"130/60" 130 Jahre Albert Lück 60 Jahre Albert Lück-Stiftung - Albert Lück-Stiftung
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VORWORT «Im Bauen Dr. Andreas Flury Prof. Dr. Lino Guzzella demonstriert «Erhaltung der Stiftungsbetriebe im Interesse des Philanthropie in der Wissenschaft gewinnt an Be- Personals, soweit dies wirtschaftlich möglich ist, deutung. Donationen von Unternehmen, Organi- sowie die Förderung des Personals und der Berufs- sationen, Stiftungen und Privatpersonen geben der ausbildung im Bauwesen.» Dies ist der ursprüngli- Spitzenforschung entscheidende Impulse, Neues che Text des Zwecks der Albert Lück-Stiftung, vor zu wagen und Grosses anzupacken. Sie schaffen 60 Jahren im Handelsregister eingetragen. Hinter den nötigen Freiraum, um Strategien rascher um- dieser Werthaltung stand eine grosse Persönlich- zusetzen, Chancen ausserhalb des normalen Rah- der Mensch keit. mens zu ergreifen, herausragende Talente zu för- dern oder unkonventionelle Ideen zu unterstützen. Albert Lück wurde vor 130 Jahren in der Nähe von Kurz: Donationen sind der Motor für Wachstum Berlin geboren. Als diplomierter Maurer-Meister und Innovation. kam er in den 1920er Jahren mit seiner Familie in die Schweiz und gründete 1934 in Zürich die Bau Zu den grössten privaten Förderern der ETH Zü- AG. Mit Weitsicht, Leidenschaft fürs Bauen und rich zählt die Albert Lück-Stiftung, die im Jahr 2017 einem eindrücklichen sozialen Verantwortungs- ihr 60-Jahr-Jubiläum feierte. In Zusammenarbeit seine bewusstsein hat sich Albert Lück für zeitweise bis mit der ETH Zürich Foundation unterstützt die über 300 Mitarbeitende eingesetzt. Gleichzeitig hat Stiftung mit anhaltendem Engagement die Lehre er gute Voraussetzungen geschaffen, damit sein und Forschung auf dem Gebiet des Bauwesens, Lebenswerk, die 1957 gegründete Stiftung mitsamt insbesondere im Bereich des nachhaltigen Bau- ihrem Immobilienportfolio, erfolgreich in die Zu- ens. Sie ermöglicht Forschungsprojekte, die sonst kunft überführt werden konnte. nicht durchgeführt würden, und Professuren, die es sonst nicht gäbe. Die sichtbaren Erfolge ziehen Zuversicht» Seit der Einstellung der Bau AG nach einer Reor- weitere Talente und Forschungsgelder an und stär- ganisation im Jahr 2007 konzentriert sich die stra- ken damit nicht nur das Departement für Bau, Um- tegische und operative Führung der Stiftung auf welt und Geomatik, sondern die ETH als Ganzes. die Erfüllung des aktualisierten Stiftungszwecks, nämlich «die Förderung von Lehre und Forschung Die Unterstützung der Albert Lück-Stiftung ist für sowie des Studiums auf dem Gebiet des Bauwesens die ETH von unschätzbarem Wert. Dafür danke ich an der ETH Zürich, vorweg im Bereich des derzei- dem Stiftungsgründer, dessen Leidenschaft und so- tigen Departementes für Bau, Umwelt und Geoma- ziales Engagement ihresgleichen suchen. Und ich Albert Lück tik respektive dessen Nachfolgeeinheit». Im Fokus danke dem heutigen Stiftungsrat, der das Lebens- stehen einerseits eine professionelle Bewirtschaf- werk von Albert Lück in die Zukunft trägt. tung der Immobilien nach den Grundsätzen der Nachhaltigkeit und andererseits die Evaluation und Prof. Dr. Lino Guzzella Begleitung von finanziellen Fördertätigkeiten an Präsident ETH Zürich der ETH Zürich. Wer den Grundstein für ein solch ganzheitliches Werk wie die Albert Lück-Stiftung gelegt hat, dem gebührt grosse Hochachtung und Wertschätzung. Diese Gedanken lagen dem Festanlass «130/60» vom 17. November 2017 zu Ehren des Stif- ters Albert Lück zugrunde. Dr. Andreas Flury, Stiftungsratspräsident 2 3
«Ich hoffe, dass die Stiftung auch in Zukunft den Spirit des Gründers weitergibt» Herr Wissmann, womit befassen Sie sich in Ihrem mes Instrument ist. Einerseits können dadurch Beruf? die besten Abgänger der Bachelorstudiengänge weiter an die ETH gebunden und andererseits Im Moment leite ich die Ingenieurarbeiten für den weltweit Spitzentalente angeworben werden. Und Neubau des Andreasturms, eines 80 Meter hohen angesichts der Bemühungen anderer international Bürogebäudes direkt beim Bahnhof Oerlikon, das führender Institutionen tut die ETH gut daran, sol- kurz vor Rohbauvollendung steht. Der Turm von che Programme weiter zu fördern und damit auch Gigon/Guyer Architekten wuchs in 18 Monaten auf der Stufe der Masterstudiengänge ihrem An- 4 Geschosse in den Untergrund und 22 Geschosse in spruch auf Spitzenqualität gerecht zu werden. den Himmel. Der Clou an der Sache war, dass wir gleichzeitig nach unten und nach oben bauten – so Die Stiftung hat ihre Förderungsstrategie geändert hatten wir vergangenen Sommer 12 Stockwerke und sich entschlossen, keine Masterstipendien zu ver- des Hochhauses gebaut, noch bevor alle Wände geben und stattdessen vermehrt grössere Forschungs- der Untergeschosse vollendet waren. Durch diese projekte und Lehrstühle zu unterstützen. Wie denken sogenannte Deckelbauweise konnten wir die Bau- Sie über diesen Entscheid? zeit um rund zwei Monate reduzieren und haben bezüglich der Anzahl Geschosse meines Wissens Für mich ist dieser Strategiewechsel nachvollzieh- auch einen Schweizer Rekord aufgestellt. bar. Man setzt die Mittel so für die Öffentlichkeit etwas sichtbarer ein. Wichtig ist für mich auch we- Welche Rolle spielt die Albert Lück-Stiftung in Ihrer niger, wo die Stiftung ihre Mittel investiert, als dass Karriere? sie es tut. Das Anliegen der Stiftung, Studium, For- schung und Lehre auf dem Gebiet des Bauwesens Die Stiftung hat mich in meinem Masterstudium an der ETH zu fördern, verdient ohnehin Hochach- von 2009 bis 2011 mit einem Stipendium unter- tung. stützt. Für mich war das eine grosse Wertschät- zung meiner Leistungen im Bachelorstudium und Was wünschen Sie der Albert Lück-Stiftung für die ein Antrieb, mit derselben Begeisterung fortzufah- Zukunft? ren. Dadurch, dass ich mich so voll auf mein Stu- dium fokussieren konnte, war es sicher auch ein Die Stiftung setzt sich auch am 130. Geburtstag ih- Karrierekatalysator und hat mit dazu beigetragen, res Stifters weiter für die Qualität und das Anse- dass ich heute bereits in führender Position an hen unseres Berufsstandes ein; dafür möchte ich solch spannenden und anspruchsvollen Aufgaben mich an dieser Stelle bedanken. Meiner Ansicht arbeiten darf. nach kam der Bauingenieurberuf in der öffentli- chen Wahrnehmung etwas zu kurz. Es ist wichtig, Bildrecht: WaltGalmarini AG Wie schätzen Sie die Wirksamkeit der Masterförder- dass wir unser Image pflegen, nicht zuletzt für die Benjamin Wissmann arbeitet als Senior Projektleiter und Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung beim Zürcher programme ein? Sicherstellung des Nachwuchses. Ich wünsche der Ingenieurbüro WaltGalmarini AG. Während seines Masterstudiums, das er im Jahr 2011 als MSc ETH Bau-Ing. Stiftung deshalb, dass sie die Anliegen Albert Lücks abschloss, wurde er im Rahmen des «Excellence Scholarship & Opportunity Programme» (ESOP) von der Albert Die Masterförderprogramme sollen in erster Linie weiterhin erfolgreich und wirksam umsetzt und so Lück-Stiftung unterstützt. Das ESOP, ein Stipendienprogramm der ETH Zürich und der ETH Zürich Foundation, Talente fördern, und ich bin überzeugt, dass dies seinen Spirit weitergibt. fördert Talente, deren Persönlichkeit, Kreativität und intellektuelle Fähigkeiten exzellente Leistungen versprechen. im Standortwettbewerb für die ETH ein wirksa- Benjamin Wissmann ist einer von insgesamt fünf Masterstudierenden, die von der Albert Lück-Stiftung gefördert wurden. 4 5
«Mein Fall zeigt, dass diese Fördermethode erfolgreich ist» zu finanzieren. Ich wurde in einem harten Frau Chatzi, womit befassen Sie sich? Wettbewerbsverfahren ausgesucht wegen des Meine Professur dreht sich um Strukturmecha- Potentials meiner Forschung zu datenbasierten nik. Mein Spezialgebiet ist «Structural Health Modellen für Infrastrukturbauten. Der Bereich Monitoring». Das ist eine auf kontinuierlichen «Structural Health Monitoring» hat insbesondere und automatisierten Messungen basierte Über- in den letzten Jahren stark an Bedeutung wachung von Ingenieurbauten wie z. B. Brücken. gewonnen, weil sich gezeigt hat, dass man sich Wir untersuchen damit, wie sich Eigenschaften unbedingt um die alternden Infrastrukturbauten wie etwa der Tragwiderstand von Bauwerken bei kümmern muss. Die Albert Lück-Stiftung hat verschiedenen betriebsbedingten Belastungen mich kontinuierlich unterstützt und so erlaubt, und unterschiedlichen Umweltbedingungen ver- diese Vision umzusetzen. ändern. Die gesammelten Messdaten wandeln wir in Wissen um. Dazu entwickeln wir Modelle, Die Stiftung überweist der ETH jedes Jahr über mit denen wir versuchen, das Verhalten von Bau- eine Million Franken Fördergelder. Inwiefern ist materialien vorherzusagen, um schliesslich ein die Strategie der Stiftung, wenige Lehrstühle zu zuverlässiges Diagnosesystem zu entwickeln. unterstützen, sinnvoller als z. B. viele Master- oder Doktorarbeiten? Gibt es konkrete Ergebnisse Ihrer Forschungsarbeit? Man investiert dadurch nicht nur in eine Person, Wir installieren Sensoren – wireless oder mit sondern in ein ganzes Netzwerk, zu dem auch Kabel – in verschiedenen infrastrukturellen Masterstudierende und Doktorierende gehö- Bauwerken wie Brücken, Gebäuden, aber auch ren. Mein Fall zeigt, dass diese Fördermethode Windturbinen. Über das «WINDMIL»-Projekt, erfolgreich ist. Man hat ein neues Forschungs- das von der Europäischen Kommission finan- gebiet etabliert. Und dadurch, dass meine Assis- ziert wird, haben wir in Windparks in Europa tenzprofessur mittlerweile in eine Vollprofessur forschen können. Ein weiteres prominentes Bei- umgewandelt wurde, eröffnen sich auch Zugän- spiel ist sicher das neue Elefantenhaus im Zoo ge zu weiteren Forschungsgeldern des Schwei- Zürich. Dort haben wir Messgeräte in der Trag- zerischen Nationalfonds oder der EU. konstruktion der Kuppel eingebettet. Diese misst 80 Meter Spannweite und sitzt auf einem Beton- Was wünschen Sie der Albert Lück-Stiftung für die ring. Wir untersuchen, wie sich die tragende Zukunft? Bildrecht: ETH Zürich Holzkonstruktion verhält, um im Notfall Alarm Dass sie weiterhin Gelegenheiten schafft für jun- Prof. Dr. Eleni Chatzi ist Professorin für Strukturmechanik am Institut für Baustatik und Konstruktion des Departe- schlagen zu können. Wichtig ist auch, dass wir ge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ments Bau, Umwelt und Geomatik der ETH Zürich. Zusammen mit ihrem Team entwickelt und implementiert sie angehende Ingenieure in der Verwendung der wie mich, indem sie neue Ideen im Bauingeni- fortschrittliche Lösungen für die Überwachung von Bauwerken, die zuverlässige Informationen zur Tragsicherheit und neuen Methoden ausbilden. eurwesen fördert. Alterungsbeständigkeit über die gesamte Lebensdauer hinweg liefern. Damit wird unter anderem die Planung von War- tungsarbeiten erleichtert und ein sicherer Betrieb gewährleistet. Für ihr Projekt «WINDMIL» wurde Eleni Chatzi 2015 Welche Rolle spielt die Albert Lück-Stiftung in Ih- mit dem prestigeträchtigen ERC Starting Grant des Europäischen Forschungsrats ausgezeichnet. rer Karriere? Die Albert Lück-Stiftung unterstützt die Professur von Eleni Chatzi seit 2010 und hat ihr Engagement nach der Umwand- Die Stiftung hat 2010 Mittel zur Verfügung gestellt, lung der Assistenz- in eine Vollprofessur bis 2022 verlängert. Dank der grosszügigen und langfristigen Fördergelder um eine Assistenzprofessur in Strukturmechanik konnte Eleni Chatzi ein erfolgreiches Team aufbauen, das auch im internationalen Vergleich Spitzenresultate erzielt. 6 7
«Viele Forschungsfragen der Zukunft liegen zwischen den tradierten Disziplinen» Gebäude machen. Wir konnten so zeigen, wie Womit haben Sie sich in Ihrer Forschung befasst? dringlich eine Rückkehr zu langfristigen Per- Unser Fokus lag auf der langfristigen Werterhal- spektiven ist. tung und der Resilienz, also der Widerstandsfä- higkeit, der Systeme der gebauten Umwelt. Wir Inwiefern war die Albert Lück-Stiftung wichtig für betrachten die Häuser einer Stadt oder einer dieses Forschungsprojekt? Region als ein System, das gesamthaft im Blick Grundlagenforschung in unseren Feldern ist auf langfristige Werterhaltung bewirtschaftet nicht immer leicht zu finanzieren, da es lange werden sollte. Da es in diesem Bereich wenig Zeiträume für die komplexen Datenerhebungen Grundlagenforschung gab, haben wir die Studie braucht. Häufig wird die Denkmalpflege nur mit «Stocks and Flows» bei der Albert Lück-Stiftung geisteswissenschaftlichen Fragestellungen asso- vorgeschlagen. ziiert. Fragen der Werterhaltung und der Dyna- mik der Entwicklung gebauter Systeme sind al- Worum Worum gingging es in deres Studie?in der Studie? lerdings zentral für eine nachhaltige Baupolitik, Zunächst war es nicht einfach, die Stiftung davon die Kulturgütererhaltung und auch die künftige zu überzeugen, dass ein Institut im Departement Ausbildung von Ingenieuren und Architekten. Architektur überhaupt Förderung erhalten kann. Für uns bot die Förderung die Chance, zwischen Ingenieure und Architekten, Ökonomen, Ma- den etablierten Disziplinen und Fördertraditio- thematiker und Historiker haben 2011–2014 am nen neue Wege zu gehen. Promotionen, die aus Institut für Denkmalpflege und Bauforschung in dem Projekt hervorgingen, haben gute Ergebnis- vier Projektbereichen geforscht: Themen waren se gebracht und wurden wegen unserer neuen der Bestand der Stadt Zürich, Risikofragen, Fra- Forschungsfragen ausgezeichnet. gen der Wissens- und Theoriegeschichte im Be- reich Haustechnik und Resilienz. Was wünschen Sie der Albert Lück-Stiftung für die Zukunft? Zu welchen Ergebnissen sind Sie gekommen? Erfolg und Dauer: Eine Öffnung der Förderung Unter vielen anderen Ergebnissen konnten wir wäre sicherlich sinnvoll, denn viele Forschungs- zeigen, wie stark sich der Planungshorizont im themen der Zukunft liegen zwischen den Depar- Bausektor seit dem Zweiten Weltkrieg verkürzt tementen und zwischen den tradierten Wissen- hat – und wie stark das auf die künftige Dauer schaften und ihren disziplinären Strukturen. und Überlebenswahrscheinlichkeiten gebau- Bildrecht: ETH Zürich ter Objekte wirkt. Die mittlere Haltbarkeit der Prof. Dr. Uta Hassler war von 2005 bis zu ihrer Emeritierung im Jahr 2016 Professorin für Denkmalpflege und Gebäude sinkt von 200 auf 30–40 Jahre, innere Bauforschung am gleichnamigen Institut des Departements Architektur der ETH Zürich. Sie gehört europaweit zu Verluste führen zu weiteren Risiken für die Wert- den führenden Persönlichkeiten im Bereich Denkmalpflege und wurde dafür unter anderem mit dem Ehrentitel erhaltung. Die kurze Erhaltszeit bringt volks- «TUM Distinguished Affiliated Professor» der Technischen Universität München ausgezeichnet. wirtschaftliche Verluste, Risikofolgen werden Im Rahmen des Projekts «Stocks and Flows», das von der Albert Lück-Stiftung gefördert wurde, befasste sich Uta auf die Allgemeinheit übertragen. In der Analyse Hassler von 2011 bis 2015 mit der langfristigen Werterhaltung von Gebäudebeständen. Ingenieure und Architekten, der Metadaten konnten wir aufgrund von Fakto- Ökonomen, Mathematiker und Historiker untersuchten die Entwicklung des Zürcher Gebäudebestandes im histo- ren wie Gebäudegrösse oder Lage auch Gefähr- rischen Verlauf und formulierten auf dieser Grundlage skalierbare Szenarien für die Entwicklung und die Lebens- dungsaussagen mit Verlustrisiken für einzelne dauer gebauter Objekte. 8 9
«Eine Million ist zwar viel Geld, für eine neue Professur aber günstig» Herr Maurer, womit befassen Sie sich? Welche Rolle spielt die Albert Lück-Stiftung in Ih- rer Karriere? Bei mir geht es um Siedlungswasserwirtschaft, also um die Netzwerke von Wasserversorgung Bei mir war es so, dass die Umweltverbände eine und Abwasserentsorgung in Städten. Da gibt es Professur für Systeme der Siedlungswasserwirt- zwei grundlegende Fragestellungen. Die erste schaft wollten. Dass also nicht nur die Verfahrens- lautet: Wie gehen wir mit den bestehenden Was- technik für die Abwasseraufbereitung, sondern sersystemen um? Seit dem Zweiten Weltkrieg auch die Netzwerke dahinter erforscht werden. haben wir in der Schweiz über 200 Milliarden Die Albert Lück-Stiftung hat substantielle finan- Franken in diese investiert. Die Trinkwasser- zielle Mittel für dieses Vorhaben gesprochen leitungen, Abwasserkanäle und Kläranlagen und den Lehrstuhl dadurch möglich gemacht. werden aber langsam alt. Die zweite Frage geht noch weiter: Wie sieht die Siedlungswasser- Inwiefern ist die Strategie der Stiftung, wenige landschaft der Zukunft weltweit aus? Unser Lehrstühle zu unterstützen, sinnvoller als z. B. vie- westliches Modell ist teuer, man benötigt viel le Master- oder Doktorarbeiten? Wasserressourcen und politische Stabilität. Die- Durch die Professur garantiert man eine langfris- se Voraussetzungen sind global gesehen an vie- tige, kontinuierliche Förderung. Masterarbeiten len Orten nicht gegeben. Man hat für eine der sind auch wichtig, aber nur Bausteine, die man zu zentralen Herausforderungen menschlicher einem Gebäude zusammensetzen muss. Zudem Siedlungen, die Wasserversorgung und Abwas- ist die Hebelwirkung enorm. Die Anschubfinan- serentsorgung, keine andere Lösung, als nach zierung der Stiftung hat ein Mehrfaches an Inves- römischem Muster ein aufwändiges Leitungs- titionen von anderen Seiten wie der ETH oder dem system zu erstellen. Wir entwickeln Alternativen Nationalfonds ausgelöst. Eine Million ist zwar dazu, vor allem mit dezentralen Systemen. viel Geld, für eine neue Professur aber günstig. Gibt es konkrete Ergebnisse Ihrer Forschungsarbeit? Was wünschen Sie der Albert Lück-Stiftung für die Wir erarbeiten Unterhaltsstrategien für verschie- Zukunft? dene Gemeinden im Mittelland und haben ein Ich bin sehr dankbar, diese Professur ist eine Planungsprozedere mit konkreten Massnahmen grosse Chance. Wir konnten auch immer ohne entwickelt. Wir konnten zudem zeigen, dass das Druck forschen. Die Stiftung hat zwar die Stoss- blosse Reparieren bestehender Leitungen nicht Bildrecht: ETH Zürich richtung vorgegeben, aber nie Druck aufgesetzt unbedingt die beste Lösung ist. Wir führen auch Prof. Dr. Max Maurer ist Professor für Systeme in der Siedlungswasserwirtschaft und leitet gleichzeitig das Insti- und uns vertraut, dass wir etwas Gutes machen. Messungen mit Sensoren durch. Die Idee ist, dass tut für Umweltingenieurwissenschaften des Departements Bau, Umwelt und Geomatik der ETH Zürich. Zudem ist Das ist nicht selbstverständlich. es irgendwann über das Internet der Dinge eine er Abteilungsleiter an der Eawag, dem Wasserforschungsinstitut des ETH-Bereichs. Zusammen mit seinem Team Steuerung für ganze Siedlungen gibt. Wir lehnen erforscht Max Maurer alternative Ansätze für das Wassermanagement in Städten. Denn die komplexe und teure In- uns also an die Vision der Smart City an, nach frastruktur aus Trinkwasserleitungen, Kanalisation und zentralen Kläranlagen, wie wir sie in den Industrieländern kennen, ist in vielen Regionen der Welt nicht denkbar. Ziel der Forschung ist es, die Wasser- und Schadstoffflüsse dem Motto «Wissen statt Beton», und versuchen besser zu verstehen, um daraus neue, dezentrale Trink- und Abwassersysteme zu entwickeln und in die bestehenden gewissermassen die Digitalisierung in der Ka- Strukturen zu integrieren. nalisation zu verankern. Zudem bilden wir auch Studierende in dieser Technologie aus. Die Albert Lück-Stiftung fördert die Professur von Max Maurer bereits seit 2012. 10 11
«Die Stiftung soll auch Projekte fördern, die etwas verrückt sind» einstürzen. Wir verfügen aber noch über keine Be- Herr Frangi, womit befassen Sie sich? messungsgrundlagen und Erfahrungen, wie sich Seit über 20 Jahren befasse ich mich mit dem kon- grosse Holzkonstruktionen in Extremsituationen struktiven Holzbau und Brandschutz. Vor allem wie etwa Explosionen verhalten. Durch Experi- der Brandschutz hat die Anwendung von Holz als mente und Simulationen erarbeiten wir Strategien Baumaterial lange Zeit eingeschränkt. Ich habe und konzeptionelle Massnahmen zur Sicherstel- während meiner Forschung alles verbrannt, was lung der Robustheit. Gleichzeitig arbeiten wir eng man verbrennen kann: Decken, Wände, Stützen, mit Ingenieurbüros und Unternehmen zusammen, Träger. Dadurch konnte gezeigt werden, dass um zu prüfen, ob unsere Ideen umsetzbar sind. Holzbauteile im Brandfall genügend Feuerwider- stand aufweisen, und die Bauvorschriften wurden Wieso war die Albert Lück-Stiftung die geeignete entsprechend geändert. Partnerin? Wir beziehen unsere Forschungsmittel haupt- Wo findet der Holzbau heute Anwendung? sächlich vom Schweizerischen Nationalfonds und Lange dachte man bei Holzbau nur an Chalets. Seit von der Kommission für Technologie und Inno- mehreren Jahren werden aber vermehrt auch bei vation. Dieses Projekt hat aber nicht ins Schema grossen Gebäuden Holztragkonstruktionen ver- dieser Institutionen gepasst. Die Albert Lück-Stif- wendet. Leuchtturmprojekte in Zürich sind etwa tung konnte diese Lücke schliessen. Der Vorteil der Neubau von Tamedia, der Elefantenpark im der Stiftung ist, dass sie auch Forschung fördern Zoo Zürich oder das «House of Natural Resources» kann, die vielleicht etwas verrückt ist und noch an der ETH Hönggerberg. Dieses und nächstes nicht den Kriterien des Nationalfonds entspricht. Jahr entstehen in Risch Rotkreuz die ersten beiden Das Projekt passt auch zu ihrer Strategie, weil es Holzhochhäuser mit bis zu 60 Metern Höhe. einen Beitrag zum nachhaltigen Bauen darstellt und Anwendungscharakter hat – nach dem Motto Wie sind Sie an die Albert Lück-Stiftung gelangt? «von der ETH zur Baustelle». Ich bin der Stiftung sehr dankbar, denn ohne ihre finanzielle Unter- Zurzeit gibt es ein grosses Interesse am Holzbau in stützung hätten wir es nicht realisieren können. der Schweiz. Zunehmend setzt sich die Erkenntnis durch, dass die noch nicht ausgereizten Möglich- Was wünschen Sie der Albert Lück-Stiftung für die keiten der Holzbauweise für das nachhaltige Ge- Zukunft? bäude der Zukunft unverzichtbar sind. Allerdings Bildrecht: ETH Zürich fehlen in einigen Bereichen noch wichtige Grund- Ich wünsche der Albert Lück-Stiftung, dass die von lagen und Erfahrung. Um eine dieser Lücken zu ihr unterstützten Projekte ihre Erwartungen erfül- Prof. Dr. Andrea Frangi ist seit 2010 Professor für Holzbau am Institut für Baustatik und Konstruktion des Departe- schliessen, habe ich bei der Stiftung ein Projekt len. Ebenso hoffe ich, dass die Stiftung auch wei- ments Bau, Umwelt und Geomatik der ETH Zürich. Er machte insbesondere mit dem «ETH House of Natural Re- sources» auf sich aufmerksam, einem Bürogebäude und Forschungslabor, dessen neuartige Holzkonstruktionen in- eingereicht. terhin über diese Projekte berichtet und diese an teressierte Gäste aus aller Welt anziehen. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren liefert das Projekt Kenntnisse die Öffentlichkeit trägt. Ingenieure sind generell über das Verhalten von Strukturelementen aus Holz, die auf theoretischer Basis nicht zu gewinnen wären. Darüber Was beinhaltet dieses Projekt? eher bescheiden, obwohl sie sehr viel leisten für hinaus dürfte es dem Einsatz von Buchenholz, das in unseren Wäldern in grossen Mengen wächst, als nachhaltiges die Gesellschaft. Die Stiftung kann Erfolge unserer Baumaterial Auftrieb verleihen. Es handelt sich um ein Grundlagenforschungspro- Berufsgattung in die Öffentlichkeit tragen und sie jekt zur Zuverlässigkeit und Robustheit von Holz- Anlässlich der Feier an der ETH Zürich zum 60-Jahr-Jubiläum gab die Albert Lück-Stiftung die Förderung eines so auch für Nachwuchskräfte attraktiv machen. tragwerken. Ein Hochhaus darf auf keinen Fall neuen Forschungsprojekts bekannt, mit dem Andrea Frangi die Robustheit von Holztragwerken untersuchen wird. 12 13
IMPRESSIONEN 17. NOVEMBER 2017 «Donationen sind ein Vertrauensbeweis» Die Früchte eines Stifters «Wir sind froh zu sehen, dass unsere Früchte reifen», sagte Andreas Flury, Stiftungsratspräsident der Albert Lück-Stiftung, anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten im November 2017. Rund 30 geladene Gäste – darunter ehemalige und aktive Stiftungsräte, Hochschuldozierende und Leistungsträger aus der Immobilienbewirtschaftung – haben sich an der ETH Zürich zusammengefunden, um der Stiftungsgründung zu gedenken. Die Enkelin des Stifters Als Ehrengast an den Feierlichkeiten wurde Claudia Godigna herzlich begrüsst. «Ich freue mich ausser- ordentlich, dass die Enkelin von Albert Lück hier ist. Sie hat den Anstoss für den Anlass gegeben und die Messlatte von Anfang an hoch gehalten», erläuterte Flury. Schon bei einem ihrer ersten Treffen habe sie nach der «Performance» der Stiftung gefragt, die ge- mäss dem Willen von Albert Lück die Bauforschung an der ETH fördern soll. «Sie wollte die Früchte se- hen, die aus der Stiftung ihres Grossvaters entstan- den», so Flury, «und ich glaube, mit dem heutigen Tag ist der Tatbeweis erbracht.» Seit 2007, als die Stiftung nach einer Umorganisation und der Trennung vom Baugeschäft neu aufgestellt wurde, verpflichtete sie sich für Fördergelder bis 2022 im Betrag von insge- samt 8,6 Millionen Franken, davon sind drei Viertel bereits ausbezahlt. Mit den Fördergeldern wurden fünf Stipendien für exzellente Masterstudenten aus- gerichtet, zwei Forschungsprojekte und drei Profes- suren finanziert. Donationen sind wichtig für eine Spitzenuniversität «Solche Donationen sind enorm wichtig für uns», sagte ETH-Präsident Lino Guzzella in seiner Anspra- che. «Der internationale Wettbewerb unter den tech- nischen Hochschulen und Universitäten ist intensiv. Wenn wir unsere Spitzenposition behalten möchten, müssen wir Donationen als substantiellen und kon- tinuierlichen Mittelfluss etablieren.» Ebenso wichtig wie der ökonomische Aspekt sei ihm aber der Vertrau- ensbeweis. «Solche Donationen zeigen, dass die ETH und ihr Gründungsgedanke, die Schweiz voranzutrei- 14 ben, in der Gesellschaft verankert sind», so Guzzella. 15
Vertrag für neues Projekt unterzeichnet Um sich ein Bild vom gegen- wärtigen Stand der Forschungs- methoden zu machen, hatten der Stiftungsrat und die Enkelin von Albert Lück vor dem fest- lich-formellen Teil einen Ein- blick in aktuelle Projekte des Departements Bau, Umwelt und Geomatik (D-BAUG) auf dem Campus Hönggerberg erhalten. Dazu gehört die Versuchsanlage LUSET (Large Universal Shell Element Tester) zur experimen- tellen Belastung von Stahlbeton- elementen mit einer Kraft von 30 MN (3‘000 Tonnen). Zum krönenden Abschluss des Abends fiel – nach dem Motto «Ta- ten statt Worte» – der Startschuss für ein neues Forschungspro- Einblicke in die Zukunft des Bauwesens jekt. Lino Guzzella sowie der Vorsteher des D-BAUG, Thomas «Wer nicht abgehängt werden möchte, muss in Vogel, unterzeichneten zusam- Grundlagenforschung investieren», versicherte men mit dem Präsidenten und der ETH-Präsident und präsentierte seine Visi- dem Vizepräsidenten des Stif- on einer «digitalen Baukultur». «Stiftungen wie tungsrates der Albert Lück-Stif- diejenige von Albert Lück ermöglichen Grundla- tung den Vertrag für ein Holz- genforschung, die sonst nicht finanziert werden bauprojekt von Professor Andrea könnte.» Als Beispiele stellten Professorin Eleni Frangi (siehe Seite 6+7) – eine Chatzi und Professor Max Maurer dem Publi- weitere Frucht des Stifters Albert kum ihre aktuelle Forschungstätigkeit vor (siehe Lück als Beitrag zur Zukunft des auch Seite 4+5, Seite 10+11). Beide führen klassi- Bauens in der Schweiz. sche Bereiche des Ingenieurwesens mit digitalen Messmethoden zusammen und verkörpern da- mit die Zukunft des Bauwesens. Bildrechte: Alex Jenny 16 17
DANKESWORT Albert Lück war zu seiner Zeit ein professionel- Das Bild der Enkelin auf Seite 19 visualisiert die Claudia Godigna, Enkelin von Albert Lück ler Baumeister, Unternehmer und Patron alter Erfolgsgeschichte der Stiftung, wie sie sich heute Prägung. Sein Vermächtnis lebt in der Albert präsentiert. Einerseits führte die professionelle Lück-Stiftung weiter, aber nicht nur. Seine Wert- Bewirtschaftung der Immobilien gemäss der In- haltung, sein soziales Engagement und sein gan- vestitionsstrategie seit 2007 dazu, dass der Ver- zes Lebenswerk haben auch in seiner Familie schuldungsgrad im Immobilienportfolio in den Spuren hinterlassen. letzten 10 Jahren halbiert und auf unter 40 Pro- zent gesenkt werden konnte. Und andererseits Damit ist der Stiftungsrat 2012 erstmals in Be- schenkt der Stiftungsrat der Zielerreichung und rührung gekommen: In diesem Jahr wurde zu Qualitätskontrolle bei den Forschungsprojekten Ehren von Albert Lück auf dem ETH-Campus besondere Aufmerksamkeit. Die geförderten Pro- Hönggerberg der Hörsaal HIL E1 nach dem Stif- fessuren müssen sich im üblichen Wettbewerb ter benannt. Bei der feierlichen Enthüllung der als Hochschullehrer und Forschende behaupten. Namenstafel war auch Claudia Godigna, die ein- zige Enkelin von Albert Lück, unter den gela- Der Stiftungsrat der Albert Lück-Stiftung dankt denen Gästen. Schon bei der ersten Begegnung dem Stifter und allen an der Erfolgsgeschichte wurde spürbar, dass die Frau, die in Sibirien und Beteiligten. Treuhänderisch, mit Umsicht und Florenz wohnt, das Vermächtnis ihres Grossva- Sorgfalt trägt der Stiftungsrat das Vermächtnis in ters hochhält und dass ihr viel daran liegt, sich die Zukunft, im engen Dialog mit dem ETH-Rat, in die Ziele und die Tätigkeiten der Stiftung ein- der ETH Zürich und in der Hoffnung auf reife zudenken. Früchte und eine volle Ernte. So war sie auch bereit, den weiten Weg auf sich Der Stiftungsrat bedankt sich ebenfalls herzlich zu nehmen und die Vorbereitungen des Festan- bei der ETH Zürich Foundation für die professi- lasses «130/60» mit mehreren Besuchen aktiv onelle Unterstützung bei der Vertragserstellung zu begleiten. Bei einem Treffen legte sie eine und Abwicklung der Förderprojekte, für die Mit- Handskizze mit ihrer Sicht der Dinge vor (vgl. wirkung bei der Organisation des Festanlasses nebenstehende Abbildung) mit den Worten: «Wie und die Projektleitung bei der Erstellung der Ju- das mit den Immobilien geht, weiss ich nicht. Ich biläumsbroschüre. weiss aber, dass der Stiftungsrat mit grossem Her- zen Projekte an der ETH unterstützt. Mich inter- Dr. Andreas Flury, Stiftungsratspräsident essiert ganz besonders, welche Performance die Spenden bewirken, und letztlich, welche Früchte Nach einer Handskizze von Claudia Godigna, grafische Umsetzung durch Pascal Sigrist daraus resultieren.» Der Stiftungsrat ist Claudia Godigna, die die Stiftung engagiert mitträgt, zu grossem Dank verpflichtet. Möge sie diesen Geist in ihrer Familie weitertragen. Impressum: Projektleitung: Stéphanie Tobler Mucznik, Manager Kommunikation, ETH Zürich Foundation Interviews und Tagungsbericht: Miguel Garcia, Historiker, Journalist, Stadtführer; Winterthur Fotos: Alex Jenny, Stiftungsrat der Albert Lück-Stiftung I Layout und Grafik: Curryproduction.ch I Druck: Wolfensberger AG 18 19
Obstgartenstrasse 19 Postfach 246 8042 Zürich info@albert-lueck-stiftung.ch www.albert-lueck-stiftung.ch
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