Multi.kulti.viert - Kulturchannel

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Multi.kulti.viert - Kulturchannel
Nr. 6 | Brückengeneration 5 | April·Mai 2018 | Euro 5,50
Österreichische Post AG
PZ16Z040851P
Amt der Kärntner Landesregierung
Abteilung 6 – Unterabteilung Kunst und Kultur
Burggasse 8, 9021 Klagenfurt

           multi.kulti.viert
           Brü·cke, die = eine Übersetzung
           www.bruecke.ktn.gv.at
Multi.kulti.viert - Kulturchannel
Foto: Ulli Sturm

Julia Uranschek: Bombenkopf, 2016.

vorort
Ein Ratespiel: Wem könnte man wohl folgendes
Zitat zuschreiben? „Diejenigen, die hierher kom-
men, sind im Allgemeinen von der ignorantesten,
dümmsten Sorte ihrer Nation.“ Vielleicht einer
populismusanfälligen, jungen Globalisierungsver-
liererin angesichts der aktuellen Flüchtlingsströ-
me? Oder einem himmelblauen Austro-Staats-
mann über die türkische Zuwanderungsgemein-
schaft in Wien? Fast. Es stammt aus dem Jahre
1753 und aus dem Munde von Benjamin Frank-
lin, einem der Gründerväter der Vereinigten
Staaten. Er verschriftlichte die-
se schmähliche Einschätzung anlässlich der
deutschen Masseneinwanderung. So wie man-
che heute Angst und Hatz gegen bestimmte
Menschengruppen schüren, wetterte Franklin
gegen unsere Vorfahr*innen: „Warum sollte
Pennsylvania, gegründet von den Engländern,
eine Kolonie der Fremden werden, die in Kürze
so zahlreich sein werden, dass sie uns germani-
sieren, anstatt dass wir sie anglisieren?“
In Gazetten um die letzte Jahrhundertwende ist
nachzulesen, dass speziell die österreichischen                                                                                 Werner Hofmeister: „Krone“ aus der Werkgruppe
Einwanderer*innen mit energischen Vorurteilen                                                                               „Das Gold der Tycoon“, 2017/2018. Foto: Ferdinand Neumüller
zu kämpfen hatten. Sie galten als „dirty immi-
grants“, als „ungebildete Bauerntölpel“ und
Menschen „ohne Kultur & Anstand“.1 Kommt                           krone
uns das aktuell und bekannt vor?
Völkerwanderung ist so alt wie die nomadische                      ... für Donald Trump
Menschheit. Von den antiken bis zu den heuti-                      Die Krone, der gediegene Kranz für Ehre, Würde oder Sieg, ziert das Haupt von Ausge-
gen Barbaren ... quer durch die Weltgeschichte                     zeichneten. Die Krone, ein überaus edler und kostbarer Kopfschmuck, ist die Insignie für
winkt und wirkt die Angst, die eigene Kultur –                     Herrscherwürde, die Prämiierung von Siegern und das Symbol für Unantastbarkeit und
und damit auch man selbst – werde von den                          Unverletzlichkeit. Gekrönt werden die, die auf dem Gipfel stehen, bzw. die Größten:
anderen überrannt und abgeschafft. Haben Sie                       Fürsten, Könige, Kaiser, Päpste. Ihnen wird die Krone aufgesetzt.
manchmal auch stille Furcht oder heimliche
Befangenheiten, die unreflektiert aufbegehren,                     Werner Hofmeister stellt eine Krone für den Twitterkönig (oder Twitterkaiser?) vor.
als ungewollte Erstgedanken oder -gefühle ...                      Unübertroffen in der Kunst, die Geschwätzigkeit auf ihre Gipfel zu treiben, verstärkt der
vielleicht dann, wenn uns um 11 Uhr nachts ein                     Twitterkönig unaufhörlich das Echo, das nach dem Echo ruft: „Fake news!“ Der Widerhall
junger Afrikaner in einer dunklen, schmalen Vil-                   in den Echokammern der digitalen Medien potenziert sich durch sich selbst. Das Wort,
lacher Altstadtgasse begegnet? Ein kurzes                          das Zeichen, das Bild wird zum Sinneskitzel vernutzt.
Unwohlsein, quasi aus dem Affekt, bevor uns
unsere Toleranz wieder zur Räson bringt? Und                       Das setzt den Verhältnissen die Krone auf!
wie erginge es wohl Ihnen und mir, wenn wir
uns fern abseits touristisch erschlossener                         ● Werner Hofmeister
Gegenden z.B. allein auf einem Wochenmarkt                            * 1951 in Klein Sankt Paul, freischaffender Konzeptkünstler und Gründer des Museums für Quellenkultur, www.qnstort.at
im Oman wiederfänden? Würde es sich gleich
anfühlen, wie am Klagenfurter Benediktiner-
markt? Und wenn nicht, wie würde es sich dann
                                                                   Cover: Gernot Fischer-Kondratovitch: Orient Großglocknerrausch, 2014, Acryl auf Kunst-Teppich,
anfühlen, und warum ... und wie geht man dann
                                                                   280 x 380 cm | „Der Teppich vor dem Fernseher, im Wohnzimmer; Bilder aus dem Fernseher, der
als aufgeklärtes, tolerantes Menschenkind am                       weiten Welt – Altes, Digitalisiertes, Fernes, Exotisches, Propagandistisches, Illusionistisches,
besten mit diesen Gefühlen um?                                     Heimatliches auf einen Gebrauchsgegenstand gemalt, der somit zu einem Kunstwerk wird ...“ |
1918 ... 1938 ... 2018 ... da stehen wir nun,                      Gernot Fischer-Kondratovitch, bildender Künstler und Musiker: „Franz from Austria“, geb. 1968 in
als kollektiver Tor und sind so gescheit,                          Villach, studierte Kunst in Caracas/Venezuela, Salzburg (Mozarteum) und an der Akademie der
                                                                   Bildenden Künste in Wien, zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland (Österreich, Kuba, Russland,
wie nie zuvor.                         Gailtaler Zeitbilder
                                            1
                                                                   Deutschland, Italien ...). Der Künstler lebt und arbeitet in Wien und Villach, ebendort seit 2014 im
● Gabbi Hochsteiner                                                Haus der künstlerischen Begegnung im ehemaligen Atelier von Hans Bischofshausen.
  Chefredaktion DIE BRÜCKE                                         Foto: Gernot Fischer-Kondratovitch
Multi.kulti.viert - Kulturchannel
BRÜCKEN.BOGEN

                          2 vorort. Gabbi Hochsteiner                                                                                        DIE JUNI-JULI BRÜCKE
                              Eine Krone für Donald Trump. Werner Hofmeister                                                            wird u.a. über den Bachmann-Preis
                                                                                                                                            2018 berichten. Nachdem die
                                4 Werkstättengespräch: Simon Kravagna. Journalismus mit scharf. Gabbi Hochsteiner                          Informationen dazu am 4. Juni
                                                                                                                                        öffentlich bekannt gemacht werden,
                                  6 Crossing the Bridge. Vom Weggehen und Ankommen. Karin Waldner-Petutschnig                               erscheint DIE BRÜCKE darauf
                                     11 biotop. Ein offener Ort der Forschung. Lukas Hutter                                                  rücksichtnehmend ebenfalls
                                                                                                                                                 erst an diesem Tag.
                                       12 ORIENTierung. Muslimisch leben in Kärnten. Jasmin Donlic
                                         13 welter.skelter. The world is my oyster. Oliver Welter
                                          14 Künstlerisches Minimundus. Die Welt zu Gast im Stadttheater. Sabina Zwitter Grilc
                                           15 artist.in.residence. Perspektivwechsel im ART SPACE stift millstatt. Andrea K. Schlehwein
                                            16 Sehnsucht und Verdacht. Versuch über Fremdes. Reinhard Kacianka
                                              17 Die Opferrolle glaubt uns keiner mehr. Der KSŠŠD. Wolfgang Rössler
                                               18 Gedankliche Grenzüberschreitungen.
                                                   Ein BRÜCKE-Gespräch mit Elisabeth und Bertram Karl Steiner. Wilhelm Huber
                                                21 kultur.politik. Symposium: Kultur braucht Synergie. Lukas Vejnik
                                                 22 kari.cartoon. Heinz Ortner | Astrid Langer
                                                 23 Kulturtourismus in den Nockbergen. Teil 1: Die art-lodge. Barbara Wedenigg
                                                  24 Philipp Doboczky. Ein Portrait über den, der keines will. Lisa Maria Omelko
                                                  25 Who ... is Lili? Zur künstlerischen Arbeit von Judith Lava. David Hebenstreit
                                                  26 Henri Matisse – Sebastian Isepp – Werner Berg. Eine Auswahl aktueller Ausstellungen. Sabine Weyrer
                                                  28 Lebenssee – zum See(le)nwerk von Walter Pilar. Ein Nachruf. Georg Mitsche
                                                  29 Es lebe die Malerei. Peter Krawagna. Alexander Widner
                                                  30 edition B       kunst.aus.druck. Elisabeth Wedenig. Nora Leitgeb
                                                 extra.blatt. Kunstdruck „Die fremde Hündin unterm dunklen Mond“
                                                 32 Vergessene KultKärntner*innen. Robert Osler-Toptani. Bernhard Brudermann
                                                33 Die Landler in Siebenbürgen. Marlene Petritsch
                                                34 Ephesos – eine Rückkehr. Antikes zwischen den Fingern. Sabine Ladstätter
                                               35 atom.kraft.akt. Macht Schwerter zu Pflugscharen. Horst Brudermann
                                              36 vorlese.prvo branje. Lilian Faschinger | Cvetka Lipuš
                                            38 buch.tipps. Lesen Sie gefälligst!
                                           40 musik.tipps. Das Beste … steht nicht in den Noten.
                                          41 seite.ohne.namen. Zwei Kärntner in Wien. Barbara Schurz und Hosea Rotschiller. Michael Herzog
                                        42 horizonte. 12 Seiten Kulturveranstaltungen und Infos.
                                       43 da.schau.her. Edgar Knoop. Magdalena Felice
                                    45 denk.mal. Klagenfurts jüdischer Friedhof. Geraldine Klever
                                  47 kultur.tipp. Auftaktveranstaltung zur Landesausstellung. Barbara Wedenigg
                                49 kinder.kulturtipp. Hut, Mut und Musil. Andrea Kirchmeir
                             53 kultur.werkstatt. Holzmonumente.
                         54 kino & film.tipps.
                      UND Der BRÜCKE-Kulturkalender als Beilage.

                                                                                                                    Ein Augenblick Brücke*
                                                                                                                    Drei Stühle
                                                                                                                    Pigmentprint, 2013
                                                                                                                    125 x 160 cm

                                                                                                                    ● Konrad Strutz
                                                                                                                    geb. 1979 in Lippitzbach/Ruden, ist bildender Künstler und
                                                                                                                    Lehrender an der Universität für angewandte Kunst Wien.
                                                                                                                    Ein Schwerpunkt seiner Arbeit liegt in der Verbindung von
                                                                                                                    Fotografie und Skulptur. Eigens konstruierte Objekte,
                                                                                                                    Räume und Apparaturen erzeugen Abbildungen jenseits
                                                                                                                    gewohnter Bildhierarchien. www.konradstrutz.com
Foto: Konrad Strutz

                                                                                                                    Aktuelle Ausstellungsbeteiligung:
                                                                                                                    Understanding Art & Research | DSA Gallery Dunedin,
                                                                                                                    NZ | 12. April – 11. Mai

                                                                                                                    *
                                                                                                                        Fotoserie nach einer Idee von Stefanie Grüssl.

                                                                                                                                     DIE BRÜCKE Nr. 6 | Brückengeneration 5 – April/Mai 18 3
Multi.kulti.viert - Kulturchannel
Werkstättengespräch

„Journalismus mit scharf“
Simon Kravagna, der Gründer des Multikulti-Magazins biber, über
wunde Migrationspunkte, Befreiungsschläge und die Hoffnung, dass
unsere Debatte um die „Willkommenskultur“ in 300 Jahren auch nur
ein kleiner Wikipedia-Eintrag sein wird.

                           Zu Beginn ein kleiner zoo-      auf unsere Zeit und ihre Migrations-Themen      ablegende, lesbische Austro-Türkin, über
                         logischer Streifzug zu den        und Antithemen zurückblickt ... was könnte      den heimlichen „Abtreibungs-Tourismus“
                        Verhaltensweisen des Bibers:       dieser Jemand wohl darüber sagen?               zwischen Polen und Wien, über Sex im Islam
                      „Die Reviergrenzen werden mit           Ich habe gerade nachgeschaut. Vor 300        und die „Sure der Leidenschaft“ und es
                  dem sogenannten Bibergeil, einem         Jahren, im Jahr 1718, wurde der Venezi-         war das erste Heft in Österreich, das eine
          öligen Sekret aus einer Drüse im Afterbe-        anisch-Österreichische Türkenkrieg              Burkini-Trägerin auf dem Cover abgedruckt
          reich, markiert und gegen Eindringlinge          beendet. Wer erinnert sich daran noch?          hat. – Dieser zutiefst gesellschaftspolitische
          verteidigt.“ [Wikipedia] – Lassen sich           In 300 Jahren wird unsere Debatte um die        „Journalismus mit scharf“ erklimmt die
          Parallelen zu humanoiden Säugetieren             „Willkommenskultur“ auch nur ein kleiner        Scoville-Skala. Dieses Tabus und Bruch-
          herstellen?                                      Wikipedia-Eintrag sein. Aber wenn wir           stellen der Gesellschaft ausloten und über-
            Nur die Österreicher*innen assoziieren         wahnsinnig viel Glück haben, dann hat           winden macht Sie auch zu einem Brücken-
          „biber“ mit dem sympathischen Nagetier.          sich die enorme globale Kluft zwischen          bauer. Wo stoßen das biber und die
          Auf Türkisch steht „biber“ für „Pfefferoni,      Arm und Reich im Jahr 2318 völlig               journalistische Arbeit an Grenzen?
          scharfe Paprika“ und im Serbokroatischen         geschlossen, die Kriege sind auf der gan-       Jetzt bin ich gerade klüger geworden, weil
          für „Pfeffer“ oder „etwas Scharfes“. Wir         zen Welt beendet und Syrer*innen,               ich herausgefunden habe, dass die Scovil-
          haben bei der Magazin-Gründung einen             Iraker*innen und Afghan*innen kommen            le-Skala eine Skala zur Abschätzung der
          Namen gewählt, der in mehreren Zielgrup-         mit viel Geld nach Kärnten, um am Nass-         Schärfe von Früchten der Paprikapflanze
          pen funktioniert. Wenn ich aber in einem         feld zu Snowboarden oder im Wörthersee          ist. Danke BRÜCKE!
          Artikel lese, dass Biber wieder die trans-       zu planschen. Wir wiederum gehen fried-           Unsere Story „Sex im Islam: Die Sure
          sibirische Eisenbahn lahm gelegt haben,          lich am Hindukusch wandern oder genie-          der Leidenschaft“ hat uns nicht nur viel
          dann muss ich oft schmunzeln und denke           ßen einen Çay in einer Bar in Damaskus.         Lob, sondern auch den Einbau einer teuren
          mir: „Wow – was wir alles machen!“                                                               Sicherheitstür eingebracht, weil wir ernst-
                                                           Mit dem biber haben Sie im raschelnden          haft von Salafist*innen und Islamist*innen
          Sind Multikulti-Gesellschaften in erster Linie   Wiener Blätterwald ein Pionierprojekt ver-      bedroht wurden. Das war nicht wirklich
          eine anzustrebende Bereicherung oder eher        wirklicht: Österreichs erstes Magazin mit       angenehm. Es stellt sich nach solchen
          das Ergebnis wahrgenommener, solidari-           einer jungen Multikulti-Redaktion, die über     Erlebnissen schon die Frage, wie weit man
          scher Verantwortung?                             und aus den multiethnischen Gemeinschaften      journalistisch geht und welche Folgen
            Migration bringt nicht nur Vielfalt und        in unserem Land berichtet. Welche Aufgaben      man in Kauf nimmt. Grundsätzlich ist
          Bereicherung, sondern auch jede Menge            und Funktionen hat die Zeitschrift? Ist biber   unser „Journalismus mit scharf“ aber
          an Konflikten und Problemen. Es gibt hier        auch ein Integrationsprojekt?                   sicher nicht durch kleine, radikalisierte
          kein „gut“ oder „schlecht“. Die Frage ist,         Wir selbst haben uns nie als Integra-         Gruppen bedroht, sondern durch die tur-
          ob in einer Gesellschaft die Folgen von          tionsprojekt verstanden, sondern als            bokapitalistische Digitalisierung und
          Flucht und Migration unterm Strich als           neues Medienprojekt für „Neue Öster-            Dominanz von Facebook, Google und Co,
          bereichernd oder als belastend empfunden         reicher*innen“. Ich glaube, dies wird auch      die immer mehr Werbegelder absorbieren
          werden. In New York wird dies wohl               in der Medienbranche so gesehen. Tat-           und damit unsere ökonomische Basis
          anders gesehen als in anderen Städten            sächlich leisten wir aber auch konkrete         unterlaufen. Also bitte: Unser „Zahl-soviel-
          der Welt. Ich lebe und erlebe mit unserem        Integrationsarbeit weil wir nicht nur über      du-willst-Abo“ bestellen!
          multiethnischen Team Migration klar als          die Welt schreiben, sondern diese auch
          Bereicherung und wir machen gemeinsam            verbessern wollen. Wir schicken etwa            Wer sind die interessantesten Kritiker*innen
          etwas Innovatives im Medienbereich dar-          unsere Redakteur*innen viele Wochen im          und was haben diese zu sagen?
          aus. Ich billige aber Menschen zu, dies in       Jahr in Wiener Brennpunktschulen, um              Momentan sind die Kritiker*innen eher
          ihrem jeweiligen Lebensumfeld auch               jungen Migrantenkids zu vermitteln, dass        leise. Ich glaube, dies hat damit zu tun,
          anders zu sehen. Derzeit ist die skeptische      sie eine Zukunft in Österreich haben. Seit      dass wir recht oft journalistische Preise
          bis abwehrende Haltung klar dominant.            der Flüchtlingskrise geben wir auch mehr-       gewinnen und vielleicht wirklich mehr
          Die Mehrheit der Bevölkerung sieht vor           monatige Qualifizierungskurse für Asyl-         echten Journalismus machen als früher.
          allem Probleme und hohe Kosten. Das ist          berechtigte aus dem Medien- und Kom-            Früher waren wir lockerer aber sicher
          aber eigentlich nichts Neues. Selten wur-        munikationsbereich.                             auch deutlich weniger reflektiert in
          den Einwanderungswellen nur positiv                                                              Sprache und Covergestaltung.
          gesehen – auch nicht in klassischen              Sie legen die nach den Innenverhältnissen
          Einwanderungsländern wie den USA.                suchenden Finger auf alle nur ertastbaren       biber bemächtigt sich der Alltagssprach-
                                                           wunden Punkte, die wohl auch die wesent-        Kulturen, reizt die Grenzen der politischen
          Als Bestandsaufnahme unserer Kultur: Wenn ein Jemand aus              Reportageformat über eine Hadsch nach           Tschuschen, Jugos und Kanaken schreibt
          dem Jahr 2318 auf unseren Breitengrad,           Mekka oder über eine ihr Kopftuch               ... womit wir auch bei der guten, alten Moral

4 DIE BRÜCKE Nr. 6 | Brückengeneration 5 – April/Mai 18
Multi.kulti.viert - Kulturchannel
Österreichische Post AG; MZ 09Z038106 M; Biber Verlagsgesellschaft mbH, Museumsplatz 1, E 1.4, 1070 Wien
                                                                                                                                                                                                                                               Simon Kravagna, geb. 1971, aufgewachsen in

                                                                                                                                                                                S DI
                                                                                                                                                                                 C T 01
                                                                                                                                       MIT SCHARF

                                                                                                                                                                                  E ER
                                                                                                                                                                           W

                                                                                                                                                                                   H I O 7/1
                                                                                                                                                                                                                                               Krumpendorf, Sohn des Ehepaares

                                                                                                                                                                            IN

                                                                                                                                                                                    O N 8
                                                                                                                                                                                T

                                                                                                                                                                                     O
                                                                                                                                                                                       L
                                                                                                                                                                                         2
                                                                                                                                                           NEWCOMER                                                                            Dorli und Peter Krawagna | Studium der
                                                                                                                                                                                                                                               Politikwissenschaft, Jus und Volkswirtschaft in
                                                                                                               www.dasbiber.at

                                                                                                                                                                                                                                               Wien und Los Angeles | gegenwärtig Wahlwiener
                                                                                                                                                                          DIE LETZTEN
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                                                                                                                                                                         ÖSTERREICHER

                                                                                                                                                                         AFGHANINNEN
                                                                                                                                                                                                                                               und Chefredakteur des Magazins biber, einem
                                                                                                                                                                          ÜBER TABUS

                                                                                                                                                                          ZU DICK FÜR
                                                                                                                                                                                                                                               Vor- und Wegbereiter in der österreichischen
                                                                                                                                                                                +
                                                                                                                                                                           DIE LIEBE
                                                                                                                                                                                                                                               Medienlandschaft: Die seit 2006 erscheinende,
                                                                                                                                                                                 N
                                                                                                                                                                              WI N                                                             transkulturelle Zeitschrift mit Kultcharakter

                                                                                                                                                                           GE
                                                                                                                                                                               RA F

                                                                                                                                                                                    E
                                                                                                                                                                                    RA

                                                                                                                                                                                                                                               wird mittlerweile 7 Mal pro Jahr in einer Auflage
                                                                                                                                                                            CA MO
                                                                                                                                                                            T

                                                                                                                                                                                    S
                                                                                                                                                                              IC E

                                                                                                                                                                                    T
                                                                                                                                                                                 K

                                                                                                                                                                                                                                               von 85.000 Stück in erster Linie von und für

                                                                                                                         BETEN &                                                                                                               Migrant*innen der zweiten und dritten Genera-
                                                                                                                                                                                                                                               tion herausgegeben – und genauso für Öster-
                                                                                                                         SAUFEN                                                                                                                reicher*innen, die sich dafür interessieren, wie
                                                                                                                                                                                                                                               jene leben und denken. biber wurde 2011 zum
                                                                                                               ZWISCHEN GLAUBE UND VERSUCHUNG                                                                                                  besten Gratismagazin des Landes gekürt,
                                                                                                                                                                                                                                               mittlerweile gibt es auch das „Zahl-soviel-­
                                                                                                                                                                                                                                               du-willst-Abo“. Was im Deutschen den „König
P.b.b., Verlagspostamt 1070, Vetragsnummer 09Z038106 M

                                                                                                                                   www.dasbiber.at                                  APRIL
                                                                                                                                                                                    2016
                                                                                                                                                                                                                                               der Pelztiere“ bezeichnet, heißt im Türkischen
                                                                                                                                                                                                                                               „Pfefferoni/scharfe Paprika“ und im Serbo-
                                                                                                                                                                                                                                               kroatischen „Pfeffer“ oder „etwas Scharfes“.
                                                                                                                                                                                                                                               www.dasbiber.at Foto: Marko Mestrovic

                                                                                                                                                                              +
                                                                                                                                                                      HÄUPL TEILT AUS
                                                                                                                                                                              +
                                                                                                                                                                      GRISS IN ZAHLEN
                                                                                                                                                                              +
                                                                                                                                                                        TRANSFRAU
                                                                                                                                                                        AUS SYRIEN

                                                                                                                                                     / MIT SCHARF /                      1

                                                                                                                                 angekommen wären ... bei der richtigen und                    Wie herausfordernd ist es, den Mittelweg       Was macht Migration mit unseren Lebens-
                                                                                                                                 der falschen ... und ihren Apostel*innen                      auszubalancieren zwischen diskriminieren-      welten? Was bringen die Menschen aus ihren
                                                                                                                                 – wie geht‘s Ihnen damit?                                     den Brett-vorm-Kopf-Ideologien und der         Kulturen mit in unser Alltagsleben? Was
                                                                                                                                   Wir haben Begriffe wie „Tschusch“ und                       Kehrseite, auf der jede Kritik an anderen      hat bereits Selbstverständlichkeit, Akzeptanz
                                                                                                                                 „Jugos“ in der Gründer-Zeit von biber                         Kulturen, auch wenn diese Vollverschleie-      und positive Emotion erlangt? Ich denke
                                                                                                                                 verwendet. Es war sozusagen die selbst-                       rung und Genitalverstümmelung postulie-        z.B. an Kebab-Läden, die zumeist nicht mehr
                                                                                                                                 bestimmte und selbstbewusste Rückerobe-                       ren, rassistisch und rechts ist?               als „fremd“ empfunden werden ...
                                                                                                                                 rung von diskriminierenden Begriffen                             Es ist sicher eine interessante Frage,        Unsere bosnischen Mitarbeiter*innen
                                                                                                                                 durch unsere Jung-Redakteur*innen und                         wie universal Menschenrechte westlich-         sind immer entsetzt, wenn die syrischen
                                                                                                                                 Autor*innen mit ex-jugoslawischem oder                        demokratischer Prägung sind. Klar ist          Kolleg*innen sie als „echte“ Öster-
                                                                                                                                 türkischem Background. Dafür haben wir                        aber, dass sie hier bei uns in Europa          reicher*innen sehen. So schnell wird man
                                                                                                                                 viel Kritik einstecken müssen. Es war                         gelten und nicht kulturell relativierbar       von den Neuankömmlingen austrifiziert.
                                                                                                                                 aber, glaube ich, eine wichtige Art von                       sind. Ich halte sogar das Burka-Verbot für     Das ganz Fremde lässt das nicht ganz so
                                                                                                                                 Befreiungsschlag, der mal Luft gemacht                        symbolisch wichtig und das Verbot von          Fremde plötzlich heimisch erscheinen.
                                                                                                                                 und rassistischen Begriffen ihre verlet-                      Genitalverstümmelung sowieso. Die poli-        Wer weiß, wer nach den Syrer*innen oder
                                                                                                                                 zende Wirkung genommen hat.                                   tische Linke hat in den letzten Jahren den     Afghan*innen zu uns kommen wird? Die
                                                                                                                                                                                               Fehler gemacht, sich vor lauter Fokussie-      Einflüsse sind dann oft gar nicht mehr
                                                                                                                                 Ertappen Sie sich selbst ab und an dabei,                     rung auf Minderheiten und deren – oft          wirklich sichtbar, sie zählen plötzlich ganz
                                                                                                                                 ein Vorurteil gegenüber „jemandem oder                        durchaus berechtigte – Anliegen das            selbstverständlich zur Alltagskultur.
                                                                                                                                 etwas Fremdem“ zu haben?                                      große Bild aus den Augen zu verlieren            Trotzdem ist es immer legitim zu fragen:
                                                                                                                                   Ja, das Problem ist ja, dass Vorurteile                     und irgendwie das Gespür für viele Men-        Bringt die kulturelle Vielfalt auch eine
                                                                                                                                 sich auch manchmal bewahrheiten. Ich                          schen zu verlieren. Jetzt müssen wir mit       Bereicherung mit oder nur Konflikte? Gera-
                                                                                                                                 möchte nur ein kleines Beispiel nennen:                       den Folgen leben: Die politische Rechte        de in Kärnten gibt es unglaublich viele
                                                                                                                                 Wenn wir mit Kolleg*innen aus dem                             räumt fast in ganz Europa bei den Wahlen       zivilgesellschaftliche Initiativen, die um
                                                                                                                                 arabischen Raum arbeiten, dann wissen                         ab. Gleichzeitig gibt es auch Fortschritte:    die Integration von Flüchtlingen kämpfen
                                                                                                                                 wir, dass diese ein anderes Gefühl von                        Offener Rassismus ist allgemein politisch      – auch in meinem Heimatort Krumpendorf.
                                                                                                                                 Deadlines, Zeit und Terminen haben.                           geächtet.
                                                                                                                                 Meistens ist das jedenfalls so. Aber eben                                                                    (Wie) Hat Sie Ihre Kärntner Herkunft
                                                                                                                                 nicht immer. Und so habe ich es mir                           Dürfte die FPÖ ihre substanziellen D
                                                                                                                                                                                                                                  ­ iskurse   geprägt?
                                                                                                                                 antrainiert, bei Treffen mit unseren syri-                    wie „Mehr Mut für unser Wiener Blut“ oder        Offenbar sehr, weil es mich immer stört,
                                                                                                                                 schen Kolleg*innen automatisch 30 Minu-                       „Heimatliebe statt Marokkaner-Diebe“ im        wenn mein großer Sohn sagt, dass er
                                                                                                                                 ten zu spät zu kommen, damit ich mich                         biber inserieren?                              Wiener ist. Aber natürlich, er ist ja in Wien
                                                                                                                                 nicht ärgere, weil ich auf alle warten muss.                    Je blöder der Spruch, desto teurer das       aufgewachsen und macht nur Urlaub bei
                                                                                                                                 Und was passiert? Die Kolleg*innen kom-                       Inserat. Allerdings wollte die FPÖ noch        Freunden.
                                                                                                                                 men extra 30 Minuten früher, weil sie ja                      nie bei uns inserieren.                          ● Gabbi Hochsteiner
                                                                                                                                 wissen, dass die Österreicher*innen                                                                            DIE BRÜCKE

                                                                                                                                 pünktlich sind.

                                                                                                                                                                                                                                                      DIE BRÜCKE Nr. 6 | Brückengeneration 5 – April/Mai 18 5
Multi.kulti.viert - Kulturchannel
Crossing the Bridge
                                                                                                                Ein Flüchtling aus Syrien, der sich beim Reinhardt-
                                                                                                             Seminar bewirbt: Mohamad Kay Al Kassar. Foto: Al Kassar
                                                                                                                       Johannes A. Umlauft lebt als Komponist und
                                                                                                                               Produzent in Los Angeles. Foto: Umlauft
Vom Weggehen und Ankommen.                                                                                           Die Kärntner Videokünstlerin Maria Petschnig
                                                                                                                                     lebt im Big Apple. Foto: Petschnig

          Künstler*innen schlagen Brücken. Sie            heit hinter sich: Zwei Restaurants und          Werbung tätig, obwohl er
          überqueren die Grenzen im Kopf. Eine            einen Supermarkt besaß die Familie in           eigentlich zuerst Biologie
          Grenzregion wie Kärnten hat da viel zu          Damaskus, bevor alles in Schutt und Asche       in Wien studiert hatte. „In
          erzählen. Der äußerste Rand des deutschen       gebombt wurde. Der Vater floh mit den           die Welt aufzubrechen, war
          Sprachraums ist reich an Künstler*innen,        beiden Söhnen, die Mutter blieb bei ihren       in erster Linie sehr spannend,
          deren Werke weit mehr als regionale             Eltern, will nachkommen, wie so viele           lustig und ein Privileg“, erinnert er sich.
          Bedeutung haben. Spätestens seit dem            Frauen im Kriegsgebiet. Ein Jahr vor            Der Schritt in die USA fiel ihm durch ein
          Bachmannpreis für Maja Haderlaps Roman          Mohamads Matura war das, und schon              zuvor absolviertes Schüler-Austausch-Jahr
          „Engel des Vergessens“ ist die zweispra-        damals war ihm klar, dass er Schauspieler       in Mississippi relativ leicht, auch wenn
          chige Gegend an der Südgrenze der Alpen-        werden will. Erfahrungen mit dem Schul-         es für Umlauft danach mühsam war, die
          republik als literarischer Schauplatz im        theater und die Unterstützung eines             diversen Arbeitsgenehmigungen zu
          Blickpunkt der internationalen Öffentlich-      berühmten syrischen Schauspielers, hat-         bekommen. „Nicht ohne ein bisserl Stolz“,
          keit. Aber auch schon Peter Handke hat          ten ihn ermutigt. Die Flucht führte sie         verweist der Musiker, der inzwischen ein
          darüber geschrieben. Er berichtet gleich        über Traiskirchen schließlich nach Steu-        Film-Musik-Zertifikat aus Los Angeles in
          in mehreren Büchern vom Unterwegs-Sein          erberg bei Feldkirchen, „ghost city“, wie       der Tasche hat, auf seine Green-Card:
          in der Region diesseits und jenseits der        er sich heute erinnert: „Am Berg, da gab        „Demnach bin ich ein ‚alien of extraordi-
          Berge, der Grenze, die dadurch Eingang          es nichts, absolut nichts!“ Also lernte er      nary ability’“, schmunzelt der Exil-Kärnt-
          in die Weltliteratur gefunden hat. Kiki         via Internet und YouTube Deutsch, denn          ner, für den vor allem der Verkehr in der
          Kogelnik und Werner Berg, Christine             Englisch zu sprechen würden sich in             US-Metropole „gewöhnungsbedürftig“
          Lavant und Florjan Lipuš, Anton von             Kärnten nur wenige trauen. Ermutigt und         war. Zuhause fühlt er sich dort, wo Men-
          Webern und Hugo Wolf, Martin Kušej und          unterstützt wurde er schließlich von einer      schen sind, die für ihn wichtig sind:
          Johann Kresnik – sie alle lebten in Kärn-       Berufsberaterin und einer ehrenamtlichen        „Heimat ist mehr als ein Ort.“ Familie und
          ten, im Lavanttal, Jauntal, Rosental. Wur-      Deutschlehrerin, was ihn zu seinem ersten       Freunde verbinden ihn aber immer noch
          den hier geboren oder sind zugezogen.           Bühnen-Engagement in Villach brachte.           mit Kärnten: „Der See is’ a Wahnsinn, und
             Und heute? Auch heute ziehen                 „Heimweh hat man nur, wenn man allei-           ein Bier auf der Straße oder im Park trin-
          Künstler*innen nach Kärnten. Manche             ne ist“, meint Mohamad schließlich leise,       ken zu dürfen ist eine Freiheit, die nicht
          kommen gezwungenermaßen als Flücht-             an seine Mutter denke er täglich. Und           wichtig, aber doch ganz lustig ist.“
          linge, andere der Liebe wegen. Einheimi-        schon erzählt er wieder eifrig, dass er jetzt
          schen Kunstschaffenden wird hingegen            Shakespeares „Romeo und Julia“ auf              „Wenn man einen Traum hat, muss man
          das Land oft zu eng, sind die Möglichkei-       Deutsch zu lesen versuche, auf Arabisch         ihn festhalten und ihm folgen, egal, was
          ten zu begrenzt. Sie gehen in die Welt          habe er das schon fünfmal getan – „geht         die anderen sagen“, erinnert sich die
          hinaus, leben ihren Traum – und bleiben         alles ganz easy!“ Was die Zukunft bringen       Video- und Performance-Künstlerin Maria
          der alten Heimat doch meist verbunden.          wird? Zuerst einmal eine weitere Zusam-         Petschnig an die „große Herausforderung
          Folgende Biographie-Beispiele erzählen          menarbeit mit dem Villacher Kellertheater,      nach New York auszuwandern“. Seit 2003
          vom Weggehen und Ankommen, wollen               bei dem er mittlerweile als Regieassistent      lebt und arbeitet die in Maria Saal aufge-
          ermutigen und anregen, sich mit Kultur          für eine Produktion mit Michael Kuglitsch       wachsene 40-jährige Kärntnerin, die an
          – vertrauter und fremder – auseinander-         angestellt wurde. Außerdem hat er sich          der Akademie der bildenden Künste in
          zusetzen. Natürlich ohne Anspruch auf           zur Aufnahmeprüfung am Max-Reinhardt-           Wien Malerei studiert hatte, im Big App-
          Vollständigkeit.                                Seminar und drei weiteren Schauspiel-           le. Schon während des Studiums verbrach-
                                                          schulen angemeldet. Sein großer Traum?          te sie bereits mehrere Monate im Ausland,
          „Österreich super! Neun Bundesländer!“,         „Das ist kein Traum, das ist ein Ziel“,         etwa in London und Paris – „sehr prägen-
          grinst er auf die Frage, ob wir Englisch        korrigiert die Frohnatur ernsthaft und in       de, produktive Phasen“. Sich aktiv auf
          sprechen können – um dann in beinahe            perfektem Deutsch, „Hollywood, das wäre         neue Erfahrungen einlassen sollten auch
          fließendem Deutsch seine Geschichte zu          ein Traum!“                                     die Betrachter von Petschnigs Arbeiten
          erzählen: Mohamad Kay Al Kassar,                                                                – experimentelle Videos und Installatio-
          19-jähriger Flüchtling aus Damaskus,            In Hollywood, genauer gesagt in Los             nen, die sich teils phantasievoll, teils
          mittlerweile Asylberechtigter und Schau-        Angeles, bereits gelandet ist hingegen der      verstörend mit Voyeurismus, Privatsphä-
          spieler. „Österreich super, neun Bundes-        Kärntner Komponist und Produzent                re und Erinnerung befassen. Was für die
          länder!“, ist der einzige deutsche Satz, den    Johannes A. Umlauft. Mehr als 40 Wer-           vielfach Ausgezeichnete (2007 Förde-
          er in Peter Turrinis jüngstem Theaterstück      bejingles in Europa und den USA tragen          rungspreis für Bildende Kunst des Landes
          „Fremdenzimmer“ stereotyp zu wieder-            seine musikalische Handschrift – von            Kärnten, 2014 Staatsstipendium für Medi-
          holen hat – in einem Pingpong-Spiel der         Mömax und Manner bis zu Vöslauer,               en und Videokunst u.a.m.) ihre alte Heimat
          Sprachlosigkeit eines müde gewordenem           Darbo und einem Spot für die Spenden-           bedeutet? Abgesehen davon, dass sie von
          Paares. Die „neuebühnevillach“ ist buch-        aktion „Licht ins Dunkel“ ist Umlaufts          Brooklyn aus regelmäßig ihren Vater in
          stäblich zur neuen Heimat für den opti-         Musik in heimischen Wohnzimmern all-            Maria Saal besucht und Kärnten für den
          mistischen jungen Syrer geworden. Dabei         gegenwärtig. Seit rund zehn Jahren ist der      schönsten Teil Österreichs hält, sind es
          hat er eine traumatisierende Vergangen-         gebürtige Klagenfurter bereits in der           vor allem „die vielen hervorragenden

6 DIE BRÜCKE Nr. 6 | Brückengeneration 5 – April/Mai 18
Multi.kulti.viert - Kulturchannel
DIE BRÜCKE Nr. 6 | Brückengeneration 5 – April/Mai 18 7
Multi.kulti.viert - Kulturchannel
Ute Gfrerer, stimmstarker Gesangsexport Kärntens, ist auf den internationalen Bühnen daheim und lebt in den USA. Foto: Gfrerer
          Die russische Schauspielerin Yulia Izmaylova ist mit ihrem Mann Felix Strasser der Theaterverein "Vada". Foto: Vada
          Andrea Vilhena aus Himmelberg lebt und arbeitet heute in Lissabon. Foto: eSeL.at

          Künstler*innen, die dieses Land hervor-               de zwischen Kalifornien und Kärnten“                  deren Heimatstadt „doppelt so viele Men-
          gebracht hat“, die Petschnig an ihr Her-              machten ihr anfangs zu schaffen, doch                 schen wie in ganz Österreich leben“.
          kunftsland binden. „Sie hatten und haben              wenn einmal so etwas wie Heimweh zu                   Neben dem Russisch- und Slowenisch-
          für mich durchaus Vorbildfunktion!“                   spüren war, „bin ich mit dem Radl her-                Studium an der Klagenfurter Universität,
                                                                umgefahren und habe Kärntnerlieder vor                wollte sie vor allem „sehen, ob man in
          In Boston, nicht weit von New York ent-               mich hin gesungen.“ Lachender Nachsatz                Kärnten von Kunst leben kann“. Leicht ist
          fernt, lebt die aus Spittal stammende                 der 53-Jährigen: „Aber eigentlich bin ich             es nicht, weiß Yulia Ismaylova heute. Und
          Sängerin Ute Gfrerer mit ihrer Familie.               gar kein Heimwehtyp!“                                 auch „dieses Klammern an Folklore
          Die heute international gefeierte Sopra-                                                                    schockt“ die 33-Jährige seit ihrer Ankunft
          nistin, die auch an Opernhäusern in                   „Kein Heimwehtyp“ ist nach eigenen                    in der „Alpen-Adria-Region“, die bis auf
          Deutschland und Österreich heimisch ist,              Worten auch die Russin Yulia Izmaylova.               wenige Ausnahmen nicht gelebt werde,
          arbeitete mit Dirigenten wie Nikolaus                 „Wenn ich Sehnsucht habe, dann nach                   sondern vor allem ein Slogan für den
          Harnoncourt, Franz Welser-Möst oder                   meinen Eltern“, erzählt die aus Moskau                Tourismus sei. Mit ihrem Theaterverein
          Thomas Hengelbrook zusammen. In den                   stammende Schauspielerin, Regisseurin                 „Vada“ versuchen Izmaylova und Strasser
          letzten Jahren hat sich Ute Gfrerer vor               und Theatermacherin. Seit 2007 lebt sie               Bühnenkunst auf kleinstem Raum, aber
          allem als Interpretin von Kurt-Weill-Lie-             mit ihrem Mann Felix Strasser, dem                    flächendeckend für ganz Kärnten zu
          dern einen Namen gemacht. „Ich fahre                  Kärntner Gründer des Ensembles „Vada“,                machen: „Vada“ betreibt das Kremlhof-
          demnächst nach New York, wo ich ein                   in Österreich. Dabei hatte sie noch in                theater Villach (das offiziell kleinste The-
          verschollenes Kurt-Weill-Lied aufnehmen               Russland Österreich „nur aus der Musik                ater der Welt), das Jugendstiltheater Kla-
          werde, das unlängst in Berlin entdeckt                gekannt“ – und war positiv überrascht.                genfurt/Celovec und veranstaltet das
          wurde“, plaudert sie am Telefon während               Alles erschien ihr entspannter, toleranter:           internationale Festival „Mono bene“. Unter
          sie mit ihrem Hund in einem Bostoner                  „Kärnten war für mich Europa.“ Zuvor war              dem Titel „Theater für den Hergottswinkel“
          Park spazieren geht. Hier lebt sie mit                sie von der Uni in Moskau geflogen, weil              werden auch Privataufführungen mit
          ihrem aus Deutschland stammenden Mann                 sie ein Interview gegeben hatte, in dem               „Hauszustellung“ angeboten. Am 25. April
          und der 12-jährigen Tochter. Und von hier             sie für Toleranz gegenüber sexuellen                  startet eine Kooperation mit dem Theater
          aus startet sie jedes Jahr zum Familien-              Minderheiten eingetreten war. Nach den                KuKuKK in Form einer Science-Fiction-
          Urlaub am Millstätter See. Gleich nach                Worten des Dekans: „So eine wie Sie darf              Theaterserie, Anfang September findet die
          der Matura hatte es die junge Sängerin                unsere Kinder nicht erziehen“, hatte sie              nächste Vada-Premiere „Offeah!“ im Quel-
          der Liebe wegen in die USA verschlagen.               ihr Russisch-Studium niedergelegt, sich               lenmuseum in Klein St. Paul statt, und im
          Als sie später dann beschloss, in Los                 mit Jonglieren und Artistik ihr Geld ver-             Oktober ist die 33-jährige Schauspielerin
          Angeles zu studieren, fiel ihr der Abschied           dient und war drei Monate alleine in                  erstmals in einem slowenisch-sprachigen
          von Kärnten doch nicht so leicht: Als am              Indien unterwegs gewesen. Dann folgte                 Stück bei Alenka Hain im k&k St. Johann
          Bahnhof in Spittal die gesamte Verwandt-              der große geographische und gesellschaft-             im Rosental/Šentjanž v Rožu engagiert.
          schaft und Gfrerers Chor-Kolleg*innen                 liche Sprung nach Kärnten: Mit Felix
          von den „12 Stimmen aus Gmünd“ zur                    Strasser und ihren bald zwei kleinen                  Einen Kulturschock der positiven Art
          Verabschiedung auftauchten, „da habe ich              Kindern lebten die „Vadaisten“ fünf Jahre             erfuhr hingegen die fast gleichaltrige
          schon ein paar Tränen vergossen.“ Vor                 in Radnig bei Hermagor – „donnernde                   Kärntner Künstlerin Andrea Vilhena (36),
          allem die „riesigen Mentalitätsunterschie-            Leere“ herrschte dort für die Russin, in              die ebenfalls mit Ehemann und zwei Kin-

8 DIE BRÜCKE Nr. 6 | Brückengeneration 5 – April/Mai 18
Multi.kulti.viert - Kulturchannel
Der Maler Alex Amann pendelt mit seiner Familie zwischen Paris und Nötsch. Foto: Neumüller
                                                        Elektronische Musik ist die Leidenschaft von Matthias Erian, der derzeit in Berlin lebt. Foto: KK

dern nicht in ihrer Heimat lebt. Nach der      Winter“, erzählt die mit einem Kunstpreis            Mutter vor zwei Jahren adaptierte er das
Ausbildung an einer Schule für zeitgenös-      der Bank Austria ausgezeichnete Künst-               Elternhaus und malt seine sinnlichen
sischen Schmuck in Florenz, einem Ger-         lerin. Auch die, so wie ihr kleiner Bruder,          Stillleben und Landschaften in Öl jetzt
manistik-Studium in Wien und Klagenfurt        zweisprachig aufwachsende Tochter kann               wieder öfter hier. (Bis Anfang April sind
sowie einem Anthropologie-Studium in           schon Schifahren: „Nächstes Mal sind wir             seine Arbeiten in der Wiener Galerie
London, lebt sie heute – in Portugal.          zu Ostern in Kärnten. Hoffentlich liegt da           Lehner, ab Juni ist eine Ausstellung in
Eigentlich sei sie ja seit 12 Jahren ständig   noch Schnee!“                                        Nizza zu sehen.) Ob er, Alex Amann,
in der Welt unterwegs, erzählt die Tochter                                                          wieder ein Einheimischer geworden ist?
der kunst-affinen Unternehmerfamilie           Im Haus Winkler Jerabek in Himmelberg                „Nein, Einheimischer bin ich auch nicht“,
Winkler-Jerabek in Himmelberg. „Nicht,         hat auch schon der Maler Alex Amann                  meint der Künstler abschließend nach-
weil ich von daheim weg, sondern weil          ausgestellt. So wie in der Galerie 3 und             denklich.
ich etwas anderes kennenlernen wollte“,        im MMKK in Klagenfurt, in Galerien und
begründet Andrea Vilhena ihre Reiselust,       Museen in Paris, Nizza, und, und, und ...            Sich als Ausländer zu fühlen, hat der
die sie schon zu Schulzeiten mit einem         Der aus Bleiberg-Nötsch stammende                    Musiker Matthias Erian hautnah erlebt.
Austauschjahr in Australien ausgelebt hat.     Künstler fasste durch seine Internatszeit            Und er empfiehlt es jedem: „Als ich in
Nur der Schulpflicht der Tochter sei das       im Theresianum früh in Wien Fuß, auch                Seoul vor zehn Jahren in der U-Bahn stand,
Sesshaft-Werden in der Heimat ihres            wenn es ihm damals schwerfiel, von                   war ich der Exot. Die Augen der Koreaner
Mannes, in Lissabon, geschuldet. Ihn,          Kärnten wegzufahren: „Ich habe im Zug                verfolgten mich, sei es aus Interesse oder
einen Schmuckkünstler und Uniprofessor,        immer geweint, aber bei St. Veit hat der             aus Abneigung. Egal warum, es ist unan-
hatte sie in Italien kennengelernt. Was        Schmerz schon nachgelassen.“ Heute ist               genehm.“ Mittlerweile lebt der Bruder des
die Künstlerin, die mit gebrauchten Stof-      das Wegfahren kein Problem mehr – das                Jazz-Saxophonisten Michael Erian mit
fen Skulpturen rund um das Thema weib-         Zurückkommen aber (anders als in der                 seiner südkoreanischen Lebensgefährtin,
liche Identität entstehen lässt, am südli-     Haider-Zeit) auch nicht. Nach 22 Jahren              der Tänzerin Howool Baek, seit sechs
chen Lebensgefühl schätzt? „Ich liebe die      in Wien, wo der rebellische Sohn aus einer           Jahren in Berlin. Sein Weg zur elektroni-
Offenheit im Alltag in Portugal, die Men-      Familientischlerei an der Akademie der               schen Musik begann mit einem Tontech-
schen reden sofort miteinander, sind           bildenden Künste bei Anton Lehmden und               nik-Lehrgang am Klagenfurter Konserva-
zugänglicher. Da gibt es eine Entspannt-       Bruno Gironcoli studierte, lebt er inzwi-            torium, dem ein ELAK-Studium von
heit im Leben, die bei uns fehlt.“ Um an       schen seit rund 30 Jahren in Paris.                  Computermusik und Elektronik Media an
der portugiesischen Kommunikationsfreu-        „Anfangs habe ich in Paris überhaupt                 der Universität für Musik und darstellen-
de teilhaben zu können, braucht es aller-      nichts verstanden, am wenigsten, wenn                de Kunst in Wien folgte. Von Wien aus
dings auch Sprachkenntnisse. „Die Spra-        die Pariser gesprochen haben“, erinnert              ging es dann hinaus in die Welt. „Schwie-
che zu können ist das Wichtigste“, meint       er sich an die ersten Wochen in Frank-               rigkeiten mit fremden Kulturen liegen
die junge Kärntnerin und stimmt so mit         reich, wo er auch seine Frau kennenlern-             meist in uns selbst. Wir haben Vorurteile,
praktisch allen hier porträtierten             te. Längst pendelt Amann mit ihr und dem             die uns Angst machen können. Setzt man
Künstler*innen überein. Heimweh ist für        14-jährigen Sohn zwischen den Welten.                sich damit auseinander, sind sie aber meist
die Himmelbergerin zwar kein großes            Vorerst kam er vor allem in den Sommer-              nicht mehr erkennbar“, resümiert der in
Thema, aber doch gelegentlich vorhanden:       monaten, um die Familie zu besuchen                  Gurk aufgewachsene Kärntner. Als Mit-
„Ich brauche jedes Jahr ein paar Wochen        nach Nötsch. Doch nach dem Tod der                   initiator eines Festivals für neue Musik

                                                                                                             DIE BRÜCKE Nr. 6 | Brückengeneration 5 – April/Mai 18 9
Multi.kulti.viert - Kulturchannel
Lukas Zuschlag, Primo Ballerino an der Oper in Laibach, in der Titelrolle der Ballettversion von "Doktor Schiwago". Foto: KK
          Oleksii Kysilenko aus der Ukraine hat als Architekt in Kärnten eine neue Heimat gefunden. Foto: Kysilenko
          Lebt seit zwei Jahren in Schweden, war davor 15 Jahre in New York: die Kärntner Künstlerin Heidrun Holzfeind. Foto: Holzfeind
          Die Isländerin Ellen Freydis Martin vermisste vor allem das Meer. Foto: krummi records/Schmalzl
          Jiang Shuo & Wu Shaoxiang leben und arbeiten seit fast 30 Jahren in Kärnten und China. Foto: KK

          („New adits“) ist er regelmäßig in Kärnten             eineinhalb Stunden daheim! Die Nähe zum                Kärnten schätzen gelernt. Also entschloss
          und natürlich auch, um seine Familie zu                Zuhause war mir immer total wichtig!“                  er sich nach Abschluss seines Diplomstu-
          sehen. „Zu meiner Zeit sah ich hier zu                 Auch wenn die Slowen*innen großteils                   diums in Kiew für ein Masterstudium an
          wenige Möglichkeiten für mich. Aber ich                sehr gut Deutsch und Englisch sprechen,                der FH Spittal. Der 30-jährige Architekt
          hoffe, dass sich das für junge, interessier-           lernte der junge Tänzer gleich zu Beginn               aus der Ukraine erinnert sich noch gut an
          te Menschen inzwischen geändert hat!“                  seines Engagements „vor allem durch´s                  das Ankommen mit seiner Frau in Kärnten:
                                                                 Zuhören und Mitreden“ die slowenische                  „Zu Hause haben wir keine Berge, und es
          Im Ausland aber dennoch fast daheim                    Sprache. Mentalitätsmäßig sei die Umstel-              war so kalt. Aber die Landschaft hier ist
          lebt der Tänzer und Choreograph Lukas                  lung kaum spürbar gewesen, da sich                     toll!“ Auch er kämpfte zu Beginn mit
          Zuschlag. Der 32-jährige Feldkirchner ist              Kärntner*innen und Slowen*innen sehr                   Sprachschwierigkeiten – sie konnten kein
          Primo Ballerino an der Staatsoper in                   ähnlich seien. Im Mai geht´s dann nach                 Deutsch, „die Kärntner können wenig
          Ljubljana und war erst kürzlich mit                    Russland. Im Kreml-Theater in Moskau                   Englisch“. Mittlerweile sind er und seine
          „Schwanensee“ im Stadttheater Klagenfurt               tanzt er die Titelrolle in einer Ballettver-           Familie (dazu zählen noch zwei Töchter
          zu Gast. Die länderübergreifende Koope-                sion von „Doktor Schiwago“ – „eine große               mit zwei und vier Jahren) voll integriert.
          ration der beiden Theater war mit auf                  Ehre“, freut sich Florian Zuschlag auf die             Ein Architekturstipendium des Landes
          seine Initiative entstanden und freut ihn              neue Herausforderung.                                  Kärnten 2017 half dabei. Derzeit arbeitet
          sehr. Wenn er nicht gerade bei Gastspie-                                                                      Oleksii Kysilenko für das Architekturbüro
          len unterwegs ist, fährt Zuschlag fast jedes           Durch ein Auslandssemester in seiner                   Frediani-Gasser in Klagenfurt und widmet
          Wochenende nach Hause. „Ich bin ja in                  Studentenzeit hatte Oleksii Kysilenko                  sich hier dem Thema, das ihn am meisten

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interessiert: der Stadt und dem öffentli-      schmunzelt die 53-Jährige im Gespräch.
chen Raum. „Klagenfurt ist eine Stadt der      „Hier hat Familie eine Chance, ich durfte
kurzen Wege, hier ist vieles zu Fuß            bei den Kindern sein, ohne schief ange-
erreichbar“, schwärmt der Architekt von        schaut zu werden“, erinnert sie sich an
seiner neuen Heimat. Dank Digitalisie-         die Kärntner Anfangsjahre ihrer Patch-
rung, Skype u.ä. lässt sich auch das           work-Familie. Sieben Jahre habe es gedau-
gelegentliche Heimweh nach Verwandten          ert, „bis ich mich getraut habe, ich selbst                     biotop discussion. Foto: Jacob Almagro
und Freunden in der Ukraine leichter           zu sein.“ In dieser Zeit habe sie aber auch
ertragen. Eine eigene ukrainische Com-         den Stellenwert von echten Freunden
munity in Kärnten pflegt die junge Fami-       kennengelernt. Mittlerweile ist ihr
lie nicht: „Wir wollen das gar nicht, es ist
doch wichtig, sich zu integrieren!“
                                               ursprünglich „lyrischer Sopran ein biss-
                                               chen dramatischer geworden“ und zu den
                                                                                                               biotop
                                               Solos in der Kirche und den privaten
Unsentimental ist das Verhältnis der           Gesangsstunden, die Ellen Freydis Martin                        Kultivieren von Dissens
bildenden Künstlerin Heidrun Holzfeind         gab, hat sich noch ihr Engagement in einer                      Gibt es das was wir die Welt zu nennen pflegen
zu ihrer Heimat Kärnten. „Für mich hat         eigenen Band gesellt: „Krummi und die                           überhaupt? Wäre es nicht besser von vielen
der Begriff Heimat keine Bedeutung“,           Alpenvögel“ nennt sich das fünfköpfige                          Weltbildern zu sprechen? Ich für meinen Teil
wehrt die 46-jährige Videokünstlerin ab,       Ensemble (nach dem isländischen Wort                            kenne zumindest zwei. Nämlich jenes, das
die nach eigenen Worten sehr froh war,         für „Rabe“), das mit groovigen Versionen                        ­meiner unmittelbaren Wahrnehmung entspringt
                                                                                                                und allerlei Stimmungen unterworfen ist, und
Kärnten bzw. Lienz, wo sie das Gymnasi-        isländischer Musik aufspielt (zu hören am
                                                                                                                jenes, über das ich mich mit vielen Menschen,
um besuchte, zu verlassen. Vor allem der       16. Juni im Villacher Kulturhofkeller).
                                                                                                                mit denen ich in Kontakt komme, einigen kann.
Schritt nach Wien – zum Studium an der
                                                                                                                Oft stimmt der Abgleich dieser Bilder. Manch-
Akademie der bildenden Künste – sei            Vom anderen Ende der Welt stammt das
                                                                                                                mal gibt ein genauer Blick auf diese beiden
„unglaublich befreiend“ gewesen. Aber          chinesische Künstlerpaar Jiang Shuo &                            meiner Weltbilder aber Unstimmigkeiten zu
auch die Zeit in New York (1997 – 2011)        Wu Shaoxiang. Doch wie Ellen Freydis                             erkennen. Dann gilt es Dialoge zu führen, denn
will die in Kötschach-Mauthen aufgewach-       Martin hatten auch die beiden Chinesen                           dies bedeutet an einer gemeinsamen Perspek-
sene Kärntnerin nicht missen. „Künstle-        zuerst vor allem mit der Sprache zu kämp-                        tive auf die Welt zu zimmern.
risches Arbeiten und Forschen in einem         fen. Als sie 1989 nach dem Aufstand am                           Seit gut einem Jahr arbeite ich mit rund 30
neuen Umfeld und das Reisen sind sehr          Pekinger Tian’anmen-Platz nach Kärnten                           ­jungen Kolleg*innen daran, in Kärnten einen
wichtig für mich!“ Holzfeind, die sich nur     kamen, sprachen sie kein Deutsch und                              offenen Ort namens Biotop zu schaffen. Hier
noch durch ihre Familie mit Kärnten            nur wenig Englisch. Ihr Sohn war damals                           soll Forschung stattfinden und neue Zugänge
verbunden fühlt, beschäftigt sich seit         drei Jahre alt. Der Auftrag der Stadt Kla-                        zur oft so fern anmutenden Welt der Wissen-
vielen Jahren u.a. damit, wie modernisti-      genfurt für eine Skulptur im Europapark                           schaft geschaffen werden. Als
sche Architektur im Alltag funktioniert.       hatte Wu nach Kärnten geführt, wo er bald                         Wissenschaftler*innen und Designer*innen
Architektonische und soziale Utopien,          durch Künstlerfreunde wie die „Bluesbrea-                         ­zimmern wir gewissermaßen von Berufs wegen
Geschichte und Identität sind die Themen       kers“ (die er als erste westliche Band für                         Weltbilder. Wissenschaft zu betreiben oder ein
ihrer Arbeit. Seit zwei Jahren lebt sie nun    eine Tournee nach China gebracht hatte),                           Problem zu lösen bedeutet das Spiel mit kon-
in Umea in Schweden, zwischendurch             Bernd Svetnik und Harry Jeschofnig unter-                          kurrierenden Ideen zu kultivieren, und dabei
                                                                                                                  den Dialog stets aufrechtzuerhalten.
verbrachte sie auch drei Monate als Artist     stützt wurde. In den ersten Jahren über-
                                                                                                                  Nur so lassen sich Erkenntnisse über die Welt
in Residence in Tokio. Neue kulturelle         deckte die Begeisterung über die neue
                                                                                                                  gewinnen, die jenseits des Subjektiven Bestand
Eindrücke dürften ihr also so bald nicht       Heimat das Heimweh: „Es ist so sauber
                                                                                                                  haben. Vielfalt der Sichtweisen ist in unserer
ausgehen!                                      und sicher, man fühlt sich nicht bedroht,
                                                                                                                  Arbeit mehr als bloße Bereicherung, sie ist
                                               eine eigene Meinung ist möglich!“,                                 ­Notwendigkeit, auch wenn das mitunter
Die Abwesenheit des Meeres war für die         schwärmt Wu heute noch. Inzwischen                                  ­unbequem ist.
Isländerin Ellen Freydis Martin bei ihrer      haben sich die Beziehungen zur alten                                 Alle Mitglieder des Projekts haben jahrelang an
Ankunft in Kärnten vor 25 Jahren das           Heimat wieder entspannt: Als Professor                               Forschungsstätten in Europa gearbeitet, und
Erschreckendste. Aber auch alles andere        an einer Kunstakademie ist Wu regelmä-                               wollen nun nach Kärnten zurückkehren, um hier
war neu – die Täler waren so eng, die          ßig für ein halbes Jahr in China, wo die                             auf offene Art und Weise Forschung zu betrei-
Berge so nahe – und die Sprache war so         beiden auch einen zweiten Wohnsitz                                   ben. Offen, das bedeutet für uns vor allem
fremd. Sich so schnell wie möglich Deutsch     haben. Ausstellungen mit den Münzskulp-                              Grenzen zwischen Disziplinen aufzubrechen,
anzueignen, um die Menschen kennen zu          turen Wus und den ironischen Bildern                                 die Zusammenarbeit zwischen der Wissenschaft
lernen, war das vorrangige Ziel der Sän-       Jiangs finden sowohl in Europa als auch                              und der Kunst zu stärken, und Bürger*innen
gerin und Kirchenmusikerin, die von            in Asien statt. „Aber eigentlich kann man                            aktiv in unsere Forschungsarbeiten einzube­
Island mit ihrem österreichischen Mann         unsere Situation damals gar nicht mit den                            ziehen. Durch das Zusammentreffen diverser
nach Villach zog, wo eine Stelle als Regi-     Flüchtlingen heute vergleichen“, winkt                               Sichtweisen erwarten wir uns eine Stärkung
onalkantor und Organist auf ihn wartete.       Weltenbürger Wu zum Abschluss des                                    jenes Dialogs, der für das Zimmern gemein­
Sie, die einen amerikanischen Vater hat        Gespräches bescheiden ab.                                            samer Blickwinkel unerlässlich ist.
und die skandinavische Offenheit gewöhnt         ● Karin Waldner-Petutschnig                                        ● Lukas Hutter
                                                                                                                 wurde 1987 in Villach geboren, studierte Chemie in Graz und
war, ist zuerst einmal „erschrocken über         (53) ist freie Kulturjournalistin in Klagenfurt. Neben
                                                                                                                 absolvierte anschließend sein Doktorat in Systembiologie an
                                                 ihrer fast 30-jährigen Tätigkeit bei der „Kleinen Zeitung“,
die konservative Mentalität hier“. Die           leitete sie 12 Jahre den Carinthia-Verlag und drei Jahre        der University of Oxford. Seit einigen Jahren arbeitet er an
                                                                                                                 einem Projekt namens Biotop* (biotop.co/de), das es sich
Frauenrechte in Island seien viel weiter,        das Museum Liaunig.
                                                                                                                 zum Ziel gesetzt hat, ein interdisziplinäres, offenes For-
Veränderungen kämen in Österreich erst                                                                           schungszentrum in Villach aufzubauen. Er lebt und arbeitet
                                                                                                                 seit Anfang 2017 wieder in Kärnten. www.biotop.co
30 bis 50 Jahre später an. „Doch zu mei-
nem Erstaunen habe ich begonnen, dieses
altmodische Österreich zu lieben“,

                                                                                                                 DIE BRÜCKE Nr. 6 | Brückengeneration 5 – April/Mai 18 11
Fotos: Jasmin Donlic

                                                                                                                                 „Wer Gott liebt, hat keine Religion außer Gott.“ –
                                                                                                                                 Rumi, persischer Dichter und islamischer
                                                                                                                                 Mystiker im 13. Jh.

                       ORIENTierung
                       Muslimisch leben in Kärnten.

                       „Ja, aber ich habe mehrere Identitäten.                    zu verorten, im gesamtgesellschaftlichen           „Meine Eltern haben sich vor
                       Das heißt, eine Identität schließt die andere              Kontext zu analysieren und von da aus              geraumer Zeit dieses Sammelsurium
                       nicht aus. Ich fühle mich gleichzeitig als Österreicher
                       und als Bosnier. Als auch als Muslim, als Europäer,
                                                                                  neue und differenzierte Erkenntnisse zu            an Balkan-Kanälen einrichten lassen
                       als Kosmopolit.“                                           gewinnen.                                          in ihrem Haushalt. Und es ist interes-
                                                                                    Die Basis dazu sind Interviews mit               santerweise so, dass sie verstärkt
                                                                                  Jugendlichen, die in Österreich geboren            bosnische Sender schauen. Wenn sie
                                              Die gesellschaftliche Situati-      bzw. aufgewachsen und deren Eltern oder            dann in Bosnien sind, ist der Bedarf
                                                on der muslimischen Bevöl-        Großeltern nach Österreich eingewandert            da, deutsches Fernsehen zu schauen.“
                                                kerung in Kärnten und             sind. Ich machte mich auf die Suche nach
                                                Österreich wird tendenziell       den Identitätsbildungsprozessen und hat-           „Der Mix aus beiden Kulturen vereint
                                                als kulturell problematisch       te die Chance, in Kärnten lebende Musli-           sich in mir und je nachdem, was
                                               interpretiert und insofern als     minnen und Muslime dazu zu befragen,               eher benötigt wird, in welcher Umge-
                                             eher negativ wahrgenommen.           auf welche Art und Weisen sie ihr Alltags-         bung man sich gerade befindet, wird
                                        Im öffentlichen Diskurs werden            leben gestalten, welche Sprachen sie in            dann eher das eine oder das andere
                                 Musliminnen und Muslime nicht als                welchen Lebensbereichen sprechen, wel-             abgerufen.“
                                 Expertinnen und Experten ihres Alltags           che Speisen sie essen und welche Musik
                                 betrachtet, sondern programmatisch zu            sie hören, wie sie sich kleiden, aus welchen       „Was ich an Westeuropa ändern wür-
                                 passiven Opfern ihrer Lebensbedingungen          Kulturkreisen ihre Freunde kommen, wie             de ... vielleicht weniger Konsum. Wir
                                 vor Ort degradiert. Diese Perspektive ist        ihre Eltern mit Kultur umgehen, wie sie            alle – unabhängig davon ob Muslime
                                 nicht nur entindividualisierend, sondern         Heimat definieren, wie es sich anfühlt,            oder Nichtmuslime – wir alle die in
                                 versperrt auch den Blick auf die vielfälti-      wenn im Herkunftsland ihrer Eltern das             Europa leben, konsumieren sehr viel.
                                 gen Lebensweisen, Alltagsstrategien und          Morgengebet des Imam ertönt, wie sie die           Wir sind egoistischer geworden.“
                                 Zukunftsvisionen und wirkt auf diese             österreichische und auch die Herkunfts-
                                 Weise als erkenntnistheoretische Sperre.         kultur ihrer Eltern und den Islam prakti-          „In der Familie sprechen wir Bosnisch.
                                 Als selbst in Bosnien geborener und in           zieren etc. Als Querschnitt möchte ich             Ab und zu mit den Kindern, wenn
                                 Kärnten aufgewachsener und lebender              einige Gedanken und Aussagen meiner                notwendig, auch Deutsch, weil die
                                 junger Mensch muslimischen Glaubens              Gesprächspartner*innen wiedergeben:                sprechen besser Deutsch als
                                 finde ich mich immer wieder damit kon-                                                              Bosnisch.“
                                 frontiert. Das war Anstoß für mich, dieses          „Als Kärntner selbst kann man schwer
                                 Feld wissenschaftlich zu beleuchten.                definieren, was ein Kärntner ist, weil          „Wenn ich in Bosnien bin und der
                                   Mittels der nun in Buchform erschei-              durch die geschichtliche Bewegung,              Imam ertönt mit seinem Morgengebet,
                                 nenden empirischen Forschungsarbeit bin             wie sie sich hier in Kärnten abgespielt         ist es ungewohnt. Nicht unangenehm
                                 ich der Frage nachgegangen, wie sich die            hat, gibt es den typischen Kärntner ja          ... eher neutral. So wie hier die
                                 Lebenswelten und religiösen Alltagspra-             nicht. Jeder Kärntner hat ja irgendwo           Glockentürme erklingen.“
                                 xen von Musliminnen und Muslimen in                 seine Wurzeln, die außerhalb von
                                 Kärnten und im Alpen-Adria-Raum tat-                Kärnten liegen. ... Also von dem her            „Wir sind schon seit Jahrhunderten
                                 sächlich gestalten. Ziel dabei ist es auch,         sind wir alle Kärntner, mehr oder               gewohnt mit verschiedenen Nationali-
                                 die jeweilige biographische und gesell-             weniger, die hier wohnen.“                      täten, Konfessionen oder ethnischen
                                 schaftliche Relevanz ihres sozialen                                                                 Gruppen zu leben. Für uns ist das
                                 Umfelds und ihres Aktionsradius für die             „Ja natürlich haben unsere Kinder               ganz normal, wir sind aufgewachsen
                                 Betroffenen sichtbar zu machen, adäquat             christliche Freunde.“                           zwischen Moscheen und Kirchen.“

                       12 DIE BRÜCKE Nr. 6 | Brückengeneration 5 – April/Mai 18
Foto: Ferdinand Neumüller
                                                                                                           Patrick Pilsl alias Martin Dean: Globus.

                                                                                                           welter.skelter
                                                                                                           The world is my oyster
                                                                                                           Die Welt ist meine Auster
                                                                                                           Auf einem Markt in Colombo habe ich, gänzlich
                                                                                                           unwissend, so viel scharfes Zeug in mich hin-
                                                                                                           eingeschaufelt, dass ich dachte, mein letztes
                                                                                                           Stündlein hätte geschlagen. Die Singhalesen
                                                                                                           dankten es mir und hielten sich vor Lachen die
                                                                                                           Bäuche. In Dublin soff ich mit den Iren und wet-
                                                                                                           terte gegen die Engländer. Man dankte mir mit
                                                                                                           noch mehr dunklem Bier. In Liverpool hingegen
                                                                                                           trank und schimpfte ich mit den Engländern
                                                                                                           gegen alles, was nicht von ihrer Insel kommt.
                                                                                                           Ich wurde mit innigen Umarmungen bedankt.
   „Ich bin als Muslimin geboren, ich bin     zur Familie bzw. einer kulturellen Glau-                     In Marseille trieb ich mich am Hafen herum
   so auf die Welt gekommen, ich bin          bensgruppe spielt eine wichtige Rolle.                       und war mit den Nutten, den Strichern und den
   auch stolz, dass ich es bin. Aber ich      Religion wird vor allem in schwierigen                       Freiern. Unzählige wilde Erzählungen waren mir
   übertreibe es nicht, ich übertreibe        Lebenssituationen als Ressource genutzt.                     Dank und Lohn. In Rio holte ich mir, direkt aus
   generell mit nichts im Leben. Ich weiß     Die Relevanz der religiösen Alltagspraxen                    der nächstbesten Favela, eigenhändig das wei-
                                                                                                           ße Gift, nur um im sündigen Lapa die Nächte
   was ich bin, doch ich respektiere auch     wird evident, wenn die jungen Menschen
                                                                                                           durchtanzen zu können. Man dankte mir mit
   jeden anderen.“                            Identitätsbewusstsein, stabile Religions-
                                                                                                           göttlichen, zuckenden Leibern. Im koreanischen
                                              zugehörigkeit und vor allem Selbstveror-
                                                                                                           Jecheon hielt ich den örtlichen Bürgermeister
   „Ich liebe das Gebet. Für mich ist das     tung in der differenzierten Gesellschaft
                                                                                                           für den Kaiser des Landes und teilte ihm dies
   Gebet eine Erholung. Ein Gespräch zu       schaffen wollen. Aus der individuellen Be-                   auch mit. Tränen der Freude für diesen Irrtum
   Gott. Das Gebet macht mich stabil.         deutungsdimension wird eine neue Lebens-                     waren des Bürgermeisters Dank an mich. In
   Wenn ich bete, habe ich weniger Sor-       welt geschaffen, in der verschiedenste                       Brooklyn forderte ich einen völlig durchgeknall-
   gen, dann habe ich Vertrauen zu Gott.      religiöse Praktiken neu interpretiert, kom-                  ten Ex-GI, wie ich erst später erfahren sollte,
   Natürlich muss ich vorher die Gebets-      biniert und ausgeübt werden können.                          zum Faustkampf heraus. Dass er mich dann
   waschung vornehmen. Das Wasser ist           Als Conclusio möchte ich festhalten,                       doch nicht totschlug und ich noch am Leben
   gleichzeitig eine Erfrischung für den      dass es für das Alltagsleben beider Seiten                   bin, das ist mir Dank genug. Auf den Stiegen
   Menschen. Nach dem Gebet fühle ich         entscheidend ist, generalisierende Bilder                    des Wiener Burgtheaters hatte ich ein kurzes,
   mich sehr wohl. Viel freudiger, viel       von „den Migrant*innen“ oder „den                            aber herrliches Stelldichein. Der schelmische
   offener.“                                  Muslim*innen“ genauso wie von „den                           Blick des porträtierten Oskar Werner an der
                                              Kärntner*innen“ aufzuweiten und die                          Wand im Foyer galt mir in diesem beglücken-
   „Was ich strikt ablehne, sind Sprach-      Menschen individuell mit einer jeweils                       den Moment als Dank für meine Verwegenheit.
   Mischungen ... dass deutsche Wörter        für sich stehenden Geschichte und diffe-                     Und in Hermagor und Umgebung sollte ich mit
   bosnifiziert oder bosnische Wörter ein-    renzierten Identitäten zu betrachten und                     den Bauern das Vieh hüten, das Gras wenden
   gedeutscht werden. Das verdirbt die        ihnen auch so zu begegnen.                                   und die Ernte einbringen. Der Dank der Männer
                                                                                                           und Frauen, der bestand aus Speck, Brot,
   Sprachkultur.“                               ● Jasmin Donlic
                                                * 1990, stammt aus Bosnien und Herzegowina und
                                                                                                           Schnaps und Liedern, so schön und so traurig
                                                ist Universitätsassistent am Institut für Erziehungs­      wie nichts anderes sonst.
  Zusammenfassend zeigt es sich, dass           wissenschaft und Bildungsforschung, Abteilung für Inter-
es für die jungen, in zweiter oder dritter      kulturelle Bildung. Forschungsschwerpunkte: inter-/
                                                transkulturelle Bildung im Kontext von Migration und       Epilog:
Generation in Kärnten lebenden Menschen         Inklusion, Mehrsprachigkeit an Schulen, Jugendliche        Die Welt kann einem ganz schön übel mit­spielen,
keine umfassend gültige Norm gibt, son-         Identitätsbildung in regionalen transnationalen Räumen.
                                                                                                           oder Hank? – Ja, Mann. – Und dennoch macht
dern verschiedenartigste Alltagspraktiken.                           Jasmin Donlic (Hg.):                  man immer weiter, verstehst du? – Bin ja nicht
Diese berühren sich im Alltag und treffen                            Muslimisch leben                      dämlich. – Aber weißt du auch, warum man
aufeinander, werden von den Betroffenen                              Religiöse Praxis und Lebens-
                                                                     weltgestaltung in Kärnten –
                                                                                                           immer weitermacht, ich meine, warum man sich
auch sehr wachsam reflektiert. Das Ergeb-                            eine empirische Studie.               immer ­wieder aus dem Scheißbett quält, Tag für
nis sind das individuelle Aushandeln von                             Drava Verlag, Mai 2018                Tag ...? – Keine Ahnung, Mann. – Na, weil die
Identitäten und verschiedenste hybride                               ca. 100 Seiten | 12,95 Euro           Welt halt doch n’ geiler Ort ist, oder etwa nicht?
                                                                     ISBN 978-3-85435-854-1
Lebensentwürfe. Junge Migrantinnen und                                                                     – Doch, Mann. Und wie!
Migranten verorten sich in der Gesellschaft
neu und setzen ihre Alltagspraxis aus              DIE BRÜCKE VERLOST                                      ● Oliver Welter
unterschiedlichen Aspekten individuell        3 Exemplare
                                                                                                             Musiker, Schauspieler und Autor. Geboren in Klagenfurt, lebt
                                                                                                             in Klagenfurt und Innsbruck, stirbt vermutlich in Klagenfurt
zusammen. Die gefühlte Zugehörigkeit          Für Infos zur Verlosung siehe bitte Seite 38.                  oder Innsbruck oder gar nicht.

                                                                                                             DIE BRÜCKE Nr. 6 | Brückengeneration 5 – April/Mai 18 13
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