Sauen ohne Ende - was tun? Wildbret als Legitimation für die Jagd Hohe Akzeptanz der Jagd aber schlechter Ruf - MÄRZ 2013 - OÖ LJV

Die Seite wird erstellt Hannes Martens
 
WEITER LESEN
Sauen ohne Ende - was tun? Wildbret als Legitimation für die Jagd Hohe Akzeptanz der Jagd aber schlechter Ruf - MÄRZ 2013 - OÖ LJV
MÄRZ 2013
40. JAHRGANG · NR. 138

                                                          Informationsblatt
                                                     des OÖ Landesjagdverbandes
                                                      Hohenbrunn 1 · 4490 St.Florian

                         Sauen ohne Ende –
                         was tun?
                         Wildbret als Legitimation
                         für die Jagd
                         Gespaltene Meinung:

                         Hohe Akzeptanz der Jagd
                         aber schlechter Ruf
                         der Jäger
Sauen ohne Ende - was tun? Wildbret als Legitimation für die Jagd Hohe Akzeptanz der Jagd aber schlechter Ruf - MÄRZ 2013 - OÖ LJV
Die Entscheidung
                                                                           zu TREFFEN

                                                               Dank völlig neu konzipierter
                                                               Schäftung bleiben Schießhand
                                                               und -arm bei jeder Anschlagsart
                                                               völlig entspannt. Die wichtigste
                                                               Voraussetzung für konstant
                                                               gutes Treffen.
Kodiak.de 2013
  Abgabe von Waffen nur an Inhaber einer Erwerbserlaubnis.

                                                             www.blaser.de                                                                                               PROFESSIONAL SUCCESS

                                                                                  Import und Fachhandels-Auskunft: Idl GmbH · Südbahnstr. 1 · A-9900 Lienz · office@waffen-idl.com
Sauen ohne Ende - was tun? Wildbret als Legitimation für die Jagd Hohe Akzeptanz der Jagd aber schlechter Ruf - MÄRZ 2013 - OÖ LJV
Der Landesjägermeister berichtet
Ökonomierat Sepp Brandmayr

Bildungsoffensive
Mit dem heurigen Jahr startet der Oberösterreichische        schutzorgane und die Schulungen im sicheren Umgang
Landesjagdverband eine umfangreiche Serie an Weiter-         mit den Jagdwaffen usw. angeboten.
bildungsveranstaltungen. Das Jagdliche Bildungs- und
                                                             Die letzten Seminare, insbesondere die über den Jagdleiter
Informationszentrum Schloss Hohenbrunn wird dabei in
                                                             im Spannungsfeld der sich ändernden Gesellschaft oder
Fachseminaren auf den Umgang mit Kommunikationsin-
                                                             über den Umgang mit der Lebendfalle, zum Beispiel, wa-
strumenten und auf die Bewältigung von Konfliktsituati-
                                                             ren so gut angenommen, dass hierüber weitere vorbereitet
onen besondere Schwerpunkte setzen.
                                                             werden.
Angesprochen werden mit diesen Angeboten Führungs-
                                                             Nicht wenige der Veranstaltungen des Bildungszentrums
kräfte, Jagdleiter und Funktionäre, aber auch alle anderen
                                                             werden von den Bezirken zum Anlass genommen, weiter-
Jägerinnen und Jäger unseres Landes, die in der Folge ihr
                                                             führende Kurse anzubieten und so ein landesweites Infor-
erworbenes Wissen in die einzelnen Jagden tragen sollen.
                                                             mationsnetz zu beleben.
Die einzelnen Angebote werden im Mitteilungsblatt Der        Sie haben auf die einzelnen Termine Zugriff im OÖ Jäger,
OÖ Jäger veröffentlicht. Ich lade Sie alle zur Teilnahme     auf der Verbands-Homepage www.ooeljv.at und in der Ge-
ein.                                                         schäftsstelle.
Ergänzend dazu werden zahlreiche Fachtagungen, wie           Ich lade Sie ein, vom Jagdlichen Bildungs- und Informa-
die Schulung von sog. Kundigen Personen für die Wild-        tionszentrum JBIZ recht rege Gebrauch zu machen und
beschau, Reviertage über die Behandlung des erlegten         wünsche für das neue Jagdjahr einen guten Anblick und
Wildes, Koch- und Grillkurse, Auffrischungskurs für Jagd-    ein kräftiges Weidmannsheil

                                                             Ihr

Foto: S. Manigatterer
www.kunsthandwerk-manigatterer.at

                                                                                        MÄRZ 2013      OÖ JÄGER     3
Sauen ohne Ende - was tun? Wildbret als Legitimation für die Jagd Hohe Akzeptanz der Jagd aber schlechter Ruf - MÄRZ 2013 - OÖ LJV
EDITORIAL

Liebe Leserin,
geschätzter Leser!
Die Bezirksjägertage mit den Wahlen der Bezirksjagd-                                         6       10
ausschüsse stehen vor dem Abschluss und das kommen-
de Jagdjahr wird die Funktions- und Schaffens­periode
2013 – 2019 mit einem neuen Landesjagdausschuss,
dem höchsten Gremium des OÖ LJV, eröffnen. Bei al-
len Bezirksjägertagen waren neben den fachbezogenen
Referaten von Landesjägermeister Sepp Brandmayr und
jenen der Funktionäre besonders die politischen Aus-
sagen durchaus interessant: LH Dr. Josef Pühringer
und unser Jagdlandesrat Max Hiegelsberger sowie de-
ren Vertreter haben sich als für die Jagd zuständigen
Mitglieder der oö. Landesregierung nämlich eindeutig
hinter die oberösterreichischen Jägerinnen und Jäger
und deren Arbeit in der heimischen Kulturlandschaft
gestellt. Es wäre wünschenswert, wenn diese Bekennt-
nisse auch in nicht jagdliche Kreise getragen würden      24                                                                     49
– ich bin optimistisch.
Einige Neuerungen sind für uns Jäger wieder in Kraft
getreten und die Mitarbeiter der Geschäftsstelle des OÖ   Der Landesjägermeister berichtet
Landesjagdverbandes unterstützen Sie tatkräftig bei       ÖR Sepp Brandmayr                                                 3
Ihren Anliegen und beantworten – hoffentlich zu Ihrer     Sauen ohne Ende – was tun?                                        6
Zufriedenheit – etwaige Anfragen in jagdlichen, wildbi-
ologischen und rechtlichen Belangen.                      (Gefühlte) Wahrheiten
                                                          Luchse im Revier – was wirklich stimmt                           10
So finden Sie auch in dieser Ausgabe des OÖ Jäger, ne-
ben fachlich fundierten Artikeln, wieder Relevantes und   Wildbret als Legitimation für die Jagd –
Interessantes über und rund um die Jagd.
                                                          bleifrei inbegriffen                                             16
                                                          Jagd- und Waffenrecht:
                                                          Tötung von Hunden und Katzen durch Jäger                         22
Viel Spaß beim Lesen!                                     Bär und Wolf –
Ihr                                                       Segen oder Fluch für unsere Bevölkerung?                         24
                                                          Gespaltene Meinung: Hohe Akzeptanz der Jagd
                                                          aber schlechter Ruf der Jäger                                    26
                                                          Der oberösterreichische Jäger und sein Revier:
Mag. Christopher Böck                                     Der Jagdleiter – Schlüsselfigur vom Beginn bis zum Abschluss     30
Geschäftsführer, Wildbiologe, Redaktionsleiter            wild auf Wild:
                                                          Fasanbrust mit Bärlauchspätzle und gebratenen Pilzen             38

                                                          AUS DER GESCHÄFTSSTELLE.                                       ab 40

Titelfoto:
                                                          Landesjagdorganisationen beschließen Sicherheitspaket            42
Bei diesem Anblick lacht das                              JBIZ Seminare                                                    45
Herz des Niederwildjägers –
doch heutzutage muss auch
etwas dafür getan werden:                                 LEBENSRAUMGESTALTUNG.                                          ab 49
Lebensraumhege und Raub-
wildbejagung zum Beispiel ...                             Untersuchungen zur Wilderkennung beim Mähen                      49
Foto: Ch. Böck                                            Kleine Naturkunde: Das Maiglöckchen                              52

4       OÖ JÄGER         MÄRZ 2013
Sauen ohne Ende - was tun? Wildbret als Legitimation für die Jagd Hohe Akzeptanz der Jagd aber schlechter Ruf - MÄRZ 2013 - OÖ LJV
SEITENBLICKE
                                                                                             AUF‘S JAGDMUSEUM

                                 16

                                                                 Nachdem das Alt zu Schimpff gekhomen den Namen
                                                                 hochbrün hab ich genomen. 1729
                                                                 Diese Inschrift findet man auf der Nordseite des Tor-
                                                                 stöckls. Schon 1071 wurde die Örtlichkeit als „Phaffin-
                     61                                   72     hovin“ (Pfaffenhofen) urkundlich erwähnt. Mit dem Na-
                                                                 men Pfaffenhofen hatte man verständlicherweise nicht
                                                                 viel Freude. Denn war das Wort Pfaffe in alten Zeiten
                                                                 noch ein Ehrenname für einen Geistlichen, so wurde es
SCHULE & JAGD.                                           ab 54   mehr und mehr abwertend gebraucht.
                                                                 Im Südtrakt des Schlosses erhob sich ursprünglich ein
HUNDEWESEN.                                              ab 56   hoher Turm, in welchem einst Wasser hochgepumpt wur-
Jagdhundeführer-Seminar mit Jagdhundetrainer Uwe Heiss     56    de, um die Wasserversorgung des Stiftes zu gewährlei-
                                                                 sten. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde dieser Turm
                                                                 abgetragen. Geblieben ist der Name „Hohenbrunn“.
BRAUCHTUM & JAGDKULTUR.                                  ab 61
Der BRUCH im Jagdgebrauch                                  61

SCHIESSWESEN.                                            ab 68                              WUSSTEN SIE, DASS
Benefizschießen am Schießplatz                                   … Wildschweine nicht nur ausgesprochen schnell sein
des OÖ. Landesjagdverbandes                                68       können (bis zu 50 km/h), sondern auch ziemlich in-
                                                                    telligent sind?
AUS DEN BEZIRKEN.                                        ab 71   … Fichten 200 bis 600 Jahre alt werden können?
Bezirksjägertage 2012: „Stehen wir zusammen und
bekennen wir uns zur Jagd!“                                71
Bezirksjägertag Braunau, Perg,
Ried, Schärding                                          ab 72                              KURSE & SEMINARE
Raubwildstreckenlegungen                                   80    Jagdliches Bildungs- und
                                                                 InformationsZentrum

                                                                 Sa, 27. April 2013
NEUE PRODUKTE AUF DEM JAGDSEKTOR.                          92
                                                                 Kurs für „kundige Personen“ der Wildbret-
                                                                 untersuchung (Wildbeschaukurs)
NEUE BÜCHER.                                             ab 94
                                                                 Fr, 5. Juli 2013
                                                                 Konfliktbewältigung, selbstsicherer Umgang mit
Kleinanzeigen                                              97    Medien in Stresssituationen
Impressum                                                  98                                            … mehr auf Seite 45.

                                                                                             MÄRZ 2013    OÖ JÄGER        5
Sauen ohne Ende - was tun? Wildbret als Legitimation für die Jagd Hohe Akzeptanz der Jagd aber schlechter Ruf - MÄRZ 2013 - OÖ LJV
THEMA

            Forschungsinstitut für
            Wildtierkunde und Ökologie
            Veterinärmedizinische Universität Wien

       Sauen
                              ohne Ende –
                                was tun?
                                                         VON o.Univ.Prof. Dr. Walter Arnold
                                                            FOTOS J. Pfoser, Ch. Böck

D
           ie offenbar nicht aufzuhaltende           nige Restbestände verschwunden. Hö-         Das erneute Auftauchen von Schwarz-
           Vermehrung der Wildschweine               here Schwarzwildbestände gab es um          wild nach langer Abwesenheit begann
           und die damit verbundenen                 1900 in freier Wildbahn praktisch nur       etwa ab der Mitte des letzten Jahrhun-
Wildschäden sind zum jagdpolitischen                 noch in den laubwaldreichen, von atlan-     derts (Abb. 1). Wie sehr die Populati-
Dauerbrenner geworden. Wie der Flut                  tischem Klima geprägten deutschen und       onsdynamik dieser Wildart vom Klima
Einhalt geboten werden kann, wird nicht              westfranzösischen Mittelgebirgen. Die       beeinflusst ist, wird aus der zeitlichen
nur in der Jägerschaft kontrovers disku-             Sauen galten als die Landwirtschafts-       Staffelung des Beginns der Bevölkerungs-
tiert, sondern auch in der Wissenschaft.             schädlinge schlechthin und wurden           explosion ersichtlich. In allen Regionen
Diese Uneinigkeit ist ein Hindernis für die          entsprechend bekämpft. Die in weiten        nahmen die Abschusszahlen exponenti-
Eindämmung des weiteren Zuwachses                    Landstrichen erfolgte Ausrottung der        ell zu. Der Beginn dieses Wachstums er-
der Schwarzwildpopulation.                           Wildschweine war damals maßgeblich          folgte in milderen Gebieten aber früher,
Es ist dringend an der Zeit eine Klärung             durch für sie ungünstige Witterungsbe-      da er offenbar mit Überschreiten eines
der strittigen Punkte, der Missverständ-             dingungen unterstützt, vor allem lange      Temperaturschwellenwertes       während
nisse und Fehlinterpretation wissen-                 und strenge Winter, die zu einer hohen      der Wintermonate einsetzte. Der Trend
schaftlicher Erkenntnisse herbeizufüh-               natürlichen Sterblichkeit, insbesondere     ist aber überall der gleiche.
ren, um die gegenwärtige Verunsicherung              bei den Frischlingen führen. Die Situ-      Der zweite entscheidende Umweltfak-
der Jäger zu beseitigen und klare Hand-              ation ist heute anders: Die globale Kli-    tor für das Schwarzwild ist die Ernäh-
lungsempfehlungen zu geben. Dieser                   maerwärmung und häufigere Mastjahre         rung. Diese Tierart hat sich im Laufe der
Beitrag soll dies leisten und damit unter-           von Buche und Eiche begünstigen die         Evolution an die enormen und unvor-
mauern, warum wir ein Umdenken im                    Vermehrung der Wildschweine enorm.          hersehbaren Schwankungen in der Ver-
Schwarzwild-Management brauchen.                     Erschwerend kommt hinzu, dass sich          fügbarkeit ihrer Hauptnahrung, Eicheln
                                                     das Äsungsangebot durch die moderne         und Bucheckern, angepasst. Dadurch
Die Fakten                                           Landwirtschaft noch weiter verbesserte      unterscheidet sich die Fortpflanzungs-
Das Schwarzwild war zu Beginn des                    und die teilweise riesigen Maisfelder die   biologie des Schwarzwildes grundsätz-
20. Jahrhunderts in Europa bis auf we-               Bejagung der Sauen erschweren.              lich von der anderer Schalenwildarten:

6     OÖ JÄGER         MÄRZ 2013
Sauen ohne Ende - was tun? Wildbret als Legitimation für die Jagd Hohe Akzeptanz der Jagd aber schlechter Ruf - MÄRZ 2013 - OÖ LJV
Abb. 1                                           Diese Situation war typisch für die Zeit
Die Zunahme der Schwarzwildabschüsse in Mit-        ab der 50er Jahre des letzten Jahrhun-
teleuropa seit Mitte des 19. Jahrhunderts in
Regionen Mitteleuropas, aus denen seit dieser       derts, als das exponentielle Wachstum
Zeit Jagdstatistiken vorliegen. Um die Zahlen aus   der Bestände und damit der Abschuss-
unterschiedlich großen Regionen und Ländern
vergleichbar zu machen, ist die jährliche Strecke
                                                    zahlen begann. Die Freude des Jägers
in Stück je km2 Landesfläche angegeben.             über das Auftauchen einer neuen, at-
                                                    traktiven Wildart im Revier war nur zu
Ein Mastjahr löst unweigerlich eine                 verständlich und die Versuchung war
Massenvermehrung aus, die ganz we-                  groß, die Neuankömmlinge mit Fut-
sentlich getragen ist von der Fortpflan-            tergabe im Revier zu halten und durch
zung von Frischlingsbachen, die bei so              reichliche Kirrung für gute Bejagbarkeit
guten Ernährungsbedingungen bereits                 zu sorgen. Diese Praxis führte bald dazu,
im Geburtsjahr geschlechtsreif werden.              dass es den Jägern erging wie Goethe’s
Natürlicherweise wird dies ausgeglichen             Zauberlehrling: „Die ich rief, die Gei-
durch massive Sterblichkeit und geringe             ster, werd’ ich nun nicht los“. Leider hö-
Fortpflanzung in Fehlmastjahren. Un-                ren die Jäger in Gebieten, in denen die
terbleiben diese Einbrüche, weil dem                Schweine erst auftauchen, bis heute zu
Schwarzwild anderer Fraß zur Verfü-                 wenig auf die Erfahrungen ihrer Kolle-
gung steht, etwa durch Fütterung und                gen, die der Schwarzwildflut nicht mehr
übermäßige Kirrung, so ist eine Bevölke-            Herr werden. In manchen Gegenden
rungsexplosion unausweichlich.                      Deutschlands sind die Schäden durch

                                                            MÄRZ 2013       OÖ JÄGER       7
Sauen ohne Ende - was tun? Wildbret als Legitimation für die Jagd Hohe Akzeptanz der Jagd aber schlechter Ruf - MÄRZ 2013 - OÖ LJV
THEMA

Schwarzwild so hoch geworden, dass                   weiß. Mit der Aujeszky‘schen Krank-         Rotte saugen ließen, auch wenn es nicht
sich keine Jagdpächter mehr finden. Das              heit, ein tödliches Virus für Jagdhunde,    ihr eigener war.
sollte eigentlich Warnung genug sein.                mussten wir kürzlich auch in Österrei-
                                                     ch wieder Bekanntschaft machen. Und         „Jung vor alt“, oder „alt vor jung“?
Verantwortlich für die Schwarzwild-                  eine neue Gefahr steht vor der Haustür:     Wie Umwelteinflüsse und Alter sich
zunahme ist neben der Verfügbarkeit                  In Osteuropa tobt eine sich ausbreitende    auf die Fortpflanzungsleistung und
künstlicher Nahrungsquellen eine Be-                 Epidemie der afrikanischen Schweine-        das Überleben auswirken, ist für das
jagungspraxis, die nicht genug ent-                  pest, eine Krankheit die bisher nur gele-   Schwarzwild aufgrund des umfang-
nimmt. Wir müssen Abstand nehmen                     gentlich im Mittelmeerraum aufgetaucht      reichen vorhandenen Datenmaterials so
von Gewohnheiten, die aus einer Zeit                 ist und gegen die es bisher keinen Impf-    gut bekannt wie bei kaum einer anderen
stammen, als man Bestände aufhegen                   stoff gibt.                                 Wildart. Dies ermöglicht eine fundierte
wollte. Schwarzwild in Lebensräumen                  Die Einsicht wächst, dass Schwarzwild       Analyse der Populationsdynamik und
wieder heimisch zu machen, aus denen                 so scharf wie möglich bejagt werden         der Faktoren, die sie maßgeblich beein-

Obwohl führende Bachen erlegt werden können, da die Frischlinge nicht mehr abhängig sind, sind   flussen. Die Aufgabe ist nicht trivial,
säugende Bachen (Frischlinge sind noch gestreift) – wie hier schön an den Strichen zu sehen –
unbedingt zu schonen!                                                                            doch gute Computermodelle können sie
                                                                                                 lösen und der Praxis verlässliche Pro-
                                                                                                 gnosen liefern, wie sich verschiedene
es durch Menschenhand verschwunden                   muss. Der scheinbar unaufhaltsame           jagdliche Maßnahmen wahrscheinlich
war, darüber freuten sich nicht nur Jä-              Anstieg der Schwarzwildpopulationen         auswirken werden.
ger, sondern alle Naturfreunde.                      zwingt zum Umdenken, denn alles bis-        Die Quintessenz aus diesen Modellen ist
                                                     her Versuchte war offenbar weitgehend       ganz klar: In für das Schwarzwild gün-
Heute haben wir das gegenteilige Pro-                wirkungslos.                                stigen Jahren (z.B. Vollmast und milder
blem: Zu viel Schwarzwild und damit                  Das einzige Tabu, das in der heutigen       Winter) tragen die Frischlingsbachen
untragbare Schäden in den an sich ge-                Situation unangetastet bleiben muss,        aufgrund ihrer großen Anzahl mehr zum
eigneten Lebensräumen, Schwarzwild                   ist der Mutterschutz. Die säugende Ba-      gesamten Nachwuchs bei als Überläufer-
in alpinen Regionen, wo es ganz sicher               che ist uneingeschränkt zu schonen.         oder ältere Bachen. In solchen Jahren
nicht hin gehört und Schwarzwild, das                Der Zeitraum, indem Frischlinge auf         bringt der Eingriff bei den Frischlingen
zunehmend in städtische Bereiche vor-                die Muttermilch angewiesen sind, be-        mehr als in schlechten Jahren, in denen
dringt. Wer immer noch nicht überzeugt               trägt 3-4 Monate, also etwa solange wie     weniger Frischlinge schon geschlechts-
ist, möge die Gefahr von Tierseuchen be-             sie „gestreift“ sind. Allerdings kommt      reif werden und die dann auch noch
denken, die mit der Dichte einer Popula-             beim Schwarzwild diese Milch nicht al-      kleinere Würfe haben. An diesem Be-
tion zunimmt. Die klassische Schweine-               leine von der Mutter. Wie der Schwarz-      fund gibt es nichts zu rütteln. Die rich-
pest ist in schwarzwildreichen Gegenden              wildkenner Heinz Meynhardt vielfach         tige Vorgangsweise bei der Jagd kann
Deutschlands heute so hartnäckig in den              beobachtete, gibt es beim Schwarzwild       daraus aber nicht abgeleitet werden.
Beständen, dass man sich nur noch mit                Ammen. Er konnte zweifelsfrei belegen,      Wie der erforderliche Abschuss erzielt
groß angelegten Impfaktionen zu helfen               dass alle Bachen jeden Frischling der       werden kann, ist eine ganz andere Frage,

8      OÖ JÄGER        MÄRZ 2013
Sauen ohne Ende - was tun? Wildbret als Legitimation für die Jagd Hohe Akzeptanz der Jagd aber schlechter Ruf - MÄRZ 2013 - OÖ LJV
Sauen ohne Ende – was tun?

als die nach dem notwendigen Eingriff in     mit höchster jagdlicher Anstrengung im             Bleibt die Frage, ob mit dem Abschuss
die einzelnen Altersklassen.                 Anschluss, um auch den Rest der jetzt              einer Leitbache ein entscheidendes
                                             führungslosen und daher viel leichter              Hemmnis der Fortpflanzung von Frisch-
Bieber & Ruf betonten immer, dass ein        bejagbaren Rotte zu erlegen. Mit dieser            lingsbachen fällt. Es gibt wohl kaum ein
Eingriff in die Überläufer- und reifen       Strategie können die Abschüsse erhöht              öfter kolportiertes jagdliches Dogma.
Bachen in jeder ökologischen Situation       werden und gleichzeitig wird stark bei             Spätestens seit Ulf Hohmanns sorgfäl-
unerlässlich ist, selbst wenn es gelingt     den Frischlingen reduziert. In der Stre-           tiger Recherche sollte da ein Umden-
70% der Frischlingsbachen zu erlegen.        cke dominiert dann wieder „jung vor                ken stattfinden, aber leider hält es sich
Ihre Modelle zeigen gleichzeitig, dass       alt“ - das für eine Reduktion des Zu-              wider besseres Wissen hartnäckig. Die
ohne eine massive Reduktion der Frisch-      wachses optimale Ergebnis.                         Jagdliteratur zum Schwarzwild ist voll
linge ein weiteres Anwachsen der Po-                                                            davon, dass die Leitbache angeblich die
pulation nicht zu vermeiden ist. Leider      Befördern wir mit dem Abschuss reifer              Fortpflanzung von Frischlingsbachen
wird dadurch häufig nur auf die „hohe“       „Erfahrungsträgerinnen“ die Wildschä-              unterdrückt. Es gibt keinen einzigen em-
Prozentzahl der Frischlinge geachtet.        den, wie hartnäckig behauptet wird? Die            pirischen Beweis für diese Behauptung!
Die zufällige Gleichheit dieser Zahl mit     Gefahr „marodierenden“ führungslosen               Ohne Zweifel gibt es bei sozial lebenden
dem „Lüneburger Modell“ (es fordert          Jungwildes in der Feldflur wird weit               Wildtieren das Phänomen der Unterdrü-
70% der Jagdstrecke sollten Frischlinge      überschätzt. Wo der Mais lockt, da hat             ckung der Fortpflanzung rangtiefer Grup-
sein), führt leicht zu dem völlig falschen   auch schon die alte Bache die Rotte hin-           penmitglieder durch dominante. Wir ha-
Schluss, dass ein Frischlingsanteil von      geführt, wenn es ungefährlich war. Der             ben am FIWI dies intensiv erforscht und
70% in der Jagdstrecke stärkere Eingriffe    Schuss auf einen kleinen Frischling an             z.B. beim Alpenmurmeltier nachgewie-
bei den Überläufer- und reifen Bachen        der Kirrung wird dagegen die erfahrene             sen. Die „reproduktive Unterdrückung“
erübrige. Das ist vollkommen falsch! Zu-     Sau und damit die ganze Truppe für lan-            ist aber immer eine Folge des Mangels
sätzlich sagt der Anteil der Frischlinge     ge Zeit von weiteren Besuchen dieser               und der Konkurrenz um die Ressourcen,
in der Jagdstrecke nichts darüber aus, in    Gefahrenstelle abhalten. Die Erlegung              die ein Muttertier für die erfolgreiche
welchem Umfang der gesamte Zuwachs           von Erfahrungsträgerinnen eröffnet dem             Jungenaufzucht braucht. Von einem der-
in der Population tatsächlich reduziert      Jäger dagegen hohe Chancen zu wei-                 artigen Mangel kann beim Schwarzwild
wurde. Da es in der Praxis so gut wie        teren, nachhaltigen Erfolgen – wenn er             in der Kulturlandschaft nicht die Rede
nie gelingen wird 70% der Frischlings-       mit jagdlichem Eifer „dran bleibt“!                sein – es hat Fraß im Überfluss!
bachen zu erlegen, ist der einzig richtige
Schluss, dass erheblich bei den Überläu-                                                        Welche Bejagungsform?
fer- und reifen Bachen eingegriffen wer-                                                        n	Die  traditionelle Ansitzjagd an der
den muss, um ein weiteres Wachstum                                                                 Kirrung reicht nicht mehr. Es braucht
des Bestandes zu unterbinden.                                                                      zusätzlich und vermehrt Bewegungs-
Entscheidend ist daher, welche jagdliche                                                           jagden, vor allem in den Wintermona-
Maßnahmen dazu geeignet sind für aus-                                                              ten.
reichend Strecke zu sorgen und gleich-                                                          n	Am besten eignen sich revierübergrei-

zeitig einen hohen Frischlingsabschuss                                                             fende Drückjagden, doch sie erfordern
zu erreichen. Bedenkt man die Biologie                                                             gute Organisation und erfahrene und
des Schwarzwildes recht, kommt man                                                                 geübte Schützen.
unweigerlich zu der Empfehlung, wie sie                                                         n	Die Kirrung darf nicht mehr Zuwachs

in der kürzlich erschienenen „Schwarz-                                                             produzieren als man mit ihrer Hilfe
wildleitlinie“    der    Österreichischen                                                          abschöpfen kann, d.h. nicht mehr als
Bundesforste formuliert wurde: Beim                                                                1kg pro Kirrstelle und Tag ausbringen.
lernfähigen Schwarzwild kommt der                                                                  In Jahren mit fehlender oder geringer
Entnahme scheuer „Erfahrungsträge-                                                                 Baummast die Kirrungen spätestens
rinnen“ besondere Bedeutung zu, denn                                                               Ende Dezember einstellen, denn der
sie entziehen sich besonders erfolgreich                                                           Winter reguliert dann effektiver als
der Bejagung und schützen damit auch                                                               die Kirrjagd.
ihre Nachkommen.                                                                                n	Schluss mit der übertriebenen Ba-

                                                                                                   chenschonung bei gleichzeitiger, kon-
Ohne Abschuss von „Erfahrungs-                                                                     sequenter Reduktion der Frischlinge.
trägerinnen“ geht es nicht                                                                         Beides ist jagdstrategisch am ehesten
                                              Abb. 2
Um den Zuwachs beim Schwarzwild               Die Zunahme der Schwarzwildabschüsse in Ös-
                                                                                                   zu erreichen, wenn bei Wahlmöglich-
einzudämmen braucht es einen Strate-          terreich seit Beginn der Aufzeichnungen um die       keit prioritär Erfahrungsträgerinnen
giewechsel. Dass ein Umdenken erfor-          Mitte des 19. Jahrhunderts. Zu beachten ist,         erlegt werden mit anschließender,
                                              dass einige der heutigen Bundesländer als Kron-
derlich ist, beweisen die – trotz hohen       länder eine größere Fläche hatten. Die Abschüs-      konsequenter Fortsetzung des Sauen-
Jagddruckes – scheinbar ungehindert           se bis 1918 beziehen sich daher auf eine Fläche      abschusses.
weiter zunehmenden Bestände (Abb.             von insgesamt 103558 km2 und nach 1918 auf
                                              83853 km2. Bei der Berechnung der in Abb. 1
2). Bei Wahlmöglichkeit muss die Rei-         für Österreich dargestellten Zahlen wurde dies    Artikel erstveröffentlicht in WEIDWERK
henfolge lauten „alt vor jung“, aber          berücksichtigt.                                   12/2012.

                                                                                                         MÄRZ 2013      OÖ JÄGER      9
Sauen ohne Ende - was tun? Wildbret als Legitimation für die Jagd Hohe Akzeptanz der Jagd aber schlechter Ruf - MÄRZ 2013 - OÖ LJV
REPORT

Seit rund drei Jahrzehnten streifen
durch einige Reviere Oberösterreichs
wieder Luchse. Doch immer noch ist die
große Katze für viele eine Unbekannte.

Miha Krofel begleitet seit Jahren in
Slowenien die Forschungsarbeiten rund
um den Luchs. Er hat Ansichten und
Vorstellungen über das Raubtier
gesammelt und gibt Antworten
aus erster Hand.

Luchse
im Revier –
was stimmt
wirklich

    Gefühlte
                    Wahrheiten      VON Asist. Miha Krofel, Univ. Dipl. Biol. übersetzt von Dr. Christine Miller

                                                           FOTOS J. Thurner, Ch. Böck

D
          er Eurasische Luchs ist die größ-     gen gibt es nur wenige Menschen, die je-              Während der vielen Jahre unserer in-
          te Katzenart in Europa. Er und        mals einen lebenden Luchs in freier Wild-           tensiven Untersuchungen über die Öko-
          der Wolf sind die beiden wich-        bahn beobachten konnten. Dieses Fehlen              logie und das Verhalten von Eurasischen
tigsten natürlichen Beutegreifer für Scha-      von eigenen, persönlichen Erfahrungen               Luchsen sind uns immer wieder einige ty-
lenwild in den Wäldern Zentraleuropas.          mit dem Luchs und die Weitergabe einzel-            pische Ansichten begegnet. Heute haben
Doch wurden sie hier in den vergangenen         ner, meist auch falsch interpretierter An-          wir durch die Ergebnisse solcher großer
Jahrhunderten stark verfolgt. Da Luchse         ekdoten, haben dazu geführt, dass viele             Forschungsprojekte ein viel wirklichkeits-
nicht nur sehr selten sind sondern auch         „Mythen“ und falsche Einschätzungen                 näheres Bild des Luchs und seiner Rolle
einen äußerst heimlichen Lebensstil pfle-       über den Luchs kursieren.                           in der Natur.

10    OÖ JÄGER       MÄRZ 2013
„Luchse liegen auf Bäumen“                 „Wölfe verjagen Luchse                               „Luchse tragen das Haupt
In freier Wildbahn klettern Luchse sehr    aus ihrem Revier“                                    ihrer Beute davon“
selten auf Bäume. Wir haben Spuren von     Alle Studien zeigen, dass Wolf und Eu-               Niemals verschleppen Luchse das Haupt
Luchsen im Schnee über viele Hunder-       rasischer Luchs dieselben Gebiete besie-             der Beute. Der fehlende Kopf ist ein ein-
te von Kilometer verfolgt und niemals      deln ohne sich gegenseitig zu bedrohen.              deutiges Zeichen für einen Fuchsriss.
beobachtet, dass eines der Tiere auf ei-   Obwohl sich ihre Speisezettel zu einem               Füchse beißen das Haupt ab und ver-
nen Baum geklettert ist. Diese Vorstel-    gewissen Teil überlappen, teilen sie sich            graben es manchmal im Boden. In der
lung vom Luchs, der auf Bäumen liegt       das Beutespektrum untereinander auf:                 Natur kommt es immer wieder vor, dass
und dort von hoher Warte aus auf seine     Wölfe jagen vor allem Rotwild. Luchse                der Fuchs ein vom Luchs gerissenes Reh
Beute wartet, entstand in einer Zeit als   spezialisieren sich auf Reh und Gams.                findet, daran frisst und dann das Haupt
Luchse mit Hunden gejagt wurden. In        In ihrer Rolle im Naturhaushalt ergänzen             „stiehlt“.
solchen Fällen bringen sich Luchse – wie   sich die beiden Beutegreifer. Doch kann
Katzen – auf Bäumen in Sicherheit.         man diese natürliche Balance durch
Auch in Gefangenschaft kann man Luch-      ungeschicktes Management aus dem                     „Viele Luchse leben
se öfter beobachten, wie sie auf Bäume     Gleichgewicht bringen.                               im selben Gebiet“
klettern und dort ruhen, ein Verhalten,                                                         Luchse sind streng territorial und ver-
das sie in freier Wildbahn praktisch nie                                                        teidigen ihr Revier gegenüber Luchsen
zeigen.                                    „Mit den Ohr-Pinseln                                 des gleichen Geschlechts. Doch die Ter-
Jedoch verstecken sie manchmal ihre        hört der Luchs besser“                               ritorien einer Luchsin und eines Kuders
Beute auf Bäumen, ähnlich dem Leopard,     Die langen Haarbüschel an den Ohrspit-               überlappen sich gewöhnlich. Meist sind
sie jagen aber praktisch nie von einer     zen der Luchse haben keinen Einfluss                 also zwei erwachsene Luchse in einem
hohen Warte aus.                           auf das Hörvermögen der Luchse.                      Gebiet anwesend. Nur entlang der Gren-
                                           Noch weiß man nicht genau, welche                    zen benachbarter Reviere überlappen
                                           Funktionen, diese auffälligen „Pinsel“               man­chmal die Streifgebiete von zwei
„Luchse trinken das Blut                   haben.                                               Luchsinnen oder zwei Kudern. Beson-
ihrer Beute“                               Aber am wahrscheinlichsten ist es, dass              ders während der Ranzzeit im Febru-
Luchse fressen Fleisch, sie trinken aber   sie der Kommunikation zwischen den                   ar und März kann das vorkommen.
nicht das Blut ihrer Beute. Die Löcher     Luchsen dienen: Wenn sich zwei Luch-                 Das innerartliche Territorialverhalten
im Hals von gerissenen Tieren stammen      se begegnen, sehen sie frühzeitig die                verhindert auf dieses Weise, dass die
von den Eckzähnen, da Luchse ihre Beu-     Stellung der Ohren des Gegenübers und                Luchsdichte in einem Gebiet über ein
te meist durch einen Nackenbiss töten.     können dadurch dessen „Stimmung“                     bestimmtes Maß hinausgeht. Luchse
                                           schneller erkennen – ähnlich unserem                 regulieren ihre Dichte selber. In Zentral-
                                           Hoch- oder Zusammenziehen der Au-                    europa liegen die höchsten Dichten bei
„Luchse fressen                            genbrauen.                                           etwa 1 Luchs pro 10000 Hektaren.
nur frisches Fleisch“
Wir haben Videoaufzeichungen an
Luchsrissen gemacht und dokumentiert,
dass Luchse fast immer über mehrere
Nächte hindurch zu ihrer Beute zurück-
kehren, bis das gesamte Muskelfleisch
verzehrt ist. Werden sie jedoch am Riss
gestört, können sie die Beute endgültig
verlassen, selbst wenn noch reichlich
Fleisch daran übrig ist.

„Luchs und Wildkatze können
nicht zusammen vorkommen“
Obwohl es in sehr seltenen Fällen mal
vorkommen kann, dass ein Luchs eine
Wildkatze tötet, gefährdet ein solcher
„Zufalls-Riss“ nicht das Vorkommen ei-
ner Wildkatzen-Population. Beide Arten
haben über Hunderttausende von Jahren
gemeinsam in den selben Waldgebieten
gelebt. Und auch heute noch gibt es in
einigen Luchsgebieten sehr hohe Wild-
katzendichten, zum Beispiel in den           Luchse fressen fast ausschließlich Fleisch. Niemals aber verschleppen Luchse das Haupt der
                                             Beute. Der fehlende Kopf ist ein eindeutiges Zeichen für einen Fuchsriss. Füchse beißen das Haupt
nördlichen Dinarischen Bergen (Slowe-        ab und vergraben es manchmal im Boden. In der Natur kommt es immer wieder vor, dass der Fuchs
nien).                                       ein vom Luchs gerissenes Reh findet, daran frisst und dann das Haupt „stiehlt“.

                                                                                                          MÄRZ 2013         OÖ JÄGER       11
REPORT

„Luchse rotten das Wild                      In Gefangenschaft kann man Luchse öfter beobachten, wie sie auf Bäume klettern und dort ruhen,
                                             ein Verhalten, das sie in freier Wildbahn praktisch nie zeigen. Jedoch verstecken sie manchmal ihre
in ihrem Revier aus“                         Beute auf Bäumen, ähnlich dem Leopard, sie jagen aber praktisch nie von einer hohen Warte aus.
Die Evolution hat mit dem Luchs einen
spezialisierten Jäger von kleineren Scha-
lenwildarten geschaffen – doch seine        zum Beispiel Siebenschläfer, Gams, Rot-               verteidigen sich Luchse, wenn sie gefan-
Beute rottet er nicht aus, würde er doch    wild oder Hasen sein. Und wenn Weide-                 gen werden, zum Beispiel in einer Falle.
dann selbst verhungern. Jedoch können       tiere nicht geschützt sind, können auch               Auch mit Tollwut infizierte Luchse kön-
Luchse die Dichte ihrer Beutetiere be-      sie dem Luchs zum Opfer fallen.                       nen aggressiv reagieren.
grenzen. Das ist ihre „Aufgabe“ in der
Natur. Ganz allgemein ist der Einfluß von
Luchsen auf ihre Beutetiere höher in Ge-    „Luchse reißen die stärksten                          „Der Luchs gehört eigentlich
bieten, in denen diese nur in sehr nied-    Tiere des Bestandes“                                  nicht in unsere Wälder“
rigen Dichten vorkommen, zum Beispiel       Es gibt Studien, in denen die Kondition               Der Eurasische Luchs kam in allen Län-
in bestimmten Regionen Skandinaviens.       und Fitness von Tieren, die der Luchs                 dern Zentraleuropas natürlich vor. In
Für Zentraleuropäische Verhältnisse, wie    gerissen hat verglichen wurde mit Tie-                unseren Waldgebieten hat er mindestens
in Slowenien, haben wir berechnet, dass     ren, die von Jägern erlegt wurden. Dabei              100.000 Jahre überlebt. Er verschwand
ein Luchs durchschnittlich 0,1 bis 0,5      zeigte sich, dass Luchse eher schwächere              im Laufe des 18. bis 20. Jahrhunderts
Stück Schalenwild pro 100 Hektar und        Stücke erbeuten. Jedoch kann der Luchs                im Zuge starker Verfolgung durch den
Jahr erbeutet. Das entspricht etwa 5-15     auch gesundes Wild reißen, besonders,                 Menschen. Auch die Zerstückelung letz-
Prozent der Höhe der jagdlichen Entnah-     wenn es einfach weniger schwache                      ter Rückzugsgebiete und starke Reduk-
me aus einem Rehwildbestand und rund        Stücke im Revier gibt. Der durchschnitt-              tion der Schalenwildbestände im Laufe
drei Prozent der Rehpopulation. Davon       liche Jagderfolg eines Luchses ist ver-               des 19. Jahrhunderts trugen zum Verlust
abgesehen hat die Anwesenheit von           gleichsweise gering, deshalb fällt es                 der Luchse in vielen Ländern bei. Heute
Luchsen natürlich auch Auswirkungen         ihm leichter ein Stück in schlechterer                wird in einigen Ländern Zentraleuropas
auf das Verhalten des Rehwildes. Es         Kondition er erbeuten. Darin liegt eine               versucht, den Luchs wieder in einen Teil
kann vorsichtiger werden und dadurch        wichtige Rolle großer Beutegreifer im                 seiner alten Lebensräume zurück zu
schwierig zu beobachten sein.               Naturhaushalt - sie tragen zum guten                  bringen.
                                            Gesundheitszustand ihrer Beutetierpo-
                                            pulationen bei.                                       Mythenbildung: Luchse lassen sich
„Luchse jagen nur Rehwild“                                                                        kaum beobachten und deshalb sammeln
Auch wenn Rehwild in den meisten                                                                  sich nur schwer sichere Erfahrungen.
Luchsgebieten Zentraleuropas die wich-      „Der Luchs ist für den
tigste Beutetierart ist, Luchse fressen     Menschen gefährlich“                                  Miha Krofel, Dep. of Forestry, Biotech.
aber gelegentlich auch noch andere Ar-      Gesunde Luchse greifen keine Menschen                 Faculty, University of Ljubljana, Vecna
ten, ob Säugetiere, Vögel oder Reptilien.   an, selbst wenn dieser sich den Jungen                pot 83, 1001 Ljubljana, Slowenien
Eine wichtige „Zweit-Beute“ können          nähert oder sie sogar verletzt. Jedoch

12    OÖ JÄGER      MÄRZ 2013
(Gefühlte) Wahrheiten
                                                Luchse im Revier – was stimmt wirklich

 Entwicklung der                                                                             LEBE DAS
 Luchspopulation Sloweniens –                                                              ABENTEUER
 Nahes Ende?                                                                                 JAGD
Sie galten als Erfolgsgeschichte von      Doch in den 1990 Jahren nahm der
Wiedereinbürgerungen. Die Luchspo-        Luchsbestand kontinuierlich ab. Eine
pulation im slowenisch-kroatischen        Teilschuld daran tragen die damals
Grenzgebiet entwickelte sich anfangs      sicher zu hoch angesetzten Abschuss-
prächtig. Heute kämpfen weniger als       zahlen. Die Jagdquote beruhte auf
20 Tiere ums Überleben. Was ist pas-      Schätzungen des Frühjahrsbestandes
siert? Bis kurz vor dem 1. Weltkrieg      - und hier war durch unsachgemäßes
lebten noch Luchse in Slowenien und       Monitoring die tatsächliche Zahl der
Kroatien. Das einst flächendeckende       Luchse überschätzt worden. Deshalb
Vorkommen war im Laufe des 19.            wurden die Abschüsse schrittweise
Jahrhunderts - wie fast überall in Eur-   verringert. Trotzdem erloschen einige
opa - auf nur mehr wenige, von einan-     Rand-Vorkommen. 2003 wurde der
der isolierte Vorkommen zusammen-         letzte Luchs legal erlegt und seit 2004
geschrumpft. 1908 wurde der letzte        ist keine nachhaltige Jagd auf den
Luchs in Slowenien geschossen.            Luchs mehr möglich.

60 Jahre danach reifte bei den Jä-        Doch stetig nahm die Zahl der Luchse
gern Sloweniens und Kroatiens die         weiter ab. Denn die zeitweise Überbe-
Idee, den Luchs wieder in die freie       jagung war nur ein Teil des Problems.
Wildbahn der Dinarischen Gebirge          Die kleine Ursprungspopulation von
zurück zu bringen. Auf Initiative der     nur sechs Tieren entpuppte sich als
Jagdverbände, in Slowenien sind die       eine tickende Zeitbombe für den Be-
Jäger in sogenannten „Jagdfamilien“       stand. Die Luchse Sloweniens und
organisiert, die jeweils ein größeres     Kroatiens tragen heute eine hohe In-
Gebiet betreuen, wurden 1973 drei         zuchtlast und mit jeder Generation
Kuder und drei Luchsinnen aus den         steigt dieser Inzuchtanteil. Heute sind
Karpaten geholt und in der Kocevska       alle Tiere in den Dinarischen Bergen
Region (der ehemaligen Gottschee)         so nah verwandt, als wären sie Bru-
frei gelassen. Aus dieser Keimzelle       der und Schwester. Wahrscheinlich
entwickelten sich die Luchse in den       gibt es nur noch weniger als 20 Tiere
darauf folgenden Jahren prächtig. Die     in der Region. Damit ist der Luchs das
Überlebenschancen der Jungen waren        am stärksten gefährdete Säugetier in
nachweislich hoch. Die großen Katzen      Slowenien und Kroatien. Die Zukunft
breiteten sich in die angrenzenden Ge-    der Luchse hängt jetzt davon ab, ob
biete in Kroatien und bis nach Bosnien    frisches Blut durch die Aussiedlung
aus. Auch am nördlichen Rand nahm         weiterer Luchse aus den Karpaten ein-
das Verbreitungsgebiet langsam zu         geführt wird.
und berührte sogar Grenzgebiete zu
Italien und Österreich.                   Die Jäger Sloweniens stehen jedenfalls
Nachdem sich der Bestand so gut           weiter zu „ihren“ Luchsen. In Umfra-
entwickelte, wurden ab 1978 Luchse        gen zeigt sich immer wieder, dass über
jagdbares Wild und Abschussquoten         drei Viertel der Jäger einer Bestandes-        JACKE GAMSKOGEL &
frei gegeben. Die Strecken nahmen in      stützung positiv gegenüber stehen. Sie         HOSE GAMSLEITEN
den folgenden zehn Jahren beständig       freuen sich auf neues Leben in ihren           Leichte Lodenkombination im neuen
zu, zum Teil auf bis zu zwölf Luchse      Revieren - und vielleicht in Zukunft,          robusten ALPAK Material.
pro Jahr. Im gesamten Luchsvorkom-        wieder einen Luchs an der Trophäen-
mensgebiet wurden über 300 Luchse         wand.                                          Jacke Gamskogel:                € 269,-
in den 1980er und 1990er Jahren er-                                                      Hose Gamsleiten:                € 235,-
legt.                                                         Dr. Christine Miller

                                                                                               WWW.JAGDHUND.COM
SERIE

7. und letzter TEIL

      Behauptungen
                                      und                          Tatsachen
                                rund um die Jagd.
                  Behauptung
      Die Jäger hängen zu sehr an ihrem Brauchtum.
      Jagdbräuche und Jägersprache sind überholt und deshalb nicht mehr zeitgemäß.

                  Tatsache IST
     In allen Interessengebieten, so auch bei der Jagd, gibt es eine
     Fachsprache. Sie dient der Verständigung untereinander. Jäger-
     sprache und jagdliche Bräuche haben auch heute noch bei der
     Jagd ihren Sinn.

     Weil …
       die Fachausdrücke der Jäger im Laufe von Jahrhunderten
       entstanden sind, zeigen sie einen Teil unserer kulturellen
       Entwicklung auf. Dies ist zu erhalten und fortzuführen.

     Weil …
       das jagdliche Brauchtum den ordnungsgemäßen Ablauf der
       Jagd gewährleistet. Auch aus Sicherheitsgründen kann hie-
       rauf nicht verzichtet werden.

     Weil …
       das jagdliche Brauchtum kein „aufgesetztes“ Ritual ist, son-
       dern bei der praktischen Jagdausübung bewährte Hilfe gibt.

     Weil …
       die Jäger mit vielen Bräuchen auch ihre Ehrfurcht vor dem
       Wild bezeugen.

                                 Immer informiert! www.ooeljv.at
                      Wenn Sie aktuelle Informationen und Veranstaltungstipps
                      rund um‘s Jagen in OÖ erhalten möchten, bestellen Sie
                      einfach unseren Newsletter und Sie sind immer
                      „up to date“:

                            http://www.ooeljv.at/newsletter

14   OÖ JÄGER      MÄRZ 2013
MEIN RAIFFEISEN                                                                                            JETZT mit Ih
                                                                                                                       rer Kontoka
                                                                                                                                   rte:

                                                                                                            VIELE VORTEILE
                                                                                                            bei Kultur,
                                                                                                            Sport, Freizeit
                                                                                                            und Shopping!

                                                       KANN MEHR.
Jetzt kann das Raiffeisen Konto
noch mehr! Für Raiffeisen Kunden gibt
es ab sofort mit der Maestro-Raiffeisen-
karte zahlreiche Vergünstigungen!

Und so funktioniert‘s: Zeigen Sie
einfach Ihre gültige Maestro-Raiffeisen-                                               Günstiger
karte bei unseren Vorteilspartnern vor
                                                                                               o
                                                                                        ins Kinund
                                                                                        (Megaplex
und profitieren Sie von vielen Vorteilen.                                                Moviemento
                                                                                            Linz)

TIPP: Jetzt gratis Konto wechseln!                                                                                    –20 %       ebühr
                                                                                                                   auf die Grundg uss
                                                                                                                          line-Abschl
                                                                                                                   bei On
                                                                                                                                  obile.
Die genauen Vorteile und                                                                                            auf www.t-m
weitere Informationen                                                                                                  at/gutschein*

finden Sie auf:

                                                                                       Günstiger
       www.raiffeisen-ooe.at/kontovorteile                                             einkaufen
                                                                                                                                      Günstiger
                                                                                                       i
                                                                                       € 5,– Rabatt be
                                            .com/raiffeisenooe                                     OÖ je
                                                                                                                                      wellnessen
                                                                                       HERV  IS in
                                                                                                       f
                                                                                        € 50,– Einkau
                                                                                                                                        in der Therme
                                                                                                                                                      im
                                                                                                                                       Geinberg undBad
                                                                                                                                       Falk ensteiner
                                                                                                                                           Leonfelden

* T-Mobile: Für oö. Raiffeisen Kunden mit bestehendem Girokonto: Gültig für
  einen neuen Vertrag bei T-Mobile und eine Mindestvertragslaufzeit von 24 Mo-
  naten mit persönlichem Gutschein-Code. Gutscheine sind bei Ihrem Raiffeisen
  Berater erhältlich solange der Vorrat reicht. Ermäßigter Tarif gilt für 24 Monate.
  Vertragsabschluss nur online im T-Mobile-Shop: www.t-mobile.at/gutschein.
  Vergünstigung kann nicht auf bestehende Verträge angerechnet werden.

Hinweis: Die Vorteile werden nach den jeweiligen Kapazitäten und Auslas-
tungen der Vorteilspartner und ausschließlich an den Maestro-Karteninhaber
gewährt. Der jeweilige Vertrag kommt ausschließlich mit dem Vorteilspartner
zustande. Die Gewährung von Vorteilen kann zeitlich befristet sein. Auf die
Gewährung der Vorteile besteht kein Rechtsanspruch. Das Leistungsspekt-
rum der Vorteilspartner kann laufend abgeändert werden. Eine Barablöse ist
ausgeschlossen. Vorteile sind nicht kombinierbar mit anderen Rabattaktio-
nen. Aktuelle Details unter: www.raiffeisen-ooe.at/kontovorteile.
THEMA

Der Begriff Jagd und                         vermittelbar ist, gilt es, zunächst den Be-   Es erscheint höchst plausibel, dass nur
die aktuelle                                 griff der „Jagd“ zu definieren bzw. diesen    durch diese eindeutige Abgrenzung die
Tierschutzphilosophie                        von anderen Tätigkeiten und Ausdrucks-        Jagd an sich überhaupt Zukunftspoten-
                                             formen wie etwa „Schießveranstaltung          tial hat.
Wenn die Frage gestellt ist, inwieweit die   im Gatter“ oder „Pseudojagd“, usw.
Gewinnung von Wildbret als Legitima-         deutlich abzugrenzen, auch wenn die-          Nur eine offene, transparente, ehrliche
tion für die Jagd herangezogen werden        se zuletzt aufgezählten Tätigkeiten von       und nachhaltige Jagd ist nach Ansicht
kann und inwieweit dies einer kritisch       „Jagdkarteninhabern“ ausgeführt wer-          des Verfassers auf Dauer vermittelbar,
reflektierenden Schicht der Bevölkerung      den.                                          denn der Anteil der Jäger an der Gesamt-

16    OÖ JÄGER      MÄRZ 2013
bevölkerung beträgt in Österreich derzeit        mit der aktuellen Tierschutzphilosophie,    StGB § 222 (3) auch zu bestrafen ist. Die
gerade einmal etwas mehr als 1%, in              da dabei die natürlichen Zuwachsraten,      Jagd ist zwar von den Bestimmungen
Deutschland nicht einmal mehr 0,5%!              „die Zinsen der Natur“ - in der Regel       des österreichischen Tierschutzgesetzes
Meyers Lexikon (MEYERS, 2008) defi-              als Lebensmittel - genutzt werden, was      (weitgehend) ausgenommen, nicht je-
niert Jagd folgendermaßen: „Jagd ist das         im allgemeinen Konsens jedenfalls ei-       doch von den Bestimmungen des Straf-
Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen, Fangen          nen vernünftigen Grund darstellt. Jagd      gesetzbuches. Außerdem könnte künftig
jagdbarer Tiere durch Jagdausübungsbe-           im engeren Sinn kann daher auch immer       auch seitens der Verwaltung bzw. der
rechtigte.                                       nur in freier Wildbahn stattfinden – al-    Gerichte der Begriff Jagd enger ausgelegt
                                                 les „hinterm Zaun“ bzw. jegliches Töten     werden, als dies bislang der Fall war.
Tätigkeiten, die den Prinzipien einer            von (innerhalb der letzten 12 Monate)       Die übermäßige Anhebung von Wildbe-

Wildbret als Legitimation
  für die Jagd
        VON wHR Prof. Dr. Rudolf WINKELMAYER
        FOTOS Ch. Böck, Ch. Jung – Fotolia.com                bleifrei inbegriffen
                                                                                             ständen, z.B. durch eine über das Ziel
                                                                                             hinausschießende Hegebemühungen wie
                                                                                             etwa Winterfütterung, mit dem Zweck,
                                                                                             mehr „Abschusswild“ zur Verfügung zu
                                                                                             haben, stößt nicht nur auf Ablehnung der
                                                                                             Land- und Forstwirtschaft, sondern lässt
                                                                                             sich auch mit einer zeitgemäßen Tier-
                                                                                             schutzethik nicht vereinbaren: Wildtiere
                                                                                             unter Zuhilfenahme landwirtschaftlicher
                                                                                             Methoden heranzuziehen, weil deren
                                                                                             Abschuss „so viel Freude macht“, ist vor
                                                                                             dem Hintergrund der Tierschutzgesetzge-
                                                                                             bung und der Tierschutzethik nicht als
                                                                                             „vernünftig“ einzustufen. Hier stehen
                                                                                             den menschlichen Interessen die Inte-
                                                                                             ressen der Tiere nach Schmerzlosigkeit,
                                                                                             Leben und Selbstentfaltung gegenüber.
                                                                                             Das anthropozentrische Weltbild (der
                                                                                             Mensch steht im Mittelpunkt – Anmerk.
                                                                                             der Redaktion) liefert natürlich mit sei-
                                                                                             nem biblischen Auftrag des „dominium
                                                                                             terrae“ (Herrschaft über die Erde – An-
                                                                                             merk. d. Red.) eine billige Rechtfertigung
                                                                                             für jegliche Ausbeutung der Tier- und
Auch wenn einmal länger und unter Einsatz meh-                                               Umwelt. Auch wenn ein Umdenken unbe-
rerer Jagdhunde nach einem erlegten Niederwild   ausgesetztem Wild kann daher aus            quem und mühsam ist, bleibt es nieman-
gesucht werden muss, der Jäger will die Beute    ethisch-philosophischer Sicht bestenfalls   dem erspart, der ernsthaft dieses Thema
haben – nicht zuletzt auf Grund des Wildbrets.
                                                 nur jagdähnliche Tätigkeit sein.            mitdiskutieren will, denn eine weltan-
nachhaltigen Jagd widersprechen sollten          Die österreichische Tierschutzgesetzge-     schauliche Grundsatzanalyse gehört zum
nicht als Jagd bezeichnet werden (FORST-         bung sieht vor, dass für das Töten eines    intellektuellen Leben (KANITSCHEIDER,
NER et al., 2006).                               (Wirbel)tieres immer ein „vernünftiger      2008).
Die so verstandene Jagd, als restriktiv          Grund“ gegeben sein muss, bzw. dass         Der Moralphilosoph Rosenberger ortet
aneignende Form der Naturnutzung, hat            dessen „mutwilligen Tötung“ gemäß           prinzipiell ein Vakuum an jagdethischen
aus ethischer Sicht auch wenig Probleme          TschG § 6. (1) verboten ist und gemäß       Reflexionen, und hält es in diesem Zu-

                                                                                                     MÄRZ 2013       OÖ JÄGER     17
THEMA

sammenhang für eine echte Schande,              Interessensausgleich in der Kulturland-   für die Zukunft zu sichern, sollten die
dass seine theologischen und philoso-           schaft                                    dafür relevanten Interessensgruppen die
phischen KollegInnen es bisher nicht für     n	Nutzung von qualitativ hochwertigem       neuen Herausforderungen als Chance se-
nötig gehalten haben, eine Jagdethik zu         Wildbret und von Wildnebenprodukten       hen.
entwerfen. Jagdliches Tun ist seiner An-
sicht nach nicht beliebig oder neutral,      Freude an der Trophäe als alleinige Be-      Bei Erreichung der oben dargestellten
sondern enthält Momente, die nur dann        gründung ist ethisch nicht vertretbar,       Ziele auch Freude an der Jagd und an der
für richtig befunden werden können,          da es dabei um das Töten eines Tieres        Natur zu empfinden ist legitim. Freude
wenn sie gewisse Kriterien erfüllen. Und     lediglich zum persönlichen Lustgewinn        und Identifikation mit den Zielen sind
genau die Bestimmung solcher Kriterien       geht. Auch die Verhütung ökonomischer        wesentliche Motivation zur Erreichung
ist Aufgabe der Ethik.                       Schäden kann als alleinige Begründung        der Ziele. Aber genau durch diese Freude
Nach heutigem Wissen lassen sich aller-      für das Töten eines Tieres nicht ausrei-     am Jagen wird die Jagd wohl immer an-
dings moralische Regeln als biologische      chend sein, da der Anspruch eines Tieres     greifbar bleiben. Auch wenn die Ziele der
Adaption erklären, die eine nützliche        auf Leben nicht automatisch der Verhü-       Jagd von wesentlichen Teilen der Bevöl-
Rolle beim Überleben einer Population        tung eines Schadens (aus menschlicher        kerung akzeptiert und gut geheißen wer-
gespielt hat, als diese unter dem Zwang      Sicht) untergeordnet werden kann. Alle       den, wird es immer Menschen geben, die
stand, ihr Sozialleben optimal zu regeln.    anderen Begründungen wie Freude am           Jägern als ausschließliche Motivation für
Das moralische Gesetz entsprang nicht        Naturerlebnis, Genuss der Ruhe im Wald,      ihr Tun die Lust am Töten und die Tro-
der Vernunft eines Einzelnen, sondern es     sportliche Betätigung, spannende Erleb-      phäensucht unterstellen. Damit werden
entstand spontan als Resultat ungezählter    nisse oder Überlisten des Wildes sind        die Jäger wohl auch weiterhin leben müs-
Kooperationen in der Gesellschaft (KA-       auch ohne Tötung eines Tieres erlebbar.      sen. Aber eine Jägerschaft, die die oben
NITSCHEIDER, 2008).                                                                       angeführten Ziele mit akzeptierten Jagd-
Dem Mensch bleibt natürlich die fak-         Die „Wahrung der Biodiversität“ ist ohne     methoden verfolgt, hat eine solide Basis
tische Möglichkeit, über die Notwen-         Zweifel eine zentrale Aufgabe der Jäger-     für kommende Herausforderungen.“
digkeit zu entscheiden, einem Tier zu        schaft. Es liegt aber auch an den anderen
schaden (der Tod ist wahrscheinlich der      Naturnutzern, allen voran den land- und
größtmögliche Schaden, der einem Lebe-       forstwirtschaftlichen Grundbesitzern und     Bleihaltige oder
wesen zugefügt werden kann). Dies rein       deren wirtschaftlichen Zielen, welche Be-    bleifreie Munition
aus Jagdlust an zum bloßen Zweck des         stände von welchen Tierarten Akzeptanz       verwenden?
Abschießens herangezogenem Wild zu           vorfinden und auf welchem Niveau der
tun, steht in krassem Widerspruch zur        Interessenausgleich stattfinden kann. Um     Bei der Diskussion um bleihaltige bzw.
aktuellen Tierschutzphilosophie und ist      zu einem ethisch vertretbaren Ausgleich      bleifreie Munition muss grundsätzlich
auch keinem vernünftigen Menschen ver-       in der Kulturlandschaft zu kommen, ist       zwischen Schrotpatronen und Büchsen-
mittelbar. Der Denkansatz eines Vertre-      daher auch die Verantwortung der Grund-      patronen unterschieden werden.
ters des evolutionären Humanismus dazu       besitzer im Rahmen der Sozialpflichtig-
lautet: „Füge nichtmenschlichen Lebewe-      keit des Eigentums von entscheidender        Während für Büchsenpatronen diesbe-
sen nur so viel Leid zu, wie dies für den    Bedeutung. Die Erhaltung der Wildtiere       züglich derzeit (Stand: Okt. 2012) noch
Erhalt deiner Existenz unbedingt erfor-      in der Kulturlandschaft kann durch Jagd      keine rechtlichen Bestimmungen gelten,
derlich ist (SCHMIDT-SALOMON, 2006)!“        und Hege alleine nicht gewährleistet wer-    wurde hinsichtlich der Schrotmunition
                                             den.                                         bereits durch die „Verordnung des Bun-
Aber es gibt neben der Gewinnung von                                                      desministers für Land- und Forstwirt-
Wildbret als Legitimation für die Jagd       Im Gegensatz zu Grundeigentümern und         schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
durchaus noch andere vernünftige Grün-       anderen Naturnutzern hat die Jägerschaft     über die Verwendung von Bleischrot-
de, warum (weidgerechte, nachhaltige)        in vielen wildökologisch wichtigen Be-       munition bei der Jagd auf Wasservögel
Jagd ausgeübt werden soll und darf.          reichen wenig Einfluss, beispielsweise       (BGBl. II Nr. 331/2011)“ bereits eine ge-
Für die Zukunft der Jagd in Mitteleuropa     bei der Erstellung von Wander-, Rad- und     setzliche Regelung getroffen, die seit 1.
bedarf es eines dem Wissensstand des 21.     Reitwegenetzen, der Erschließung durch       Juli 2012 in Kraft ist. Demnach ist die Ver-
Jahrhunderts angepassten jagdethischen       Forststraßen, der Ausweisung/Nichtaus-       wendung von Bleischrotmunition bei der
Gerüstes, in dessen Rahmen auch die          weisung von Wildruhezonen usw. Ein           Jagd auf Wasservögel verboten. Das Ziel
Kriterien einer ethisch legitimierten Jagd   jagdliches Selbstverständnis, das auf        dieser Verordnung ist die Reduktion des
behandelt werden.                            einem glaubwürdigen und ethisch schlüs-      Eintrages von Blei in die Umwelt durch
                                             sigen Fundament basiert, wird es aber        ein Verbot von Bleischrotmunition bei der
Für eine ethisch legitimierbare und zeit-    der Jägerschaft erleichtern, sich auch bei   Jagd auf Wasservögel.
gemäße Ausrichtung der Jagd sollen fol-      diesen Fragen verstärkt einzubringen und
gende Ziele gelten:                          Akzeptanz zu finden.                         Mittlerweile sind auch Fischer – vor allem
n	Erhaltung   selbst reproduzierender       Die Umsetzung eines ständig weiterzu-        in den USA – mit der Problematik des
   Wildtierpopulationen in freier Wild-      entwickelnden ethischen Selbstverständ-      Bleieintrages in die Umwelt konfrontiert.
   bahn und deren nachhaltige Nutzung        nisses der Jagd trägt zur nachhaltigen Ak-   Die Verwendung von Blei im Angelsport
n	Wahrung der Biodiversität (Lebens-        zeptanz der Jagd in der Gesellschaft bei.    – z.B. um Köder zum Sinken zu bringen
   räume, Arten, Gene) und Beitrag zum       Um den gesellschaftlichen Wert der Jagd      – ist dort bereits verpönt.

18    OÖ JÄGER      MÄRZ 2013
Wildbret als Legitimation für die Jagd –
                                                                                                                          bleifrei inbegriffen

Bleihaltige und bleifreie                        Man kann zwar argumentieren, dass die         um die Schusswunde und um Splitter,
BüchsengeschoSSe: Lebens-                        neue Grenzwertsetzung („margin of ex-         die in der Muskulatur bis zur Zerlegung
mittelhygiene und -sicherheit                    posure“) sich eher „Vielverzehrer“ und        verblieben. Während der Lagerung des
Blei bzw. Bleilegierungen werden seit            besonders empfindlichen Personen ori-         Wildbrets, aber auch bei der Zuberei-
Jahrhunderten in der Jagd verwendet. Es          entiert und damit der gelegentliche Ver-      tung (Rotweinbeize) geht Kupfer aus Ge-
ist gut zu Geschoßen zu verarbeiten und          zehr gesundheitlich kaum ins Gewicht          schoßsplittern zwar in Lösung, aber nur
wegen seiner hohen Dichte, Verformbar-           fallen wird. Weiters, dass bei normaler       in unmittelbarer Umgebung des Splitters.
keit und der daraus resultierenden Ener-         Ernährung auch andere Lebensmittel Blei       Bei den in dieser Studie untersuchten
gieabgabe im Tierkörper hinsichtlich der         enthalten. Aber wenn der Blei-Eintrag in      Stücken war es ausreichend, den Schuss-
gewünschten Tötungswirkung nahezu                die Umwelt verringert werden soll, kann       wundenrand bzw. die Umgebung von
optimal. Bei den üblichen Teilmantelge-          auch von der Jagd verlangt werden, einen      Splittern ca. 10mm weit auszuschneiden.
schoßen erfolgt noch im Tierkörper eine          Beitrag - im Rahmen der Möglichkeiten -       Im Gegensatz zu Blei ist Kupfer ein le-
mehr oder weniger ausgeprägte Splitter-          zu leisten.                                   bensnotwendiges Element und Vergif-
abgabe.                                          In zahlreichen Staaten gibt es schon Be-      tungen beim Menschen sind äußerst
Da Blei ein giftiges Schwermetall ist, das       schränkungen der Verwendung von Blei-         selten. Nach den Ergebnissen dieser Stu-
sich im Körper von Menschen und Tie-             schroten (in Österreich seit 1. Juli 2012,    die wurde abgeschätzt, dass über den
ren anreichert, bestehen seit Jahrzehnten        s.o.), und auch bei Büchsengeschoßen          Verzehr einer Mahlzeit aus Fleisch von
Bestrebungen, Blei-Emissionen in die             werden entsprechende Diskussionen ge-         mit Kupfergeschoßen erlegtem Wild der
                                                              führt.                           tägliche Kupferbedarf nicht überschrit-
                                                              Im Handel sind schon eine        ten wird. Geschoße mit geringer Split-
                                                              Reihe von „bleifreien“ Büch-     terneigung sind dabei aus lebensmittel-
                                                              senpatronen erhältlich. Im       hygienischer Sicht vorteilhafter. Für eine
                                                              Prinzip handelt es sich dabei    umfassende Bewertung sind aber noch
                                                              um Teilmantelkonstruktionen      weitere Untersuchungen nötig, die auch
                                                              mit Zinn- statt Bleikern, oder   andere Metalle (Zinn) bzw. Legierungen
                                                              um Vollgeschoße aus Kup-         (Messing, Tombak) einschließen müssen.
                                                             ferlegierungen. Bei der Be-       Wer für sich in Anspruch nehmen will,
                                                             wertung solcher Geschoße          weidgerecht zu jagen und dabei auch
                                                             sind die Tötungswirkung,          hochwertiges Wildbret zu gewinnen,
                                                             Umweltschutzfragen,        Wir-   kommt um eine Beschäftigung mit der
                                                             kungen auf den Gewehrlauf         Thematik „bleifreie Munition“ jedenfalls
                                                             (Ablagerungen) und die Si-        in Zukunft sicher nicht umhin.
                                                             cherheit im Jagdbetrieb (Gel-
                                                             ler) und schließlich Fragen       Fazit
                                                             der Lebensmittelsicherheit zu     Die Gewinnung von Wildbret ist nach
                                                             berücksichtigen. Aus letzterer    Ansicht des Verfassers in Zukunft nicht
                                                             Sicht ergeben sich dabei drei     die einzige Legitimation für die Jagd, sie
                                                             Fragestellungen: (1) wird die     ist – neben obgenannten Gründen (SEL-
                                                             Umgebung des Schusskanals         TENHAMMER et. al., 2011) wohl aber
                                                             mit Metallabrieb belastet; (2)    die wichtigste. Motivationen für die Jagd
Es muss nicht immer Hirschschinken oder                      Verbleiben Splitter in tieferen   mag es zusätzlich verschiedene geben,
Rehwurst zur Jause sein – auch Wildpasteten      Geweben und reagieren diese mit der           wie etwa das Sammeln kapitaler oder
schmecken fantastisch und stellen eine weitere
Möglichkeit zur Veredelung von Wildbret dar.     Muskulatur; und schließlich: (3) beste-       exotischer Trophäen, wirtschaftliche Ge-
                                                 hen in der Folge gesundheitliche Beden-       winne, Freude an der Jagd usw. Sie sind
                                                 ken?                                          aber bei intellektueller Redlichkeit einem
Umwelt (z.B. unverbleiter Kraftstoff; Aus-       In einer neueren Studie (Peter Paulsen,       gebildeten Menschen, einem dem Tier-
wuchtgewichte) und auch Bleigehalte in           Iris Irschik, Friedrich Bauer, Veterinär-     schutz und den Tierrechten gegenüber
der Nahrung zu verringern. Die Diskus-           med. Universität Wien; Manfred Sager,         aufgeschlossenen Humanisten, so gut
sion um Bleirückstände im Wild wurde             AGES Wien) wurden diese Fragen bei            wie nicht vernünftig begründbar.
schon in den 1980ern geführt, aber bei           zwei verschiedenen Vollkupfergescho-
dem sehr niedrigen durchschnittlichen            ßen mit bekannter guter Tötungswirkung
Wildbretverzehr und den damals ange-             untersucht. Bei dem Geschoßtyp mit ge-        Literaturliste beim Verfasser erhältlich.
nommenen Grenzwerten bestand kein                ringer Splitterneigung (Barnes TSX, 34        Zum Autor:
akuter Handlungsbedarf. Mit dem Nach-            Stück Schalenwild) ergaben sich um die        wHR Prof. Dr. Rudolf WINKELMAYER,
weis der Vergiftung von Beutegreifern            Schusswunde keine signifikanten oder          Dipl.ECVPH. ist Amtstierarzt auf der Be-
(über bleihaltige Aufbrüche), aber auch          für die Praxis bedeutenden Erhöhungen         zirkshauptmannschaft 2460 Bruck a.d.L.,
Federwild einerseits, und einer neuen Be-        der Kupferkonzentration, bei einem Ge-        prakt. Tierarzt und Jäger.
rechnung für tolerierbare Bleigehalte in         schoßtyp mit Splitterbildung (Styriaarms      E-Mail: Rudolf.Winkelmayer@noel.gv.at
Lebensmitteln wurde die Diskussion aber          Aero, 12 Tiere) ergaben sich z.T. signi-      Quelle: „Jagd und Jäger in Kritik“,
wieder angefacht.                                fikant höhere Kupferkonzentrationen           Tagung des NP Hohe Tauern 2012

                                                                                                        MÄRZ 2013         OÖ JÄGER      19
Sie können auch lesen