WIEVIEL MATHEMATIK BRINGEN UNSERE STUDIENANFÄNGER/INNEN MIT? - Bernd Thaller Institut für Mathematik und Wissenschaftliches Rechnen, Universität ...
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WIEVIEL MATHEMATIK BRINGEN UNSERE STUDIENANFÄNGER/INNEN MIT? Bernd Thaller Institut für Mathematik und Wissenschaftliches Rechnen, Universität Graz Vortrag am 6.2.2020 in Graz
LEMMA LERNSTAND, EINSTELLUNGEN UND MOTIVATION ZUR MATHEMATIK ➤ Erhebungen seit Oktober 2013 jeweils zu Studienbeginn ➤ Lehramtsstudierende des Unterrichtsfachs Mathematik ➤ Teilnehmer: Uni Graz, PH Steiermark, Uni Innsbruck, PH Tirol, PH Oberösterreich ➤ gelegentlich: Uni Klagenfurt, PH Salzburg, PH Niederösterreich, PH Vorarlberg ➤ Projektteam: Martin Andre, Klaus Aspetsberger, Myriam Burtscher, Christa Juen- Kretschmer, Christoph Gruber, Josef Ranz, Klaudia Singer, Bernd Thaller
RAHMENBEDINGUNGEN: ÄNDERUNGEN DURCH BILDUNGSPOLITIK Seit 2008: Bildungsstandards Seit 2014/15 an AHS (2015/16 an BHS): Zentralmatura - Standardisierte Reife- (und Diplom-) Prüfung Seit 2015/16: PädagogInnenbildung-Neu Sekundarstufenlehramt ohne Referendariat
RAHMENBEDINGUNGEN: ÄNDERUNGEN DURCH BILDUNGSPOLITIK Seit 2008: Bildungsstandards Seit 2014/15 an AHS (2015/16 an BHS): Zentralmatura - Standardisierte Reife- (und Diplom-) Prüfung Seit 2015/16: PädagogInnenbildung-Neu Sekundarstufenlehramt ohne Referendariat
VORHER - REIFEPRÜFUNG Gegeben ist die Funktion 3 x f:y= 2 x −1 Diskutiere diese Funktion (Nullstellen, Extremwerte, Wendepunkte, Asymptoten) und zeichne den Graphen im Bereich [-6 ; 6]. Berechne den Flächeninhalt des Flächenstücks, das vom Funktionsgraphen, den schrägen Asymptoten, sowie den Geraden mit den Gleichungen x = 2 und x = 6 begrenzt wird. Eine Aufgabe (von 4) einer Reifeprüfung aus dem Jahr 2007 Klagenfurt, Österreich. Lösungshäufigkeit: sehr zufriedenstellend Quelle: W.Peschek (2012)
VORHER - STUDIENBEGINN Kreuzen Sie an, welche Eigenschaften für die angegebenen Funktionen zutreffen 1 f1(x) = 2 − x f2(x) = − x …ist monoton wachsend für alle x
VORHER W. Peschek (2012): Die österreichischen Schülerinnen und Schüler bewältigen bei der schriftlichen Reifeprüfung mit Bravour relativ komplexe (vorwiegend operative) Aufgaben, zu deren Bearbeitung Grundkenntnisse erforderlich sind, über die sie in der Regel nicht (ausreichend/nachhaltig) verfügen. und Eine in Klasse A erfolgreich bewältigte Aufgabe könnte man in kaum einer anderen österreichischen Klasse ungestraft zur Reifeprüfung geben. Quelle: W.Peschek (2012)
VORHER ➤ „MU vorher“ war kein Erfolgsmodell ➤ er erzeugte Mathematik-Angst und -Feindschaft in der Gesellschaft ➤ Frage nach dem Sinn des MU wurde lauter
SEIT 2014/15 - UMORIENTIERUNG ➤ standardisierte, kompetenzorientierte Reife- (und Diplom-) Prüfung ➤ orientiert sich an bildungstheoretischen Überlegungen ➤ Fokus Allgemeinbildung (Hans Werner Heymann) ➤ Fähigkeit zu Kommunikation mit Experten (Roland Fischer) ➤ Verstärkte Berücksichtigung anderer Handlungsbereiche (Modellieren, Interpretieren, Argumentieren und Begründen) ➤ Betonung von Grundkompetenzen
LEMMA LERNSTAND, EINSTELLUNGEN UND MOTIVATION ZUR MATHEMATIK ➤ Lehramtsstudierende des Unterrichtsfachs Mathematik an der Uni Graz ➤ Seit Oktober 2013 jeweils am ersten Tag des ersten Semesters im LA- Studium, später (ab 2016) noch einmal im 7. Semester ➤ Testheft mit 15 Aufgaben (Grundkompetenzen, alle Inhalts- und Handlungsbereiche) ➤ Bearbeitungszeit durchschnittlich 5 Minuten pro Aufgabe ➤ Kein Computer oder Taschenrechner! ➤ 1/0 - Bewertung, detaillierte Korrekturhinweise ➤ Maximal erreichbare Punktezahl: 15
LEMMA - STICHPROBE ➤ Uni Graz: Studienanf. LA-Mathematik (jeweils Oktober von 2013 bis 2018) n=859 (m: 374, w: 485) ➤ Lehramt Sek II (Gymnasium: AHS+BHS) bis 2015 bzw. Lehramt Sekundarstufe ab 2015 ➤ davon mit zentraler Reifeprüfung: 319 (m: 114, w: 205) ➤ AHS-Schulvergangenheit: 570; BHS und sonstige: 289 ➤ Uni Leipzig: Studienanf. 2016: n=222 (m: 117, w: 102, k.A.: 3) ➤ Uni Graz im 7. Semester: n=88 (m: 39, w: 49)
AUFGABE 1 ➤ Lösungshäufigkeiten ➤ Graz LA-M 2013-2018 zu Studienbeginn (n=859): 36% (m: 49%, w: 25%) ➤ im 7. Semester (n=88): 80% (m: 85%, w: 76%) ➤ Leipzig 2016 (n=222): 55% (m: 73%, w: 35%) ➤ Graz mit zentraler RP: 36% (m: 46%, w: 30%) ➤ Schlechter bei an Technologie gewöhnten Studierenden
AUFGABE 2 ➤ Lösungshäufigkeiten ➤ Graz LA-M 2013-2018 A2 Lösungen eines Gleichungssystems zu Studienbeginn (n=859): Gegeben ist das folgende Gleichungssystem in den Unbekannten x und y: 34% (m: 32%, w: 35%) I: 3×x – 2×y = 1 ➤ im 7. Semester (n=88): II: –6×x + b×y = c 69% (m: 77%, w: 63%) mit b, c Î ℝ. ➤ Leipzig 2016 (n=222): Aufgabenstellung: 28% (m: 34%, w: 22%) Bestimmen Sie b und c so, dass das Gleichungssystem unendlich viele Lösungen hat! ➤ Graz mit zentraler RP: b = ______________ c = _______________ 55% (m: 44%, w: 60%) ➤ Graz vor zentraler RP: 22% (m: 27%, w: 16%)
AUFGABE 4 ➤ Lösungshäufigkeiten ➤ Graz LA-M 2013-2018 zu Studienbeginn (n=859): 11% (m: 16%, w: 07%) ➤ im 7. Semester (n=88): 39% (m: 64%, w: 18%) ➤ Leipzig 2016 (n=222): 10% (m: 15%, w: 05%) ➤ Graz mit zentraler RP: 09% (m: 15%, w: 05%) ➤ Graz vor zentraler RP: 12% (m: 16%, w: 08%)
AUFGABE 11 ➤ Lösungshäufigkeiten ➤ Graz LA-M 2013-2018 zu Studienbeginn (n=859): 50% (m: 48%, w: 52%) ➤ im 7. Semester (n=88): 63% (m: 74%, w: 53%) ➤ Leipzig 2016 (n=222): 71% (m: 70%, w: 75%) ➤ Graz mit zentraler RP: 56% (m: 50%, w: 59%) ➤ Graz vor zentraler RP: 47% (m: 47%, w: 47%) ➤ Besser bei an Technologie gewöhnten Studierenden
AUFGABE 11 Motorrad 1 ist von 0 bis t1 schneller als Motorrad 2 von t1 - t2 ist jedoch Motorrad 2 schneller Die Geschwindigkeit pendelt sich von Motorrad 1 am Schluss ein im Gegensatz zu Motorrad 2
AUFGABE 11 n=156 Beurteilung: Beurteilung: Korrektoren 1=richtig 0=falsch ohne Korrekturhinweis 29 50 (79) (37%) (63%) Motorrad 1 ist von 0 bis t1 schneller als Motorrad 2 mit Korrekturhinweis 39 38 (77) von t1 - t2 ist jedoch Motorrad (51%) (49%) 2 schneller Ein Punkt ist dann zu geben, wenn folgende drei Beobachtungen angesprochen werden: 1. Motorrad 2 erhöht seine Geschwindigkeit während der ganzen Fahrt. Die Geschwindigkeit pendelt 2. Motorrad 1 erhöht bis zum Zeitpunkt t_1 seine Geschwindkigkeit rascher als Motorrad 2 sich von Motorrad 1 am Schluss ein 3. Ab dem Zeitpunkt t_1 senkt Motorrad 1 seine Geschwindigkeit . im Gegensatz zu Motorrad 2 Kein Punkt ist zu geben, wenn nur die Kurven selbst beschrieben werden Es müssen beide Geschwindigkeitsverläufe beschrieben werden. Wenn sich eine eindeuGg falsche Aussage in der Lösung befindet, ist das gesamte Beispiel als falsch zu werten. ….. Korrekturhinweis (Auszug)
ZUSAMMENFASSUNG - LERNSTANDSERHEBUNG erreichte Punkte (0-15) nach Geschlecht 70 60 50 40 30 20 10 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 m w
ZUSAMMENFASSUNG - LERNSTANDSERHEBUNG Lösungshäufigkeiten der Aufgaben 1-15 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 m w
ZUSAMMENFASSUNG - LERNSTANDSERHEBUNG Graz 13-18 Graz alte-RP Graz zentr.-RP Leipzig 2016 Graz 7. Sem n=859 n=540 n=319 n=222 n=88 (m: 374, w: 485) (m: 260, w: 280) (m: 114, w: 205) (m: 102, w: 117) (m: 39, w: 49) Gesamtpunkte (von 15) 5,51 4,36 7,45 6,55 9,42 m 5,83 5,12 7,45 7,62 11,10 w 5,26 3,66 7,44 5,76 8,08
NICHT ALLES IST BESSER GEWORDEN! Kompetenzkataloge für die Reifeprüfung werden de-facto Lehrpläne (Stichwort Logarithmus). Teaching to the test. Zusätzliche Kompetenzbereiche bewirken eine stärkere Betonung von „soft skills“ (verbalisieren, reflektieren, …) Zeit für die Entwicklung operativer Fähigkeiten geht verloren. Psychometrie: punktuelle Kompetenzüberprüfungen (0-1 Aufgaben) - keine komplexeren, aufbauenden Lösungsvorgänge Kompetenzverschleierung durch verpflichtende Verwendung von Computern bei den Prüfungen
NICHT ALLES IST BESSER GEWORDEN! Gegeben ist die Funktion f mit f(x) = c ax (c in IR, a > 0). Bestimmen Sie die Koordinaten des Schnittpunkts des Graphen von f mit der y-Achse. Lösung durch Nachdenken vs. Lösung durch Ausprobieren mit Geogebra und raten 73% der Schüler/innen einer getesteten Klasse verwendeten Geogebra zur Lösung.
NICHT ALLES IST BESSER GEWORDEN! Sigrid Thaller: Mathematisches Seminar für Sportwissenschaften im 2. Studiensemester seit WS 2002/2003 … insgesamt 1299 Teilnehmer/innen zB.: Aufgabe: (ca 2 Min. Zeit, kein Taschenrechner) 18 17 > ? ja/nein 19 18 Lösungserwartung bei zufälligem Ankreuzen: 50% gemessene Lösungshäufigkeit 40,3% (!) Fehlvorstellung: „Wenn unten etwas Größeres steht, wird der Bruch kleiner“
NICHT ALLES IST BESSER GEWORDEN! 18 17 > ? ja/nein 19 18 Zeitliche Entwicklung der Lösungshäufigkeit 2002-2019 (n = 40 im Durchschnitt) 0,6 0,5 zufälliges Ankreuzen 0,4 0,3 0,2 0,1 0 02W 03W 04S 04W 55 05W 06S 06W 07S 07W 08S 08W 09S 09W 10S 10W 11S 11W 12S 12W 13S 13W 14W 15S 15W 16S 16W 17S 17W 18S 18W 18S
VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT! Uli Stein: Pisa-Alarm
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