Zündstoff - Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute - Theater Junge Generation

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Zündstoff.
                                         Theaterpädagogisches Material
                                 zum Aufhorchen, Anpacken, Abschweifen

                                      Was das Nashorn sah,
                                      als es auf die andere
                                      Seite des Zauns schaute
                                      von Jens Raschke
                                      Puppentheater Kleine Bühne     10 +

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                              kinder- und jugendtheater dresden
Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute          theatre for children and young audiences
Auf die Plätze – Zündstoff – los!

     Ein Theaterbesuch – egal ob im Klassenverbund, als Familie oder mit
     Freund*innen: Wir möchten Sie und Euch mit diesem Material dazu einladen,
     sich aufhorchend einen ersten Impuls zur Inszenierung zu holen, sich anpackend
     in direkte thematische Auseinandersetzungen zu stürzen oder sich abschweifend
     zu theoretischen Exkursen verführen zu lassen.

       Aufhorchen                                     Anpacken       Abschweifen

     Wir wünschen Ihnen und Euch eine gute Lektüre, erfrischende Gespräche und
     einen anregenden Theaterbesuch.

     Das Team der tjg.-Theaterakademie

     #tjgtheaterakademie

Theaterpädagogisches Begleitmaterial
Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute
Zur Inszenierung
Das Vergangene ist nicht tot; es ist nicht einmal vergangen. Wir trennen es von uns ab
und stellen uns fremd. Christa Wolf

Was sehen wir, wenn wir auf die andere Seite des Zauns schauen? Und was tun wir,
wenn wir dort unmenschliche Taten (mit an-)sehen? Wie gehen wir mit dem schein-
bar unüberwindbaren Zaun um, der uns zu Zuschauenden macht?

Diese Fragen verhandelt der Autor Jens Raschke in seinem Theatertext „Was das
Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute“. Im Zoo am Zaun des
Konzentrationslagers Buchenwald, der von 1938 bis 1945 existierte, versammelt
er Tiere mit menschlichen Eigenschaften, die von den „Gestiefelten“ gut versorgt
und behandelt werden. Im Gegenzug sind sie bereit, Kunststückchen für die Besu-
cher*innen machen, bei den Vorgängen jenseits des elektrischen Zauns wegzusehen,
keine Fragen zu stellen oder im Winterschlaf alles zu vergessen. Nur der neu ein-
getroffene Bär fühlt sich unwohl und kann den Blick nicht abwenden. Er ist abwei-
send gegenüber den Schaulustigen am Zaun, stellt unbequeme Fragen nach dem
unerträglichen Gestank in der Luft, dem Fehlen der Vögel in der Umgebung und dem
verstorbenen Nashorn. Und er geht der Wahrheit auf den Grund, greift ein.

Eine besondere Brücke zu den Zuschauer*innen ab 10 Jahren entsteht durch die
„jungen“ Tierfiguren: das junge Murmeltiermädchen, das in diesem Zoo geboren ist
und keinen anderen Lebensraum kennt, und den Bären, der gerade erst in Sibirien
gefangen genommen wurde und nun voller Heimweh, getrennt von Mutter und
Schwester im Zoo von Buchenwald eingesperrt, parieren soll. Durch den Wechsel
von Figurendialogen und distanziertem Erzählen entsteht Raum für eigene Bilder der
historischen Ereignisse im Kopf und für Gedanken zur Übertragbarkeit ins Heute.

Mit diesem Einstieg in die Auseinandersetzung mit den nationalsozialistischen
Verbrechen und der überzeitlichen Beschäftigung mit Zivilcourage und Widerstand
möchten wir die Schüler*innen nach dem Theaterbesuch nicht allein lassen. Deshalb
gehört ein unmittelbar nach der Vorstellung stattfindendes Zuschauer*innen-Ge-
spräch zum Konzept der Inszenierung. Dieses Gespräch gibt Raum, individuelle
Wahrnehmungen zu äußern und zu besprechen, sich außerdem inhaltlich und formal
mit der Inszenierung und den darin thematisierten Komplexen wie „Hinschauen und
Wegschauen“, „Erinnern und Vergessen“, „Fragen stellen und Antworten suchen“ zu
beschäftigen. Anfragen für Nachgespräche mit Aktion Zivilcourage e.V. Pirna und
unserer Theaterpädagogin Nicole Dietz stellen Sie bitte an nicole.dietz@tjg-dresden.de.

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Fragen für danach

         Welche Momente aus der Inszenierung sind Dir besonders in Erinnerung?

         Welche Tiere begegnen Dir in der Inszenierung und wie würdest Du sie mit
         einem Wort beschreiben?

         Was erfährt man über die „Gestiefelten“ und die „Gestreiften“?

         Welche verschiedenen Orte hast Du auf der Bühne gesehen? Was benutzen die
         Spieler*innen, um diese Orte darzustellen?

         Welche Geräusche hast Du auf der Bühne gehört? Was verbindest Du mit
         diesen Geräuschen?

         Die Spieler*innen wechseln immer wieder zwischen Erzähler*innen und Tieren
         hin und her. Wie machen sie diesen Wechsel deutlich?

         Wer hat das Sagen im Zoo?

         Was meint Papa Pavian, wenn er sagt: „Die Gestreiften sind gar nichts.“?

         Was sehen die Tiere auf der anderen Seite des Zauns?

         Wer sind die „Zebras“?

         Woran denkt der Bär, wenn er in den Sternenhimmel schaut?

         Wenn Du jetzt nach Hause gehst, was erzählst Du Deinen Eltern oder
         Freund*innen über das gesehene Theatererlebnis?

         Welche Frage ist für Dich geblieben? Wen könntest Du befragen?

Theaterpädagogisches Begleitmaterial
Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute
Zoologischer Garten Buchenwald
Dramatiker Jens Raschke äußert sich über den Zoo, der historisch real am elek-
trisch geladenen Lagerzaun existiert hat und seinen Anlass, das Theaterstück „Was
das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute“, zu schreiben.

Es gab tatsächlich einen Zoo im Konzentrationslager Buchenwald. Der erste Lager-
kommandant, Karl Koch, ließ ihn im Frühjahr 1938 von den Häftlingen direkt am
elektrisch geladenen Lagerzaun errichten, mit dem erklärten Ziel, den SS-Angehö-
rigen und deren Familien „in ihrer Freizeit Zerstreuung und Unterhaltung zu bieten
und einige Tiere in ihrer Schönheit und Eigenart vorzuführen, die sie sonst in freier
Wildbahn zu beobachten und kennen zu lernen kaum Gelegenheit“ gehabt hätten.
Konzipiert wurde das Gehege inklusive Bärenburg von Fachleuten des Leipziger
Zoos, der wohl auch einen Teil der Tiere lieferte.
Über die Geschichte des „Zoologischen Gartens Buchenwald“ und seiner Bewoh-
ner ist heute wenig bekannt. Die vereinzelt existierenden Augenzeugenberichte
und privaten Fotografien geben Hinweise auf Rehe, einen Hirsch, Wildschweine,
Enten, australische Trauerschwäne, eine Pavianfamilie und bis zu vier Bären, von
denen einer ein persönliches Geschenk von Reichsmarschall Hermann Göring
an die Buchenwald-SS gewesen sein soll. In der Anfangszeit habe es sogar ein
Nashorn gegeben, schreibt der langjährige Häftling und Lagerchronist Egon Kogon
in seinem Standardwerk „Der SS-Staat“, der, wie die meisten Häftlinge, den Zoo
nicht betreten durfte. Ausnahmen waren lediglich die zur Pflege und Fütterung
abgestellten Gefangenen, sowie jene, die in der Anfangszeit des Lagers die Gestor-
benen und Getöteten in die provisorische Leichenbaracke in der Nähe des Ge-
heges transportieren mussten: „Ein Idyll vom friedlichen Leben“, so beschreibt der
Leichenträger Karl Barthel in seinem Buch „Die Welt ohne Erbarmen“ den Kontrast
vom Diesseits und Jenseits des Lagerzauns. „Die Tiere haben es tatsächlich sehr
schön in Buchenwald! Aber zwei Minuten davon leben Menschen, nicht weil sie
wollen, sondern müssen. Zu Hunderten sterben sie dahin an Kollaps, Bauchtyphus,
Ruhr, Unterernährung usw. Sie werden gehetzt, geschlagen, gemordet.“

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Im Archiv der Gedenkstätte Buchenwald zeigte man mir das einzige existierende,
    handgeschriebene und -gezeichnete Exemplar des Bilderbuchs „Eine Bärenjagd“
    im KZ Buchenwald. Tragikomisches Idyll, in welchem der Häftling Kurt Dittmar
    1946 die Geschichte des Bären „Betti“ festgehalten hat.Betti wurde nach einem
    Fluchtversuch vom sadistischen Schutzhaftlagerführer Arthur Rödl gestellt, er-
    schossen und sodann der feierfreudigen Lager-SS als Braten serviert.

    In zahlreichen Berichten überlebender KZ-Häftlinge, etwa in Jorge Sempruns
    „Schreiben oder Leben“, wird erwähnt, dass es schon bald nach der Errichtung des
    Lagerkrematoriums im Jahre 1940, gleich gegenüber dem Zoo, keine Vögel mehr
    im Wald gegeben habe. Einige der Zoobewohner sollen am grässlichen Dauerge-
    stank binnen kurzer Zeit eingegangen sein, behauptete Hans Berke ein Jahr nach
    der Befreiung in seinen Lagermemoiren „Buchenwald. Eine Erinnerung an Mörder.“
    Über das Ende des Zoos ist nichts bekannt. In den zahllosen, teilweise sehr detail-
    lierten Schilderungen der Befreiung des Lagers am 10. April 1945 durch die ame-
    rikanische Armee wird er nicht erwähnt. Es ist wahrscheinlich, dass die Tiere den
    vorangegangenen Bombenangriffen der Alliierten zum Opfer gefallen sind oder im
    Zuge dieser Attacken ausgelagert wurden.

    1994 wurden Teile des verschütteten und überwachsenen Zoos freigelegt und sind
    heute wieder zugänglich.

    Es ist belegt, dass der Zoo am Lagerzaun nicht nur bei den SS-Angehörigen und
    ihren Familien (so gibt es mehrere Familienfotos von Karl Koch und seinem in
    Buchenwald geborenen Sohn Artwin beim Zoobesuch), sondern auch den Zivilisten
    aus dem acht Kilometer entfernten Weimar beliebt war. Dieser Umstand war für
    mich der eigentliche Auslöser, dieses Theaterstück zu schreiben. Es ist kein Stück
    über das Konzentrationslager Buchenwald – darüber lässt sich wohlmöglich gar
    kein Stück schreiben –, sondern ein Stück über die Frage: Bär oder Pavian?
    von Jens Raschke

    In Raschke, Jens: Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute. THEATER-
     STÜCKVERLAG, Korn-Wimmer, München. 2013
     (Begleittexte in der Verlagsfassung vom Theaterstück)

Theaterpädagogisches Begleitmaterial
Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute
Holocaust-Erinnerung mit „Zweitzeugen“ –
Wie Geschichte weiterlebt
von Elin Hinrichsen

Bald wird es keine Überlebenden mehr geben, die als Zeitzeugen über den Ho-
locaust berichten könnten.Deshalb bildet ein Verein „Zweitzeugen“ aus – junge
Menschen, die eine Lebensgeschichte adoptieren und so zum Sprachrohr der
Geschichte werden.

Ein buntes Durcheinander im Lehrerzimmer in Duisburg. Es ist Projektwoche, also
viel Arbeit. Das Kollegium hat sich Unterstützung von außen geholt: Meggie, 28
und Vanessa, Anfang 30. Beide arbeiten für den Verein „Zweitzeugen e.V. – Hei-
matsucher heute“. „Deutschland nach 1945“ ist das Thema der Projektwoche. Das
passt genau zur Arbeit des Vereins. Die Zweitzeugen erzählen deutschlandweit
Viertklässlern und älteren Schülern Geschichten von Zeitzeugen, von Überleben-
den der Verfolgung und Vernichtung im nationalsozialistischen Deutschland.

Meggie soll heute die Geschichte der Jüdin Frieda Kliger erzählen. Frieda lebt noch,
sie ist 99 Jahre alt und seit kurz nach dem zweiten Weltkrieg in Israel zuhause.
Viele der Zeitzeugen können – selbst wenn sie wollten – nicht mehr öffentlich über
das sprechen, was sie erlebt haben. Sie sind zu alt oder bereits verstorben. Men-
schen wie Meggie machen sich zu ihrem Sprachrohr und erzählen die Geschichten
der Alten weiter. Sie sind Zeugen der Zeitzeugen, sagen sie, und nennen sich und
alle, die die Geschichten hören „Zweitzeugen“.

Meggie versucht es also heute in einer 10. Klasse an der „Gesamtschule am
Globus“, einer Schule in einem mutlikulturellen, sozial heterogenen Stadtteil in
Duisburg. Sie will den Schülerinnen und Schülern die Lebensgeschichte von Frieda
Kliger aus zweiter Hand so nahebringen, wie es normalerweise nur in der direkten
Begegnung gelingt. Meggie ist aufgeregt. Sie verbindet ihren Laptop mit dem Be-
amer, ganz kurz flimmert Frieda Kligers Porträtfoto an der Wand: Frieda an ihrem
Küchentisch in Israel. Sie guckt mürrisch und an der Kamera vorbei auf den Boden.
Ihre Körperhaltung wirkt abwehrend. Sie trägt einen kurzärmeligen Pullover und
hat die Hände auf den Tisch gelegt. Ihre Häftlingsnummer aus dem KZ ist klar zu
sehen, auf ihrem Unterarm: 48427. Das Foto ist Teil einer Wanderausstellung von

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Porträts Überlebender – eine Ausstellung, die Auslöser dafür war, dass Meggie
     und Vanessa jetzt vor den Jugendlichen in der Schule stehen.

    Auch von Frieda, um deren Geschichte es gleich geht, ist eine Postkarte dabei. „Ich
    wollte sterben“, steht darauf, auf Englisch, „aber als er schrie, ‚lauf!‘ da rannte ich.
    Ich habe mich nicht umgebracht. Der Instinkt zu leben war immer noch größer
    als zu sterben. Es war vorbestimmt, dass ich überlebe.“ Das Zitat ist deshalb auf
    Englisch geschrieben, weil Frieda nie wieder Deutsch sprechen oder hören wollte.
    Sie kauft bis heute keine deutschen Glühbirnen, obwohl die länger halten als isra-
    elische. Frieda tauscht die Birnen lieber immer wieder aus, erzählt Vanessa später.
    Sie kennt die Lebensläufe der 37 Zeitzeugen in- und auswendig, die der Verein bis-
    lang interviewt hat. Frieda Kligers Leben: 1921 in Polen geboren; bei Gründung des
    Warschauer Ghettos 1940 Zwangsumzug dorthin, da war sie 19 Jahre alt; dann
    Deportation ins KZ Majdanek, dann Auschwitz, Ravensbrück, Bergen-Belsen.

    Meggie hat jetzt das Anleiten der Schülerinnen und Schüler übernommen. Bevor
    sie in das Leben von Frieda eintauchen, sprechen sie über ihr eigenes. So können
    sie vergleichen. Sie sitzen im Stuhlkreis, die Studentin mittendrin. Gerade haben
    sie noch erarbeitet, wie ein ganz normaler Tag im Leben der Jugendlichen aus-
    sieht. Milch und Ei oder Köfte und Fladenbrot zum Frühstück oder Pfannkuchen
    mit Speck – die Jugendlichen haben Wurzeln in verschiedenen Ländern. Dann zur
    Schule gehen. Dann Hausaufgaben am Nachmittag, Sport treiben und sich mit
    Freunden treffen.

    Auf ihrem Schoß hat Meggie einen dicken Stapel laminierter Karteikarten liegen:
    die Anti-Jüdischen Gesetze in Deutschland ab 1933. Erst, so liest sie vor, dürfen
    Jüdinnen und Juden nicht mehr als Arzt, Jurist oder Lehrer arbeiten. Dann dürfen
    jüdische Kinder nicht mehr auf die allgemeinbildenden Schulen gehen. Später
    gibt es sich steigernde Einkaufsverbote: Juden dürfen keine Schokolade, keinen
    Kuchen, keine Milch, keine Eier und am Ende gar nichts mehr kaufen. Stirnrunzeln
    und Unverständnis bei den Schülerinnen und Schülern. Was sollte das alles? Mit
    jedem Gesetz wischt Vanessa an der Tafel eine Sache mehr aus, die für die Jugend-
    lichen heute zum normalen Tagesablauf dazu gehört.

Theaterpädagogisches Begleitmaterial
Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute
„Also. Ihr könnt größtenteils nicht mehr das frühstücken, was Ihr gefrühstückt
habt, sondern nur noch Brot und Käse.“ So weckt man Jugendliche auf – Vanessa
weiß genau, wo diese Übung hinführen soll. Nachfühlen, wie das ist, wenn das
eigene Leben mehr und mehr reglementiert und reduziert wird. „Ich denke schon,
dass wir sehr, sehr viele Kinder erreichen, die es sonst nicht erreichen würde. Vor
allem durch diesen sehr niedrigschwelligen, emotionalen und sehr persönlichen
Zugang ist es wesentlich einfacher für alle, zu diesem Thema zu finden, weil es
ansonsten so abstrakt und weit weg ist.“
Meggie projiziert das Foto von Frieda an die Wand. Sie holt tief Luft und fängt an zu
erzählen. „Frieda Kliger ist am 14.03.1921 in Warschau geboren, als viertes von vier
Kindern, also sie war die jüngste, sie hat zwei Schwestern und einen Bruder und
als sie ganz klein ist, geht ihr Vater für zwei Jahre nach Argentinien.“

Es ist still in der Klasse, alle hören aufmerksam zu. Meggie hat einen Zeitstrahl auf
den Boden gelegt, einen dicken weißen Bindfaden. Neben ihr auf dem Stuhl liegen
zwei Stapel Karteikarten, handbeschrieben. Die grünen mit den Stichworten und
Jahreszahlen legt sie – wann immer sie ein neues nennt – auf die rechte Seite des
Bindfadens; die gelben mit den Zitaten auf die linke.

Eine glückliche Kindheit und sehr gute Schulnoten. Frieda möchte aufs Gymnasi-
um gehen, erzählt Meggie, dafür braucht sie ein Stipendium. „Das klappt“, ver-
spricht ihr die Lehrerin. „Die Lehrerin wurde aber dann krank und kam nicht wieder,
stattdessen kam eine neue Lehrerin, die war sehr streng. Und Frieda erzählt: ‚Sie
nahm das Klassenbuch, um unsere Noten zu studieren. Ich hatte ein ‚sehr gut‘
in allen Fächern und sie sagte: ‚Was, ein ‚sehr gut‘ in Sprache für eine Jüdin?‘ Sie
sagte, dass Juden kein ‚sehr gut‘ haben können.“

Die NS-Zeit ist da, die Schikane beginnt. Frieda bekommt kein Stipendium, geht
nicht aufs Gymnasium, sondern sie macht eine Lehre als Näherin. 1940 wird das
Warschauer Ghetto gegründet und alle jüdischen Einwohner der Stadt, also auch
Frieda und ihre Familie, müssen in diesen Bezirk ziehen. Viel zu wenig Raum für
sehr viele Menschen. Weil sie jung und gesund ist, bekommt Frieda eine Arbeitser-
laubnis für außerhalb des Ghettos und flickt in einer Nähfabrik die Kleidung deut-
scher Soldaten. Sie bekommt für einige Zeit einen kleinen Lohn, erzählt Meggie.
Damit geht es ihr besser als den meisten anderen im Ghetto. „Und sie sagt: ‚Mit
meinem ersten Gehalt kaufte ich Milch und Brot und ging zu meiner Schwester.

                                                                 kinder- und jugendtheater dresden
                                                           theatre for children and young audiences
Ich legte meinem Neffen das ganze Essen auf den Tisch. Mein Neffe hatte immer
     Hunger und er konnte gar nicht glauben, dass das ganze Essen für ihn war.“

    Meggie wird mit jedem Satz sicherer und die Jugendlichen hängen ihr an den
    Lippen. Mit Frieda können sie sich identifizieren, mit dieser benachteiligten,
    unmenschlich behandelten jungen Frau. Ausgrenzung kennen die Jugendlichen
    aus ihrem eigenen Leben. Und dann steht wieder das Porträt an der Wand von der
    mürrischen Frieda, eine Nummer auf dem Arm.

    Frieda liebt Kinder. Mit ihrer ersten großen Liebe konnte sie keine Familie gründen.
    Sie hat ihren Freund im KZ Majdanek zum letzten Mal gesehen. Da war sie 22.
    Er wurde dort ermordet, sie wird etwas später nach Auschwitz deportiert. Nach
    Kriegsende kommt sie in ein Camp für Menschen ohne Bleibe und lernt Romek
    kennen. Frieda und Romek waren das erste jüdische Paar, das nach dem Krieg
    heiratet. Die beiden finden eine neue Heimat in Israel und bekommen zwei Kinder,
    später vier Enkelkinder. Jeden Tag sprechen sie über ihre Erlebnisse in Auschwitz.

    Auschwitz. In der Schule in Duisburg ist dieser Überlebensabschnitt der Zeitzeugin
    gerade Thema. Frieda ist ganz allein, erzählt Meggie, die Zweitzeugin. Frieda hat
    ihre Neffen und ihre ganze Familie verloren. Sie ist zweimal aus der Gaskammer
    entkommen. Sie ist nach Auschwitz deportiert worden. Dort beschließt sie, sich
    umzubringen. Tod durch Erschießen. Sie rennt auf den Zaun des KZs zu, erzählt
    Meggie.

    „Auf einmal schrie ein Wachoffizier ‚Lauf weg, Mädchen, oder ich muss ich Dich
    erschießen!‘ Das ist wirklich bemerkenswert. Ich wollte sterben, aber als er schrie
    ‚lauf weg‘, da bin ich weggelaufen. Ich habe mich nicht umgebracht. Der Instinkt zu
    überleben war noch stärker als mein Wunsch, zu sterben.“
    Ein Junge meldet sich und ruft: „Das war doch das von der Karte.“ Er hat das Zitat
    von Frieda am Anfang des Workshops auf der Postkarte gefunden und sich genau
    diese Überlebensgeschichte ausgesucht.

    Meggie zeigt ein Foto von Frieda inmitten von Freunden und Verwandten, es wurde
    bei einer Theateraufführung ihrer Enkelin aufgenommen. Die alte Dame lacht und
    fühlt sich offenbar wohl. Sie und ihr Mann, so erzählt Meggie, haben 1947 ange-

Theaterpädagogisches Begleitmaterial
Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute
fangen, sich in Israel ein neues Leben aufzubauen. Das war nicht einfach, aber sie
haben sich zuhause gefühlt.

Meggie legt eine letzte gelbe Karteikarte an den Zeitstrahl auf dem Fußboden, an
den Bindfaden: Israel steht darauf. Friedas Geschichte ist zuende.

Die Klasse ist mucksmäuschenstill. Und dann gucken sie noch einen Film zusam-
men: Wie verschiedene Zeitzeugen, Männer und Frauen in hohem Alter, Briefe
überreicht bekommen. Dutzende Briefe von Schülerinnen und Schülern. Auch
die 10c soll jetzt an Frieda schreiben. Vanessa und Meggie teilen eigens hierfür
farbiges Papier aus. Jetzt wird es unruhig.

„Was sollen wir denn schreiben?“ „Liebe Frieda Kliger... und dann?“ Manche
schreiben sofort los, andere zaudern noch. Wer schreibt heute schon noch Briefe?
Und wie geht das überhaupt? „Überlegt mal, worüber sie sich freuen würde“, rät
Meggie. Sie geht mit Vanessa herum, beide schauen den Schülerinnen und Schü-
lern über die Schulter. Sie werden in diesem Moment von Zuhörern zu handelnden
Personen. Sie bringen ihre Gedanken und Gefühle zu Papier.

Ein Mädchen schreibt: „Ich habe schon Krieg erlebt, also ich kann viel schreiben.“
Ein anderes sagt: „Dass die eine starke Frau ist, dass sie ihre Geschichte weiterer-
zählen soll, weil für uns, die neue Generation, wir sollen davon halt Vieles erfah-
ren.“ Ein Junge notiert: „Ich finde es auch so schlimm, weil wenn ich meine Familie
verlieren würde oder getrennt wäre, dann wäre ich auch voll traurig.“ Und sein
Nachbar findet Friedas Geschichte: „Voll krass und so, unglaublich, was mit der
passiert ist und dass sie immer noch lebt und davon erzählt hat.“

„Ihr seid jetzt Zweitzeugen von Frieda“, das gibt Meggie den Jugendlichen am Ende
mit auf den Weg. „Erzählt ihre Geschichte weiter.“ Vor ein paar Stunden konnten
die Schülerinnen und Schüler mit diesem Begriff – Zweitzeugen – noch nichts
anfangen. Jetzt füllt er sich mit Inhalt. Und mit Leben.

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In: https://www.deutschlandfunkkultur.de/holocaust-erinnerung-mit-zweitzeugen-wie-geschich-
     te.1076.de.html?dram:article_id=482772 (zuletzt aufgerufen am 21. Okt 2021, 13:47 Uhr)

    ZWEITZEUGEN e.V. existiert seit 2014 und ist ein gemeinnütziger Verein, der (junge) Menschen anhand
    einfühlsam weitererzählter Holocaust-Überlebensgeschichten die Wesentlichkeit von Akzeptanz lehrt.
    Die Mitarbeiter*innen ermutigen, selbst Zweitzeug*innen zu werden, sich gegen Rassismus wie Antise-
    mitismus stark zu machen und gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.

Theaterpädagogisches Begleitmaterial
Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute
Direkt nach dem Vorstellungsbesuch:

Platz für einen ersten Gedanken:

Was geht Dir durch den Kopf?
Hier hast Du Platz für einen ersten Gedanken,
                                                            ankenwolk
ein Wort, einen Satz, eine Farbe oder vielleicht     G ed            e
sogar eine Zeichnung.

                                       Was könnte das Nashorn gesehen haben, als
                                        es auf die andere Seite des Zauns schaute?
                      nwolke
                  anke                  Wenn es Dir hilft, beginne Deinen Satz mit:
            e   d
                                             Vielleicht hat das Nashorn… gesehen.
        G

                                                                  kinder- und jugendtheater dresden
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Erinnern und vergessen
        Übung für Klein- und Großgruppen

    Art 		                   Nachbereitung
    Dauer 		                 30 Minuten
    Anforderungen            Blätter, Stifte, einen leeren Raum
    Ziel 		                  Auseinandersetzung mit dem Thema Erinnerung und Verdrän
    			                      gung, Transfer ins Heute

    Das Murmeltiermädchen wurde, im Gegensatz zu dem Bären, im Zoo geboren. Es
    kennt nichts Anderes. Vor dem Winterschlaf nimmt es sich fest vor, das Nashorn
    nicht zu vergessen. Am Ende der Inszenierung sagt es das Gleiche über den Bären:
    „Ich werde dich nie im Leben vergessen. Das schwöre ich.“

    Erinnert Ihr Euch noch daran, was Murmeltiermädchens erster Gedanke ist, als es
    aus dem Winterschlaf erwacht?

    Tauscht Euch in Partner*innenarbeit darüber aus, was Euch von der Inszenierung
    besonders im Gedächtnis geblieben ist – das können auch mehrere Erinnerungen
    sein – und schreibt diese dann einzeln jeweils auf ein Blatt Papier.

    Wenn Ihr fertig seid, nehmt Eure Erinnerungsblätter in die Hand und verteilt Euch
    so im Raum, dass Ihr in der Mitte ein großes leeres Spielfeld habt. Beginnt nun
    nacheinander, die Erinnerungsblätter in dieses Spielfeld zu legen und verteilt sie
    so, dass der ganze Raum ausgelegt ist. Immer wenn Ihr ein Blatt hinlegt, sprecht
    Ihr Eure Erinnerung laut aus. Vielleicht gibt es ähnliche Erinnerungen? Versucht die
    Blätter zu ordnen, indem Ihr z.B. ähnliche Erinnerungen zueinander legt.

    Mit der Zeit wird der Erinnerungsraum immer größer. Macht weiter, bis alle Zettel
    verteilt und alle Erinnerungen laut ausgesprochen sind.

    Stellt Euch nun gemeinsam die Frage, welche Erinnerungen Ihr für besonders
    wichtig haltet und was genau Ihr nicht vergessen wollt. Was hat Euch vielleicht

Theaterpädagogisches Begleitmaterial
Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute
besonders berührt, irritiert, nachdenklich oder traurig gemacht? Sucht diese Erin-
nerungen aus und stellt Euch direkt neben dieses Blatt. Erklärt nun den Anderen
Eure Erinnerung und warum sie für Euch die Wichtigste ist.

Abschließend kommt Ihr wieder zusammen. Sprecht darüber, warum es wichtig
sein könnte, das Gesehene nicht zu vergessen, bzw. Eure Erinnerungen aufzu-
schreiben und weiterzugeben.

Haben sich eure Erinnerungen oder Beschreibungen vielleicht verändert?

                                                               kinder- und jugendtheater dresden
                                                         theatre for children and young audiences
Wegschauen und Hinschauen
        Übung für Großgruppen

    Art 		                   Nachbereitung
    Dauer 		                 30 Minuten
    Anforderungen            Stifte, Post Its (Notizklebezettel)
    Ziel 		                  die Haltungen der Tierfiguren hinterfragen

    Erinnert Euch noch einmal an die Tiere im Zoo: Da sind Papa Pavian, das Murmel-
    tiermädchen, Herr Mufflon. Außer dem Bären wohnen alle Tiere schon lange im
    Zoo. Das Murmeltiermädchen ist dort geboren und kennt nichts Anderes. Sie alle
    gehen unterschiedlich mit den Gegebenheiten im Zoo um – vor allem damit, was
    auf der anderen Seite des Zaunes geschieht.

    Was glaubt Ihr, wie es den Tieren in diesem Zoo geht? Wie verhalten sie sich? Wie
    ist die Atmosphäre, in der sie leben? Welches Tier schaut eher hin, welches schaut
    weg, welches versucht zu vergessen?

    Teilt Euch in vier Gruppen auf und sprecht zunächst über das Verhalten der Tiere.
    Stellt Euch dann vor, Ihr hättet die Gelegenheit mit einem der Tiere zu sprechen.
    Teilt die vier Tiere unter den Gruppen auf, so dass jede Gruppe ein Tier hat: Was
    würdet Ihr dem ausgewählten Tier gern sagen oder es fragen wollen? Wie hätte es
    sich Eurer Meinung nach verhalten sollen?

    Sammelt auf Post-Its oder Notizzetteln alle Eure Fragen und Themen, die Ihr mit
    dem Tier besprechen wollt.

Theaterpädagogisches Begleitmaterial
Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute
Präsentiert dann Eure Fragen den anderen. Bestimmt dafür eine „Tier“-Gruppe,
die beginnt. Die anderen sind Zuschauer*innen. Die erste „Tier“-Gruppe betritt
gemeinsam die Bühne und stellt sich mit dem Rücken zum Publikum. Nun sprecht
laut aus, was Ihr dem Tier gerne sagen oder es fragen würdet. Dafür dreht sich
immer die Person zum Publikum um, die spricht.
Beginnt Eure Sätze mit:
Sag mal, … was ...
Sag mal, … warum …
Ihr könnt Eure Sätze auch mehrfach oder in unterschiedlichen Lautstärken und
Geschwindigkeiten sprechen.

Welche Fragen oder Themen waren für die Zuschauer*innen besonders einpräg-
sam? Worüber würden auch sie gern mit dem Tier sprechen wollen?
Kommt nach der Präsentation aller Gruppen noch einmal zusammen. Was ist Euch
aufgefallen? Gibt es etwas, das Euch besonders beschäftigt hat und worüber Ihr
gerne vertiefender sprechen möchtet? Welche Wirkung hatte das Sprechen mit
und ohne Blickkontakt auf der Bühne für Euch und wie verbindet Ihr es mit dem
Überthema „Hinschauen und Wegschauen“?

Fallen Euch vielleicht auch Situationen in Eurem Leben oder in der Wirklichkeit ein,
in denen es wichtig ist hinzuschauen oder den Mut aufzubringen, etwas anzuspre-
chen. Welche sind das?

                                                                kinder- und jugendtheater dresden
                                                          theatre for children and young audiences
Nachfragen und Handeln
        Übung für Klein- und Großgruppen

    Art 		              Nachbereitung
    Dauer		 20 Minuten
    Anforderungen Postkarte zur Inszenierung, Stifte, evtl. Briefmarke
    Ziel 		             Annäherung an die eigene Auseinandersetzung mit den Themen
    			                 Holocaust bzw. Schoah und Nationalsozialismus, Reflexion über
     		                 die eigenen Fragen

    In der Inszenierung stellt der Bär den anderen Tieren im Zoo unbequeme Fragen,
     auf die er nur teilweise Antworten erhält. Er fragt, woran das Nashorn gestorben
     sein könnte, warum keine Vögel mehr in Buchenwald zu hören sind und warum der
     Rauch aus dem Schornstein so sehr stinkt. Was denkt Ihr, warum es den anderen
     Tieren so schwerfällt, sich diesen Fragen zu stellen? Hättet Ihr auf einige seiner
     Fragen antworten können?

    Welche Fragen hättet Ihr an der Stelle des Bären gestellt? Oder welche Fragen
    habt Ihr noch immer zu dem Geschehen in der Inszenierung, welche Fragen habt
    Ihr darüber hinaus? Fällt euch jemand ein, den* /die* Ihr fragen würdet?
    Nehmt die Postkarte aus der Mitte des Heftes und einen Stift zur Hand. Notiert all
    Eure Fragen auf dieser Postkarte. Wenn es Euch hilft, beginnt jede Frage mit „Ich
    frage mich…?“. Vielleicht gibt es auch nur eine einzige Frage, die Ihr stellen möch-
    tet. Überlegt Euch, wem Ihr diese Frage/n stellen würdet und adressiert sie an
    diese Person. Schickt die Postkarte ab und bittet um eine (schriftliche) Antwort.
    Wenn es einfacher für Euch ist, direkt mit jemanden zu sprechen, könnt Ihr die Per-
    son auch tatsächlich fragen, oder Ihr schreibt die Postkarte an Euch selbst. Notiert
    Euch in diesem Fall, wann Ihr sie wieder lesen möchtet und überlegt Euch einen
    Ort, wo Ihr sie bis dahin verstauen könnt. Vielleicht könnt Ihr Eure eigenen Fragen
    in ein paar Monaten oder Jahren selbst beantworten?

Theaterpädagogisches Begleitmaterial
Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute
Wenn Ihr die Postkarte abgeschickt habt, tauscht Euch nach einiger Zeit aus: habt
ihr Antworten auf Eure Fragen bekommen? Wenn alle aus Eurer Gruppe/Klasse/
Familie damit einverstanden sind, könnt Ihr Euch auch über unterschiedliche Ant-
worten, die Ihr gesammelt habt, austauschen. War es für die Personen schwer auf
Eure Fragen zu antworten? Wie waren Eure Erfahrungen?

In der Inszenierung war der Bär am Ende der einzige, der nicht nur Fragen gestellt,
sondern auch gehandelt hat, um etwas gegen die Unmenschlichkeiten auf der
anderen Seite des Zauns zu tun.

Was hätten die anderen Tiere im Zoo tun können? Wie hätten sich die Kinder oder
auch die Erwachsenen, die in der Inszenierung „vorkommen“, Deiner Meinung nach
verhalten können?

                                                               kinder- und jugendtheater dresden
                                                         theatre for children and young audiences
Nationalismus, Minderheiten und (Des-)Integration
    von Christian Schröder

    Mit seiner Polemik „Desintegriert Euch!“ ruft Max Czollek Minderheiten dazu auf,
    sich der Anpassung zu verweigern. Ein Gespräch über den neuen Nationalismus.

    Herr Czollek, „Integration“ gehört derzeit zu den meistbenutzten Vokabeln in
    politischen Debatten. Ihnen kommt das Wort zu den Ohren raus. Wieso?
    „Integration“ ist ein Begriff, der von jeder demokratischen Partei in Deutschland
    verwendet wird. Es steht in allen Wahlprogrammen, kaum ein Gespräch über
    Migrant*innen kommt ohne das I-Wort aus. Es gibt ein Integrations-Paradigma,
    in dessen Rahmen man sich Zugehörigkeit zu Deutschland vorstellt. Ich finde das
    hochproblematisch.

    Warum?
    In den Diskussionen und Ereignissen der letzten Zeit ist eine Radikalisierung des
    Integrationsdenkens zu beobachten. Das Wort selbst beruht auf der Vorstellung,
    dass die verschiedenen Minderheiten sich in die Mitte zu bewegen haben. Und in
    der Mitte ist etwas, was unsichtbar bleibt, nicht näher beschrieben werden muss.
    Diese Dominanzposition nenne ich deutsch. Deutsch bezeichnet diesen Ort, der
    bestimmt, wo Integration hinführen soll, wer integriert ist und wer nicht. Das
    Gerede von deutscher Leitkultur oder jüdisch-christlichem Abendland zielt letztlich
    auf die Bestimmung von Zugehörigkeit. Mit „Desintegriert Euch!“ schlage ich eine
    Strategie vor, sich dieser Bestimmung zu verweigern. Es gibt kein dominantes
    Zentrum, das die ganze Gesellschaft anleitet, sondern ganz viele Zentren und Orte,
    an denen entsteht, was deutsche Gegenwart, deutsche Kultur ist.

    Was stört Sie am Bild von kultureller Einheitlichkeit?
    Harmoniedenken spielt eine große Rolle in Deutschland. Subkulturen, die neben-
    einander existieren, kann man sich nur als Parallelgesellschaften vorstellen. Nicht
    als etwas, das auf Dauer funktionieren könnte. Das ist eine spezifisch deutsche
    Denktradition, eine deutsche Angst. In anderen Ländern denkt man anders über
    Vielfalt. Das Motto von Kanada lautet: Unity in Diversity. Einheit in der Vielfalt. In
    der Leitkulturdebatte hingegen wird verteidigt, was Konservative als „das Deut-
    sche“ apostrophieren. Dabei blenden sie aus, dass Homogenität historisch niemals
    die Realität war.
Theaterpädagogisches Begleitmaterial
Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute
Nicht einmal nach 1933?
Da gab es das Ideal der Volksgemeinschaft, einer ethnisch und politisch gereinigten
Gesellschaft, die auf eine andere Art dann in den fünfziger Jahren in Westdeutsch-
land weitgehend realisiert war. Dabei ist die Wiedereingliederung alter Nazis
vielleicht die größte Integrationsleistung der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Da sind wir heute natürlich drüber hinaus, aber das ist der Zustand, zu dem die
AfD scheinbar zurückmöchte. Wir erleben derzeit eine Rückkehr völkischen und
rassistischen Denkens, und von der linken Gegenseite kommen konzeptionell kaum
Angebote.

Wie könnte ein Angebot aussehen?
Es müsste mit der richtigen Problemanalyse beginnen. Für mich kann sie nicht
lauten, dass AfD-Wähler und Pegida-Anhänger frustrierte, ausgeschlossene, sozu-
sagen verlorene Deutsche seien, die man zurückgewinnen muss. Aber das scheint
die herrschende Strategie zu sein. Stattdessen sollten wir lieber der Frage nach-
gehen, welche Vorstellungen von Zugehörigkeit das neue völkisch- rechte Denken
möglich gemacht haben. Und auch in den politischen Programmen Konsequenzen
daraus ziehen, dass ein Viertel dieser Gesellschaft laut Statistischem Bundesamt
einen sogenannten Migrationshintergrund hat. Zählt man religiöse, sexuelle, kul-
turelle Minderheiten dazu, spricht einiges dafür, andere Modelle für das zu finden,
was wir als Zugehörigkeit zu Deutschland definieren.

Warum spielen solche Überlegungen kaum eine Rolle in der Debatte?
Möglicherweise liegt das an der Trägheit politischer Gedanken. Man denkt gerne in
den gewohnten Zugehörigkeitskonzepten weiter, selbst wenn die Realität bereits
anderswo angekommen ist. Ich denke, es ist an der Zeit, auch mit den Konzepten
hinterherzukommen. Die MeTwo-Debatte hat gezeigt, dass Menschen, die in der
dritten Generation in Deutschland leben, nur weil sie dunkle Haare haben, Moham-
med oder Ayse heißen, immer noch auf ihre Integrationsleistung befragt werden.
In der Konsequenz haben sie nicht den Eindruck, als politische Subjekte zur Teilha-
be an diesem Land aufgefordert zu werden. Dabei sprechen wir von einem Viertel
der Gesellschaft, die Hälfte davon besitzt den deutschen Pass, eine riesige Wähler-
gruppe also, die systematisch ausgeschlossen wird. Stattdessen wird das Achtel,
das die AfD wählt, umworben. Man hat den Eindruck, dass alle Parteien ihre
Angeln in den rechten Teich auswerfen, als wäre es die völlig überfischte Nordsee.

                                                               kinder- und jugendtheater dresden
                                                         theatre for children and young audiences
Juden, die ihren Glauben abgelegt hatten, wurden im Nationalsozialismus trotz-
    dem ermordet. Hat Ihre Skepsis gegenüber der Assimilierung durch Integration
    mit dieser historischen Lektion zu tun?
    Man sollte von jüdischer Seite nicht den Fehler machen zu glauben, nicht gemeint
    zu sein, nur weil die Aus- und Abgrenzung sich gerade vor allem auf Muslim*innen
    konzentriert. Überhaupt, viele Freund*innen von mir, die jetzt als Muslim*innen
    ausgegrenzt werden, sind gar keine. Und auch die Nazis haben viele Menschen zu
    Juden und Jüdinnen gemacht, die sich selber gar nicht mehr als Juden und Jü-
    dinnen sahen. Daraus folgt doch, dass die Frage, wie du dich selber wahrnimmst,
    gar nicht entscheidend ist für die Art und Weise, in der du politisch positioniert
    wirst in der Gesellschaft.

    Die Deutschen träumen von einem unverkrampften, „normalen“ Verhältnis zu
    Juden. Ist das Illusion oder Zumutung?
    Beides. Ich verstehe schon, warum sich die andere Seite Normalisierung und Ent-
    lastung wünscht, Richard von Weizsäcker sprach von „Erlösung durch Erinnerung“.
    Aber von jüdischer Seite gibt es dieses Begehren nicht. Die Idee der deutsch-jü-
    dischen Symbiose hat sich mit dem Nationalsozialismus erledigt, die wird es nicht
    mehr geben. Ich möchte darauf beharren, dass es nicht wieder gut wird. Aber das
    ist vielleicht gar nicht so schlimm, wie es klingt, denn dieser unheilbare Bruch ist
    doch auch eine Aufforderung, Deutschland als Gesellschaft mit unterschiedlichen
    Perspektiven und Konflikten zu denken. In diesem Sinne garantiert die jüdische
    Perspektive das Ende traditioneller Harmonie- und Homogenitätsvorstellungen in
    diesem Land.

    Die Fußball-WM 2006 gilt heute als Sommermärchen. Sie sehen einen „schwarz-
    rot-goldenen Exzess“. Warum so missmutig?
    Vor 2006 war in meinem Umfeld klar: Ein Produkt, auf dem eine deutsche Fahne
    prangt, wird nicht gekauft. Bei Wettbewerben sangen deutsche Sportler*innen
    die Hymne nicht mit. Das war kein Problem, sondern eine Lehre, die man aus der
    Geschichte gezogen hat. Und ich fand das gut so. 2006 war plötzlich alles anders,
    die Sehnsucht nach nationalen Symbolen, nach Nationalstolz brach förmlich aus
    den Leuten heraus. Es zeigte sich ein Kollektiv derjenigen, die sich gerierten, als
    wären sie vorher dazu gezwungen worden, ihre Nationalgefühle zu unterdrücken.
    2006 war diese Haltung fast unwidersprochen, die Menschen empfanden das wie
    eine Befreiung, eine Wiedervereinigung 2.0. Zehn Jahre später haben wir die AfD
    im Bundestag. Diese beiden Dinge hängen für mich zusammen.
Theaterpädagogisches Begleitmaterial
Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute
Sie übertreiben. Schwarz-Rot-Gold, das sind die Farben der deutschen Demokra-
tie, der gescheiterten Revolution von 1848.
Das kann man vielleicht so herleiten, aber de facto ist das nicht, was auf der Straße
passiert. Da hängt niemand die Fahne raus und sagt „1848“. Probieren Sie es
gerne einmal aus! Kaum einer von denen, die jetzt die Fahne schwenken, könnte
erklären, was 1848 passiert ist. Die Frage ist doch, was man erreichen möchte mit
einem Diskurs der Nationalliebe, die bis ins Lager der Grünen reicht, zur Sommer-
reise von Robert Habeck und Annalena Baerbock unter der Devise „Des Glückes
Unterpfand“. Woher der Optimismus, dass das diesmal gut geht? Inzwischen sind
zwar die alten Nazis fast alle tot, aber wir leben in einer postnationalsozialistischen
Gesellschaft. Mehr als jeden zweiten Tag findet ein Übergriff auf eine Flüchtlings-
unterkunft statt. Eine neovölkische Partei sitzt im Parlament und hat immer weiter
Zulauf. Das ist alles noch nicht so lange her in diesem Land.

Halten Sie die AfD für antisemitisch?
Das Problem ist doch, dass in Deutschland die Leute immer KZ hören, wenn man
Antisemitismus sagt. Bei anderen Formen von Diskriminierung ist das differen-
zierter. Wer Sexismus sagt, muss nicht Vergewaltigung meinen, Belästigung
gehört auch dazu. Auch Antisemitismus hat in den meisten Fällen nicht Schoah
bedeutet, sondern Ghetto, Ausschluss, Entrechtung und Marginalisierung. In
diesem Sinne finden sich antisemitische Tendenzen in der AfD. Aber mich interes-
siert diese Partei vor allem als Auslöser, als Trigger für das, was jetzt in den großen
Parteien und der Gesellschaft passiert. Denn aus Umfragen wissen wir ja, dass ein
Fünftel der Gesellschaft stabil antisemitische Einstellungen hat. Die Frage lautet:
Was ist mit den anderen 80 Prozent, warum gelingt es ihnen nicht, sich stabil
abzugrenzen?

Ihre Parole lautet: „Wir werden diese Gesellschaft nicht aufgeben“. Wie wollen
Sie kämpfen?
Nach der Bundestagswahl gab es bei meinen Freunden und mir zwei Impulse:
Wir suchen uns ein Exil – oder wir fangen jetzt an, uns zu wehren. „Desintegriert
Euch!“ ist der Versuch, sich zu wehren.

                                                                  kinder- und jugendtheater dresden
                                                            theatre for children and young audiences
Was heißt das konkret?
    Wir müssen aus den Orten, die Laboratorien für neue gesellschaftliche Zusam-
    menhänge sind, hinausgehen in die Gesellschaft. Wir müssen mehr intervenieren.
    Dabei funktioniert etwa das Berliner Gorki-Theater als eine Art Durchlauferhitzer
    für politische Innovationsmodelle. Viel mehr, als das in Universitäten oder im Feuil-
    leton der Fall ist.

    Sind Sie optimistisch, dass Deutschland eine offene Gesellschaft bleibt?
    Ich bin extrem irritiert von vielen politische Entwicklungen der letzten Monate.
    Nicht auf der Seite der AfD, da weiß ich, dass es nicht meine Freunde sind. Son-
    dern auf der anderen Seite, bei den Leuten, die ich für Verbündete halten möchte.
    In der Linken gibt es viel Ignoranz, viel Unwissen und Nicht-wissen- Mögen über
    die Zuschreibungen, die Migrant*nnen, Muslim*innen und Juden und Jüdinnen
    gleichermaßen erleben. Mein Lieblingsschriftsteller Umberto Eco hat einmal vom
    tragischen Optimismus gesprochen, der weiß, dass es schlecht aussieht, und es
    trotzdem versucht. Damit möchte ich es halten. Da geht noch was.

    In Schröder, Christian im Gespräch mit Czollek, Max: Max Czollek über Nationalismus und Minderheiten
     „Der rechte Teich wird überfischt“ unter: https://www.tagesspiegel.de/kultur/max-czollek-ueber-nati-
     onalismus-und-minderheiten-der-rechte-teich-wird-ueberfischt/23099400.html (22.09.2018, 16:35
     Uhr, zuletzt aufgerufen am 26. Okt 2021, 20:35 Uhr Das Interview wurde mit einer anderen Überschrift
     versehen.)

    Max Czollek (*1987) ist Publizist, Lyriker und Autor der 2018 erschienen Streitschrift
    „Desintegriert Euch!“ sowie u.a. des Buches „Gegenwartsbewältigung“ (2020). 2016
    promovierte er am Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin und initiier-
    te zusammen mit Sasha Marianna Salzmann einen „Desintegrationskongress“ zu
    zeitgenössischen jüdischen Positionen am Maxim Gorki Theater, 2017 die „Radikalen
    Jüdischen Kulturtage“.

Theaterpädagogisches Begleitmaterial
Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute
Überlegungen zu einer Erstbegegnung mit dem
Thema Holocaust im Grundschul- und Unterstufen-
unterricht
Das Thema Holocaust ist in deutschen wie auch in israelischen Curricula noch
immer im letzten Drittel der Schulzeit angesiedelt. Mit einiger Berechtigung gehen
die Lehrplanautoren davon aus, dass die entsprechenden Lerninhalte hohe psycho-
logische Belastungen für die Lernenden verursachen und kognitiv wie emotional
erst ab dem 15./16. Lebensjahr bewältigt werden können. Zugleich scheint sich der
Ansatz durchzusetzen, sich dem Holocaust über den Seiteneinstieg durch andere
Fächer bereits in der Grundschule bzw. in der Unterstufe (vor allem im Sachkun-
deunterricht oder im Deutschunterricht durch die Behandlung entsprechender
Texte) anzunähern. Relevant ist folgender Umstand, der es unverzichtbar erschei-
nen lässt, das Thema Holocaust bereits an jüngere Lernende zu vermitteln: Kinder
wachsen nicht innerhalb eines entwicklungspsychologisch abgesteckten Idealrah-
mens auf, sondern auch in einem medial vermittelten Raum, in dem durch die un-
terschiedlichsten Kanäle und Genres korrekte Informationen und Wissen ebenso
zugänglich sind wie manipulative Geschichtskonstruktionen, Halbwahrheiten und
Stereotype. Auf dieser Ebene findet die Konfrontation mit dem Holocaust in der
Regel im Abseits jedes gesteuerten und pädagogisch betreuten Lernprozesses
statt. Zugleich machen die Codes und Bilder des Holocaust einen festen Bestand-
teil des kulturellen Gedächtnisses aus, den die deutsche (ebenso wie die israe-
lische) Gesellschaft als Bezugsrahmen entwickelt hat, wobei dieser Bezugsrahmen
sowohl gesellschaftlich integrative als auch ausschließende Funktion einnehmen
kann.

Ich möchte vorschlagen, auf der Grundlage dieses Verständnisses, das Holocau-
stunterricht in der Unterstufe ausdrücklich nicht als reines Geschichtelernen de-
klariert, weiterzudenken. Hier scheint es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass in
Deutschland (oder generell in nicht-jüdischem Lernumfeld) bereits der Ausgangs-
punkt einer Narration eines jüdischen Zeitzeugen eine denkbar problematische
Überlappung beider Komplexe (Holocaust und Judentum) hervorrufen kann. Für
nichtjüdische Personen erscheint es erforderlich, Judentum bzw. Jüdisches Leben

                                                              kinder- und jugendtheater dresden
                                                        theatre for children and young audiences
im Vorfeld in den Blick zu nehmen, um zu vermeiden, dass Judentum und Ho-
     locaust als untrennbar miteinander verzahnte Lerngegenstände wahrgenommen
     werden. Im Idealfall geschähe dies weniger durch eine rein glossarische Begriffs-
     klärung, sondern vielmehr durch eine Begegnung mit jüdischem Leben heute.

    Eine frühe Erstbegegnung mit dem Thema Holocaust kann auf mehreren Ebenen
    ansetzen: mit dem Aufbau einer empathischen Lernhaltung, möglichst anhand
    biographischer Narrationen eines Individuums. Außerdem Selbstschutz, Histo-
    rizität und Handlungskompetenz als Ziele immanent-historischen Lernens mit
    Zugang zum Thema Holocaust, durch den induktiv Grundbegriffe, Konzepte und
    Abläufe der Geschichte des Holocaust vermittelt werden.

    Daraus entsteht als drittes Lernziel der Versuch, die Vergangenheit mit der Gegen-
    wart in Verbindung zu setzen und die Schüler für ihre je eigene Handlungskompetenz
    zu sensibilisieren, ohne historisch unglückliche Parallelisierungen vorzunehmen.
    Eine von Empathie getragene Auseinandersetzung mit der Vergangenheit kann den
    Lernenden dabei helfen, Geschichte in ihrer Relevanz für heute statt als Komplex
    historisch determinierter Entladung von Gewaltausübung und Erleiden von Gewalt
    vielmehr als das Ergebnis menschlicher Interaktionsweisen zu verstehen. Und drit-
    tens eine erste Auseinandersetzung mit historiographischen Grundlagen:
    Narrationstexte, die aus der Perspektive eines Überlebenden in der 1. Person er-
    zählt werden, bieten die Chance, gemeinsam mit den Schülern auf altersgerechte
    Weise Grundfragen der Historiographie zu reflektieren. Sie können sich fragen,
    warum die Ich-Figur ihre Geschichte so und nicht anders erzählt, und beginnen zu
    verstehen, wie Erinnerungstexte konstruiert werden.

    In Mkayton, Noa: Holocaustunterricht mit Kindern – Überlegungen zu einer frühen Erstbegegnung mit
     dem Thema Holocaust im Grundschul- und Unterstufenunterricht, in: Medaon – Magazin für jüdisches
     Leben in Forschung und Bildung, 5. Jg., 2011, Nr. 9, S. 1-9.
    (Der Text ist ohne Kennzeichnung in sich gekürzt und die Überschrift verändert. Unter: https://www.
     yadvashem.org/de/education/about-school/learning-materials-by-age.html (zuletzt aufgerufen am 21.
     Okt 2021, 13:34 Uhr)

Theaterpädagogisches Begleitmaterial
Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute
Links
Nachfragen und Handeln

Unsere Partner*innen von Aktion Zivilcourage Pirna e.V. haben auf Ihrer Seite
Angebote für KiTa, Hort und Grundschule zu den Themen Demokratieförderung
und Courage.
https://www.aktion-zivilcourage.de/angebote/kinder

Das Netzwerk Demokratie und Courage spezialisiert sich auf demokratiefördernde
Bildungs- und Beratungsarbeit und verfügt bundesweit über ein vielfältiges Ange-
bot verschiedener Projekttage, Fortbildungen und Beratungsangebote für unter-
schiedliche Zielgruppen ab 10 Jahren:
https://www.netzwerk-courage.de/index.html

Die Seite HanisauLand, in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische
Bildung, ist eine Seite, die Wissen über politische Themen an junge Menschen ver-
mittelt. HanisauLand möchte neugierig machen auf Politik und politische Zusam-
menhänge erklären:
https://www.hanisauland.de/

Erinnern

Wie erzählt man Kindern vom Holocaust? Ist ein Bericht der Zeitzeugin Batsheva
Dagan auf der Seite der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg - Vor-
pommern. Batsheva Dagan erzählte von ihrer Zeit im KZ.
https://politik-mv.de/2020/04/15/wie-erzaehlt-man-kindern-vom-holocaust/

Kann man den Nationalsozialismus und den Holocaust schon in der Grundschule
behandeln?
Das Feature „Die Geschichte des Holocaust ist Kindern zumutbar“ von Dorothea
Marcus widmet sich diesem Thema und seiner Umsetzung in der Grundschule
oder jungen Lerngruppen der Sekundarstufe:
https://www.schulministerium.nrw/feature-die-geschichte-des-ho-
locaust-ist-kindern-zumutbar

                                                             kinder- und jugendtheater dresden
                                                       theatre for children and young audiences
Erinnerungskultur: Sozialpsychologe Andreas Zick beschreibt im Interview mit
    Deutschlandfunk Kultur: „Wir brauchen eine neue Erinnerungskultur!“ Unter:
    https://www.deutschlandfunkkultur.de/sozialpsycholo-
    ge-andreas-zick-wir-brauchen-eine-neue.1008.de.html?dram:article_id=461107

    Erinnern, wenn die Überlebenden nicht mehr da sind: Schüler werden zu Bot-
    schaftern, Computer helfen beim Verstehen - seit Jahrzehnten wird versucht, die
    Erzählungen der Schoah-Überlebenden haltbar zu machen. So baut die von Steven
    Spielberg gegründete Shoah Foundation seit 1994 ein Archiv mit Videoaufnahmen
    von Zeitzeugen-Interviews auf und das Illinois Holocaust Museum & Education
    Center fängt die Erzählenden mit aufwendiger Technik ein, um sie als 3D-Holo-
    gramme auch in Zukunft von ihrem Schicksal erzählen lassen zu können.
    https://www.fr.de/politik/erinnern-ohne-zeitzeugen-13500410.html, 27. Jan
    2020, 09:48 Uhr (zuletzt aufgerufen am 25. Okt 2021, 22:23 Uhr)

    Digitale zeitlose Zeitzeugen sind virtuell anwesend, als lebensgroße 3D-Projektion:
    Die lebendigen Erzählungen eines echten Menschen kann das digitale Zeugnis
    natürlich nicht ersetzen. Einmal aufgenommen, ändern sich die Aussagen des
    Zeitzeugen nicht mehr. Auf aktuelle Entwicklungen kann er oder sie nicht mehr
    eingehen. Das „kommunikative Gedächtnis“, das durch den direkten Austausch mit
    Zeitzeugen entsteht, das gehe verloren, sagt die Kulturwissenschaftlerin Aleida
    Assmann. Das „kulturelle Gedächtnis“ bleibe aber durch die authentischen Orte,
    Bilder, Geschichten, Filme und Theaterstücke erhalten. Assmann ist überzeugt:
    Auch ohne Zeitzeugen „endet jetzt nicht alles, der Holocaust wird nicht Geschich-
    te, sondern er bleibt noch Erinnerung.“ Um sich an etwas zu erinnern, brauche der
    Mensch aber einen emotionalen Bezug, sagt die Kulturwissenschaftlerin. Ideen
    wie die digitalen Zeugnisse sieht sie positiv. Sie bieten ihrer Ansicht nach die Chan-
    ce für einen „zeitlosen Zeitzeugen“.
    Mehr unter: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/holocaust-geden-
    ken-117.html, 27.01.2021 04:39 Uhr (zuletzt aufgerufen am 22. Okt 2021, 18:04 Uhr)

    Harald Welzer schreibt über Erinnerungskultur und Zukunftsgedächtnis unter:
    https://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/geschichte-und-erinne-
    rung/39868/zukunftsgedaechtnis, 21. Jun 2010 (Zuletzt aufgerufen am 20. Okt
    2021, 18:21 Uhr)

Theaterpädagogisches Begleitmaterial
Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute
Gedenkstätte Buchenwald unter:
https://www.buchenwald.de;

Online-Ausstellung „Jugend im KZ Buchenwald und Mittelbau-Dora“ unter:
https://www.buchenwald.de/47/date/2021/08/22/jugend-im-kz-buchenwald-
und-mittelbau-dora/

Vermittlung / Unterricht

Das Thema Nationalsozialismus, bzw. Shoah wird in der Schule erst ab den Klas-
senstufen 7 durchgenommen, für eine vertiefende Auseinandersetzung mit dem
Thema Holocaust mit Kindern ist die Seite von Yad Vashem, und deren Interna-
tionalen Schule für Holocaust-Studien (ISHS) empfehlenswert. Hier kann man
unterschiedliche und eigens entwickelte Unterrichtsmaterialien für den Einsatz in
Grund- als auch weiterführenden Schulen sowie außerschulischen Einrichtungen
herunterladen:
https://www.yadvashem.org/de/education/educational-materials.html

Vermittlungsformen von Schoah und Genozid heute:
https://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/geschichte-und-erinne-
rung/39843/holocaust-erziehung

                                                              kinder- und jugendtheater dresden
                                                        theatre for children and young audiences
Impressum
     tjg. theater junge generation
     Kraftwerk Mitte
     Ehrlichstraße 4
     01067 Dresden

    T 0351. 3 20 42 777
    service@tjg-dresden.de

     tig-dresden.de

     Spielzeit 2021 2022
     Intendantin Felicitas Loewe
     Redaktion Nicole Dietz, Ulrike Carl

     Anfragen
     Nicole Dietz
     Theaterpädagogin
     T 0351. 3 20 42 502
     nicole.dietz@tjg-dresden.de

     Das Fotografieren sowie Film- und Tonaufnahmen während der Vorstellung sind
     nicht gestattet.

    Digitale Kontakte
     facebook.com/tjg.theaterjungegeneration
      tjg_dresden
      tjg.theater junge generation Dresden

    #tjgdresden

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Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute   theatre for children and young audiences
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