"5 vor 12 - Der Arbeitgeber stellt uns die Stühle vor die Tür" - Katholische ...

Die Seite wird erstellt Paul-Luca Keil
 
WEITER LESEN
"5 vor 12 - Der Arbeitgeber stellt uns die Stühle vor die Tür" - Katholische ...
Juli 2020

1000 leere Stühle für 1000 Menschen, die fehlen werden. Foto: Karolina Tomanek

Aalen

„5 vor 12 – Der Arbeitgeber
stellt uns die Stühle vor die Tür“
(kt) So lautete das Motto der Aktion                1000 Stühle.                                  Aktuell sind es noch 4600 Beschäftigte,
am 16.06.2020, die die Beschäftigten                Eine Großveranstaltung? Nein.                 die bis 2026 auf 2550 eingespart werden
des Unternehmens, die IG Metall                     Die Stühle bleiben leer, wie ein stummer      sollen. „Es ist eine Sauerei!“, so Hamm.
sowie der Betriebsrat des Automobil-                Appell. Sie sind Sinnbild für die 1000 Mit-   Die Arbeitnehmervertreter haben Bosch
zulieferers Bosch Automitive Stee-                  arbeiter*innen, die bis 2022 entlassen        einen Forderungskatalog, bestehend aus
ring kreativ umgesetzt haben.                       werden sollen. Bis 2026 sollen weitere        4 Säulen, vorgelegt: Beschäftigungssi-
Es nieselt leicht, der Himmel ist wolken-           1100 folgen, so Andrea Sicker, seit April     cherung, Ausschluss von betriebsbe-
verhangen im Schießtal in Schwäbisch                2020 Erste Bevollmächtigte der IG             dingten Kündigungen, neue innovative
Gmünd. Auf der Zufahrt der Bosch AS                 Metall.                                       Produkte sowie Qualifizierungen. Alles-
stellen die Akteure gemeinsam, ohne                 2100 Arbeitsplätze. 2100 Kolleg*innen,        sandro Lieb Betriebsratsvorsitzender:
viel Aufsehen, Stühle in mehreren Rei-              Menschen, Familien. Schon 15 Mal              „Es wird nicht bei dieser einen ersten
hen auf. Derweil zwängen sich fast im               haben sich Arbeitgeber und Vertreter          Aktion bleiben“, versichern er und
Minutentakt große LKWs an den Stuhl-                der Arbeitnehmer getroffen, ein Ergeb-        Hüseyin Ekinci, Leiter des gewerkschaft-
reihen vorbei, um ihre Ladung im Werk               nis ist nicht abzusehen. „Die Pläne der       lichen Vertrauenskörpers bei Bosch AS.
abzuliefern. Man denkt an Vorbereitun-              Bosch AS bedeuten eine Katastrophe für        Es wird weitere und lautere Protestak-
gen für ein großes Konzert. Mehrere                 die Beschäftigten, deren Familien sowie       tionen geben. Ein Autokorso mit Auto-
Transporter bringen Stühle herbei,                  die ganze Region“, sagt Roland Hamm,          kino ist geplant.
schnell werden sie abgeladen und aufge-             Gewerkschaftssekretär der IG Metall.
stellt, weitergereicht. Hand in Hand.               2015 lag die Zahl der Beschäftigten bei       Heute aber schweigen die 1000 leeren
Über allem herrscht eine merkwürdige                6000. Die Hoffnungen waren groß, als          Stühle ihr ohrenbetäubendes Schweigen.
Stille.                                             Bosch das Unternehmen übernahm.
"5 vor 12 - Der Arbeitgeber stellt uns die Stühle vor die Tür" - Katholische ...
Juli 2020

Kommentar

Es reicht!! – Schluss mit der Ausbeutung
von Arbeitnehmer*innen in der Fleischindustrie
Ein Kommentar von Betriebsseelsorger Wolfgang Herrmann zur
Situation von Werkvertragsarbeitnehmer*innen in der Fleischwirtschaft

                                                                                             vorgelegten Arbeitsschutzplan für die
                                              Subunternehmer abgeben und sich damit          Fleischwirtschaft einen ersten Schritt
(wh) Seit Bekanntwerden hoher Covid-19        jeglicher wirtschaftlicher wie sozialer Ver-   getan. Die angekündigten Verbesserungen
Infektionszahlen unter osteuropäischen        antwortung entledigen. Diese Subunterneh-      beim Gesundheits- und Arbeitsschutz und
Werkvertragsarbeiter*innen in der fleisch-     men heuern auf Niedrigstlohnniveau             deren strengere Kontrollen durch personell
verarbeitenden Industrie - wie zuletzt wie-   Arbeitnehmer*innen aus Osteuropa an und        schnellstens aufzustockende Behörden sind
der bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück -        zwingen sie in unterschiedlichste Abhän-       ein erster, notwendiger Schritt. Das reicht
befindet sich das Land im „Empörungszu-        gigkeiten, wenn sie - nur ein Beispiel -       aber bei weitem nicht und behebt auch
stand“. Unhaltbare, teils menschenunwür-      sowohl als Arbeitgeber wie Vermieter fir-       nicht das Problem an der Wurzel. Das Sys-
dige Lebens- und Arbeitsbedingungen wie       mieren. Dass sie es mit dem Arbeits- und       tem Werkvertragsvergabe an Subunterneh-
überteuerte, unhygienische (Sammel-)          Gesundheitsschutz oft nicht so genau neh-      men gehört dringend reformiert, in der
Unterkünfte sowie eine miese Entlohnung       men ist ebenso dokumentiert wie Verstöße       Fleischwirtschaft definitiv abgeschafft. Es
auf Mindestlohnniveau oder wenig darüber      bei der Arbeitszeiterfassung zu ungunsten      ist beständige Quelle arbeits- wie sozial-
werden zurecht an den Pranger gestellt.       der Arbeitnehmer*innen. Zu den Profiteu-        rechtlicher Verstöße und führt (nicht nur)
Neu sind diese Zustände nicht. Seit Jahren    ren des Systems zählen aber auch die Immo-     in der Fleischwirtschaft zu unakzeptablen
weisen Beratungsstellen wie das DGB-          bilienbesitzer, die für ein Bett im Vierer-    Lebens- und Arbeitsbedingungen, denen
Projekt Faire Mobilität und engagierte Bür-   Zimmer locker Mal 200 € Monatsmiete ver-       die Menschen in diesem System meist wehr-
ger wie der münsterländische Pfarrer Peter    langen und auf diesem Weg ihre (Ramsch-)       los ausgeliefert sind und ethisch wie
Kossen auf die ausbeuterischen Strukturen     Immobilien gewinnbringend vermarkten.          menschlich völlig inakzeptabel sind. Wei-
einer Branche hin, die - koste es was es                                                     tere Schritte z. B. zum Schutz der osteuro-
wolle - auf billig getrimmt ist. Jetzt, in                                                   päischen Pflegekräfte in der sogenannten
COVID-19 Zeiten, treten die Schwachstellen       Weg-Sehen                                   „24-Stunden-Pflege“ müssen folgen.
dieses Systems noch sichtbarer in Erschei-       war schon immer                             Betriebsseelsorger Wolfgang Herrmann,
nung und decken auf, was schon vorher            die mieseste Form                           Stuttgart
traurige Normalität war.
                                                 des Sehens.
Steckt hinter der Empörung und dem politi-                                                   Siehe dazu auch den journalistischen Bei-
schen Aktionismus, mit der man dieser                                                        trag: „Auf der Strecke bleibt der Mensch -
Situation nun Herr werden will, vielleicht    Und auch so manche Kommune scheint             Der Schlachthof und das Leben“ von Erika
auch das Eingeständnis, bekannte Miss-        angesichts der willkommenen wie notwen-        Harzer auf
stände viel zu lange hingenommen und tole-    digen Gewerbesteuer ein Auge zuzudrü-          betriebsseelsorge.de
riert zu haben? Großschlachtereien nutzen     cken.
                                                                                             unter Neuigkeiten (Datum: 18.05.2020)
bisher ohne Zögern das Instrument der         Viel zu lange hat unsere Gesellschaft über
Werkvertragsvergabe. Sie pervertieren         die Missstände hinweggesehen. Weg-Sehen
jedoch den Grundgedanken eines Werkver-       war schon immer die mieseste Form des
trags, in dem sie große Teile ihrer Produk-   Sehens. Damit muss ein für alle Mal Schluss
tionslinie dauerhaft per Werkvertrag an       sein! Arbeitsminister Heil hat mit seinem
"5 vor 12 - Der Arbeitgeber stellt uns die Stühle vor die Tür" - Katholische ...
Juli 2020

Arbeiten angesichts der Corona- Pandemie
Betriebsseelsorger*innen im Gespräch mit Betriebs- und Personalrät*innen
Aalen

„Alles andere als normal“
Gespräch mit Andreas Kapfer,
Personalratsvorsitzender KSK Ostalb (Rolf Siedler)

Es gab ja schon turbulente Zeiten bei        Keine normale Zeiten also?                  entwickelt oder wie es bei den Firmen in
Euch im Haus. Hast Du etwas Ver-             Nein, alles andere als normal. Im Regel-    unserem Kreisgebiet aussieht. Mich
gleichbares wie die Corona-Zeit              fall fange ich morgens so gegen 7:30 Uhr    freut und überrascht, dass offensicht-
schon mal erlebt?                            mit der Arbeit an, in den letzten Wochen    lich die Nachfrage nach nachhaltigen
Nein. Egal wen ich frage, noch nie hat       mit meinem „normalen“ Geschäft“ als         Produkten steigt.
jemand so eine Zeit erlebt. Bei uns folgte   Personalrat allerdings oft erst so gegen    Der Blick in die Zukunft …
ein Krisenstab auf den anderen. Und was      15 Uhr. Die ganzen Stunden davor dik-
                                                                                         Ganz banal: Ich muss mit hoher Wahr-
heute beschlossen wurde, konnte mor-         tiert Corona: viele Einzelgespräche mit
                                                                                         scheinlichkeit die Personalversamm-
gen schon wieder Makulatur sein. Mit         Beschäftigten, Krisenstabssitzungen,
                                                                                         lung schon wieder verschieben. Dabei
den Entscheidungsträgern im Betrieb          regelmäßig neue Verordnungen, verän-
                                                                                         ist das Bedürfnis nach Informationen
wie der Politik wollte ich nicht tau-        derte Arbeitszeitregelungen, Abstands-
                                                                                         und die Freude, Kolleg*innen zu treffen,
schen, auch sie haben eine solche Situa-     regeln, Filialschließungen, Kinderbe-
                                                                                         selten so hoch. Das geht in dieser beson-
tion noch nie erlebt. Sehr positiv an-       treuung und vieles mehr. Wie kann man
                                                                                         deren Zeit aber nicht. Und was mir
zumerken ist, dass in unserem Haus           eine Personalratssitzung in Corona-
                                                                                         große Sorge macht ist die nächste Tarif-
Arbeitgeber, Führungskräfte und Perso-       Zeiten durchführen? Was sagt das
                                                                                         runde. Der Arbeitgeberverband will
nalrat auch in dieser Zeit wirklich gut      Gesetz dazu? Was ist der richtige Weg?
                                                                                         eine lange Laufzeit und so aus meiner
zusammen gearbeitet haben.                   Alles nicht ganz einfach, weil keiner von
                                                                                         Sicht die Corona-Zeit für sich nutzen.
Wie hast Du die Kolleg*innen erlebt?         uns bislang eine solche Situation erlebt
                                                                                         Die Kolleg*innen beschäftigen andere
                                             hat. Deshalb waren die zurückliegenden
Ich hab die ganze Bandbreite erlebt: von                                                 Themen als die Tarifrunde.
                                             Wochen und Monate häufig 10 bis 12-
Hysterie bis Laissez faire. In der Kantine   Stunden-Tage.                               Danke Andreas, bleib gesund!
etwa sitzen an einem Vierertisch acht
junge Menschen und drei Tische weiter        Am Finanzmarkt – ist da was pas-
sitzt ein Kollege völlig abgeschottet am     siert?
Einzeltisch. Manche Kolleg*innen sind        Ja, es gibt Dellen, weil in diesen Zeiten
komplett abgetaucht. Die unterschiedli-      über einen längeren Zeitraum z.B.
chen Charaktere kommen deutlich              wenig bis keine Beratungen stattgefun-      Die Fotos auf diesen Seiten entstan-
heraus, von Hilfsbereitschaft bis hin zu     den haben. Die Kund*innen hatten bzw.       den bei einer Aktion der Betriebssel-
Egoismus. Für etliche ist gerade die         haben andere Sorgen. Aber bislang gab       sorge Ostwürttemberg in Aalen zum
Frage „wo mache ich dieses Jahr Ur-          es keine Katastrophen wie befürchtet.       1. Mai 2020 (siehe Seite 10). Weitere
laub?“ sehr wichtig, sie buchen schon        Welche mittel- bis langfristigen Auswir-    Fotos von dieser Aktion finden sich in
wieder Kreuzfahrten und Flugreisen.          kungen Corona auch bei den Sparkassen       der gesamten Ausgabe und sind von
Doch andere erfreuen sich an bisher          haben wird, bleibt abzuwarten. Vieles       Karolina Tomanek.
unentdeckten Ecken in ihrer nächsten         hängt davon ab, wie sich z. B. die Börse
Umgebung und verorten sich ganz neu
in der Heimat.
"5 vor 12 - Der Arbeitgeber stellt uns die Stühle vor die Tür" - Katholische ...
Juli 2020

Aalen

Kein Job – keine Kohle
Gespräch mit Alessandra Ehrlich, freischaffende Schauspielerin, Autorin, Seglerin. Ausgezeichnet
mit dem Präventionspreis des Landes Baden-Württemberg für ihre gesellschaftsrelevanten Jugend-
und Kinderstücke. (Karolina Tomanek)

Was war vor Corona?
Das Jahr war gefüllt mit Tourterminen,
Proben, Engagements, FSJ-Seminaren
und Workshops.

                                                                                        Das komplette Interview:
                                                           vorweisen, ich bin froh,     betriebsseelsorge.de/neuigkeiten
                           Was ist jetzt?    wenn ich mir einen Wohnraum leisten        Informationen über Alessandra Ehrlich
                                             kann.                                      und über ihre Arbeit:
Ungewissheit, Perspektivlosigkeit, Exis-
tenzangst. Das schwebt über allem.           Notfalls muss ich Hartz IV beantragen,     www.alessandraehrlich.de
Ganz klar ist: kein Job = keine Kohle. Als   aber ich bin aus gutem Grund freischaf-
meine Haupteinnahmequelle für dieses         fend und selbständig.
Jahr, das Theater Paderborn, abgesagt        Wie empfindest du den Umgang mit
hat, habe ich mich sofort auf Erntehel-      Kultur?
fer-Jobs beworben. Bald konnte ich kurz
aufatmen: das Theater übernimmt 100%         Die schnellen Hilfen von Bund und Län-
des Ausfalls. Eine grandiose Haltung!        dern haben mich gefreut. Traurig ist,
Andere Jobs stehen nach wie vor auf der      dass Kultur wenig Aufmerksamkeit
Kippe oder sind ersatzlos weggebro-          bekommt. Die aktuelle Situation ver-
chen.                                        schärft ihren eh schon geringen Stellen-
                                             wert.
Welche Hilfen hast du bekommen?
                                             Und nun?
Zunächst von Freunden und meiner
Familie. Mit den Jobabsagen fielen            Gegenwärtig hat sich für mich verän-
meine Unterkünfte weg. Anfang April          dert, dass ich sesshaft geworden bin.
habe ich 2.500 € Soforthilfe für Künst-      Corona zwingt mich, zur Ruhe zu kom-
ler*innen bekommen, schnell und pro-         men. Tut gut. Fühlt sich für mich Rei-
blemlos. Den Beitrag für die Künstlerso-     sende aber auch nach Stagnation an. Ich
zialkasse konnte ich herabstufen lassen.     liebe es, mit Menschen zu arbeiten.        Alessandra Ehrlich
Da ich sparsam lebe, komme ich damit         Gruppenprozesse zu gestalten. Im En-       Foto: Karolina Tomanek

die nächsten Monate über die Runden.         semble zu spielen. Nah zu sein.
Ich finde es aber fragwürdig, dass die        Gerade bin ich müde, weiter an Konzep-
größer summierten Hilfen auf Be-             ten zu arbeiten, die das umgehen sollen.
triebskosten abzielen, die ich nicht         Und ich hoffe auch, dass das nicht nötig
habe. Ein Arbeitszimmer kann ich nicht       ist.
"5 vor 12 - Der Arbeitgeber stellt uns die Stühle vor die Tür" - Katholische ...
Juli 2020

Reutlingen

Umgang untereinander ist entspannter

Interview mit Ingrid Wiedmann, Landratsamt Reutlingen, Amt für
Recht, Ordnung und Verkehr (Matthias Schneider)

Guten Morgen Frau Wiedmann, für             sich erst einmal mit der Technik ver-                Ja, der Umgang untereinander ist ent-
welche Ressorts im Landratsamt sind         traut machen oder die technischen Vor-               spannter. Es ist manches entschleunigt,
Sie zuständig?                              aussetzungen dafür schaffen. Viele Ver-              auch, weil nichts Unvorhergesehenes
Ich bin zuständig für das Gewerberecht,     anstaltungen haben wir absagen müs-                  dazwischenkommt und alles gut plan-
Anträge wie Reisegewerbe usw., dann         sen. Die Planung für den Herbst gestal-              bar ist. Das macht sich auch unter den
Gewerbeuntersagungen und ich bin            tet sich auch schwierig, weil wir noch               Kolleg*innen bemerkbar. Ich muss aber
quasi die Aufsichtsbehörde für die          nicht wissen, welche Situation wir dann              auch sagen, dass wir zu jeder Zeit immer
Gewerbeämter vor Ort bei den Städten        vorfinden. Manche Kolleg*innen arbei-                 aktuell informiert waren, wir hatten
und Gemeinden, außer Reutlingen und         ten tageweise im Homeoffice, da sie                   zwei Mal online Mitarbeiterversamm-
Metzingen. Außerdem ist hier die            kleine Kinder haben. Das ist auch nicht              lungen und waren über „Intranet“
Anmeldung für die Prostituierten im         einfach, aber manche haben die Mög-                  immer zu allen Fragen auf dem Laufen-
Landkreis und darüber hinaus bin ich        lichkeit bekommen abends zu arbeiten,                den.
für die Kriminal- und Verkehrspräven-       wenn die Kinder im Bett sind, da gibt es             Ich bedanke mich herzlich und wün-
tion im Landkreis Reutlingen zuständig.     ganz individuelle Lösungen.                          sche Ihnen eine gute Zeit!
Wie geht es jemandem in einer Ver-          Hat sich im Verhältnis unter den Mit-
waltungsbehörde, die ja viel mit            arbeitetenden während „Corona“
Kund*innenverkehr zu tun hat, in            etwas verändert?
den jetzigen „Corona-Zeiten“? Hat
sich Ihre Arbeit verändert?
                                            Ingrid Wiedmann an ihrem Arbeitsplatz, Foto: Matthias Schneider
Also was sich natürlich verändert hat
ist, dass durch die Schließung des Hau-
ses kein Publikumsverkehr mehr statt-
findet. Es gibt einen ganzen Bereich mei-
nes Arbeitsfeldes, der wegfällt, da die
betroffenen Personen im Moment Ar-
beitsverbot haben.
Wie ist das bei den Kolleg*innen?
Was immer noch stark nachgefragt ist,
ist hier im Landratsamt die Zulassungs-
stelle, die arbeiten ganz normal, zwar
mit anderen Vorgaben und Gegebenhei-
ten, aber jeden Tag durch. Was sich auch
geändert hat ist, dass Kolleg*innen abge-
zogen wurden, zum Gesundheitsamt, in
Krisenstäbe usw., damit diese arbeitsfä-
hig waren. Da waren manche sechs bis
sieben Wochen weg und an einer ande-
ren Stelle aktiv.
Die sind jetzt wieder da?
Ja, die sind wieder da, man merkt jetzt
auch, dass die Situation langsam wieder
etwas entspannter wird. Es gibt jetzt die
Möglichkeit, im ganzen Haus wieder mit
festen, vereinbarten Terminen vor Ort
zu kommen und Dinge zu klären und zu
besprechen. Natürlich unter den gelten-
den Hygienebestimmungen. Viel läuft
über Telefon und über Mail, gerade auch
in der Präventionsarbeit. Wir bieten
demnächst ein „Webinar“ an. Das war
auch eine Umstellung, da musste man
"5 vor 12 - Der Arbeitgeber stellt uns die Stühle vor die Tür" - Katholische ...
Juli 2020

Tuttlingen

Mit einem Lächeln im Gesicht zur Arbeit kommen

Gespräch mit Beate Scholz, Betriebsratsvorsitzende,
real-Markt Tuttlingen (Thomas Maile)

Welche Auswirkungen hat die Coro-           Aber Dank neuester Rechtsprechung           Wir haben vom Arbeitgeber Bonuszah-
na-Krise bei Euch im Betrieb?               sind Telefon-/Videokonferenzen ja           lungen als Anerkennung für unseren
Es gilt die vorgegebenen Hygienevor-        jetzt zulässig. Und bei schönem Wetter      Einsatz bekommen. Viele Kolleg*innen
schriften zu beachten, was manchmal         ist der Mitarbeiterparkplatz ja groß        haben unserem Security-Mitarbeiter
ganz schön schwierig ist, wenn z. B.        genug, damit alle fünf an einer Freiluft-   (Fremdfirma) und unserer Reinigungs-
Kund*innen nicht warten, sondern            sitzung teilnehmen können :-)               fachkraft (Fremdfirma) etwas davon
einfach wie gewohnt Ware aus dem            Die Kolleg*innen hatten am Anfang zum       abgegeben. Als Dank, dass Sie uns in
Regal holen, obwohl da gerade eine          Teil richtig Existenzängste, das hat sich   dieser Zeit den Rücken freihalten und
Kolleg*in einräumt.                         aber zum Glück gelegt. Jetzt dreht sich     für unsere Sicherheit sorgen.
Die Kasse/Info wurde mit Kunststoff         meine Arbeit hauptsächlich um die Flut      Was macht Dir persönlich Hoffnung
verkleidet, so dass hier die Masken-        an Vorschriften, Arbeitsanweisungen...      in diesen schwierigen Zeiten?
pflicht entfällt, aber die Kolleg*innen im   Wie lässt sich das bei uns umsetzen, wo     Der Zusammenhalt unter den Kol-
Markt müssen den ganzen Tag mit Mas-        wird eine Kolleg*in nicht ausreichend       leg*innen. Wenn der nicht wäre, könn-
ke arbeiten. Bei der sich anbahnenden       geschützt, ist das überhaupt so erlaubt,    ten wir wohl nicht mehr mit einem
Wärme wird das für uns zu einem gro-        oder bedarf es der Mitbestimmung...         Lächeln im Gesicht zur Arbeit kommen.
ßen Problem. Hier sucht der Arbeitge-       Krisenzeiten sind auch Zeiten beson-        Gibt es ein Wort, dass Dich ermutigt?
ber nach einer Lösung.                      derer Solidarität. Gibt es da Beispiele
                                            bei Euch?                                   Da braucht es kein Wort, ein freundli-
Wie hat sich Deine Arbeit als Be-                                                       ches Lächeln des Gegenübers und Re-
triebsrätin seit der Krise verändert?       Unsere textilen Schutzmasken hat die        spekt (Aufmerksamkeit, kein Handy am
Es ist schwierig Sitzungen abzuhalten,      Nachbarin einer Kollegin genäht und         Ohr, Begrüßung, Bitte, Danke) freut uns
da sich nicht mehr als drei Personen        stellt sie uns zum Selbstkostenpreis zur    mehr als ein lapidar dahingesagtes:
im Pausenraum aufhalten dürfen. In          Verfügung. Hier noch ein dickes Danke-      „Bleiben Sie gesund“.
meinem Büro sind schon zwei zu viel.        schön dafür.

                                                                                                     Beate Scholz, BR-Vorsitzende im
                                                                                                     Real-Markt Tuttlingen;
                                                                                                     Foto: Thomas Maile
"5 vor 12 - Der Arbeitgeber stellt uns die Stühle vor die Tür" - Katholische ...
Juli 2020

Ravensburg

Leiharbeiter und Befristete können bleiben
Gespräch mit Janusz Eichendorff, Betriebsratsvorsitzender
Hymer GmbH & Co. KG, Bad Waldsee (Werner Langenbacher)

Hat die Corona-Pandemie Auswir-            ist spürbar stärker geworden. Bei         ein Kündigungsverbot bis 2021. Uns
kungen auf Eure Arbeit?                    Hymer waren wir immer bunt. Viele         freut es besonders, dass wir auch die
                                           Beschäftigte stammen aus vielen Län-      Leihbeschäftigten und Befristeten hal-
Ja. Die Pandemie hat die Arbeitswelt       dern der Welt. Seit Jahren gibt es auch   ten können. Anders als einige andere
grundlegend verändert. Wegen der           im Betrieb kostenlose Sprachkurse. Alle   Arbeitgeber. Vielleicht läuft deswegen
Bedrohung durch das Virus wurden           wichtigen Informationen wurden auch       unser Geschäft so gut.
viele Schutzmaßnahmen umgesetzt.           mehrsprachig gemacht. Trotzdem war
Zum Glück: dies war bei uns sehr erfolg-   es für die, die erst seit kurzem in
reich!                                     Deutschland sind, nicht einfach. Fach-
Welche Herausforderungen ergeben           lich sind sie Expert*innen - die Unsi-
sich für Euch als Betriebsrat?             cherheit durch die entstandene Situa-
Als erstes haben wir den Gesundheits-      tion und die Komplexität der Hand-
schutz der Beschäftigten in den Vorder-    lungsempfehlungen haben einige
grund gestellt. Uns wurde aber schnell     jedoch sprachlich und mental überfor-
klar, dass Corona auch das Soziale in      dert. Da wurde sehr schnell von Kol-
dem Unternehmen verändert hat. Die         leg*innen geholfen. Sehr schön!
eingeschränkte Kommunikation und           Gibt es bei Euch Überlegungen, wie
die oft fehlenden menschlichen Begeg-      wir nach der Corona-Zeit weiter wirt-
nungen haben uns vor neue Herausfor-       schaften können bzw. sollen?
derungen gestellt. Aber da kommen wir      Wir haben viele Erfahrungen gesam-
inzwischen gut zurecht.                    melt. Mit unserem Arbeitgeber haben       Janusz Eichendorff,
Wie reagieren die Beschäftigten, gibt      wir auch einen Weg gefunden, ohne         BR-Vorsitzender bei Hymer
es ein Mut machendes Beispiel aus          gesundheitliche Gefährdung der Be-        Foto: privat
Eurem Betrieb?                             schäftigten erfolgreich zu sein.
Ich denke, sie haben eine hohe Disziplin   Zur existenziellen Absicherung der
gezeigt. Auch der gegenseitige Respekt     Familien gibt es eine „beinah 100%ige“
und Zusammenhalt in allen Bereichen        Aufstockung des Kurzarbeitsgeldes und
"5 vor 12 - Der Arbeitgeber stellt uns die Stühle vor die Tür" - Katholische ...
Juli 2020

Aalen                                                                                    Kinderzahl. Es kann sein, dass wir dann
                                                                                         24 Kinder in einem Raum sind, dazu
                                                                                         noch Eltern in der Eingewöhnungszeit
                                                                                         ihrer kleinen Kinder. Die Kinder dürfen
                                                                                         keinen Kindern aus den anderen Grup-
                                                                                         pen begegnen. Die Türen bleiben
                                                                                         geschlossen. In den Garten dürfen wir
                                                                                         jetzt im Sommer nur eine Stunde. Ich
                                                                                         glaube nicht, dass wir Aktivitäten
                                                                                         durchführen oder gezielt Kinder för-
„Kinder sind systemrelevant!“                                                            dern können. Das soll viele Monate so
                                                                                         gehen. Und für die Praktikantinnen ist
Gespräch mit Marina, Erzieherin (Rolf Siedler)                                           es schlimm …
                                                                                         Warum gerade für Praktikantinnen?
Die KiTas wurden von einem Tag auf          Einschränkungen in der pädagogischen         Sie können ja kaum was probieren,
den anderen geschlossen. Über viele         Arbeit. Wir dürfen nicht singen, nicht       keine neuen Lieder und Tänzchen ein-
Wochen waren die Kinder zu Hause.           miteinander essen, keine Bewegungs-          üben, Bewegungsspiele machen, also
Wie ist es gerade?                          spiele machen, also praktisch keine Akti-    sich als Pädagogin erleben …
Im Augenblick sind bei der erweiterten      vitäten durchführen. Die Kinder dürfen       Was hättest Du anders gemacht?
Notbetreuung elf bis zwölf Kinder in        den Raum nicht verlassen, Eltern die         Ich hätte von Anfang an kleine, ge-
meiner Gruppe. Gruppen und Kollegin-        KiTa nicht betreten. In den Garten dür-      schlossene Gruppen gebildet, die in
nen wurden neu gemischt. Die Kinder         fen wir nur eine Stunde am Tag.              einem festen Turnus jeweils abwech-
waren glücklich, wieder miteinander zu      Und wenn in wenigen Tagen alle Kin-          selnd in die KiTa kommen. Das wäre für
spielen. Manchen Kindern merke ich an,      der wieder kommen?                           Eltern berechenbar, für die Kinder wäre
dass sie Rückschritte gemacht haben         Natürlich freue ich mich, meine Kinder       es kein so radikaler Bruch gewesen. Wir
z. B. was die Selbständigkeit angeht. Das   wieder zu sehen. Ich kann mir aber beim      hätten kontinuierlich pädagogisch
Arbeiten ist trotz der kleinen Gruppe       besten Willen nicht vorstellen, wie          arbeiten können. Aber jetzt müssen wir
ziemlich anstrengend.                       unter diesen Bedingungen sinnvolle pä-       über lange Zeit mit dieser unbefriedi-
Wegen der Hygienevorschriften?              dagogische Arbeit möglich sein soll,         genden Situation leben. Kinder sind in
Das ständige Putzen und Desinfizieren        wenn der Personalschlüssel reduziert         unserem Land eben nicht systemrele-
ist eine Sache. Viel schwerer wiegen die    werden darf, bei gleichzeitig steigender     vant. Das ist die traurige Wahrheit.

Ulm

Gestern habt ihr geklatscht, Danke!
(sh) Gestern beklatscht, heute werden       bringen und holen und immer in der           kleidung kommt und es wurde immer
wir nicht mehr beachtet, manchmal           Schleuse die Schutzkleidung an- und aus-     signalisiert, es sei nicht viel vorhanden.
auch beschimpft, wenn wir es nicht          ziehen. Das ist sehr personal- und zeitin-   Dies hat zur Konsequenz, dass sehr spar-
schaffen, die Lockerungen der Regie-        tensiv und dies geht den Menschen bei        sam damit umgegangen wird.
rung von einem Tag auf den anderen          der Pflege verloren. Für die personelle       Die Hygiene in den Häusern steht und
umzusetzen. Die spontane Öffnung der        Umsetzung hat der Gesetzgeber nicht          fällt mit qualifiziertem, zuverlässigem
Pflegeeinrichtungen und Krankenhäu-          gesorgt.                                     Reinigungspersonal. Hier werden die
ser für Besuche wurde durch die Regie-      „Sehr belastend für uns Pflegekräfte          Personalreduzierungen der Vergangen-
rung beschlossen – ohne konkretes           und für unsere Angehörigen ist die           heit ganz besonders deutlich.
Umsetzungskonzept. Im Pflegeheim             Angst, das Virus in die eigene Einrich-      Berichtet wird von Kündigungen in
hatte es zur Folge, dass nach der Bereit-   tung zu tragen. Wir grenzen unsere           nicht ausgelasteten Kliniken bis zur
stellung der Besuchszimmer nicht            Sozialkontakte noch mehr ein als             Schließung von unrentablen Abteilun-
immer möglich war, von Anfang an die        gesetzlich vorgeschrieben. Unser Dank        gen. All diese Sorgen und Probleme
nötigen Voraussetzungen für die gefor-      waren die Bewohner*innen, welche sich        müssen Pflegekräfte, zusätzlich zur Bela-
derten Hygienemaßnahmen zu schaf-           unerwartet gut auf den Lockdown ein-         stung durch das Homeschooling ihrer
fen. Dadurch mussten Besuchszeiten          gestellt hatten. Zuerst mussten wir uns      Kinder, bewältigen. Der ungeregelte
entsprechend des Gesetzes reduziert         umstellen und uns an die neue Situation      Tagesrhythmus ohne Unterstützung
werden. Publiziert wurde eine Besuchs-      mit den Bewohner*innen gewöhnen.             der Großeltern bringt viele ans Limit
erlaubnis von einer halben Stunde. Wel-     Nach und nach haben wir neue Ideen ent-      ihrer Kraft.
cher Unmut sich daraus entwickelt,          wickelt, auch um mit den Angehörigen
                                                                                         Die Krise nimmt ihren Lauf und pflegt
wenn Angehörige nach so langer Zeit zu      zu kommunizieren.“
                                                                                         das Prinzip Hoffnung.
Besuch kommen, ist leicht auszumalen.       Eines ist allen gemeinsam: es gibt ausrei-
                                                                                         Was, wenn unsere Pflegekräfte nicht
Es braucht Pflegekräfte, die Bewoh-          chend Schutzkleidung. Doch niemand
                                                                                         mehr kommen?
ner*innen zu den Besucher*innen             kann nachvollziehen, woher die Schutz-
"5 vor 12 - Der Arbeitgeber stellt uns die Stühle vor die Tür" - Katholische ...
Juli 2020

Stuttgart

Systemrelevant?
Hartmut Zacher, Geschäftsführer NGG Region Stuttgart

                                                                                                                   Foto: NGG

(hz) Es gibt Bereiche, die von der         Gastronomen ist die (finanzielle) Welt     90% des Nettoeinkommens.
Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststät-      zusammengebrochen und sie haben,          In fast allen Familien mit Kindern ist die
ten (NGG) betreut werden, da war von       wie zu erwarten war, mit Kostenentla-     Betreuung ein großes Problem. Kinder
einem auf den anderen Tag alles auf        stung um jeden Preis reagiert. Offen-     von „Blaulichteltern“ werden in Not-
null. Kurzarbeit 100%. Unsere Mitglie-     sichtlich haben sie dabei übersehen,      gruppen betreut. Pflegekräfte und ärzt-
der in Hotels und Restaurants hat es       dass bei Kurzarbeit die Personalkosten    liches Personal rücken plötzlich in den
sehr hart getroffen. Mit dem Arbeitge-     auf null sind.                            Focus. Aber wer ist systemrelevant? Ist
berverband (DEHOGA) war es nicht           In den Betrieben der Nahrungsmittelin-    es der Arzt, der die Diagnose stellt, oder
möglich, einen Tarifvertrag zur Auf-       dustrie gab es teilweise Überstunden,     die Krankenschwester, die das Fieber
stockung des Kurzarbeitergeldes zu         um die Nachfrage decken zu können.        misst? Wie wichtig sind die Mitarbei-
vereinbaren. Die Einkommen sind sehr       Durch unsere neuen Lebensumstände         ter*innen beim Gesundheitsamt, die
überschaubar (Beispiel Koch: in Vollzeit   hat sich auch das Einkaufsverhalten       vielen ehrenamtlichen „Einkäufer*
2.285 € brutto/Monat). Mancher Arbeit-     verändert. Dem Bäcker, der bisher         innen“ für Risikopersonen? Was ist mit
geber hat dann auch noch einen „Deal“      tausende von Brötchen an eine Kantine     dem Disponenten, der die Tour für den
mit seinen Mitarbeiter*innen gemacht       geliefert hat, ist plötzlich der größte   LKW-Fahrer mit Mineralwasser vorbe-
und nicht das volle Gehalt über die        Kunde abhanden gekommen, gleichzei-       reitet und dem Elektriker in der Großbä-
Steuer und Sozialversicherung abge-        tig steigt in den Bäckerfilialen der       ckerei? Ist der Gesundheitsminister
rechnet. Das rächt sich jetzt bei der      Umsatz.                                   wichtig, oder die Rentnerin, die um der
Höhe des Kurzarbeitergeldes, denn das      Selbst vor den Brauereien macht die       Altersarmut zu entfliehen, auf 450 Euro-
Trinkgeld fehlt ebenfalls.                 Kurzarbeit keinen Halt. Durch die         Basis täglich seine Toilette putzt?
Einige Beschäftigte wurden von ihren       Absage von Frühlings- und Volksfesten     Sind wir nicht alle systemrelevant?
Arbeitgeber*innen so massiv bedrängt,      ist plötzlich kein Bedarf an Fassbier.
dass diese in ihrer Panik Aufhebungs-      Zum Glück haben unsere Mitglieder in      Der vollständige Text befindet sich auf:
verträge oder Eigenkündigungen unter-      der Nahrungsmittelindustrie bei Kurz-     betriebsseelsorge.de/arbeitsstelle
schrieben. Klar, für viele (kleinere)      arbeit per Tarifvertrag Anspruch auf      /stuttgart-21
"5 vor 12 - Der Arbeitgeber stellt uns die Stühle vor die Tür" - Katholische ...
Juli 2020

Aus den Dienststellen
Aalen

„Geht aufrecht, gebt einander Halt!“

Sechseck-Waben schaffen Stabilität und Solidarität; Foto: Karolina Tomanek

(rs) Ein 1. Mai ohne Kundgebung,                     hölzer wurden wie Bienenwaben auf           etwas anderes als Solidarität, denn Soli-
ohne markante Botschaften, ohne das                  dem Boden ausgelegt, an den Ecken ver-      darität brauche Nähe und nicht Ab-
verbindende Gefühl, an diesem Tag                    bunden und mit klaren Botschaften ver-      schottung. „Jenseits von richtig und
Tradition und Ziele der Arbeiterbe-                  sehen. „Zukunft: Mehr als das Ende von      falsch gibt es einen Ort. Dort treffen wir
wegung aufleben zu lassen: undenk-                    Corona“ war da zu lesen oder „Zukunft       uns!“ zitierte Daniela Dorrer vom Be-
bar und doch Realität. Denn der Deut-                ohne Solidarität ist keine Zukunft.“        triebsseelsorgeprojekt „UtopiAA“ den
sche Gewerkschaftsbund hatte alle                    Spontan gesellten sich Passanten dazu.      islamischen Mystiker Rumi. Dann
Kundgebungen mit Blick auf Corona                    Von fünfzig Personen wurde das Gebilde      wurde gesummt, Vokale bildeten eine
landesweit abgeblasen. So auch in                    dann angehoben. Ein wunderbarer             einmalige Klangkulisse und alle sangen
Aalen.                                               Moment.                                     miteinander „Geht aufrecht, gebt einan-
Betriebsseelsorger Dr. Rolf Siedler, KAB-            „Die Natur hat mit dem Sechseck eine        der Halt, kämpft für den Wandel, gebt
Sekretärin Maria Sinz und etliche Ge-                extrem stabile Verbindung erfunden“,        der Zukunft Gestalt!“
fährt*innen aus Gewerkschaft, Betrie-                führte Rolf Siedler in seiner Begrüßung     „Es hat mir so gut getan, hier wieder mit
ben und Projekten wollte dies jedoch                 aus. „Und ein solches Gebilde aus Sechs-    anderen Engagierten zu stehen und mei-
keine Ruhe lassen. In Zeiten der verord-             ecken sind wir hier.“ Diese – wenn auch     nen Überzeugungen in der Öffentlich-
neten Distanz zu den Mitmenschen setz-               unfreiwillige - Unterbrechung gelte es      keit Ausdruck zu geben“, sagte eine Teil-
ten sie ein sichtbares Zeichen vor dem               für den notwendigen Wandel auf allen        nehmerin am Ende der Aktion. Sie
Aalener Rathaus: Mitgefühl, Würde,                   Ebenen zu nutzen. Und wenn von              sprach allen aus dem Herzen. Kein Zwei-
Gerechtigkeit und Solidarität sind nicht             „Neuer Normalität“ gesprochen werde,        fel: dieser Erste Mai wird allen Teilneh-
abgesagt.                                            dann könne dies nur bedeuten, dass          menden in Erinnerung bleiben.
Die Idee war, sich wabenförmig zusam-                die Zukunft von Nachhaltigkeit und
menzuschließen. Rot lackierte Kant-                  Gerechtigkeit geprägt sei. Sicherheit sei
Juli 2020

Ravensburg

Gehweg-Demo
Protest in Zeiten von Corona

Gehweg-Demonstranten entlang der Bundesstraße
bei Liebenau; Foto: Werner Langenbacher

(wl) Am 12. Mai 2020 fand der Internationale
Tag der Pflege statt. Dies war Anlass für die                      Gedicht zum Tag der Pflege
Betriebsseelsorge Ravensburg, mit einem
                                                            von Silke Arnold, Betriebsrätin bei LiLA
Bündnis von Gewerkschaften (DGB und
ver.di), KAB, dem Betriebsrat von LilA (Liebe-
nau Leben im Alter) und der MAV Liebenau
Teilhabe, auf die Situation der Pflege hinzu-
                                                                     Tag der Pflege 2020
weisen.
Mit einer Gehweg-Demonstration fanden sich die                    Klatschen von Balkonen längst verhallt.
Beteiligten vor der Stiftung Liebenau ein. Diese                     Danke. In den Medien vergessen.
Aktionsform wurde gewählt, weil es auf dem                 Medienrummel um die Anerkennung der Pflegenden
Gelände der Stiftung kein Zugangsrecht gab. So
                                                             verstummt. Die Katastrophe ist ja ausgeblieben.
sammelten sich rund 30 Teilnehmende entlang
der Bundesstraße, die direkt an der Stiftung vor-                         Selbstlob in Kameras.
beiführt und machten dort mit Plakaten, Trans-                        Schutzschirme für die Industrie.
parenten und Fahnen auf den Tag der Pflege und               Gesundstoßen von Konzernen mit Steuergeldern.
auf LiLA aufmerksam. An Autofahrer wurde beim                         Corona Prämie für Pflegekräfte.
Halt vor einer Fußgängerampel Flugblätter ver-
                                                                        Da war was? Unbezahlbar.
teilt, vorbeikommende Passanten ließen sich auf
kurze Gespräche ein. Zum Abschluss der Kundge-           Die kriegen doch schon medienwirksam Schutzkleidung.
bung zog die Menschengruppe vor das Vorstand-                Wie unangenehm, die Gewerkschaft bleibt dran.
gebäude der Stiftung und forderte über Mega-                      Muss man was unternehmen? Ungern.
phon den Vorstand auf, den Beschäftigten von
LiLA endlich faire Löhne zu zahlen, für gute
                                                      Eine Prämie gibt es nur, wenn die Refinanzierung gesichert ist,
Arbeitsbedingungen und eine bessere Altersvor-
sorge zu sorgen.                                                        so Liebenau Leben im Alter.
Hintergrund zu LiLA: Liebenau Leben im Alter ist                           Die Krise kostet. Geld.
eine Einrichtung der Kirchlichen Stiftung Liebe-                 UND WAS KOSTET SIE DIE MITARBEITER?
nau. In LiLA arbeiten rund 750 Beschäftigte, die         Arbeiten. Teilweise bis zum Umfallen. Gesundheitsrisiken.
aber im Unterschied zu den anderen Einrichtun-             Tägliche Dokumentation und Kontrolle persönlichster
gen der Stiftung nicht nach Kirchlichem Tarif         Gesundheitsdaten. Erschwerte Arbeitsbedingungen. Deutliche
bezahlt werden. Sie erhalten auch keine Auf-                                 Arbeitsverdichtung.
nahme in die Zusatzversorgung zur Altersvorsor-
                                                                                 Keine Tests.
ge. Seit rund einem halben Jahr führt ver.di mit
dem Vorstand Gespräche über einen ver.di-
Tarifvertrag. Diese sind jedoch derzeit ausgesetzt.
Juli 2020

Böblingen

Betriebsbesuch – einmal anders
(ah) Was macht man in Corona-Zeiten        mitgeholfen habe. Der Familienbetrieb       die Woche sortieren.“, so Landwirt Mess-
als Betriebsseelsorger? Normale Besu-      in Maichingen hat als Schwerpunkt           ner. „Eigentlich müssten wir die Kartof-
che in Betrieben waren von einem auf       Getreide-, Kartoffel- und Obstanbau.        feln aufgrund des nochmaligen Sortier-
den anderen Tag nicht mehr möglich,        Zum Hof gehört auch ein Bauernladen,        vorgangs nach der Ernte teurer verkau-
auch die eigenen Veranstaltungen           der an fünf Werktagen durchgehend           fen, aber das gibt der Markt nicht her.“
fielen weg. Was blieb, waren ein            und samstags halbtägig geöffnet ist.        Jeder Sortiervorgang dauert rund fünf
paar ausführlichere Telefonate. Wer        Neben Produkten aus regionalem (vor         Stunden, fünf bis sechs Personen arbei-
immer konnte, arbeitete von zu Hau-        allem dem eigenen) Anbau sind auch          ten an der Maschine.
se aus.                                    ausgewählte Biowaren im Angebot. Auf        Ich habe viel über Produktionsbedin-
Betriebs- und Personalrät*innen übten      dem Hof gibt es weitere, fest angestellte   gungen in der Landwirtschaft erfahren.
sich im Corona-Management: Wie kann        Beschäftigte für die Landwirtschaft und     Der Preiskampf in der Lebensmittel-
man für die Beschäftigten sicherstellen,   den Hofladen. In der Erntezeit wird Fami-    branche macht auch vor regionalen
dass das Risiko einer Erkrankung mini-     lie Messner noch von zwei Saisonarbei-      Erzeugern nicht halt. Und doch wurde
mal ist? Welche Sicherheitsvorkeh-         tern aus Rumänien unterstützt.              ich ganz selbstverständlich mit hinein-
rungen braucht es? Wie wird Kurzarbeit     Zurück zu den Kartoffeln: pro Sortier-      genommen in die Familienatmosphäre
geregelt? Auch von Seiten der Gewerk-      vorgang liefen rund dreieinhalb bis vier    des Betriebs. Familie Messner freute
schaften fand viel über Homeoffice          Tonnen Kartoffeln über die Sortierma-       sich über mein Interesse und die Mitar-
statt, Videokonferenzen ersetzten oft      schine. Weil Landwirt Andreas Messner       beit und ich nahm viele neue Eindrücke
die normalen Treffen.                      auf das Abtöten der Keime vor der Ernte     mit in die Betriebsseelsorge.
Über Umwege habe ich mitbekommen,          verzichtet, müssen diese vor dem
dass ein Landwirt im Nachbarort Mitar-     Verkauf entfernt werden. Die Kartoffeln
beiter sucht. Dort habe ich mich persön-   werden nach Größe und Qualität              Landwirt Andreas Messner
                                                                                       (links) zusammen mit
lich vorgestellt und so kam es, dass ich   sortiert. „Normalerweise sortieren wir      Betriebsseelsorger Andreas
auf dem Hof der Familie Messner mehr-      einmal pro Woche, aber zu Beginn der        Hiller
mals beim Sortieren der Kartoffeln         Corona-Zeit mussten wir bis zu dreimal      Foto: Andreas Hiller
Juli 2020

Ludwigsburg

Vertragsbruch der Robert Bosch Automotive Steering GmbH:
Wo bleibt das soziale Gewissen?
(cg) Im Windschatten der Corona –
Krise stellte die Robert Bosch GmbH
am 16. Juni überraschend und massiv
290 Arbeitsplätze bei der Bosch Auto-
motive Steering am Standort Bietig-
heim in Frage.
Vincenzo Basile, Betriebsratsvorsitzen-
der, 2. Bevollmächtigter der IG Metall
Ludwigsburg und Vorsitzender der ita-
lienisch-katholischen Gemeinde in Bön-
nigheim, sieht darin den Versuch, die
Arbeitnehmer*innen zu überfahren:
„Gespräche zur Standortentwicklung
wurden abgebrochen und der bis Ende
2021 gültige Standortsicherungsvertrag
ist in vielen Punkten von der Arbeit-
geberseite unerfüllt geblieben – und
weder im Aufsichtsrat noch im Wirt-
schaftsausschuss hat die Arbeitgeber-
seite im Vorfeld informiert oder mit der
Arbeitnehmerseite beraten. Von einem
Ende der Produktion war im Wirt-
schaftsausschuss und in den Standort-
gesprächen nie die Rede.“
Aus Sicht der Betroffenen sind die vom
Unternehmen angekündigten neuen
Arbeitsplätze ein Versuch zur Imageret-
tung: „Wenn hier Entwicklungsbereiche
für Ingenieure angesiedelt werden,
dann nützt das Facharbeiter*innen
nichts.“ Am Standort Bietigheim ist die
Spaltung deutlich sichtbar: im abge-
trennten Ingenieursbereich coole Work-
spaces, offene Pausen- und Bespre-
chungszonen. Hinter der Tür zur Ferti-
gung: gähnende Leere, kahle Wände, es
riecht nach Öl. Viele Anlagen, deren
Bediener*innen der letzten Abbauwelle
zum Opfer gefallen sind, wurden ab-
transportiert oder verschrottet. „Neues    Kein Thesenanschlag, dennoch eine starke Botschaft der Betriebsseelsorge LB;
ist nicht so nachgekommen, wie wir das     Foto: Christian Gojowczyk
2016 verhandelt hatten“, sagt Vincenzo
Basile.
In dieser Situation den Abbau aller        Sie sind nicht allein: Betriebsseelsorger
Arbeitsplätze in den noch bestehenden      Christian Gojowczyk hat am Sophie-
Fertigungs- und Montagebereichen für       Scholl-Haus schon plakatiert: Robert
Elektrolenkungen zu fordern, scho-         Bosch – wo bleibt Dein soziales Gewis-
ckiert die Beschäftigten massiv, nach-     sen? Von der KAB Enz-Neckar wird
dem Kurzarbeit, die Isolation durch die    bereits die Bosch Geschäftsführung
Kontaktbeschränkungen und die da-          schriftlich zur Stellungnahme aufgefor-
durch oft schwierige familiäre Situation   dert und die Rückkehr zur Sicherung                   Reinklicken!
ohnehin viel Kraft gekostet haben. Aber    der bestehenden Arbeitsplätze gefor-
die Kolleg*innen werden kämpfen, ist       dert. Der Gegenwind kommt.                            betriebsseelsorge.de
sich Andreas Riehl, Vorsitzender der
IGM-Vertrauensleute im Betrieb, sicher:
„Das wird laut.“
Juli 2020

Ulm

Gesundheitsminister*innenkonferenz abgesagt
– unser Protest bleibt!
(jl) Die Pandemie lässt auch die
Gesundheitsminister*innenkon-
ferenz (GMK) ins Wasser fallen. Und
genau das beschreibt wieder einmal
auch die Wertigkeit des Themas!
So entschieden sich Aktive der Betriebs-
gruppe der Universitätsklinik Ulm
zusammen mit Unterstützer*innen wie
das Bündnis für Pflege in Ulm, die
Betriebsseelsorge Ulm und auch der
Kreisseniorenrat im Alb-Donau-Kreis zu
einem E-Mail-Protest.
Unter dem Motto: “Jetzt schreiben
wir…“ wurde ein gemeinsamer Brief mit
Forderungen für einen radikalen Wan-
del hin zu einer bedarfsorientierten
Gesundheitsversorgung der Bevölke-
rung verfasst .
Die Pandemie wurde genutzt, um
Umstrukturierungen in den Kliniken
vorzunehmen, die große Auswirkungen
auf die Patient*innenversorgung haben:     Der Protest wurde auch sichtbar gemacht; Foto: Susanne Hirschberger
Wochendienstpläne, zwölf-Stunden-
schichten und Umsetzungen waren die
Folge, diese werden nicht „Rückabgewi-     nister Hubertus Heil, Bundesgesund-                  Video gedreht:
ckelt“. Dies alles war möglich, da die     heitsminister Jens Spahn und den ver-                youtube.com/watch?v=WY2WgNAlb9c
verantwortlichen Minister der Länder       antwortlichen Minister von Baden-
Gesetzesänderungen eingeleitet haben.      Württemberg, Manfred Lucha.                          Mehr Informationen zu dieser Aktion :
Der Protest richtet sich an Arbeitsmi-     Zur Vorbereitung wurde ein kurzes                    betriebsseelsorge.de/arbeitsstelle/ulm

Diözese
Stuttgart

Aufsuchende Arbeit –
Informationen für Erntehelfer*innen
(wh) Letztmals in diesem Jahr haben        Darüber hinaus blieb ausreichend Zeit
Mitarbeitende der Betriebsseelsorge        für Gespräche mit den Abholer*innen
Rottenburg-Stuttgart und des               über die Umsetzung der aktuellen
Projekts Faire Mobilität Mannheim          Quarantänebestimmungen, sowohl die
(KDA-Baden) Anfang Juni am Flugha-         Unterkunft wie das Arbeiten betreffend.
fen Baden Airpark Erntehelfer*innen        Im kommenden Jahr – hoffentlich nicht
aus Rumänien nach ihrer Landung zu         mehr unter den Einschränkungen der
ihren Rechten als Arbeitnehmer*in-         Corona-Pandemie - wollen die Koopera-
nen in der Landwirtschaft informiert.      tionspartner der beteiligten Beratungs-
Die muttersprachlichen Materialien mit     stellen dann ihre aufsuchende Informa-
knappen, aber präzisen Angaben zu den      tions- und Beratungsarbeit wieder auf
geltenden Mindestbedingungen in der        den Feldern und in den Unterkünften
Landwirtschaft wie Lohn, Arbeitszeiten     vor Ort durchführen.
und Unterkünften, aber auch die Coro-
na-Hotline-Nummer des Projekts Faire       Anetta Trufan (Faire Mobilität Mannheim / KDA) und
Mobilität stießen auf reges Interesse.     Betriebsseelsorger Wolfgang Herrmann; Foto: privat
Juli 2020

Initiative Lieferkettengesetz fordert von Bundesregierung
Taten statt Worte
Fatale Folgen der Corona-Krise entlang
der globalen Lieferketten

                                                                                      und der Umwelt entlang der Wertschöp-
                                           zu instrumentalisieren. “Dr. Miriam        fungsketten gesorgt werden.“
(wh/ILKG) Transnationale Unter-            Saage-Maaß, Leiterin des Programmbe-       Den Auswirkungen der Corona-
nehmen wälzen die Verluste aus der         reichs „Wirtschaft und Menschen-           Pandemie und dem (Über-) Leben der
Corona-Krise auf die schwächsten           rechte“ des European Center for Consti-    Arbeitnehmer*innen weltweit wid-
Glieder in den globalen Lieferketten       tutional and Human Rights (ECCHR) in       met sich auch eine kleine Interview-
ab – mit fatalen Folgen für die            Berlin, betont: „Eine krisenfestere        serie auf der Website der Betriebs-
Beschäftigten im globalen Süden. Das       Gestaltung der globalen Lieferketten ist   seelsorge unter „Neuigkeiten“ mit
zeigt das aktuelle Briefing der „In-        gerade in aller Munde. Die Maßnahmen-      Veröffentlichungsdatum 30.04. bis
itiative Lieferkettengesetz“ am Bei-       dürfen sich jedoch nicht auf den Schutz    11.05.2020.
spiel des Textilsektors, das am            vor Lieferengpässen und die Sicherstel-    Das Bündnis tritt dafür ein, deutsche Un-
18.06.2020 veröffentlicht wurde.           lung der Versorgung mit medizinischen      ternehmen zum Schutz von Menschen-
Das zivilgesellschaftliche Bündnis, dem    Gütern beschränken. Es muss auch für       rechten und Umweltstandards in ihren
auch die Betriebsseelsorge Rottenburg-     besseren Schutz der Menschenrechte         globalen Geschäften zu verpflichten.
Stuttgart angehört, fordert von der Bun-
desregierung, deutsche Unternehmen
noch in dieser Legislaturperiode per
Gesetz zur Achtung von Menschen-
rechts- und Umweltstandards zu ver-        Weitere Informationen inklusive der Möglichkeit, die Petition
pflichten. Die Initiative Lieferkettenge-   für ein nationales Lieferkettengesetz zu unterschreiben,
setz kritisiert in ihrem Briefing den
Umgang zahlreicher deutscher und           finden Sie hier:
europäischer Modekonzerne mit ihren        www.lieferkettengesetz.de
Zulieferern in Bangladesch, Pakistan,
Kambodscha oder Myanmar: Seit
Beginn der Corona-Krise haben die
Unternehmen aus dem globalen Norden
Bestellungen in Milliardenhöhe stor-
niert und verweigern zum Teil die Zah-
lung selbst für bereits produzierte Tex-
                                                                                                                      Bild: Initiative Lieferkettengesetz

tilien. „Die rücksichtslose Krisenreak-
tion einiger Modekonzerne ist nicht nur
moralisch verwerflich, sondern trägt
auch zur Verletzung sozialer Men-
schenrechte bei“, kritisiert Armin
Paasch, Referent für Wirtschaft und
Menschenrechte bei MISEREOR. „Viele
Unternehmen erhalten derzeit zurecht
staatliche Hilfen. Doch wer Hilfe vom
Staat annimmt, sollte auch bereit sein,
Verantwortung zu übernehmen. Statt-
dessen versuchen Unternehmensver-
bände aber, die Corona-Krise zur Ver-
hinderung eines Lieferkettengesetzes
Juli 2020

Personen
Böblingen

Marian Schirmer neuer Leiter
der Betriebsseelsorge Böblingen
(wh/Dekanat BB) Am 18. Mai hat der
Tübinger Theologe Marian Schirmer die
Leitung der Betriebsseelsorgestelle
Böblingen übernommen. Damit hat die
Vakanz der Stelle nach dem Weggang
von Betriebsseelsorger Walter Wedl ein
Ende gefunden. Dekan Anton Feil, der
Leiter des Fachbereichs Betriebsseel-
sorge Wolfgang Herrmann und Deka-
natsreferent Wolfgang Hensel begrüß-
ten ihn im Arbeiterzentrum. Der 29-
jährige freut sich auf seine neuen Aufga-
ben: „Menschen in ihrer Arbeitswelt zu
unterstützen und zu begleiten, das
begeistert mich“. 2013 begann Marian                   Marian Schirmer; Foto privat         Beate Wölfle, Foto: privat
Schirmer das Studium der katholischen
Theologie an der Universität Tübingen –       Biberach
in diesem Jahr konnte er es erfolgreich
abschließen. Parallel zu seinem Theolo-       Beate Wölfle tritt Profilstelle Betriebsseelsorge
giestudium eignete er sich in zahlrei-
chen Bereichen der Arbeitswelt Kennt-         im Dekanat Biberach an
nisse an: Neben den Sozialstationen in
Rottenburg und Empfingen konnte er             (wh) Nach langjähriger Tätigkeit im          Profilstelle mit einem 75%igen Beschäf-
auch die Arbeit in einem Industriebe-         pastoral-gemeindlichen Dienst ist Pas-       tigungsumfang bei der Diözese zu bean-
trieb unterstützen. Seit 2016 war Marian      toralreferentin Beate Wölfle seit 1. Juni     tragen. Das Gesamtteam der diözesanen
Schirmer studentischer Mitarbeiter am         2020 Betriebsseelsorgerin für das Deka-      Betriebsseelsorge wünscht ihr ein gutes
Lehrstuhl für Religionspädagogik und          nat Biberach. Ihr Ziel: „Für die Men-        Hineinfinden in das neue Aufgabenfeld!
betreute gemeinsam mit Prof. Dr.              schen da zu sein, die im Leben stehen
Boschki das diözesanweite Projekt der         mit ihrer Arbeit, ihren Familien, ihren
katholischen Erwachsenenbildung               Träumen und Erwartungen, Menschen,
„Faktor Bildung“. In seiner Freizeit ist er   die bei ihrer Arbeit oder Arbeitslosigkeit   Impressum
in verschiedenen Vereinen und in der          Fragen haben, die alleine gelassen wer-      Betriebsseelsorge der
Kommunalpolitik engagiert – so seit           den oder schon durch alle Hilfsnetze         Diözese Rottenburg-Stuttgart,
2014 als Ortschaftsratsmitglied und seit      gefallen sind“, so Beate Wölfle. Die          Jahnstr. 30, 70597 Stuttgart
2019 als stellvertretender Ortsvorsteher      gebürtig aus Wangen stammende                Autor*innen: Christian Gojowczyk (cg),
der Gemeinde Kiebingen bei Rotten-            Betriebsseelsorgerin sieht nun einer         Wolfgang Herrmann (wh), Susanne
burg. Marian Schirmer wird sich in den        intensiven Einarbeitungsphase inkl.          Hirschberger (sh), Andreas Hiller (ah),
kommenden Monaten intensiv in sein            Hospitation vor allem bei ihren Kolleg-      Jana Langer (jl), Werner Langenbacher
neues Aufgabenfeld einarbeiten. Wir           *innen in Ulm und Ravensburg entge-          (wl), Thomas Maile (tm), Matthias
wünschen ihm ein gutes und couragier-         gen. Der Stellenbesetzung vorausgegan-       Schneider (ms), Rolf Siedler (rs), Karoli-
tes Hineinfinden in die Arbeitswelt vor        gen war ein Beschluss des Dekanats           na Tomanek (kt), Hartmut Zacher (hz).
Ort und eine gute Zusammenarbeit mit          Biberach, einen Schwerpunkt Betriebs-        Layout: Inge Muff-Bongers, crayonne.de
den Gremien der Arbeitergemeinde und          seelsorge zu setzen und dafür eine
des Dekanats.
Sie können auch lesen