Zwerggalaxien im Infraroten - DISSERTATION - Marcus J utte
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Zwerggalaxien im Infraroten DISSERTATION zur Erlangung des Grades eines Doktors der Naturwissenschaften in der Fakultat fur Physik und Astronomie der Ruhr-Universitat Bochum von Marcus Jutte aus Essen Bochum 1999
Disputation am 26.01.2000 1. Gutachter: Prof.Dr. R. Chini 2. Gutachter: Prof.Dr. W. Schlosser
So eine Arbeit wird eigentlich nie fertig, "man mu sie fur fertig erklaren, wenn man nach Zeit und Umstanden das moglichste getan hat.\ J.W. v. Goethe: "Italienische Reise, 16.3.1787\
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 2 Die Stichproben 5 2.1 Sm und Im Galaxien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2 BCD Galaxien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.3 dE Galaxien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3 Beobachtungsmaterial 9 3.1 Daten aus der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3.1.1 Integrale B -Helligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3.1.2 HI -Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.1.3 IRAS-Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.2 Eigene Infrarot-Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.2.1 J , K 0 und Br Imaging mit IRAC . . . . . . . . . . . . . 11 3.2.2 J und K 0 Imaging mit MAGIC . . . . . . . . . . . . . . . 11 4 Nah-Infrarot-Beobachtungen 13 4.1 Reduktion der Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4.2 Kalibration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 4.3 Integrale J und K Helligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 4.3.1 Leuchtkrafte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 i
ii INHALTSVERZEICHNIS 5 Ergebnisse 21 5.1 Globale Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 5.1.1 Durchmesser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 5.1.2 Dynamische Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 5.1.3 HI -Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 5.1.4 Farbeigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 5.2 Tully-Fisher Relation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 5.3 Interstellarer Staub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 5.3.1 Staubtemperaturen und Sternentstehung . . . . . . . . . . 35 5.4 Morphologische Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 5.4.1 Konturplots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 5.4.2 Radialpro le . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 5.5 Beschreibung der Galaxien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 5.5.1 Sm Galaxien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 5.5.2 Im Galaxien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 5.5.3 BCD Galaxien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 5.5.4 dE Galaxien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 5.5.5 Typ BCD/S0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 6 Zusammenfassung und Ausblick 67 Literaturverzeichnis 71 Danksagung 77 A Flachenphotometrien der Galaxien 79 A.1 Typ Sm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 A.2 Typ Im . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
INHALTSVERZEICHNIS iii A.3 Typ BCD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 A.4 Type dE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 A.5 Typ BCD/S0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 B Galaxien-Daten 89
iv INHALTSVERZEICHNIS
Kapitel 1 Einleitung In den funfziger Jahren wurden auf tief belichteten Photoplatten des Himmels ne- ben den groen normalen Galaxien eine Vielzahl lichtschwacher, kleiner Galaxien detektiert, die man fortan als Zwerggalaxien bezeichnete. Bis in die spaten sieb- ziger Jahre beschaftigte sich jedoch nur eine kleine Gruppe von Wissenschaftlern mit der Untersuchung dieser Objekte. Obwohl man schon lange intensiv zwei ty- pische Zwerggalaxien { namlich die Magellanschen Wolken { untersuchte, dauerte es einige Jahre, bis diese Galaxienklasse bei einem breiteren Kreis von Astrophy- sikern auf Interesse stie. Ihre tiefere Erforschung wurde aber letztlich erst durch den Einsatz lichtstarker Teleskope und emp ndlicher Detektoren moglich. Die beobachtete geringe Metallizitat deutete darauf hin, da Zwerggalaxien sehr junge Objekte sein mussen und machte sie daher schnell zu Bausteinen, aus deren Verschmelzung die groen Galaxien entstanden sein konnten. Aufgrund ihrer geringen Massen sind Untersuchungen des interstellaren Mediums und der stellaren Populationen in Abwesenheit von internen groskaligen Anre- gungsmechanismen, wie stellaren Balken oder Dichtewellen, moglich [Klein 1998]. Somit ist es nicht uberraschend, da in den letzten zwanzig Jahren die Anzahl der Publikationen und Forschungsprojekte, die sich mit Zwerggalaxien beschaftigen, stark angestiegen ist. In den achtziger Jahren wurden dann speziell die Zwerggalaxien des Virgo-Haufens detailliert untersucht. Dafur standen photographische Aufnahmen dieser Region zur Verfugung, die im Laufe der Zeit durch CCD-Beobachtungen erganzt wor- den sind. Diese Arbeiten resultierten in einer morphologischen Klassi kation der Zwerggalaxien des Virgo-Haufens, die in Anlehnung an die Hubble Klassi kation gemacht wurde und im Wesentlichen drei Klassen enthalt (s.u.). Die Hubble- Sequenz der Galaxien und deren Erweiterung [de Vauc. 1976] beruht { wie die 1
2 KAPITEL 1. EINLEITUNG Klassi kation von Zwerggalaxien auch { auf Beobachtungen im optischen Spek- tralbereich. Heute wird daruber diskutiert, ob eine Evolution der Galaxien entlang dieser Sequenz existiert, oder ob die verschiedenen Galaxien-Typen unabhangig voneinander existieren. Dabei stutzt man sich auf das optische Erscheinungsbild dieser Galaxien, obwohl dieses stark durch die interstellare Extinktion innerhalb der Galaxie selbst beein ut sein kann. Mitte der achtziger Jahre gelang es erstmals, durch neuentwickelte Blendenpho- tometer Beobachtungen im nah-infraroten (NIR) Spektralbereich (1 ; 2:5 m) durchzufuhren und so die integralen NIR-Flusse von Galaxien zu bestimmen. Der NIR-Bereich hat den Vorteil, da sich bei den langeren Wellenlangen die Extinktion um den Faktor 7:::10 im Vergleich zum Visuellen verringert. Hochauf- geloste, morphologische Untersuchungen wurden aber erst durch die Entwicklung gro achiger NIR CCD-Chips zum Ende der achtziger Jahre moglich, die nun eine ganz neue Sicht auf Galaxien erlauben. Zur Zeit wird im Falle groer Galaxien heftig daruber diskutiert, welchen Ein u die Existenz und Entwicklung des Staubes auf die Morphologie einer Galaxie ha- ben kann [Block 1999], [Elmegreen 1999], [Bertin 1996]. Optisch dicke staubige Regionen in galaktischen Scheiben konnen die unterliegenden stellaren Struktu- ren vollstandig verdecken, was zur Folge hat, da die Morphologie einer Galaxie nicht durch die raumliche Verteilung ihrer Sterne sondern durch den interstellaren Staub dominiert [Block 1996] wird. Morphologie und Staubinhalt einer Galaxie sind somit eng miteinander verknupft. Aus dynamischer Sicht lat sich die Scheibe einer Spiralgalaxie in zwei Kom- ponenten trennen: die gasdominierte Population I Scheibe und die von Sternen dominierte Population II Scheibe. Die erste Komponente reprasentiert die Spiral- struktur der Galaxie (OB Assoziationen, HII -Regionen, Staub und kaltes inter- stellares HI -Gas), deren Eigenschaften sich hauptsachlich im optischen Spektral- bereich zeigen. Die Population II Scheibe beinhaltet die alte stellare Population, welche die Massenverteilung wiedergibt und somit das Ruckgrat der Galaxie bil- det. Die Emission dieser kuhleren Sterne liegt vor allem im NIR. Damit konkurieren im NIR zwei Mechanismen: Zum einen erlauben die langeren Wellenlangen einen besseren Blick auf durch Staub verdunkelte Regionen, gleich- zeitig tritt aber auch eine kuhlere stellare Komponente in den Vordergrund. Beide E ekte lassen sich nicht ohne weiteres trennen, so da die Interpretation der NIR- Strahlung und -Farben von Galaxien in der Literatur derzeit stark diskutiert wird (siehe ESO-Symposium "Spiral Galaxies In The Near-IR\ [Minitti & Rix 1995]). Die bisherigen Untersuchungen zeigen, da Starbursts in Galaxien die optischen Farben i.A. stark beein ussen, wahrend sich im NIR nur kleine A nderungen zei-
3 gen. Dies legt den Schlu nahe, da das NIR-Licht hauptsachlich von Sternen der alten Population, die optische Strahlung hingegen hauptsachlich von jungen blauen Sternen stammt. Diese einfache Interpretation erweist sich jedoch nicht immer als richtig, da auch Gebiete mit starker Sternentstehung (HII -Regionen) Strahlung im NIR emittieren. Nach dem derzeitigen Wissensstand sind dafur re- lativ junge ( 107 Jahre) Rote U berriesen [Kunth 1991] verantwortlich, deren Beitrag zur NIR-Emission auf etwa 3% geschatzt wird [Rhoads 1997]. Hingegen stammt das optische Licht der HII -Regionen hauptsachlich von massereichen jungen (< 106 Jahre) OB Sternen [Kennicut 1991]. Nach dieser Interpretation sollten HII -Regionen, die wenig bis gar keine Emission im NIR aufweisen, junger sein als HII -Regionen, die NIR Strahlung emittieren, da sie noch keine signi - kante Anzahl Roter U berriesen gebildet haben. Zusammenfassend kann gesagt werden, da die NIR Emission also hauptsachlich Sterne der alten Population nachweist, wobei ein kleiner Teil auch von jungen Roten U berriesen stammt. Die Existenz von Staub kann bei Galaxien zu extremen morphologischen Unterschieden und damit zu verschiedenen Klassi kationen im Optischen und im NIR fuhren. Es lieen sich somit sogar getrennte Klassi kations- Schemen fur die Population I und die Population II Scheibe ableiten. Jedoch ist zu beachten, da die eine Klassi kation nicht die andere ersetzten kann, da die augenblickliche Verteilung der alten Sterne Ein u auf die Verteilung des Gases und somit im weiteren auch auf die Sternentstehung in der Population I Scheibe hat. Zwerggalaxien sind im NIR bis heute nur wenig untersucht worden. Es existie- ren zwar NIR Beobachtungen einer groeren Stichprobe von Scheibengalaxien [de Jong 1994] und von Galaxien im Virgo-Haufen [Boselli 1997], jedoch sind bei- de nicht auf Zwerggalaxien fokussiert; erstere Stichprobe weist gar keine Zwerge auf, die zweite nur einige wenige. Die einzige bisherige Zwerguntersuchung im NIR beschrankt sich auf 12 Objekte im Virgo-Haufen [James 1994], was weite- re NIR-Beobachtungen besonders im Hinblick auf die oben erorterten moglichen morphologischen Besonderheiten in diesem Spektralbereich wunschenswert er- scheinen lat. Insbesondere stellt sich die Frage, ob es { wie bei groen Galaxien { Unterschiede zwischen der optischen und der NIR Morphologie gibt. Ferner ist von Interesse, ob die aus den NIR-Beobachtungen ableitbaren Parameter der Zwerggalaxien (wie z.B. Leuchtkraft und Farbeigenschaften) Unterschiede zu nor- malen Galaxien aufweisen und sich somit ein neues Klassi kationskriterium fur Zwerggalaxien aus NIR-Beobachtungen ableiten lat. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich erstmalig auf die Untersuchung von Zwerggalaxien im NIR, einer Klasse von Galaxien, die ihrer Anzahl nach die hau gste im Universum ist und deren Erforschung viel zum Verstandnis der
4 KAPITEL 1. EINLEITUNG groen normalen Galaxien beitragen kann.
Kapitel 2 Die Stichproben Die Durchmusterung des Himmels durch tief belichtete Photoplatten in den funf- ziger Jahren fuhrte zur Entdeckung kleiner, lichtschwacher Galaxien. Die Un- tersuchung der Photoplatten erfolgte damals mittels Lupe und Mikroskop. Die erste systematische Suche nach leuchtschwachen Galaxien von geringer Groe wurde von Sidney Van den Bergh 1959 auf Palomar Schmidt Platten (POSS) des David Dunlop Observatoriums durchgefuhrt [v.d. Bergh 1959]. Diese Arbeit re- sultierte im DDO-Zwerggalaxienkatalog, der 222 Zwerggalaxien au uhrt. Im Jahr 1973 vero entlichte Nilson dann den Uppsala General Catalog of Galaxies, der 687 Zwergsysteme beinhaltet und wiederum auf den POSS Himmelsdurchmuster- ungen basiert. Eine nahere Untersuchung von Zwerggalaxien wurde erst 1983 von Gibson Rea- ves an Zwergen im Virgo-Cluster durchgefuhrt [Reaves 1983]. Er de nierte die Zwerge als Galaxien, die im Gegensatz zu den normalen, hellen Galaxien eine geringere optische Flachenhelligkeit und einen kleineren Durchmesser aufweisen. Dabei werden Zwerggalaxien unterteilt in zwerg-irregulare, zwerg-spiralige und zwerg-elliptische Galaxien mit typischen absoluten Helligkeiten von MB = ;16 und Durchmessern von 6:::9 kpc im Virgo-Cluster. Eine detailliertere Untersuchung dieser Zwerge ist dann durch Sandage & Bing- geli 1984 durchgefuhrt worden und resultierte in einer genauen morphologischen Klassi kation der verschiedenen Zwergtypen [Sandage 1984], wobei die Autoren zwischen zwerg-elliptischen (dE) und Zwergen spaten Typs (Sm, Im, Blue Com- pact Dwarfs) unterscheiden. Diese Typen werden wie folgt charakterisiert: 5
6 KAPITEL 2. DIE STICHPROBEN dE-Systeme: Zwerg-elliptische Galaxien weisen eine schwache Flachenhelligkeit auf. Im Gegensatz zu normalen elliptischen Galaxien, deren Lichtpro le einem r1=4- Gesetz folgen, zeigen diese Zwerge ein acheres, exponentielles Pro l. Der U bergang von E zu dE Systemen ist ieend und liegt bei Werten von MB ;18. Die Mehrzahl von dE's im Virgo-Cluster weisen zusatzlich einen Kern von 50pc auf. dS0-Systeme: Dabei handelt es sich ebenfalls um zwerg-elliptische Systeme, die aber eine deutliche Scheibenkomponente in ihrem Lichtpro l erkennen lassen, welche elliptische Galaxien i.A. nicht aufweisen. Sm-Systeme: Dies sind Zwerggalaxien, bei denen noch leichte Spiralfragmente sichtbar sind. Meist sind diese Systeme morphologisch aber nur schwer von den ir- regularen Zwergen zu unterscheiden. Im-Systeme: Bei diesen Galaxien weisen die aueren Isophoten eine irregulare oder asym- metrische, bis hin zu einer chaotischen Form auf. Blue Compact Dwarfs (BCD): Diese kleinen, blauen und kompakten Zwerggalaxien haben teilweise fast stellaren Charakter, ohne o ensichtliche unterliegende Galaxie. Einige wei- sen jedoch auch mehrere helle Knoten auf und zeigen eine di use unterlie- gende Struktur geringer Flachenhelligkeit. Die Knoten haben Durchmesser in der Groenordnug von 100 pc. Das Emissionslinienspektrum eines BCD's ist dem einer HII -Region vergleichbar, was dazu fuhrte, da diese Galaxientypen fruher auch als HII -Galaxien bezeichnet wurden. Mit Ausnahme der BCDs, die sich durch ihr charakteristisches Emissionslinien- spektrum verraten, wurden Zwerggalaxien { historisch gesehen { einfach durch ihre Morphologie in Verbindung mit geringer Ausdehnung und Leuchtkraft de- niert. Demgema enthalten die heute in der Literatur vorhandenen Zwergga- laxienkataloge rein morphologisch selektierte Objekte. Da Zwerggalaxien kleine Durchmesser aufweisen, liegt aber die Vermutung nahe, da sie auch eine geringe- re Masse als die groen, normalen Galaxien aufweisen. Benutzt man die absolute Helligkeit MB als moglichen Massenindikator, so sollten Zwerggalaxien deutlich geringere Leuchtkrafte aufweisen. Bei den ersten Untersuchungen wurden MB
2.1. SM UND IM GALAXIEN 7 Werte im Bereich von ;15 bis ;16 festgestellt; dies wurde fortan als ein wei- teres Kriterium fur Zwerggalaxien benutzt. Inzwischen wurde diese Grenze zu helleren Galaxien hin aufgeweitet (z.B. MB ;17 [Taylor 1995]). Somit ist die De nition einer Zwerggalaxie uber die absolute Blauleuchtkraft je nach Autor um ein bis zwei Groenklassen variabel. In der Literatur werden aber gleichzeitig morphologische und Leuchtkraftkriterien verwendet, was zu einer sehr unklaren Sprachregelung gefuhrt hat, da nicht alle bei dem Begri Zwerggalaxie uber die gleichen Objekte sprechen. Zur Vermeidung von Inkonsistenzen wird in dieser Arbeit ausschlielich die morphologische De nition benutzt und Galaxien des magellanschen Typs S(d)m und Im sowie BCDs als Zwerggalaxien bezeichnet. Die Auswahl der Objekte sowie die zugrunde liegenden Zwerggalaxien-Kataloge werden im folgenden vorgestellt. 2.1 Sm und Im Galaxien Die Galaxien magellanschen Typs sind aus der Arbeit von Melisse & Israel [Melisse 1994a] (MI) ausgewahlt worden und stammen ursprunglich aus dem Kraan-Korteweg Katalog [Kraan1986] und dem RC2 Katalog [de Vauc. 1976]. Aus beiden Katalogen wurden nur solche Galaxien des Typs S(B)m und I(B)m ausgewahlt, fur die auch die korrigierte Blau-Magnitude BT bekannt ist. Die als pec (peculiar) identi zierten Galaxien wurden ausgeschlossen. Diese Aus- wahl fuhrt zu einer Stichprobe von 278 Galaxien, 162 vom Typ I(B)m und 116 vom Typ S(B)m mit bekannten optischen Eigenschaften und HI -Flussen. Die Infrarot- Flusse dieser Galaxien sind im MI-Katalog mittels des IRAS Point Sour- ce Catalog (PSC) [IRAS PSC 1988] und des IRAS Faint Source Catalog (FSC) [IRAS FSC 1989] bestimmt worden. Im Rahmen dieser Arbeit sind 20 Galaxien beobachtet worden; davon sind neun vom Typ I(B)m und elf vom Typ S(B)m. 2.2 BCD Galaxien Die Blue Compact Dwarf Galaxies sind dem Katalog von Thuan & Martin [Thuan 1981] (MRK 324, MRK 900) und dem Calan-Tololo Survey [Maza 1991] (Haro 6) entnommen. Thuan & Martin benutzten fur ihren Katalog die Prismen- durchmusterung von Markarian [Markarian 1967] und Haro [Haro 1956] mit den Selektionskriterien (a) MB ;18, (b) starke Emissionslinien im optischen Spek- trum auf einem blauen Kontinuum und (c) kompakte optische Durchmesser ( 1 kpc). Die Galaxien des Calan-Tololo Survey stammen von der Cerro Tololo
8 KAPITEL 2. DIE STICHPROBEN Objektivprismendurchmusterung. Dabei wurden die Objekte mit einem Spek- trum ahnlich dem einer HII Region ausgewahlt. Einzig NGC 4641 stammt aus dem Virgo-Katalog [Sandage 1984] und ist somit rein morphologisch klassi ziert. 2.3 dE Galaxien Als einzige zwergelliptische Galaxie konnte IC 3349 beobachtet werden. Sie stammt aus dem Virgo-Katalog von Sandage et al. (1984).
Kapitel 3 Beobachtungsmaterial Im folgenden wird das in der Arbeit benutzte Beobachtungsmaterial vorgestellt, das sowohl auf Literaturdaten zuruckgreift, als auch eigene Messungen enthalt. 3.1 Daten aus der Literatur Zunachst sind fur alle beobachteten Galaxien die Eintrage des RC3-Katalogs [de Vauc. 1991] berucksichtigt worden. Dieser Katalog beinhaltet Datensatze von 23024 Galaxien verschiedenster Typen mit 40 Eintragungen pro Galaxie, aus- gehend von der Position uber den Typ, Radius, Positionswinkel, verschiedenen Magnituden bis zu Radialgeschwindigkeiten einer jeden Galaxie. Bei vielen Ga- laxien sind die Datensatze jedoch nicht vollstandig, so da gerade bei schwachen und kleinen Objekten Groen wie z.B. Radialgeschwindigkeiten nicht bestimmt sind. 3.1.1 Integrale B -Helligkeiten Die B-Magnituden wurden dem RC3-Katalog entnommen und beziehen sich auf BT . Dieser Wert wurde von Flachenphotometrien und Extrapolation photoelek- trischer Apertur-Magnituden abgeleitet (siehe [de Vauc. 1991]). Falls eine beob- achtete Galaxie keinen BT -Eintrag im RC3 aufwies, mute auf die photographisch ermittelte Magnitude (mB ) zuruckgegri en werden. Beim Fehlen beider Eintrage im RC3 wurde mittels NED 1 eine entsprechende B-Magnitude recherchiert. 1 NASA Extragalactic Database 9
10 KAPITEL 3. BEOBACHTUNGSMATERIAL 3.1.2 HI -Daten Die HI -Daten der beobachteten Galaxien sind den Daten des RC3 [de Vauc. 1991] entnommen. Dabei berechnet sich die HI -Masse aus der Linien- starke m21 nach log M HI M = log SHI + 2 log + 5:696 mit log SHI = 21:5 (16:6 ; m21) und = vHrad 0 Die Bestimmung absoluter Groen ist naturlich abhangig von der verwendeten Hubble-Konstanten und der Wahl der Radialgeschwindigkeit der Galaxien. Fur H0 wird ein Wert von 75 kms;1 Mpc;1 angenommen, bei der Radialgeschwindig- keit vrad wird die Geschwindigkeit bezuglich der Lokalen Gruppe benutzt, korri- giert hinsichtlich des virgozentrischen Einfalls. 3.1.3 IRAS-Daten Die Fern-Infrarot-Daten der Galaxien sind mit Hilfe von NED recherchiert wor- den und stammen aus dem Faint Source Catalogue (FSC) [IRAS FSC 1989] des Infrared Astronomical Satellite (IRAS). Dieser durchmusterte 98 % des Himmels von Januar bis November 1983 in den Wellenlangen 12, 25, 60 und 100 m. Es ist anzumerken, da besonders fur die Messungen im kurzwelligen Bereich bei 12 und 25 m oft nur obere Grenzen fur die Flusse angegeben sind. 3.2 Eigene Infrarot-Daten Die Nah-Infrarot-Daten wurden ausschlielich selbst gewonnen und sollen im fol- genden vorgestellt werden.
3.2. EIGENE INFRAROT-DATEN 11 3.2.1 J , K0 und Br Imaging mit IRAC Zwei Beobachtungsaufenthalte auf La Silla mit dem 2:2 m Teleskop fuhrten zu 13 Beobachtungsnachten: 7 Nachte vom 31.10. bis 07.11.1997 6 Nachte vom 20.06. bis 25.06.1998 Dabei stand jeweils IRAC2b als Detektor zur Verfugung. Es handelt sich dabei um ein 256 256 Pixel Array, emp ndlich in einem Wellenlangenbereich von 1;2:5m [Lidman 1996]. Die Pixelau osung des Detektors kann durch Benutzung verschiedener Linsen von 0:15100=pix (Linse A) bis 1:06100 =pix (Linse E) variiert werden. Es wurde mit Linse C beobachtet, die bei 0:50700=pix ein Bildfeld von 12900 liefert. Aus technischen Grunden konnten die Linsen D und E nicht eingesetzt werden. Die Belichtungen wurden in den Filtern J (1:25m), K 0 (2:15m) und Br (2:166 m) durchgefuhrt. Der K 0-Filter unterdruckt die thermische Emission am langwelligen Ende der K -Filterkurve, so da das Rauschen des Himmelshinter- grundes um 20% reduziert wird [Lidman 1996]. Die photometrische Di erenz zwi- schen K und K 0 ist kleiner als 0:1 mag [Wainscoat 1992], so da im weiteren zwischen beiden Filtern nicht unterschieden wird. Es wurden typische Detektor- integrationszeiten (DIT) (siehe S.14) von 10 s bis 15 s in J und K 0 und bis zu 45 s in Br verwendet. Der Schmalband lter Br konnte aus technischen Grunden nur beim zweiten Beobachtungsaufenthalt benutzt werden. Die Br -Aufnahmen weisen zum groten Teil nur Kontinuumsstrahlung auf. Dies liegt zum einen da- ran, da das Verhaltnis von Kontinuums- zu Schmalband lter von 11 : 1 zu gro ist und da aufgrund geringer Br Strahlung der Galaxien Belichtungszeiten von bis zu 30 Minuten nicht ausreichend sind. Die Gesamt-Integrationszeiten der Galaxien (on source) liegen im Bereich von 40 bis 60 Minuten, was im Mittel zu einer Grenzgroe von 23:5 mag arcsec;2 in J und 22:3 mag arcsec;2 in K 0 fuhrt. Die typischen Intensitaten des NIR-Himmels liegen bei 16:0 mag arcsec;2 in J und bei 12:7 mag arcsec;2 in K 0. 3.2.2 J und K 0 Imaging mit MAGIC Die NIR-Beobachtungen am Calar Alto/Spanien sind mit dem MAGIC 2 Detektor am 2:2 m und 1:23 m Teleskop durchgefuhrt worden. 2MPI f ur Astronomie General-Purpose Infrared Camera
12 KAPITEL 3. BEOBACHTUNGSMATERIAL 9 Nachte vom 18.08. bis 26.08.1997 am 1:23 m Teleskop 5 Nachte vom 04.05. bis 08.05.1998 am 2:2 m Teleskop Aufgrund widriger Wetterverhaltnisse konnten wahrend der 9 Nachte am 1:23 m keine relevanten Daten gewonnen werden. Der Wellenlangenbereich des 256256 Detektors erstreckt sich von 1;2:5m. Das Au osungsvermogen im Wide- eld Modus betragt 1:6200=pix, was einem Bildfeld von 41500 entspricht. Die Belichtungen wurden in den Filtern J und K 0 durch- gefuhrt. Die typischen Detektorintegrationszeiten (DIT) betragen bei MAGIC 1 s bis 8 s in den benutzten Filtern. Bei typischen Gesamt-Integrationszeiten von 20 bis 30 Minuten wird eine Grenz achenhelligkeit im Mittel von 22:6 mag arcsec;2 in J und 21:4 mag arcsec;2 in K 0 erreicht. Die typischen NIR-Himmelsintensitaten liegen bei 15:8 und 12:3 mag arcsec;2 in J bzw. K 0.
Kapitel 4 Nah-Infrarot-Beobachtungen 4.1 Reduktion der Daten Die Beobachtungstechniken im nah-infraroten (NIR) Spektralbereich (1 ; 2:5m) sind im Vergleich zum optischen deutlich komplexer. Der prinzipielle Unterschied ruhrt daher, da die Emission des Himmels und des Teleskops im NIR einen we- sentlichen Beitrag zur detektierten Strahlung liefert. Dieser Anteil kann im Ex- tremfall einige tausend mal groer sein als das zu beobachtende Objekt. Zusatzlich ist vor allem die "kontaminierende\ Strahlung des Himmels stark variabel und sowohl zeit- als auch ortsabhangig. Zwischen 1 und 2.5 m wird die Emission hauptsachlich durch OH- und O2-Molekule (Airglow) hervorgerufen. Bei Wel- lenlangen groer als 2.5 m dominiert die thermische Emission des Himmels und des Teleskops. Neben dem Himmel als starkster Rauschquelle gibt es im NIR die aus dem optischen Spektralbereich bekannten Rauschquellen wie Ausleserauschen (Read Out Noise) und Dunkelstrom (Dark Current). Der starke Himmelshintergrund im NIR hat zur Folge, da die zu beobachtende Emission des jeweiligen astrophysikalischen Objekts in einer einzelnen Aufnah- me nicht unbedingt sichtbar ist, sondern die Himmelsemission uberwiegt. Diese Tatsache erfordert eine spezielle Beobachtungstechnik, bei der dieser Strahlungs- u geeignet von dem Objektbild abgezogen wird. Prinzipiell wird dies durch eine Belichtung des Himmels (Sky Background Frame) nahe des zu beobachten- den Objekts erreicht, welche dann bei der Datenreduktion von dem Objektbild (Object Frame) subtrahiert wird. Somit wechselt man standig zwischen Objekt und Himmel (On/O Modus), wobei die Frequenz von der Variabilitat der At- mosphare abhangig ist. In der Praxis fahrt man verschiedene Himmelspositionen um das Objektbild herum an, um somit der Ortsvariabilitat des Himmelshinter- 13
14 KAPITEL 4. NAH-INFRAROT-BEOBACHTUNGEN grundes Rechnung zu tragen (siehe Abb. 4.1). Ein typischer Zyklus kann z.B. folgende Form haben: Objekt { Himmel { Objekt { Himmel { Objekt { Himmel { Objekt { Himmel. Dieser Zyklus ergibt vier Belichtungen des Objektbildes. Abbildung 4.1: Abfolge eines Beobachtungszyklus Dabei berechnet sich die Integrationszeit eines einzelnen Bildes aus dem Pro- dukt von Detektor-Integrationszeit (DIT) und der Anzahl dieser Integrationen (NDIT), da sich ein Einzelbild aus der Summe mehrerer Integrationen zusam- mensetzt. Typische Werte fur DIT reichen von einigen zehntel bis zu 20 Sekun- den (IRAC2b Detektor), abhangig vom Linearitatsbereich des Detektors und des verwendeten Filters. In einem weiteren Reduktionsschritt wird nun aus diesem Zyklus mittels Medianmittelung aller vier Himmelsaufnahmen ein reprasentati- ves Sky Bild erzeugt. Die Medianmittelung erzeugt ein von Sternen beseitigtes Bild, welches nur noch die Intensitat des Himmelshintergrundes wiedergibt. Die- ses Sky Bild wird von allen vier Objektbildern subtrahiert, und die so entstanden Bilder werden dann zu einem vom Himmelshintergrund befreiten Objektbild kom- biniert. Um das Signal-zu-Rausch-Verhaltnis zu erhohen, werden weitere Zyklen des gleichen Objektes durchgefuhrt und schlielich die aus jedem Zyklus entstan- denen, vom Himmelshintergrund befreiten, Objektbilder zu einem resultierenden Objektbild kombiniert. Die Reduktion von NIR Bildern beinhaltet zusatzlich die Korrektur durch geeig- nete Flat elds sowie den Abzug des Dunkelstroms (Dark) (siehe Abb. 4.2). Die
4.1. REDUKTION DER DATEN 15 Bild (1 - 8) - Dark Dark abgezogen Bild 1- 8 { ¸ { Dome Licht an - 4 Skies Sky 1 Flatfield Kombination Dome Licht aus Sky 2 durch Median- Sky 3 mittelung 4 Objektbilder Sky 4 Objektbild 1 Objektbild 2 Objektbild 3 Objektbild 4 - gemitteltes Sky vom Himmelshintergrund befreit: Objektbild 1 Objektbild 2 Objektbild 3 Objektbild 4 { Kombination durch Medianmittelung vollständig reduziertes Objektbild Abbildung 4.2: Vollstandige Reduktion eines Belichtungszyklus
16 KAPITEL 4. NAH-INFRAROT-BEOBACHTUNGEN Flat elds werden durch Illumination einer geeigneten Flache der Kuppel (Do- me) gewonnen, wobei zwei gleichlange Belichtungen mit und ohne eingeschalteter externer Lichtquelle durchgefuhrt werden. Die Subtraktion dieser beiden Bilder liefert dann ein Flat eld der intrinsischen Farbtemperatur der Lichtquelle, da die thermische Strahlung des Teleskops und der Kuppel auf diese Weise eliminiert werden. Wie bei optischen CCD Kameras resultiert der Dunkelstrom im NIR aus dem gleichen physikalischen Prozess: Die Anregung von Valenzelektronen in das Lei- tungsband aufgrund von thermischen Oszillationen fuhrt zu einer gewissen Zahl- rate, welche bei der Reduktion von allen Bildern subtrahiert werden mu. Da der Abstand zwischen Valenz- und Leitungsband in infrarot-emp ndlichen Halblei- tern geringer ist als in optischen, mussen (N)IR Detektoren tiefer gekuhlt werden, um den Dunkelstrom weitestgehend zu unterdrucken (bis zu 80 K mit ussigem Sticksto ). 4.2 Kalibration Das vorhandene Datenmaterial wurde mittels Standardsternen von Extinktion befreit und geeicht. Dabei wurden Objekte aus folgenden Listen ausgewahlt: UKIRT 1 Faint Standard Stars [Casali 1992] Faint Southern JHK Standards [Carter 1995] Infrared Standard Stars [Elias 1982] Dabei bestimmt sich die Extinktion k aus der Steigung der Geraden minst = m0 + kAirmass wobei m0 der Magnitude auerhalb der Atmosphare entspricht. Bei nichtphotome- trischen Bedingungen wurden die mittleren Extinktionskoezienten der entspre- chenden Observatorien verwendet. Die Eichung erfolgt durch Aperturphotometrie (Magnitude/Circle - Algorithmus in MIDAS 2) der Standardsterne: 1 United Kingdom Infrared Telescope 2 Munich Image Data Analyse System
4.3. INTEGRALE J UND K HELLIGKEITEN 17 Objekt+Sky ; FluSky mPhotometrie = mzero ; 2:5 log FluBelichtungszeit Bei bekanntem Flu eines Sterns liefert obige Gleichung den Nullpunkt der in- strumentellen Helligkeit mzero . Der Fehler der Nullpunktsbestimmung ist bei allen verwendeten Eichmessungen kleiner als eine zehntel Magnitude. 4.3 Integrale J und K Helligkeiten Die integralen NIR-Helligkeiten werden mittels Aperturphotometrie bestimmt. Dabei wird als Aperturgroe der D25-Durchmesser gewahlt. Diese Groe be- schreibt den Isophotendurchmesser einer Galaxie bei einer Flachenhelligkeit von 25 mag=arcsec2 in B (435 nm) und entspricht der Aperturgroe zur Bestim- mung der integralen B -Helligkeit im RC3-Katalog [de Vauc. 1991]. Die Wahl die- ses Aperturdurchmessers ermoglicht einen spateren Vergleich der Nah-Infrarot- Helligkeiten mit der im RC3 bestimmten Blau-Helligkeit. Die Integration uber den D25-Durchmesser erfolgt nach Abzug des Himmelshin- tergrundes des jeweiligen Bildes. Dabei wird ein zweidimensionaler Fit an den Hintergrund angepat, wobei je nach Starke der Hintergrundsvariation ein Poly- nom ersten oder hoheren Grades angepat wird (Fit/Flatsky Befehl in MIDAS). Nach Abzug dieses Polynoms wird dann mit Integrate/Apertur die integrale in- strumentelle Helligkeit (mInst) bestimmt. Die integrale Helligkeit berechnet sich dann durch Subtraktion des Magnituden-Nullpunkts mzero des jeweiligen Filters: mGalaxie = mInst ; mzero Der Fehler der so bestimmten integralen NIR Helligkeiten wird zum einen durch die absolute Kalibration ( 0:1 mag) und zum anderen durch den Abzug des Himmelshintergrundes bestimmt; letzterer ist jedoch nicht direkt bestimmbar. Um eine Bewertung der hier erreichten Genauigkeit zu erhalten, soll ein Ver- gleich mit integralen NIR-Literaturwerten angestellt werden: Zu den beiden Da- tensatzen vom Calar Alto und von La Silla gibt es jeweils eine Galaxie, fur die NIR Messungen vorliegen. Beide Vergleichsmessungen wurden mit NIR-Photometern durchgefuhrt, die aufgrund ihrer vorgegebenen Apertur nur einen Teil des Ga- laxienlichts messen konnten. Deshalb sind die integralen Helligkeiten mit den entsprechend benutzten Photometer-Aperturdurchmessern durchgefuhrt worden.
18 KAPITEL 4. NAH-INFRAROT-BEOBACHTUNGEN Name ["] J K0 Detektor Ref. Thuan MRK 324 7.8 14.15 13.34 Photometer [Thuan 1983] Jutte MRK 324 7.8 14.2 13.3 IRAC Zinnecker NGC 4641 12.0 12.71 Photometer [Zinnecker 1984] Jutte NGC 4641 12.0 12.6 MAGIC Tabelle 4.1: Vergleich der Photometrien mit Literaturwerten; dabei gibt den Aperturdurch- messer an. Tabelle 4.1 zeigt den Vergleich der hier durchgefuhrten Aperturphotometrien mit den Literaturwerten. Es zeigt sich eine Abweichung um 0:1 mag bei den K 0-Messungen mit MAGIC, hingegen zeigen die IRAC Messungen Unterschiede < 0:1 mag. Zum Vergleich der beiden Detektoren ist NGC 6570 sowohl mit IRAC als auch mit MAGIC beobachtet worden. Die Photometrien beider Aufnahmen liefern eine Abweichung der integrierten Helligkeiten kleiner als 0:1mag in J und K 0. Zusammenfassend lat sich also feststellen, da die in dieser Arbeit durchgefuhrte NIR-Photometrie Ergebnisse liefert, die mit den Literaturdaten sehr gut ubereinstimmen und deren Fehler in der Groenordnung von 0.1 Magnituden liegt. 4.3.1 Leuchtkrafte Allgemein wird die Leuchtkraft bei einer Wellenlange nach L = 4 D2 S () (4.1) bestimmt. Dabei entspricht D der Entfernung der Galaxie und S dem gemessenen Flu bei entsprechender Wellenlange . Im blauen Spektralbereich berechnet sich der Flu nach: S (B ) = 6:607 10;12 10;0:4B [W=m2 A] [Melisse 1994b] (4.2) Im NIR entsprechen folgende Flusse einem Stern 0-ter Groe [Koornneef 1983]: Filter Flu [Jy] [Hz] J 1510 2:4 1014 K 0 680 1:4 1014
4.3. INTEGRALE J UND K HELLIGKEITEN 19 Somit berechnen sich die NIR-Leuchtkrafte nach: S (J ) = 10;0:4J 1510 [Jy] (4.3) S (K 0) = 10;0:4K 680 [Jy] 0 (4.4) Die in dieser Arbeit benutzten Leuchtkrafte sind in Einheiten der Sonnenleucht- kraft L = 3:85 1026 W angegeben.
20 KAPITEL 4. NAH-INFRAROT-BEOBACHTUNGEN
Kapitel 5 Ergebnisse 5.1 Globale Parameter In diesem Kapitel werden die globalen Parameter der beobachteten Galaxien abgeleitet und miteinander verglichen. Dies erstreckt sich uber die Untersuchung der Durchmesser, der HI - und der dynamischen Masse, der Leuchtkrafte und der Farbeigenschaften der beobachteten Galaxien. 5.1.1 Durchmesser Neben dem bekannten optischen Durchmesser D25 wird auch der NIR Durchmes- ser aus den eigenen Daten bestimmt. Um hier fur alle Galaxien eine vergleichbare Groe zu haben, wurde im J Bereich die 22:0 mag arcsec;2 Isophote gewahlt. Dieser Wert berucksichtigt, da die limitierende Isophote auf den verschiedenen Aufnahmen variabel ist und von 24:0 bis zu 22:2 mag arcsec;2 reicht. Sowohl die mit IRAC als auch die nicht so tiefen mit MAGIC gewonnenen Aufnahmen machen die Bestimmung von D22:0(J ) moglich. Es zeigt sich, da das Verhaltnis beider Durchmesser nicht konstant ist, son- dern da es Galaxien mit deutlich groeren optischen Durchmessern gibt. Tragt man das Verhaltnis von NIR- zu optischem Durchmesser gegen die Farbe (B ; J ) auf (Abb. 5.1), so zeigt sich, da die Farbe nicht konstant hinsichtlich des Verhaltnisses der Durchmesser ist, sondern da rotere Galaxien zu kleineren D25:5(B )=D22:0(J ) tendieren. Interpretiert man dieses als Populationse ekt inso- weit, da NIR Messsungen die alte und optische Messungen die junge Population 21
22 KAPITEL 5. ERGEBNISSE Abbildung 5.1: Beziehung zwischen der Farbe und dem Verhaltnis von Blau- zu NIR- Durchmesser; blaue Galaxien weisen einen groeren optischen Durchmesser auf. von Sternen nachweisen, dann sind in den roteren Galaxien von Abb. 5.1 die alten und jungen Sterne in Scheiben vergleichbarer Groe verteilt. Die jungen Sterne in den blauen Objekten werden hingegen durch einen groeren Isophotendurch- messer charakterisiert als die alte stellare Komponente. Aus dem Winkeldurchmesser und der 21 cm Radialgeschwindigkeit lat sich der Durchmesser der Galaxien bestimmen. Abb. 5.2 zeigt, da mit steigendem Radius die absolute Blauhelligkeit wachst und damit auch die Masse, unter der Annahme, da MB ein moglicher Indikator der Gesamtmasse der Galaxie ist. Betrachtet man Abb. 5.2 unter dem Gesichtspunkt der Zwerggalaxien-De nition nach der abso- luten Blauleuchtkraft, so weisen nur sieben Galaxien des beobachteten Samples MB ;16::: ; 17 auf und waren demnach "wahre\Zwerge. Die restlichen Galaxi- en, die ja bekanntlich als magellanscher Typ katalogisiert sind, muten dann als normale\ Galaxien klassi ziert werden. Dies scheint jedoch nicht sinnvoll, da sie "sich aufgrund ihrer Morphologie deutlich von diesen unterscheiden. Ebenso zeigt Abb. 5.2, da das MB -Kriterium und ein mogliches Durchmesserkriterium von 6:::9kpc [Reaves 1983] unterschiedliche Grenzen fur die Zwerggalaxiende ni- tion liefern. Dies zeigt, wie schwierig es ist, eine harte Grenze zwischen normalen und Zwerggalaxien zu ziehen und da es wohl einen ieenden Ubergang zwischen beiden Klassen gibt.
5.1. GLOBALE PARAMETER 23 Abbildung 5.2: Beziehung zwischen Durchmesser [pc] und absoluter Blauhelligkeit. Ein mogli- ches Zwerggalaxienkriterium liegt bei MB ;16:::17 . 5.1.2 Dynamische Masse Von 23 beobachteten Galaxien sind die HI -Pro lbreiten nach RC3 bekannt. Abb. 5.3 zeigt die Verteilung der Linienbreiten W20. Diese Groe entspricht der In- tensitat bei 20% ihres Maximalwertes. Mit den bekannten HI -Linienbreiten kann die dynamische Masse der beobach- teten Galaxien unter Annahme einer isotropen Geschwindigkeitsdispersion und spharisch symmetrischer Massenverteilung mit Hilfe des Virialsatzes nach 2 GM (R) = Vrot R2 R (5.1) mit Vrot = Rotationsgeschwindigkeit der Galaxie R = optischer Radius der Galaxie bei 25 mag arcsec2 G = Gravitationskonstante
24 KAPITEL 5. ERGEBNISSE Abbildung 5.3: Verteilung der HI-Linienbreite im beobachteten Sample berechnet werden. Dabei gehen zusatzlich zwei korrigierende Paramter in die gemessene W20 Pro lbreite ein: Inklination (i) der Galaxie Pro lverbreiterung als Folge von stochastisch verteilten Bewegungen wie z.B. Turbulenz Somit gilt fur die Linienbreite: W20 = Vrot sin i (5.2) i = Inklination des Systems Die Inklination lat sich empirisch uber das Achsenverhaltnis R = a=b (a: groe Halbachse, b: kleine Halbachse) nach der Holmbergformel (5.3) berechnen. Da Zwerggalaxien oft eine unsymmetrische Morpholgie aufweisen, ist die Abschatzung der Inklination uber a=b mit einem nicht bestimmbaren Fehler versehen. Eine Untersuchung eines groen Samples von Zwerggalaxien [Ho mann 1988] ergibt jedoch, da die Berechnung der Inklination fur Zwerggalaxien nach der Holm- bergformel im Mittel vernunftige Werte ergibt. Somit lat sich die Inklination bestimmen nach:
5.1. GLOBALE PARAMETER 25 cos2 i = R25 ; 0:04 ;2 1 ; 0:04 (5.3) mit R25 = a=b bei 25 mag arcsec;2 in B nach RC3 Um eine zu starke Korrektur bei fast face-on Objekten zu vermeiden, wurde sin i = 0:4 gesetzt fur sin i < 0:4. Der zweite korrigierende Parameter ist die stochastisch verteilte Bewegung des Systems. Diese wird gerade fur langsam rotierende Systeme relevant, da die Ro- tationsgeschwindigkeit die Groenordnung der stochastischen Bewegung erreicht oder sogar kleiner wird als diese. Die Berucksichtigung dieses Parameters ist in der Literatur stark diskutiert [Tully 1978]; [Lo 1993]; [Lake 1989]. 1 Im folgen- den wird der Argumentation von Tully & Fouque [Tully 1985] gefolgt. Dabei wird angenommen, da sich das HI -Linienpro l hauptsachlich aus einer Faltung des Rotationsanteils und eines Gau-Anteils zusammensetzt, der die stochasti- sche Bewegung wiedergibt. Die Autoren zeigen, da eine quadratische Summation beider Anteile am besten die gemessene Linienbreite von W20 wiedergibt. Die folgende Beziehung ist so gehalten, da sie fur groe, schnell rotierende Galaxien (W20 > 120 km=s ) in eine lineare Summation und fur kleine, langsam rotieren- de Galaxien (W20 < 120 km=s) in eine quadratische Summation entartet: " ( )# WR2 = W202 k + Wt2 ; 2W20k Wt 1 ; exp ; W20k 2 (5.4) ( Wc W 2 ) ;2Wt2exp ; 20 k Wc Wt = 10 km=s stochastische Bewegung (Turbulenz etc.) Wc = 120 km=s WC erzeugt den U bergang von quadratischer Summation, wenn W20 60 km=s, zu linearer Summation, wenn W20 150 km=s. Fur Wt wurde eine Wert von 10 km=s gewahlt [Tully 1985]. In der obigen Gleichung 5.4 wird als W20k die inklinationskorrigierte Rotationsgeschwindigkeit benutzt nach: 1 There is no simple conversion between the several conventions for deriving a total mass from" global line pro les.\ (Tully & Fisher (1975))
26 KAPITEL 5. ERGEBNISSE W20k = W20= sin i Bei der Betrachtung extrem kleiner Galaxien wird die Rotationsgeschwindigkeit irgendwann unbedeutend, und die stochastische Bewegung uberwiegt. Nach Tully & Fouque (1985) wird dieses dynamische Pro l der stochastischen Bewegung am besten beschrieben durch: WD2 = WR2 + 42 (5.5) = stochastische Bewegung Abbildung 5.4: Beziehung zwischen der beobachteten HI-Pro lbreite, W20 und den dyna- misch signi kanten Parametern WR (fette Kurve) und WD (gestrichelte Kurve). Die beiden anderen Kurven zeigen das Verhalten der Linienbreite bei quadratischem oder linearen Beitrag von Rotation und Turbulenz zur Linienbreite. (Abb. aus Tully & Fouque 1985) Abbildung 5.4 zeigt, da der Unterschied zwischen WD und WR erst fur Werte von W20 50 km=s substantiell wird und vorher nicht berucksichtigt werden
5.1. GLOBALE PARAMETER 27 mu. Die W20 Verteilung des beobachteten Samples (Abb. 5.3) mit einem Mit- telwert von 150 km=s 50 zeigt, da dies fur keine der beobachteten Galaxien zutri t. Der kleinste Wert fur NGC 4641 liegt mit 55 km=s noch uber der obigen Grenze von 50 km=s. Vergleiche mit Massen, die aus Rotationskurven abgeleitet wurden, zeigen eine Konsistenz von 70 bis 100% [Lequeux 1983] zu den nach (5.1) bestimmten Massen. Ebenso tragt der Unterschied zwischen W20(R25) und dem tatsachlich gemes- senen Wert von W20(R) nach einer Untersuchung eines Samples verschiedener Hubble-Typen [Gavazzi 1996] nur unwesentlich zu einem Fehler in der Massen- bestimmung bei. Aus den so bestimmten dynamischen Massen folgt dann fur die Masse-Leuchtkraft- Relation in K 0 und B der beobachteten Zwerggalaxien, erganzt durch NIR Beob- achtungen von Virgo-Galaxien [Boselli 1997] (siehe Abb. 5.5): log LK = 1:03(0:06) log M ; 2:27(0:39) (5.6) log LB = 0:68(0:17) log M + 1:68(0:37) (5.7) Abbildung 5.5: Beziehung zwischen der dynamischen Masse und der Leuchtkraft in B und in K . Die Parameter der linearen Regression sind im Text angegeben. Die kleinen Symbole 0 entsprechen den normalen Virgo-Galaxien, die groen dem in dieser Arbeit beobachteten Ga- laxien; dabei wurde bei der Symbolwahl der Virgo-Galaxien die Klassi kation von Sandage & Binggeli (1984) benutzt. Mit zunehmender Wellenlange (von B nach K 0) wird die Steigung der Regressions- geraden steiler und nahert sich einem Wert von 1:0. Somit ist die K Leuchtkraft ein deutlich besserer Indikator fur die Galaxienmasse als die B Leuchtkraft, da
28 KAPITEL 5. ERGEBNISSE fur eine Steigung von 1 gilt: log L log M . Massereichere Galaxien sind demnach in ihrer Blauleuchtkraft relativ schwacher. Messungen an einem Sample von ca. 300 Spiralgalaxien weisen eine ahnliche Li- nearitat zwischen log Mdyn und log LNIR auf mit einer Steigung von 1.0 im H - Band [Gavazzi 1993]. In dieser Arbeit ergibt sich im noch langwelligeren K -Band ebenfalls eine Steigung von 1:0 fur Zwerggalaxien. Dabei ist anzumerken, da die Inklinationsbestimmung der Zwerge aufgrund ihrer inhomogenen Morphologie eine mogliche Fehlerquelle sein kann, welche sich auf die korrigierte Rotationsge- schwindigkeit und damit auf die Massenbestimmung auswirken kann. Der Vergleich von optischer und NIR Masse-Leuchtkraft Beziehung zeigt, da im NIR log L log M annahernd gilt. Die NIR Leuchtkraft kann somit im weiteren als Indikator fur die Galaxienmasse benutzt werden. 5.1.3 HI -Masse Aus den im RC3-Katalog angegebenen HI -Linienstarken lat sich die HI -Masse der jeweiligen Galaxie bestimmen nach: m21 = 16:6 ; 2:5 log SH (5.8) SH = HI ; Flu in 10;22 Wm;2 ! log M M H = log SH + 2 log + 5:696 + log(1 | {z+ z )} (5.9) !0 = Abstand der Galaxie in Mpc z = Rotverschiebung Fur Entfernungen mit cz < 15000km=s ist die Rotverschiebungskorrektur zu vernachlassigen. Es zeigt sich eine Korrelation zwischen der HI -Masse und dem optischen Durch- messer der Galaxien (Abb. 5.6), so da mit steigendem Durchmesser die HI - Masse anwachst. Fur optische Durchmesser > 15 kpc nden sich Galaxien, deren HI -Masse nicht mit dem Radius steigt, sondern in etwa konstant bleibt. Es ist anzunehmen, da die Ausdehnung dieser Galaxien groer ist als die verwendete
5.1. GLOBALE PARAMETER 29 Abbildung 5.6: Relation zwischen dem optischen Durchmesser in Parsec und der HI-Masse; die kleinen Symbole reprasentieren ein Sample von Virgo-Galaxien [Boselli 1997]. Galaxien ma- gellanschen Typs dieses Samples sind speziell gekennzeichnet. Halbwertsbreite der Hauptkeule der HI -Messung, da die in Abb. 5.6 in HI un- terreprasentierten Galaxien die groten scheinbaren Durchmesser aufweisen. In Abb. 5.6 entsprechen die kleinen Symbole NIR Messungen von Virgo-Galaxien [Boselli 1997], wobei die verschiedenen Symbole der Sandage & Binggeli (1984) Klassi kation fur normale Galaxien entsprechen. Galaxien magellanschen Typs sind zur Identi kation von Zwerggalaxien (nach der in dieser Arbeit benutzten De nition) in diesem Sample besonders gekennzeichnet. Beim Vergleich der dynamischen und der HI -Masse fallt auf, da zwischen beiden Groen keine ausgepragte Korrelation festzustellen ist. In Abb. 5.7 zeigt sich grob die Tenzdenz, da eine wachsende HI -Masse mit einer steigenden dynamischen Masse verbunden ist, jedoch ist die Streuung auerordentlich gro. Nun gehen aber beide Groen aus der selben Messung hervor, wobei die dynamische Masse noch von der jeweiligen Inklination der Galaxie abhangig ist. Die HI -Masse leitet sich aus dem HI -Flu ab, was dem Integral des HI -Spektrums entspricht. Die dynamische Masse hingegen berechnet sich aus der Linienbreite der Kurve. Es ist demnach also moglich, da sich bei zwei Galaxien mit gleichem Integral die Linienbreiten unterscheiden. Zur gleichen Flache nden sich also unterschiedliche Halbwertsbreiten des HI -Spektrums. Dies fuhrt somit zu einem unterschiedlichen MHI =Mdyn Verhaltnis und macht die vorhandene Streung in Abb. 5.7 verstand- lich.
30 KAPITEL 5. ERGEBNISSE Abbildung 5.7: Dynamische Masse gegen HI-Masse 5.1.4 Farbeigenschaften Die grotmogliche Basis hinsichtlich der Wellenlange liefert die optisch-nahinfrarot Farbe B ; K 0; dabei sind die B -Werte der totalen Blau-Magnitude BT des RC3 entnommen. Abbildung 5.8a zeigt die Verteilung von B ; K 0 im beobachteten Sample. Es wird ein Wertebereich von 1:6 B ; K 0 4:9 abgedeckt mit einem mittleren Wert von 2:8 0:7. Ein Vergleich mit anderen Messungen zeigt (5.8b), da dieser Wert im typischen Bereich fur Galaxien spaten Typs (T 8) liegt. Im RC3 gibt es kein besonderes Klassi kationskriterium fur BCD Galaxien, so da diese dort hau g als elliptische Galaxien klassi ziert sind. Die beiden Galaxien bei T = ;5 ::: ; 4, Haro 6 und MRK 900, sind BCDs, die im RC3 jedoch als Typ E0 klassi ziert sind. NGC 4641 bei T = ;2 ist als Typ S0 (RC3) klassi ziert, im Gegensatz zu der BCD Klassi kation von Sandage & Binggeli [Sandage 1984]. Setzt man diese Galaxien auf ein T von 10 oder 11, was diesen sehr jungen Galaxien gerecht wird, fugen sie sich gut in die Verteilung von Abb. 5.8 ein. Es zeigt sich eine deutliche Tendenz, da die spaten Galaxientypen blauer sind als die fruhen, jedoch betragt die Streuung in der Farbe bis zu 2 mag innerhalb eines Typs. Das MK gegen B ; K 0 Farben-Helligkeitsdiagramm (Abb. 5.9) weist einen ahn- 0 lichen Verlauf auf wie Abb. 5.8b, jedoch mit einer deutlich geringeren Streuung.
5.1. GLOBALE PARAMETER 31 Abbildung 5.8: a) B ; K 0 Verteilung des beobachteten Samples b) B ; K 0 gegen den Hubble-Typ (T), erganzt um Messungen von Virgo Galaxien [Boselli 1997] und Scheibenga- laxien [de Jong 1994]. Die Virgo-Galaxien zeigen im Farben-Helligkeitsdiagramm annahernd eine linea- re Beziehung zwischen B ; K 0 und MK . Die in dieser Arbeit beobachteten BCD 0 Galaxien folgen grob der Verteilung der Virgo-Galaxien, jedoch liegt die Streu- ung etwa bei zwei Groenklassen (Abb. 5.9). Es ist zu berucksichtigen, da die Virgo-Galaxien im Mittel die gleiche Entfernung aufweisen, die Zwerggalaxien des beobachteten Samples jedoch unterschiedlich weit entfernt sind. Deshalb wirken sich Fehler in der Entfernungsbestimmung der Galaxien auf die absolute Helli- geit MK aus und konnen zu Streuungen im Farben-Helligkeitsdiagramm fuhren. 0 Dabei entspricht die beobachtete Abweichungen von zwei Groenklassen einer Abweichung um den Faktor 2.5 in der Entfernung. Ein so groer Fehler in der Entfernungsbestimmung ist jedoch nicht zu erwarten, so da die Streuung nicht einzig dadurch erklart werden kann. Selbst bei den Virgo-Galaxien gibt es einen Vertreter, der bei B ; K 0:7 ein MK 18 aufweist und sich deutlich von der 0 restlichen Virgo-Verteilung unterscheidet. Zusammenfassend ist festzustellen, da hellere und damit massereichere Galaxien rotere Farben aufweisen als massearmere Objekte, unter der Annahme, da die NIR Leuchtkraft, wie gezeigt, ein guter Indikator fur die Masse einer Galaxie ist. Es zeigt sich, da die Farbe B ; K 0 nicht mit der Inklination der Systeme korre- liert ist, d.h. die Korrelation im Farben-Helligkeitsdiagramm kann nicht einfach durch unterschiedliche Extinktion aufgrund variierender Inklination erklart wer- den. Interpretiert man nun die Farbe als Populationse ekt, bedeutet dies, da die massereichen Galaxien von Sternen der alten Population dominiert werden. Das Licht der massearmen Galaxien hingegen scheint demnach hauptsachlich durch junge, blaue Sterne dominiert zu werden. Vergleicht man Abb. 5.9 mit Abb. 5.8b,
32 KAPITEL 5. ERGEBNISSE Abbildung 5.9: Farben-Helligkeitsdiagramm der Zwerggalaxien erganzt um Virgo Galaxien (kleine Symbole) [Boselli 1997]. Die Gerade entspricht einer linearen Regression der Virgo- Galaxien, dessen magellansche Typen besonders gekennzeichnet sind. so zeigt sich, da die B ; K 0 Farbe als Indikator der Sternentstehungsgeschichte eine starkere Beziehung mit der Masse der Galaxien aufweist als mit dem reinen morphologischen Typ. 5.2 Tully-Fisher Relation Fur Spiralgalaxien fanden Tully & Fisher [Tully 1977] eine Korrelation zwischen der globalen HI -Linienbreite und der intrinsischen absoluten Blauhelligkeit, wel- che einem Potenzgesetz folgt: L W202:5, wobei W20 der Linienbreite bei 20% der Maximalintensitat entspricht. Vereinfacht dargestellt bedeutet diese Relation, da die Rotationsgeschwindikeit der Galaxien mit wachsender Masse zunimmt. Dabei ist die Blauhelligkeit ein Ma fur die Galaxienmasse (M L Verhalt- nis) und die HI -Linienbreite ein Ma fur die kinetische Energie (Virialsatz) des Systems. In weiteren Arbeiten wurde das Verhalten der logarithmisch linearen Tully-Fisher (TF) Relation zu langeren Wellenlangen hin untersucht. Es zeig- te sich eine ahnliche Relation im NIR Spektralbereich (H ), wo die TF-Relation jedoch eine andere Steigung aufweist (LH W204:0) [Aaronson 1980]. Diese Tat- sache impliziert eine Korrelation zwischen der optisch-NIR Farbe B ; H und
5.2. TULLY-FISHER RELATION 33 der HI -Linienbreite, welche an einem Sample von Spiralgalaxien nachgewiesen wurde [Tully 1982]. Somit scheint die Steigung der TF -Relation einzig vom je- weiligen beobachteten Spektralbereich abzuhangen. Im Unterschied zum Blauen zeigt die NIR-TF-Relation jedoch eine starkere Korrelation [Aaronson 1979], da die Extinktion durch Staub auf die NIR-Leuchtkraft keinen Ein u hat. Neben der Erweiterung zu langeren Wellenlangen lie sich auch fur S0 Galaxien und LSB (Low Suface Brightness) Galaxien spaten Typs eine TF-Relation bestimmen [Neistein 1999] [Zwaan 1995], wobei gerade Galaxien letzteren Typs der gleichen B -Band TF-Relation folgen wie HSB (High Surface Brightness) Galaxien, obwohl sich ihre typischen M=L Verhaltnisse deutlich voneinander unterscheiden. Dies wi- derspricht der obigen Erklarung der TF-Relation als reine Masse-Rotationsenergie Relation. Neben der HI -Linienbreite als entfernungsunabhangiger Groe wird die TF- Relation durch die absolute Leuchtkraft beschrieben, einer entfernungsabhangi- gen Groe. Da die Leuchtkraft quadratisch mit dem Abstand der Galaxie ver- knupft ist, machen sich kleine Fehler in der Entfernungsbestimmung deutlich in der Leuchtkraft bemerkbar und erhohen so die Streuung in der TF-Relation. Vollig entfernungsunabhangig hingegen ist die Beziehung zwischen HI -Linien- breite und der Farbe von Galaxien. Abb. 5.10 zeigt die modi zierte Tully-Fisher Relation B ; K 0 gegen die HI -Linienbreite W20 des beobachteten Samples, erganzt um NIR Beobachtungen von Virgo Cluster Galaxien [Boselli 1997]. Bei beiden Stichproben sind die HI -Linienbreiten hinsichtlich der Inklination wie oben beschrieben korrigiert. Fur die beiden Zwerggalaxiensamples ergeben sich folgende Relationen: B ; K 0 = 2:11(0:59) log W20 ; 2:45(0:43) Jutte (#23) (5.10) B ; K 0 = 1:84(0:33) log W20 ; 1:29(0:56) Boselli (#35) (5.11) Abb. 5.10 zeigt die Farb-TF-Relation mit der nach (5.11) bestimmten Regres- sionsgeraden. Im Rahmen der angegebenen Fehler zeigt sich bei beiden Stich- proben in etwa die gleiche Steigung der Relation. Dieser Wert lat sich aus der TF-Relation im Blauen [Kraan 1988] und im NIR [Pierini 1999] durch reine al- gebraische Di erenz der beiden Beziehungen wie folgt abschatzen: MB ;6:69 log W20 (Fehler nicht angegeben) (5.12) MK0 ;9:66(0:30) log W20 (5.13)
34 KAPITEL 5. ERGEBNISSE Abbildung 5.10: Relation zwischen der Farbe B ; K 0 und der HI-Linienbreite; die Abbildung ist erganzt um Messungen an Virgo Galaxien [Boselli 1997] ) B ; K 0 2:97 log W20 (5.14) Im Rahmen der moglichen Abweichungen der Regressionen ndet sich eine Stei- gung, die mit der aus der Farb-Linienbreite-Relation bestimmten vergleichbar ist. Die Zwerge weisen eine Steigung von 2:11 0:59 auf, und die reine algebrai- sche Di erenz der TF-Relationen liefert 2:97 0:30. Letzterer Fehler wird noch etwas groer sein, doch ist bei der optischen TF-Relation kein Fehler der Stei- gung angegeben. Dabei mu in Betracht gezogen werden, da mogliche Fehler in der Inklination die Linienbreiten zu groeren Geschwindigkeiten uberkorrigieren konnen, was dann zu einer geringeren Steigung in der obigen Beziehung fuhren kann. Da sich die hier ermittelte Steigung aus der optischen und der NIR TF- Relation annahernd ableiten lat, liegt die Vermutung nahe, da die TF-Relation fur Galaxien spaten Typs im NIR ebenfalls linear verlauft. Im optischen Spektral- bereich nden sich hingegen zunehmende Abweichungen von der TF-Relation mit abnehmender Leuchtkraft bei Linienbreiten von W20 120 km=s (siehe Abb. 3 in Stil & Israel (1998) und Matthews et al. (1998)). In erster Naherung wird also die NIR TF-Relation (5.13) von dem hier beob- achteten Sample bestatigt. Dabei berechnet sich aus der optischen TF-Relation
5.3. INTERSTELLARER STAUB 35 (Gl. 5.12) eine NIR Relation von MK ;8:8(0:6) log W20. Dies fuhrt zu 0 LK W203:520:24 , was annahernd mit einem LK W204 Gesetz konsistent 0 0 ist, dessen physikalische Basis das Virial-Theorem bildet. Nach einer Abhandlung von Aaronson et al. (1979) bilden folgende drei Annah- men die Grundlage der Tully-Fisher-Relation: 1. Alle Galaxien weisen ein gleiches Massenpro l und gleiche Rotationskurven auf, als Funktion einer dimensionslosen Skalenlange. 2. Alle Galaxien haben die gleiche zentrale Massendichte. 3. Alle Galaxien weisen ein gleiches mittleres Masse-zu-Leuchtkraft-Verhaltnis auf. Es stellt sich nun die Frage, warum im optischen Spektralbereich die Beziehung L W202:5 und nicht L W204 gilt. Ein moglicher einfacher Grund mag sein, da dort das Masse-Leuchtkraftverhaltnis fur Galaxien unterschiedlicher Masse nicht konstant ist. Hingegen zeigt sich M=L annahernd konstant im NIR (siehe S.27 und [Gavazzi 1996]). Diese Tatsache wird plausibel unter der Annahme, da die Blau-Leuchtkraft LB primar die Verteilung der aktiven Population I Kompo- nente mit, die NIR-Leuchtkraft LK hingegen hauptsachlich Licht von Sternen 0 der alten Population detektiert. Ein geringeres M=L-Verhaltnis im Optischen, d.h. mehr blaues Licht pro Masseneinheit, mu sich dann in einem zum NIR acheren Potenzgesetz bemerkbar machen, was auch beobachtet wird. 5.3 Interstellarer Staub 5.3.1 Staubtemperaturen und Sternentstehung Die Sternentstehungsrate einer Galaxie lat sich durch die H - und die Blau- leuchtkraft beschreiben. Dabei beziehen sich beide Groen auf unterschiedliche Zeitskalen: LH ist ein Indikator fur massereiche OB Sterne und ist somit ein Ma der jungsten Sternentstehung auf Skalen von 106 ; 107 Jahren [Kennicut 1983]. Die Blauleuchtkraft beschreibt die Sternentstehungsrate auf Zeitskalen von 4108 - 6109 Jahren, wenn Sterne zwischen einer und drei Sonnenmassen die Hauptrei- he dominieren [Larson 1978] [Gallagher 1984]. Die Auswertungen der IRAS Messungen ergaben, da die FIR Leuchtkraft eben- falls ein guter Indikator der Sternentstehungsrate ist [Thronson 1986]. Dahin-
36 KAPITEL 5. ERGEBNISSE ter verbirgt sich die Annahme, da aktive Sternentstehungsgebiete den vorhan- denen Staub durch massereiche junge Sterne starker heizen, was wiederum die FIR Leuchtkraft erhoht. Der Ein u von Sternen der alteren Population auf die Staubtemperatur scheint im Vergleich zur Heizung durch die jungen Sterne ver- nachlassigbar zu sein ([Helou 1986], [Sekiguchi 1987]). Dabei de niert sich die IRAS FIR Leuchtkraft nach [Lonsdale 1989]: FIR = 1:26 (F (60m) + F (100m)) (5.15) mit W] F () = 2:58 10;14f () in [ m (5.16) 2 Abbildung 5.11: Beziehung zwischen LIR und LB , jeweils in Einheiten der Sonnenleuchtkraft. Die eingezeichneten Diagonalen entsprechen verschiedenen Verhaltnissen von LIR =LB . Abb. 5.11 zeigt die Relation zwischen Blau- und FIR-Leuchtkraft des beobachte- ten Samples. Die eingezeichneten Linien entsprechen den Verhaltnissen LIR=LB von 1/3, 1, 3 und 10. Ein Verhaltnis von LIR=LB 1 entspricht in etwa einer mittleren konstanten Sternentstehungsrate uber die letzten drei Gigajahre [Coziol 1996], wie sie Spiral- galaxien spaten Typs aufweisen [Kennicut 1983]. Eine schnelle Sternentstehung
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