"A Theory of Everything" Auf der Suche nach der Weltformel - Physikalischer Verein Frankfurt, 24. November 2007 Dr. Peter Aufmuth ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
»A Theory of Everything« Auf der Suche nach der Weltformel Physikalischer Verein Frankfurt, 24. November 2007 Dr. Peter Aufmuth Albert-Einstein-Institut Institut für Gravitationsphysik Leibniz Universität Hannover
Übersicht 1. Gravitation à la Newton Von Äpfeln & Planeten 2. Gravitation à la Einstein Von Dellen & Wellen 3. Gravitation à la XXX?? Von Fäden & Schleifen
Newtons Erklärung Beobachtung: Alles fällt nach unten „Alle Massen üben Isaac Newton eine anziehende Kraft 1643 – 1727 auf einander aus.“ Schwerkraft Gravitation
Was ist eigentlich Masse ? träge beschleunigende Masse Kraft schwere Masse Erdanziehungskraft = Gewicht
Wovon hängt die Schwerkraft ab ? Abstand r Apfel Masse m2 Erde Diese Kraft sollte umso größer Masse m1 sein, je größer die beteiligten Massen sind, und von ihrem Abstand abhängen.
Wie findet man ein Naturgesetz ? Nachdenken und probieren ! Experimente ergeben: Im doppelten Abstand ist die Kraft nicht halb so groß wie d.h. vorher, sondern nur 1/4 so F ~ m1·m2 / r groß, im dreifachen Abstand nur 1/9. 1/4 = 1/22, 1/9 = 1/32, ... also: F ~ m1·m2 / r2
Newtons Gravitationsgesetz Zwei Massen von je 1 kg in 1 m Abstand ziehen sich nicht mit der Kraft 1 N an, sondern mit einer wesentlich kleineren Kraft. Also fehlt noch ein Umrechnungsfaktor. m1m2 F =G r2 1687 G = Newtons Gravitationskonstante sorgt für den richtigen Zahlenwert und die richtigen Einheiten
Messung der Gravitationskonstanten Blei- kugel Henry Cavendish 1731 – 1810 Drehwaage (Torsionswaage) von John Mitchell 1797 Anziehung einer Probemasse durch eine große stationäre Masse → Auslenkung des Spiegels G = 6,67259·10–11 m3 / kg s2 Newtons Gravitationskonstante
Die schwächste Naturkraft m = 9·10–31 kg e0 = 1,6·10–19 C q = +e0 q = –e0 1m Positron Elektron Felektr = 1043 Fgrav Beide Kräfte reichen unendlich weit. Aber: FG wirkt im ganzen Universum, FE nur bis zur nächsten freien Ladung. Die Gravitation beherrscht das ganze Universum
Newton und das Sonnensystem Die Gravitation bestimmt nicht nur den Fall eines Apfels zu Boden, sondern auch die Bewegung des Mondes um die Erde und die der Planeten um die Sonne.
Die Keplerschen Gesetze Ableitung der Planetenbahnen durch Johannes Kepler auf Grund der Beobachtungen von Tycho Brahe (1546 – 1601). Aus dem Gravitationsgesetz Die Planetenbahnen folgen sofort die Keplerschen sind Ellipsen mit der Gesetze der Planetenbahnen Sonne in einem der Brennpunkte. Johannes Kepler 1609 1571 – 1630
Problem: Periheldrehung des Merkur ??? Die Hauptachse der Bahnellipse des Merkur dreht sich pro Jahr- hundert um 43 Bogensekunden.
Problem: Momentane Fernwirkung ?? Wodurch und wie 150 Mio. km schnell werden die Gravitationswirkungen übertragen ? Die Gravitation breitet sich ohne Zeitverzögerung im ganzen Universum aus. Es ist undenkbar, daß Materie auf Materie wirkt ohne Kontakt oder etwas Vermittelndes.
Lösung: Gravitationsfeld Nahwirkungs-Theorie: Ladungen (Massen) erzeugen in ihrer Umgebung ein Feld, das den Raum durchsetzt. Kräfte werden durch Felder übertragen. 1845 Gravitationsfeld Michael Faraday 1791 – 1867 © einstein-online
220 Jahre n.N. (= nach Newton) Ein technischer Experte zweiter Klasse am Patentamt in Bern denkt erneut über die Gravitation nach … Albert Einstein 1879 – 1955
Spezielle Relativität Kein Signal und keine Wirkung kann sich schneller ausbreiten als mit Lichtgeschwindigkeit. 1905
Die berühmteste Formel der Welt 1905 Energie und Masse sind äquivalent und können ineinander umgewandelt werden. Das c² spielt dabei die Rolle eines 1 € = 1,9558 DM Umrechnungsfaktors. 1 MeV ≈ c² 10–29 kg
Energie & Materie Die bekannte Materie besteht aus up-Quark, down-Quark, Elektron, Neutrino 2 6 0,5 10–6 MeV 938 MeV Bindungsenergie Proton 1,67·10–27 kg der Quarks !
Gravitation & Relativität Alle natürlichen Phänomene 1907 lassen sich im Rahmen der speziellen Relativitätstheorie darstellen, nicht aber das Gravitationsgesetz. Warum ?
Gravitation im freien Fall Im freien Fall herrscht Schwerelosigkeit ! Es treten keine Kräfte auf ! In der Raumstation befinden sich die Astronauten im freien Fall um die Erde.
Das Äquivalenzprinzip Alle Massen fallen gleich schnell zu Die Wirkung eines Boden, wenn man Schwerefeldes ist die Reibung äquivalent einer ausschaltet ! Beschleunigung des Bezugssystems. Gewicht = Trägheit
Beobachtungen zur Gravitation Gravitation ist immer anziehend Warum fällt eigentlich alles nach „unten“, d.h. in Richtung Erde ?
Massen verändern den Raum Die Erde verändert ihre Umgebung so, daß alles auf sie zu fällt. „Die Gravitation ist keine Kraft, sondern eine Eigenschaft des Raums.“ Die Gravitationswirkungen entstehen durch 1913 die Form des Raums. Albert Einstein (1879 – 1955)
Massen krümmen den Raum Vorstellung anhand einer Fläche (= 2-dim. Raum) keine Masse eine Masse = keine Krümmung krümmt den Raum (Euklidischer Raum) (Riemannscher Raum)
Gravitation ist Geometrie ! Der Mond folgt der durch die Erde vorgegebenen Struktur des Raums
Allgemeine Relativitätstheorie = Geometrodynamik Einsteins Gravitationstheorie „Die Materie bestimmt die John A. Wheeler Krümmung des Raums, und der Raum bestimmt die Bewegung der Materie.“ 1915
Einstein-Gleichung Krümmung ~ Masse/Energie-Verteilung: G~T Krümmungs- tensor G=kT Energie-Impuls- Tensor Durch Vergleich mit der Beitrag der Erde Newtonschen Theorie zur Krümmung: ergibt sich der Wert von k 10–9 8πG − 43 1 k = 4 ≈ 2 ⋅10 c N
Der Standpunkt des Theoretikers Man kann nicht beweisen, daß Gravitation eine Folge der Raumkrümmung ist, Sie können aber man kann die uns ja viel Konsequenzen ableiten erzählen ! und sehen, ob das eine vernünftige Beschreibung der Welt darstellt. Spacetime and Geometry Sean M. Carroll (2004)
Erstes Ergebnis: Periheldrehung des Merkur Die Theorie erklärt qualitativ und quantitativ die Drehung der 1915 Merkurbahn. Ich war einige Tage fassungslos vor freudiger Erregung. Brief an Ehrenfest, 17.1.1916
Lichtablenkung durch Gravitation Scheinbare Position Wahre Position Auch das Licht folgt der Geometrie des Raumes. Nach Einstein (und in Wirklichkeit) ist die Ablenkung doppelt so groß wie nach der Newtonschen Theorie.
Nachweis der Lichtablenkung Tag Totale Sonnenfinsternis Nacht Arthur S. Eddington 1919
Gravitationslinsen Einstein- Kreuz ©HST ©MIT Einstein- Die Galaxie in der Mitte Ring wirkt wie eine Linse und erzeugt vier Bilder des Quasars dahinter
Uhren & Gravitation Uhren laufen langsamer, wenn sie sich in der Nähe schwerer Körper befinden ! Die Uhr geht vor ! Uhr an Bord eines Satelliten 36000 km Uhr am Boden Beide Uhren werden am Boden synchronisiert.
Satellitennavigation (GPS) Zeit- ∆tSRT = –7 µs/Tag unter- ∆x = 10 km/Tag schied ∆tART = +45 µs/Tag Satelliten-Navigation ohne Relativitätstheorie unbrauchbar !
Neutronensterne & Schwarze Löcher Objekte, die nur durch die Relativitätstheorie beschrieben werden Horizont ØH 10 km Gewöhnlicher ØS 0 m Neutronenstern Stern Schwarzes ØS 1,5 Mio km ØS 20 km Loch Am Ende seines Lebens kollabiert ein ausgebrannter Stern zu einem Neutronenstern oder zu einem Schwarzen Loch → die Delle ist so tief, daß nichts mehr entkommt, auch kein Licht.
Schwarze Löcher sind Kugeln zweidimensional dreidimensional Am Rand eines Schwarzen Lochs bleibt für einen fernen Beobachter die Zeit stehen.
Gravitationswellen Die Ausbreitung von Störungen in der Struktur des Raums erfolgt nur mit endlicher Geschwindigkeit → Existenz von Gravitationswellen z.B. Sternexplosion ← mit Lichtgeschwindigkeit → (Supernova) 1916
Binärsysteme Beispiel: Zwei einander umkreisende Neutronensterne erzeugen GW
Indirekter Nachweis von GW Energieverlust durch Abstrahlung ∆T [s] von Gravitationswellen → Verkürzung der Bahnperiode ∆T stimmt mit dem Wert überein, den die Allgemeine Relativitäts- theorie vorhersagt (auf 0,2 % !). Einsteins Vorhersage Russell A. Hulse Joseph H. Taylor, Jr. Nobelpreis für Physik Indirekter Nachweis von 1993 Gravitationswellen !
Wirkung einer Gravitationswelle Änderung in der Struktur der Raumzeit Der Raum wird abwechselnd gequetscht und gedehnt. Typische Längenänderungen auf der Erde betragen 10–18 m GW-Detektor GEO600 Die Welt als Wackelpudding
Anwendung auf das Universum Als Lösung meiner Gleichungen ergibt sich ein Universum, das sich im Laufe der Zeit verändert. Es kollabiert oder expandiert. Einstein war nicht begeistert… Aber das Universum verändert sich 1917 doch gar nicht !
Antigravitation Damit das Universum nicht kollabiert, benötige ich eine Größe, die der gravitativen Anziehung entgegenwirkt. 1917 G+Λ =k T Λ = kosmologische Konstante Ein positives Λ erzeugt einen negativen Druck im Universum und wirkt dem drohenden Kollaps entgegen.
Einsteins „größte Eselei“ Dann ist die Die Galaxien kosmologische Konstante entfernen sich von ja überflüssig ! uns. Das All dehnt sich aus ! Das Λ war die blödeste Idee meines 1925 Lebens… Edwin P. Hubble Einstein war 1889 – 1953 nicht begeistert…
Einsteins Universum A. Einstein, Alexander Friedmann, G. Lemaître Raum und Zeit entstanden im Urknall. Das ist ja eine Seitdem dehnt sich scheußliche das Universum immer Vorstellung ! weiter aus. Einstein war nicht begeistert… 1927 Georges Lemaître 1894 – 1966 Einstein
Standardmodell der Kosmologie Expansion und Abkühlung Urknall Mikrowellenhintergrund z ~ 1100 Vor 13,7 Mrd. Jahren: Bild des Universums mit Temperatur ~ 1032 K 380 000 Jahren. T ~ 3000 K Umwandlung von Energie in Materie: E = mc² !
Das Universum heute Hundert Milliarden Galaxien mit je hundert Milliarden Sternen „Hubble“ Und wie geht es weiter ? Heute: Temperatur = 2,7 K (= –270 °C) © HST 2004
Die Rückkehr der kosmologischen Konstante Größe des Universums Expandiert das Universum immer weiter ? Stürzt das Universum wieder in sich zusammen ? Zyklisches Universum: „Big Bang to Big Crunch“ ? jetzt Zeit → Beschleunigte Expansion ! 2001 G+Λ =k T Λ sorgt für die beschleunigte Expansion des Alls.
Alles nur Theorie ? Erfolge der Relativitätstheorie: Periheldrehung, Lichtablenkung, Urknall, Expansion des Universums, Schwarze Löcher, Verhalten kompakter Binärsysteme, Gravitationswellen, Satellitennavigation Die Relativitätstheorie ist die genaueste physikalische Theorie, die wir heute haben. Sir Roger Penrose
Die Grenzen der Geometrodynamik Der Urknall und das Schwarze Loch sind ein Paradigma für das Ende der klassischen Physik. John A. Wheeler (prägte das Wort „black hole“) Singularität Die gesamte Masse fällt Das Ende von Raum & Zeit auf einen Punkt zusammen
Der Heilige Gral der theoretischen Physik: Vereinigung aller Kräfte 1953 Die Verallgemeinerung der Gravitationstheorie hat mich seit 1916 beschäftigt... Ich werde sie nicht mehr fertigbringen. Integration der Maxwell-Theorie in die Geometrodynamik
Fünf Dimensionen ? Gravitation und Elektro- 1919 1926 magnetismus lassen sich in einer 5-dimensionalen Theorie vereinigen. Die 5. Dimension ist zu einem extrem kleinen Theodor Kaluza Oskar Klein 1885 – 1954 Kreis aufgerollt 1894 – 1977 – kompaktifiziert.
Einsteins Kommentar Nach meiner Ansicht sollten solche Komplikationen erst dann in Betracht gezogen werden, 1954 wenn dafür physikalisch- empirische Gründe vorliegen. z.B. eine Verletzung des Gravitationsgesetzes für kleine Abstände N = Anzahl der m1m2 Zusatzdimensionen F = G 2+ N r Bisher nicht beobachtet !
Ist die Gravitation überhaupt eine Kraft wie die anderen Kräfte ? Elektromagnetische Gravitation Wechselwirkung MAXWELL EINSTEIN Ladungen und Felder Geometrie Unveränderliche Dynamische Raumzeit Raumzeit
Quantengravitation ? Verbindung von Quantentheorie und Relativitätstheorie Ziel: Quantisierung Ziel: Vereinheitlichung der Relativitätstheorie c aller Wechselwirkungen G h „Loops“ „Strings“ Neuformulierung beider Theorien; komplizierte Mathematik…
Letzte Worte: Einstein & Wheeler Das Unverständlichste an der Welt ist, daß wir sie verstehen können. Wir werden erst dann verstehen, wie einfach das Universum ist, wenn wir erkennen, wie seltsam es ist.
Sie können auch lesen