren.“               mit ungewaschenen Händen an den Tisch setzten
„…jetzt die Jugend amüsieren!“ summten die älteren         und mit den Fingern Kuchenkrümel vom Teller
Fliegen im Chor.                                           tupften. Manchmal bohrten sie ihre Finger sogar
„Also - alles klar!“ rief Kuno. „Auf die Plätze, fertig,   in die Nase! Die Fliegen kniffen dann immer die
los!“                                                      Augen zu, so peinlich berührt waren sie. Und ihre
Hunderte emsiger Fliegen summten durch den Saal            Sorge war nicht unberechtigt - von den schmutzigen
in Richtung Sicherheitskontrolle. Es war ein toller        Händen bekamen die Erwachsenen Bauchschmerzen
Anblick, wie sie über unsere Köpfe hinweg sausten.         und mussten dann tagelang das Bett hüten. Die
„Sieh mal, die Fliegen machen sich schon auf“,             Kinder dagegen hatten den Erwachsenen in Sachen
stellte Robi fest. Die Termiten klatschten Beifall, und    Händewaschen einiges voraus.
Loore winkte.                                              Nun aber verging die ganze Nacht mit Putzen, und
Nur in meiner Seele stachen Angst und Sorge. Das           mit dem ersten Sonnenstrahl war alles fix und fertig.
hing mit Tangens zusammen, doch Robi durfte ich es         Die Frühschicht traf fast der Schlag, als sie den Raum
nicht zeigen. Jetzt musste ich tapfer sein.                betrat, so blitzte alles, sogar die Wände waren frisch
                                                           abgewischt. Die Fliegen verschnauften an der Decke
[S. 121 – 124]                                             und betrachteten voller Zufriedenheit ihr Werk.
                                                           „Geschafft“, meinte Kuno und schlug seinem
Die Fliegen schreiten zur Tat                              Nebenmann auf die Schulter. „Seht ihr, gemeinsam
                                                           kriegen wir alles gebacken! Nichts und niemand hält
Die Fliegen schritten zur Tat. Jetzt, da die nervige       uns auf.“
Alte in der Besenkammer schlummerte, konnten               Die Fliegen gähnten und bündelten ihre Kräfte für
sie endlich in Ruhe putzen. Und zu putzen gab es           den Rückflug, als aus einiger Entfernung gedämpftes
                                                           Schimpfen und Poltern zu hören war.

                                                                                                                6
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„Die Alte!“ rief Kuno und verdrehte die Augen. „Die      Werktages fühlten sie sich besser, und gegen Mittag
müssen wir ja auch noch freilassen!“                     waren sie wieder emsig und frohgelaunt. So auch
Wie gerufen landete vor ihnen eine Fliege von            heute. Sie hatten sich die Toiletten vom Lageplan
der Fliegenwache. „Der Hausmeister hat es schon          des Flughafens eingeprägt und standen nun an der
erledigt“, wusste sie zu berichten. „Er wollte sich      entsprechenden Tür.
gerade zur Frühschicht umziehen, da stieß er auf         Plötzlich flog die Tür auf, und ein Mensch trat
die schnarchende Alte im Schrank. Die ist dermaßen       heraus. Blitzschnell verzogen sich die Ameisen
ausgerastet, dass mir vom Geschrei fast das              an die Wand und verharrten still. Der Mensch
Trommelfell geplatzt ist.“ Die Fliege steckte sich ein   war ein Mann, er war lang und dünn und schaute
Bein ins Ohr und stocherte vorsichtig darin herum.       verbiestert drein. Er trug eine schmale schwarze
„Das trifft sich gut“, meinte Kuno. „Wir sind nämlich    Hose, schwarzglänzende Schuhe und einen
auch gerade fertig. Also – Abmarsch! Alles klar?“        dunklen Rollkragenpullover. Als er an den Ameisen
„Was hast du gesagt?“ fragte eine ältere Fliege.         vorbeiging, zog sich der Mann hauchdünne weiße
„Fer-tig! Ab-marsch!“ schrie Kuno ihr ins Ohr. „Wir      Handschuhe an, rümpfte die Nase und schnipste
machen uns davon.“                                       einen Fussel vom Pullover. „Dreckig-dreckig-
Und die Fliegen machten sich davon. Sie flogen           drrrreckig“, krächzte er und knallte die Tür zu.
viel langsamer als vorhin. Der eine und andere           Als der Mann fort war, schmulten die Königinnen
Fliegenjunge musste auf dem Rückweg ein bisschen         unter der Tür in den Raum und nickten.
gestützt werden, damit er nicht durch allzu              „Die Luft ist rein. Kolonne Eins - marsch!“
langsames Fliegen abstürzte. Die lange Arbeitsnacht      Die Reihe, die der Tür am nächsten stand, krabbelte
hatte sie mächtig geschlaucht. Jetzt wartete ein         hindurch. Die Königinnen nickten. „Kolonne
wohlverdientes Schläfchen auf sie.                       Zwei!“ Auch die zweite Reihe verschwand im
                                                         Handumdrehen in den Tiefen der Toilettenräume,
                                                         gefolgt von der dritten, vierten … und so weiter.
Endlich gibt es was zu tun!                              Schließlich waren alle Ameisen drinnen versammelt
                                                         und warteten geduldig auf die nächsten Befehle.

                                                                                                                  Kairi Look. Die Flughafenwanzen geben nicht auf. Aus dem Estnischen von Irja Grönholm
Während sich die Fliegen mit der Alten abgeplagt         An der rechen Wand befanden sich die
hatten, gingen die Ameisen daran, die Toiletten          Handwaschbecken und die Händetrockner
zu putzen. Im Vergleich zu den Fliegen, die immer        samt verschmierten Flüssigseifenbehältern und
nach Lust und Laune handelten, herrschte bei den         zerknüllten Papierhandtüchern. Über alledem
Ameisen eiserne Disziplin. Sie teilten sich in drei      bemühte sich ein breiter staubiger Spiegel, trotz
genau gleichgroße Kolonnen auf und warteten              hunderten von Fingerspuren Glanz zu zeigen. Auf
brav auf den ersten Befehl. Wie im Sportunterricht       der linken Seite lagen die Toilettenkabinen, von
stellten sich die Ameisen hintereinander der Größe       denen die meisten Türen offen standen. Die Luft war
nach auf: die größeren an den Anfang der Reihe und       alles andere als frisch. Die Königinnen rümpften die
die kleineren ans Ende. Und ganz am Ende standen         Nase.
die Ameisen, die man nur dann sah, wenn sie sich         „Es stinkt“, flüsterten die Ameisen und bewegten
auf die Zehenspitzen stellten. Von vorne sah man         verstört die Fühler. Sie schnupperten und witterten
also nur eine Ameise und zwar die größte.                gerne, insbesondere ihre Freunde und Verwandten,
„Stillgestanden! Augen geradeaus! Und - links,           aber was ihnen hier entgegenschlug, war fremd und
zwo, drei!“ Die Ameisen marschierten los, allen          widerwärtig.
voran die Königinnen. Sie waren die wichtigsten im       „Kolonne Eins an die Waschbecken!“ befahlen die
ganzen Ameisenstaat, sie legten hin und wieder ein       Königinnen. „Die beiden nächsten an die Toiletten!
Ei und kannten die Namen aller Verwandten. Die           Wir schlagen Alarm, wenn jemand kommt.“ Die
Königinnen wurden verehrt, auf sie wurde gehört.         Königinnen kletterten an der Zimmerpalme in der
Ungehorsam verdarb die Arbeitsmoral und kostete          Ecke des Raumes empor, um von oben Wache zu
wertvolle Zeit.                                          halten.
Heute waren die Ameisen besonders gut gelaunt.           Kolonne Eins kletterte am Wasserrohr nach
Achtundzwanzig Toiletten zu putzen – solches Glück       oben und jauchzte vor Freude. Neben den
wurde ihnen selten zuteil. Ameisen werden nämlich        Waschbecken auf der großen Ablagefläche
sofort unruhig, wenn es nichts zu tun gibt, und          wimmelte es von eingetrockneten Seifenspritzern.
Müßiggang fürchten sie wie die Pest. Es brauchten        Wasserhähne und Spiegel waren voller Finger- und
bloß Staatsfeiertage zu nahen, schon wurden die          Lippenstiftspuren. In Wasserpfützen weichten
Ameisen unruhig, hatten schlechte Laune und              zusammengeknüllte Reste von Papierhandtüchern.
fühlten sich wie gelähmt. Schon am Morgen des            Der Waschbeckenrand war voller Haare, der Abfluss
ersten Feiertages bekamen etliche von ihnen              war von einem undefinierbaren grauen Knäuel
Fieber und Bauchschmerzen, schlimmstenfalls auch         verstopft. Die Ameisen wechselten ein paar Blicke
Durchfall und Pickel. Und gegen Abend dämmerte           und setzten mit einem Sprung in die Waschbecken.
der ganze Ameisenstaat einzig in Erwartung auf           Ihre Augen blitzten.
bessere Zeiten dahin. Erst am Morgen des neuen           „Leute!“ rief plötzlich jemand. „Hier hat wer was

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vergessen!“                                              erledigt! Die ganze Nacht lang putzen, Mann,
Tatsächlich! Am Rand des Waschbeckens lag ein            wir sind doch nicht behämmert! Was sind wir?!
langer grüner Stab mit weißen Borsten am Ende.           Schaben! Schnell und schlau!“ Schorsch lachte
Die Königinnen kamen herzu und nickten. „Eine            laut auf und setzte sich auf einen Pappkarton mit
Zahnbürste. Seit mehreren hundert Jahren bekannt.“       Rumkugeln „Mehr als zwei Stunden brauchen wir
Die Ameisen beäugten die Zahnbürste. Sie hatten          nie im Leben!“
zwar auch gute und kräftige Kiefer, aber zu bürsten      „Und wie uns schon die Väter lehrten – vor der
war daran nichts. Einige Ameisen betasteten              Arbeit soll man sich stärken“, fuhr Schorsch mit
ehrfürchtig die Borsten und beneideten die               erhobenem Zeigefinger fort. „Mit leerem Magen
Menschen. Mit einer solchen Bürste sich zu waschen       wird nix getragen! Also – Jungs, jetzt feiern wir
- oh, das wäre himmlisch!                                erstmal ein Fest!“ Schorsch stieß den Fuß in
„Zahnbürste aufnehmen! Bereit zur Nutzung!“              eine Rumkugel und kostete, was an der Spitze
befahlen die Königinnen. „Zur Reinigung von              hängengeblieben war. „Frische Lieferung von heute
Waschbecken und Kloschüsseln – un-über-treff-lich!       früh, auf geht´s!“
Kolonne Eins – fertig und marsch!“                       Das musste Schorsch nicht zweimal sagen. Die
Das mussten die Königinnen nicht zweimal sagen.          Schaben sprangen von den Regalen und huschten
Die Ameisen krabbelten unter die Zahnbürste              zu ihrem Häuptling. Der hatte nicht gelogen. Im
und hievten sie sich auf den Rücken. Die Bürste          Karton befanden sich Rumkugeln, fein säuberlich
begab sich auf den Weg. Sie machte erst am Grund         für den nächsten Morgen zu einer flachen Pyramide
des Waschbeckens halt und begann dort emsig              aufgeschichtet.
die Seifenflecken zu bearbeiten. Die Königinnen          „Ihr müsst sie herunter rollen “, belehrte sie
zwinkerten einander zu und krabbelten wieder nach        Schorsch. „Und macht euch zu mehreren dran,
oben auf die Zimmerpalme. Aus dem Waschbecken            die sind saftig und schwer.“ Der Häuptling grinste
waren nur noch Begeisterungsrufe zu hören.               zufrieden.
Hart gearbeitet wurde auch an den Toiletten.             Die Schaben gingen ans Werk. Zehn Jungs
Hunderte Ameisen putzten und scheuerten und              erkletterten die Spitze und bauten die Pyramide

                                                                                                                 Kairi Look. Die Flughafenwanzen geben nicht auf. Aus dem Estnischen von Irja Grönholm
pfiffen dazu ihre Lieblingsmelodie. „Wer will fleißige   Kugel für Kugel ab. Eine Seitenwand des Kartons
Ameisen sehn …“                                          wurde aufgemacht, so dass die runden Dinger von
Als Tangens nach einer Weile seine Zahnbürste            den älteren Schaben unten abgefangen und mit
suchen kam, war die spurlos verschwunden. Anstelle       Schwung hinter die Kasse gerollt werden konnten.
der Bürste grüßte ihn ein blitzeblanker Spiegel und      Bald waren alle vierzig Rumkugeln im Café, jede von
die nach Seife duftenden Waschbecken. Tangens            mindestens zwanzig Schaben bevölkert.
klapperte mit den Augendeckeln und sank auf den          „Gut gemacht, Jungs!“ rief Schorsch und erkletterte
Boden. „Ich fasse es nicht, ich werde verrückt“,         die Kaffeemaschine. „Ich erkläre das Fest für
murmelte er. „War dieser Spiegel nicht gerade eben       eröffnet!“
noch voller Spritzer und Fingerabdrücke?“                Die Gesichter der Schaben verzogen sich zu einem
Die Zahnbürste hatte Tangens völlig vergessen, und       breiten Grinsen. Feste feierten sie mit Vergnügen,
das war besser so. Die war nämlich schon unterwegs       besonders wenn sie mit einem so königlichen
in die nächste Toilettenkabine, um dort ihre Arbeit      Schmaus begannen, und sie ließen sich die
fortzusetzen. Schließlich lagen noch einundzwanzig       Rumkugeln schmecken. Schorsch sprang auf dem
Kabinen vor ihr.                                         Tresen herum, wo er eine saftig-klebrige Krümelspur
Sieben Stunden später, zu Tagesanbruch, waren            hinterließ und landete dann auf einem der Tische.
auch die pikobello sauber. Die Ameisen hatten            „Jungs! Ich hab was Trinkbares gefunden! Kommt
ihr Werk vollbracht. Die Zahnbürste war auch             kosten!“
sauber und durfte sich ausruhen, um später für           Ein Ruck ging durch die Schaben. Schorsch stand
die Leibwäsche und das Rückenkraulen zu dienen,          mit beiden Beinen in einer roten Pfütze, die Arme
so hatten es die Ameisen beschlossen. Außerdem           in Siegerpose erhoben. Neben der Pfütze lag eine
erinnerte sie in angenehmer Weise an die eben            umgekippte Weinflasche mit ihrem letzten Tropfen.
vollbrachte Schwerstarbeit.                              Schorsch tunkte den Kopf in die Pfütze und schlürfte
                                                         den Wein. „Schmeeeeckt!“ grunzte er und wischte
[S.144 – 152]                                            sich den Mund. „Guter Jahrgang. Kommt aus
                                                         Frankreich.“
Die Schaben feiern                                       Auch die anderen Schaben schoben sich heran und
                                                         kosteten vom Wein. Gar nicht übel. Er war zwar
Während alle anderen schon putzten, hielten die          sauer und wohl auch ein bisschen gegoren, aber zu
Schaben im Hinterzimmer des Cafés ihre zweite            den süßen Rumkugeln passte er wie die Faust aufs
Versammlung ab. Alles war wie immer – Schorsch           Auge. Sogar die ganz jungen Schaben schleckten mit
redete, die anderen hörten zu.                           Behagen an dem roten Gesöff herum.
„Ist doch überhaupt kein Ding!“ erklärte er. „Jungs,     „Und jetzt – auf zum Tanz!“ Schorsch sprang auf.
wenn ihr ranklotzt, ist die Sache in Nullkommanix        „Ein Fest ohne Tanz ist wie ´ne Katze ohne Schwanz!“

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Er trabte hinter den Tresen und lehnte sich mit          von vierzig Rumkugeln, angebissen, zerkrümelt, zum
dem ganzen Körper gegen den Einschaltknopf des           Teil breitgetreten. Pets brüllte auf.
Recorders. Es klappte, das Café füllte sich mit Musik.   Jetzt erwachten die Schaben. Sie kamen aus ihren
„Rock-rock-rock!“ grölte Schorsch und fing an wie        Ecken gekrochen, hielten sich den Kopf und ließen
wild zu tanzen. „Los, zeigt, was ihr könnt!“             sich stöhnend mitten in die Rumkugeltrümmer
Die Schaben gafften ihren Häuptling entgeistert an.      fallen. Das Fest hatte deutliche Spuren hinterlassen.
Dann schleckten sie den Rest der Weinpfütze auf          „Na schönen guten Morgen auch! Elende verpennte
und drängten auf die Tanzfläche.                         Bande! Wer hat euch gesagt, dass ihr so lange
„Schaben haben, Schaben lieben, Schaben leben            schlafen sollt?!“ donnerte Pets und sah streng in die
rock´n´roll!“ grölte Schorsch und vollführte immer       Runde. „Schlamperei und Schlendrian! Der halbe Tag
gewagtere Sprünge und Drehungen, linksherum              ist im Eimer!“
und rechtsherum, er schlug meisterhaft Rad und           Alles schwieg betreten. „Warum denn gleich im
sprang wie ein wildgewordener Handfeger auf dem          Eimer“, meinte schließlich ein Schabenjunge und
Tresen herum. Am Ende schwang er sich hoch auf           erhob sich mühsam. „Wir haben gefeiert, du hast
die Kaffeemaschine und sprang von dort mit einem         doch selber mitgemacht! Und wenn man trinkt
todesmutigen Satz direkt in die Arme der wogenden        und tanzt, geht man früh nicht gleich los wie eine
Schabenmenge, die ihn unten auffing und immer            Rakete.“ Dem Jungen zitterten die Beine, er ließ sich
wieder begeistert in die Luft schleuderte.               wieder fallen. „Und schrei uns nicht so an.“
 Nach einigen Stunden wüsten Feierns wurden die          Pets kratzte sich im Nacken. „Schon gut. Klar haben
Schaben müde. Schorsch lag auf dem Rücken hinter         wir getrunken und getanzt, aber jetzt haben wir die
dem Milchaufschäumer und summte das traurige             Arschkarte! Es ist Tag!“ Pets warf einen Blick nach
Lied vom Hotel in Kalifornien. Auch auf dem Tresen       draußen und schnaufte zornig. „Einen Saustall wie
und in den Regalen lagen ermattete Schaben.              diesen sieht man nicht mal bei den Menschen!“
Im Radio sang jetzt einer, der wahrscheinlich            Die Schaben gähnten teilnahmslos, nur der
Halsschmerzen hatte, dass er keine „Sätisfäktschn“       Schabenjunge dachte mit. „Lass uns die anderen zu
kriege, was auch immer das heißen mochte. Doch, ja       Hilfe holen!“ rief er Pets zu. „Holen wir die Ameisen

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…Schorsch erinnerte sich dunkel an einen Song, der       und Flöhe und Wanzen, damit sie uns beim Putzen
so anfing: I can´t get no satisfaction …                 helfen!“
„Sch…schnauze“, brummte er, „sch… schrei nicht           „Geht nicht“, schüttelte Pets den Kopf. „Die haben
so, ich kann nicht schlafen …“ Aber mit dieser           selber genug zu tun. Wir müssen das aus eigener
Aufforderung lag Schorsch daneben. Der Sänger            Kraft schaffen.“ Er kratzte sich wieder im Nacken,
war noch lange nicht am Ende seines Liedes               voller Sorge diesmal, doch plötzlich …
angekommen, als Schorsch schon schnarchte. Als           „Ich habs!“ Pets sprang auf. „Die zündende Idee!
das Lied dann wirklich zu Ende war, schnarchten          Wir holen Hilfe, aber nicht die Ameisen, Flöhe oder
auch alle anderen Schaben. Die Uhr zeigte zwei-null-     Wanzen, sondern …“
null.                                                    Pets erkletterte blitzschnell den Schrank und pfiff.
                                                         Dieser Pfiff klang ein bisschen anders als sonst. Er
                                                         gellte durch den ganzen Flughafen und ließ Fenster
Hilfe, es ist Morgen!                                    und Wände erzittern. Pets holte tief Luft und pfiff ein
                                                         zweites Mal. Jetzt wurde er gehört.
Als Pets, an die Kaffeemaschine gelehnt, erwachte,       Aus den Fenster- und Türritzen, aus allen Ecken
schauten ihn die ersten Sonnenstrahlen an. Schabe        und Enden kamen Insekten gekrabbelt. Sie kamen
Pets räkelte sich und sah sich gähnend um. Er hatte      an den Wänden herunter und ließen sich von den
das Gefühl, als sei etwas los, aber es war doch erst     Lampen fallen. Je näher sie kamen, desto deutlicher
früh am Morgen. Und dann fiel es ihm ein.                wurde es, um wen es sich handelte. Pets hatte die
„Ach du Sch …! Verpennt!“ Pets sprang auf und            Verwandtschaft zusammengetrommelt.
stöhnte. Er steckte das rechte vorderste Bein in         Verglichen mit den Kaffeehausschaben, waren die
den Mund und pfiff durchdringend. „Aufstehen!            Waldschaben aus ganz anderem Holz geschnitzt.
Matratzenhorchen beendet! Dalli, ihr Dösbacken,          Die Menschen behaupteten – und vielleicht hatten
Putzen ist angesagt!“ Die Schabe erkletterte, sich       sie damit recht -, sie würden sogar den Atomschlag
den verkaterten Kopf haltend, die Kaffeemaschine         überleben. Waldschaben waren zählebig und
und betrachtete voller Entsetzen die Umgebung.           hartgesotten.
So weit das Auge reichte, herrschte Chaos. Auf dem       „Verehrte Verwandtschaft, meine Damen und
Tisch lag eine leere Weinflasche, auf der Tischdecke     Herren“, begann Pets höflich. „Unser Notruf erging
hatte sich ein nasser dunkelroter Fleck breit            nicht aus einer Laune heraus. Wir haben ein kleines
gemacht. Der ganze Tisch war übersät mit winzigen        Problem. Ein Problem mit unserer Arbeitskraft.“ Pets
roten Spuren, die nach unten zum Fußboden und            verschränkte die Beine und lächelte gewinnend.
von da an der Seite des Schranks nach oben auf den       Unter den Waldschaben erhob sich ein Raunen. Pets
Tresen führten. Pets wandte seinen Blick hinter den      hob das vordere rechte Bein, eine Geste, die die
Tresen und erstarrte. Auf dem Boden lagen die Reste      Zuhörer verstummen ließ.

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„ Und - ein kleines Zeitproblem. Wir sollten das Café
putzen, aber wie es manchmal so ist, nach einer
kleinen Festivität, nicht wahr, da schläft man etwas
länger und … Ach, was rede ich! Leute, hört zu, wir
brauchen euch dringend! Macht ihr mit?“
Die Waldschaben nickten, durchaus nicht
unfreundlich.
„Großartig!“ rief Pets, „Und ich mache jetzt kein
langes Geplänkel mehr. Lasst uns anfangen! Wir
haben nur ein Stündchen.“
Die Waldschaben verteilten sich auf dem Tresen.
Sie krabbelten in die Schränke, um Staub zu
wischen, brachten die Krümel in den Abfalleimer
und schleppten die bekleckerte Tischdecke fort.
Ordnung schafften sie auch in den hinteren
Räumen und im Lebensmittellager. Sechzig Minuten
hochkonzentriertes Arbeiten, und das Café war
sauber.
„Vielen Dank, die Herrschaften!“ Pets verbeugte sich     [ S. 205 – 206]
vor den Waldschaben. „Man sieht, die Familie ist
doch das allerwichtigste. Auch ihr könnt immer auf       Ein neuer Anfang
uns zählen. Wenn wir euch irgendwann irgendwie
behilflich sein können …“                                Draußen war es längst dunkel, als der Direktor
Eine Waldschabe, die sich auf den Fußboden gelegt        endlich vom Schreibtisch aufstand. Er legte die
hatte, um sich auszuruhen, stand auf und räusperte       Papiere in Mappen ab, warf einen Blick auf das Bild
sich. „Also ich hätte da was. Draußen wird es ja jetzt   seines Großvaters und knipste die Tischlampe aus.

                                                                                                                   Kairi Look. Die Flughafenwanzen geben nicht auf. Aus dem Estnischen von Irja Grönholm
immer kälter, und draußen zu leben … das ist kein        Was für ein langer und ereignisreicher Tag! Der
Spaß.“                                                   erfolglose Abzug des Inspektors und das erfolgreiche
„Stimmt“, pflichtete Pets bei.                           Telefonat mit der Flughafenbehörde hatten ihn
„Ich dachte, dass …“ fuhr die Waldschabe fort, „also,    gefreut, aber jetzt wurde ihm wieder traurig zumute.
wir dachten, dass … wir euch in der kalten Jahreszeit    Nach Hause zu gehen, wo ihn nur kalte Zimmer und
vielleicht hin und wieder besuchen könnten. Wenn         dunkle Fenster erwarteten … Der Direktor fühlte sich
es euch passt. Wir könnten zusammen Rumkugeln            plötzlich sehr einsam.
essen und Kakao trinken.“ Die Schabe schaute Pets        Er zog den Mantel an, ergriff seine Aktentasche
von unten her an und bohrte mit dem Zeh ein Loch         und hielt kurz inne, um den Blick noch einmal
in den Teppich.                                          durchs Zimmer wandern zu lassen. So viele Jahre,
„Aber immer!“ erwiderte Pets. „Kakao und                 Arbeit und Freude … Der Direktor war froh, dass
Rumkugeln, warum nicht!“                                 der Flughafen bestehen bleiben konnte. Er nämlich
Die Waldschaben freuten sich. „Dann würden               wusste den Charme des Althergebrachten zu
wir übermorgen kommen“, teilte ihr Häuptling             schätzen – er liebte den alten Schuhputzautomaten,
höflich mit. „Wir könnten unser Essen auch selber        der seine Arbeit schon jahrzehntelang an der
mitbringen. Das Essen draußen ist zwar ein bisschen      Eingangshalle verrichtete, er mochte die älteren
anders als das, was ihr hier habt …“ Er schaute          und erfahrenen Bediensteten ebenso wie die
sehnsüchtig auf eine Rumkugel und seufzte.               immerwährenden Rumkugeln im Café. Wie viel
„Keine Frage!“ Pets war einverstanden. „Und ein          Freude gab es an den Arrivals, wo man ankam, wie
Tänzchen wäre auch nicht verkehrt, was?“                 viele Tränen an den Departures, wo man abflog –
Die Schaben schwatzten noch eine halbe Stunde            wie viel aufgeregte Erwartung, die unsichtbar im
miteinander, bis sich die Verwandten von draußen         ganzen Gebäude schwebte. Ein Flughafen ist von A
schließlich auf den Weg machten. „Zu Hause ist           bis Z voller Gefühle. Dieser Flughafen hier war seine
alles liegengeblieben“, entschuldigten sie sich und      Welt, und in dieser Welt fühlte er sich glücklich.
krabbelten eilig davon.                                  Wenn er doch nur etwas außer seiner Arbeit hätte …
Pets winkte ihnen nach und ging schlafen. In letzter     Der Mann seufzte und schloss die Tür hinter sich.
Zeit schlief er in der Butterdose aus Wacholder am       Der Direktor schritt durch den dämmrigen Flughafen
allerbesten. Da duftete es wie in der Kindheit. Das      und hing seinen Gedanken nach. Er ging am
Holz wirkte beruhigend, und man lag so gut darin.        geschlossenen Zeitungskiosk vorbei und an den
Auch die anderen gingen zur Ruhe. Sie hatten immer       unbesetzten Tresen der check-in´s. Weiter hinten
noch elende Kopfschmerzen. Aber das Café – das           sah er die Lampen des Cafés, auch die spendeten am
war bis zum Eintreffen des Inspektors sauber wie         späten Abend nur gedämpftes Licht. Der Flughafen
geleckt.                                                 versank in seinen Nachtschlaf, um nach nur wenigen
                                                         Stunden wieder zu vollem Leben zu erwachen.

                                                                                                              10
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Der Direktor durchschritt gerade das Vestibül, als
ihm etwas ins Auge stach. Ein Stück entfernt, aus der
Business Lounge, drang ein Lichtschimmer. „Alle sind
doch weg …“ dachte der Direktor, „oder hat wer
vergessen, das Licht auszumachen?“ Verwundert
sah er zum Licht hinüber und richtete seine Schritte
auf den Warteraum.
Der Mann schob die angelehnte Tür vorsichtig auf
und erstarrte. Drinnen war es dämmrig, nur der
Fernseher flackerte und zauberte Schatten an die
Wand. Aber der Raum war nicht leer. Auf dem
Fußboden vor dem Fernseher saß ein kleiner Hund
und sah fern. Ab und zu schniefte er und machte
leise „wuff“.

                                                                                                Kairi Look. Die Flughafenwanzen geben nicht auf. Aus dem Estnischen von Irja Grönholm

                                                                                           11
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