Zur aktuellen wirtschaftlichen Lage der deutschen Versicherungswirtschaft
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Zur aktuellen wirtschaftlichen Lage der deutschen Versicherungswirtschaft Dr. Michael Wolgast Leiter der Abteilung Volkswirtschaft Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. Ludwig-Maximilians-Universität INRIVER Brown-Bag-Seminar München, 21. Mai 2007
2 Der GDV auf einen Blick Gegründet: 1948 Sitz: Berlin Außenstellen: Brüssel, Hamburg (IT) Mitgliedsunternehmen: 454 (Marktanteil: 97 %) Mitarbeiter: 336 gemeinsamer Verband für Lebens-, Schaden- und Unfall- und Rückversicherer München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 2
3 Volkswirtschaft im GDV (I) wirtschaftliche Lage / Geschäftsaussichten in der Versicherungswirtschaft, Statistik ökonomische Analysen zu ausgewählten Themen mit Bezug zur Versicherungswirtschaft, Beispiele: Auswirkungen demographischer Wandel / Märkte für Altersvorsorge, Geldvermögensbildung der privaten Haushalte Grenzen der Versicherbarkeit / Staat-Markt-Modelle (Terrorversicherung, Haftungsausweitungen für Unternehmen), volkswirtschaftliche Bedeutung der Risikoklassifizierung in der Versicherungswirtschaft EU-Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen gesamtwirtschaftliche Auswirkungen einer Erhöhung der Versicherungsteuer volkswirtschaftliche Bedeutung der Versicherungswirtschaft München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 3
4 Volkswirtschaft im GDV (II) Publikationen Themen & Analysen, Schriftenreihe des Ausschusses Volkswirtschaft, Statistisches Taschenbuch der Versicherungswirtschaft mitgliederintern: Konjunktur & Märkte, Ergebnisberichte ifo Konjunkturtest Versicherungswirtschaft Untersuchungen zur Stabilität des Finanzsystems im Versicherungsbereich / Kontakte IWF, Deutsche Bundesbank Diskussion um Regulierung / Beaufsichtigung der Rating-Agenturen, Auseinandersetzung des GDV mit Fitch Kontakte zur Wissenschaft (u. a. Mannheimer Forschungsinstitut Ökonomie und Demographischer Wandel (MEA-Institut)) München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 4
5 Agenda Volkswirtschaftliche Funktion der Versicherungswirtschaft Herausforderungen für die Versicherungswirtschaft im aktuellen Umfeld Aktuelle wirtschaftliche Lage der Versicherungswirtschaft Strukturelle Veränderungen in der Versicherungswirtschaft Ausblick: Perspektiven für die deutsche Versicherungswirtschaft München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 5
6 Volkswirtschaftliche Funktion der Versicherungswirtschaft München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 6
7 Essentielle volkswirtschaftliche Funktion: Versicherungswirtschaft ohne Alternative Risikotransfer durch Versicherungen als Beispiel für gelebte Subsidarität im Bereich der privaten Haushalte Katalysatorfunktion: Übernahme von versicherbaren Risiken der Unternehmen schafft Spielräume für unternehmerisches Risiko und fördert Innovationen Gesamtwirtschaftliche Stabilisatorfunktion: Ruinöse Folgen von Schadensereignissen werden verhindert Aufgabenteilung zwischen Staat und privater Versicherungswirtschaft: Entlastung des Staates und der öffentlichen Haushalte München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 7
8 Einige Zahlen zur Bedeutung der deutschen Versicherungswirtschaft (2006) Anzahl der Verträge: ca. 428 Mio. Anzahl der Versicherungsunternehmen: - Lebensversicherer: 116 - Krankenversicherer: 53 - Schaden- und Unfallversicherer: 241 Beschäftigte bei Versicherungsunternehmen 225.700 Beitragseinnahmen: € 161,6 Mrd. Kapitalanlagen der Versicherer: € 1.130 Mrd. davon Lebensversicherung: € 667 Mrd. Quelle: GDV, BaFin, agv München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 8
9 Beitragseinnahmen der einzelnen Sparten (2006) in Mrd. Euro (Anteil in %) Schaden- und Unfallversicherung Lebensversicherung 78,3 54,9 (48% ) (35% ) 28,4 (17% ) Kranken- und insgesamt: 161,6 Mrd. Euro Pflegeversicherung Quelle: GDV München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 9
10 Deutschland im internationalen Vergleich: Brutto-Beitragseinnahmen (Mio. USD, Stand 2005) 1.400.000 1.200.000 1.000.000 800.000 600.000 400.000 200.000 0 e n n n n ch d A nd pa ie ie lie an US ei nn an Ja Ita rla hl kr it a Sp sc an de br ut Fr e De Ni ss ro G Quelle: Swiss Re München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 10
11 Deutschland ist der viertgrößte Lebensversicherungsmarkt in Europa (Anteil Beitragseinnahmen 2005) Sonstige 9,2% insgesamt: 599 Mrd. EUR DK 1,8% FI 1,9% UK 25,2% SE 2,5% CH 3,1% ES 3,4% NL 4,2% BE 4,2% DE 12,1% FR 20,1% Quelle: CEA IT 12,3% München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 11
12 Deutschland ist der größte Nicht-Leben- Versicherungsmarkt in Europa (Anteil Beitragseinnahmen 2005) Sonstige 10,9% FI 0,8% insgesamt: 379 Mrd. EUR DK 1,6% DE SE 1,9% 22,5% BE 2,3% CH 3,5% NL 6,5% ES UK 7,4% 18,5% IT 9,6% FR Quelle: CEA 14,5% München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 12
13 Herausforderungen für die Versicherungswirtschaft im aktuellen Umfeld München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 13
14 Allgemeine Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft Wichtige Beispiele: ■ Globalisierung/weltweite Kapitalmärkte ■ Europäischer Binnenmarkt/Währungsunion/EU-Osterweiterung ■ Technologischer Fortschritt (z. B. IT-Bereich, Gentechnik) ■ Demographischer Wandel ■ Klimawandel/Zunahme von Naturkatastrophen Bereits diese Veränderungen sind mit erheblichen, tiefgreifenden Auswirkungen auf die Versicherungswirtschaft verbunden. München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 14
15 Politische Herausforderungen: Überblick ■ Alterssicherungspolitik ■ Gesundheitsreform, Pflegeversicherung ■ VVG-Reform ■ Allgemeines Gleichstellungsgesetz (AGG), Gendiagnostik, Ethik-Rat ■ Urteile, Bestrebungen zum Datenschutz ■ EU-Vermittlerrichtlinie ■ Veränderungen im steuerlichen Umfeld ■ Solvency II, IFRS ■ Diskussion um neue Pflichtversicherungen München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 15
16 München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 16
17 Altersvorsorgepolitik: Die Richtung stimmt ■ Ausrichtung hin zu kapitalgedeckter Altersvorsorge ■ Rahmenbedingungen erfolgreich verbessert (Riester-Rente, Basis-Rente, betriebliche Altersversorgung) ■ Keine weiteren Fundamentalreformen notwendig, aber Optimierungspotenzial im Detail, Rückschritte verhindern ■ Beispiel: Doppelte Belastung der Entgeltumwandlung in der bAV mit Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen ab 2009 mindert Vorsorgebereitschaft der Arbeitnehmer. München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 17
18 Reformdruck bei Kranken- und Pflegeversicherung: Finanzierbarkeit sichern durch mehr private Vorsorge ■ Umlagefinanzierung in der gesetzlichen Krankenversicherung im strukturellen Defizit; Anhebung der Versicherungs- pflichtgrenze und Gesundheitsreform (Basistarif, Mitnahme Alterungsrückstellungen) als „Sargnägel“ der PKV ■ Aktuelle Diskussion um Reform der Pflegeversicherung, Zugriff auf Alterungsrückstellungen der privaten Pflegepflichtversicherung keine abschließende Zukunftssicherung ■ Demographische Entwicklung erzwingt in Kranken- und Pflegeversicherung mehr Eigenvorsorge und Kapitalbildung München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 18
19 Eckpunkte der Reform des Versicherungsvertragsrechts (voraussichtliche Verabschiedung Mitte 2007, Inkrafttreten ab 1. Januar 2008) ■ Neuregelung zur Beteiligung an den stillen Reserven und zu den Rückkaufswerten in der Lebensversicherung ■ keine Vorgabe über zeitnahe Beteiligung an den stillen Reserven mehr, keine Zeitwertbilanzierung der Kapitalanlagen ■ aber: Beteiligung an den stillen Reserven bei Vertragsende (Ablauf oder Kündigung), auch im Bereich der festverzinslichen Anlagen ■ Mindestrückkaufswert ■ Problem: Geltung der Rückkaufswertregelung auch für Altverträge, umfassender Umsetzungsbedarf ■ Abschaffung des Policenmodells ■ Abschaffung des Alles-oder-Nichts-Prinzips ■ Stärkung von Transparenz und Information, neue Informationspflichten in der Lebensversicherung München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 19
20 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), Gendiagnostik, Nationaler Ethikrat Zunehmend ethisch motivierte Bestimmungen zur Tätigkeit der VU in Kraft bzw. in der Diskussion: ■ AGG (seit August 2006 in Kraft): Risikoprüfung und -differenzierung prinzipiell weiterhin legitimiert, aber gesteigerte Beweis- und Darlegungslast für VU ■ Erhebliche Einschränkungen bei der Verwertung der Ergebnisse von Gentests durch die VU bei Produktgestaltung und Annahmepolitik möglich (geplantes Gendiagnostikgesetz) ■ Auch Stellungnahme des Nationalen Ethikrates „Prädiktive Gesundheitsinformationen beim Abschluss von Versicherungen“ vom 01. Februar 2007 für mögliche Beschränkungen der Erhebung von Gesundheitsinformationen bei Abschluss von privaten Versicherungen. München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 20
21 Ausweitung des Datenschutzes ■ Für die VU sind personenbezogene Daten u. a. für die Risiko- und Leistungsprüfung unverzichtbar. Dies ist auch entsprechend gesetzlich legitimiert. ■ Gleichwohl kontinuierliche Diskussion mit Verbraucherschützern und Datenschutzbehörden, die möglichst restriktive Auslegung der gesetzlichen Regelungen wünschen. ■ Vor allem aber auch einschlägig relevante Gerichtsurteile: Zuletzt hat das Bundesverfassungsgericht am 23.10.2006 u. a. festgestellt, dass die Schweigepflichtentbindungserklärung im Leistungsfall eines Berufsunfähigkeitsversicherers nicht verfassungskonform sei. Urteil strahlt auf VVG-Reform aus, aber auch auf aktuelle Ausgestaltung der Geschäftsprozesse unter datenschutzrechtlichen Aspekten. München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 21
22 EU-Vermittlerrichtlinie: Umsetzung und Bewertung ■ Umsetzung der EU-Vermittlerrichtlinie in nationales Recht zum 1. April 2007 in Kraft getreten ■ IHKs sind bereit, Zulassung und Registrierung der Vermittler zu übernehmen ■ Die gesetzlichen Regelungen sind grundsätzlich zu begrüßen, da sie prinzipiell alle Vertriebsstrukturen weiter zulassen. ■ Neue Beratungs- und Dokumentationspflichten von vielen VU bereits heute mit großem Erfolg praktiziert ■ Gewährleistung eines hohen Qualitätsniveaus in der Vermittlerschaft und damit in der gesamten Branche; Imageprobleme durch „schwarze Schafe“ werden zurückgehen München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 22
23 Anhebung der Versicherungsteuer: von 16 auf 19 Prozent zum 1. Januar 2007 18% ■ volkswirtschaftlich ineffizient: Entwicklung der Versicherungssteuer in Deutschland seit 1968 16% Verteuerung von Versicherungsschutz und höhere 14% Produktionskosten und -preise 12% ■ schädlich für den Standort 10% Deutschland: Versicherungssteuer 8% im europäischen Ausland zumeist 6% erheblich niedriger 4% ■ fiskalisch unergiebig: 2% Rückläufiges Steueraufkommen 0% durch Nachfragerückgang erwartet 1968 1972 1976 1980 1984 1988 1992 1996 2000 2004 München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 23
24 Solvency II, IFRS: Standards müssen erfüllbar sein ■ Solvency II: Harmonisierung und risikobasierte Ausgestaltung des europäischen Versicherungsaufsichtssystems ■ Grundsätzliche Unterstützung, aber viele Fragen im Detail (u. a. jetzt auch Diskussion um Überforderung kleiner und mittlerer Versicherungsgesellschaften) ■ QIS-Studien messen Implikationen für die Branche ■ Rechnungslegungsstandard IFRS weiterer Parameter für Messung der Leistungsfähigkeit der Unternehmen München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 24
25 Pflichtversicherung kein Patentrezept: Diskussionen im Schaden- und Unfallbereich ■ Europäischer Trend zu weiteren Deckungsvorsorgepflichten für Unternehmen und Selbständige ■ Deckungsvorsorgepflicht oft als Pflicht-Haftpflichtversicherung verstanden ■ Probleme mit neuen Pflichtversicherungen • aus gesamtwirtschaftlicher Sicht/ Sicht des Verbrauchers nicht immer sinnvoll • Probleme mit Versicherbarkeit bestimmter Risiken • Gefahr der Vernachlässigung schadenverhütender Maßnahmen München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 25
26 Abhängigkeit der Versicherungswirtschaft von der Politik Wie stark schätzen Sie den Einfluss regulatorischer und anderer wirtschaftspolitischer Maßnahmen auf das Versicherungsgeschäft ein? Gesetze der Gentechnologie 5 25 54 16 Regulierung (neue gesetzliche Pools, Tarifzwang, 5 34 50 11 Versicherungspflicht) Versicherungspflicht) Geldwäscherei-Vorschriften 7 22 56 15 Geänderte Besteuerungssysteme 8 45 44 3 Vermittlerrichtlinien 11 44 42 3 Konsumentenschutz-Vorschriften 12 37 47 4 Produkt- und Beratungshaftung 12 44 42 2 Internationale Rechnungslegungsstandards 18 55 25 2 Kapital- und Risikomanagement-Vorschriften (Solvency II, ...) 38 51 11 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Anteil der befragten Führungskräfte der Versicherungswirtschaft Sehr s tark Stark Gering Sehr gering Quelle: HSG, Assekuranz 2015 München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 26
27 Aktuelle wirtschaftliche Lage der Versicherungswirtschaft München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 27
28 Geschäftsklima in der Versicherungswirtschaft Geschäftslage Geschäftserwartungen Geschäftsklima 60 50 40 30 20 10 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 -10 -20 -30 Quelle: ifo Institut für Wirtschaftsforschung München München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 28
29 Beitragswachstum in der Versicherungswirtschaft Beitragseinnahmen insgesamt 16 Leben Veränderung ggü. Vorjahr in % 14 Kranken 12 Schaden / Unfall 10 8 6 4 2 0 -2 -4 1 2 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 1)Teilweise Hochrechnung 2) Vorausschätzung Quelle: GDV München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 29
30 Deutschland: Schwäche der Versicherungsnachfrage auch Folge mangelnder gesamtwirtschaftlicher Dynamik ■ „Reifer“ Markt: Volumen der Bestände und Abläufe (Leben, Kranken), Ausmaß der Marktdurchdringung (Schaden- und Unfall) erschweren zusätzliches Beitragswachstum. ■ Nur mäßig steigende Realeinkommen, verhaltenes Konsumklima, verbreitete Unsicherheit wirken dämpfend auf Wachstum der Versicherungsnachfrage (zu ca. 80 % von privaten Haushalten). Beispiel aktuelle Situation: BIP-Wachstum, aber noch immer Konsumschwäche. Zudem erfahrungsgemäß stets zeitliche Verzögerung der BIP-Impulse auf die Versicherungsnachfrage. ■ Sonderfaktoren: politische Reformen in der Krankenversicherung, Wettbewerbsdynamik in der Schaden- und Unfallversicherung. Lediglich kapitalgedeckte Altersvorsorge kommt zunehmend in Gang. ■ Dennoch: Beitragswachstum historisch, aber auch im internationalen Vergleich zu anderen Industrieländern äußerst schwach. München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 30
31 Beitragswachstum in der Versicherungswirtschaft von 1951 bis heute 25 20 Veränderung in % 15 10 5 0 1951 1956 1961 1966 1971 1976 1981 1986 1991 1996 2001 2006 A ngaben nach 1990 f ür die Bundesrepublik Deutschland gemäß Gebietsstand vom 03.10.1990 Quelle: BA V , BaFin München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 31
32 Beitragsentwicklung im internationalen Vergleich (1996 – 2005: jahresdurchschnittliche Veränderungsraten) Leben Nicht-Leben Deutschland 4,2 2,0 Österreich 4,9 2,7 Italien 20,7 6,5 Frankreich 6,1 4,5 Spanien 7,6 8,2 Niederlande 5,5 6,6 Großbritannien 10,1 7,4 Quelle: Swiss Re, Sigma München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 32
33 Deutschland im internationalen Vergleich: Versicherungsdurchdringung (Beiträge / BIP in %, Stand 2005) 14 12 10 8 6 4 2 0 SA n h n en e nd n c pa lie nd ie ei U i la an It a n Ja kr la ch an Sp er an ts rit d Fr eu ie b ss N D ro G Quelle: Swiss Re, Sigma München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 33
34 Nachholbedarf in der Lebensversicherung in Deutschland im internationalen Vergleich (2005) Brutto- Versicherungsdichte: Versicherungs- Beitragseinnahmen Beiträge/Bevölkerung (US durchdringung: (Mio. US $) $ je Einwohner) Beiträge/BIP (%) Großbritannien 199 612 3 287 8,90 Japan 375 958 2 956 8,32 Frankreich 154 058 2 475 7,08 Niederlande 31 914 1 954 5,12 Italien 91 740 1 450 4,86 USA 517 074 1 753 4,14 Deutschland 90 225 1 042 3,06 Spanien 25 518 616 2,27 Quelle: Swiss Re, Sigma München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 34
35 Kapitalanlage im Niedrigzinsumfeld (I): Nettoverzinsung, Rechnungszins und Umlaufrendite 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 84 86 88 90 92 94 96 98 00 02 04 06 19 19 19 19 19 19 19 19 20 20 20 20 Nom. Nettoverzinsung Umlaufrendite Rechnungszins München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 35
36 Kapitalanlage im Niedrigzinsumfeld (II): Herausforderung für die Kapitalanlagepolitik 8% 6% 4% 2% 0% 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Umlauf rendite f estverzinslicher Wertpapiere (Restlauf zeit 9-10 Jahre) Nom. Nettoverzinsung der Kapitalanlagen in der Lebensversicherung Rechnungszins in der Lebensversicherung Gesamtverzinsung in der Lebensversicherung München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 36
37 Jahresverlauf des DAX und stille Reserven der Versicherungswirtschaft 60,0 7000 40,0 6000 5000 20,0 4000 0,0 3000 2000 2001 2002 2003 2004 2005 -20,0 2000 -40,0 1000 -60,0 0 stille Reserven in Mrd. EUR (in Aktien und Investmentanteilen) DAX Quelle: BaFin, Deutsche Börse AG München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 37
38 Kapitalerträge in der Versicherungswirtschaft in 2006 ■ Nach wie vor: generell Stabilitätsklima und Niedrigzins-Umfeld, im Jahresverlauf aber deutlicher Zinsanstieg ■ Zwar auch deutlicher Anstieg der Aktienkurse, aber nur begrenzter Anteil am Kapitalanlagebestand; Beispiel Lebensversicherung: Gesamtbestand Ende 2006: 668 Mrd. Euro, davon direkt und indirekt in Aktien: nur 63 Mrd. Euro (knapp 10%) ■ Nettoverzinsung der Kapitalanlagen (Lebensversicherung) in 2006: 4,83% (2004: 4,90 %, 2005: 5,18 %) München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 38
39 Strukturelle Veränderungen in der Versicherungswirtschaft München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 39
40 Tiefgreifender Wandel in der Versicherungswirtschaft Wichtige Beispiele: ■ Zunahme von Übernahmen/Fusionen, Veränderung der Marktstruktur ■ Veränderte Unternehmensstrukturen und -prozesse ■ Veränderte Kundenprofile ■ Produktmix und Innovationen ■ Veränderte Bedeutung einzelner Vertriebswege ■ Bedeutung der IT ■ Beschäftigungsentwicklung München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 40
41 M&As im deutschen Finanzsektor 1997 – 2006: Trend nach oben 18 0 We rt de r De als 50 16 0 Anzahl de r De als 45 W ert d er D eals in M rd . Eu ro 40 14 0 35 12 0 Zahl der Deals 30 10 0 25 80 20 60 15 40 10 20 5 0 0 1 19 9 7 19 9 8 19 9 9 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 1 Angaben bis einschließlich 15.11.2006 Quelle: ZEPHYR-Datenbank, Bureau van Dijk Electronic Publishing München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 41
42 Internationale Lebensversicherung: M&A 1998-2004 Beteiligung großer Versicherungsgruppen weltweit Anzahl der Wert der Transaktionen in Konzern Transaktionen Mio. US-Dollar Aviva (GB) 21 33 475 Manulife (CAN) 16 10 451 MetLife (USA9 14 2 225 AIG (USA) 12 43 440 Aegon (Benelux) 11 11 336 Allianz (D) 11 1 204 Prudential UK (GB) 10 332 Generali (IT) 9 17 374 Prudential US (USA) 9 8 148 ZFS ( CH) 8 1 345 ING (Benelux) 6 14 241 AXA (F) 3 3 529 Quelle: Swiss Gesamt 130 147 100 Re, sigma (1/2006) München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 42
43 Der deutsche Versicherungsmarkt: Zunehmend volatile Marktpositionen (I) Veränderung des Beitragsaufkommens der 50 größten Lebensversicherer in 2005 in %* Veränderung des Beitragsaufkommens in % 35 30 25 20 15 10 5 0 -5 0 1 2 3 4 Beitragsaufkommen des LVU (in Mrd. Euro) * Aus Darstellungsgründen ohne den größten Anbieter. Dieser Anbieter konnte bei einem Beitragsaufkommen von 12,2 Mrd. Euro ein Beitragswachstum von 12,2% erzielen. München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 43
44 Der deutsche Versicherungsmarkt: volatile Marktpositionen (II) Veränderung des Beitragsaufkommens der zehn größten Lebensversicherungsunternehmen 2005/2004 und 2004/2003 2005 / 2004 2004 / 2003 -15 -10 -5 0 5 10 15 Veränderung des Beitragsaufkommens (in %) München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 44
45 Aufbrechen der Wertschöpfungskette, Outsourcing und Kooperationen gewinnen an Bedeutung Traditionelle Wertschöpfungskette: Produkt- entwicklung/ Adminis- Kapital- Schaden- Vertrieb Tarifierung tration anlagemgt. management Möglichkeiten für ein Outsourcing: Outsourcingansätze: Produkt- entwicklung/ Vertrieb Adminis- Kapital- Schaden- Tarifierung tration anlagemgt. management Finanzdienst- Policen- Kapitalanlage- Reparatur- Kernkompetenz leister administratoren gesellschaften betriebe der Gesellschaft virtuelle Broker IT-Unternehmen Asset Manager Call Center Banken Professionelle Dienstleister für Schadenmgt. München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 45
46 Offshoring und Outsourcing: Begriffsabgrenzung Offshoring = Auslagerung von Teilen der Wertschöpfungskette in ein „Billiglohnland“ Standort national Billiglohnland Eigenerstellung interne inländische internes Rechtsträger Leistungs- Offshoring erstellung Drittanbieter inländisches Offshore Outsourcing Outsourcing München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 46
47 „Hurra! Wir leben länger“ – Neue Kundengruppen in der alternden Gesellschaft München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 47
48 Kundenbeziehungen: Pluralisierung der Lebensstile schreitet voran Anzahl bestimmter Familien- und Lebensformen in Deutschland in Mio. 16,0 16,0 15,0 15,0 14,0 14,0 13,0 13,0 12,0 12,0 11,0 11,0 10,0 10,0 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 Familien Paare ohne Kinder Alleinlebende Quelle: StBA München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 48
49 Produktinnovationen im Lebensversicherungsmarkt – Klarer Trend zur Rentenversicherung eingelöster Neuzugang Kapital-Lebensversicherungen, Rentenversicherungen und Fondsgebundene LV (Anzahl) in % 100% 80% 60% 40% 20% 0% 1990 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Kapital-Lebensvers. insges. Rentenvers. Fondsgebundene Lebensvers. *) Fondsgebundene Rentenvers. *) Enthält bis einschl. 2000 auch Fondsgebundene Rentenversicherungen München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 49
50 Produktinnovationen ■ Spürbare Veränderungen im Produktmix der Lebensversicherung ■ Kombination Finanzprodukte/Versicherungsprodukte ■ Bei der Schaden- und Unfallversicherung zusätzlich zum rein finanziellen Schadenbedarf auch Bereitstellung konkreter Hilfeleistungen (Assistance-Leistungen) ■ Angebot z.B. im Rahmen von ■ Senioren-Unfallversicherungen (vielfältiges Leistungsspektrum möglich, Hilfeleistungen im Haushalt, Begleitung bei Arztbesuchen, Betreuung von Haustieren usw.) ■ Gebäude- oder Hausratversicherungen (Organisation / Durchführung von Reparaturen nach Schadenfall) München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 50
51 Vertrieb im Umbruch: Gibt es ein Patentrezept? Bedeutung der einzelnen Vertriebskanäle am Beispiel der Lebensversicherung Marktanteilsentwicklung und Prognose in "APE" APE=laufende Beiträge zzgl. 10% der Einmalbeiträge 100% 4,8% 4,7% 3,3% 2,7% 3,6% 5,5% 3,0% 3,0% 90% 14,0% 3,0% 20,8% 21,5% 22,8% 25,3% 80% 25,9% 24,8% 28,0% 32,0% 70% 60% 22,7% 25,9% 23,9% 25,8% 28,0% 50% 32,4% 32,0% 7,7% 34,0% 6,8% 6,9% 40% 80,0% 5,8% 6,2% 30% 7,0% 4,0% 2,0% 20% 42,7% 39,3% 40,4% 37,5% 33,2% 30,0% 27,1% 26,0% 10% 0% 1985* 1999 2000 2001 2003 2004 2005 2010* 2015* AO Geb. Strukturvertrieb** Unab. Vermittler*** Bank Direkt**** Sonstige * Schätzung *** inkl. Makler, Mehrfachagenten, Finanzvertriebe (AWD, MLP, etc.) ** z. B. HMI, OVB, DVAG **** Internet in Direkt enthalten Quelle: Tillinghast München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 51
52 Innovationen und IT-Bereich ■ Tiefgehende Neu- und Restrukturierung („Industrialisierung“) der Geschäftsprozesse ■ Standardisierung/Automatisierung ■ Verringerung der Fertigungstiefe ■ Verkürzung der Reaktionszeiten ■ Neue Kommunikationsmöglichkeiten (Call-Center, Internet) ■ Beispiel: Elektronische Gesundheitskarte (unter Qualitätsgesichtspunkten positiv, aber Einführungskosten laut Booth Allen Hamilton allein für PKV auf 250 bis 530 Millionen Euro zu veranschlagen) ■ Integration der Systemwelten als Mega-Thema München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 52
53 Beschäftigungsentwicklung in der deutschen Versicherungswirtschaft (I) ■ Gegenwärtiger Beschäftigungsabbau nicht Folge einer Arbeits- platzverlagerung in Drittländer, Grund vielmehr Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen im Inland ■ Volkswirtschaftliche Bewertung: Strukturwandel notwendiger Prozess in Wettbewerbsordnung, kein „Untergang der Arbeit“ (Prof. Börsch-Supan) ■ Arbeitsplatzabbau bei VU (2005: -7500 bzw. -3,1%, 2006: -7600 bzw. -3,3%) ohne betriebsbedingte Kündigungen durch natürliche Fluktuation ■ eigentliches Problem in Deutschland: Inflexibilität der institutionellen Regelungen am deutschen Arbeitsmarkt, kein spezifisches Problem der Versicherungswirtschaft München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 53
54 Beschäftigungsentwicklung in der deutschen Versicherungswirtschaft (II) Kontinuierlicher Wandel in der Beschäftigungsstruktur, z.B. Trend zur Höherqualifizierung und Akademisierung Qualifikationsstruktur der Beschäftigten in der 1 Versicherungswirtschaft Hochschulabschluss Abschluss Höhere Fachschule oder Fachhochschule Abitur mit abgeschlossener Berufsausbildung 1984² Abitur ohne abgeschlossene 1994 Berufsausbildung 2004 Hauptschule/Mittlere Reife mit abg. Berufsausb. Hauptschule/Mittlere Reife o. abg. Berufsausb. 1 inkl. Auszubildende 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 2 nur Westdeutschland Quelle: agv München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 54
55 Beschäftigte im deutschen Versicherungssektor Beschäftigte in deutschen Versicherungsunternehmen 300 250 200 Rück in Tsd. Kranken 150 Leben Schaden 100 50 0 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 Quelle: agv München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 55
56 Ausblick: Perspektiven für die deutsche Versicherungswirtschaft München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 56
57 Perspektiven für die deutsche Versicherungswirtschaft Das Expansionstempo der deutschen Versicherungswirtschaft ist seit längerer Zeit im historischen und internationalen Vergleich schwach, zahlreiche Herausforderungen auch aus der Politik und ein tiefgreifender Umbruch charakterisieren derzeit die Branche Ohne stärkere gesamtwirtschaftliche Dynamik und zuversichtlichere Grundstimmung in der Bevölkerung zwar auch künftig deutlichere Ausweitung der Versicherungsnachfrage kaum vorstellbar Versicherungsnachfrage kann sich zwar kaum von den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ablösen Aber: Perspektivisch dennoch auch darüber hinaus erhebliche Chancen, wenn es der Versicherungswirtschaft gelingt, ihre volkswirtschaftliche Funktion wieder stärker zu verdeutlichen München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 57
58 Chancen der deutschen Versicherungwirtschaft ■ Trotz der gegenwärtigen Herausforderungen zumindest potenziell hervorragende Perspektiven für die deutsche Versicherungswirtschaft: ■ Unverzichtbare, einzigartige gesamtwirtschaftliche Funktion der Assekuranz bürgt zumindest für stabile Nachfrage ■ Innovationspotenzial und Wettbewerbschancen könnten genutzt werden, sofern politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen sich wieder zugunsten der Versicherungswirtschaft „drehen“ ■ Steigende Anforderungen im Bereich der sozialen Sicherung, perspektivisch neue Aufgabenteilung zwischen Staat und Markt ■ Einzelwirtschaftlich müssen Versicherer zwar ihre Strategien – je nach VU: regional, national, global - immer wieder neu anpassen. Dafür gibt es kein Patentrezept. ■ Für die deutsche Versicherungswirtschaft insgesamt besteht – unter diesen Voraussetzungen – aber ein erhebliches Potenzial. München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 58
59 Vier Thesen zur Zukunft der deutschen Versicherungswirtschaft Versicherung im Aufbruch: Tiefgreifende Veränderungen wie seit über 50 Jahren nicht werden auch weiterhin die Branche prägen. Gestaltungsmacht Politik: Von zentraler Bedeutung für die Versicherungswirtschaft sind auch in Zukunft stabile und angemessene politische und rechtliche Rahmenbedingungen. Essentielle volkswirtschaftliche Funktion der Versicherungswirtschaft: Alleinstellungsmerkmal in der Kernkompetenz bürgt für zumindest stabile Nachfrage, birgt aber auch erhebliches neues Marktpotenzial, etwa in der Aufgabenteilung Staat-Markt im Bereich der sozialen Sicherung. Entscheidende Erfolgsfaktoren der Zukunft: Anpassung an die veränderten Marktbedingungen (Unternehmen), Verdeutlichung der volkswirtschaftlichen Funktion der Versicherer (Versicherungswirtschaft insgesamt) München – Dr. Michael Wolgast – 21. Mai 2007 59
Zur aktuellen wirtschaftlichen Lage der deutschen Versicherungswirtschaft Dr. Michael Wolgast Leiter der Abteilung Volkswirtschaft Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. Ludwig-Maximilians-Universität INRIVER Brown-Bag-Seminar München, 21. Mai 2007
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