Zürich/Chur - München - Anschluss der Ostschweiz an das HGV-Netz - Railblog
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Zürich/Chur – München Anschluss der Ostschweiz an das HGV-Netz Überlegungen und Vorschläge zu einer entscheidenden Attraktivitäts- steigerung der Bahnverbindungen Zürich – München und Chur – München Elektrische „Gumminasen“ der Dänischen Staatsbahnen November 2012 Paul Stopper, Dipl. Bauing. ETHZ / Verkehrsplaner, Falmenstrasse 25 8610 Uster
2 1 Ausgangslage und Veranlassung Zürich und die Ostschweiz sind auf der Schiene mit dem süddeutschen Raum verglichen mit anderen internationalen Verbindungen schlecht erreichbar. Zürich – München weist pro Tag lediglich vier Zugs-Verbindungen auf und die Fahrt dauert relativ lang. Völlig ungenügend ist die Bahnverbindung Graubünden – München: Ebenfalls nur vier EC-Verbindungen, Umsteigen und wenig attraktive Umsteigeverhältnnisse im Bahnhof St. Margrethen und teils eher älteres Rollma- terial zwischen Chur und St. Margrethen (REX St. Gallen – St. Margrethen – Chur) kennzeichnen diese Verbindung. Die Bahn wird vom Reisepublikum trotz des sehr grosse n Potenzials als Ver- kehrsmittel, zumindes als Zufahrtsmittel nach Graubünden, zu wenig resp. überhaupt nicht wahrgenommen. Die Verkehrsträger Strasse und Luftverkehr wurden demgegenüber in den letzten 60 Jahren – seit dem zweiten Weltkrieg – ausserordentlich stark ausgebaut. Die Autobahn vom Bodensee nach München ist bald fertig und streckenweise vierspu- rig angelegt. Die Car-Konkurrenz ist seit Jahren erfolgreich, u.a. auch als Zubringer vom süddeutschen Raum nach Chur zum „Glacier -Express“, etc.. Neu- erdings wird sogar eine direkte, aggressive Car-Konkurrenz Zürich – Konstanz – München aufgebaut. Gegenwärtiger Fahrplan Zürich ab 07.16 09.16 13.16 18.16 *) München an 11.27 13.29 17.28 22.45 *) Fahrzeit 4 h 11 4 h 13 4 h 12 4 h 29 München ab 07.17 *) 12.33 16.33 18.33 Zürich an 11.44 *) 16.44 20.44 22.44 Fahrzeit 4 h 27 4 h 11 4 h 11 4 h 11 *) via Kempten i. Allgäu Chur ab 07.22 09.22 13.22 18.22 St. Margrethen an 08.28 10.28 14.28 19.28 St. Margrethen ab 08.42 10.42 14.42 19.42 München an 11.27 13.29 17.28 22.44 *) Fahrzeit 4 h 05 4 h 07 4h 06 4 h 23 München ab 07.17 *) 12.33 16.33 18.33 St. Margrethen an 10.18 15.18 19.18 21.18 St. Margrethen ab 10.31 15.31 19.31 **) 21.31 **) Chur an 11.38 16.38 20.43 22.43 Fahrzeit 4 h 21 4 h 05 4 h 10 4 h 10 *) via Kempten i.Allgäu **) in Sargans umsteigen
3 2 HGV-Vorlage Die eidgenössischen Räte haben im März 2005 das „Bundesgesetz über den An- schluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hoch- leistungsnetz“ 1 beschlossen. Im dazugehörigen Verpflichtungs-Kredit von 1.09 Mia 2 sind u.a folgendes Beträge enthalten in Mio Franken 3 Ausbauten St. Gallen – St. Margrethen 80 Beitrag an die Vorfinanzierung der Ausbauten Lindau – Geltendorf 75 (49 Euro) Ausbauten Sargans – St. Margrethen 70 Ausbauten St. Gallen - Konstanz 60 Es besteht also der politische Wille, die internationalen Verbindungen Zürich – München und Chur – München auszubauen und attraktiver zu gestalten. Bis heute ist bzgl. Elektrifizierung Lindau – Geltendorf trotz mehrfacher und je- weils medial grossartig aufgezogener Unterzeichnung von diversen Verträgen praktisch nichts geschehen. Es stellt sich die Frage, wie lange die Eidg enossen- schaft diesen offensichtlichen und aktiven Hintertreibungs -Aktionen der DB AG noch zusieht. Es ist die Zeit gekommen, da man ganz offen darüber diskutieren muss, ob die Strecke Zürich –München nicht besser in den Verantwortungsbereich der SBB ge- legt wird, damit die SBB die Strecke selber unterhalten und auch betreiben kann. 3 „Ostschweizer Spange“ In der Botschaft des Bundesrates vom 23. Mai 1990 an die Eidgenössischen Räte über den Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale 4 war die Ost- schweizer Spange enthaltern, die folgendermassen definiert worden ist: „Die Ostschweizer Spange umfasst die Strecke Chur – St. Margrethen – Ror- schach – Romanshorn – Kreuzlingen/Konstanz – Schaffhausen. Diese ist auf die folgenden internationalen Linien auszurichten: - Zürich – St. Gallen – München - Stuttgart – Konstanz / Kreuzlingen – Chur / St. Gallen. Je nach prognostiziertem Verkehrsaufkommen und Ergebnis der Zweckmässig- keitsprüfung drängen sich Infrastrukturausbauten auf, so insbesondere eine durchgehende Doppelspur auf der St. Galler Rheintallinie (anstelle der vorgesehe- nen Doppelspurinseln gemäss BAHN 2000), Doppelspurinseln auf der Thurgauer Seelinie und Terminals für den Güterverkehr in Rielasingen, Wolfurt sowie allfälli- gen anderen Orten. Für die internationalen Linien sucht der Bundesrat das Gespräch mit der Bundes- republik Deutschland und mit Oesterreich, um Streckenverbesserungen auf deren Gebiet zu erreichen.“ 1 Bundesgesetz über den Anschluss der Ost - und der Westschweiz an das europäische Eise nbahn- Hochleistungsnetz (HGV-Anschluss-Gesetz, HGVanG) vom 18. März 2005 2 Bundesbeschluss über den Verpflichtungskredit für die erste Phase des HGV -Anschlusses vom 8. März 2005 3 Jeweils nur Anteil Schweiz 4 Alpentransit-Beschluss, Botschaft-Nr. 90.040, Seiten 46 und 47
4 Ostschweizer Spange5 4 Komfort-Steigerung Zürich – München und Chur – München nötig Im unerbittlichen, hart umkämpften Markt um Reisende (Strasse/Flugzeug) kön- nen die Bahnen nur bestehen, wenn sie einerseits Fahrzeitreduktionen erzielen (grosse Investionen in Infrastrukturverbesserungen nötig) und andererseits den Komfort auf das von der Kundschaft gewünschte Niveau heben können. Bezogen auf die Strecken Zürich – München und Chur – München kann kurzfristig realistischerweise nur beim Komfort angesetzt werden. Mit der Neigetech nik könnte zwar etwas Fahrzeit gewonnen werden; sie ist aber sowohl in der An- schaffung als im Betrieb und Unterhalt sehr aufwändig. Umstritten ist derzeit, ob die Fahrgäste die Vorteile der Neigetechnik gegenüber dem Nachteil eines gewis- sen Unwohlseins tatsächlich zu „erkaufen„ gewillt sind. 5 Quelle: „Zu(g)kunft Graubünden“, Bahn 2000 2. Etappe / HGV-Anschluss / NEAT, im Auftrag des Amts für Raum- planung Graubünden und der Fachstelle öffentlicher Verkehr Graubünden; Arbeitsbericht Juli 2001; Verfasser: Paul Stopper, dipl. Bauing. ETHZ/Verkehrsplaner, CH-8610 Uster
5 5 Hoffnungsträger ICE-TD nach kurzem Einsatz abgestellt Während einer zu kurzen Zeit (2001 – 2003) wurden zwischen Zürich und Mün- chen die sehr komfortablen, dieselelektrischen ICE-TD-Fahrzeuge (Baureihe VT 605) der DB AG eingesetzt. ICE-TD, 2. Klass-Abteil ICE-TD, 1. Klass-Abteil Ende 2003 legte die DB alle neunzehn ICE-TD still, angeblich weil die Neigetech- nik nicht reibungslos funktionierte und sich auch noch ein Achsbruch hinzufügte. Allerdings sei festgehalten, dass auf der Strecke Zürich – München in dieser Hin- sicht nie Klagen laut wurden. Heute werden die ICE-TD im Norden von Deutschland eingesetzt. Seit Ende 2003, d.h. seit der Stilllegung der modernen, sehr beliebten Diesel- ICE-TD wird zwischen Zürich und München werden wieder lokbespannte Züge ge- führt. Die eher veralteten Reisezugwagen wurden einem Refit unterzogen und dürfen sich heute sehen lassen. In Spitzenzeiten (zB Oktoiberfest) werden aber immer noch uralte Bpm eingesetzt. Das ist untolerierbar. 6 Elektrifizierung der Strecke Lindau – Memmingen – Geltendorf Das gesamte Bahn-Netz sowohl der Deutschen Bundesbahn als auch der zahlrei- chen Nebenbahnen in Baden-Württemberg und in Bayern südlich der Linie Stuttgart – Ulm – München ist nicht elektrifiziert (Dieselloch). Einzige Ausnahme bildet Stuttgart – Singen – Schaffhausen. Die Linien werden demzufolge thermisch betrieben (Diesel). Diese Traktionsart ist bekanntlich nicht sehr ideal: Neben den Umweltauswirkungen (Abgase und Lärm) ist sie auch schwerfällig (geringes Beschleunigungsvermögen, begrenzte Zu g- kraft). Weil ein Durchfahren von Diesellokomotiven/-triebwagen bis Zürich aus schweizerischer Seite nicht tolerierbar wäre, ist in Lindau – Grenze zwischen elektrischem und thermischem Betrieb – immer ein Lokomotiv-Wechsel notwen- dig. Die gegenwärtige Spitzkehre in Lindau begünstigt allerdings diesen Wechsel.
6 Sie fällt zeitmässig nur wenig ins Gewicht (7 Minuten Wendezeit plus Ein - und Ausfahren in den Inselbahnhof von mindestens je zwei Minuten, total 11 Min uten). Neu soll in Lindau die früher einmal vorhanden gewesene Haltestelle Reutin wi e- der reaktiviert werden. Diese soll neben den Regionalbahnzügen (künftige Boden - see-S-Bahn) auch den EC-Zügen Zürich – München dienen. Dazu sollen drei, genügend lange Bahnsteige errichtet werden (frühere Hauskante und ein neuer Mittelbahnsteig). Der Inselbahnhof würde von den EC-Zügen nicht mehr bedient. Mit dem Beschluss der eidgenössischen Räte vom März 2005 (siehe Kapitel 2 „HGV-Vorlage“) sind die Voraussetzungen von schweizerischer Seite für eine ra- sche, durchgehende Elektrifizierung der Strecke Lindau – Geltendorf längst gegeben. 7 Rollmaterial-Beschaffungen Im Hinblick auf die Elektrifizierung der Strecke Lindau – Geltendorf sind Überle- gungen zum künftigen Rollmaterial für die Destinationen Zürich – München und Chur – München anzustellen (Art, Anzahl Kompositionen, Triebwagen- oder Lo- komotiv-Traktion, etc.). Die bisherigen Annahmen gingen von der Anschaffung von neuen Neigezug-Triebwagen aus (siehe auch Studie „Bodan-Rail 2020“ 6). Ob dies je der Fall sein wird, ist heute sehr ungewiss. Aufgrund der Tatsache, dass Neigezüge sowohl in der Anschaffung als auch im Betrieb und Unterhalt immer sehr teuer sein werden und in Deutschland mit sol- chen Zügen mehrheitlich negative Erfahrungen gemacht wurden, ist die Überlegung miteinzubeziehen, ob die Neige-Technik überhaupt weiter mitberück- sichtigt oder ob auf sie generell verzichtet werden soll. Fahrzeitgewinne können auch durch den Ausbau der Infrastruktur erzielt werden. Zwischen Zürich und München drängen sich neben einzelnen Kurvenstreckungen und Umgehungsstr e- cken (allenfalls Ostumfahrung von Lindau; Abkürzung der Tannheimer Kurve südlich von Memmingen) auch andere Infrastrukturverbesserungen auf. 8 Flügelungs-Technik Im Hinblick auf die Untersuchung neuer Direktverbindungen resp. die Wiederher- stellung früherer Direktdestinationen (z.B. München – Chur) und der Notwen- digkeit der Bündelung auf grösseren, gemeinsamen Streckenabschnitten wird die Flügelungs-Technik der Züge zur entscheidenden Frage. Auch ein „Stärken und Schwächen“ einzelner Kurse ist nur mit der Flügelungs-Technik möglich. Bei der Koppelung und Trennung von Zugsteilen muss die Möglichkeit für eine freizügige Zirkulation in der ganzen Komposition sowohl für das Bahnpersonal als auch für die Passagiere geschaffen werden. Nur damit kann ein wirtschaftlicher und zweckmässiger Betrieb gewährleistet werden, indem z.B. ein Speise-, ein Service-, Gepäck oder Multifunktionswagen in gekoppeltem Zustand von allen Passagieren freizügig benützt werden kann. 6 „BODAN-RAIL 2020, „Das attraktive Bahnangebot im Grossraum Bodensee für das neue Jahrhu ndert“, 1999, siehe www.bodan-rail.net
7 9 Konkrete Vorschläge 9.1 Das dänisches Modell Die Dänischen Staatsbahnen (DSB), die belgischen Staatsbahne (SNCB) und auch die DB AG setzen seit mehreren Jahren Kompositionen in grosser Zahl ein, die sich leicht Zusammenkuppeln und Trennen lassen. Die sog. „Gumminasen“ zeichnen sich dadurch aus, dass sie an der Front einen „Gummiwulst“ aufweisen. An jedem Ende der zwei-, drei oder vierteiligen Kompositionen ist ein klappbarer Führerstand eingebaut. Bei gekuppelten Kompositionen kann dieser so um- resp. ausgeklappt werden, dass die freie Zirkulation von Passagieren und des Bahn- personals im ganzen Zug problemlos möglich ist. Mit solchen Triebzug-Einheiten kann am flexibelsten auf die Nachfrage und auf neue Bedürfnisse reagiert werden. Die Höchstgeschwindigkeit der Triebzüge beträgt 180 km/h; eine Höchst -Ge- schwindigkeit, die für die Verbindung Zürich – München zweckmässig und ange- messen ist. Es bestehen keinerlei Probleme hinsichtlich Aerodynamik oder Luftwiderstand der Frontpartien in diesem Geschwindigkeitsbereich. Dreiteiliger Elektro-Triebzüge ET der Dänischen Staatsbahnen DSB mit „Gumminasen“ und u m- klappbaren Führerständen
8 Dreiteiliger Elektro-Triebzüge ET der Dänischen Staatsbahnen DSB Typenskizzen DSB-Elektro-Triebzüge
9 SNCB-„Gumminasen“ SNCB-Gumminase“ SNCB-„Gumminase“ Luxemburg, Okt. 2012 Luxemburg, Okt. 2012 SNCB-„Gumminase“: W agenübergang aus- SNCB-„Gumminase“: Wagenübergang in- sen nen
10 9.2 „Gumminasen“ für München – Zürich, München – Chur Aufgrund des bewährten Einsatzes der „Gumminasen“ sowohl in Dänemark als auch in Norddeutschland und in Belgien soll der Einsatz solcher Fahrzeuge auch auf der Linie Zürich – München und dem Seitenast Chur – München geprüft wer- den. Aus jetziger Sicht wäre es denkbar, dass die „Hauptkomposition en“ Zürich – Mün- chen als sechsteilige Triebzüge ausgebildet werden: drei 2. Klass-Wagen, einer davon als Servicewagen ausgebildet zwei 1. Klass-Wagen ein Speise-/Bistro-Wagen. Die Flügelzüge Chur – München (und allenfalls weitere Flügelkompositionen zB. nach Bludenz – Feldkirch) sind realistischerweise als Zweiwagenkompositionen auszubilden. Auf der gemeinsamen Fahrt mit den Hauptkompositionen kann der Speisewagen durch die Möglichkeit des Zirkulierens durch den ganzen Zug von den Fahrgästen problemlos aufgesucht werden. 9.3 Übergangsphase: Hybrid-Triebzüge (Zweikraft: Eletrisch und Diesel- elektrisch) Nachdem die Französische Staatsbahn SNCF seit Jahren erfolgreich Zweikraft- Triebzüge zB zwischen Genf und Grenoble einsetzt, sollte diese Möglichkeit auch für die Verbindung Zürich – München und Chur – München ins Auge gefasst wer- den. Auf den elektrifizierten Strecken wird mit Strom gefahren und auf den nichtelektrifizierten Diesel-elektrisch. Das neue Rollmaterial darf jedoch die Elekt- rifizierung Lindau – Geltendorf nicht in Frage stellen. Mit neuen, kuppelbaren Kompositionen können die gewünschten Direktverbin- dungen (z.B. München – Chur mit Trennen und Kuppeln in St. Margrethen) rasch eingeführt werden. 10 Neues Angebot: Möglichst Stundentakt Das heutige Angebot zwischen Zürich und München ist deutlich zu verdichten: Mindestens ist ein Zweistunden- oder gar ein Stundentakt einzuführen (Schweize- risches Mindest-Angebot für Fernverkehr). Für einen Zweistundentakt Zürich – München werden 7 Kompositionen benö- tigt, für einen Stundentakt 9 Kompositionen. Für die Flügelzüge Chur – München entsprechend ebenfalls 7 resp. 9 Kompositionen. Der Bedarf an „Haupt-Kompositionen“ beträgt für den Stundentakt inkl. Reserven 11, an „Neben-Kompositionen“ ebenfalls elf.
11 Beilagen: - Grafischer Fahrplan Zürich – München Zweistundentakt, August 2004/Stp - Grafischer Fahrplan Zürich – München Stundentakt, August 2004/Stp 30. Juni 2006/Stp/ ergänzt November 2012/Stp
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