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PRAXIS

Zurück im Krisen-Modus
Die ländlichen und gewerblichen Genossenschaften in Bayern spüren die
wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs. Wie gehen sie damit um? Die BÄKO
München Altbayern und Schwaben eG, die Diesel-Tankstelle Rohr eG und die
Futtertrocknung Lamerdingen eG geben Einblick.

Autor: Florian Christner, Redaktion „Profil“
Foto: picture alliance/Eibner-Pressefoto/Fleig

Profil – Das bayerische Genossenschaftsblatt – Ausgabe 04 2022
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Hier geht's direkt zu den Genossenschaften:

        BÄKO München Altbayern und Schwaben eG: Maß halten, um die Warenversorgung zu
      sichern

        Diesel-Tankstelle Rohr eG: Diesel tanken mit Rabatt

        Futtertrocknung Lamerdingen eG: Händler und Produzenten rücken näher zusammen

BÄKO München Altbayern und Schwaben eG: Maß halten,
um die Warenversorgung zu sichern

Gestörte Lieferketten, Preise auf Rekordniveau – und möglicherweise bald eine
ausgewachsene Energiekrise? Auch die ländlichen und gewerblichen
Genossenschaften in Bayern bekommen die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-
Kriegs zu spüren. „Wenn man die Dinge nüchtern betrachtet, sind wir wieder im
Krisen-Modus angekommen wie im ersten Corona-Lockdown“, konstatiert Helmut
Wiedemann, Geschäftsführender Vorstand der BÄKO München Altbayern und
Schwaben eG. Die Einkaufsgenossenschaft für Bäcker und Konditoren versorgt rund
1.000 Mitgliedsbetriebe mit allem, was sie zur Herstellung ihrer Back- und
Konditorwaren brauchen – zum Beispiel mit Mehl, Sonnenblumenkernen und
Sonnenblumenöl. Normalerweise liefert die BÄKO schon bei der nächsten Tour, was
die Mitglieder geordert haben.

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Helmut Wiedemann, Geschäftsführender Vorstand der BÄKO München Altbayern und Schwaben
eG. Foto: BÄKO

Normalerweise. Denn von Normalität kann bei der BÄKO im Moment kaum die Rede
sein. Die Einkaufsmanager im Zentrallager in Taufkirchen haben aktuell alle Hände
voll zu tun, um die Verfügbarkeit bestimmter Waren sicherzustellen. Dazu gehören
Sonnenblumenkerne und Sonnenblumenöl. „Die Ukraine und Russland gehören zu
den weltgrößten Exporteuren von Weizen und Sonnenblumenkernen. Rund 75
Prozent der Sonnenblumen weltweit werden dort angebaut. Weil niemand weiß, wie
lange diese beiden Länder als Lieferanten ausfallen werden, spielen die Märkte und
die Preise verrückt“, sagt Wiedemann.

Mengenbegrenzung für bestimmte Produkte

Viele Supermärkte geben Sonnenblumenöl oder Mehl nur noch in begrenzten
Mengen ab, um die Versorgung zu sichern. Aus diesem Grund hat auch die BÄKO

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eine Mengenbegrenzung für bestimmte Produkte eingeführt. Denn wie bei den
Verbrauchern ist die Verunsicherung auch bei den Mitgliedern der BÄKO groß.
„Viele rufen bei uns an und bitten um ein ehrliches Bild, wie lange bestimmte Waren
noch verfügbar sind und wann sich die Preise wieder normalisieren. Keiner mag sich
vorstellen, dass die Preise dauerhaft auf diesem hohen Niveau bleiben“, berichtet
Wiedemann.

Die meisten Mitglieder handelten in der aktuellen Situation verantwortungsvoll, aber
einige wenige neigten dennoch zu Panikkäufen. „Auch bei uns ordern einzelne
Mitglieder Mengen, die sie nicht brauchen“, berichtet Wiedemann. Deshalb
sprechen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Vertrieb der BÄKO mit den
Mitgliedern und rufen sie zur Besonnenheit auf, um Ängste vor einem Ausverkauf
bestimmter Produkte zu zerstreuen und unnötige Bevorratung zu verhindern. „Wenn
alle auf einmal das Doppelte bestellen, wäre das BÄKO-Lager leer, weil wir gar nicht
so schnell nachordern könnten, wie wir wollten“, sagt Wiedemann. Die Verhältnisse
im Einkauf hätten sich komplett gedreht. Das Bestreben der BÄKO richte sich nun
darauf, die Verfügbarkeit der Ware sicherzustellen. „Hauptsache, ich bekomme das
Produkt. Was es kostet, ist zweitrangig.“

Logistikflotte der BÄKO München Altbayern und Schwaben eG am Zentrallager in Taufkirchen: Das
Bestreben der Genossenschaft ist es, die Verfügbarkeit der Ware sicherzustellen. Foto: Christner

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Jeder müsse daher Maß halten, um die Warenversorgung für alle zu gewährleisten.
Denn eines ist Wiedemann wichtig zu betonen: „Wir sind weit weg von einer
Lebensmittelkrise, die Lager sind voll.“ Die Unregelmäßigkeiten bei der
Warenversorgung seien vielmehr auf überforderte Lieferketten zurückzuführen. „Die
Mühlen arbeiten am Limit, aber sie können ihre Produktion nicht über Nacht
verdoppeln und verdreifachen, um die hohe Nachfrage zu bedienen. Deshalb ist die
Ware physisch nicht mehr greifbar, obwohl die Silos der Lagerhäuser immer noch
gut mit Weizen und Sonnenblumenkernen gefüllt sind“, sagt der BÄKO-
Geschäftsführer. Verschärfend wirke sich die Zurückhaltung der Händler aus, die
letztjährige Ernte auf den Markt zu bringen. „Sonnenblumenkerne werden in der
Schale gelagert, große Mengen davon in Bulgarien. Jeder nicht verkaufte Kern ist
nächste Woche vielleicht schon das Dreifache wert, darauf spekulieren die Händler“,
sagt Wiedemann.

Sonnenblumenöl lässt sich ersetzen

Immerhin sei der leergefegte Markt bei Sonnenblumenkernen nicht
existenzbedrohend für das Bäckerhandwerk. Sonnenblumenöl werde in
Rührteigmassen für Pizzen oder Ciabatta-Brote verwendet, Sonnenblumenkerne
kommen in das Brot oder auf die Semmel. „Es ist schwierig, aber es ist kein
gravierendes Problem“, sagt Wiedemann. Denn Sonnenblumenöl lasse sich durch
andere tierische und pflanzliche Fette wie Butter oder Margarine substituieren. Bei
Rapsöl oder Palmöl zum Beispiel gebe es noch keinen Mangel. Werde
Sonnenblumenöl durch andere Produkte ersetzt, werfe das aber andere
Schwierigkeiten auf. „Inhaltsstoffe müssen deklariert werden. Wenn sie verändert
werden, können vorproduzierte Verpackungen nicht mehr verwendet werden. Für
solche Fälle bräuchten wir eine andere Kennzeichnungsverordnung für
Lebensmittel“, sagt Wiedemann.

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Sonnenblumenfeld in der Ukraine im Sommer 2021: Ob das Land dieses Jahr als Lieferant von
Sonnenblumenkernen ausfällt, hängt auch vom Kriegsverlauf ab. Im Moment ist die Saat noch nicht
ausgebracht. Foto: IMAGO/Ukrinform

Ob es bei Weizen und Sonnenblumenöl langfristig zu globalen Engpässen kommen
wird, sei auch abhängig vom Kriegsverlauf in der Ukraine, meint der BÄKO-
Geschäftsführer. In den nächsten Wochen stelle sich heraus, ob die Landwirte in der
Ukraine und auch in Russland ihre Felder normal bestellen können. „Im Moment ist
die Saat noch nicht ausgebracht“, sagt Wiedemann. Wenn die nächste Ernte in
diesen Ländern ausfalle, dann seien Engpässe zu erwarten, wobei Deutschland und
Bayern noch glimpflich davonkämen. „Bayern ist bei der Versorgung mit Weizen im
Prinzip autark. Wir importieren kein Getreide aus der Ukraine oder Russland. Von
daher haben wir beim Weizen eigentlich keine Verfügbarkeits-, sondern in
Anführungsstrichen nur eine Preiskrise. Schlimm betroffen wären dagegen vor allem
Nordafrika und Asien“, sagt der BÄKO-Geschäftsführer.

Trotzdem sind die hohen Preise ein großes Problem für die Bäcker und Konditoren.
„Die Preise für Weizenmehl haben sich innerhalb eines Jahres verdoppelt. Eigentlich
müssten unsere Mitglieder diese Kosten auf die Endverbraucher abwälzen, aber
viele werden das aus Sorge um ihre Kunden nicht tun, weil sie Angst haben, dass
sich diese dann keine hochwertigen Bäckereiprodukte mehr leisten können oder
wollen“, sagt Wiedemann. Im schlimmsten Fall drohten deshalb Liquiditätsprobleme.

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Zentrallager der BÄKO München Altbayern und Schwaben eG in Taufkirchen bei München: Wie bei den
Verbrauchern ist die Verunsicherung auch bei den Mitgliedern der BÄKO groß, wie sich der Krieg in der
Ukraine auf die Verfügbarkeit insbesondere von Sonnenblumenöl und Sonnenblumenkernen auswirkt.
Foto: Christner

Neben der Warenverfügbarkeit sorgt sich der BÄKO-Geschäftsführer auch um die
Energieversorgung der Mitgliedsbetriebe. „Sollte Russland kein Erdgas mehr
liefern, könnte sich das auch auf die Bäckereien auswirken“, sagt Wiedemann. Die
Mehrheit der Backöfen werde mit Gas betrieben, vor allem in der backenden
Industrie. Auch das Warmwasser, das die Betriebe zum Backen benötigen, werde
normalerweise mit Gas erhitzt. Wenn dieser Brennstoff knapp werde, könne es
passieren, dass Bäckereien und backende Industrie ihre Produktion drosseln
müssen. „Sollte das der Fall sein, könnten die Bäckereien möglicherweise nicht mehr
wie gewohnt mit ihren Backwaren zur Versorgung der Bevölkerung mit
Lebensmitteln beitragen. Dazu sollte es auf keinen Fall kommen“, sagt Wiedemann.

  Diesel-Tankstelle Rohr eG: Diesel tanken mit Rabatt

  Mehr als zwei Euro für den Liter Diesel? Das sorgt auch bei den Mitgliedern der Diesel-
  Tankstelle Rohr eG im mittelfränkischen Landkreis Roth für Kopfschütteln. Aber wie
  allen anderen Nutzern von Dieselfahrzeugen bleibt ihnen nichts anderes übrig, als den
  Preis zähneknirschend zu akzeptieren. „Immerhin bieten wir unseren Mitgliedern im
  Vergleich zu privaten Tankstellen immer noch einen sehr guten Preis“, sagt Hans-
  Jürgen Grosser, Gründungsmitglied der Genossenschaft. Rund eine Million Liter Diesel

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flossen vergangenes Jahr durch die Zapfsäule. Ein örtlicher Mineralölhändler gewähre
  der Genossenschaft eine Rückvergütung von drei Cent pro getanktem Liter auf den
  Dieselpreis, so Grosser. Zwei Cent pro getanktem Liter gibt die Genossenschaft am
  Ende des Jahres an ihre Mitglieder weiter, ein Cent fließt in den Betrieb der Tankstelle.
  „Das macht die Mitgliedschaft auch für Gewerbebetriebe und Privatleute attraktiv“,
  sagt Grosser.

  Tanken können übrigens auch Nicht-Mitglieder – rund um die Uhr. „Dann bleiben die
  drei Cent Rückvergütung pro getanktem Liter komplett bei der Genossenschaft“, freut
  sich Grosser. Bezahlt wird ganz bequem am Automaten mit Girokarte. Die Landwirte
  von Rohr hatten die genossenschaftliche Diesel-Tankstelle 2008 gegründet, um vom
  gemeinsamen Einkauf des Treibstoffs zu profitieren. Außerdem konnten sie so ihre
  hofeigenen Diesel-Tankstellen außer Betrieb nehmen. Diese waren wegen immer
  höherer Sicherheitsauflagen nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben.

Futtertrocknung Lamerdingen eG: Händler und
Produzenten rücken näher zusammen

Auch bei der Futtertrocknung Lamerdingen eG steht und fällt der Geschäftsbetrieb
mit einer ausreichenden Gasversorgung. „Das Risiko, dass uns der Staat bei
Versorgungsengpässen den Gashahn zudreht, steht im Raum“, sagt Matthias Vögele,
Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer der Genossenschaft. Doch mit diesem
Gedanken gibt er sich nicht lange ab. Priorität hat für ihn, angesichts der extrem
hohen Energiekosten eine ausreichende Gasversorgung zu vertretbaren Preisen
sicherzustellen. „Wir versuchen, das Preisrisiko mit verschiedenen Instrumenten so
weit wie möglich zu minimieren“, sagt Vögele.

Die Futtertrocknung Lamerdingen eG hat sich mit anderen Trocknungen zu einem
Pool zusammengeschlossen, um gemeinsam Gas einzukaufen. Der Vertrag läuft bis
zum Jahr 2024. Die Grundlast – 80 Prozent der benötigten Gasmenge – können die
Trocknungen jeweils mit einem Vorlauf von bis zu einem Jahr einkaufen. Die

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benötigten Mengen müssen bis zum 31. Dezember des Vorjahres bestellt werden.
„Da haben wir uns in der Corona-Zeit schon mit Mengen eindecken können“, sagt
Vögele. Die fehlenden Mengen – sozusagen die Spitzenlast – müssen jedoch
kurzfristig auf dem Spotmarkt eingekauft werden. Die an einem bestimmten Tag
benötigte Gasmenge lasse sich nur sehr schwer abschätzen, sagt Vögele. „Das hängt
von vielen Faktoren ab, etwa vom Wetter, von den Gaspreisen, ob gerade Erntezeit
ist, welches Futter getrocknet wird oder wie feucht dieses Futter ist. Da hängt vieles
mit vielem zusammen.“ Obwohl die „Spitzenlast“ nur einen Teil der benötigten
Energie ausmache, könne diese Gasmenge bei den aktuellen Preissprüngen schon
die Kalkulation zerstören, sagt Vögele. An manchen Tagen sei der Gaspreis um das
20-fache zum bekannten Niveau nach oben gesprungen. „So etwas habe ich noch nie
erlebt. Da bleibt uns dann in der Produktion nichts anderes übrig, als die Notbremse
zu ziehen.“

Digitale Schaltzentrale zur Steuerung des Gaseinkaufs

Um die tagesaktuellen Gaspreise immer genau im Blick zu haben, lässt die
Futtertrocknung Lamerdingen gerade eine digitale Schaltzentrale programmieren,
wo die Mitarbeiter genau sehen können, wie sich die Preise entwickeln. Rote Linien
sollen verhindern, dass die Produktion durch zu hohe Gaspreise unrentabel wird.
„Wenn das der Fall ist, werden wir die Produktion vorübergehend stoppen“, sagt
Vögele. Denkbar sei aber auch, bereits eingekaufte Gaskontingente auf dem
Spotmarkt wieder zu refixieren, wenn sich dadurch überhaupt Erlöse erzielen
lassen. Vögele weiß um das Problem, dass die Genossenschaft damit eigentlich ihr
Kerngeschäft vernachlässigt. „Die Kunden sind unser höchstes Gut, aber bevor das
Unternehmen am Ende in Liquiditätsschwierigkeiten gerät, greifen wir lieber zu
solchen Instrumenten“, sagt Vögele. Bisher seien die Preissprünge immer
handhabbar gewesen. „Aber wenn sich die Produktionskosten von jetzt auf gleich
vervierfachen, wird die Kalkulation extrem schwierig.“

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Vögele geht davon aus, dass die Genossenschaft in der aktuellen Saison bei den
Futterpreisen etwas draufschlagen muss, um die Gaskosten zumindest zum Teil
auszugleichen. Getrocknet werden Gräser, Luzerne, Getreide und Mais, aber auch
Stroh. 40 Prozent der Ernte trocknet die Genossenschaft im Auftrag der Landwirte
zur Verfütterung im eigenen Betrieb. Den Rest kauft sie von den Bauern an, um das
getrocknete Gut anschließend als hochwertiges Qualitätsfutter weiter zu verkaufen.
„Wir merken, dass die Nachfrage anzieht. Deswegen glauben wir, dass wir höhere
Preise auf dem Markt auch durchsetzen können“, sagt Vögele.

Innovativ nicht nur beim Energiesparen: Der vierachsige Ladewagen ist eine
Gemeinschaftsentwicklung der Futtertrocknung Lamerdingen eG mit einem Landmaschinenhersteller.
Mit ihm lässt sich das Grüngut schnell und bodenschonend aufnehmen. Foto: Futtertrocknung
Lamerdingen eG

Preisgleitklauseln in den Verträgen

Nachdem die Trocknungssaison erst Ende April beginnt, bleibt noch etwas Zeit, um
die Preise festzusetzen. „Im Moment wächst ohnehin nichts. Ohne Regen können wir
frühestens in vier Wochen mit der ersten Ernte beginnen“, sagt Vögele. Bis dahin
wird er mit extrem spitzem Bleistift rechnen. Denn ein Problem kann er nicht
vermeiden: „Die Preise werden jetzt gemacht, aber dann gelten sie für ein ganzes
Jahr – ohne dass wir wissen, wohin sich die Energiepreise entwickeln.“ Deshalb wird
Vögele in die Lieferverträge mit Futterhändlern Preisgleitklauseln schreiben lassen,
die sich an den Energiekosten orientieren.

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Das sei ein Novum, habe aber auch seine positiven Seiten. Denn die hohen
Energiekosten haben auch die Vertragsverhandlungen verändert, erzählt Vögele.
„Händler und Produzenten rücken näher zusammen, auch bei der
Vertragsgestaltung.“ Seit die Preise für Energie explodiert sind, habe sich eine
gewisse Ehrlichkeit in die Verhandlungen geschlichen. Weil beide Seiten an einer
langfristigen Geschäftsbeziehung interessiert sind, ließen sie sich gegenseitig bei
der Kalkulation ein Stück weit in die Karten schauen, berichtet Vögele. Das Pokern
um den besten Preis habe sich relativiert. „Niemand kann in die Zukunft sehen. Wer
zu viel verlangt, macht möglicherweise weniger Geschäft, weil die Landwirte und
Kleintierbesitzer dafür weniger Futter kaufen. Deswegen haben beide Parteien ein
Interesse daran, sich bei den Verträgen Handlungsspielräume offenzuhalten“, sagt
Vögele.

Instrumente zur Kostenoptimierung in der Schublade

Auch bei den Mitgliedern löse der ungebremste Anstieg der Energiepreise
Unbehagen aus, berichtet Vögele. „Das wird unter den Landwirten heiß diskutiert.
Sie rufen bei uns und fragen, auf welchem Preisniveau wir produzieren werden, oder
ob wir überhaupt produzieren werden. Die Unruhe ist jedenfalls groß.“ Trotz
alledem geht Vögele optimistisch in die Saison. „Ich gehe davon aus, dass wir gut
über die Runden kommen werden. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und
eine ganze Reihe von Instrumenten zur Kostenoptimierung entwickelt, die wir nur
noch scharf schalten müssen“, sagt der Geschäftsführer der Futtertrocknung
Lamerdingen. Viele Energiesparmaßnahmen seien auch schon umgesetzt worden,
zum Beispiel habe die Genossenschaft ein Energiemanagement und eine
lastabhängige Produktionssteuerung eingeführt.

Auf dem Feld gebe es ebenfalls noch einige Möglichkeiten, der Ernte Feuchtigkeit zu
entziehen, bevor sie in den Trocknungsofen kommt. Auch das spart Energie.

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Beispielsweise könne das Gras mit einem Kreisel gewendet werden, damit es an der
Luft besser vortrocknet. „Die Kunst dabei ist, den richtigen Zeitpunkt zu finden,
wann die Ernte zur Trocknung gebracht werden muss. Denn wenn sie zu lange auf
dem Feld verbleibt, verlieren die Pflanzen durch die Sonneneinstrahlung ihre
Nährstoffe. Es ist alles eine Frage des Timings“, sagt Vögele. Und wenn es gar nicht
anders gehe, dann werde eben ein Weidelgras mit einem Feuchtegehalt von 80
Prozent nicht getrocknet, sondern anderweitig vermarktet. Weitere Pläne will Vögele
nicht verraten, nur so viel: „Im Winter hatten wir ausreichend Zeit, um uns auf die
Saison vorzubereiten. Jetzt können wir die Ideen aus der Schublade holen. Wir
freuen uns auf die Herausforderung. Es wird eine spannende Zeit, aber wir werden
gestärkt aus ihr hervorgehen.“

WEITERFÜHRENDE LINKS

        Die Webseite der BÄKO München Altbayern und Schwaben eG

        Die Webseite der Futtertrocknung Lamerdingen eG

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