Abatacept Jänner 2020 - UPDATE - medonline.at
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Jänner 2020 Abatacept UPDATE Arzneimittelprofil Immunologie-Allergologie
Abatacept, Jänner 2020 ArzneimittelPROFIL Immunologie-Allergologie Ziel der Publikation Die Reihe ArzneimittelPROFIL fasst die aktuell verfügbare wissenschaftliche Evi- Scientific Editor denz zu einer Substanz objektiv und komprimiert, aber nicht selektiv, zusammen. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Valenta, Wien Pharmakologische Aspekte, Wirksamkeit und Nebenwirkungsprofil werden über- sichtlich und leicht verständlich dargestellt. Grundlage für die Erstellung ist die Managing Scientific Editor umfassende Sichtung der wissenschaftlichen Fachliteratur. Hierbei kann auch auf Univ.-Prof. Dr. Verena Niederberger, Wien Datenmaterial der Hersteller zurückgegriffen werden. Große kontrollierte Studien werden bevorzugt behandelt, ergänzend ev. Abstracts und Kongressberichte. Die Editorial Board Einhaltung wissenschaftlicher Grundsätze wird durch einen Scientific Editor, ei- Univ.-Prof. Dr. Werner Aberer, Graz nen Managing Scientific Editor sowie ein Editorial Board gewährleistet, das bei der Dr. Kurt Aigner, Linz Auswahl von Substanzen, Autoren und Reviewer beratende Funktion hat. Die Bei- Univ.-Prof. Dr. Lutz Henning Block, Wien träge werden von Experten der jeweiligen Fachgebiete verfasst. Objektivität und Univ.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. Barbara Bohle, Wien Korrektheit sind durch zwei unabhängige Reviewer gewährleistet. Die Meinung Univ.-Prof. Dr. Mischa Freissmuth, Wien der Autoren und Reviewer muss nicht immer mit der des Editorial Board und des Univ.-Prof. Dr. Thomas Frischer, Wien Verlags übereinstimmen. Die kritische Beurteilung der jeweiligen Substanz und Univ.-Prof. Dr. Beatrix Grubeck-Loebenstein, deren klinischer Wertigkeit beruht allein auf der Einschätzung der unabhängigen Innsbruck Experten. Bei Vorliegen neuer Daten wird eine Aktualisierung angestrebt. Dr. Thomas Hawranek, Salzburg Univ.-Prof. Dr. Friedrich Horak, Wien Autoren dieser Ausgabe Dr. Isidor Huttegger, Salzburg Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Emminger (Juvenile idiopathische Arthritis), Rheumato- Univ.-Prof. Dr. Erika Jensen-Jarolim, Wien logische Ambulanz, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Wien Univ.-Prof. Dr. Georg Klein, Linz Univ.-Prof. Dr. Winfried Graninger (Klinik; Update), Klinische Abteilung für Rheu- Univ.-Prof. Dr. Michael Kundi, Wien matologie und Immunologie, Universitätsklinik für Innere Medizin, Graz Univ.-Prof. Dr. Hans Lassmann, Wien Univ.-Prof. Dr. Clemens Scheinecker (Präklinik), Universitätsklinik für Innere Me- Univ.-Prof. Dr. Winfried Pickl, Wien dizin III, Wien Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Pohl, Wien Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Popp, Wien Offenlegung von Interessenkonflikten Univ.-Prof. Dr. Norbert Reider, Innsbruck Emminger: keine Univ.-Prof. Dr. Ursula Schmid-Erfurth, Wien Graninger: Vorträge mit Remuneration durch AbbVie, BMS, Gilead, Lilly, MSD, Univ.-Prof. Dr. Josef Smolen, Wien Novartis, Pfizer, UCB u.a.m. Univ.-Prof. Dr. Susanne Spitzauer, Wien Scheinecker: Vorträge mit Remuneration durch AbbVie, BMS, Janssen, Lilly, Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres, Wien MSD, Novartis, Pfizer, Roche, u.a.m. Univ.-Prof. Dr. Zsolt Szépfalusi, Wien Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer, Wien Impressum: Verleger, Eigentümer und Herausgeber: Medizin Medien Austria Univ.-Prof. Dr. Peter Valent, Wien GmbH, DVR-Nr: 4007613, Verlagsanschrift: Grünbergstraße 15, 1120 Wien, Tel.: Univ.-Prof. Dr. Eva-Maria Varga, Graz 01/546 00-0, Fax-DW: -730, Geschäftsführung: Mag. 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Copyright: Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbrei- tung sowie der Übersetzung bleiben der Medizin Medien Austria GmbH vorbehal- ten. Kein Teil des Werks darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespei- chert, verarbeitet, vervielfältigt, verwertet oder verbreitet werden. Hinweise: Autoren, Reviewer und Verlag verwenden höchste Sorgfalt darauf, alle Daten dem Wissensstand bei Fertigstellung entsprechend anzugeben. Der Verlag ISSN 2220-3923 (Print) kann für etwaige Fehler jedoch keine Gewähr übernehmen. Jeder Anwender ist ISSN 2220-3931 (Online) angehalten, die aktuelle Fachinformation zu beachten. Zugunsten der besseren Lesbarkeit wird auf das Verwenden weiblicher Endungen verzichtet. Die Bezeich- www.arzneimittelprofil.at nung Patient ist geschlechtsneutral zu verstehen.
Abatacept Winfried Graninger, Wolfgang Emminger, Clemens Scheinecker Abstract Abatacept stellt nach der verbreiteten Anwendung der Zyto ren) als auch in der neueren subkutanen Formulierung für Kin- kinantagonisten ein zusätzliches Behandlungsprinzip der rheu- der ab zwei Jahren. matoiden Arthritis (RA) dar. Es handelt sich dabei um ein re- Abatacept in intravenöser oder subkutaner Verabreichung kombinantes Fusionsprotein aus dem humanen CTLA4-Mole- bedeutet eine Bereicherung unserer Möglichkeiten für die Dau- kül und dem Fc-Rezeptorteil des Immunglobulins G1 (IgG1). ertherapie der RA, Psoriasis-Arthritis oder (p)JIA und hilft uns, Abatacept ist der erste Vertreter einer neuen Klasse von immun- dem Paradigma einer remissionserhaltenden Behandlungs- modulatorischen Therapeutika, die sehr selektiv das zwischen form für möglichst alle Patienten mit chronischer Polyarthritis den Oberflächenmolekülen CD80/CD86 und CD28 erfolgende, näherzukommen. für die volle Aktivierung von T-Lymphozyten notwendige Signal beeinflussen. Abatacept wurde in großen klinischen Studien und Meta- analysen sowohl bei intravenöser als auch bei subkutaner Ga- be für wirksam befunden. Dies gilt insbesondere für die Kom- bination mit klassischen niedermolekularen DMARDs (Di- sease Modifying AntiRheumatic Drugs). In einer Head-to- Head-Studie zweier Biologika – der AMPLE-Studie, in der Eigenschaften von Abatacept Methotrexat (MTX) plus Abatacept oder Adalimumab unter- sucht wurde – erwies sich Abatacept als gleichwertig mit Ada- Dosierung limumab, einem Antikörper, der sich gegen den Tumor Abatacept wird bei Erwachsenen als 30-minütige i.v. In- nekrosefaktor-α (TNFα) richtet. In der Phase-IV-Studie EARLY fusion in einer vom Körpergewicht abhängigen Dosierung AMPLE – Abatacept oder Adalimumab plus MTX bei geringer verabreicht (500mg bei einem Körpergewicht [KG] 100kg). Nach der Remissionsraten. ersten Anwendung sollte Abatacept nach zwei und vier Wo- Zwei Studien bei Patienten mit früher RA – AGREE und chen und anschließend alle vier Wochen angewendet wer- AVERT – zeigten, dass Abatacept auch für den Einsatz bei Pati- den. Bei subkutaner Anwendung wird eine 125mg-Injektion enten, die noch nicht mit MTX behandelt wurden, geeignet ist. von Abatacept pro Woche verabreicht unabhängig vom In Risikogruppen (Nachweis von Antikörpern gegen cycli- Körpergewicht des Patienten. sche citrullinierte Peptide, Vorliegen von HLA-DRB1-Risikoal- Bei Kindern und Jugendlichen im Alter 6–17 Jahre beträgt lelen) war Abatacept besonders effektiv (Studien AGREE und die Dosis bei i.v.-Gabe 10mg/kg bei einem Gewicht
Inhalt 1. Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2. Wirkmechanismus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.1. Pathogenetische Grundlagen und Angriffsziel . . . . . 5 2.2. Durch Abatacept vermittelte Effekte . . . . . . . . . . . . 5 3. Pharmakokinetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 4. Pharmakodynamik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 5. Wirksamkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 5.1. Phase-II-Studien zur RA bei Erwachsenen. . . . . . . . . 10 5.2. Phase-III-Studien zur RA bei Erwachsenen (i.v.) . . . . 10 5.3. Phase-IIIb-Studien zur RA bei Erwachsenen (s.c.). . . 13 5.4. Biologika im Vergleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 5.5. Lebensqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 5.6. Patientenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 5.7. RA und ILD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 5.8. Psoriasis-Arthritis (PsA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 5.9. Juvenile idiopathische Arthritis (JIA). . . . . . . . . . . . . 18 6. Verträglichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 7. Dosierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 8. Zulassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 9. Bewertung und Aussichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 10. Abkürzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 11. Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4 ArzneimittelPROFIL Abatacept Jänner 2020
1. Einleitung Wirkmechanismus von Abatacept Abb. 2 Die Aktivierung autoreaktiver T-Zellen ist für die Auslösung ver- schiedener Autoimmunerkrankungen wie zum Beispiel der rheumatoiden Arthritis (RA), der Psoriasis-Arthritis (PsA) oder des systemischen Lupus erythematodes (SLE) von zentraler Be- Antigenpräsentierende Zelle deutung. Aktivierte T-Zellen sind in mehrfacher Hinsicht in pa- (APZ) thogenetische Mechanismen der Krankheitsentstehung aktiv involviert. Dazu zählt unter anderem ihre Wirkung auf andere CD80/86 Immunzellen sowie ihre Funktion als Produzenten einer Reihe von proinflammatorischen Zytokinen (Cohen 1999). Als Konse- Abatacept MHC quenz daraus wurden verschiedene Konzepte zur therapeuti- CD28 schen Blockade von T-Zellen entwickelt. Diese zielen darauf ab, T-Zell-Rezeptor T-Zellen entweder weitgehend aus dem Krankheitsgeschehen zu eliminieren oder ihre Funktion so weit zu beeinflussen, dass ihre pathogenen Effekte deutlich gebremst werden. Für die Ak- tivierung von T-Zellen von großer Bedeutung und daher ein T-Zelle wichtiger therapeutischer Ansatzpunkt sind hierbei – neben den antigenvermittelten Signalen – die sogenannten kostimulatori- schen Signale. Abatacept ist der erste therapeutisch anwendba- re Modulator der T-Zell-Aktivität. Es handelt sich bei der Sub stanz um ein rekombinant hergestelltes, homodimeres Fusions- Hemmung der T-Zell-Aktivierung und -Proliferation protein aus zwei identischen Untereinheiten, die durch eine Disulfidbrücke kovalent miteinander verbunden sind (siehe Abbildung 1). Jede Untereinheit besteht aus den modifizierten Aminosäuresequenzen (1) der extrazellulären Domäne des hu- Inhibition der pathogenen Effekte von T-Zellen, manen CTLA-4 Proteins und (2) den Hinge-, CH2- und CH3- z.B. bei rheumatoider Arthritis (RA) Regionen des humanen IgG1 (Fc-Region). Durch die Modifizie- MHC=Major Histokompatibilitätskomplex rung des Fc-Teils wird eine ansonsten mögliche, aber uner- CD28=Kostimulatorisches Protein wünschte Induktion einer Komplement-abhängigen oder Anti- CD80/86=Liganden von CD28 körper-abhängigen zellulären Toxizität verhindert (Davis et al. Quelle: Nach Choy et al. 2001und Linsley et al. 1991 2007). Im Folgenden werden die Wirkungsweise sowie bisher durchgeführte präklinische und klinische Studien zur Effektivi- tät und Sicherheit von Abatacept zur Behandlung der RA und kostimulatorische Moleküle erfolgen, die in drei Hauptgruppen der PsA besprochen und bewertet. – Immunoglobuline, TNFα-Rezeptoren und Zytokinrezepto- ren – eingeteilt werden können. Zu den verschiedenen antigen- 2. Wirkmechanismus präsentierenden Zellen (APZ), die kostimulatorische Moleküle exprimieren können, zählen unter anderem Monozyten/Ma- 2.1. Pathogenetische Grundlagen und Angriffsziel krophagen, daneben B-Zellen, vor allem aber dendritische Zel- Für die vollständige Aktivierung von T-Zellen werden zumindest len (DZ). DZ repräsentieren die potenteste APZ-Population zwei Signale benötigt: Das erste Signal besteht aus der antigen- aufgrund ihrer Fähigkeit zur Aktivierung von naiven T-Zellen spezifischen Interaktion zwischen dem T-Zell-Rezeptor und ei- (Banchereau und Steinman 1998). Aktivierte DZ finden sich ver- nem mit MHC-Klasse-II-Moleküle präsentierten Antigen. Das mehrt im Synovialgewebe von RA-Patienten zusammen mit ei- zweite Signal kann über verschiedene membrangebundene nem signifikanten Anteil an CD28-positiven aktivierten T-Zellen (Verwilghen et al. 1994; Lutzky et al. 2007). Abatacept blockiert gezielt den CD28-CD80/CD86-Signal- Struktur von Abatacept (CTLA-4-Ig) Abb. 1 weg. CD28 ist eines der prominentesten kostimulatorischen Moleküle, das von ca. der Hälfte der T-Zellen exprimiert wird. CD28 hat mit CD80 (B7.1) und CD86 (B7.2) zwei Liganden, die auf der Oberfläche verschiedener APZ aktivierungsabhängig exprimiert werden. Daneben wird auf T-Zellen auch das „cyto- toxic T-lymphocyte-associated antigen 4“ (CTLA-4, CD152) ak- Extrazelluläre Domäne des humanen CTLA-4-Proteins tivierungsabhängig exprimiert und bindet ebenfalls an CD80 und CD86. Im Gegensatz zu CD28 bremst CTLA-4 jedoch die T-Zell-Aktivierung über eine Hemmung von Proliferation und Zytokinproduktion und kann daher als Gegenspieler von CD28 angesehen werden (Appleman und Boussiotis 2003). Die Aktivierung von APZ bewirkt – über eine verstärkte Ex- pression von CD86 und in weiterer Folge auch von CD80 – eine Zunahme der funktionellen Kapazität dieser Zellen. CD86 wird Modifizierte Fc-Region des humanen IgG1 hierbei aufgrund seiner konstitutiven Expression bereits vor der Aktivierung eine größere Bedeutung als CD80 zugemessen. 2.2. Durch Abatacept vermittelte Effekte Die Wirkung von Abatacept ist in Abbildung 2 schematisch dar- Quelle: Linsley et al. 1991 gestellt. Abatacept bindet an die kostimulatorischen Moleküle ArzneimittelPROFIL Abatacept Jänner 2020 5
Einfluss der CTLA-4-Inhibition auf beteiligte Zelltypen Abb. 3 Initiierung Risikofaktoren: Antigen-präsentierende Zelle (APC) Alter Geschlecht Abatacept Abatacept Sekundäre Infektionen lymphoide Hormone Abatacept Organe Stress Rauchen niedriger Vitamin- Endothelzelle D-Spiegel CD4+ B-Zelle Plasmazelle T-Zelle Abatacept Makrophage Chemotaktische Faktoren Autoantikörper: Adhäsion von immun- Rheumafaktoren (RF) inflammatorischen Zellen Anti-cyclic-citrullinated-protein- Vaskuläres Wachstum Antikörper (Anti-CCP) Beibehaltung Proinflammatorische Zytokine Angiogenese Abatacept Fibroblast Chondrozyt Osteoklast Kollagenasen Matrix-Metalloproteasen (MMP) Kathepsine Zerstörung Knochen/Knorpel Anti-CCP=Antikörper gegen cyclic citrullinated protein; APC=Antigen-präsentierende Zelle; MMP=Matrix-Metalloproteinasen; RF=Rheumafaktoren; TNF=Tumornekrosefaktor Quelle: modifiziert nach Cutolo & Nadler 2013 CD80 und CD86. Durch seine höhere Bindungsaktivität ver- Endothelzellen und Osteoklasten sind an der Produktion von drängt Abatacept CD28 aus der Bindung mit CD80/CD86 und Autoantikörpern, proinflammatorischen Zytokinen und Protei- moduliert damit die T-Zell-Aktivierung. Da andere kostimula nasen sowie der Knochenerosion beteiligt. Es gibt eine wachsen- torische Signalwege davon nicht beeinflusst werden, ist die de Anzahl von Hinweisen, dass Abatacept möglicherweise auch Funktion von T-Zellen damit nicht vollständig blockiert, jedoch mit diesen Zelltypen durch die selektive Modulation des CD28- deutlich vermindert. Pathways oder durch Bindung an CD80 und CD86 interagiert Abatacept führt einerseits zu einer selektiven Blockade der (Cutolo & Nadler 2013; siehe Abbildung 3). Abatacept bewirkt in T-Zell-Aktivierung, andererseits bewirkt die Substanz eine Hem- synovialen Monozytenkulturen eine eingeschränkte Aktivierung mung der Aktivität von Effektor-T-Zellen sowie die Produktion und verminderte Produktion von proinflammatorischen Zytoki- von Autoantikörpern und damit in weiterer Folge eine Hemmung nen (IL-6, TNFα, IL-1β) sowie von TGFβ durch die Bindung an der Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen und Ent- die CD86-tragenden synovialen Makrophagen (Cutolo et al. zündungsmediatoren. Unter Entzündungsbedingungen können 2008). Weiters konnte gezeigt werden, dass Abatacept die Ex- aber auch T-Zellen CD80- und CD86-Moleküle exprimieren (San- pression von Adhäsionsmolekülen und die Migrationskapazität som & Hall 1993; Azuma et al. 1993; Jeannin et al. 1999; Paine et al. von Monozyten aus dem peripheren Blut vermindert. Dadurch 2012). In diesem Zusammenhang konnte gezeigt werden, dass könnte Abatacept die Einwanderung von Entzündungszellen in eine Blockierung von CD80 und CD86 durch Abatacept parado- das Synovialgewebe bremsen (Bonelli et al. 2013). Auch bei der xerweise eine verminderte Empfänglichkeit von T-Zellen gegen- B-Lymphozyten-Aktivität spielen CD80/CD86 eine Rolle. Im- über einer durch regulatorische T-Zellen vermittelte Proliferati- munhistologische Untersuchungen an synovialem Gewebe von onshemmung zur Folge hat (Bonelli et al. 2016). RA-Patienten, die mit Abatacept behandelt wurden, zeigten eine Neben den T-Zellen spielen auch andere Zelltypen in der verminderte Zellproliferation und Downregulation von B-Zell- Pathogenese von RA eine Rolle. B-Lymphozyten, Makrophagen, Markern wie CD20, CD80 und CD86 (Kanbe et al. 2012). Es gibt 6 ArzneimittelPROFIL Abatacept Jänner 2020
Hinweise, dass das Endothel durch Expression von CD80/CD86 tional zur Dosis. Bei 10mg/kg KG betrug das mittlere Vertei- kostimulatorische Eigenschaften besitzt und daher einen An- lungsvolumen 0,07l/kg, die mittlere Steady-State-Konzentrati- griffspunkt für die Immunmodulation durch Abatacept darstel- on ca. 25µg/ml und die mittlere Cmax-Konzentration ca. 290µg/ len könnte (Abrams et al. 2000, Kreisel et al. 2002, Lozanoska- ml. In einer multizentrischen Phase-IIa-Studie führte die einmal Ochser et al. 2008). Die Knochenerosion ist ein zentrales Symp wöchentliche, gewichtsunabhängige subkutane Injektion von tom der RA und entsteht durch verstärkte Osteoklastendifferen- 125mg Abatacept zu stabilen Plasmaspiegeln, die über der the- ziation bei gleichzeitiger Hemmung der osteoblastenvermittelten rapeutischen Mindestkonzentration von 10µg/ml lagen (Corbo Knochenreparatur. Abatacept inhibiert die Osteoklastendiffe- et al. 2009). Die relative Bioverfügbarkeit s.c. versus i.v. beträgt renziation durch direkte Bindung an CD80 und CD86 an der 78,6%. Das Verteilungsvolumen für s.c. Abatacept wird mit Oberfläche der Osteoklasten-Vorläuferzellen (Schett & Gravalle- 0,11l/kg angegeben. Im Steady State nach 85 Tagen betragen se 2013). In welchem Ausmaß diese, neben der Blockierung der Cmin und Cmax im Mittel 32,5 bzw. 48,1µg/ml (Fachinformation T-Zell-Aktivierung, zusätzlichen Wirkmechanismen zur Gesamt- 2019). wirkung von Abatacept beitragen, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings nicht sagen. Metabolisierung und Elimination. Bei der fortgesetzten An- Der Nachweis von Anti-cyclic-citrullinated-protein-Anti- wendung von 10mg/kg KG in monatlichen Abständen kam es körpern (Anti-CCP, ACPA) gilt zusammen mit dem Rheumafak- bei keinem RA-Patienten zu einer systemischen Akkumulation tor (RF) als sensitiver Biomarker für die Diagnose einer RA. Die von Abatacept. Die mittleren Werte für systemische Clearance Anti-CCP-Positivität, ein positiver RF, hohe Krankheitsaktivität, (0,22ml/h/kg [i.v.] und 0,28ml/h/kg [s.c.]) und terminale Halb- der frühe Nachweis von Erosionen und das Versagen von zwei wertszeit t1/2 (13,1 bzw. 14,3 Tage) waren vergleichbar zwischen csDMARDs sind darüber hinaus prognostische Marker für ei- i.v. und s.c. Anwendung. nen schwerwiegenden Verlauf mit rascher Krankheitsprogressi- Mit zunehmender Dosis wurden abnehmende Clearance- on. Diese Faktoren werden daher auch in den Therapieempfeh- Raten und Anstiege der Eliminationshalbwertszeiten festge- lungen der EULAR zur RA berücksichtigt (Smolen et al. stellt. Dieses Profil resultiert vermutlich aus einer Sättigung des 2017). Die mit RA assoziierten HLA-DRB1-Allele codieren in hauptsächlichen Clearance-Wegs, für den eine Fc-Rezeptor- der dritten hypervariablen Region der HLA-DRβ-Kette in den vermittelte Phagozytose angenommen wird. Untersuchungen Positionen 70–74 die Aminosäure-Sequenz QKRAA (Gln-Lys- in verschiedenen Populationen zeigten für beide Applikations- Arg-Ala-Ala), die ein gemeinsames Epitop bildet (shared epito- formen eine Tendenz zu einer höheren Clearance mit steigen- pe, SE; Meyer et al. 2011). SEs sind streng mit RA und fortschrei- dem Körpergewicht. Alter und Geschlecht (nach Korrektur für tender Gelenkzerstörung assoziiert und treten bei 70–80% der Körpergewicht) sowie Substanzen wie MTX, nicht steroidale Anti-CCP-positiven Patienten auf (Jiang et al. 2015). Bei SE-po- Antirheumatika, Kortikosteroide und TNFα-Inhibitoren hatten sitiven Patienten binden citrullinierte Peptide mit höherer Affi- jedoch keine Auswirkungen auf die Clearance. nität an HLA-DRB1 als nicht modifizierte Peptide. Dies führt zur Aktivierung von T-Zellen und in weiterer Folge zur Bildung von Arzneimittelinteraktionen Anti-CCP-Antikörpern (Malmström et al. 2017). Kombination mit anderen Arzneimitteln. Populationsphar- Es gibt aus der Studie EARLY AMPLE Hinweise, dass Abata- makokinetische Untersuchungen zeigten keinen Einfluss von cept verglichen mit Adalimumab bei Patienten mit den be- Methotrexat, nicht-steroidalen Antiphlogistika (NSAR) und Kor- schriebenen Risikofaktoren (Anti-CCP-Antikörper, HLA-DRB1- tikosteroiden auf die Abatacept-Clearance. Bei der Anwendung Allel mit SE) zu numerisch höheren Responseraten führt (Rigby von Abatacept in Kombination mit Sulfasalazin, Hydroxychloro- et al. 2019). quin oder Leflunomid gab es keine größeren Sicherheitsbeden- Zu einer ähnlichen Schlussfolgerung kommt eine rezent pu- ken (Fachinformation 2019). blizierte Metaanalyse (Alemao et al. 2019). Kombination mit TNF-Antagonisten. Zur Anwendung von 3. Pharmakokinetik Abatacept in Kombination mit TNF-Antagonisten liegen nur be- Die Daten zur Pharmakokinetik von Abatacept wurden der grenzte Erfahrungen vor. In placebokontrollierten klinischen Fachinformation der Europäischen Arzneimittelagentur über Studien hatten Patienten, die TNF-Antagonisten und Abatacept Abatacept entnommen (Fachinformation 2019). erhalten hatten, häufiger Infektionen als Patienten, die mit Die pharmakokinetischen Eigenschaften von Abatacept TNF-Antagonisten und Placebo behandelt wurden. Abatacept wurden nach intravenöser (i.v.) und subkutaner (s.c.) Applikati- wird nicht zur Anwendung in Kombination mit TNF-An on bei Tieren und weiters bei Patienten mit Psoriasis, Multipler tagonisten empfohlen (Fachinformation 2019). Sklerose (Phase I) und RA (Phase II und III) untersucht. Serum- konzentrationen wurden durchwegs mittels Enzyme-linked Im- Auswirkungen auf das Immunsystem, Impfungen. Abatacept munosorbent Assay (ELISA) bestimmt. Es ergab sich für Abata- kann die Immunabwehr gegen Infektionen und Malignome cept dabei ein für monoklonale Antikörper typisches Profil. schwächen und die Impfantwort beeinträchtigen. Die gleichzei- Die Pharmakokinetik von Abatacept wurde nicht bei Kin- tige Anwendung mit immunsuppressiven oder immunmodula- dern unter sechs Jahren untersucht. Es wurden auch keine Stu- torischen Biologika könnte die Wirkung von Abatacept auf das dien zur Untersuchung der Auswirkungen von Nieren- oder Immunsystem potenzieren. Leberfunktionsstörungen auf die Pharmakokinetik von Abata- Mit Ausnahme von Lebendimpfstoffen sind Impfungen un- cept durchgeführt. ter Abatacept-Therapie möglich. Lebendvakzine sollten nicht gleichzeitig mit Abatacept oder innerhalb von drei Monaten Resorption und Verteilung. Bei i.v. Gabe wurden dosisabhängi- nach dessen Absetzen gegeben werden. Die Wirksamkeit man- ge, aber nicht dosisproportionale Anstiege der Maximalkonzen- cher Immunisierungen kann unter Abatacept-Therapie gerin- tration (Cmax) und der AUC-Werte (Fläche unter der Kurve) fest- ger sein. Es wird empfohlen, dass JIA-Patienten vor Behand- gestellt. Nach mehreren i.v. Infusionen von Abatacept bei RA- lungsbeginn in Übereinstimmung mit den aktuellen Impfricht- Patienten zeigte sich ein Anstieg der Cmax und Area under the linien geimpft werden oder ihren Impfschutz auffrischen lassen curve (AUC) in einem Dosisbereich von 2–10mg/kg KG propor- (Fachinformation 2019). ArzneimittelPROFIL Abatacept Jänner 2020 7
Ausgewählte Bewertungssysteme für rheumatoide Arthritis (RA) bzw. Psoriasis/psoriatische Arthritis (PsA) Tab. 1 Bereich Score/Index Abkürzung RA/PsA: Relative Verbesserung der Anzahl druckempfindlicher und geschwollener Gelenke ACR sowie dreier von fünf weiteren Domänen (Schmerz, Globalbeurteilung durch Patient oder (ACR20, ACR50, Untersucher, Selbsteinschätzung der Behinderung, Blutsenkung/C-reaktives Protein, CRP) ACR70) gemäß den Kriterien des American College of Rheumatology (um 20, 50, 70%) RA: Holländischer Disease Activity Score: Wurzel aus Anzahl druckempfindlicher und DAS28 geschwollener Gelenke von 28 Gelenken plus log aus Akutphasereaktion plus globale Gesundheitseinschätzung durch Patienten. Veränderung Verwendung von CRP DAS28-CRP oder Blutsenkungsgeschwindigkeit (Erythrocyte Sedimentation Rate) DAS28-ESR Low Disease Activity Score=DAS2810 bis ≤22 Krankheits- hohe Krankheitsaktivität: CDAI >22 aktivität Simplified Disease Activity Index = CDAI + CRP (mg/dL) SDAI Remission: SDAI ≤3,3 niedrige Krankheitsaktivität: SDAI >3,3 bis ≤11 moderate Krankheitsaktivität: SDAI >11 bis ≤26 hohe Krankheitsaktivität: SDAI >26 RA: Boolean-basierte Definition der Remission bei klinischen Studien: Boolean Remission Zu jedem Zeitpunkt muss der Patient folgende Punkte erreichen: Anzahl empfindlicher Gelenke ≤1 Anzahl geschwollener Gelenke ≤1 CRP ≤1mg/dl Globale Patienteneinschätzung ≤1 (auf einer Skala von 0 bis 10) PsA (bisher eher nur in klinischen Prüfungen, bei Berücksichtigung der Untersuchung von DAPSA und andere 68 Gelenken): z.B. DAPSA = TJ + SJ + CRP + Activity + Pain = Disease Activity Remission: DAPSA 0–4 niedrige Krankheitsaktivität: DAPSA 5–14 moderate Krankheitsaktivität: DAPSA 15–28 hohe Krankheitsaktivität: DAPSA >28 RA: Nach Genant oder van der Hejde modifizierter Sharp-Score: Veränderungen der Struktur z.B. Genant-Score Gelenke im Nativröntgen – Röntgenzerstörungsscore Funktion RA/PsA: Health Assessment Questionnaire/HAQ-Disability-Index HAQ/HAQ-DI RA/PsA: Health related Quality of Life: 36-Item Short-Form General Health Survey mit den Lebensqualität Subscores physische Funktion, Schmerz, allgemeine u. mentale Gesundheit, Vitalität, SF-36 Sozialleben, mentale Gesundheit u. Gefühlsleben Hauterschei- PsA: Psoriasis Area and Severity Index (0–72): Ausprägung von Erythem, Infiltration und PASI nungen bei Schuppung sowie Ausmaß der betroffenen Körperoberfläche. PASI 50, 75 und 90 geben 50 PsA den Prozentsatz an Patienten an, die zu einem bestimmten Zeitpunkt eine mindestens 50-, 75 75- oder 90-prozentige Besserung des PASI erreicht haben. 90 TJ=tender joints (empfindliche Gelenke); SJ=swollen joints (geschwollene Gelenke) Quellen: Smith-Bindman et al. 1991; Aletaha et al. 2005; Aletaha & Smolen 2005; Fransen & van Riel 2005 4. Pharmakodynamik (Baliga et al. 1994). Nicht klinische Daten lassen darauf schlie- Die Modulation der T-Zell-Aktivierung durch Abatacept konnte ßen, dass Abatacept auch weitere Schlüsselmechanismen in der anhand von Lymphozytenaktivierungsassays wie der gemisch- Pathogenese von Autoimmunerkrankungen beeinflusst. Dazu ten Lymphozytenreaktion und in Antigenpräsentationsassays gehören die Blockade der Synthese von proinflammatorischen gezeigt werden. In vitro inhibiert Abatacept die Proliferation wie Zytokinen oder anderen Effektormolekülen wie die von Synovi- auch die Zytokinproduktion von T-Zellen (Baliga et al. 1994; To- alzellen synthetisierten Matrix-Metalloproteinasen als auch die yooka et al. 1996). Auch in vivo konnte die Blockierung der Akti- Blockade der T-Zell-abhängigen B-Zell-Aktivierung und deren vierung naiver T-Zellen experimentell nachgewiesen werden Produktion von Autoantikörpern (Webb et al. 1996; Mihara et al. 8 ArzneimittelPROFIL Abatacept Jänner 2020
Doppelblinde, randomisierte, placebokontrollierte Studien mit Abatacept bei rheumatoider Arthritis Tab. 2 (p
IM101-100-Studie (n=234): 4 Abb. 3 ren (Kremer et al. 2006a, Russell et al. 2009). LDAS und DAS28-Remission in der offenen Verlängerung Primäre Zielkriterien waren Veränderungen im Röntgenbild (Genant-Score), Funktiona- 100 Doppelblinde Offene Verlängerungsphase lität (HAQ-DI) nach zwölf Monaten und das Phase klinische Ansprechen nach sechs Monaten 90 (ACR20). Patienten mit Ansprechen (in Prozent) 80 Insgesamt 89% der Patienten in der Ver- 69,7 70 um- und 74% in der Placebogruppe beende- 60 ten die einjährige Doppelblindperiode. 51,5 Nach sechs Monaten hatten Patienten unter 50 Abatacept signifikant besser als unter Place- 40 bo angesprochen: ACR20-Verbesserung 67,9 30 ■ LDAS vs. 39,7%, ACR50-Verbesserung 39,9 vs. (95% CI 54–85,4%) 16,8% und ACR70-Verbesserung (sekundä- 20 ■ DAS28 (95% CI 34,5–68,6%) rer Endpunkt) 19,8 vs. 6,5% (jeweils p
Phase-III-AIM-Studie (n=652): Abb. 45 alle acht Wochen, n=165) und Placebo (alle Verlangsamung der Gelenkszerstörung (Genant-Score) vier Wochen, n=110) randomisiert. MTX wurde weiter verabreicht. Die klinische Prü- 3,5 Doppelblinde Phase Offene Phase fung war nicht auf einen direkten Vergleich Plazebogruppe: Switch auf Abatacept der Effektivität von Abatacept und Infliximab 3 ausgelegt und erlaubte diesen aufgrund ei- ner zu geringen Fallzahl auch nicht. Es wur- Gesamtveränderung (MW) 2,5 den aber Substudienvergleiche von Infli- 2,40 ximab und Abatacept jeweils versus Placebo 2 angestellt. Die klinischen und demografi- schen Daten waren für alle drei Gruppen zu 1,5 Studienbeginn vergleichbar (mittlerer HAQ- 1 DI 1,7 und DAS28 6,8). 1,07 Placebo ■ Plazebo Nach sechs Monaten waren unter Aba- ■ Abatacept tacept signifikant höhere Reduktionen des 0,5 mittleren DAS28-ESR zu beobachten als un- ter Placebo (-2,53 vs. -1,48; p
Phase-IIIb-Studien zur subkutanen Anwendung von Abatacept bei RA Tab. 3 Dauer Referenz Studienname n Design Ergebnis (Mo) ACR20 76,0 vs. 75,8% 1.457 ACR50 51,5 vs. 50,3% Genovese et al. ACQUIRE (736 6 Abatacept/MTX s.c. vs. i.v. ACR70 26,4 vs. 25,1% 2011 NCT00559585 721) HAQ-DI≥0,3 68,2 vs. 63,8% DAS28-CRP
5.3. Phase-IIIb-Studien bei Erwachsenen (s.c.) withdrawal and reintroduction on immunogenicity, efficacy ACQUIRE (Abatacept comparison of sub[qu]cutaneous [s.c.] and safety; NCT00533897). Diese Studie untersuchte speziell versus intravenous [i.v.] in inadequate responders to Me- die Entwicklung von Antikörpern gegen den CTLA4-Rezeptor thotrexate; NCT00559585). In dieser doppelblinden Phase- bzw. Abatacept bei Absetzen und Reinduktion sowie den Ein- IIIb-Studie mit Double-Dummy-Design wurden s.c. und i.v. fluss einer Seropositivität auf spätere Nebenwirkungen und Applikation von Abatacept miteinander verglichen (Genovese et Wirksamkeit des Immunmodulators. In einer zwölfwöchigen al. 2011). Eingeschlossen waren 1.457 Patienten, die auf MTX offenen Induktionsphase (Phase I) erhielten alle 270 einge- nicht adäquat angesprochen hatten. Im experimentellen Arm schlossenen Patienten s.c. 125mg Abatacept einmal wöchent- (n=736) erhielten die Patienten an Tag 1 eine einmalige i.v. Loa- lich inklusive der i.v. Loading Dose am ersten Tag plus MTX ding Dose (10mg/kg KG) und zusätzlich s.c. 125mg Abatacept, (Kaine et al. 2012). Daran schloss sich eine zwölfwöchige Dop- danach wöchentliche Injektionen von 125mg Abatacept. Im pelblindphase an, in der Responder 2:1 zwischen Placebo und Kontrollarm (n=721) wurde Abatacept in einer Dosierung von Abatacept randomisiert wurden (Phase II, n=120). In Phase III 10mg/kg KG an den Tagen 1, 15 und 29 und danach alle vier setzten alle Patienten im Abatacept-Arm die Therapie wie ge- Wochen infundiert. MTX wurde in beiden Armen mit einer me- habt fort (n=40) und Placebopatienten wurden entweder ge- dianen Dosierung von 16,3mg/Woche weiter verabreicht. Pri- mäß Standardprotokoll wieder auf Abatacept eingestellt (n=35) märer Endpunkt zur Beurteilung der Nichtunterlegenheit der oder erhielten eine Placebo-Loading-Dose plus s.c. Abatacept Subkutan-Applikation war das ACR20-Ansprechen nach sechs (n=44). Koprimäre Endpunkte waren die mittels ELISA be- Monaten. stimmte Immunogenität sowie die Sicherheit am Ende von Insgesamt 94,2% der Patienten im s.c. Arm und 93,8% im i.v. Phase II. Arm schlossen die Studie mit einer Laufzeit von sechs Monaten Es gab einen nicht signifikanten Anstieg der Immunogenität ab. Gemäß ACR20-Ansprechen war die s.c. Applikation nicht un- nach Absetzen von Abatacept in Phase II. Sieben von 73 Patien- terlegen. Zum Zeitpunkt sechs Monate betrug die ACR20-Rate ten (9,6%) in der Placebogruppe entwickelten Anti-CTLA4-T- der „Per-protocol“-Population für s.c. versus i.v. Anwendung 76,0 (n=6) bzw. Anti-Abatacept-Antikörper (n=1), hingegen keiner versus 75,8% mit überlappenden Konfidenzintervallen (95% CI der 38 Patienten in der Abatacept-Gruppe (p=0,119). Aber kei- 72,9-79,2 bzw. 72,6-79,0). Die Parameter Beginn und Ausmaß des ner der sieben seropositiven Patienten erlitt schwere medikati- Ansprechens, Krankheitsaktivität, Verbesserung der Funktionali- onsbedingte Nebenwirkungen bei der Reinduktion, weder mit tät und auch die von Patienten beurteilten Ergebnisse waren zwi- Placebo- noch mit Abatacept-Loading-Dose. Nur zwei dieser schen beiden Studienarmen vergleichbar. Die Studienergebnisse Patienten waren auch am Ende von Phase III noch seropositiv sind in Tabelle 3 zusammengefasst. getestet, in der Abatacept-Gruppe wurde zu diesem Zeitpunkt Nach Abschluss der doppelblinden Phase wechselten 1.372 bei einem von 38 Patienten (2,6%) Anti-CTLA4-T-Antikörper Patienten in die offene Verlängerungsstudie (Genovese et al. nachgewiesen. Am Ende von Phase III war bei sechs der sieben 2012). Bei der Langzeitauswertung mit einer medianen Abata- zuvor seropositiven Patienten ein Ansprechen gemäß DAS28 cept-Exposition von 33 Monaten waren 82,7% der Patienten und/oder HAQ-DI gegeben. noch unter Therapie. ACR20-, HAQ-DI- und DAS28-Anspre- Die Immunogenität von s.c. Abatacept ist ähnlich gering wie chen waren auch in der Verlängerung erhalten geblieben (siehe bei i.v. Anwendung und wird durch eine Unterbrechung von Tabelle 3). drei Monaten und Reinduktion nicht relevant beeinflusst. Das Start-und-Stopp-Regime wurde gut toleriert und hatte nur we- ATTUNE (Abatacept in subjects who switch from intravenous nig Einfluss auf Sicherheit und Wirksamkeit. to subcutaneous therapy; NCT00663702). In dieser einarmi- gen, offenen Phase-IIIb-Studie mit einer Laufzeit von zwölf Mo- AVERT (Assessing Very Early Rheumatoid arthritis Treat- naten wurden 123 Patienten, die vier Jahre oder länger Abata- ment; NCT0114276). In dieser Studie wurden 351 Patienten cept i.v. im Rahmen der Extension-Studien AIM oder ATTAIN er- mit sehr früher RA (mittlere Symptomdauer 0,56 Jahre) für ei- halten hatten, auf die neue s.c. Applikation umgestellt (Keysto- ne zwölfmonatige Therapieperiode in drei Behandlungsgrup- ne et al. 2012). Zu Studienbeginn hatten 43,4% der Patienten pen doppelblind 1:1:1 randomisiert: wöchentliche subkutane eine geringe Krankheitsaktivität (Mittelwerte für DAS-CRP 3,4 Abatacept-Gabe (125mg) mit Methotrexat, Abatacept (125mg) und HAQ-DI 0,94). Die erste wöchentliche Subkutan-Dosis von als Monotherapie oder MTX alleine. Nur bei Patienten, die in 125mg wurde im Abstand von höchstens 30 Tagen nach der letz- Monat 12 eine niedrige Krankheitsaktivität, definiert als Disea- ten Infusion verabreicht. Auf die gleichzeitige Loading-Dose-In- se Activity Score (DAS) 28-CRP
Phase-IIIb-Studie AMPLE: Abb. 6 Um den Einfluss von Anti-Citrullinated- ACR20-, ACR50-, ACR70- und ACR90-Remissionen Protein-Antikörpern (ACPA) auf das An- sprechen auf Abatacept- bzw. Adalimumab- 100 Behandlung zu untersuchen, wurde der ■ s.c. Abatacept (n=318) Anteil Patienten mit ACR20-, ACR50-, ACR70- oder ■ Adalimumab (n=328) Baseline-anti-CCP2-Antikörperstatus der in die AMPLE-Studie eingeschlossenen Pati- 80 enten erhoben. Antikörperpositive Patien- ACR90-Ansprechen (in Prozent) ten wurden aufgrund der Anti-CCP2 Kon- ACR 20 zentration in gleich große Quartile Q1–Q4 60 eingeteilt. Die Analysen umfassten Krank- ACR 50 heitsaktivität und Aktivitätseinschränkung 40 sowie Remissionsraten. Es zeigte sich in ACR 70 beiden Therapiearmen ein generell besse- res Ansprechen für anti-CCP2 positive Pati- 20 ACR 90 enten. Nach zwei Jahren erreichten Patien- ten im Abatacept-Arm mit der höchsten Baselinekonzentration (Q4) eine signifi- 0 29 85 141 197 253 309 365 449 533 617 729 Zeit (in Tagen) kante Verbesserung gegenüber allen ande- Quelle: Schiff et al. 2013 ren Quartilen kombiniert, während im Adalimumab-Arm die Verteilung über die Quartile gleichmäßig war. Die Ergebnisse 5.4. Biologika im Vergleich deuten darauf hin, dass der ACPA-Status ein wichtiger Faktor ATTEST (NCT00095147) war die erste Studie, in der zwei Biolo- für die Vorhersage des Therapieansprechens ist (Sokolove et al. gika – Abatacept und Infliximab – gegenüber demselben Place- 2015). Die Analyse von ACPA-Spezifitäten in Patienten der boarm untersucht wurden. Diese Studie ist jedoch für einen AMPLE Studie ergab, dass Abatacept und Adalimumab beide direkten Wirksamkeitsvergleich beider Therapien nicht gültig, in anti-CCP2-positiven Patienten ein verbessertes Ansprechen da sie nicht prospektiv dafür ausgelegt war. Inzwischen liegt mit zeigten (Conolly et al. 2014). der AMPLE-Studie eine prospektive, randomisierte Head-to- Head-Studie vor, in der Abatacept/MTX mit einem Standard- EARLY AMPLE (Study to Assess Changes in the Immune Pro- TNFα-Hemmer, Adalimumab/MTX, verglichen wurde. file in Adults With Early RA treated with abatacept plus MTX versus adalimumab plus MTX; NCT02557100). Diese Phase- AMPLE (Abatacept versus Adalimumab comparison in biolo- IV-Studie untersuchte prospektiv den Einfluss von Anti-CCP gic-naive RA subjects with background Methotrexate; und SE auf das Ansprechen von Patienten mit früher RA auf NCT00929864). In dieser für eine Laufzeit von zwei Jahren ge- MTX plus Abatacept oder Adalimumab (Rigby et al. 2019). Ins- planten multizentrischen Phase-IIIb-Studie wurden 646 Patien- besondere das Ansprechen bei Nachweis des bekannten HLA- ten eingeschlossen, die auf MTX inadäquat angesprochen und DRB1-Risikoallels mit assoziierten SEs war von Interesse. zuvor noch keine anderen Biologika erhalten hatten (Weinblatt In die multinationale, 1:1 randomisierte Head-to-Head- et al. 2013, Schiff et al. 2014). Abatacept wurde ohne i.v. Loading Studie wurden 80 Patienten mit früher RA eingeschlossen (≤12 Dose in einer Dosierung von 125mg s.c. jede Woche verabreicht, Monate ab Symptombeginn), bei denen gemäß ACR/EULAR- die Adalimumab-Dosierung betrug 40mg s.c. alle zwei Wochen. Kriterien eine moderat- bis hochaktive RA vorlag. Die Ein- Zusätzlich erhielten alle Patienten 15–25mg MTX pro Woche. schlusskriterien umfassten Seropositivität für Anti-CCP-Anti- Dabei waren die klinischen Prüfer bezüglich der Therapieart körper und RF, DAS28 (CRP) ≥3,2 und MTX-Therapie für >12 verblindet. Primärer Endpunkt war die Nichtunterlegenheit von Wochen mit stabiler Dosis innerhalb der letzten vier Wochen. Abatacept, die durch Bestimmung der ACR20-Verbesserung Beide Gruppen erhielten MTX in der wöchentlich maximal nach einem Jahr bestimmt wurde. Die Studie wurde ein weiteres tolerierten stabilen Dosis (15–25mg). Für 24 Wochen wurde Jahr verblindet fortgesetzt, um die langfristige Sicherheit und Abatacept (125mg s.c. wöchentlich) oder Adalimumab (40mg Wirksamkeit unter kontrollierten und vergleichenden Bedin- s.c. alle zwei Wochen) verabreicht. Die Studie war einzelverblin- gungen beurteilen zu können. Insgesamt 252 Patienten im Aba- det, d.h. die Auswerter waren bezüglich der Therapiezuordnung tacept-Arm (79,2%) und 245 Patienten im Adalimumab-Arm verblindet, eine Doppelverblindung war aber aufgrund logisti- (74,7%) beendeten das zweite Therapiejahr und wurden in die scher Barrieren der Adalimumab-Maskierung nicht machbar. Wirksamkeitsanalyse einbezogen. An den 24-wöchigen einzelverblindeten Abschnitt schließt sich Alle Wirksamkeitsparameter zeigten vergleichbare Ergebnis- ein 24-wöchiger offener Abschnitt an, in dem alle Patienten se. Auch die Ansprechkinetik war bei beiden Therapien gleich Abatacept/MTX erhalten. (siehe Abbildung 6). Am Tag 29 hatten 42,5% der Patienten im Die Patienten wurde als SE-positiv erachtet, wenn gemäß Abatacept- und 47,6% der Patienten im Adalimumab-Arm ein Next Generation Sequencing aus Blutproben einer der folgen- ACR20-Ansprechen erreicht, nach einem Jahr 64,8 vs. 63,4% und den HLA-DRB1-Allele vorlag: *01:01, *01:02, *04:01, *04:04, nach zwei Jahren 59,7 vs. 60,1% (siehe auch Tabelle 3). Die DAS28- *04:05, *04:08, *04:10, *10:01, *14:02 oder *14:06. Unterschiede CRP-Scores zeigten für Abatacept im Mittel eine Verbesserung im Therapieergebnis mit Abatacept bzw. Adalimumab wurden um -2,35, für Adalimumab um -2,33. Bei beiden Therapien hatten für die SE-positive und SE-negative Gruppe mittels ACR20/50/70 nach zwei Jahren annähernd gleich viele Patienten (65,3 vs. bzw. DAS28(CRP) in Woche 24 ermittelt. 68,0%) eine niedrige Krankheitsaktivität, d.h. einen DAS28-CRP- In der As-Treated-Analyse-Population war das ACR20/50/70- Score ≤3,2. Auch die Verbesserungen im HAQ-DI-Score (≥0,3 Ansprechen generell in der Abatacept-Gruppe (n=40) höher als Score-Punkte) waren vergleichbar: nach 29 Tagen 42,8 vs. 44,8% in der Adalimumab-Gruppe (n=40): ACR20 83 vs. 63%, ACR50 70 und nach einem Jahr 60,4 vs. 57%. In der Zwei-Jahres-Auswertung vs. 45% und ACR70 48 vs. 30%. Dasselbe gilt für DAS28(CRP)- betrug der Anteil der HAQ-DI-Responder 54,1 vs. 48,8%. Remissionen (48 vs. 30%). Für den Unterschied im ACR50 von 14 ArzneimittelPROFIL Abatacept Jänner 2020
25% überschritt die untere Grenze des Konfidenzintervalls nicht TNFα-Blockern Etanercept, Adalimumab und Infliximab (Re- die Nulllinie (95%CI 2–46). tentionsrate: 73% für Abatacept, 56–74% für TNFα-Blocker). Bei SE-positiven Patienten wurden numerisch höhere An- sprechraten mit Abatacept gegenüber Adalimumab bezüglich 5.5. Lebensqualität ACR20/50/70- bzw. DAS28(CRP)-Remissionen verzeichnet, Schmerzen, Müdigkeit, Behinderungen und Verlust der Selbst- wobei das Konfidenzintervall für die geschätzten Unterschiede ständigkeit beeinträchtigen die Lebensqualität bei Patienten die Nullgrenze nicht unterschritt (siehe Abbildung 7). mit chronischer Polyarthritis (Heiberg & Kvien 2002, Kosinski et Bei Patienten in EARLY AMPLE mit einer medianen Krank- al. 2002). Zur Erfassung der Lebensqualität wird in klinischen heitsdauer von 5,4 Monaten war das klinische Ansprechen ge- Prüfungen oft der SF-36-Fragebogen eingesetzt. Die Antworten nerell besser als in AMPLE mit einer medianen Krankheitsdau- sind naturgemäß subjektiv und unterliegen einer persönlichen er von 1,9 Jahren, wobei ein besonderer Benefit für Abatacept Werteallokation. Auch ist es in der täglichen Praxis kaum mög- versus Adalimumab für SE-positive Patienten mit früher RA lich, den unter Studienbedingungen extern finanzierten Auf- bestand. wand einer Auswertung von 36 Fragen zu betreiben. Da die Le- bensqualität eine große Bedeutung hat, wird es künftig mögli- Metaanalysen. Weitere direkte Vergleiche von Abatacept mit cherweise notwendig sein, sie mit geeigneten Instrumenten anderen TNFα-Hemmern (Certolizumab, Etanercept, Goli- auch unter Alltagsbedingungen zu dokumentieren. Wiewohl die mumab, Infliximab), dem IL-6- Blocker (Tocilizumab) und B- Lebensqualität zu den sogenannten „patient reported out Zell-depletierenden Therapien (Rituximab) gibt es derzeit nicht. comes“ (PRO) gehört, ist zu beachten, dass Fragebögen zu Ein indirekter Vergleich gängiger Biologika in einem Funktion, Schmerz und globaler Krankheitsbeurteilung (etwa Cochrane-Review ergab ähnliche Wirkstärken in den Metaana- HAQ, RAPID etc.) nur eingeschränkt für die Erfassung der Le- lysen der jeweiligen klinischen Prüfungen (Singh et al. 2009, bensqualität geeignet sind. siehe Tabelle 3). Dabei wurden die vorherige Behandlung, In placebokontrollierten Zulassungsstudien mit Abatacept Krankheitsdauer und funktionelle Einschränkung der Patien- zeigten die mittleren Ausgangswerte für die Patienten mit RA tengruppen aber nicht berücksichtigt. Lebensqualitätswerte, die mehr als zwei Standardabweichun- Nach einer Bayes'schen Metaanalyse, die Abatacept, Adali- gen unter der Norm für die amerikanische Bevölkerung lagen – mumab, Etanercept, Infliximab und Rituximab auf Basis von 13 mit der therapeutischen Intervention durch Abatacept wurde placebokontrollierten Studien mit mindestens 24-monatiger eine Normalisierung erreicht (Shergy 2009). Aus dem HAQ in Laufzeit verglich, scheint Abatacept nach sechs Monaten ähn- der Studie von Moreland et al. (2002) ging hervor, dass sich 16% lich wirksam zu sein wie die anderen Biologika (EPAR Scientific der Teilnehmer der Abatacept-Gruppe und acht Prozent der Discussion for Orencia 2010). Auch eine vor Kurzem publizierte Placebogruppe nicht mehr beeinträchtigt fühlten. Es verbesser- Metaanalyse von sieben Studien mit Biologika plus MTX bei ten sich unter Abatacept alle Parameter des SF-36 sowie ihre MTX-naiven Patienten mit früher RA (Laufzeit 52 bis 54 Wo- Summenwerte über das klinisch relevante Mindestmaß hinaus chen) schreibt Abatacept dieselbe Wirksamkeit bezüglich klini- (Kremer et al. 2003). scher Remissionen zu wie den drei TNFα-Hemmern Adali- In der AIM-Studie gaben 66,8% der Patienten in der Abata- mumab, Etanercept und Infliximab (Schiff et al. 2011, Kuriya et cept/MTX-Gruppe bis zum Ende des zweiten Jahres eine bedeut- al. 2010). sam verbesserte Funktion in den HAQ-Fragebögen an (Kremer et Eine Literatursuche zur Langzeitwirksamkeit aus „Open la- al. 2008). Jene Patienten, die erst nach der doppelblinden Kontroll- bel extension“-Studien von TNFα-Blockern und Abatacept wur- phase mit Abatacept begannen und daher nur ein Jahr behandelt de für den European Public Assessment Report (EPAR) durch- wurden, erreichten nach der einjährigen Verlängerungsphase geführt. Sowohl die absolute Response (ACR50 und DAS28) als ähnliche Verbesserungen in Lebensqualität, Gelenksfunktion, auch die Retentionsraten sind nach vier Jahren mit Abatacept Schlaf und Müdigkeit wie die über zwei Jahre behandelte Gruppe. vergleichbar oder höher bei Abatacept, relativ zu den drei Die Müdigkeit verbesserte sich um 30,9% (Dougados 2006). Ergebnisse der Phase-III-Studie EARLY AMPLE nach SE-Genotyp (Woche 24; As-treated-Population) Abb. 7 ■ Abatacept ■ Adalimumab ACR20 ACR50 ACR70 DAS28 (CRP) Remission 100 Unterschied 28,6% Unterschied 31,5% Unterschied 27,6% Unterschied 27,4% (95% CI 4,6–51,7) (95% CI 6,8–54,5) (95% CI 1,4–50,5) (95% CI 1,2–49,8) 80 n=26 Anteil Responder (in Prozent) n=7 n=7 n=23 60 n=18 n=17 n=5 n=5 n=15 40 n=14 n=4 n=4 n=3 n=9 20 n=2 n=7 n=9 n=9 n=30 n=31 n=9 n=9 n=30 n=31 n=9 n=9 n=30 n=31 n=9 n=9 n=30 n=31 SE– SE+ SE– SE+ SE– SE+ SE– SE+ ACR20/50/70=20/50/70% Verbesserung nach den American College of Rheumatology Kriterien; CI=confidence interval; CRP=C-reactive protein; DAS28=Disease Activity Score in 28 joints; SE=shared epitope Quelle: Rigby et al. 2019 ArzneimittelPROFIL Abatacept Jänner 2020 15
Besonders deutlich war die Verbesserung der Lebensqualität Krankheitscharakteristika auf den Anteil der Patienten, die im in der ATTAIN-Studie, also bei Patienten, die mit TNFα- Verlauf über vier Jahre die Abatacept-Therapie beibehielten Inhibitoren nicht ausreichend behandelbar waren (Westhovens (Retentionsrate). Im Rahmen dieser paneuropäischen Studie et al. 2006). Hier ergaben sich in allen Subskalen des SF-36 deut- wurden auch die Rolle von Rheumafaktor (RF) und/oder ACPA liche Anstiege in die Normalwerte hinein und insbesondere die auf die Wirksamkeit von Abatacept untersucht. Für 2.942 Pati- Einschränkungen der körperlichen Aktivität waren nach Abata- enten lagen Daten über RA-assoziierte Autoantikörper vor. Es cept auch nach der Nachbeobachtungphase signifikant verbes- zeigte sich auch hier, dass RF- oder ACPA-positive Patienten sert (Genovese et al. 2008). Die klinisch relevanten Verbesserun- ein signifikant geringeres Risiko aufwiesen, die Abatacept- gen bei der Lebensqualität sowie bei Schmerzen, Schlafstörun- Therapie abzubrechen, als RF- oder ACPA-negative Patienten gen und Müdigkeit wurden noch nach zwei Jahren berichtet (Gottenberg et al. 2016). Auch im französischen „Orencia and (Genovese et al. 2005). Auch von der AGREE-Studie wurden signi- Rheumatoid Arthritis“(ORA)-Register wurde die „Real life“- fikante Verbesserungen der Lebensqualität berichtet, gemessen Wirksamkeit, besonders bei ACPA-positiven, Patienten gezeigt nach den physischen bzw. mentalen Subskalen des SF36 (11,68 (Gottenberg et al. 2012). vs. 9,18 bzw. 8,15 vs. 6,34 in der Ein-Jahres-Auswertung, Westho- vens et al. 2009c). In ATTEST ergaben sich nach einem Jahr in der ACTION (AbataCepT In rOutiNe clinical practice; NCT02109666). Abatacept-Gruppe häufiger Verbesserungen der Lebensqualität Die ACTION-Studie ist eine internationale, prospektive „Real- und der Funktion, als dies bei der eingesetzten niederen Infli- life“-Studie über einen Zeitraum von zwei Jahren bei Patienten, ximab-Dosierung der Fall war (Schiff et al. 2008). Ähnliche Erfol- die eine Abatacept-Therapie i.v. erhielten. Bislang wurden 2.364 ge sind mit TNFα- und IL6-Blockade zu erreichen. Teilnehmer mit mittel- bis schwergradiger RA aufgenommen Die Zwei-Jahres-Daten der AMPLE-Studie zeigten eine star- (Einschluss 5/2008 bis 12/2013). Der primäre Endpunkt war die ke Korrelation zwischen einem klinischen Ansprechen auf die Abatacept-Retentionsrate über 24 Monate. Therapien und verbesserten PROs in allen Bereichen, wie In einer Auswertung der ersten 1.137 eingeschlossenen Pa- Schmerz, Müdigkeit, tägliche Aktivitäten und Arbeitsfähigkeit. tienten betrug die Retentionsrate 54,4% nach zwei Jahren (Nüß- Beide Biologika, Abatacept und Adalimumab, führten zu ver- lein et al. 2016). In einer Sechs-Monats-Analyse der ACTION- gleichbarem klinischem und patientenberichtetem Benefit Studie wurden die klinischen Parameter EULAR-Response, (Fleischmann et al. 2013 und 2014). CDAI (Clinical Disease Activity Index) und Boolean-Remission mit dem Baseline-RF- und Anti-CCP-Status bei Biologika-na- 5.6. Patientenregister iven Patienten verglichen. Für 412 von insgesamt 672 Biologika- RABBIT. Das deutsche Biologika-Register RABBIT untersucht naiven Patienten wurde ein positiver RF-Status und für 364 ein die Langzeitsicherheit und -wirksamkeit von neuen Therapien positiver Anti-CCP-Status berichtet, insgesamt waren 308 Pati- und damit auch von Abatacept im rheumatologischen Alltag enten doppelpositiv. Im Vergleich mit RF- und/oder anti-CCP- über einen Zeitraum von fünf Jahren. Aktuell sind insgesamt negativen Patienten zeigte sich eine signifikante Verbesserung 11.316 Patienten eingeschlossen, davon 339 unter Abatacept aller klinischen Ergebnisse: ein guter oder moderater EULAR- (Stand 1. Februar 2013, www.biologika-register.de/index. Response mit 84,6 vs. 72,9% (RF) und 85,2 vs. 74,2% (anti-CCP), php?page= ergebnisse&lang=de). Der Anteil der im Öster- CDAI von 10,8 vs 15,3 (RF) und 10,9 vs. 14,3 (anti-CCP) sowie reichischen Biologika-Register BioReg eingetragenen Abata- eine Boolean-Remission von 13,3 vs. 4,0% (RF) und 12,5 vs. 6,3% cept-Patienten beträgt 6,8% (Stand 2017: 76 PatientInnen von (anti-CCP). Auch diese Studie zeigte, dass ein positiver RF- und/ 1.114; www.bioreg.at). Erste Daten von RABBIT zur Krank- oder Anti-CCP-Status das Ansprechen und die Wirksamkeit von heitsaktivität unter Abatacept wurden bereits publiziert (Hierse Abatacept erhöhen (Alten et al. 2017). et al. 2009): Bis Mai 2009 waren 183 Patienten eingeschlossen, Peichl et al. (2019) analysierten die Ergebnisse von 98 aus- darunter 80% Frauen. Das mittlere Alter betrug 54,5 Jahre, die wertbaren Patienten der 100 Teilnehmer umfassenden öster- mittlere Krankheitsdauer neun Jahre und 73% der Patienten reichischen Kohorte. Rund ein Drittel (33/98, 33,7%) war Biolo- waren Rheumafaktor-positiv. Vorangegangene Therapien wa- gika-naiv, und bei zwei Dritteln hatte mindestens ein Biologi- ren Adalimumab (75%), Etanercept (70%), Infliximab (37%) kum versagt (65/98, 66,3%), darunter 55,4% mit Versagen von und Rituximab (10%). Die Patienten hatten vor Abatacept zwei oder mehr TNFα-Inhibitoren. durchschnittlich fünf Biologikatherapien erhalten. Von 135 Pa- Die Gesamtretentionsrate nach zwei Jahren war mit 60,5% tienten mit einem sechsmonatigen Follow-up erzielten 55% hoch, bei den Biologika-naiven Patienten lag die Therapietreue eine gute oder eine moderate EULAR-Response. Der mittlere rate höher als nach Biologikatherapieversagen (65,1 bzw. DAS28 veränderte sich von 5,6 bei Baseline auf 4,4 nach sechs 58,0%). Insgesamt 35/98 Patienten (35,7%) beendeten Abata- Monaten. Abatacept zeigte also bei dieser schwierigen „Real- cept nach zwei Jahren (aufgrund inadäquater Wirksamkeit bei life“-Population nach sechs Monaten ein signifikantes 27,3% der therapienaiven und 60,0% der vorbehandelten). Therapieansprechen. Ein gutes oder moderates Ansprechen nach EULAR-Krite Um die statistische Aussagekraft von Analysen zu Sicher- rien (DAS28 CRP) erreichten 7/12 (58,3%) der Biologika-naiven heit und Wirksamkeit von Abatacept zu erhöhen, werden im- und 12/13 (92,3%) der vorbehandelten Patienten. Boolean-Re- mer häufiger die Daten von verschiedenen nationalen Regi- missionen lagen bei 5/12 (41,7%) bzw. 9/13 (69,2%) der Teilneh- stern gepoolt. Wiewohl Registerdaten nicht ideal zur Wirksam- mer vor. keitsbeurteilung geeignet sind, wurden in einer paneuropä- ischen Registeranalyse die Daten von neun RA-Registern in 5.7. RA und ILD Europa (ARTIS, Schweden; ATTRA, Tschechien; BIOBADA- Die interstitielle Lungenerkrankung (ILD) ist eine häufige und SER, Spanien; DANBIO, Dänemark; GISEA, Italien; NORD- schwerwiegende Komplikation bei Autoimmunerkrankungen MARD, Norwegen; ORA, Frankreich; Reuma.pt, Portugal; SC- einschließlich der RA. Pathogenese, klinische Präsentation und QM-RA, Schweiz) gemeinsam untersucht. Insgesamt 3.961 Histopathologie der RA-assoziierten ILD ähneln der idiopathi- Patienten unter Abatacept-Behandlung waren eingeschlossen schen interstitiellen Pneumonitis. Nach kardiovaskulären Ereig- (Finckh et al. 2015). Die Studie untersuchte den Einfluss von nissen ist ILD die zweithäufigste Mortalitätsursache bei RA- demografischen und sozioökonomischen Faktoren sowie Patienten (Fernández-Díaz et al. 2018, Olson et al. 2011). 16 ArzneimittelPROFIL Abatacept Jänner 2020
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