Wozu das Theater?! - Kulturchannel
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Nr. 11 | Brückengeneration 5 | Feber · März 2019 | Euro 5,50 Österreichische Post AG | PZ16Z040851P Amt der Kärntner Landesregierung Abteilung 14 – Kunst und Kultur Burggasse 8, 9021 Klagenfurt Wozu das Theater?! Eine Darbietung der darstellenden Künste. www.bruecke.ktn.gv.at
Kärntens ältester Theaterzettel Der älteste, noch erhaltene Theaterzettel unseres Landes stammt aus dem Jahre 1746 und kündigt ein in Kärnten spielendes Attila-Drama an. Darin geht es um die „jämmerliche Verwüstung und Zerstörung der vormals herrlichen berühmten und großen Stadt Sala“, die man an Stelle Virunums annahm. Dass die Aufführung in Klagenfurt stattgefunden hat, geht aus dem finalen Vers des papiernen Reliktes hervor: „Laß dich heut Clagenfurt nicht Geld und Zeit gereuen / Es wird diß Schau-Spihl dich mit Hertzens-Lust erfreuen!“ l Foto: Kärntner Landesarchiv | Dietrichstein Sch. 496/96/5 Markus Guschelbauer: Rasenstück II Der 1974 in Friesach geborene Künstler lebt und arbeitet in Wien. Zu seinen bevorzugten Medien gehören Fotografie, wie Video und rauminstallative Arbeiten. Das Thema Landschaft und deren Darstellung in der bildenden Kunst, sowie der theoretische und praktische Diskurs über Natur, bilden das Hauptanliegen in Guschelbauers künstlerischer Praxis. Foto: Markus Guschelbauer vorort Homo ludens Der spielende Mensch versucht sich am Spiel des Lebens [ohne Generalprobe]. Der Begriff „Spieltrieb“ verrät uns, dass das Verlangen nach dem Spiel ein angeborenes Grundbedürf- nis und Verhalten des Menschen ist. Das Spiel ermöglicht uns das Lernen durch Versuch und Irrtum. Es eröffnet uns den alternativen Zugriff auf Wirklichkeit und Handlungsfreiheit – wir können „aus der Rolle fallen“. Das Leben führt alle Formen des dar- stellenden Spiels auf: es ist Komödie, Tragödie, Drama oder Dramolett, Lustspiel ... und das Theater ist ein Schauplatz für unsere Vorstel- lungen. Es bietet die Bühne für den jeweiligen Zeitgeist, für dessen unverhohlene Betrachtung sowie Entlarvung. Es ist ein kulturtragender, ein künstlerischer und ästhetischer Ort. Aber auch ein politischer Ort. Kunst hat die gesellschaftli- che Verantwortung, gegen den Strom der Zeit zu schwimmen. Als eine Art „moralischer Anstalt“ soll uns Theater Bilder des politischen und gesellschaftlichen Zustands unseres Zusammenlebens zeigen. Speziell die vernagelten Bretter vor unseren Köpfen, die uns unsere Welt bedeuten. Es soll herausarbeiten, was bei aller Verschiedenheit das Gemeinsame und Verbindende unseres Miteinanders ist. Es soll Rollenbilder hinterfragen sowie neue Role- models und Bilder für unsere vielgestalti- gen Gesellschaften entwerfen. DIEse BRÜCKE möchte den Theaterschreiberin- nen und Bühnendichtern, den Kulissenmachern und In-Szene-Setzerinnen, den Spielern und Spielmacherinnen unseres Landes Bühne geben. Und zugleich das GegenStück von Büh- ne, nämlich Zuschauerraum, der Raum für den gründlichen Betrachter und die kritische Kunst- beschauerin, sein. Sie möchte Schaulust wecken für eine sich immer wieder neu erfin- dende und herausfordernde Kunst, die wir nicht als Besitz sondern als Haltung und Handlung verstehen – als den Stoff für ein gutes Spiel des Lebens. Cover: Nina Rike Springer: Jubel. Für ihre präzise durch-komponierten, collagenhaft wirkenden fotografischen Arbeiten tritt die 1976 in Klagenfurt geborene Künstlerin zumeist selbst vor die Kamera. ● Gabbi Hochsteiner Nina Rike Springer setzt ihren Körper als Hülle bzw. Instrument zum Ausdruck von Gefühlen und Chefredaktion DIE BRÜCKE Befindlichkeiten ein. Ein klarer Bildaufbau, der sich an der Formensprache von Bauhaus und Konstruktivismus orientiert, aber auch die Buntheit, der Humor und die Dynamik von Pop, Comic und Body Art, sind typisch. www.ninaspringer.com Foto: Nina Rike Springer | Bildrecht Wien
BRÜCKEN.BOGEN 2019 ist das 2 vorort. Gabbi Hochsteiner Schwerpunktjahr für Kärntens ältester Theaterzettel aus dem Jahr 1746. Kinder- und Jugendtheater 4 Werkstättengespräch: Katrin Ackerl Konstantin. Rolemaking. Roletaking. Gabbi Hochsteiner in Kärnten 6 Hokuspokus. Zur Geschichte des Theaters in Kärnten. Michael Cerha STELLA19 8 Im Rampenlicht. Theatermenschen aus Kärnten. Karin Waldner-Petutschnig Darstellender.Kunst.Preis 15 welter.skelter. So ist der Deal, Baby. Oliver Welter im November erstmals in Kärnten 16 Freies Theater: Schön aber brotlos. Wolfgang Rössler 17 nach.ruf. Ernst Hildebrand. Ilse Gerhardt 18 Martin Kušej. Der Zauber der Mehrsprachigkeit. Sabina Zwitter Grilc 19 Peter Handkes Welt- und Menschheitstheater. Katharina Pektor 20 Peter Turrini. Dieser dunkle Ort namens Theater. Ilse Gerhardt 22 Ende der Stille. Die Dramatiker Josef Kleindienst & Andreas Thaler. Martin Dueller 23 Gert Jonke. Bühnenzauberer und Stückemagier. Wilhelm Huber 24 Vorhang auf! Kultur-Schwerpunkt 2019: Kinder- und Jugendtheater. Anna Woellik 26 a.c.m.e,- Wenn endlich alles Kunst wird ... Tanja Peball 27 Ein VADAistisches Kartell in Kärnten! Lisa Maria Omelko 28 Jedes Mal besser scheitern! Eine kleine Theaterphilosophie. Christof Šubik | Thyl Hanscho 29 literatur.tipp. Ein Schlüssel zum literarischen Kosmos Werner Koflers. Klaus Amann 30 Der Schrei der Seide. Kärntens Bühnenbildner*innen. Michael Cerha 32 kari.cartoon. Heinz Ortner | Astrid Langer 33 Kulturübertragung. Die Stadtgalerie Amthof in Feldkirchen. Andrea Kirchmeir 34 Tomas Hoke. Das skulpturale Werk und grafische Œuvre. Christine Wetzlinger-Grundnig 35 kultur.tipp. Dunkles und erhellendes Musiktheater. Helmut Christian Mayer 36 edition B kunst.aus.druck. Brigitte Kranz. Nora Leitgeb extra.blatt. Lilibeth. 38 Ines Doujak & René Fadinger auf der Kunstbiennale in Kerala. Elisabeth Th. Winkler 39 Feuer.Leben. Die Welt des Bruno Strobl. Dieter Kaufmann 40 Musik: kein Entkommen. Nachwuchscellist Aleksander Simić. Patricia Kurucz 41 Der Weg entsteht beim Gehen. Komponist Julian Gamisch. Angelika Benke 42 Vergessene KultKärntner*innen: Labia. Bernhard Brudermann 43 denk.mal. Der Herr ist da und nah. Herbert Maschat 44 vorlese.prvo branje. Peter Truschner und Silke Hassler. 46 buch.tipps. Lesen Sie gefälligst! 48 musik.tipps. Das Beste ... steht nicht in den Noten. 49 seite.ohne.namen. Urban Dance. Kärntens junge Tanzkultur. Michael Herzog 50 horizonte. 12 Seiten Kulturveranstaltungen und Infos. 51 da.schau.her. Kunst und Theater. Johann Kresnik. Mirjam Schmidt 53 denk.mal. Komödienspielort Schloss Porcia. Geraldine Klever 55 kultur.tipp. Die freie Kulturinitiative Container 25. Hannah Salentinig 57 kinder.kultur.tipp. Angelika Kaufmann: Und wer bist du? Andrea Kirchmeir 61 kultur.tipp. bistu stehgreif!? Neues Improtheater. Hannah Salentinig 62 kino & film.tipps. UND Der BRÜCKE-Kulturkalender als Beilage – diesmal mit einem extra THEATERteil. Ein Augenblick Brücke Pont NEUF 2018 ● Eva Asaad * 1970 in Klagenfurt, Studium der Medienkommunikation, Abschluss der Prager Fotoschule, Gewinnerprojekt „Flower Birds“ der Open Air Gallery Klagenfurt 2017, Fotokünstlerin und Initiatorin von „Wort im Bild“, dem internationalen Fotowettbewerb zum Thema Literatur. | Von 9. – 24. April zeigt sie in der Galerie im Turm in Baden „Mix Media Objekte“: öffentliche Skulpturen werden zur surrealen Konstruktion der Gegenwart. www.evaasaad.at | www.wortimbild.at Foto: Eva Asaad DIE BRÜCKE Nr. 11 | Brückengeneration 5 3
Werkstättengespräch Rolemaking. Roletaking. Das punktgenaue Spiel mit dem Neuen. Worüber haben Sie zuletzt gehört so viel dazu an Rhythmik, die Kunst ein „Unbehagen gegen die ernsthaft gelacht? an Körperlichkeit, an Stimmfüh- Kultur“ ausdrücken zu können. Kunst Gerade eben, denn „ernsthaft rung. Und natürlich ein emotionales stößt also letztlich an eine kulturelle gelacht“ ist ein lustiges Oxymoron. Es Flussbett, das man sich baut. Das ist wie Grenze – solange sie nicht konservativ, gefällt mir – sagt der Humor ja auch viel ein Minikosmos, den ich schaffe. repräsentativ und affirmativ gestaltet wird. über kulturell Verbotenes oder persönliche Wenn ich inszeniere ist das für mich Kunst soll und muss auch Widerspruchs- Tabus aus. Die sind meistens sehr ernst, ein Makrokosmos. Natürlich geht’s auch raum sein – dann ist sie lebendig. aber mann/frau lacht da auch gern drüber. dort um Bilder, Rhythmus, um Stimme Es ist interessant, wer über was lacht. und Stimmung – im Sinne davon, von Was ist künstlerisches Scheitern, wann vielen Darsteller*innen einen gemeinsa- kann man davon sprechen? Gibt’s das Welche Rollen nehmen Sie im Leben ein? men Klang zu finden. Aber es hat eben überhaupt? Ich bin Theaterschaffende, ich bin Mut- auch eine gesellschaftliche Vision. Das Wenn du eine Sache anschaust und ter, ich bin Partnerin, ich bin Mensch. hat für mich die Rolle per se nicht. Sie ist begreifst, dass es nicht dieses „Gut und Teil eines Systems. Ein Orbit, der einem Schlecht“ gibt, dann ist, finde ich, schon Wozu das Theater? Ganzen dient. Als Regisseurin aber habe sehr viel erreicht. Auf jeden Fall zur vielschichtigen Abbil- ich die Freiheit, einen weitreichenden dung und Bespiegelung der Gesellschaft. Entwurf in die Gesellschaft zu legen. Welche Fesseln und welche Potentiale Und die Reflexion darüber. Sowie für hat der Kunstraum Kärnten? Begegnungsräume in denen wir ausver- 2011 haben Sie das interdisziplinäre Potential hat die Lage an den Berüh- handeln, welche kulturellen Bilder wir Performanceformat schau.Räume ins rungspunkten der Länder Österreich, Ita- entwerfen und auch leben. Ich möchte Leben gerufen. Sie bespielen Leerstände lien, Slowenien, die noch viel mehr genützt neue Geschichten in anderen, neuen Set- zu Tabuthemen wie Homosexualität, werden könnte. Kläglich ist, dass es ein tings erzählen. psychischen Erkrankungen, Interkul- Stadttheater gibt, das den Löwenanteil vom turalität. Das Publikum bewegt sich Kulturbudget bekommt und im Vergleich Haben Sie ethische oder moralische begleitet von Guides durch die Instal- dazu viele andere Häuser wenig bis gar Ansprüche an die Kunst? lationen, Performances oder Vorträge nichts. Aber auch darin liegt Potential: Die Ja. Mir geht es um Veränderung, um von Wissenschaftler*innen. Was pas- Verteilung zu verändern, kleinere Gruppen Vielfalt. Darum, dass neue und verschie- siert dort? und Häuser besser zu finanzieren und dene Blickwinkel eingenommen werden Diskurs, Begegnung, Neu-Gestaltung damit die Diversität, die verschieden Aus- können, alte Muster hinterfragt und Neu- und Intervention in öffentlichen Räumen richtungen und Genres zu stärken. Meh- es ausprobiert werden kann – um das zu aktuellen sozialen Themen. Empower- rere Theaterhäuser, die nicht größer als Eigene zu relativieren oder zu erweitern. ment, Abbau von Berührungsängsten, Mittelbühnen sind, aber voller Innovation Sichtbarkeit. Veränderung. Mir ist wichtig, und Visionen, was gesellschaftliche Ent- Was sind Ihre wichtigsten Werkzeuge? dass wir als Gesellschaft begreifen, dass würfe betrifft, wären wichtig. Mut. Und Erneuerung. Aber immer in wir alle daran beteiligt sind – daran was einer Begegnung mit Menschen. wir „in Szene setzen“ und darüber hinaus, Wo und wie sind Sie als Mensch verortet? was wir dabei aussparen. Ich hab einen queer-feministischen Sie machen partizipatives Theater. Was Etwa im Zuge von „Meine Geschichte Zugang zu meinem Leben genauso wie zu heißt das? ist ein Museum“ bieten Menschen alter- meinem Arbeiten. Viele Themen werden Prinzipiell: Die Möglichkeit mit zu native Stadtführungen an und erzählen verschwiegen. Die Repräsentationskultur gestalten, nicht nur ein Produkt zu bese- dabei ein Stück Geschichte in in Theatern, vor allem in Stadt- und Staats- hen oder zu bewerten, sondern sich selbst Form von ihren persönlichen Erlebnissen theatern, beruht auf Geschichten aus einer in den Prozess bzw. in das Produkt ein- an Orten im öffentlichen Raum. Durch das Zeit, die heute nicht mehr existiert. Und zubringen. Im Konkreten: Bei manchen Einbeziehen dieser persönlichen Biogra- diese alten Geschichten (Shakespeare, Theaterprojekten sind die Akteur*innen phien in eine „Stadtgeschichte“ hinterfra- Schiller, Goethe, ...) werden aus einer selbst keine Künstler*innen sondern soge- gen und unterwandern wir jene selektive patriarchalen Struktur heraus erzählt. Es nannte „Expert*innen des Alltags“ oder Auswahl von scheinbar relevanten histo- gibt zwar die Intention vieler Häuser, sich aber auch erst durch die Begegnung und rischen Erinnerungen. die Erzählungen heutig anzuschauen – Interaktion entsteht innerhalb der künst- indem z.B. queer besetzt oder anhand der lerischen Setzung das Werk. Wo stößt Kunst an ihre Grenzen? Kostüme der heutige Zeitgeist hineinver- Die Kunst ist in der Kultur eingebettet, webt wird – der Erzählkanon und die Was ist der Reiz daran, zu inszenieren schafft uns aber zugleich einen Raum Bilder bleiben aber trotzdem rück- – was daran, inszeniert zu werden? um Widerspruch zur Kultur, gegen kul- wärtsgewandt. Wenn ich spiele, dann lasse ich mich turelle Vorgaben und Verbote, zu gene- Besonders in Kärnten, wo es nicht so ganz stark auf einen Charakter ein. Da rieren. Freud hat davon gesprochen, durch viele Theaterhäuser gibt, aber eben ein 4 DIE BRÜCKE Nr. 11 | Brückengeneration 5
Katrin Ackerl Konstantin * 1970 in Mödling bei Wien, Schauspiel- studium sowie jenes der Psychologie. Die Leitungsaufgabe der neuebuehnevillach hat sie 2002 nach Kärnten gebracht. | Das Œuvre der Theaterschaffenden umfasst viele Bereiche innerhalb des Theaters: „Ich bin Schauspielerin, ich bin Regisseurin, künstlerische Leiterin und ich bin auch kulturwissenschaftliche Forscherin.“ Ihre partizipativen Theaterprojekte haben sie bereits u.a. nach Italien, Mexiko, Peru, Rumänien und in den arabischen Raum geführt. | Vorstandsmitglied der IG TheaterTanzPerformance Kärnten Koroška sowie Beirätin der Darstellenden Kunst des Landes Kärnten. | Forschung zum Thema Partizipation, Performance und Performativität. Vorträge und Lehrveranstaltungen an den Universitäten Klagenfurt, Wien, Brno, Malta, Aarhus und Mexico City. www.konstantin.cc Foto: Patrick Connor Klopf Haus, das von der Subvention deutlich Jänner um 0.05 Uhr in Velden statt. Ein kultur.tipps bevorzugt wird, ist es entscheidend, welche Meilenstein für unsere gesellschaftliche neuebuehnevillach: VATER Geschichten dort gezeigt werden. Theater und menschliche Weiterentwicklung? ein Stück von Florian Zeller und Gesellschaft beeinflussen sich perma- Ja ich freue mich sehr darüber. Das ist mit Katrin Ackerl Konstantin 1. Feber – 2. März nent wechselseitig. Da bin ich sehr kritisch ganz wichtig. Sichtbarkeit. Noch immer www.neuebuehnevillach.at und skeptisch, wenn sich Bühnen nur in findet vieles aus Angst vor Diskriminie- der Repräsentationskultur bewegen – rung im Versteckten statt. Ich erinnere schau.Räume: biographical fempath sprich alte Rollen und Bilder transportie- mich selber gut daran, wie schwer es mir 8. März, Villach Am internationalen Frauentag werden acht ren. So kann Theater die gesellschaftliche oft gefallen ist, mich nicht von irritierten historische Persönlichkeiten, sowie acht Frauen, Kraft, die es hat, nicht entwickeln. oder abwertenden Blicken abhalten zu die heute aktiv im Leben stehen, ihre Geschich- lassen mit meiner Freundin Hand in Hand ten erzählen: Beim biographical fempath I als Was ist die Triebfeder Ihres Feminis- auf der Straße zu gehen. Rolemodels sind Frauen aus der Vergangenheit, die von Künstler- *innen als Living Sculptures dargestellt werden. mus? Wo sind die Notwendigkeiten, sehr wichtig. Das Transparentmachen von Beim biographical fempath II als heutige diese Kraft einzubringen? Geschichten die „anders“ sind und trotz- Biographien, in dem Frauen zu Orten in der Stadt Das Theater ist – was man auf den ers- dem „gut ausgehen“. In der Öffentlichkeit führen, die für ihre eigene Lebensgeschichte ten Blick nicht glaubt – sehr stereotyp. und auf der Bühne. relevant sind. Rollen werden ungeheuer stereotyp Biographical fempath I: besetzt. Die Positionen und Möglich- Seit 2003 leiten Sie auch das sommer- 10 – 13 Uhr (Rathausplatz, Hauptplatz) Biographical fempath II: keiten, die Frauen in den gängigen liche, zeitgenössische Theaterfestival 17, 17:30, 18, 18:30, 19, 19:30, 20 und 20:30 Uhr Stücken haben – etwa das Gretchen, die Spectrum in Villachs öffentlichem Raum. (Kaiser Josef Platz) | Dauer der Führung ca. 60 Julia, usw. – finde ich außerordentlich 2019 wird Ihre Dernière. Wohin geht Minuten. | Gruppengröße: max. 10 | problematisch. Andere Rollenbilder sind Ihre Weiterreise? Reservierungen: 0650 – 2608195 für Frauen kaum verfügbar. Im Laufe Nach 15 Jahren an der neuebuehne ist Beteiligte Künstler*innen: Amalia Contarini, meiner Karriere hab ich irgendwann die es an der Zeit, ein neues Kapitel aufzu- Barbara Ambrusch-Rapp, Maria Leeb, Amrei Baumgartl Leja Jurišić, u.a., sowie Frauen, die Entscheidung getroffen, dass ich gewisse schlagen. Ich werde mich in den nächsten in Villach leben und über „ihre“ Stadt erzählen. Rollen nicht mehr spielen möchte. zwei Jahren mit einem künstlerischen www.schau.raeume.cc Ein weiterer Punkt ist die Heteronorma- Forschungsprojekt zum Thema „Mapping tivität, die im Kino interessanterweise the Unseen“ beschäftigen. Es wird mich buch.tipp Performative Stadtgeschichte(n) schon teilweise durchbrochen wird, nicht in den Iran, nach Bangladesch, Kroatien Eine Publikation über schau.Räume. aber im Theater. Gleichgeschlechtliche und Kärnten führen. Außerdem werde ich Hermagoras Verlag, erscheint im Mai 2019 Lebensgeschichten sind immer noch nahe- unter dem Titel „Führen wir uns auf“ in zu ein Tabu. Da bildet das Theater unsere Salzburg ein Doktoratsstudium zu femi- Zeit nicht ab. Wenn ich aus einer Minori- nistischen Sichtweisen aufs Theater und tät komme und mich in der Kultur nicht Rollenstereotypen im Theater machen. wiederfinde, dann ist das ja auch ein Ausschluss in der Geschichte, die erzählt Sind Sie Kulturoptimistin oder wird. Solange man etwas nicht zeigt, wird -pessimistin? man’s nicht sehen, dadurch wird man’s Ich bin Optimistin. Ich glaube an den nicht sehen und dadurch zeigt man’s auch Widerstand des Geistes, ich glaube an das wieder nicht – um es mit Judith Butlers Bedürfnis des Menschen, sich in etwas Worten zu sagen. wiederzuerkennen, das durchaus positiv ist, Schönheit oder Kraft bedeutet. Welche Bedeutung hat die seit diesem Jahr rechtsgültige Liberalisierung der ● Gabbi Hochsteiner Ehe? Österreichs allererste gleichge- Chefredaktion DIE BRÜCKE schlechtliche Eheschließung fand am 1. DIE BRÜCKE Nr. 11 | Brückengeneration 5 5
Hokuspokus. Von der Präsenz des Verschwundenen. Zur Geschichte des Theaters in Kärnten. Vom Theaterbau zu Virunum. Im Zollfeld Hoc est corpus ... Mehr als ein halbes Klagenfurt. Von Klerus und Adel finan- muss es ein unterirdisches Theatermyzel Jahrtausend lang, für die Zeit der slawi- ziert, ließ es die Kostüme aus Venedig geben. Sonst wäre Peter Turrini nicht so schen Landnahme, der baierischen und kommen, brachte jährlich bis zu vier nahe an jenem Wald aufgewachsen, in fränkischen Hoheit sowie der ersten Jahr- Produktionen heraus, und wandte sich in dem der einzige bekannte Bühnenbau der hunderte der Selbständigkeit des Herzog- Entsprechung zur gesamteuropäischen antiken Provinz Noricum seinen Dornrös- tums Karantanien, lässt sich ebenso wie Entwicklung neben biblischen immer chenschlaf hält. Peter Handkes Griffen in ganz Europa keine Theaterkultur bele- mehr auch historischen Stoffen zu. Von und Wolfgang Gassers oder Martin Kušejs gen. Erst im Mittelalter bildet sich aus den etwa 1615 bis zur päpstlichen Auflösung Wolfsberg liegen auch nicht so weit. Und Kirchenraumspielen wieder eine darstel- des Ordens 1773 bildete das Jesuitenkol- das Ganze hat Geschichte: Dem damals lende Kunstform heraus, die zunächst rein leg mit den Professuren für Poetik und „Ständischen Theater“ der Landeshaupt- geistlichen Charakter trägt. Eine Bevölke- Rhetorik ein geistiges Zentrum des Landes. stadt setzte Villach schon 1842 sein rung, der die Wandlungsformel „Hoc est Parallel wuchs das vor 1620 erbaute Ball- eigenes Stadttheater entgegen. Das erste corpus ...“ als „Hokuspokus“ in den Ohren haus in die Rolle des „Ständischen Thea- Dampfschiff, das am 21. Juni 1909 am klang, war mit sinnlicher Darstellung ters“, das es 1805 offiziell wurde. Zunächst Wörthersee in den Dienst gestellt wurde, treffsicherer zu erreichen. Als immer mehr vor allem für Festveranstaltungen des trug stolz den Namen der Theatermuse Rollen hinzukamen, wurde das Gebiet um Adels benutzt, wird es ab 1738 nachweis- Thalia. die Kirche ebenso einbezogen wie Laien- lich zum Veranstaltungsort für Gastspie- Kärntens frühester Theaterbau entstand darsteller. Tendenziell soll sich das Ganze le. Operntruppen aus Venedig legten auf in Virunum. Er wurde zu Beginn des 2. Richtung Volksfest bewegt haben, bei dem der Durchreise nach Wien einen Zwischen- Jahrhunderts n. Chr. errichtet und etwa der Met floss, und die Spiele wurden von stopp ein. 1765 schenkte Maria Theresia 200 Jahre lang bespielt. Südlich der grö- der Kirche untersagt. Sie verließen aller- dem Haus neue Dekorationen des Akade- ßeren Arena gelegen, verfügte die Anlage dings nur die Städte, während sie am Land miemalers Anton Gfahl. Zwischen 1785 über eine halbkreisförmige Tribüne mit fortlebten und sich schließlich vom Sün- und 1910 gab es im Ballhaus bzw. im einem Radius von 35 Metern. Eine mar- denfall-, Weihnachts-, Dreikönigs- und Ständischen Theater nicht weniger als 50 morgetäfelte Mauer mit Figurennischen Passionsspiel unbeschwert auch säkularen Direktionen. Das schließlich am selben bildete die Rückwand der Bühne, in der Themen wie dem Schäferspiel zuwandten. Ort durch das Jubiläumsstadttheater es für Auf- und Abtritte drei Türen gab. Mit den Zusammenhängen zwischen dem ersetzte Gebäude wurde freilich schon vor Subventionsgeber waren, das war damals mittelalterlichen Drama und dem bäuerli- 1790 von Joseph II. eher abschätzig als schon so, die Duumviren der Stadt. Gespielt chen Volksschauspiel hat sich der 2004 „renovierte Hütte“ bezeichnet. wurde u.a. Homer. Erstaunlich, dass dieses verstorbene steirische Literaturwissen- Theater bis heute im Wald vergraben liegt schaftler Karl Konrad Polheim befasst, der Es begann die bisher theaterfreundlichste – der Doppelfall eines Amphitheaters als auch einen „Katalog der Volksschauspiele Epoche der Landesgeschichte. Denn 1842 Kulturbezirk ist selten, und schließlich in Steiermark und Kärnten“ publiziert hat. öffnete auch in Villach das eingangs sind vom ganzen Imperium Romanum nur erwähnte Stadttheater seine Tore. Ein 250 Amphitheater erhalten (in Österreich Kärntner Bühnengeschichte. Das Biedermeierbau mit 281 Sitz- und 190 eines in Carnuntum, eines in Flavia Solva erste neuzeitliche Theater Kärntens war Stehplätzen. Mit Intendanz und festem und eben die zwei in Virunum). das Schultheater des Jesuitenkollegs in Ensemble. Um den Enthusiasmus zu ver- 6 DIE BRÜCKE Nr. 11 | Brückengeneration 5
Ab 1842 besaß Villach rund 100 Jahre lang ein eigenes Stadttheater (im Bild: das Biedermeiergebäude mit der Philipsreklame um 1938). | Der einzige (heute im Wald verschüttete) Theaterbau der Provinz Noricum lag in Virunum bei Maria Saal. Der Foto: Museum-Archiv der Stadt Villach Tribünenradius betrug stolze 35 Meter. Foto: Landesmuseum Kärnten | Fragmente der prächtigen antiken Bühnendekoration. Foto: Heimo Dolenz stehen, aus dem heraus das erste Wörther- Paris von der dortigen Theateravantgarde und der Carinthische Sommer mit seiner see-Dampfschiff den Namen „Thalia“ trug, befruchtet, inszenierte am Tonhof in Maria Musiktheaterproduktion, sowie jährlich muss man sich vor Augen halten, dass Saal, ein paar hundert Meter von Virunum mindestens 30 ziemlich bunte Sommer- damals in Klagenfurt gerade am neuen entfernt, die Uraufführung der ersten theater-Events, in denen Hochprofessio- Jubiläumstheater gebaut wurde. Der Damp- Thomas-Bernhard-Stücke, ehe er, diesmal nelles mit einer Fortsetzung der Laien- fer verband zumindest in der verlängerten flankiert von H.C.Artmann, Spittal an der theater-Produktion des Volksschauspiels Geisteslinie zwei Theaterstädte. 1905 Drau in ein sommerliches Komödienzen- Hand in Hand geht. wurde Friedrich Schillers 100. Todestag trum verwandelte. Siegmar Bergelt, mit Gedenkmünzen und Großveranstal- der spätere Manager Friedrich Kärnten ist ein guter Theaterbo- tungen gefeiert. Sein „Wilhelm Tell“ weih- Guldas und Mitbegründer des den. Mit ein paar unliebsamen te 1910 den neuen Musensitz der Landes- von Ossiach nach Viktring kulturpolitischen Verhaltens- hauptstadt ein. Auch kam der Zeitgeist geflohenen Musikforums, mustern. Dazu zählt, dass in dazu: Es war der Bauernsohn Anton brachte schon kurz nach dem Kommunen und Land der eine Ronacher aus Dellach im Drautal, der 1888 Zweiten Weltkrieg auf der Napo- sofort passt, wenn es der andere – freilich in Wien – das dortige „Etablis- leonwiese in Warmbad Villach auch tut. Mit dem Satz „Wir ent- sement Ronacher“ erbauen ließ. zwei Jahre nacheinander Freilichtpro- lassen das Land nicht aus seiner duktionen, die jeweils bis zu 5.000 Besu- Verantwortung“, hat sich Villach 1999 Im Zweiten Weltkrieg wurde Villachs cher anzogen. 1979 wurde das klagenfur- aus seiner Verantwortung für die Studio- Stadttheater bei einem Bombenangriff ter ensemble gegründet, das seit 1987 von bühne entlassen. Und: Der Hinweis, dass beschädigt. Dem Verlust wurde mit einem Gerhard Lehner geleitet wird. Bereits gespart werden muss, ist auch so ein Spielraum am Bahnhofsplatz Genüge davor entstanden in Villach die Studio- rhetorisches Ausweichmanöver, wenn getan, der sogar mit einer Drehbühne bühne, an der Bruno Czeitschner verblüf- eigentlich die Korrektur unzeitgemäßer ausgestattet wurde, der aber – das Kino fend Zeitgenössisches produzierte, und Budgetrelationen ansteht. boomte – auch als Lichtspieltheater dienen die legendäre Urform des Straßentheater- ● Michael Cerha musste, und der in den 60er-Jahren – das festivals Spectrum. * 1953 in Vorarlberg, Autor, Dramaturg und Kulturjourna- list. Kärntner Kulturkorrespondent der Tageszeitung Kino boomte schon weniger – zum Lager- „Der Standard“. Publizierte zuletzt u.a. die poetische raum verkam. Also, 1.500 Jahre nach Kleine Bestandsaufnahme. Inzwischen Textsammlung „documents“ und das Kinderbuch „Albine“. Lebt seit 2010 in Damtschach. Virunum, noch einmal ein verschwunde- gibt es laut IG Theater Tanz Performance nes Theater. Aber das ist nicht das Ende Kärnten Koroška, verstreut über das gan- der Geschichte. Villachs Jugendrat hat ein ze Land, rund 20 Freie Gruppen, davon Mitglied, das sich für die Wiedererrichtung sieben mit festen Spielstätten, an denen eines „Stadttheaters“ einsetzt. insgesamt rund 50 Theaterschaffende ständig wirken. Hinzu kommen die beiden Die Theaterschaffenden der späten 50er-, Bühnen mit permanentem Spielbetrieb, der 60er- und der 70er-Jahre haben den das Klagenfurter Stadttheater und die ganzen Elan ihrer Generation quer durch neuebühne villach. Dann die beiden gro- das Land getragen. Herbert Wochinz, in ßen Festivals, die Komödienspiele Porcia DIE BRÜCKE Nr. 11 | Brückengeneration 5 7
Im Rampenlicht Vorhang auf für ein farbenreiches Ensemble an Theatermenschen aus Kärnten. Gegenwärtigen und vergangenen. Konservativen und innovativen. Seriösen Mimen und schrägen Vögeln. Eine subjektive Rundschau ohne Anspruch auf Vollständigkeit. „Denn die einen sind im Dunkeln gebracht (sich 2001 aber auf den elterli- europäischen Avantgarde, und die andern sind im Licht. Und man sieht nur die im Lichte chen Bauernhof nahe Eisenkappel/Železna und in Wien das Theater die im Dunkeln sieht man nicht.“ Kapla zurückgezogen). am Fleischmarkt gegründet hatte. Das sprichwörtliche Dass die einstige Dramaturgin Maja „leichte Lachen von Porcia“ hilft Haderlap mittlerweile auch als Dramati- Petra Morzé vielleicht über eine große kerin und Autorin im Rampenlicht steht, Enttäuschung hinweg, ist sie doch eines Ja, Kärnten ist ein Land der Chöre und verdankt sie dem Erfolg ihres preisge- jener Burgtheater-Ensemble-Mitglieder, Blasmusikkapellen. Aber es ist auch ein krönten autobiographischen Romans deren Verträge vom designierten Direktor Land der Dichter*innen und Darsteller- „Engel des Vergessens“, mit dem sie 2011 Martin Kušej nicht verlängert werden. *innen, der Literatur- und Theater-Men- den Bachmann-Preis gewann. Vier Jahre „Nach 17 Jahren am Haus ist das schade“, schen. Nicht nur der rege, hiesige Ama- danach wurde die Bühnenfassung im findet sich die 54-Jährige als „eine der teurtheaterverband setzt die Bühnen- Wiener Akademietheater uraufgeführt, wenigen Österreicherinnen im Ensemble“ begeisterung der Leute im Lande in Szene, und auch das slowenische Nationaltheater mit der ungewohnten Situation ab und ist auch eine Fülle von institutionellen und in Ljubljana setzte das Stück auf seinen neugierig auf den neuen Lebensabschnitt. freien Kompagnien lockt das Publikum Spielplan (ein umjubeltes Gastspiel der Wer weiß, vielleicht kann man sie in das ganze Jahr über zu den Brettern, die Slowen*innen war im Stadttheater Kla- Zukunft ja auch einmal mit ihrem zweiten die Welt bedeuten. Und so manche inter- genfurt zu sehen). Standbein, dem Kabarett-Programm nationale Karriere nahm hier am südlichen „Amourhatscher“ in ihrer alten Heimat Rand des deutschen Sprachraumes ihren Die „Mutter“ in der Burgtheater-Produk- Kärnten sehen. Dabei steht sie mit Freun- Ausgang. tion des „Engels des Vergessens“ verkör- din Angelika Hager (Kolumnistin „Polly perte die Kärntnerin Petra Morzé. Sie Adler“), Burg-Kollegin Maria Happel und KARRIEREN. Ob Martin Kušej, der im erinnert sich gerne an eine Art fact-fin- ab Herbst Ulrike Beimpold (statt bisher September vom Münchner Residenzthea- ding-mission vor der Premiere mit Burg- Andrea Händler) auf der Bühne und lässt ter nach Österreich zurückkehren und die theater-Direktorin Karin Bergmann, dem eine szenische Lesung zur komödianti- Direktion des Burgtheaters übernehmen Schauspieler-Ensemble und Maja Haderlap schen Tour de force durch zwischen- wird oder Johann Kresnik, der mit seinem in deren Heimat in Südkärnten. Wie eine menschliche Krisengebiete werden. Heu- choreographischen Theater und einem „Spurensuche in der eigenen Vergangen- er ist Petra Morzé aber noch in mehreren brachial-verstörenden Regiestil unter heit“ sei das gewesen, erzählt die im Produktionen des Burgtheaters zu sehen, anderem an Frank Castorfs Volksbühne Weinviertel aufgewachsene Enkelin von u.a. im „Besuch der alten Dame“ (Friedrich Berlin reüssierte – viel an kreativer Kraft Inge Morzé, einer der Grandes Dames der Dürrenmatt), „Mephisto“ (Klaus Mann), stammt aus dem zweisprachigen Amalgam Kärntner Kunstwelt. „An meinem Geburts- „Willkommen bei den Hartmanns“ (Simon der slowenisch-deutschen Grenzregion tag, dem 10. Oktober, habe ich in Kärnten Verhoeven/Angelika Hager) und in „Der Südkärntens. Nicht zufällig hat es wohl immer gedacht, die Fahnen hängen wegen Kandidat“ von Carl Sternheim. auch die Dichterin und spätere Bachmann- mir.“, erinnert sich die vielbeschäftigte Preisträgerin, die Kärntner Slowenin Maja Theater- und Film-Schauspielerin heute In dieser Komödie nach einer Vorlage von Haderlap, nach ihrem Studium für 15 schmunzelnd. Fürs Theater „sozialisiert“ Gustave Flaubert verkörpert Petra Morzé Jahre als Dramaturgin an das Stadttheater wurde sie nach eigenen Worten „durch eine Mutter und die junge Klagenfurterin Klagenfurt verschlagen, wo sie mit einem die Omi“, die sie immer ins Stadttheater Christina Cervenka deren Tochter. Aus- weiteren überregional bedeutenden The- und im Sommer zu den Komödienspielen gebildet an der Universität für Musik und atermacher, dem Regisseur und Intendan- Porcia mitgenommen hatte. Das war darstellende Kunst in Graz spielte die ten Dietmar Pflegerl zusammenarbeitete. damals die Ära eines weiteren großen heute 25-Jährige bereits im Wiener The- Ihr jüngerer Bruder Zdravko Haderlap Namens der heimischen Theatergeschich- ater in der Drachengasse und in Kinder- hatte in den 1990er Jahren zeitgenössi- te: Herbert Wochinz, der geprägt war von produktionen in der Burgtheater-Depen- sches Tanztheater im Sinne seines Lands- seinen Eindrücken im Frankreich der dence Kasino am Schwarzenbergplatz. Sie mannes Johann Kresnik nach Kärnten 1950er Jahre, damals das Zentrum der setzt damit eine Reihe prominenter Kärnt- 8 DIE BRÜCKE Nr. 11 | Brückengeneration 5
ner Schauspieler*innen am Theater-Olymp in Wien fort, man denke nur an den ver- storbenen Wolfgang Gasser (u.a. in Tho- mas Bernhards „Heldenplatz“) oder den aus St. Veit stammenden Heinz Trixner, dessen Gesicht und Stimme ebenso aus Film und Fernsehen bekannt sind. Aber auch nicht so prominente, nicht weniger wichtige Mitarbeiter der Burg stammen aus Kärnten und lieben das Theater. Unter ihnen: Monika Brusenbauch, eine von sieben Souffleusen des Hauses am Ring, die seit 1990 den Bühnenstars zur Seite steht und seitenweise Bühnentexte aus dem Gedächtnis rezitieren kann. Auch die aus Unterloibl stammende Valerie Voigt-Firon, nur wenige Jahre älter als Christina Cervenka, hat es ans Burgtheater geschafft. Die 32-jährige Kärntnerin gab 2017 ihr Regie-Debüt im Vestibül („Drei sind wir“ von Wolfram Höll). Dass die Sprache für sie eine Haupt- rolle spielt, hört man Voigt-Firon an – so wohlgesetzt und überlegt formuliert sie im Gespräch nach kurzem Nachdenken. Autor*innen wie Elfriede Jelinek, Ferdi- nand Schmalz oder Ewald Palmetshofer schätzt sie ebenso wie Wolfram Höll, dessen Sprache sie als „musikalisch komponiert“ liest: „Das ist fast wie eine Partitur!“ FREIE SZENE. Die unmittelbare Heimat dieser Jung-Regisseurin stand übrigens im Zentrum einer aufwühlenden Produk- tion 2016 in der Klagenfurter theater- HALLE 11: In der „Loibl-Saga“ themati- siert Autor Erwin Riess „Ermordung, Verfolgung und Solidarität im KZ Loibl Nord“. Den Theatermacher und Kärntner Slowenen Marjan Štikar (teatr trotamora) mit der Umsetzung zu betrauen, erwies sich dabei als Glücksgriff, denn er und sein rund 40köpfiges Team schufen die Petra Morzé (li.) und Christina Cervenka in Sternheims "Der Kandidat" am Wiener Akademietheater. starken Bilder zu den Fakten. Beheimatet Foto: Georg Soulek/Burgtheater | Jung-Regisseurin Valerie Voigt-Firon gab ihren Einstand am Burgtheater. ist das teatr trotamora in St. Jakob im Foto: Reinhard Werner | Nadine Zeintl in "Rattensturm" am klagenfurter ensemble. Foto: Günther Jagoutz/ke DIE BRÜCKE Nr. 11 | Brückengeneration 5 9
Tanja Raunig (vorne) mit Barbara Spitz in "Der Nussknacker" am Theater der Jugend in Wien. Foto: Rita Newman/TdJ | Hausherr des klagenfurter ensembles in der Theater Halle 11: Gerhard Lehner. Foto: ke | Martina Rösler von der Theatergruppe makemake. Foto: Bettina Frenzel Rosental/Šentjakob v Rožu im dortigen aus, in der anhand der 25 Buchstaben des Multitalent, bespielt das Haus am Klagen- Kulturverein Rož. slowenischen Alphabetes die Mechanis- furter Messegelände mit jährlich rund Nicht weit davon entfernt, in St. Johann men von Macht dekliniert wurden. Der fünf Eigenproduktionen, unter denen im Rosental/Šentjanž v Rožu, findet man Wort- und Verführer ist dabei männlich viele Uraufführungen zu finden sind. In das k & k (Kultur & Kommunikationszen- und ganz in Rot (Aleksander Tolmaier). Antonio Fians „Owe den Boch“ war eine trum) in einer ehemaligen Schule. Auch Mit ihm ringen und um ihn buhlen vier der Stamm-Schauspielerinnen des kla- hier stehen immer wieder Theater-Pro- Frauen, die Fixgrößen der Kärntner freien genfurter ensembles ebenso zu sehen wie duktionen der freien Szene auf dem Szene sind: Yulia Izmaylova, Magda in der Produktion „Clarisse und ihre Spielplan, u.a. von Alenka Hain, die 2017 Kropiunig, Lara Vouk und Katarina Dämonen“ nach Robert Musils Roman den Würdigungspreis des Landes Kärnten Hartmann spielten sich dabei durch die „Mann ohne Eigenschaften“: Nadine für Darstellende Kunst erhielt. In den ganze Palette menschlichen Verhaltens Zeintl, die das Kärntner Publikum auch vergangenen Jahren unterrichtete Alenka zwischen Anziehung und Abstoßung, zwi- vom Stadttheater, von der neuebuehne- Hain an der Pädagogischen Hochschule schen Devotheit und Drill. Diese Produk- villach und von Produktionen des Theaters in Klagenfurt Sprachmethodik für zwei- tion zeigte exemplarisch: Alenka Hains Wolkenflug kennt. Die gebürtige Oberös- sprachige Lehrer. Die Zeit an der „School poetisches Bühnenspiel setzt vor allem terreicherin verkörperte voriges Jahr for New Dance Development“ in Amster- auf Mimik, Gestik, Körperhaltung, bietet außerdem die Eliza Doolittle in „My fair dam und ihre aktive Tanzkarriere liegen choreographisches Theater, das keine Lady“ im Gärtnerplatz-Theater München. schon lange zurück. Doch auch in ihrer Sprachbarrieren kennt. Mit Oliver Vollmann ist sie beruflich und Arbeit als Regisseurin achtet die gebürti- privat ein eingespieltes Team, Marcus ge Slowenin sehr auf den Bewegungsaus- Brennpunkt der Off-Szene ist seit Jahren Thill, Gernot Piff sowie Michael druck der Schauspieler*innen: „Die Bewe- das klagenfurter ensemble (ke) mit Kuglitsch sind weitere Stammgäste bei gung muss im Einklang mit dem seiner Spielstätte theaterHALLE 11 – ein den Produktionen des ke. Immer wieder gesprochenen Wort sein!“ freies Theater mit eigenem Gebäude. in der theaterHALLE 11 zu sehen sind Fast ohne Worte kam im Vorjahr ihre Hausherr Gerhard Lehner, ehemaliger außerdem Maximilian und Markus Produktion „5&20 udarcev/Schlagzeilen“ Wiener Sängerknabe, Blasmusiker und Achatz, die mit ihrem Theater WalTzwerk 10 DIE BRÜCKE Nr. 11 | Brückengeneration 5
Gernot Piff im Musical "Black Rider" in Villach. Foto: Weber/Flying opera | Oliver Vollmann und Nadine Zeintl in "Clarisse und ihre Dämonen" am ke. Foto: Günther Jagoutz/ke | Michael Kuglitsch in der ke-Produktion "Nebochantnezar". Foto: Peter Wagner | Hausherr Michael Weger (links) mit Isabella Weger und Clemens Matzka in seinem Stück "Adios Muchachos" an der neuenbuehnevillach. Foto: Patrick C. Klopf/nbv hauptsächlich im Kinder- und Jugendthe- Tanz ist auch die Sprache der jungen Hofmanns „Nussknacker“. Der Villacher aterbereich tätig sind so wie Sabine und Völkermarkterin Martina Rösler. Als Teil Günther Wiederschwinger ist beim Miha Kristof-Kranzelbinder mit dem des Wiener Theaterkollektivs makemake Volkstheater beheimatet, Markus Kofler Theater KuKuKK. Aber auch Koproduk- erhielt sie mit der getanzten Vertonung ist Ensemblemitglied des Theaters in der tionen (siehe oben mit Marjan Štikar), von jüdischen Witzen („Muttersprache Josefstadt so wie Elfriede Schüsseleder, Konzerte und Gastspiele stehen das gan- Mameloschn“) im Vorjahr den Theater- in Kärnten bekannt aus der Ära Wochinz. ze Jahr über auf dem Programm. Ein preis „Nestroy“ für die beste Off-Produk- Auch Maximilian Müller, den man aus Beispiel: Johanna Orsini-Rosenberg, tion, 2015 wurde das von ihr choreogra- der TV-Serie Rosenheim-Cops kennt, war die mit ihrer kunstsinnigen Familie im fierte Tanzstück „Das ist ja ein Ding!“ mit sieben Jahre lang Ensemble-Mitglied beim Rahmen des Carinthischen Sommers auf einem „Stella-Award für junges Publikum“ Theater in der Josefstadt, wo außerdem Schloss Damtschach szenische Konzerte ausgezeichnet. Die gebürtige Kärntnerin die Schauspielerin Ruth Rieser auf der und Lesungen veranstaltet, war mit ihrer lebt in Wien, wo sie ihr Studium der The- Bühne stand (so wie in Klagenfurt und von der Kritik euphorisch gelobten ater-, Film- und Medienwissenschaft an Stuttgart), bevor sie sich ihrer Karriere Konrad-Bayer-Revue im ke zu Gast. Die der Universität und nebenbei zeitgenös- als Filmemacherin widmete. Ein weiterer mit dem Schauspielpreis der Diagonale sische Theaterpädagogik am Konservato- Villacher, Peter Raffalt, leitete mit seiner 2013 ausgezeichnete Künstlerin machte rium studierte. Frau Annette jahrelang das Projekt „Die zuletzt mit ihren Filmrollen auf sich junge Burg“ – er ist übrigens der Schwa- aufmerksam (u.a. „Murer – Anatomie WIEN und die WELT. Landsmänner und ger des einstigen Burgtheater-Direktors eines Prozesses“). Und Schauspielerin -frauen mit Hang zum Scheinwerferlicht Matthias Hartmann. und Regisseurin Angie Mautz und ihr kann Martina Rösler in beinahe allen Verein „Junges Theater Klagenfurt“ sind Veranstaltungsstätten in Wien finden: Doch nicht nur in die Bundeshauptstadt in der theaterHALLE 11 jeden Sommer Tanja Raunig etwa, bekannt als Tochter verschlägt es das fahrende Volk aus Kärn- ebenso beheimatet wie im Herbst das des Tatort-Kommissars Harald Krassnitzer, ten. Der Gailtaler Schauspieler Hannes zeitgenössische Tanz- und Performance- ist oft im Theater der Jugend anzutreffen, Flaschberger spielt seit 2013 den „Dicken festival „Pelzverkehr“. zuletzt etwa in der Hauptrolle von E.T.A. Vetter“ Jedermanns bei den Salzburger DIE BRÜCKE Nr. 11 | Brückengeneration 5 11
Manfred Lukas-Luderer und Isabella Wolf in "Heilig Abend" an der neuebuehnevillach. Foto: Patrick. C. Klopf/nbv | Multitalent und TV-Cop Maximilian Müller. Foto: Müller | Angie Mautz in "Nebochantnezar" am klagenfurter ensemble. Foto: Peter Wagner Festspielen am Domplatz – zuerst mit Cornelius Obonya in der Titelrolle, danach mit Tobias Moretti. Das Wanderleben gehört zu Flaschbergers Natur, auch wenn er sich nach wie vor in Kärnten zuhause fühlt. Zum Festspiel-Engagement kam er über Umwege. Denn der britische Regis- seur Julian Crouch, der ab 2013 mit seinem US-Kollegen Brian Mertes für die Regie des Klassikers am Domplatz verantwort- lich war, brachte den Kärntner quasi aus London mit. Dorthin hatte es Flaschberger schon 1993 verschlagen, dort hatte er mit seiner Partnerin, der britischen Schau- spielerin und Cellistin Tamzin Griffin, gelebt und gearbeitet, dort hat er sein Handwerk gelernt. Als 26-Jähriger war er für zwei Jahre nach Paris gegangen, um bei Marcel Marceau die Kunst der Panto- mime zu erlernen, dem war ein Aufenthalt in Barcelona gefolgt. Zurück in Wien „stand ich mit 31 erstmals richtig auf der Bühne“, erinnert sich Flaschberger, der sich zwischendurch immer wieder mit diversen Jobs über Wasser halten musste. Der Viktring-Absolvent und gebürtige Tiroler Alexander Kubelka studierte Musiktheater am Konservatorium in Wien und gründete 1992 mit Stefan Pfeistlinger das Theater K.L.A.S. auf der Heunburg, das anspruchsvolles Sommertheater von „Woyzeck“ bis Arthur Miller bot. Nach 12 DIE BRÜCKE Nr. 11 | Brückengeneration 5
Steht vor seinem Abschluss am Reinhardt-Seminar: Jung-Mime Julian Waldner. Foto: Hannah Schwaiger | Florian Scholz, Intendant des Stadttheaters Klagenfurt. Foto: Gerhard Maurer/Stadttheater | Alexander Kubelka war Intendant am Vorarlberger Landestheater in Bregenz. Foto: Anja Koehler Stationen bei Dietmar Pflegerl am Stadt- als Regisseur streichen würde, lasse ich Weise“ im Krastaler Steinbruch – ein theater Klagenfurt, im Düsseldorfer Schau- als Autor gleich weg.“ atmosphärisch starker Spielort, der für spielhaus (bei Anna Badora) und Wiener Gesellschaftskritisches und humanisti- das Kärntner Publikum leider nicht mehr Volkstheater (bei Emmy Werner) über- sches Theater wollen er und sein Drama- zugänglich ist. nahm Kubelka 2009 als Intendant und turg Martin Dueller das ganze Jahr über Regisseur das Vorarlberger Landestheater mit dem 13köpfigen Team machen, „nah SPIELORTE. Doch an originellen und in Bregenz. Bis zu seinem freiwilligen dran sein“ (so der vielsagende Hausslogan) stimmigen Spielorten ist abseits der festen vorzeitigen Abgang 2017 konnte er dort an Publikum und Themen. Lehrer ist er Häuser kein Mangel. In Kärnten wurde eine 40%ige Steigerung der Zuseher- übrigens auch noch. Denn seit 2006 ist und wird in Steinbrüchen, auf Burgen *innenzahlen erreichen. Mittlerweile ist Michael Weger zusätzlich Professor der (Heunburg, Friesach), Schlössern (Porcia) der Theatermacher mit seiner Familie in Schauspielabteilung am Kärntner Landes- und Ruinen (Finkenstein) gespielt; in die Nähe von Wien gezogen, wo ihm im konservatorium. Stiftshöfen (Eberndorf) und Stadeln Theater in der Josefstadt mit seiner hoch- Dass mit Lisa Maria Sommerfeld eine (Albeck, Tonhof), auf einem Drauschiff gelobten Inszenierung von Turrinis „Josef seiner Schülerinnen mittlerweile das drit- (Theaterfestival Spectrum), einer (mittler- und Marie“ 2018 ein fulminanter Einstand te Jahr am renommierten Max-Reinhardt- weile abgetragenen) Seebühne und einem gelungen ist. Daneben versucht sich der Seminar in Wien studiert, ist ihm eine Theaterwagen (Porcia), in einem einstigen 50-Jährige freie Regisseur erstmals als große Freude. Für künstlerischen Nach- Kino (Jazzclub Kammerlichtspiele) und Bühnenautor: Sein Stück „Caspar“, ein wuchs ist also gesorgt. Mit dem 22jährigen einem Jugendstilpavillon (Vada). Polit- und Medien-Krimi, wird vom Wiener Julian Waldner steht heuer außerdem Sessler-Verlag vertreten. wieder ein junger Kärntner nach vier Die „Zugmaschine“ für alle Theaterfreun- Jahren Ausbildung vor dem Abschluss an de in Kärnten ist natürlich das Stadtthe- Im Sessler-Verlag ist übrigens auch das der Wiener Kaderschmiede. ater Klagenfurt, das mit knapp zehn Debüt-Werk von Michael Weger gelan- Manfred Lukas-Luderer ist ebenfalls Millionen Euro auch den größten Anteil det. Der Villacher Tausendsassa ist jetzt Absolvent des Reinhardt-Seminars und am Kulturbudget des Landes hat. Der also nicht nur Intendant der neuebueh- ein langjähriger Wegbegleiter Michael Deutsche Florian Scholz, der in Berlin nevillach (einst Studiobühne Villach), Wegers. Als Schauspieler und Regisseur und Paris lebte und arbeitete (u.a. bei Regisseur, Schauspieler, Emotionstrainer ist er der neuebuehnevillach seit Jahren Gerard Mortier), legt seit der Saison ... sondern auch Dramatiker. Seine Komö- verbunden, aber auch am Stadttheater 2012/2013 ein solides und kulinarisches die „Adios Muchachos“ hatte im Dezem- Klagenfurt, an den Schauspielhäusern in Programm vor, das nicht zuletzt mit ber Premiere. Dabei spielte der schrei- Graz und Zürich sowie in zahlreichen hochklassigen Operninszenierungen bende Schauspieler auch und Film- und TV-Produktionen war er zu punkten kann. Im Sommer macht das inszenierte gleich selbst sein Stück – was sehen. Eindrucksvoll verkörperte er 2010 Stadttheater Pause und dann sind es die durchaus Synergien bedeutete: „Was ich die Titelrolle in Lessings „Nathan der vielen Sommertheater-Initiativen und DIE BRÜCKE Nr. 11 | Brückengeneration 5 13
Ist zwischen Wien, Kärnten und Slowenien fest im Einsatz: Magda Kropiunig. Foto: Evelyn Hronek | Marcus Thill im Musical "Black Rider" in Villach. Foto: Weber/Flying opera | Theatermacher an der Schnittstelle zwischen darstellender und bildender Kunst: Gerhard Fresacher. Foto: Fresacher | Der aus Bleiburg stammende Choreograph und Regisseur Johann Kresnik (rechts) mit dem Maler Gottfried Helnwein. Foto: Waldner | Maximilian Achatz vom Theater WalTzwerk im Stück "Petterson und Findus". Foto: Waltzwerk Freiluft-Bühnen, die zu originellen und anstaltungs- und Ausstellungsraum. Der des Kärntner Landhauses, im Amphithe- atmosphärischen Aufführungsorten laden 46jährige, bei Erich Wonder an der Aka- ater Virunum, im Archäologiepark Mag- und auch für den Tourismus eine wesent- demie der bildenden Künste in Wien dalensberg und zuletzt im Innenhof der liche Rolle spielen. Manche von ihnen geschulte, Bühnenbildner ist einer der Klagenfurter Burg. beschwören regelmäßig den Wettergott, vielseitigsten Kreativköpfe des Landes. Ob damit die Vorstellungen nicht ins Wasser seine Kirschgarten-Inszenierung in der Die Klosterruine Arnoldstein ist nur fallen mögen: Vom Villacher Theaterfes- Wiener Garage X, eine Musik-Performance einer der vielen Veranstaltungsorte im tival Spectrum (künstlerische Leitung: rund um Kafkas Landarzt-Erzählung für In- und Ausland, die Regisseur Herbert Katrin Ackerl Konstantin und Erik Jan das Wiener Radiokulturhaus, ob Kunstvi- Gantschacher und „arbos“, seine 1992 Rippmann), das sich in der Innenstadt, deos oder die Organisation des Kunst- und gegründete „Gesellschaft für Musik und auf den Drauterrassen und auf einem Theaterfestivals Diorama, stets ist Fresa- Theater“, bespielen, zuletzt etwa mit Fluss-Schiff abspielt, über die Burghof- cher das Mastermind hinter genre- und Ausstellungen und Symposien rund um spiele Friesach unter der langjährigen spartenübergreifenden Kunstaktionen. den Ersten Weltkrieg und den Komponis- Leitung von Publikumsliebling Adi Peichl Verheiratet ist der Vater zweier Töchter ten Viktor Ullmann. Ihm widmet sich auch bis zu den Südkärntner Sommerspielen übrigens mit der Theater- und Film-Schau- eine der großen Produktionen von arbos, in Eberndorf, die nach rund 20 Jahren spielerin Magda Kropiunig. Die Kärntner mit der Gantschacher weltweit Aufhorchen Jörg Schlaminger seit 2017 von Patrick Slowenin aus Suetschach im Rosental erlangte: „Der Kaiser von Atlantis“, jene Steinwidder geleitet werden. Der einsti- spielte im Stadttheater Klagenfurt, in der Kammeroper, die Viktor Ullmann als ge Assistent am Stadttheater Klagenfurt neuebuehnevillach und im Slowenischen Häftling im KZ Theresienstadt geschrieben absolvierte als erster deutschsprachiger Nationaltheater in Ljubljana, trat in Wien hatte. Der 62-jährige Herbert Gantschacher Student das Masterstudium in Theaterre- bei den Festwochen auf, im Rabenhof und ist in der heimischen Kulturszene eine gie an der Royal Academy of Dramatic in der Garage X. Zusätzlich ist sie immer Klasse für sich: Er organisiert nicht nur Art in London und ließ im Vorjahr mit wieder als Sprecherin bei TV-Dokumenta- Symposien, Workshops und Forschungs- einem unkonventionellen „Sommer- tionen und als Moderatorin im ORF-Lan- projekte, er initiiert auch Kompositions- nachtstraum“ (mit Flüchtlingen als Dar- desstudio Kärnten tätig. aufträge und Schulprojekte, inszeniert stellern) aufhorchen. Musiktheaterproduktionen und leitet Einen Generationswechsel gab es auch Ein weiteres Power-Couple der heimischen „Visual“, ein internationales Festival des bei den traditionsreichen Komödienspielen Theaterlandschaft sind Ute Liepold und Visuellen Theaters mit gehörlosen und in Spittal an der Drau: Die Tiroler Schau- Bernd Liepold-Mosser mit ihrem 2003 hörenden Theaterschaffenden. spielerin und Regisseurin Angelica gegründeten Theater Wolkenflug, das Ladurner löste 2015 Peter Pikl (verstor- auf zeitgenössisches Theater an besonde- Kuriosum am Rande: Gantschacher, der ben 2018) als Intendantin des Ensembles ren Orten spezialisiert ist. Der aus Griffen von 1977 – 1980 an der Hochschule für Porcia ab und führte zum Gaudium des stammende Theater- und Opern-Regisseur Musik und darstellende Kunst in Graz Publikums einen Theaterwagen ein, mit Bernd Liepold-Mosser erhielt für seine Regie studierte, hielt dort ein Jahr nach dem das fahrende Volk landauf landab mit Produktion „Amerika“ am Stadttheater seinem Abschluss als Gastdozent ein Kurzfassungen klassischer Komödien Klagenfurt 2011 den Theaterpreis Nestroy Seminar über Goethes „Faust“. Einer neugierig auf die Komödienspiele macht. als beste Bundesländeraufführung, 2016 seiner Studenten damals: der zukünftige folgte eine Nestroy-Nominierung für Burgtheaterdirektor Martin Kušej. Gerhard Fresacher, innovativer Theater- „Lavant“. Nominiert wurde 2013 auch ● Karin Waldner-Petutschnig macher an der Schnittstelle zwischen seine Frau Ute Liepold für ihre Inszenierung (54) ist freie Kulturjournalistin in Klagenfurt. Neben ihrer fast 30-jährigen Tätigkeit bei der „Kleinen Zeitung“, darstellender und bildender Kunst, bespielt der Uraufführung von Robert Woelfls „wir leitete sie 12 Jahre den Carinthia-Verlag und drei Jahre hingegen mit dem Raum8 seit einigen verkaufen immer“ im Landesmuseum das Museum Liaunig. Jahren ein leer stehendes Geschäftslokal Kärnten. Die gebürtige Vorarlbergerin in der Klagenfurter 8.-Mai-Straße als Ver- inszenierte u.a. bereits im Wappensaal 14 DIE BRÜCKE Nr. 11 | Brückengeneration 5
Sie können auch lesen