Zuverlässigkeit ist wichtiger als fachliche Qualifikation - Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
IAB Kurzbericht Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 12/2018 In aller Kürze Langzeitarbeitslose Bewerber aus betrieblicher Perspektive Laut IAB-Stellenerhebung sind 44 Prozent der deutschen Betriebe grundsätzlich bereit, langzeitar- Zuverlässigkeit ist wichtiger beitslose Bewerber im Einstellungs prozess zu berücksichtigen. 14 Pro- zent der Betriebe würden arbeitslose als fachliche Qualifikation Bewerber - unabhängig von der von Martina Rebien und Thomas Rothe Dauer ihrer Arbeitslosigkeit - nicht in Erwägung ziehen. Entscheidend für die Neueinstel- lung Langzeitarbeitsloser ist, wie Aktuell suchen viele Betriebe nach Fach- länger durchaus reduzieren lässt. So ging Betriebe ihre Zuverlässigkeit ein- kräften und manche Stellen bleiben län- in den Jahren nach Einführung der Hartz- schätzen. Erst an zweiter und dritter gere Zeit unbesetzt, obwohl im Jahres- Reformen, also zwischen 2006 und 2010, Stelle nennen die Personalverant- durchschnitt 2018 voraussichtlich gut 2,3 die Langzeitarbeitslosigkeit in Deutschland wortlichen Arbeitsmotivation und fachliche Qualifikation. Millionen Menschen arbeitslos sind. Etwa um rund 40 Prozent zurück (Klinger/Rothe 850.000 von ihnen haben seit einem Jahr 2010). Von 2011 bis 2015 blieb die Zahl Insgesamt werden arbeitsrele- vante Eigenschaften bei Langzeitar- oder länger keinen Job. Die IAB-Stellener- der registrierten Langzeitarbeitslosen re- beitslosen zwar deutlich schwächer hebung zeigt die betriebliche Sicht auf lativ konstant bei etwas über einer Million beurteilt als bei Kurzzeitarbeitslo- langzeitarbeitslose Bewerber: Wie schät- Personen (Bruckmeier et al. 2015). Erst in sen. Soft skills wie Teamfähigkeit zen Personalverantwortliche sie im Ver- den Jahren 2016 und 2017 war wieder ein und soziale Kompetenz werden je- gleich zu anderen Bewerbern ein, welche nennenswerter Rückgang um insgesamt doch mehrheitlich positiv bewertet. Merkmale spielen bei der Personalauswahl 160.000 Personen oder 15,8 Prozent zu ver- Aus Sicht der Arbeitgeber könnten eine Rolle und wie könnten ihre Einstel- zeichnen, der deutlich kräftiger war als der- Qualifizierungsmaßnahmen sowie lungschancen verbessert werden? jenige der Kurzzeitarbeitslosigkeit (Bundes- Belastbarkeits- und Motivations trainings die Beschäftigungschan- agentur für Arbeit 2017). Dennoch tun sich cen Langzeitarbeitsloser verbessern. Auch auf einem gut funktionierenden Ar- Langzeitarbeitslose weiterhin schwer, Zu- In Betrieben, die Schwierigkeiten beitsmarkt wird es immer eine gewisse gang zum Arbeitsmarkt zu finden. In einem bei der Stellenbesetzung haben, sind Zahl an arbeitslosen Personen geben, die durchschnittlichen Monat des Jahres 2017 die Beschäftigungschancen Lang- sich gerade auf der Suche nach einer neu- schafften lediglich 2 Prozent der Langzeit- zeitarbeitsloser höher. Daher könnte en Stelle befinden. Wir sprechen hier von arbeitslosen den Übergang in sozialversi- es sich bei der Stellenvermittlung friktioneller Arbeitslosigkeit. Ebenso gibt es cherungspflichtige Beschäftigung oder in lohnen, diese Betriebe noch stärker zu adressieren. in einem gewissen Rahmen saisonale und Selbstständigkeit1, während dies immerhin strukturelle Arbeitslosigkeit, die selbst bei besten Rahmenbedingungen nicht abge- 1 Walwei (2017) zeigt einige Ansatzpunkte, die zu ei- baut werden kann. Ein Blick zurück zeigt ner weiteren Reduzierung der Langzeitarbeitslosigkeit beitragen können, verweist aber auch auf Herausfor- aber, dass sich auch Langzeitarbeitslosig- derungen, die sich aus den wachsenden Anforderun- keit mit einer Dauer von einem Jahr oder gen der betrieblichen Arbeitsnachfrage ergeben.
10,8 Prozent der Kurzzeitarbeitslosen gelang, wie die Aus Sicht der Personalentscheider ist eine erschwer- BA-Statistik der Abgänge aus Arbeitslosigkeit zeigt. te Integration Langzeitarbeitsloser in den Betrieb zu befürchten, da diesen die tägliche Routine des Arbeitsalltags fehlt und sie möglicherweise auch Was hemmt den Arbeitsmarktzugang Anforderungen etwa im Hinblick auf Teamarbeit von Langzeitarbeitslosen? nicht mehr gerecht werden. Eine Untersuchung von Die Gründe für einen schwierigen Arbeitsmarktzu- Bramoullé und Saint-Paul (2010) zeigt, dass lange gang Langzeitarbeitsloser sind vielfältig. Neben in- Arbeitslosigkeit zu sozialer Isolation führen kann, dividuellen Hemmnissen wie höheres Alter, gesund- da soziale Kontakte vorwiegend zwischen Personen heitliche Einschränkungen oder geringe Qualifikation mit gleichem Erwerbsstatus stattfinden. Diese Kon- (Beste/Trappmann 2016), können betriebliche Anfor- takte sind bei der Arbeitsplatzsuche vor allem dann derungen eine Hürde für die Eingliederungschancen hilfreich, wenn sie die negative Signalfunktion, die sein. Generell kann davon ausgegangen werden, dass Langzeitarbeitslosigkeit auf potenzielle Arbeitgeber eine lange dauernde Arbeitslosigkeit mit einem Ver- hat, mindern können. Lange Arbeitslosigkeit könn- lust von Fertigkeiten und Kenntnissen einhergeht, die te von Arbeitgebern nicht nur als ein Indikator für während der Berufsausbildung und der Berufstätig- geringere Produktivität, sondern häufig auch als keit erworben wurden. Denn arbeitslose Personen ha- Hinweis auf eine tendenziell mangelnde Arbeitsmo- ben meist nicht die Möglichkeit, mit den technischen tivation der Bewerber gesehen werden (Oberholzer- Entwicklungen in den Betrieben mitzuhalten. Gee 2008). Neben den Problemen, die sich aus dem Verlust arbeitsrelevanter Fähigkeiten ergeben, spielt es demnach eine wichtige Rolle, wie potenzielle Ar- beitgeber spezielle beschäftigungsrelevante Persön- i Datenbasis IAB-Stellenerhebung lichkeitsmerkmale Langzeitarbeitsloser einschätzen und wie sie die Kenntnisse und Fähigkeiten der Be- Grundlage für die vorliegenden Analysen bildet die IAB-Stellenerhebung (http:// www.iab.de/Stellenerhebung). Dies ist eine repräsentative Befragung von Betrie- werber beurteilen. ben in Deutschland, die seit 1989 jeweils im vierten Quartal eines Jahres durch- geführt wird. Jährlich beteiligen sich zwischen 11.500 und 15.000 Betriebe und Verwaltungen an der Befragung. Sie repräsentieren einen Querschnitt von Be- Berücksichtigung langzeitarbeitsloser trieben in sieben Betriebsgrößenklassen und 23 Wirtschaftszweigen in Ost- und Bewerber durch die Betriebe Westdeutschland. Für die Auswertungen werden die Befragungsergebnisse auf die Gesamtheit aller Betriebe in Deutschland hochgerechnet. Personalverantwortliche werden im Rahmen der In den Jahren 2011 bis 2016 wurden die teilnehmenden Betriebe gefragt, ob sie im IAB-Stellenerhebung gefragt, ob sie bereit sind, im Einstellungsprozess arbeitslose Bewerber im Allgemeinen und Langzeitarbeitslose Einstellungsprozess Bewerber mit unterschiedlicher im Besonderen berücksichtigen, bzw. berücksichtigen würden. Die Frage lautete: Arbeitslosigkeitsdauer zu berücksichtigen. Dies be- „Berücksichtigen Sie bei Ihren Stellenbesetzungen die Bewerbungen arbeitslo- deutet nicht, dass die Personen tatsächlich einge- ser Personen bzw. würden Sie diese berücksichtigen?“ stellt wurden. Vielmehr geht es bei dieser Frage um Im Jahr 2016 wurden die Betriebe zusätzlich gebeten, die arbeitsrelevanten Eigen- die grundsätzliche Bereitschaft, die Bewerbungen schaften Langzeitarbeitsloser zu bewerten: „Bitte beurteilen Sie Langzeitarbeitslose, d. h. Personen, die länger als ein Jahr Langzeitarbeitsloser zu sichten und nicht bereits im arbeitslos waren, nach den folgenden Merkmalen.“ Vorhinein beiseitezulegen. Die zu beurteilenden Eigenschaften umfassten Zuverlässigkeit, soziale Kompetenz, Für das Jahr 2016 zeigt sich, dass 44 Prozent der Engagement, Disziplin, Flexibilität, Arbeitsmotivation, Belastbarkeit, Teamfähig- Betriebe in Deutschland Langzeitarbeitslosen im keit und fachliche Qualifikation. Die Betriebe wurden gebeten, diese arbeitsrele- Einstellungsprozess nach eigenen Angaben eine vanten Eigenschaften mit „gut“ oder „schlecht“ zu bewerten. Zusätzlich wurde die Chance geben würden (vgl. Abbildung 1). Etwa ein gleiche Frage für die Einschätzung Kurzzeitarbeitsloser gestellt, um einen Eindruck zu bekommen, ob sich diese Bewertungen unterscheiden. Drittel der Betriebe würde hingegen nur diejenigen Bewerber berücksichtigen, die maximal bis zu ei- Um Betriebe mit und ohne Erfahrung mit Langzeitarbeitslosen zu identifizieren, wurde folgende Frage gestellt: nem Jahr arbeitslos waren. Weitere 14 Prozent der „Beruhen Ihre Einschätzungen auf Erfahrungen, die Sie in den letzten 3 Jahren Betriebe geben an, keine arbeitslosen Bewerber in in Ihrem Betrieb/in Ihrer Verwaltungsstelle gemacht haben?“ Erwägung zu ziehen. Darüber hinaus werden Betriebe in der IAB-Stellenerhebung detailliert zum letz- Aus betrieblicher Perspektive sind die Chancen, als ten Fall einer erfolgreichen Neueinstellung befragt. Um die Einstellungschancen Langzeitarbeitsloser bei der Besetzung offener Stel- von langzeitarbeitslosen gegenüber nicht langzeitarbeitslosen Bewerbern zu schät- len berücksichtigt zu werden, zwischen 2011 und zen, werden Informationen zu den Suchwegen, Arbeitsbedingungen und zum An- forderungsniveau der zuletzt besetzten Stelle verwendet. 2016 deutlich um 11 Prozentpunkte gestiegen. Die 2 IAB-Kurzbericht 12/2018
Entwicklung der tatsächlichen Übergänge aus Lang- Hinsichtlich der Berücksichtigung Langzeitarbeits- zeitarbeitslosigkeit in Beschäftigung zeigt jedoch, loser wird eine öffentliche Bezuschussung von dass sich diese Bereitschaft letztlich nicht im glei- knapp einem Viertel der Betriebe, die bisher keine chen Maße in Neueinstellungen niederschlägt. Arbeitslosen im Einstellungsprozess berücksichtigen, Bei der Berücksichtigung langzeitarbeitsloser Be- als Bedingung genannt. Stehen keine weiteren pas- werber werden Unterschiede hinsichtlich der Größe senden Bewerberinnen und Bewerber zur Verfügung, der befragten Betriebe sichtbar (ohne Tabelle/Abbil- so wäre dies für etwa 19 Prozent der Betriebe im dung): Während etwa 40 Prozent der Kleinstbetriebe Jahr 2016 ein Grund gewesen, Langzeitarbeitslose mit einem bis neun Beschäftigten Langzeitarbeitslo- im Einstellungsprozess in Betracht zu ziehen. Die- se in Betracht ziehen, gilt dies für knapp zwei Drittel ser Wert ist seit 2014 um 4 Prozentpunkte gesunken, (64 %) der großen Betriebe mit mehr als 250 Be- obwohl inzwischen jeder dritte Betrieb von Schwie- schäftigten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass kleine rigkeiten bei der Stellenbesetzung berichtet (Bossler Betriebe grundsätzlich mehr Vorurteile gegenüber et al. 2017). Möglicherweise handelt es sich hierbei langzeitarbeitslosen Bewerbern haben. Vielmehr um Betriebe, die speziell ausgebildete Fachkräfte sind die Anforderungen an die einzelnen Mitarbeiter oder Akademiker suchen, die sie unter den langzeit- in kleinen Betrieben möglicherweise komplexer als arbeitslosen Bewerbern nicht vermuten. in den großen, stärker arbeitsteilig organisierten Be- trieben. Zudem gibt es in größeren Betrieben gene- Abbildung 1 rell mehr Einstellungen, sodass die Wahrscheinlich- Berücksichtigung von Bewerbern mit unterschiedlicher keit, auf einer der Stellen eine langzeitarbeitslose Arbeitslosigkeitsdauer im Einstellungsprozess von Betrieben Person berücksichtigen zu können, entsprechend hö- Anteile an allen Betrieben in Prozent her ist. Darüber hinaus haben gerade kleine Betriebe häufig nicht die Kapazitäten, die unter Umständen keine Angabe 9 7 9 9 12 15 Bewerber werden berücksichtigt, … 8 aufwendigere und längere Einarbeitung ehemaliger 15 18 14 … nur, wenn sie 17 12 Langzeitarbeitsloser zu ermöglichen. nicht arbeitslos sind 24 … auch dann, wenn sie nur 22 21 23 23 wenige Monate arbeitslos waren 22 Umstände, unter denen Langzeit- … auch dann, wenn sie bis zu 17 13 17 17 arbeitslose berücksichtigt würden einem Jahr arbeitslos waren 16 16 Um das Potenzial für zusätzliche Beschäftigungs- … auch dann, wenn sie länger als 44 38 42 ein Jahr arbeitslos waren 33 34 35 chancen Langzeitarbeitsloser näher zu betrachten, werden im Folgenden nur die Antworten solcher Be- triebe ausgewertet, die angaben, diesen Personen- 2011 2012 2013 2014 2015 2016 kreis bisher nicht zu berücksichtigen. Danach gefragt, Quelle: IAB-Stellenerhebung 2011 bis 2016. © IAB unter welchen Umständen sie Langzeitarbeitslosen eine Chance geben würden, antwortete über die Hälfte dieser Betriebe, dass das bei einer persönli- Tabelle 1 chen Empfehlung der Fall wäre (vgl. Tabelle 1). Im Unter welchen Bedingungen würden Betriebe langzeitarbeitslose Jahr 2016 wurde diese Antwortkategorie nach priva- Bewerber berücksichtigen? ten Kontakten und Arbeitskontakten unterschieden Anteile an den Betrieben, die keine Langzeitarbeitslosen berücksichtigen, in Prozent (Mehrfachnennungen möglich) und es wurde deutlich, dass beide relevant sind, den Arbeitskontakten jedoch ein noch größeres Gewicht Langzeitarbeitslose würden berücksichtigt, 2012 2013 2014 2015 2016 wenn … zukommt. Insgesamt unterstreicht dies die Bedeu- … sie Lohnzugeständnisse machen würden 7 8 9 10 7 tung sozialer Kontakte bei der Jobsuche: Anhand von … sie öffentlich bezuschusst würden 25 30 29 28 23 Informationen aus der IAB-Stellenerhebung konnte … es sonst keine passenden Bewerber gäbe 19 21 23 22 19 wiederholt gezeigt werden, dass für etwa die Hälf- … eine persönliche Empfehlung erfolgte 1) 49 54 56 55 – te aller Neueinstellungen in sozialversicherungs … eine Empfehlung über persönliche private Kontakte erfolgte 35 pflichtige Beschäftigung persönliche Kontakte als … eine Empfehlung über persönliche Arbeitskontakte erfolgte 44 ein Weg der Personalsuche genutzt werden und dass 1) Im Jahr 2016 wurde diese Kategorie nach privaten und Arbeitskontakten unterschieden. bei knapp einem Drittel dieser Weg auch erfolgreich Quelle: IAB-Stellenerhebung 2012 bis 2016. © IAB ist (Brenzel et al. 2016). IAB-Kurzbericht 12/2018 3
Arbeitsrelevante Eigenschaften der Sozialkompetenz, Arbeitsmotivation, Zuverlässig- Arbeitslosen aus betrieblicher Sicht keit etc. thematisiert. Diese Eigenschaften konnten mit „gut“ oder „schlecht“ bewertet werden. Abbil- Die befragten Betriebe wurden gebeten, die arbeits- dung 2 zeigt die positiven Einschätzungen der Be- relevanten Eigenschaften kurz- und langzeitarbeits- triebe für Langzeitarbeitslose im Vergleich zu Kurz- loser Personen einzuschätzen. Neben der beruflichen zeitarbeitslosen. Qualifikation wurden „soft skills“ wie Belastbarkeit, Personen mit kürzerer Arbeitslosigkeit schneiden bei der Gegenüberstellung deutlich besser ab: Im Hinblick auf einige ihrer arbeitsrelevanten Eigen- Abbildung 2 schaften werden sie von über 90 Prozent der Be- Einschätzung der arbeitsrelevanten Eigenschaften Langzeitarbeitsloser und Kurzzeitarbeitsloser triebe mit „gut“ bewertet. Etwas seltener werden Anteile der Betriebe, die die jeweiligen Eigenschaften mit „gut“ bewerten, in Prozent; lediglich die Flexibilität (80 %) und die Belastbarkeit sortiert nach der positiven Einschätzung bei Langzeitarbeitslosen (78 %) der Kurzzeitarbeitslosen als „gut“ eingestuft. Langzeitarbeitslose Kurzzeitarbeitslose Bei der Einschätzung Langzeitarbeitsloser zeigt sich ein anderes und deutlich differenzierteres Bild. 57 Teamfähigkeit 90 Bei ihnen werden Teamfähigkeit (57 %) und Sozial- kompetenz (51 %) am häufigsten mit „gut“ bewertet, 51 Soziale Kompetenz 93 während sie vor allem im Hinblick auf die Belastbar- 43 keit (29 % „gut“) schlechter beurteilt werden. Zuverlässigkeit 91 Die positiven Einschätzungen Langzeitarbeitsloser 41 liegen bei Disziplin, Arbeitsmotivation, Zuverlässig- Flexibilität 80 keit, Engagement und fachlicher Qualifikation um Engagement 39 rund 50 Prozentpunkte unter den Werten für Kurz- 89 zeitarbeitslose. Andererseits schätzen etwa zwei Fachliche Qualifikation 38 Fünftel der befragten Personalverantwortlichen 86 genau diese arbeitsrelevanten Eigenschaften von 37 Langzeitarbeitslosen als „gut“ ein. Disziplin 88 Die Betriebe sollten zudem angeben, welche drei 37 Arbeitsmotivation 87 der abgefragten Eigenschaften für die Einstellung eines langzeitarbeitslosen Bewerbers aus ihrer Sicht 29 Belastbarkeit 78 am wichtigsten sind. Dabei zeigt sich, dass vor allem die Zuverlässigkeit einen sehr hohen Stellenwert ein- Die Unterschiede zwischen den Gruppen sind mindestens auf dem 1 %-Niveau signifikant. nimmt. Mit deutlichem Abstand folgen Arbeitsmoti- Quelle: IAB-Stellenerhebung 2016. © IAB vation und die fachliche Qualifikation (vgl. Tabelle 2). Über die Hälfte der befragten Betriebe halten diese Tabelle 2 drei Aspekte für besonders relevant bei der Einstel- Relevante Merkmale bei der Einstellung Langzeitarbeitsloser lung Langzeitarbeitsloser. Bei Kurzzeitarbeitslosen Anteile an allen Betrieben in Prozent, sortiert nach der Summe der Merkmale wird die Bedeutung arbeitsrelevanter Merkmale ins- gesamt sehr ähnlich eingeschätzt (ohne Abbildung/ wichtigstes zweitwichtigstes drittwichtigstes Summe Tabelle). Merkmal Merkmal Merkmal Zuverlässigkeit 54 11 11 76 Die Bewertung arbeitsloser Bewerber hinsichtlich Arbeitsmotivation 10 28 19 56 ihrer arbeitsrelevanten Eigenschaften kann durch Fachliche Qualifikation 22 8 19 50 Erfahrungen oder Vorurteile geprägt sein. In einem Engagement 5 15 7 27 weiteren Schritt wurden die Betriebe deshalb da- Teamfähigkeit 2 7 16 25 nach unterschieden, ob ihre Einschätzungen auf Er- Belastbarkeit 2 9 14 25 fahrungen beruhen, die sie in den letzten drei Jahren Flexibilität 1 8 7 15 in ihrem Betrieb gesammelt hatten, oder nicht (vgl. Soziale Kompetenz 2 7 4 14 Abbildung 3). Dabei zeigt sich, dass Betriebe, die Disziplin 1 6 4 12 bereits Erfahrung mit Langzeitarbeitslosen gemacht Quelle: IAB-Stellenerhebung 2016. © IAB haben, deren Eigenschaften signifikant schlechter bewerten als Betriebe ohne solche Erfahrungen. Dies 4 IAB-Kurzbericht 12/2018
trifft vor allem auf Flexibilität, Belastbarkeit, Enga- Abbildung 3 gement, Disziplin, aber auch auf Arbeitsmotivation, Einschätzung der arbeitsrelevanten Eigenschaften Langzeitarbeitsloser Zuverlässigkeit und die fachliche Qualifikation zu. von Betrieben mit und ohne Erfahrung mit Langzeitarbeitslosen Gerade die letzten drei Aspekte wurden zuvor als Anteile der Betriebe, die die jeweiligen Eigenschaften mit „gut“ bewerten, an den besonders wichtige Merkmale im Einstellungspro- Betrieben mit und ohne Erfahrung, in Prozent; sortiert nach positiver Einschätzung der Betriebe, die Erfahrung mit Langzeitarbeitslosen haben zess genannt. Betriebe, die bereits Erfahrungen mit Langzeitar- Betriebe … mit Erfahrung ohne Erfahrung beitslosen gesammelt haben, bewerten deren Team- 56 fähigkeit und Sozialkompetenz zwar auch etwas Teamfähigkeit 58 schlechter als Betriebe ohne Erfahrung, allerdings 49 werden diese Aspekte deutlich besser eingeschätzt Soziale Kompetenz 53 als die anderen arbeitsrelevanten Eigenschaften. Flexibilität 38 Nach Ansicht dieser Betriebe besteht bei Langzeit- 45 arbeitslosen ein „Nachholbedarf“ vor allem bei der 37 Zuverlässigkeit 50 Belastbarkeit – sie wird nur von 25 Prozent der Be- fragten als „gut“ beurteilt. Engagement 35 45 34 Fachliche Qualifikation Maßnahmen, die die Beschäfti- 43 gungschancen Langzeitarbeitsloser 32 Arbeitsmotivation verbessern könnten 44 32 Ausgehend von den relevanten Merkmalen für die Disziplin 45 Einstellung Langzeitarbeitsloser (vgl. Tabelle 2) las- 25 Belastbarkeit 34 sen sich einige Maßnahmen ableiten, die sich positiv auf die Beschäftigungschancen Langzeitarbeitsloser Die Unterschiede zwischen den Gruppen sind mindestens auf dem 1 %-Niveau signifikant. auswirken sollten. In der IAB-Stellenerhebung wur- Quelle: IAB-Stellenerhebung 2016. © IAB den die Betriebe, die bereits Erfahrung mit Langzeit- arbeitslosen hatten, gefragt, welche Maßnahmen deren Beschäftigungsfähigkeit verbessern könnten. nahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliede- Am ehesten sei dies nach Angaben der Befragten rung (MAbE) im SGB II zeigt (Harrer et al. 2017). mit Maßnahmen zur fachlichen Qualifizierung zu Die Förderung von „soft skills“ ist ein komplexeres erreichen (69 % Zustimmung, ohne Abbildung). Aber und schwerer zu fassendes Feld. Aus betrieblicher auch die Verbesserung von „soft skills“, vor allem Perspektive wird hier vor allem die Verbesserung der Belastbarkeit (53 %) und der Motivation (51 %), der Belastbarkeit und der Motivation als notwen- spielen für die Betriebe eine wichtige Rolle. Die dig betrachtet. Es ist denkbar, dass solche „soft Teamfähigkeit von Langzeitarbeitslosen wird zwar skills” durch die langsame Heranführung an den generell relativ positiv bewertet (vgl. Abbildungen 2 Arbeitsmarkt, möglicherweise über niedrigschwelli- und 3), dennoch sehen Betriebe auch hier (30 %), ge, arbeitsmarktnahe Maßnahmen gestärkt werden wie beim Zeitmanagement (18 %), noch gewisse können. Für Personen, die schon längere Zeit nicht Nachholbedarfe. beschäftigt waren, könnte der Wiedereinstieg in Die Bundesagentur für Arbeit (BA) bietet Arbeits- das Arbeitsleben durch Betriebsakquisiteure sowie losen eine Reihe von Fort- und Weiterbildungsmaß- intensives Coaching und Nachbetreuung erleichtert nahmen an. Die Palette reicht vom Bewerbungstrai- werden.2 Zudem könnte die Stärkung ihres Selbst- ning über verschiedene berufliche Weiterbildungen wertgefühls sinnvoll sein, denn gerade lange Ar- bis zur außerbetrieblichen Berufsausbildung. Bei beitslosigkeit hat einen stark negativen Einfluss dar- fachlichen Qualifizierungen sollte darauf geachtet auf. Erste Ansätze hierzu können bereits durch einen werden, dass sie bedarfsgerecht, eventuell in Zusam- vertrauensvollen Umgang zwischen Vermittler und menarbeit mit den Betrieben, erfolgen. Denn Maß- Arbeitslosen erreicht werden. Dafür ist ein Betreu- nahmen bei einem Arbeitgeber führen, im Vergleich zu solchen bei einem Träger, zu weit höheren Ein- 2 Solche Angebote werden derzeit im ESF-Bundesprogramm zur gliederungseffekten, wie die Evaluation von Maß- Eingliederung langzeitarbeitsloser Leistungsberechtigter erprobt. IAB-Kurzbericht 12/2018 5
ungsschlüssel von Nöten, der dem Arbeitsvermittler 2015) bzw. die sich aus den qualifikationsspezifi- die dafür notwendige Zeit einräumt. schen Arbeitslosenquoten ableiten lassen. Ein Groß- teil der Langzeitarbeitslosen ist gering qualifiziert. Je geringer die schulische und insbesondere die beruf- Tatsächliches Einstellungsverhalten liche Bildung einer Person sind, desto höher ist die gegenüber Langzeitarbeitslosen qualifikationsspezifische Arbeitslosenquote (Söhn- Die Berücksichtigung im Einstellungsprozess und lein et al. 2017). die Einschätzungen der Betriebe sagt nur bedingt Üblicherweise kann davon ausgegangen werden, etwas über die tatsächliche Einstellungsbereit- dass Stellen mit geringem Anforderungsniveau für schaft gegenüber Langzeitarbeitslosen aus. Zwar Langzeitarbeitslose häufiger relevant sind als solche waren in den Betrieben, die langzeitarbeitslose Be- mit höherem Anforderungsniveau. Werden beispiels- werber berücksichtigen, etwa 22 Prozent der neu weise Führungskompetenzen erwartet, sinkt die Ein- eingestellten Personen zuvor arbeitslos und davon stellungswahrscheinlichkeit um 1,7 Prozentpunkte. wiederum jeder Fünfte langzeitarbeitslos. Doch für Entsprechend werden im Folgenden die Chancen der welche Stellen kommen Langzeitarbeitslose in Be- Einstellung Langzeitarbeitsloser in unterschiedlichen tracht und unter welchen Bedingungen werden sie Berufsgruppen im Verhältnis zu den Reinigungsbe- schließlich eingestellt? rufen betrachtet. Es wird deutlich, dass die Einstel- Im Folgenden werten wir Angaben der Betriebe lungswahrscheinlichkeit Langzeitarbeitsloser für zum Fall der letzten erfolgreichen Neueinstellung Stellen in den Fertigungsberufen (-2,0 Prozentpunk- aus. In der IAB-Stellenerhebung werden sie gefragt, te), in Gesundheitsberufen (-2,1 Prozentpunkte), in ob die zuletzt eingestellte Person zuvor langzeitar- geisteswissenschaftlichen Berufen (-2,8 Prozent- beitslos war, welche Suchwege verwendet wurden punkte), in IT-Berufen und naturwissenschaftlichen und ob besondere Kenntnisse oder Qualifikationen Dienstleistungen (-2,9 Prozentpunkte) sowie in den erwartet wurden. Anhand logistischer Regressionen Verkehrs- und Logistikberufen (-1,6 Prozentpunk- lässt sich ermitteln, unter welchen Bedingungen Be- te) geringer ausfallen. In anderen Bereichen wie triebe Langzeitarbeitslose mit einer höheren Wahr- Land- und Forstwirtschaft, Gartenbauberufe, im Le- scheinlichkeit einstellen. Tabelle 3 (Seite 7) zeigt für bensmittel- und Gastgewerbe, auf dem Bau oder in eine Reihe von Merkmalen der zu besetzenden Stel- Sicherheitsberufen, aber auch im Dienstleistungssek- le, in welchem Ausmaß diese die Einstellungswahr- tor sind die Einstellungswahrscheinlichkeiten nicht scheinlichkeit Langzeitarbeitsloser im Vergleich zu signifikant verschieden von den Reinigungsberufen. anderen Bewerbern (Kurzzeitarbeitslose und nicht Möglicherweise ließen sich gerade in den Verkehrs- arbeitslose Personen) verändern. und Logistikberufen Beschäftigungspotenziale für Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Betrieb als letz- Langzeitarbeitslose erschließen, indem verstärkt tes eine langzeitarbeitslose Person eingestellt hat, besonders abgestimmte berufliche Weiterbildungs- lag im Durchschnitt der Jahre 2015 und 2016 bei maßnahmen eingesetzt werden – zumal in diesen 4,4 Prozent. Die in Tabelle 3 ausgewiesenen durch- Berufen vermehrt Engpässe zu beobachten sind. schnittlichen marginalen Effekte können als Verän- Bei Stellen, deren Arbeitsbedingungen durch derung der Einstellungswahrscheinlichkeit in Pro- körperliche Belastungen, kurzfristige Änderungen zentpunkten interpretiert werden. der Arbeitszeit, aber auch durch Schicht- oder Wo- So ist die geforderte Qualifikation überaus rele- chenendarbeit gekennzeichnet sind, ist die Wahr- vant: Die Wahrscheinlichkeit, einen langzeitarbeits- scheinlichkeit, dass eine langzeitarbeitslose Person losen Bewerber einzustellen, steigt um 3,6 Prozent- eingestellt wird, nicht signifikant verschieden von punkte, wenn für eine Stelle kein Berufsabschluss anderen Stellen. Dagegen ist die Einstellungswahr- erforderlich ist (gegenüber einer Stelle, für die ein scheinlichkeit für Langzeitarbeitslose etwas höher, Ausbildungsabschluss erforderlich ist). Für eine Stel- wenn die Tätigkeiten durch Hitze, Schmutz und Lärm le, die einen Hochschulabschluss verlangt, ist die sowie kurzfristige Änderungen des Arbeitsinhaltes Wahrscheinlichkeit, eine langzeitarbeitslose Person geprägt sind. Auf Stellen mit Zeit- und Termindruck, einzustellen, um 1,9 Prozentpunkte niedriger als bei Überstunden und wechselnden Arbeitsorten werden der Referenzkategorie. Dies entspricht den Erwar- Langzeitarbeitslose hingegen mit einer geringeren tungen, die sich schon aus den Strukturmerkmalen Wahrscheinlichkeit eingestellt als auf Stellen ohne der Langzeitarbeitslosen ergeben (Bruckmeier et al. solche Anforderungen. Dies sind jedoch auch Merk- 6 IAB-Kurzbericht 12/2018
male, die generell eher auf Stellen hindeuten, für die Tabelle 3 höhere Qualifikationen und längere Berufserfahrung Effekte der betrieblichen und stellenspezifischen Merkmale auf die erwartet werden. Einstellungschancen Langzeitarbeitsloser gegenüber anderen Bewerbern Unabhängig davon, ob die betriebliche Stellen- Logistische Regression suche eher über externe Suchwege wie Anzeigen marginale Effekte oder Stellenbörsen, oder über interne Suchwege und geforderte Qualifikation (Referenz: Ausbildungsabschluss) persönliche Kontakte erfolgt, unterscheiden sich kein Berufsabschluss 0,036 *** die Einstellungschancen Langzeitarbeitsloser nicht Hochschulabschluss -0,019 ** signifikant von den Chancen der übrigen Bewerber. besondere Kenntnisse Dies deutet darauf hin, dass Langzeitarbeitslose längere Erfahrung in diesem Berufsfeld -0,005 nicht überdurchschnittlich häufig von persönlichen Sozialkompetenz 0,001 Führungskompetenz -0,017 * Empfehlungen profitieren. Wenig überraschend ist, Berufsgruppe (Referenz: Reinigungsberufe) dass die Einstellungswahrscheinlichkeit Langzeitar- Land- und Forstwirtschaft, Gartenbauberufe -0,006 beitsloser steigt, wenn der suchende Betrieb die Ar- Fertigungsberufe -0,020 ** beitsagentur einschaltet (+1,4 Prozentpunkte) und Fertigungstechnische Berufe -0,012 um 0,8 Prozentpunkte geringer ist, wenn die Stelle Bau- und Ausbauberufe -0,007 Lebensmittel- und Gastgewerbeberufe -0,011 unbefristet ist. Wird eine Stelle mit einem Lohnkos- Medizinische und nichtmedizinische Gesundheitsberufe -0,021 ** tenzuschuss gefördert, der die geringere Produktivi- Geisteswissenschaftler und Künstler -0,028 *** tät der langzeitarbeitslosen Bewerber ausgleichen Handelsberufe -0,013 soll, steigt deren Einstellungswahrscheinlichkeit um Berufe in Unternehmensführung und -organisation -0,008 7,8 Prozent. Unternehmensbezogene Dienstleistungsberufe -0,005 IT- und naturwissenschaftliche Dienstleistungen -0,029 * Zudem erhöhen sich die Einstellungschancen, Sicherheitsberufe -0,025 wenn ein Betrieb Schwierigkeiten hat, geeignete Be- Verkehrs- und Logistikberufe -0,016 ** werber zu finden (+1,0 Prozentpunkt). Offenbar sind Arbeitsbedingungen solche Betriebe kompromissbereiter im Hinblick auf Hitze, Schmutz, Lärm etc. 0,011 ** ihre Anforderungen. Vor allem kleine Betriebe haben körperliche Belastungen -0,002 Termin- und Zeitdruck -0,013 ** häufiger Schwierigkeiten, vakante Stellen zu beset- Überstunden -0,011 ** zen. Obwohl Großbetriebe häufiger bereit sind, lang- kurzfristige Änderungen des Arbeitsinhaltes 0,007 * zeitarbeitslose Bewerber zu berücksichtigen, sind kurzfristige Änderungen der Arbeitszeit -0,003 deren Einstellungschancen in Kleinstbetrieben (bis 9 wechselnder Arbeitsort -0,012 *** Beschäftigte) und in kleinen Betrieben (bis 49 Be- Schicht- und Nachtarbeit -0,001 Wochenenddienste -0,004 schäftigte) um 3,1 bzw. 1,8 Prozentpunkte höher als Stellensuche in Großbetrieben. Das liegt insbesondere daran, dass externe Stellensuche -0,005 es viel mehr kleine als große Betriebe gibt und rund Stellensuche mithilfe der Arbeitsagenturen oder Jobcenter 0,014 *** 44 Prozent aller Neueinstellungen in Betrieben mit interne Stellensuche oder über persönliche Kontakte 0,001 unter 50 Beschäftigten stattfinden, aber nur 24 Pro- Zahl der Suchwege -0,001 Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung 0,010 ** zent in großen Betrieben mit über 250 Beschäftigten Art der Stelle (Bossler et al. 2017). unbefristet -0,008 ** Hinsichtlich der Wirtschaftsbereiche zeigen sich mit Lohnkostenzuschuss gefördert 0,078 *** hingegen keine signifikanten Unterschiede, ausge- Betriebsgröße (Referenz: 250 und mehr Beschäftigte) nommen die höhere Einstellungsbereitschaft bei den 1 bis 9 Beschäftigte 0,031 *** 10 bis 49 Beschäftigte 0,018 ** „Privaten, sozialen und öffentlichen Dienstleistungen“ 50 bis 249 Beschäftigte 0,004 (+1,2 Prozentpunkte). Auch die Zeitarbeitsbranche Wirtschaftszweig (Referenz: Finanzen, Versicherung, Immobilien, unterscheidet sich hinsichtlich der Einstellungen freiberufliche Dienste, wirtschaftliche Dienstleistungen) Langzeitarbeitsloser nicht signifikant von der Refe- Land- und Forstwirtschaft, Fischerei -0,006 Verarbeitendes Gewerbe, Energie und Bergbau, Wasser -0,005 renzbranche („Finanzen, Versicherung, Immobilien, Baugewerbe -0,007 freiberufliche Dienste, wirtschaftliche Dienstleis- Handel, Gastgewerbe, Verkehr, Lagerei, Information, Kommunikation -0,009 tungen”). Schließlich ist die Einstellungsbereitschaft Zeitarbeit 0,012 gegenüber Langzeitarbeitslosen in Ostdeutschland Private, soziale und öffentliche Dienstleistungen 0,012 ** etwas höher als in Westdeutschland (+1,6 Prozent- Westdeutschland -0,016 *** punkte). Signifikanzniveau: *** p
Fazit Netzwerke und Kontakte verfügen. Hier könnten die Arbeitsagenturen und Jobcenter versuchen, mög- Die positiven Tendenzen bei der Entwicklung von Ar- lichst geeignete und motivierte langzeitarbeitslose beitslosigkeit und Beschäftigung haben – nach jah- Bewerber und potenzielle Arbeitgeber zusammen- relanger Stagnation – in den Jahren 2016 und 2017 zubringen. Sicherlich wird häufig eine Weiterqua- auch die Langzeitarbeitslosigkeit erreicht. Erstmals lifizierung oder eine Arbeitserprobung nötig sein, seit 2010 ist ein deutlicher Rückgang der Langzeit- gegebenenfalls über einen Lohnkostenzuschuss ge- Dr. Martina Rebien arbeitslosigkeit auszumachen. Dennoch bleibt die fördert, der eine zunächst geringere Produktivität ist Mitarbeiterin im Forschungs Arbeitsmarktlage schwierig für Personen, die bereits des Bewerbers ausgleicht. Dennoch kann sich dieser bereich „Arbeitsmarktprozesse und Institutionen“ im IAB. seit einem Jahr oder länger keiner Erwerbstätigkeit Aufwand lohnen – im Einzelfall unterstützt durch martina.rebien@iab.de mehr nachgegangen sind. eine sozialpädagogische Begleitung –, damit Lang- Die IAB-Stellenerhebung zeigt, dass 44 Prozent zeitarbeitslose die Möglichkeit bekommen, sich im der Betriebe langzeitarbeitslose Bewerber berück- Arbeitsalltag zu beweisen und sich wieder dauerhaft sichtigen oder berücksichtigen würden. Dabei sind in den Arbeitsmarkt zu integrieren. aus Sicht der Personalverantwortlichen Zuverlässig- keit und Arbeitsmotivation sogar wichtiger als die Literatur fachliche Qualifikation. Gerade die erstgenannten Beste, Jonas; Trappmann, Mark (2016): Erwerbsbedingte Ab- Eigenschaften werden jedoch von Arbeitgebern, de- gänge aus der Grundsicherung: Der Abbau von Hemmnis- sen macht‘s möglich. IAB-Kurzbericht Nr. 21, Nürnberg. ren Bewertung auf Erfahrungen mit vormals Lang- Bossler, Mario; Kubis, Alexander; Moczall, Andreas (2017): Dr. Thomas Rothe zeitarbeitslosen beruht, schlechter eingeschätzt als Neueinstellungen im Jahr 2016: Große Betriebe haben im ist Mitarbeiter im Forschungs- in Betrieben ohne diese Erfahrung. Solche Defizite Wettbewerb um Fachkräfte oft die Nase vorn. IAB-Kurzbe- bereich „Arbeitsmarktprozesse richt Nr. 18, Nürnberg. und Institutionen“ im IAB. bei den „soft skills” Langzeitarbeitsloser gilt es mit Bramoullé, Yann; Saint-Paul, Gilles (2010): Social Networks thomas.rothe@iab.de geeigneten Maßnahmen abzubauen. and Labor Market Transitions. In: Labour Economics, Jg. 17, Grundsätzlich werden Langzeitarbeitslose häufiger S. 188-195. Brenzel, Hanna; Czepek, Judith; Kubis, Alexander; Moczall, in kleineren Betrieben, im Wirtschaftszweig „Priva- Andreas; Rebien, Martina; Röttger, Christof; Szameitat, te, soziale und öffentliche Dienstleistungen“ und auf Jörg; Warning, Anja; Weber, Enzo (2016): Neueinstellungen Stellen mit geringem Anforderungsniveau eingestellt. im Jahr 2015: Stellen werden häufig über persönliche Kon- takte besetzt. IAB-Kurzbericht Nr. 4, Nürnberg. Auch werden Langzeitarbeitslose eher berücksichtigt, Bruckmeier, Kerstin; Lietzmann, Torsten; Rothe, Thomas; Saile, wenn der Betrieb Schwierigkeiten bei der Stellenbe- Anna-Theresa (2015): Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB II: Langer Leistungsbezug ist nicht gleich Lang- setzung hat. Tatsächlich scheint sich die Wahrschein- zeitarbeitslosigkeit. IAB-Kurzbericht Nr. 20, Nürnberg. lichkeit, langzeitarbeitslose Bewerber einzustellen, Bundesagentur für Arbeit (2017): Blickpunkt Arbeitsmarkt bei zunehmenden Fachkräfteengpässen tendenziell - Die Arbeitsmarktsituation von langzeitarbeitslosen Men- schen 2016, Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung, Nürn- zu erhöhen. Da auch die Stellensuche mithilfe der berg. Arbeitsagenturen und Jobcenter mit einer erhöhten Harrer, Tamara; Moczall, Andreas; Wolff, Joachim (2017): Einstellungswahrscheinlichkeit Langzeitarbeitsloser Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliede- rung: Höhere Beschäftigungseffekte für Langzeitarbeitslo- verbunden ist, dürfte eine noch stärkere Adressie- se. IAB-Kurzbericht Nr. 26, Nürnberg. rung von Betrieben mit Stellenbesetzungsschwierig- Klinger, Sabine; Rothe, Thomas (2010): Entwicklung der Lang- keiten bei der Vermittlung Früchte tragen. zeitarbeitslosigkeit in Aufschwung und Krise. In: Wirt- schaftsdienst, Jg. 90, H. 9, S. 632-634. Nach Einschätzung der Mehrzahl der befragten Oberholzer-Gee, Felix (2008): Nonemployment stigma as ra- Betriebe würden langzeitarbeitslose Bewerber eher tional herding: A field experiment. In: Journal of Economic berücksichtigt werden, wenn ihre Bewerbung mit Behavior und Organisation, Jg. 65, S. 30-40. Söhnlein, Doris; Weber, Brigitte; Weber, Enzo; Leber, Ute einer persönlichen Empfehlung aus dem privaten (2017): Qualifikationsspezifische Arbeitslosigkeit. In: Ar- oder Arbeitsumfeld einherginge. Je länger eine Per- beitsmarkt kompakt: Analysen, Daten, Fakten. IAB-Biblio- son arbeitslos ist, desto weiter entfernt sie sich auch thek 363, S. 54-56. Walwei, Ulrich (2017): Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit: vom Arbeitsmarkt. Das kann dazu führen, dass gera- Der Weg ist steinig und schwer. In: Wirtschaftsdienst Nr. 9, de Langzeitarbeitslose nicht mehr über die nötigen S. 621-628. Impressum IAB-Kurzbericht Nr. 12, 15.5.2018 Herausgeber: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit, 90327 Nürnberg Redaktion: Elfriede Sonntag Graphik & Gestaltung: Monika Pickel Fotos: Jutta Palm-Nowak Druck: Erhardi Druck GmbH, Regensburg Rechte: Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des IAB Bezug: IAB-Bestellservice, c/o wbv Media GmbH & Co. KG, Auf dem Esch 4, 33619 Bielefeld; Tel. 0911-179- 9229 (es gelten die regulären Festnetzpreise, Mobilfunkpreise können abweichen); Fax: 0911-179-9227; E-Mail: iab-bestellservice@wbv.de IAB im Internet: www. iab.de. Dort finden Sie u. a. diesen Kurzbericht zum kostenlosen Download Anfragen: iab.anfragen@iab.de oder Tel. 0911-179-5942 ISSN 0942-167X 8 IAB-Kurzbericht 12/2018
Sie können auch lesen