Wie kommen Klassiker ins Bilderbuch? - Vortrag von Stefan Neuhaus im Rahmen der Ringvorlesung "Kinder und Medien"
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Wie kommen Klassiker ins Bilderbuch? Vortrag von Stefan Neuhaus im Rahmen der Ringvorlesung „Kinder und Medien“ 1
Gliederung • I. Was sind Klassiker? • II. Was machen Klassiker im Bilderbuch? • III. Fallbeispiele • IV. Schlussfolgerungen 2
• „Ein ‚klassisches’ Werk – das ist ein wertbeständiges, vorbildliches, musterhaftes Werk im Gegensatz zu allem Ephemeren, Unzulänglichen, Mittelmäßigen.“ Schulz / Doering: Klassik, S. 7. 3
„Ein ‚literarischer Kanon’ ist die Summe literarischer Texte (und zugehöriger Autorennamen), die in einer Gesellschaft durch folgende (Wertungs-) Handlungen tradiert werden: • · dauerhafte Präsenz im Druck, am Markt; Aufnahme in Klassikerreihen • · Gesamtausgabe(n), insbesondere Kritische Ausgaben • · anhaltende Pflege in literaturvermittelnden Institutionen (Schule, Universität, Literaturkritik, literarische Gesellschaften u.a.) • · regelmäßige und ausführliche Behandlung in Literaturgeschichten, Lexika u.a. • · wiederholte Verarbeitung durch nachfolgende Autoren. [...] Kanonisierung ist [...] ein Ergebnis vieler, einander stützender Wertungshandlungen, häufig nicht-sprachlicher Art. Wertungen einzelner Personen spielen dabei wohl eher eine vorbereitende Rolle. Es sind vor allem Medien und Institutionen der Literaturvermittlung, deren Wertungen schließlich Kanonisierung bewirken.“ Heydebrand / Winko: Einführung in die Wertung von Literatur, S. 222f. 4
‚Gute‘ Bilderbücher sind in der Regel intentional an den Bedürfnissen ausgerichtet, die die Erwachsenen den Kindern unterstellen… Sandra Grimm (Text) / Clara Suetens (Illustrationen) 5
Entwicklung der Bilderbuchästhetik Heinrich Wilhelm Busch: Maurice Sendak: Wo Hoffmann: Der Max und Moritz die wilden Kerle Struwwelpeter (1865) wohnen (1963) (1845) 7
• Kinder- und Jugendliteratur soll „Zugänge zur Literatur öffnen“. Thiele / Steitz-Kallenbach (Hg.): Handbuch Kinderliteratur, S. 9. 8
Formen und Funktionen von Klassikern im Bilderbuch • Formen – illustrierter ‚klassischer‘ Text – bebilderte Nacherzählung eines ‚klassischen‘ Texts • Funktionen [zusätzlich zu pädagogischen Aspekten] – Förderung der Lese- und Kunstsozialisation – ‚Bewahrung‘ (Tradierung / Aktualisierung) des kulturellen Gedächtnisses – kleinkindgerechte zeitgemäße Umsetzung eines ‚klassischen‘ Texts – Schaffung bibliophiler Kunstwerke (für erwachsene Rezipienten) 9
1. Beispiel • Verena Ballhaus: Gefunden. Johann Wolfgang Goethe 1813. Zürich: Bajazzo Verlag 2003. 10
Johann Wolfgang von Goethe: Heide[n]röslein Sah ein Knab' ein Röslein stehn, Und der wilde Knabe brach Röslein auf der Heiden, 's Röslein auf der Heiden; war so jung und morgenschön, Röslein wehrte sich und stach, lief er schnell, es nah zu sehn, half ihm doch kein Weh und Ach, sah's mit vielen Freuden. mußt' es eben leiden. Röslein, Röslein, Röslein rot, Röslein, Röslein, Röslein rot, Röslein auf der Heiden. Röslein auf der Heiden. (1789) Knabe sprach: Ich breche dich, Röslein auf der Heiden! Röslein sprach: Ich steche dich, daß du ewig denkst an mich, und ich will's nicht leiden. Röslein, Röslein, Röslein rot, Röslein auf der Heiden. 11
Ein Beispiel für die übliche Dekodierung der erotischen Konnotationen des Gedichts aus dem Jahr 1918 12
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2. Beispiel • Johann Wolfgang Goethe: Meeres Stille und Glückliche Fahrt. Illustriert von Peter Schössow. München u. Wien: Carl Hanser 2004. 17
3. Beispiel • Jacky Gleich: Friedrich Schiller: Der Handschuh. Berlin: Kindermann 2005 (Poesie für Kinder). 18
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4. Beispiel • Theodor Fontane: Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland. Holzschnitte von Nonny Hogrogian. Zürich: Atlantis 2005. 22
5. Beispiel • Seltsame Abenteuer des Don Quijote. Erzählt von Jürgen Schubiger. Bilder von Jassen Ghiuselev. Hg. von Ute Blaich. Berlin: Aufbau 2003 (Kinderbuchklassiker). 23
6. Beispiel • Faust nach Johann Wolfgang von Goethe. Neu erzählt von Barbara Kindermann. Mit Bildern von Klaus Ensikat. 2. Aufl. Berlin: Kindermann 2002 (Weltliteratur für Kinder). 24
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7. Beispiel • Johann Wolfgang von Goethe / Sabine Wilharm: Der Zauberlehrling. Poesie für Kinder. Berlin: Kindermann 2006. 27
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8. Beispiel • F.K. Waechter: Prinz Hamlet. Zürich: Diogenes 2005. Eines der berühmtesten Bücher Waechters, 1970 erschienen 30
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Ein Beispiel für neue Klassiker des Bilderbuchs (1990) (in 27 verschiedene Sprachen übersetzt, weltweit ca. 1,8 Mio. Ex. verkauft)
Literaturnachweis • Der Vortrag basiert auf einem bereits publizierten Aufsatz: – Stefan Neuhaus: Wie kommen Klassiker ins Bilderbuch? In: Jens Thiele u. Elisabeth Hohmeister (Hg.): Neue Impulse der Bilderbuchforschung. Baltmannsweiler: Schneider-Verlag Hohengehren 2007, S. 129-145. 39
Weiterführende Literatur • Hans-Heino Ewers: Literatur für Kinder und Jugendliche. Eine Einführung in grundlegende Aspekte des Handlungs- und Symbolsystems Kinder- und Jugendliteratur. Mit einer Auswahlbibliographie. München: Fink 2000 (Studienbücher Literatur und Medien). • Renate v. Heydebrand u. Simone Winko: Einführung in die Wertung von Literatur. Systematik – Geschichte – Legitimation. Paderborn u.a. 1996 (UTB 1953). • Gerhard Schulz / Sabine Doering: Klassik. Geschichte und Begriff. München: C.H. Beck 2003 (Beck’sche Reihe: Wissen). • Jens Thiele (Hg.): Bilderbücher entdecken. Untersuchungen, Materialien und Empfehlungen zum kritischen Gebrauch einer Buchgattung. Oldenburg: Isensee 1985. • Jens Thiele: Das Bilderbuch. Ästhetik – Theorie – Analyse – Didaktik – Rezeption. Mit Beiträgen von Jane Doonan u.a. Oldenburg: Isensee 2000. • Jens Thiele: Das Bilderbuch. In: Thiele / Steitz-Kallenbach (Hg.): Handbuch Kinderliteratur. Grundwissen für Ausbildung und Praxis. Freiburg u.a.: Herder 2003, S. 70-98. • Jens Thiele (Hg.): Neue Erzählformen im Bilderbuch. Untersuchungen zu einer veränderten Text-Bild-Sprache. Oldenburg: Isensee 1991. 40
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