Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Wasserstofferzeugung aus Offshore-Windstrom
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WP&More WindPower & More Consulting Kurzbericht Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Wasserstofferzeugung aus Offshore-Windstrom Auswertungen im Rahmen des AP 5 im Projekt „Unterstützung zur Aufstellung und Fortschreibung des FEP“ 28. Mai 2020 Hans Dambeck, Paul Wendring (Prognos AG) Dr.-Ing. Jürgen Wilms (B E T Büro für Energiewirtschaft und technische Planung GmbH) © iStock – CahrlieChesvick Seite I
Inhaltsverzeichnis Tabellenverzeichnis IV Abbildungsverzeichnis V 1 Einleitung und Hintergrund 1 2 Betrachtungsfälle 2 3 Annahmen zu den unterschiedlichen Betrachtungsfällen 3 3.1 Grundlegende Eigenschaften von Wasserstoff 3 3.2 Offshore-Elektrolyseplattform 5 3.3 Leistungsverhältnis aus Offshore-Windpark und Elektrolyse 7 3.4 Pipelinedimensionierung 8 3.5 Schiffstransport 9 3.6 Elektrolyse und Verdichtung an Land 11 4 Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsberechnungen 12 5 Kurzstellungnahmen zu weiteren Sachfragen 14 5.1 Auswirkungen der Verwendung eines Offshore-Windpark-eigenen Kabels gegenüber der Verwendung eines ÜNB Kabels 14 5.2 Vorteile der flexiblen Verteilmöglichkeit des Wasserstoffs beim Schiffstransport 15 5.3 Gegenüberstellung des Flächenbedarfs Offshore bei Nutzung einer Pipeline oder eines Stromkabels bei gleicher Energieübertragungsleistung 16 5.4 Vorteile und Hürden bei der Verwendung bestehender Pipelines 17 6 Fazit 19 6.1 Kostenbewertung der Varianten 19 6.2 Offene Fragen und Vertiefungsmöglichkeiten 20 7 Anhang: Kostenannahmen zur Berechnung der Wasserstoffkosten 22 Seite II
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Betrachtungsfälle 2 Tabelle 2: Physikalische und chemische Eigenschaften von Wasserstoff und Methan 5 Tabelle 3: Pipelinedimensionierung 9 Tabelle 4: Voraussichtliches Verkehrsaufkommen der H2-Transportschiffe 10 Tabelle 5: Auslegungsgrößen und Annahmen 22 Tabelle 6: Absolute Investition (Mio. EUR) 26 Tabelle 7: Annahmen zu Betriebskosten, Vollbenutzungsstunden und Lebensdauer 27 Seite IV
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Wasserstoff-Gestehungskosten in Abhängigkeit vom Leistungsverhältnis aus Stromerzeugung und Elektrolyse 7 Abbildung 2: Ergebnisse der Bereitstellungskosten von Wasserstoff an Punkt C 12 Seite V
WP&More WindPower & More Consulting 1 Einleitung und Hintergrund Gemäß § 5 WindSeeG kann das BSH sonstige Energiegewinnungsbereiche außerhalb von Gebie- ten für den Betrieb von Windenergieanlagen auf See mit Netzanschluss festlegen, auf denen Windenergieanlagen, die nicht an das Netz angeschlossen werden, errichtet werden können. Hauptanwendungsfeld für solche Anlagen wird mittelfristig vermutlich die Erzeugung von soge- nanntem grünem Wasserstoff sein. Dabei wird Wasserstoff in einer Wasserelektrolyseanlage mit Hilfe des Stroms aus einem Offshore-Windpark erzeugt. Bisher existieren solche Anlagen jedoch noch nicht und es liegen daher noch keinerlei Beispiel- projekte mit einer bestimmten Gesamtkonfiguration vor. Um die sonstigen Energiegewinnungsbe- reiche in Lage und Größe möglichst bedarfsgerecht festlegen zu können, müssen daher einige Annahmen darüber getroffen werden, wie eine solche Konfiguration potenziell aussehen könnte. Entscheidend sind hierbei insbesondere zwei Kernfragen: ◼ Wird die Elektrolyse auf See oder an Land errichtet? ◼ In welcher Form wird die offshore erzeugte Energie an Land und weiter bis zum Bereitstel- lungspunkt transportiert? Die Lage der Elektrolyse wirkt sich insbesondere auf den Raumbedarf der Offshore-Flächen selbst sowie auf die Transportform der Energie zum Land aus. Wird die Energie zunächst in Form von Strom per Kabel an die Küste transportiert, ergeben sich andere Anforderungen an die freizuhal- tenden Trassenräume sowie die Lage der Fläche, als wenn der Wasserstoff bereits offshore er- zeugt und per Pipeline zum Land transportiert wird. Alternativ werden von einigen Projektentwick- lern auch Konzepte für einen Transport des Wasserstoffs per Tankschiff vorgeschlagen. Die Verflüssigung des Wasserstoffs für den Transport analog zur LNG-Logistik wird in dieser Un- tersuchung nicht betrachtet, da der erforderliche technologische Entwicklungsaufwand für ent- sprechende Betriebsmittelkomponenten auf Grund des niedrigen Siedepunkts von Wasserstoff (- 253 °C) diesen Weg mittelfristig unrealistisch erscheinen lässt. Eine weitere Möglichkeit zur Speicherung und zum Transport von Wasserstoff ist die chemische Bindung des Gases an flüssige organische Substanzen. Diese LOHC-Technik (LOHC = Liquid Orga- nic Hydrogen Carrier) ist vor allem dann wirtschaftlich, wenn relativ geringe Mengen Wasserstoff über vergleichsweise weite Entfernungen zu transportieren sind. Für die Belieferung von Wasser- stofftankstellen ist die LOHC-Technik besonders interessant, weil sowohl ihr Transport als auch die Lagerung vor Ort in vorhandenen Tankbehältern erfolgen kann. Für den „Bulk-Transport“ gro- ßer Mengen Wasserstoff über große Entfernungen scheidet die LOHC-Technik jedoch von vornhe- rein aus Wirtschaftlichkeitsgründen aus. Seite 1
2 Betrachtungsfälle Ein wichtiger Anhaltspunkt für die Auswahl einer konkreten Technologie ist neben ihrer zeitge- rechten kommerziellen Verfügbarkeit die Wirtschaftlichkeit, also die Gesamtkosten der Wasser- stofferzeugung und des Transports bis zum Bereitstellungspunkt. In der hier durchgeführten Untersuchung wurden daher die Bereitstellungskosten des Wasser- stoffs für vier unterschiedliche Betrachtungsfälle und für jeweils drei unterschiedliche Gesamtleis- tungen der angeschlossenen Offshore-Windparks ermittelt. Die Fälle wurden auf Basis der Ab- stimmungen mit dem BSH im Rahmen der Nachbesprechung zum Workshop „Sonstige Energiege- winnungsbereiche“ vom 07.11.2019 sowie des siebten Arbeitstreffens im Hauptvorhaben am 19.11.2019 festgelegt. Die folgende Tabelle 1 zeigt die betrachteten Fälle. Tabelle 1: Betrachtungsfälle Nr. Elektrolyse in A→B B→C 1 A Pipeline Pipeline 2 B Seekabel Pipeline 3 C Seekabel Erdkabel Schiff Bahn 4 A (Container) (Container) © Prognos, 2019 Für die Entfernungen der Transportabschnitte A → B und B → C werden je 150 km angenommen. Je Betrachtungsfall werden Gesamtleistungen der Windenergieanlagen in Punkt A von 500 MW, 2 GW und 10 GW betrachtet. Für den Pipelinetransport offshore wird ein Ausgangsdruck des Was- serstoffs am Übergabepunkt C von 30 bar zu Grunde gelegt. Für den Transport per Schiff wird eine Verdichtung des Wasserstoffs auf 500 bar untersucht. Außerdem wird die Betrachtung für den Fall 4 (Schiffstransport) auf die Dimensionierung von 500 MW begrenzt, da die benötigten Lagerflächen für Drucktanks auf See in den anderen Fällen zu groß würden (siehe Abschnitt 3.5). Seite 2
3 Annahmen zu den unterschiedlichen Betrachtungsfällen Im Folgenden werden einige grundlegende Annahmen zu den unterschiedlichen Erzeugungs- und Transportvarianten für Wasserstoff erläutert. Die detaillierten für die Berechnungen verwendeten Annahmen zu Kosten und Dimensionierungen sind im Anhang in Abschnitt 7 zu finden. 3.1 Grundlegende Eigenschaften von Wasserstoff Wasserstoff fällt durch eine Reihe von Alleinstellungsmerkmalen unter den chemischen Elemen- ten auf, die verschiedene Herausforderungen beim Transport mit sich bringen. Bestehend aus nur einem Proton und einem Elektron ist das Wasserstoffatom das kleinste Atom und das Was- serstoffmolekül (zwei Wasserstoffatome) das kleinste und leichteste Molekül. Seite 3
Tabelle 2 stellt verschiedene chemische und physikalische Eigenschaften von Wasserstoff und Methan (CH4) gegenüber. Weil Methan den überwiegenden Anteil von Erdgas ausmacht1, sind die Eigenschaften von Erdgas mit hohen Methananteilen (H-Gas) mit den Werten von Methan ver- gleichbar. Grundsätzlich ist der Energietransport in Form von Wasserstoff gegenüber Erdgas weni- ger effizient. Im Vergleich der beiden Energieträger sind folgende Punkte entscheidend: ◼ Die volumenbezogene Energiedichte von Wasserstoff beträgt bei Normbedingungen (0°C, 1 bar) mit 3,54 kWh/Nm³ Brennwert nur knapp ein Drittel der Energiedichte von Methan. Komprimiert auf 500 Bar erhöht sich der Brennwert zwar deutlich, bleibt aber etwa bei 30% des Brennwertes von Methan. Selbst verflüssigt bei -253°C erreicht Wasserstoff nur ca. 43% des Brennwertes von verflüssigtem Methan (-162 °C). ◼ Aufgrund des geringen Molekulargewichtes und der geringen Dichte ist die Kompression von Wasserstoff mit einem höheren Energieaufwand verbunden als die Kompression von Methan. ◼ Die geringe Molekülgröße macht den Einsatz von Kolbenkompressoren notwendig, da Ra- dial- und Zentrifugalkompressoren aufgrund der Spaltmaße vor allem bei höheren Kom- pressionsdrücken nicht geeignet sind. ◼ Wasserstofftransport stellt höhere Anforderungen an Dichtungen, Verbindungen und Stell- einrichtungen (Ventile) im Leitungssystem. ◼ Je nach Pipelinematerial und Reinheitsgrad gibt es die sogenannte Wasserstoffkorrosion: Sie führt durch die Diffusion und Einlagerung von Wasserstoffatomen ins Metallgitter des Pipelinewerkstoffes zur Versprödung und Abnahme der Belastungsfähigkeit des Materi- als. Die Wasserstoffkorrosion wird weiter erforscht. 1 Je nach Quelle variiert der Methananteil im Erdgas, bei H-Gas liegt er im Bereich 87 bis 99 %. Seite 4
Tabelle 2: Physikalische und chemische Eigenschaften von Wasserstoff und Methan Parameter Wasserstoff (H2) Methan (CH4) Molekulargewicht [kg/kmol] 2,016 16,043 Dichte [kg/Nm³] 0,09 0,72 Dichte [kg/m³] bei 500 bar 33,02 295,36 Dichte [kg/m³] flüssig am Siedepunkt 70,8 422,6 Siedepunkt [°C] -253 -162 Brennwert [kWh/Nm³] 3,54 11,1 Brennwert [kWh/m³] bei 500 bar 1301 4549 Brennwert[kWh/m³] flüssig am Siedepunkt 2790 6508 Brennwert [kWh/kg] 39,4 15,4 Heizwert [kWh/Nm³] 3,00 10,0 Heizwert [kWh/kg] 33,3 13,9 Quelle (Eigene Darstellung auf Basis von https://www.linde-gas.at/de/images/1007_rechnen_sie_mit_wasserstoff_v110_tcm550- 169419.pdf |Wenn nicht anders angegeben: Bezug auf Normbedingungen 0 °C, 1,013 bar) © Prognos AG 2019 3.2 Offshore-Elektrolyseplattform In den Betrachtungsfällen 1 und 2 wird der Wasserstoff in direkter Nähe der Offshore-Windener- gieanlagen erzeugt. Dazu wird angenommen, dass die erforderlichen Elektrolyseanlagen und Hilfseinrichtungen zum Betrieb der Elektrolyse (insbesondere Transformatoren und Wasseraufbe- reitungsanlagen) zentral auf einer oder mehreren Plattformen in modularer Bauweise installiert werden. Ein solches Konzept wird derzeit beispielsweise in Zusammenarbeit zwischen der Tracte- bel Overdick GmbH und der Tractebel Engineering GmbH entwickelt (Tractebel Engineering GmbH, 2019). Ebenfalls wurde auf dem Workshop „Sonstige Energiegewinnungsbereiche“, der im Rahmen des Vorhabens am 25.09.2019 in Berlin durchgeführt wurde, sowohl von Seiten der E.ON SE als auch der SkyWind GmbH ein Plattform-Konzept für die Errichtung von Elektrolyseka- pazitäten auf See vorgeschlagen. Neben dem Plattform-Konzept werden auch andere Konzepte diskutiert bzw. vorentwickelt. So beinhaltet beispielsweise das Projekt „North Sea Wind Power Hub“ die Aufschüttung von künstli- chen Inseln. Auf dem im vorliegenden Projekt durchgeführten Fachworkshop waren sich die Teil- nehmer jedoch einig, dass ein solches Insel-Konzept eher als langfristige Option einzuschätzen sei. Für den Betrachtungszeitraum dieser Untersuchung (Inbetriebnahme zwischen 2030 und 2035) wird daher zunächst das Plattform-Konzept angenommen. Zusätzlich zu einer modularen Installation der Elektrolyseanlagen auf einer zentralen Plattform wird derzeit noch von der Ørsted A/S und der ITM Power an einer Lösung zur Integration von Seite 5
Elektrolyseuren in den Turm von Offshore-Windturbinen gearbeitet2. Dieses Konzept wird jedoch an dieser Stelle nicht näher betrachtet. Für die Dimensionierung der Plattform wurde folgende Abschätzung bezüglich des Raumbedarfs der Elektrolyseanlagen und Hilfseinrichtungen vorgenommen: Einer der derzeit größten verfügbaren Elektrolyseure, der Siemens Silyzer 300, hat inklusive der notwendigen Wasseraufbereitung und notwendigen Abstände zu den nächsten Begrenzungen ei- nen Bedarf von rund 187 m² Geschossfläche bei einer Nennleistung von 17,5 MW (Wolf & Dr. Saliger, 2019). Werden die Elektrolyseeinheiten in Containerbauweise modular auf der Plattform untergebracht, kann von einer Geschosshöhe von rund vier Metern ausgegangen werden. Bei viergeschossiger Anordnung ergibt sich daraus ein Flächenbedarf von 2,7 m² Grundfläche pro MW installierter Elektrolyseleistung inklusive Wasseraufbereitung. Wird der Flächenbedarf der Hilfskomponenten (insbesondere Transformatoren, Kompressoren, Kühleinrichtungen) hinzugerechnet, ergibt sich ein Flächenbedarf von rund 3 m² - 3,5 m² Grund- fläche pro MW installierter Elektrolyseleistung. Zusätzlich ist ggf. Raum für eine Wohnplattform für Wartungszwecke sowie einen Pipeline-Anschluss vorzusehen. Aus einer älteren Studie im Auftrag der GEO Gesellschaft für Energie und Ökologie GmbH lässt sich eine ähnliche Größenordnung des Raumbedarfs von etwa 3,1 m² pro MW Elektrolyseleistung ableiten (Altmann, Gaus, Landinger, Stiller, & Wurster, 2001). In einem Fachgespräch mit der Tractebel Engineering GmbH zu einem vorentwickelten Plattform- konzept wurde eine Grundfläche von 2250 m² für eine Plattform mit einer installierten Elektroly- seleistung von 400 MW inklusive aller Hilfskomponenten genannt. Der Flächenbedarf hier beträgt somit 5,6 m² pro MW Elektrolyseleistung. Das Plattformkonzept befindet sich jedoch derzeit in zweiter Überarbeitung mit dem Ziel einer kompakteren Bauweise insbesondere bei den Elektroly- seuren. Der genaue Flächenbedarf der Elektrolyseplattform hängt immer vom gewählten Plattformdesign ab. Für eine grobe Abschätzung im Rahmen dieser Studie gehen wir vor dem Hintergrund der oben angegebenen Quellen und eigener Abschätzungen von einem Flächenbedarf von rund 4 m² Grundfläche pro MW installierter Elektrolyseleistung aus. Für die Untersuchung wird angenommen, dass die fertigbaren und in der deutschen AWZ der Nordsee handhabbaren Offshore-Plattformen im Betrachtungszeitraum mit Inbetriebnahme im Zeitraum 2030 – 2035 in einer Größenordnung von standardmäßig etwa 10.000 m² liegen. Diese Größenordnung orientiert sich an einem weltweit häufig verwendeten Basis-Design-Konzept für Halbtaucher-Offshore-Öl-Bohr- und -Produktions-Plattformen. Das Moss Maritime CS-60 & CS- 70 Basic Design wurde für Heavy-Load- und Heavy-Duty-Offshore-Einsätze entwickelt. Nach dem oben beschriebenen angenommenen Raum- und Flächenbedarf würden auf einer solchen Platt- form ca. 2.500 MW Elektrolyseleistung installiert werden können. Demnach wären für den Fall einer installierten Windparkleistung von 10 GW und angenommenem Inselbetrieb vier Plattfor- men für die Elektrolyseure notwendig. Für die Abschätzung einer oberen Grenze für realisierbare Plattformdimensionen können die der- zeit größten im Einsatz befindlichen Plattformen angenommen werden. Die HVDC-ONAS- 2https://www.offshorewind.biz/2020/04/13/orsted-and-itm-power-explore-different-approach-to-integrating-offshore-wind-and-hydro- gen/?utm_source=offshorewind&utm_medium=email&utm_campaign=newsletter_2020-04-14 Seite 6
Plattformen DolWin2 und DolWin5 wurden beziehungsweise werden als sogenannte Gravity Base Structures (GBS) realisiert. Das GBS-Konzept wurde aus dem Konzept der Catamaran-Semi-Sub- mersible-Platform (CS) weiterentwickelt. Dieses Plattform-Konzept erlaubt eine weitestgehend freie und skalierbare Nutzung der Plattformfläche für unterschiedlichste Nutzungen. Es wird seit Jahrzehnten in der Offshore-Öl- und -Gas-Industrie eingesetzt, beispielsweise aber auch als mo- bile See-Aufklärungs-Radarstation oder als Raketenstartbasis. Als extreme Dimension können eine Länge des Arbeitsdecks von 180 m und eine Breite des Arbeitsdecks von 97,5 m gelten, wie sie beim Halbtaucher-Schwimmkran Sleipnir mit einer Arbeitsdeckfläche von 17.550 m² realisiert wurde. 3.3 Leistungsverhältnis aus Offshore-Windpark und Elektrolyse Zur Analyse der Elektrolysestromkosten in Abhängigkeit des Leistungsverhältnisses zwischen Offshore-Windpark und Elektrolyse wurden bereits im Hauptvorhaben verwendete teilsynthetisch erzeugte Winderzeugungsprofile in stündlicher Auflösung eingesetzt. Außerdem wurde eine Mini- mallast der Elektrolyse von 10 % der Nennleistung angenommen. Im Fall von Inselsystemen ohne weitere Netzanbindung besteht ein Optimierungspotenzial zwischen der Elektrolysekapazität und den Vollbenutzungsstunden der Elektrolyse sowie der Ausnutzung des produzierten Stroms und den resultierenden Wasserstoffgestehungskosten. In einem vereinfachten Beispiel ist das Optimum der Wasserstoff-Gestehungskosten zwischen EE- Erzeugung und Elektrolyse dargestellt (Abbildung 1). Abbildung 1: Wasserstoff-Gestehungskosten in Abhängigkeit vom Leistungsverhältnis aus Stromerzeu- gung und Elektrolyse | Zugrundeliegendes Windprofil: BSH-OWP-08 (2012) mit 4090 VLH (Netto) | keine Berücksichtigung der Plattform-, Infrastruktur-, und Leitungskosten Seite 7
Dargestellt sind die Wasserstoff-Gestehungskosten (LCOP H2, y-Achse) für die zwei Leistungsklas- sen (0,5 und 10 GW) unter Variation des Verhältnisses aus Elektrolyseleistung und Offshore- Windpark-Leistung (x-Achse). Mit Reduktion der Elektrolyseleistung gegenüber der Offshore-Wind- parkleistung sinkt die Ausnutzung des produzierten EE-Stroms und damit steigen die Elektroly- sestromkosten und der Stromkostenanteil der Wasserstoffkosten. Gleichzeitig steigen die Vollbe- nutzungsstunden der Elektrolyse und damit sinken die Kostenanteile der Elektrolyse an den Was- serstoffgestehungskosten. Da die Kostenanteile der Elektrolyse mit zunehmender Volllaststundenzahl stärker rückläufig sind als die Stromkosten der Elektrolyse aufgrund des geringeren Ausnutzungsgrades des EE-Stromes zunehmen, gibt es im hier abgebildeten Fall ein Minimum der Wasserstoffgestehungskosten im Bereich von 4.500 bis 5.000 VLH der Elektrolyse bzw. 80 bis 90 % Elektrolyseleistung der Offs- hore-Windpark-Leistung. Für eine Gesamtoptimierung der Bereitstellungskosten von Wasserstoff am Punkt C müssten wei- tere Größen wie die Plattformkosten, Infrastrukturkosten und Leitungskosten berücksichtigt wer- den. Diese Optimierung kann nur im Rahmen einer technischen Detailplanung vorgenommen werden. Es wird erwartet, dass die Berücksichtigung dieser zusätzlichen Kostengrößen das Opti- mum in Richtung einer geringeren Überbauung des Offshore-Windparks gegenüber der Elektro- lyse verschiebt. Vereinfacht wird daher für die weitere Berechnung in dieser Untersuchung das Verhältnis der Leistung von Elektrolyse und Hilfskomponenten (Wasseraufbereitung, Kompression, Steuerung, etc.) zu 95 % der Offshore-Windpark-Leistung angenommen. 3.4 Pipelinedimensionierung Pipelinetransport kommt in zwei der Betrachtungsfälle zum Einsatz: Im Fall 1 wird Wasserstoff über 150 km Seepipeline (Punkt A → B) und 150 km Landpipeline (Punkt B → C) zum Zielpunkt transportiert. Im Fall 2 werden 150 km Landpipeline eingesetzt. Als Elektrolysedruck der Wasserstofferzeugung wird ein für PEM-Elektrolyseure übliches Druckni- veau von 30 bar angenommen. Damit wird der Kompressionsaufwand für den Wasserstoff be- reits erheblich gegenüber der Kompression ausgehend vom Umgebungsdruck verringert. Eine hydraulische Flusssimulation für den Wasserstofftransport wurde im Rahmen dieser Unter- suchung nicht durchgeführt. Die Pipelinedimensionen wurden vereinfacht unter der Annahme plausibler Druckniveaus für eine Hochdruck-Wasserstoffpipeline und den daraus resultierenden Dichten und Volumenströmen abgeschätzt. Als Kontrollgröße dient die berechnete Strömungsge- schwindigkeit bei 30 bar Zieldruck und die Ergebnisse der Wasserstoff-Flussmodellierung aus (Kuczynski, Laciak, Olijnyk, Szurlej, & Wlodek, 2019). Tabelle 3 gibt einen Überblick über die Dimensionierungsparameter. Für die Transportdistanz A-C von 300 km wird eine Kompression auf 100 bar, für die Transportdistanz B-C von 150 km werden 70 Bar angenommen. Die resultierenden Pipelinedimensionen betragen im 0,5-GW-Fall eine Pipe- line mit 250 mm Nenndurchmesser (DN 250), im 2-GW-Fall eine Pipeline mit 500 mm Nenn- durchmesser (DN 500) und im 10-GW-Fall eine Pipeline mit 1100 mm Nenndurchmesser (DN 1100). Seite 8
Tabelle 3: Pipelinedimensionierung Fall 1 Fall 2 A-->B Pipeline A-->B Seekabel B--> C Pipeline B--> C Pipeline Offshore-Windpark GW el 0,5 2 10 0,5 2 10 Wasserstoffproduktion GWh H2 (Hs)/a 1457 5826 29131 1470 5880 29399 kt H2/a 37 148 739 37 149 746 Dichte bei Transportstart kg/m³ 8,333 Offshore (0°C, 100 Bar) Dichte bei Transportstart kg/m³ 5,9 Onshore (0°C, 70 Bar) Dichte bei Transportziel kg/m³ 2,613 2,613 an Punkt C (0°C, 30 Bar) 1 x DN 1 x DN 1 x DN 1 x DN 1 x DN 1 x DN Pipeline DN 250 500 1.100 250 500 1.100 Pipeline Innendurchmesser mm 237,6 475,4 1045 237,6 475,4 1045 Transportvolumen Start m³/h 1044 4175 20877 2042 8166 40831 Fließgeschwindigkeit Start m/s 7 7 7 13 13 13 Transportvolumen Ende m³/h 3329 13315 66577 3360 13438 67192 Fließgeschwindigkeit Ende m/s 21 21 22 21 21 22 DN: Nenndurchmesser | Hs: Brennwert 3.5 Schiffstransport Im Betrachtungsfall 4 erfolgt die Erzeugung des Wasserstoffs auf gleichem Wege wie im Betrach- tungsfall 1. Nach der Erzeugung und Verdichtung wird der Wasserstoff hier jedoch nicht über eine Pipeline an Land geführt, sondern zunächst auf 500 Bar komprimiert in Druckgasbehältern einge- lagert und im Anschluss von Feeder-Schiffen an Land transportiert. Ein solches Konzept wird der- zeit zum Beispiel von der PNE AG entwickelt und wurde im Rahmen des Fachworkshops im Hauptvorhaben vorgestellt. Der Weitertransport an Land erfolgt dann durch Umladung der befüll- ten Druckgascontainer zum Beispiel auf die Bahn und der Nutzung vorhandener Logistikinfra- struktur. Für die Betrachtungen wird hier von der Befüllung von 40-Fuß-Containern für den Transport soge- nannter Container-Trailer ausgegangen. Das Netto-Speichervolumen im Drucktank innerhalb des 40-Fuß-Rahmencontainers beträgt etwa 26 m³ (Shell Deutschland Oil GmbH, 2017). Bei einer Kompression des Wasserstoffs auf 500 bar können auf diese Weise in einem Container etwa 830 kg Druckwasserstoff gelagert bzw. transportiert werden. Insbesondere bei der Verdichtung des Wasserstoffs auf hohe Drücke müssen die Realgaseigenschaften berücksichtigt werden. Im Druckbereich von 500 bar und bei Umgebungstemperatur liegt die tatsächliche Dichte von Seite 9
Wasserstoff mit etwa 32 kg/m³ bereits deutlich unterhalb der Dichte eines angenommenen idea- len Gases von ca. 42 kg/m³ bei gleichen Bedingungen (EMCEL GmbH, 2019). Verkehrsaufkommen durch H2-Transport per Schiff Zur Abschätzung der notwendigen Anzahl an Schiffsladungen zum Abtransport des offshore er- zeugten Wasserstoffs an Land wird von einem Ladevolumen der eingesetzten Feeder-Schiffe von 1.000 TEU (Twenty-foot Equivalent Unit, 20-Fuß-Standardcontainer) bzw. 500 FEU (Fourty-foot Equivalent Unit) ausgegangen. Zwar existieren auch Feeder-Schiffe mit Ladevolumina von bis zu 1400 TEU (Baltic Max Feeder), jedoch kann die Größe der einzusetzenden Schiffe durch die räumlichen Gegebenheiten an der Übergabestation der befüllten Druckgascontainer begrenzt sein, sodass gegebenenfalls auch Schiffe mit kleineren Ladevolumina von nur einigen hundert TEU eingesetzt werden müssten. Die folgende Tabelle 4 zeigt die Anzahl an Schiffsladungen, die zum Abtransport des jährlich er- zeugten Wasserstoffs bzw. der maximalen Erzeugung eines Tages in den unterschiedlichen Grö- ßenordnungen der installierten Stromerzeugungsleistung und in Abhängigkeit von den eingesetz- ten Ladekapazitäten der Schiffe benötigt würde. Tabelle 4: Voraussichtliches Verkehrsaufkommen der H2-Transportschiffe notwendige Feeder-Schiffsladungen zum Abtransport der Jahreserzeugung (der maximalen Tageserzeugung) Leistung [GW] 0,5 2 10 Ladekapazität [TEU] 600 137 (0,8) 550 (3,3) 2751 (16,5) 1000 82 (0,5) 330 (2,0) 1651 (9,9) 1400 59 (0,4) 236 (1,4) 1179 (7,1) Bei der Einordnung der Anzahl der notwendigen Schiffsladungen ist zu beachten, dass die Was- serstofferzeugung nicht gleichmäßig über das Jahr verteilt erfolgt, sondern den Windverhältnis- sen und damit der Stromerzeugung folgt. Selbst bei einem Aufkommen von rund 250 Schiffsla- dungen pro Jahr muss also damit gerechnet werden, dass in Volllastphasen bis zu 2 Schiffe pro Tag zum Abtransport benötigt würden. Dies setzt die Möglichkeit einer vollständigen Ent- und Be- ladung innerhalb von 12 Stunden voraus. Nach bisherigem Kenntnisstand kann bei einem Schiffstransport des Wasserstoffs nicht davon ausgegangen werden, dass das Verladen der Tanks auf die Feeder-Schiffe das ganze Jahr über problemlos möglich ist. Je nach Wetterbedingungen können sich also auch Zeiträume mit weniger Schiffsverkehr ergeben. Um trotzdem einen kontinuierlichen Betrieb der Elektrolyse zu ermögli- chen, müssten daher Lagerflächen sowohl für vorübergehend nicht abtransportierbare befüllte Drucktanks als auch für leere noch zu befüllende Drucktanks vorgesehen werden. Ein 40-Fuß- Standardcontainer benötigt eine Fläche von ca. 28 m². Bei der Annahme einer Stapelung von 5 Seite 10
Containern müsste also bei einer Windparkleistung von 500 MW und einer Woche Betrieb unter Nennleistung eine Lagerfläche für rund 1.750 befüllte und 1.750 leere Container mit einer Ge- samtgröße von knapp 20.000 m² vorgesehen werden. Bei einer installierten Windparkleistung von 2 GW würden hierfür bereits rund 80.000 m² Grundfläche benötigt, was die zuvor beschrie- benen maximalen Ausmaße einer Offshore-Plattform um mehr als das Vierfache überschreiten würde. Vor dem Hintergrund des benötigten Lagerraums offshore sowie der knappen Be- und Entladezei- ten erscheint ein Inselbetrieb für das „Schiffs-Konzept“ für Windparkleistungen mit mehr als 500 MW zumindest für die Speicherung und den Transport in Druckgas-Tanks derzeit nicht realistisch. 3.6 Elektrolyse und Verdichtung an Land Der Betrachtungsfall 3 entspricht im Wesentlichen der Anbindung von herkömmlichen Offshore- Windparks an das deutsche Stromnetz. In diesem Fall wird die Wasserstofferzeugung am Ver- brauchsort angenommen. Die dazu erforderlichen technischen Komponenten entsprechen denen im Betrachtungsfall 2. Eine Verdichtung des Wasserstoffs wird nicht mehr vorgesehen, da der Ausgangsdruck der Elektrolyse bereits den 30 bar Ausgangsdruck der anderen Fälle entspricht. Seite 11
4 Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsberechnungen Die folgende Abbildung zeigt die Bereitstellungskosten sowie die einzelnen Kostenbestandteile bezogen auf den Brennwert des erzeugten Wasserstoffs in den unterschiedlichen Auslegungsvari- anten. Die für die Berechnung der Bereitstellungskosten verwendeten Kostenannahmen sind Ka- pitel 7 im Anhang zu entnehmen. Abbildung 2: Ergebnisse der Bereitstellungskosten von Wasserstoff an Punkt C Die Berechnungen für die verschiedenen Optionen zur Erzeugung und Bereitstellung von grünem Wasserstoff am angenommenen Punkt C ergeben, dass die Fälle 1 und 3 mit einem ununterbro- chenen Transportweg im Falle einer angeschlossenen Windparkleistung von 500 MW ähnliche Bereitstellungskosten aufweisen. Der gemischte Transportweg (Fall 2), also die Kombination aus Seekabel und Pipeline an Land, bei der die Elektrolyse an der Küste (Punkt B) erfolgt, ist für den kleinsten Auslegungsfall im Vergleich zu den ungemischten Transportwegen per Pipeline oder Stromkabel für den Auslegungsfall von 500 MW mit höheren Kosten verbunden, da hier eine dop- pelte Infrastruktur aufgebaut werden muss. Für die größeren Auslegungsfälle ist der gemischte Transport mit ähnlichen Kosten wie beim reinen Kabeltransport (Fall 3) verbunden, bleibt jedoch teurer als der ausschließliche Transport per Pipeline (Fall 1). Seite 12
Die Erzeugung von Wasserstoff in Elektrolyseuren, die offshore auf einer Plattform aufgestellt sind (Fall 1), stellt in allen betrachteten Auselegungsfällen den günstigsten Erzeugungs- und Transportweg dar. Zwar muss im Vergleich zur Wasserstofferzeugung am Verbrauchspunkt (Fall 3) hier ein Teil des erzeugten Stroms zur Verdichtung des Wasserstoffs für den Pipelinetransport aufgewendet werden, jedoch ergibt sich bereits ein leichter Kostenvorteil für den Transportweg über eine Gaspipeline im Vergleich zum HGÜ-Stromkabel. Dieser Kostenvorteil zeigt sich umso stärker, je größer die angeschlossene Windparkleistung und damit die Wasserstofferzeugungs- menge wird. Hauptgrund für dieses Ergebnis sind die deutlichen Skaleneffekte, die sich beim Pipelinetransport erreichen lassen: Selbst im Falle einer installierten Windparkleistung von 10 GW könnte der erzeugte Wasserstoff noch über eine einzige Pipeline mit einem Innendurchmes- ser von 1.100 mm transportiert werden. Für den Stromtransport wären hierzu fünf HGÜ-Systeme mit 2 GW Übertragungsleistung notwendig. Der Transportfall mit Druckgas-Container stellt sich bereits für den Auslegungsfall von 500 MW Windparkleistung als vergleichsweise teure Option dar. Hauptgrund dafür sind die großen Investi- tionen, die für die Plattform-Logistik der Druckgas-Container offshore erfolgen müssten. Bei die- sem Ergebnis muss zusätzlich betont werden, dass hier für die Transportkosten angenommen wurde, dass dieser gänzlich unter Nutzung bestehender Infrastruktur erfolgen kann und keine zu- sätzlichen Investitionen in Schienenwege, Umschlagplätze oder ähnliches getätigt werden müs- sen. Für die Transportkosten wurden gängige Frachtraten angesetzt, die die tatsächlich anfallen- den Kosten tendenziell eher unterschätzen. Seite 13
5 Kurzstellungnahmen zu weiteren Sachfragen 5.1 Auswirkungen der Verwendung eines Offshore-Windpark-eigenen Kabels ge- genüber der Verwendung eines ÜNB Kabels Im Folgenden werden in aller Kürze einige potenzielle Vor- und Nachteile in Bezug auf ◼ die Projektierung und Errichtung eines HVDC-Offshore-Netzanschlusssystems (ONAS) durch den Offshore-Windpark-Betreiber (OWPB) beziehungsweise durch den zuständigen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) sowie ◼ das Eigentum in den Händen des OWPB beziehungsweise des ÜNB dargestellt. In diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen, dass im Rahmen des laufenden – vom Bundes- ministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) beauftragten - Projekts zum EEG-Erfahrungsbe- richt 2022 / Fachlos Windenergie auf See zum Thema der möglichen Spannweite von regulatori- schen Projektierungs- und Betreibermodellen eine ausführliche Analyse und Bewertung erarbeitet wird. Die Planung und Projektierung eines HVDC-Offshore-Netzanschlusssystems durch einen OWPB erlaubt es diesem, sowohl ◼ die technische Planung als auch ◼ die zeitliche Planung für das HVSC-Offshore-Netzanschlusssystem möglichst eng mit der entsprechenden Planung für den Offshore-Windpark (OWP) zu verzahnen und die sich daraus ergebenden Optimierungspoten- tiale zu heben. Zudem gibt es keine Schnittstelle zwischen OWP und ONAS, für die sowohl zeitliche als auch tech- nische Randbedingungen zu definieren wären. Somit entfallen neben den ansonsten beidseitig erforderlichen Koordinationsaufwendungen auch die Konfliktpotentiale zwischen OWPB und ÜNB einerseits im Hinblick auf die rechtzeitige Bereit- stellung eines voll funktionsfähigen Netzanschlusses als Voraussetzung für eine reibungslose In- betriebnahme des OWP und andererseits in Bezug auf die rechtzeitige Bereitstellung einer Ein- speiseleistung des OWP in Höhe der Nennleistung des HVDC-ONAS für eine vollumfängliche Inbe- triebnahme und einen hinreichenden Probebetrieb. Wenn die Regulierung eine offene Vergabe der Kombination von OWP und ONAS in Form einer wettbewerblichen Ausschreibung vorsieht, stehen alle möglichen Bieter in einem unmittelbaren Wettbewerb. Ist jedoch der ÜNB regulatorisch verpflichtet, das ONAS zu entwickeln und zu errich- ten, so liegt ein Marktumfeld vor, das weniger Anreize für eine kostenminimale Vorgehensweise bewirkt. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich einem OWPB andererseits durch die Entwicklung und Errichtung eines ONAS zusätzliche Möglichkeiten zur Ertragsgenerierung bieten, wenn diese Aktivitäten außerhalb der regulierten ÜNB-Aktivitäten erfolgen. Seite 14
Als möglicher Nachteil der kombinierten Entwicklung von OWP und ONAS wird insbesondere von Seiten der ÜNB das Argument angeführt, dass durch eine solche Konstellation das von einem Projektentwickler zu finanzierende Gesamtinvestitionskostenvolumen wesentlich ansteigen würde. Dadurch bedingt seien nur noch sehr wenige besonders kapitalstarke Marktteilnehmer in der Lage, als Projektentwickler ein dementsprechendes Finanzierungskonzept darzustellen, wodurch der Wettbewerb signifikant eingeschränkt werden könnte. 5.2 Vorteile der flexiblen Verteilmöglichkeit des Wasserstoffs beim Schiffstransport In allen Fällen der drei Varianten ◼ OWP | HVDC-Konverter offshore | HVDC-ONAS 150 km offshore + 150 km onshore | HVDC-Konverter onshore | Elektrolyse onshore ◼ OWP | HVDC-Konverter offshore | HVDC-ONAS 150 km offshore | HVDC-Konverter onshore | Elektrolyse onshore | Pipeline 150 km onshore ◼ OWP | Elektrolyse offshore | Pipeline 150 km offshore + 150 km onshore wird der gesamte erzeugte Wasserstoff-Volumenstrom an einem Fixpunkt zur Verfügung gestellt. Diese Konstellation ist ideal, falls es an diesem Punkt oder in der nahen Umgebung ausreichend Wasserstoffsenken gibt. Derartige Wasserstoffsenken stellen in der Zukunft aller Voraussicht nach zum Beispiel industrielle Großbetriebe mit chemischer Produktion, Raffinerien, Stahlwerke nach Umstellung auf die sogenannte „Wasserstoffroute“ oder auch schon vorhandene Wasser- stoffgasverteilungsnetze oder Gasspeicherkavernen dar. Im Gegensatz dazu bietet die Variante ◼ OWP | Elektrolyse offshore | Kompression offshore | Druck-Containerbefüllung offs- hore | 150 km Druck-Container-Transport per Seeschiff bis zu Küstenhafen | 150 km Druck-Container-Transport per Binnenschiff oder per (Voll-)Zug mit der Bahn den Vorteil, ohne weitere Kosten die Verteilung des erzeugten Wasserstoffgases wesentlich weit- räumiger und auch kleinteiliger gestalten zu können. Bei dieser Variante können (nahezu) ohne zusätzlichen Aufwand auch weitere, über die vorste- hend aufgeführten hinausgehende, Nutzungsmöglichkeiten erschlossen werden, wie zum Beispiel der Einsatz von Wasserstoff ◼ als dezentraler Brennstoff, ◼ in kleineren Produktionsbetrieben, ◼ für lokale Wasserstoffbeimischung in Gasverteilnetzen, ◼ für lokale oder regionale Wasserstoffgasverteilungsnetze, ◼ in Wasserstofftankstellen für die elektrische Mobilität auf Basis von Brennstoffzellenfahr- zeugen o im Personenverkehr als auch o im Schwerlastverkehr und o im Warenverteilverkehr oder o für emissionsfreie Bahntraktionsfahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb auf bislang nicht elektrifizierten Bahnstrecken. Seite 15
Die Kleinteiligkeit, die Flexibilität und die Vielzahl der Nutzungsmöglichkeiten auf lokaler oder re- gionaler Ebene kann gerade zu Beginn des Aufbaus einer Wasserstoffwirtschaft von Interesse sein. 5.3 Gegenüberstellung des Flächenbedarfs Offshore bei Nutzung einer Pipeline oder eines Stromkabels bei gleicher Energieübertragungsleistung In den einzelnen Fällen der drei Varianten ◼ OWP | HVDC-Konverter offshore | HVDC-ONAS 150 km offshore + 150 km onshore | HVDC-Konverter onshore | Elektrolyse onshore ◼ OWP | HVDC-Konverter offshore | HVDC-ONAS 150 km offshore | HVDC-Konverter onshore | Elektrolyse onshore | Pipeline 150 km onshore ◼ OWP | Elektrolyse offshore | Pipeline 150 km offshore + 150 km onshore hängt der Bedarf an raumplanerisch vorzuhaltenden Flächen von der Skalierung der Offshore-Er- zeugung elektrischer Energie ab. Im Falle einer Offshore-Elektrolyse mit Abtransport des erzeugten Wasserstoffgases als kompri- miertes Gas in einer Pipeline wird nach Einschätzung der Autoren in allen drei betrachteten Ska- lierungsfällen 0,5 GW / 2 GW / 10 GW eine Wasserstoffrohrleitung ausreichend sein, wobei der Innendurchmesser in diesen Skalierungsfällen von etwa 250 mm über etwa 500 mm auf etwa 1.100 mm ansteigt. Im Falle einer Onshore-Elektrolyse mit Abtransport der offshore erzeugten elektrischen Energie über HVDC-Offshore-Netzanschlusssysteme bis zur Küste oder bis in das Binnenland werden nach Einschätzung der Autoren in den drei betrachteten Skalierungsfällen 0,5 GW / 2 GW / 10 GW jeweils unterschiedliche elektrische HVDC-Seekabelsysteme erforderlich sein: ◼ 0,5 GW: Ein etwa 200-kV-HVDC-Seekabelsystem, bestehend aus zwei (gegebenenfalls ge- bündelten) Einleiter-Seekabeln für Plus- und Minuspol; ◼ 2 GW: Ein 525-kV-HVDC-Seekabelsystem, bestehend aus drei (gegebenenfalls gebün- delten) Einleiter-Seekabeln für Plus- und Minuspol sowie einen metallischen Rückleiter (Dedicated Metallic Return = DMR); ◼ 10 GW: Insgesamt fünf 525-kV-HVDC-Seekabelsysteme, jeweils bestehend aus drei (ge- gebenenfalls gebündelten) Einleiter-Seekabeln für Plus- und Minuspol sowie einen metal- lischen Rückleiter (Dedicated Metallic Return = DMR). Somit können im Falle der Offshore-Erzeugung von Wasserstoffgas und Abtransport als kompri- miertes Gas per Pipeline im Skalierungsfall 10 GW vier Anbindungssysteme im Vergleich zur An- landung in Form von Strom per HGÜ-Kabelsystem eingespart werden. Anders verhält es sich jedoch im Hinblick auf den erforderlichen Offshore-Trassenraum gemäß des aktuellen Flächenentwicklungsplans. So ist zu einer Rohrleitung gemäß Planungsgrundsatz 4.4.1.6 beidseitig ein Abstand von 500 m einzuhalten, was zu einem belegten Trassenraum von 1000 Metern im Falle eines Pipelinetransportes führen würde. Seekabel in Parallellage können dagegen im Wechsel in einem Abstand von 100 m und 200 m verlegt werden (gemäß Planungs- grundsatz 4.4.2.2) (Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, 2019). Auf Basis der in den Planungsgrundsätzen vorgegebenen Abständen würde durch eine Anbindung über Seekabel trotz Seite 16
der größeren Anzahl an notwendigen Trassen der insgesamt für die Anbindung belegte Offshore- Trassenraum in allen Skalierungsfällen geringer ausfallen. Für den Bereich des Küstenmeeres können ggf. davon abweichende Vorgaben für freizuhalten- den Trassenraum gelten, welche in den raumplanerischen Vorgaben der entsprechenden Bun- desländer festgelegt sind. Eine Auswertung für den Bereich des Küstenmeers konnte im Rahmen dieser Untersuchung jedoch nicht erfolgen. Die geringere Anzahl an zu genehmigenden Trassen im Falle der 10-GW-Wasserstoff-Pipeline-Vari- ante lässt jedoch zumindest an Land aus den folgenden Gründen deutliche Vorteile erwarten: ◼ Im Binnenland ist im Gegensatz zur Seeseite bei Genehmigungsverfahren von Trassen für linienförmige Infrastrukturanlagen generell mit Widerständen aus der Bürgerschaft und der Öffentlichkeit zu rechnen, welche Genehmigungsverfahren in die Länge ziehen oder im Extremfall sogar vollständig verhindern können. Dabei sind die Widerstände gegen elektrische Infrastrukturen im Zusammenhang mit Befürchtungen im Hinblick auf nega- tive gesundheitliche Beeinträchtigungen auch bei erdverlegten Kabeln teilweise massiv. Vor diesem Hintergrund ist landseitig die Genehmigung von fünf Stromtrassen im Ver- gleich zu einer Wasserstoffpipelinetrasse voraussichtlich als problematischer zu bewer- ten. ◼ An Land beträgt die vorgeschriebene Schutzstreifenbreite für eine Hochdruckferngaslei- tung etwa 10 m, die vorgeschriebene Schutzstreifenbreite für ein HVDC-Erdkabelsystem etwa 12 m. Die Schutzstreifenbreite steigt bei fünf parallel verlegten HVDC-Erdkabelsyste- men unter Berücksichtigung der zulässigen Überlappungen von Schutzstreifen onshore auf etwa 36 m an. Insofern stellt sich die Offshore-Erzeugung von Wasserstoffgas und der Abtransport per Pipeline zumindest an Land im Skalierungsfall 10 GW im Hinblick auf notwendigen Trassenraum und Ge- nehmigungsaufwand als wesentlich vorteilhafter dar als der Transport mit 5 parallelen 525-kV-2- GW-HVDC-Kabelsystemen. Zudem bedeuten die zu bewegenden Erdmassen im Falle der Verle- gung einer 10-GW-Wasserstoffpipeline im Vergleich zu fünf parallelen 525-kV-2-GW-HVDC-Kabel- systemen sowohl onshore als auch offshore eine ökologisch deutlich niedrigere Belastung. 5.4 Vorteile und Hürden bei der Verwendung bestehender Pipelines In Bezug auf die (Weiter-)Nutzung bestehender und gegebenenfalls zukünftig außer Betrieb ge- hender Pipelines in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der Nordsee liegen bisher folgende Informationen zu grundsätzlich für eine Untersuchung in Frage kommenden Pipe- lines vor: Länge Durchmes- ATC Kapazität Name IBN ABN Betreiber Start Ende [km] ser [inch] [MSm³/d] [Mio. Nm³/a] Ekofist Norpipe 1977 2028 Gassco 443 Emden 36 32 16000 (NO) Seite 17
Draupner- Europipe 1 1995 n.b. Gassco 620 Plattform Dornum 40 46 18000 (NO) Karsto Europipe 2 1999 n.b. Gassco 658 Dornum 42 71 24000 (NO) IBN – Jahr der Inbetriebnahme, ABN – Jahr der Außerbetriebnahme, ATC – Available technical capacity Für eine belastbare Bewertung der vorhandenen Pipelines im Hinblick sowohl auf die generelle Machbarkeit der Nachnutzung zum Wasserstofftransport als auch zu den damit verbundenen Kosten müssten bedeutend mehr Detailinformationen als die vorliegenden einbezogen werden, u.a.: ◼ Lage / Bezug zu zukünftigen Offshore-Flächen für die Wasserstofferzeugung ◼ Bisheriges Transportmedium ◼ Detaillierte Eigentums- und Besitzverhältnisse ◼ Technischer Rohrleitungsaufbau ◼ Lage möglicher Einspeisepunkte ◼ Technische Rohrleitungseigenschaften ◼ Genehmigungsgrundlagen und -auflagen Vor diesem Hintergrund kann eine solche Bewertung im Rahmen dieser Untersuchung nicht vor- genommen werden. Seite 18
6 Fazit 6.1 Kostenbewertung der Varianten Die vorliegenden Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die Varianten reiner Pipelinetransport mit Elektrolyse offshore (Fall 1) und HGÜ-Transport des Stroms bis zur Elektrolyse am Verbrauchs- punkt Onshore (Fall 3) für den betrachteten kleinsten Auslegungsfall mit einer Windparkleistung von 500 MW und einer angenommenen Küstenentfernung von 150 km annähernd gleiche Bereit- stellungskosten des Wasserstoffs am Verbrauchspunkt aufweisen. Die Fälle des gemischten Transports (Fall 2) und der Schiffstransport in Druckgas-Containern (Fall 4) stellen sich dagegen als vergleichsweise kostenintensive Optionen dar. Der gemischte Transport mit Elektrolyse an der Küste (Fall 2) kann sich für größere Auslegungsvarianten mit 2 GW oder 10 GW Windparkleistung jedoch in der Kostenintensität dem Fall des reinen HGÜ-Transports (Fall 3) annähern. Der reine Pipelinetransport (Fall 1) führt in allen betrachteten Auslegungsfällen zu den günstigs- ten Bereitstellungskosten des Wasserstoffs am Verbrauchspunkt C. Dieser Kostenvorteil wird umso deutlicher, je größer die angeschlossene Windparkleistung gewählt wird. Neben der ange- schlossenen Windparkleistung würde auch eine Steigerung der Küstenentfernung des Windparks die Kostenvorteile des Pipelinetransportes vergrößern. Neben den Kostenvorteilen könnte beim Pipelinetransport ab einer angeschlossenen Windparkleistung von mehr als 2 GW auch die An- zahl der Anbindungssysteme im Vergleich zur Anbindung über HGÜ-Kabel reduziert werden. Auf Basis der aktuellen Planungsgrundsätze im Flächenentwicklungsplan würde dies jedoch nicht zu weniger benötigtem Offshore-Trassenraum in der AWZ führen. An Land wäre dadurch jedoch eine Einsparung von vorzuhaltender Schutzstreifenbreite zu realisieren3. Der Transport des Wasserstoffs in Druckgas-Containern bei 500 bar ist mit den höchsten Kosten verbunden. Grund sind insbesondere die hohen Kosten, die mit der zusätzlichen Infrastruktur und den Lagerplattformen auf See verbunden sind, die in diesem Konzept nach Ansicht der Autoren erforderlich wären. Neben den höheren Kosten sehen die Autoren insbesondere bei diesem Kon- zept auch logistische Fragen des Container-Handlings offshore derzeit als Realisierungshindernis. Ziel der hier vorgenommenen Untersuchung war es vorwiegend, die unterschiedlichen Erzeu- gungs- und Transportwege für Wasserstoff vergleichend in Bezug auf ihre Kosten darzustellen und weniger eine (neue) exakte Einschätzung bezüglich der absoluten Gestehungskosten von grü- nem Wasserstoff in den Jahren 2030 bzw. 2035. Die absolute Höhe der Gestehungskosten von Wasserstoff hängt stark von den Stromkosten ab. Diese sind direkt abhängig von den erreichba- ren Volllaststunden der Offshore-Anlagen. Für diese Untersuchung wurden die im Rahmen des bisherigen Vorhabens verwendeten teilsynthetischen Einspeisezeitreihen zu Grunde gelegt, die von der Deutschen WindGuard auf Basis der FINO 1 Messdaten erstellt worden sind. Diese bein- halten jedoch insbesondere keine Simulationen von großräumigen Abschattungseffekten, die bei zunehmender Bebauung der Nordsee voraussichtlich die erreichbaren Volllaststunden mindern und somit auch die Gestehungskosten des Wasserstoffs erhöhen werden (Agora Energiewende, Agora Verkehrswende, Technical University of Denmark and Max-Planck-Istitute for 3Im Bereich des Küstenmeeres gelten die raumplanerischen Vorgaben der entsprechenden Bundesländer. Diese Vorgaben konnten im Rahmen der hier vorgenommenen Untersuchung nicht mehr im Hinblick auf mögliche Einspareffekte im Trassenraum ausgewertet werden. Seite 19
Biogeochemistry, 2020). Auf die prinzipiellen relativen Kostenunterschiede der betrachteten Fälle zueinander hat dies jedoch nur geringe Auswirkungen. 6.2 Offene Fragen und Vertiefungsmöglichkeiten Bei den verwendeten Pipelines besteht derzeit noch Unsicherheit beim Transportverhalten von reinem Wasserstoff und damit auch bei der notwendigen Dimensionierung (siehe Abschnitt 0). Generell können kleinere Pipelinedurchmesser verwendet werden, wenn höhere Werte für die Strömungsgeschwindigkeit und Druckverlust in Kauf genommen werden können und umgekehrt. Für eine exakte Dimensionierung im konkreten Fall muss letztlich eine hydraulische Flusssimula- tion durchgeführt werden. Außerdem besteht derzeit noch eine hohe Kostenunsicherheit in Bezug auf Konzepte, die die See-Pipelines gegen Auftrieb sichern. Hier kommen zum Beispiel eine Beto- nummantelung der Pipeline selbst oder eine Verlegung von Betonmatten oberhalb der Pipeline in Frage. Für den Transportfall mit Druckgas-Containern wird bereits in der kleinsten Skalierungsstufe ein aufwändiges Logistikkonzept für das Container-Handling sowohl offshore als auch onshore benö- tigt. Eine Skalierung auf größere Auslegungsfälle erscheint prinzipiell nur noch mit einer Verflüssi- gung des Wasserstoffs oder bei Einsatz von LOHC-Technologie umsetzbar, da andernfalls die An- zahl an Containern nach Ansicht der Autoren für eine praktische Umsetzung des Konzeptes zu groß wird. So können in speziellen Schwimmtanks zum Beispiel 210 t Wasserstoff in verflüssigter Form transportiert werden, während es in den hier betrachteten Druckgas-Containern nur 830 kg Wasserstoff sind (Altmann, Gaus, Landinger, Stiller, & Wurster, 2001). Wie sich diese alternativen Speichervarianten des Wasserstoffs jedoch auf die Gestehungskosten auswirken, müsste an an- derer Stelle vertieft untersucht werden. Auch zur praktischen Umsetzbarkeit der Logistikkonzepte müsste eine weitergehende Konzeptstudie erfolgen. Die hier vorgenommene Untersuchung betrachtet die unterschiedlichen Varianten ausschließlich in Bezug auf ihre Kosten. Wie in Abschnitt 5.2 beschrieben, ermöglichen die Konzepte jedoch auch unterschiedliche Verteil- und Einsatzmöglichkeiten für den erzeugten Wasserstoff. Damit einhergehend ist zu erwarten, dass die unterschiedlichen Varianten auch unterschiedlichen Nut- zen für den Endverbrauch bringen. Für eine ganzheitliche Betrachtung sollte daher auch die Ver- gütungsseite des Wasserstoffs mit einbezogen werden. Da zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch kein Vergütungssystem bzw. kein Markt für grünen Wasserstoff besteht, sind quantitative Aussa- gen zu diesem Aspekt voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu treffen. Bei den verwendeten Kostenannahmen besteht insbesondere bei den Komponenten Verdichter und Elektrolyseure eine hohe Unsicherheit. Für die benötigten Verdichter, mit denen Wasserstoff in großem Maßstab bis auf Drücke von 500 bar verdichtet werden kann, lassen sich aus öffentli- chen Quellen keine Marktpreise ermitteln. Zwar konnten die Autoren in Befragungen die Aussage erhalten, dass solche Verdichter grundsätzlich verfügbar seien, es sich dabei jedoch derzeit noch stets um Sonderanfertigungen handele. Der Verdichtungsaufwand unterscheidet sich für die un- terschiedlichen Transportfälle. Somit sollten sowohl der Einfluss der Kosten als auch des Energie- aufwandes der Verdichtung unter Betrachtung unterschiedlicher Transportentfernungen auf die Ergebnisse untersucht werden. Auch im Hinblick auf die Kosten der Komponenten Offshore-Plattformen, HVDC-Konverter, HVDC- Seekabel und HVDC-Landkabel bestehen hohe Unsicherheiten bezüglich der im Zeitraum 2030 Seite 20
bis 2035 zu erwartenden Kosten. Sowohl die technische Entwicklung als auch die Entwicklung des Marktes und des Wettbewerbsumfelds sind schwierig abzuschätzen. Insofern sind die ver- wendeten Kostenansätze als „Best-Guess-Schätzungen“ unter dem heutigen öffentlich verfügba- ren Wissensstand zu verstehen. Bei den Elektrolyseuren besteht zum einen weiterhin keine Klarheit darüber, welche Art der Elekt- rolyse sich mittelfristig durchsetzen wird. Gerade die alkalische Elektrolyse verspricht zwar Kos- tenvorteile gegenüber der PEM-Elektrolyse. Allerdings müsste hier auch der Offshore-Einsatz vor dem Hintergrund der eingesetzten Hilfsstoffe und ihrer Umweltverträglichkeit speziell untersucht werden. Aufgrund der höheren Leistungsdichte, der hohen Flexibilität und kompakten Bauweise haben die Autoren in dieser Untersuchung den Einsatz von PEM-Elektrolyseuren angenommen. Weder bei der alkalischen Elektrolyse noch bei der PEM-Elektrolyse lässt sich derzeit sicher ab- schätzen, welche Größenentwicklungen und Kostensenkungspotenziale im kommenden Jahr- zehnt durchlaufen bzw. realisiert werden. In der vorliegenden Untersuchung wurde für alle Auslegungsvarianten zur besseren Vergleichbar- keit ein Inselbetrieb angenommen. Viele Konzepte, die derzeit entwickelt werden, sehen jedoch einen parallelen Betrieb von konventionellem Netzanschluss und ggf. einem Teilbetrieb von Elekt- rolyseuren für einen Windpark vor, u.a. (Tractebel Engineering GmbH, 2019). In einem solchen parallelen Betrieb lassen sich möglicherweise weitere ökonomische Potenziale durch Flexibilität bei Form und Transportweg der gewonnenen Energie sowie durch Auslastungserhöhung einzelner Teilkomponenten erzielen. Für vertiefte Aussagen dazu müsste ein wirtschaftlich optimiertes De- sign eines solchen Gesamtsystems entwickelt werden. Dazu würden insbesondere Annahmen zur Höhe als auch zur genauen Form der Vergütung für erneuerbaren Strom und grünen Wasserstoff von entscheidender Bedeutung sein. Seite 21
7 Anhang: Kostenannahmen zur Berechnung der Wasserstoff- kosten Zur Berechnung der Bereitstellungskosten von Wasserstoff am Punkt C in den unterschiedlichen Fällen und Leistungsklassen wurde einheitlich die Annahme getroffen, dass alle Teilkomponenten auf Nennleistung ausgelegt werden. Im Detail-Engineering sind möglicherweise noch gewisse Ein- sparpotenziale durch Überbauung einzelner Teilkomponenten (ggf. mit Zwischenspeichern) zu he- ben. In Tabelle 5 sind die zentralen Auslegungsgrößen und Annahmen aufgelistet. Tabelle 5: Auslegungsgrößen und Annahmen Fall 1 2 3 4 GW Offshore-Windpark 0.5 2 10 0.5 2 10 0.5 2 10 0.5 Überbauungsverhältnis 95% P_el_Elektrolyse/P_el_OWP Ausnutzungsgrad Strom 99% Anteil Kompression 2.0% 1.2% 0.0% 5.5% Anteil Nebenbetriebe (Wasseraufbereitung, Gasaufbe- 0.5% 0.4% 0.4% 0.5% reitung, Peripherie) Anteil Elektrolyse 97.5% 98.4% 99.6% 94.0% Leistung Elektrolyse (GW el) 0.46 1.85 9.26 0.47 1.87 9.35 0.47 1.89 9.46 0.45 mittlerer Wirkungsgrad 74% Elektrolyse (Hs) Output-Leistung Elektrolyse 0.34 1.37 6.85 0.35 1.38 6.92 0.35 1.40 7.00 0.33 (Wasserstoff GW Hs) Vollaststunden Elektrolyse (h/a) 4250 Wasserstoffproduktion 1457 5826 29131 1470 5880 29399 1488 5952 29758 1404 (GWh H2 (Hs)/a) Wasserstoffproduktion 37 148 739 37 149 746 38 151 755 36 (kt H2 (Hs)/a) Gewichtete mittlere 5% Kapitalkosten (WACC) Seite 22
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