Wie kommen Klassiker ins Bilderbuch? - Vortrag von Stefan Neuhaus im Rahmen der Ringvorlesung "Kinder und Medien"

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Wie kommen Klassiker ins Bilderbuch? - Vortrag von Stefan Neuhaus im Rahmen der Ringvorlesung "Kinder und Medien"
Wie kommen Klassiker ins
      Bilderbuch?
    Vortrag von Stefan Neuhaus
   im Rahmen der Ringvorlesung
        „Kinder und Medien“

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Wie kommen Klassiker ins Bilderbuch? - Vortrag von Stefan Neuhaus im Rahmen der Ringvorlesung "Kinder und Medien"
Gliederung

•   I. Was sind Klassiker?
•   II. Was machen Klassiker im Bilderbuch?
•   III. Fallbeispiele
•   IV. Schlussfolgerungen

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Wie kommen Klassiker ins Bilderbuch? - Vortrag von Stefan Neuhaus im Rahmen der Ringvorlesung "Kinder und Medien"
• „Ein ‚klassisches’ Werk – das ist ein
  wertbeständiges, vorbildliches, musterhaftes
  Werk im Gegensatz zu allem Ephemeren,
  Unzulänglichen, Mittelmäßigen.“
  Schulz / Doering: Klassik, S. 7.

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Wie kommen Klassiker ins Bilderbuch? - Vortrag von Stefan Neuhaus im Rahmen der Ringvorlesung "Kinder und Medien"
„Ein ‚literarischer Kanon’ ist die Summe literarischer Texte (und zugehöriger
    Autorennamen), die in einer Gesellschaft durch folgende (Wertungs-)
    Handlungen tradiert werden:
•   · dauerhafte Präsenz im Druck, am Markt; Aufnahme in Klassikerreihen
•   · Gesamtausgabe(n), insbesondere Kritische Ausgaben
•   · anhaltende Pflege in literaturvermittelnden Institutionen (Schule,
    Universität, Literaturkritik, literarische Gesellschaften u.a.)
•   · regelmäßige und ausführliche Behandlung in Literaturgeschichten, Lexika
    u.a.
•   · wiederholte Verarbeitung durch nachfolgende Autoren. [...]
    Kanonisierung ist [...] ein Ergebnis vieler, einander stützender
    Wertungshandlungen, häufig nicht-sprachlicher Art. Wertungen einzelner
    Personen spielen dabei wohl eher eine vorbereitende Rolle. Es sind vor
    allem Medien und Institutionen der Literaturvermittlung, deren Wertungen
    schließlich Kanonisierung bewirken.“
    Heydebrand / Winko: Einführung in die Wertung von Literatur, S. 222f.

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Wie kommen Klassiker ins Bilderbuch? - Vortrag von Stefan Neuhaus im Rahmen der Ringvorlesung "Kinder und Medien"
‚Gute‘ Bilderbücher sind in der Regel intentional an
       den Bedürfnissen ausgerichtet, die die
     Erwachsenen den Kindern unterstellen…

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                                Clara Suetens
                                (Illustrationen)

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Wie kommen Klassiker ins Bilderbuch? - Vortrag von Stefan Neuhaus im Rahmen der Ringvorlesung "Kinder und Medien"
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Wie kommen Klassiker ins Bilderbuch? - Vortrag von Stefan Neuhaus im Rahmen der Ringvorlesung "Kinder und Medien"
Entwicklung der Bilderbuchästhetik

 Heinrich        Wilhelm Busch:   Maurice Sendak: Wo
 Hoffmann: Der   Max und Moritz   die wilden Kerle
 Struwwelpeter   (1865)           wohnen (1963)
 (1845)

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Wie kommen Klassiker ins Bilderbuch? - Vortrag von Stefan Neuhaus im Rahmen der Ringvorlesung "Kinder und Medien"
• Kinder- und Jugendliteratur soll „Zugänge zur
  Literatur öffnen“.
  Thiele / Steitz-Kallenbach (Hg.): Handbuch Kinderliteratur, S. 9.

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Wie kommen Klassiker ins Bilderbuch? - Vortrag von Stefan Neuhaus im Rahmen der Ringvorlesung "Kinder und Medien"
Formen und Funktionen von Klassikern im
                 Bilderbuch

• Formen
  – illustrierter ‚klassischer‘ Text
  – bebilderte Nacherzählung eines ‚klassischen‘ Texts
• Funktionen
  [zusätzlich zu pädagogischen Aspekten]
  – Förderung der Lese- und Kunstsozialisation
  – ‚Bewahrung‘ (Tradierung / Aktualisierung) des kulturellen
     Gedächtnisses
  – kleinkindgerechte zeitgemäße Umsetzung eines ‚klassischen‘
     Texts
  – Schaffung bibliophiler Kunstwerke (für erwachsene Rezipienten)

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Wie kommen Klassiker ins Bilderbuch? - Vortrag von Stefan Neuhaus im Rahmen der Ringvorlesung "Kinder und Medien"
1. Beispiel

• Verena Ballhaus: Gefunden. Johann
  Wolfgang Goethe 1813. Zürich: Bajazzo
  Verlag 2003.

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Johann Wolfgang von Goethe:
   Heide[n]röslein

Sah ein Knab' ein Röslein stehn,   Und der wilde Knabe brach
Röslein auf der Heiden,            's Röslein auf der Heiden;
war so jung und morgenschön,       Röslein wehrte sich und stach,
lief er schnell, es nah zu sehn,   half ihm doch kein Weh und Ach,
sah's mit vielen Freuden.          mußt' es eben leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,     Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.            Röslein auf der Heiden.
                                   (1789)

Knabe sprach: Ich breche dich,
Röslein auf der Heiden!
Röslein sprach: Ich steche dich,
daß du ewig denkst an mich,
und ich will's nicht leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.

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Ein Beispiel für die übliche
Dekodierung der erotischen
Konnotationen des Gedichts
aus dem Jahr 1918

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2. Beispiel

• Johann Wolfgang Goethe: Meeres Stille
  und Glückliche Fahrt. Illustriert von Peter
  Schössow. München u. Wien: Carl Hanser
  2004.

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3. Beispiel

• Jacky Gleich: Friedrich Schiller: Der
  Handschuh. Berlin: Kindermann 2005
  (Poesie für Kinder).

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4. Beispiel

• Theodor Fontane: Herr von Ribbeck auf
  Ribbeck im Havelland. Holzschnitte von
  Nonny Hogrogian. Zürich: Atlantis 2005.

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5. Beispiel

• Seltsame Abenteuer des Don Quijote.
  Erzählt von Jürgen Schubiger. Bilder von
  Jassen Ghiuselev. Hg. von Ute Blaich.
  Berlin: Aufbau 2003 (Kinderbuchklassiker).

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6. Beispiel

• Faust nach Johann Wolfgang von Goethe.
  Neu erzählt von Barbara Kindermann. Mit
  Bildern von Klaus Ensikat. 2. Aufl. Berlin:
  Kindermann 2002 (Weltliteratur für
  Kinder).

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7. Beispiel

• Johann Wolfgang von Goethe / Sabine
  Wilharm: Der Zauberlehrling. Poesie für
  Kinder. Berlin: Kindermann 2006.

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8. Beispiel

• F.K. Waechter: Prinz Hamlet. Zürich:
  Diogenes 2005.

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                         Bücher Waechters, 1970
                         erschienen

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Ein Beispiel für neue Klassiker des
                       Bilderbuchs (1990)

(in 27 verschiedene Sprachen übersetzt, weltweit ca. 1,8 Mio. Ex. verkauft)
Literaturnachweis

• Der Vortrag basiert auf einem bereits
  publizierten Aufsatz:
  – Stefan Neuhaus: Wie kommen Klassiker ins
    Bilderbuch? In: Jens Thiele u. Elisabeth Hohmeister
    (Hg.): Neue Impulse der Bilderbuchforschung.
    Baltmannsweiler: Schneider-Verlag Hohengehren
    2007, S. 129-145.

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Weiterführende Literatur
•   Hans-Heino Ewers: Literatur für Kinder und Jugendliche. Eine Einführung in
    grundlegende Aspekte des Handlungs- und Symbolsystems Kinder- und
    Jugendliteratur. Mit einer Auswahlbibliographie. München: Fink 2000 (Studienbücher
    Literatur und Medien).
•   Renate v. Heydebrand u. Simone Winko: Einführung in die Wertung von Literatur.
    Systematik – Geschichte – Legitimation. Paderborn u.a. 1996 (UTB 1953).
•   Gerhard Schulz / Sabine Doering: Klassik. Geschichte und Begriff. München: C.H.
    Beck 2003 (Beck’sche Reihe: Wissen).
•   Jens Thiele (Hg.): Bilderbücher entdecken. Untersuchungen, Materialien und
    Empfehlungen zum kritischen Gebrauch einer Buchgattung. Oldenburg: Isensee
    1985.
•   Jens Thiele: Das Bilderbuch. Ästhetik – Theorie – Analyse – Didaktik – Rezeption. Mit
    Beiträgen von Jane Doonan u.a. Oldenburg: Isensee 2000.
•   Jens Thiele: Das Bilderbuch. In: Thiele / Steitz-Kallenbach (Hg.): Handbuch
    Kinderliteratur. Grundwissen für Ausbildung und Praxis. Freiburg u.a.: Herder 2003,
    S. 70-98.
•   Jens Thiele (Hg.): Neue Erzählformen im Bilderbuch. Untersuchungen zu einer
    veränderten Text-Bild-Sprache. Oldenburg: Isensee 1991.

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