Allgemeiner Marktkommentar und Anlagestrategie Nr. 2

 
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Allgemeiner  Marktkommentar
und Anlagestrategie Nr. 2
Beitrag von Ottmar Beck, Vermögensverwalter/ Schweiz

Wilen, den 5. Februar 2021

Sehr geehrte Damen und Herren,

etwas, das man nicht ändern kann, ist, dass ein teurerer
Vermögenswert eine niedrigere Rendite als ein günstigerer
Vermögenswert bringt. Der Preis, den wir dafür zahlen, dass
die Märkte immer höher steigen, ist eine niedrigere Rendite
für die nächsten zehn Jahre. Die meiste Zeit sind die
wichtigsten Anlageklassen im Verhältnis zueinander vernünftig
bewertet. Die richtige Reaktion ist, die billig bewerteten zu
kaufen und zu hoffen, dass die Bewertungen korrekt sind. Dann
können wir eine kleine überdurchschnittliche Wertsteigerung
erwarten. Das Problem liegt in den Zeiten, in denen sich die
Preise weit vom fairen Wert entfernen. In Bärenmärkten ist das
nicht so schlimm, denn sie neigen dazu, kurz und brutal zu
sein. Das Problem sind die großen Bullenmärkte, die über Jahre
bestehen und viele Jahre zu hohe Notierungen ausweisen. Ist
der Preisanstieg sehr schnell – typischerweise gegen Ende
eines Bullenmarkts –, folgen auf die Ungeduld Angst und Neid.
Denn es gibt nichts Schlimmeres, als zu sehen, wie die
Nachbarn reich werden.

Ich ziehe mich langsam, bis auf meine eigenen Anlagen, aus dem
Portfoliomanagement zurück, aber ich bin überzeugt: Wir
befinden uns in einer großen Blase. Sie wird sehr
wahrscheinlich schlecht enden, obwohl nichts sicher ist. Meine
Definition einer erfolgreichen Warnung ist, dass es eine Zeit
geben wird, in der Anleger froh sind, die Warnung beachtet zu
haben und aus dem Markt ausgestiegen sind. Das heißt, sie
haben Geld gespart. Deswegen befinden sich in dem beigelegten
Portfolio nach wie vor keine Aktien. Ich werde darüber
nachdenken, wenn die Kurse 40 bis 50 Prozent niedriger sind.
Diese Definition einer erfolgreichen Warnung muss auch ohne
präzise Zeitangaben aus- kommen, da es gut wie unmöglich ist,
die genaue Woche, den exakten Monat oder das richtige Quartal
des Höchststands zu nennen. Ich bin üblicherweise mit meinen
Warnungen immer viel zu früh dran. Wie können Sie also den
Unterschied zwischen extremem und normalem Marktverhalten
erkennen? Beschäftigen Sie sich mit den großen Marktausbrüchen
von 2008, 2000 oder 1989 in Japan.

Das verlässlichste Merkmal der späten Stadien der großen
Blasen der Geschichte war das wirklich verrückte Verhalten der
Kleinanleger. In den ersten zehn Jahren dieser Hausse, die die
längste in der Geschichte ist, fehlten          solch   wilde
Spekulationen. Aber jetzt gibt es sie:

     Am Montag, den 4. Januar 2021, lag der Kurs der
     GameStop-Aktie (GME) bei 17,25 US-Dollar pro Aktie. Am
     28. Januar notierte sie bei 396,51 US-Dollar und am 3.
     Februar bei 92,41. GameStop verkauft Videospiele. Früher
     strömte eine Generation junger Leute in den Laden, um
     neue und gebrauchte Videospiele zu kaufen. Es war ein
     hervorragendes Geschäft. Seit diesen Tagen ist die Welt
     online gegangen. Das Hochgeschwindigkeits-Internet hat
     das Erlebnis verändert. Vor einem Monat war GameStop ein
     Unternehmen mit einem Wert von etwa 1 Milliarde US-
     Dollar, das auf null zusteuerte. Daher haben einige
     Hedgefonds-Manager die Aktie leerverkauft (sich also die
     Aktie geliehen, um sie anschließend zu verkaufen und
     billiger zurückzukaufen). Beim Höchststand war das
     Unternehmen dann plötzlich mehr als 22 Milliarden US-
     Dollar Wert.

Es gibt drei wesentliche Kaufkräfte, die den Aktienkurs in die
Höhe trieben:

     Privatanleger kaufen aus dem Geld liegende Call-Optionen
auf GME
     Market Maker sind gezwungen, die Aktie zu kaufen
     Ein gigantischer Short Squeeze

     Das Volumen der kleinen Einzelhandelskäufe von weniger
     als 10 Kontrakten von Call-Optionen auf US-Aktien hat
     sich im Vergleich zu 2019 verachtfacht – und 2019 lag
     bereits deutlich über dem langjährigen Durchschnitt.
     Vielleicht am beunruhigendsten von allen: Der
     Nobelpreisträger Robert Shiller – der die Blasen von
     2000 und 2007 korrekt und mutig vorhergesagt hat und der
     einer der wenigen Ökonomen ist, die ich respektiere –
     geht diesmal auf Nummer sicher, indem er kürzlich darauf
     hinwies, dass sein legendärer CAPE-Indikator für die
     Bewertung von Vermögenswerten (der darauf hindeutet,
     dass Aktien fast so überbewertet sind wie auf dem
     Höhepunkt der Blase im Jahr 2000) im Vergleich zu
     Anleihen eine weniger beeindruckende Überbewertung
     zeigt. Anleihen sind jedoch im historischen Vergleich
     noch viel teuerer als Aktien. Sichert er sich ab?

Die Anleger verlassen sich mehr als in jeder früheren Blase
auf eine akkommodierende Geldpolitik, die auf unbestimmte Zeit
für extrapolierte Realzinsen von null sorgt. Dies hat in der
Theorie ähnliche Auswirkungen, wie anzunehmen, dass
wirtschaftliche Höchstleistungen ewig währen: Damit können
viel niedrigere Renditen für alle Vermögenswerte und damit
entsprechend höhere Vermögenspreise gerechtfertigt werden.
Aber weder perfekte wirtschaftliche Bedingungen noch perfekte
finanzielle Bedingungen können ewig dauern – und genau da
liegt der Haken. Alle Blasen endeten mit der nahezu allgemein
akzeptierten Annahme, dass sich nichts ändern wird, weil …

Ich weiß, dass die Märkte noch ein paar Wochen oder sogar
Monate steigen können. Es fühlt sich an, als wären wir
irgendwann zwischen Januar 1999 und Februar 2000. Was
bedeutet, dass die Märkte jeden Tag zusammenbrechen können,
aber sie könnten auch noch ein paar Monate länger steigen. Als
ein an der Geschichte der Märkte Interessierter ist es für
mich ein Erlebnis, noch einmal eine große Aktienblase zu
erleben. Japan im Jahr 1989, die Tech-Blase im Jahr 2000, die
Immobilien- und Hypothekenkrise 2008 und nun die aktuelle
Blase – das sind die vier bedeutendsten und spannendsten
Investmentereignisse meines Lebens.

In dieser Ausgabe werde ich versuchen, für die einzelnen
Anlagen einen Plan für 2021 aufzustellen. Nicht weil ich
glaube, dass ich weiß, wohin der Markt treiben wird, aber um
eine Richtschnur für 2021 zu haben. Getreu dem Prinzip von
Dwight D. Eisenhower: »Pläne sind unwichtig, aber Planen ist
alles.«

Festverzinsliche Wertpapiere
Die Zinsen werden auch 2021 weltweit niedrig bleiben. Sie
könnten jedoch im Frühjahr aufgrund des hohen weltweiten
Schuldenaufnahme von Staaten, der warnenden Argumentation der
Zentralbanken (Paper Tantrum) und unter dem Eindruck einer
leicht steigenden Inflationsrate unter Druck geraten und
leicht steigen. Da die Zentralbanken inzwischen aber sehr
politisch geworden sind, dürften sie sich einem stärkeren
Anstieg der Zinsen entgegenstellen und weiter die Finanzierung
der Defizite garantieren. Die Modern Monetary Theory
funktioniert zumindest kurzfristig, deswegen heißt sie
»modern« und nicht »erprobt«.

Das was in diesem Umfeld weiter fallen dürfte, ist die reale
Verzinsung. Denn die Inflationsrate wird 2021 stärker steigen
als der Zinssatz.

Inzwischen berücksichtigen die Banken bei der Vergabe von
Unternehmenskrediten immer stärker die Zahlen. Laut EZB haben
die Banken in der Eurozone ihre Standards für die
Kreditvergabe weiter verschärft. In diesem Umfeld sollten Sie
daher besonders auf Unternehmensanleihen achten und
vorbereitet sein, Anleihen von Unternehmen aus dem High-Yield-
Bereich (Hochzinsanleihen) zu verkaufen. Wenn die staatliche
Unterstützung zurückgefahren wird, dürfte die Zahl der
Unternehmen, die umschulden müssen und/oder zahlungsunfähig
werden, rasant steigen.

Es ist schon einige Zeit her, als das Trump-Casino Taj Mahal
in Atlantic City eine Hochzinsanleihe mit einem Zinssatz von
14 Prozent ausgab und bereits mit der ersten Zinszahlung in
Verzug geriet. Anschließend wurde der Gläubigerschutz nach
Chapter 11 beantragt, die Form des geordneten amerikanischen
Insolvenzverfahrens. Vielleicht war das auch der ursprüngliche
Plan des ehemaligen Präsidenten Trump hinsichtlich der US-
Schulden. Aber es gab keine zweite Regierungszeit, um den Plan
umzusetzen. Vor der Wahl hat er allerdings öffentlich über
einen Schuldenschnitt gesprochen.

China
China hat seine eigene Informationspolitik, daher sind die
Informationen aus dem Reich der Mitte mit Vorsicht zu
genießen. Die Welt hat gedacht, dass China COVID-19 unter
Kontrolle gebracht hat, aber es gibt wohl immer wieder neue
Ausbrüche. Im Moment scheint jedoch die Wirtschaft in China
auf einem soliden Erholungspfad zu sein. Das zeigt sich auch
an der Börse. Der Aktienindex hat den höchsten Stand seit 13
Jahren erreicht. Auch wenn die Aktienbewertungen nicht in
solch luftiger Höhe wie 2015 liegen, gibt es jedoch nach einem
30-prozentigen Anstieg in sechs Monaten Grund genug vorsichtig
zu sein.

Die volkswirtschaftlichen Zahlen haben für 2020 hervorragend
ausgesehen. China war eines der wenigen Länder, dessen
Bruttoinlandsprodukt trotz COVID-19 wuchs. Dabei ging das
Wirtschaftswachstum im Wesentlichen auf die Produktion für den
Export und nicht auf die Inlandsnachfrage zurück – was die
chinesische Wirtschaft verwundbar macht. Insofern war 2020 ein
Rückschlag, denn China versucht seit Jahren, seine Wirtschaft
vom Export unabhängiger zu machen und den Konsum im Inland zu
stärken.

Aktien
                          »Bull markets are born on pessimism,

grown on skepticism, mature on optimism, and die on euphoria.«

            Sir John Templeton, Investor, Mutual Fund Manager,
                                                Philanthropist

Die Prognosen zur Zukunft der Märkte, die ich zurzeit höre,
erinnern mich an einen alten Rabbi-Witz: Zwei Nachbarn, die
sich wegen einer finanziellen Auseinandersetzung streiten,
konsultieren den örtlichen Rabbiner. Die erste Streitpartei
legt ihren Fall dar, worauf der Rabbi antwortet: »Sie haben
Recht.« Die zweite Streitpartei legt ihren Fall dar, worauf
der Rabbi ebenfalls antwortet: »Sie haben auch Recht.«
Verwirrt fragt der Diener des Rabbis: »Aber Rabbi, sie können
nicht beide gleichzeitig Recht haben!« Worauf der Rabbi
antwortet: »Sie haben auch Recht!«

Dieselbe Antwort erhalten Sie, wenn Sie den »Work from Home«-
Index mit dem des Reopening-Sektors vergleichen: Alles steigt.
Eigentlich sollte der eine steigen und der andere fallen.

Mit der erfolgreichen und breiten Impfung gegen COVID-19 kann
im Sommer das Gefühl entstehen, dass das dringendste Problem
der Weltwirtschaft gelöst sei. Die Marktteilnehmer werden
aufatmen und anfangen, die verlorene Zeit nachzuholen. Wir
werden eine rasche Belebung der Wirtschaft beobachten können:
Restaurants, Hotels, Fluggesellschaften und andere schwer
betroffene Industrien fangen an, wieder auf die Füße zu
kommen. Die aufgestaute Nachfrage wird die Leute dazu bringen,
einen Teil ihrer zusätzlichen Ersparnisse auszugeben, die sie
laut Statistik im letzten Jahr angehäuft haben. Und was dann?
Ein solches Szenario deutet normalerweise auf eine Inflation
hin, was dazu führen wird, dass die Zentralbanken vor einer
Zinserhöhung warnen werden, ohne dass sie kommt. In der Folge
könnten dann im späten Frühjahr oder beginnenden Sommer die
Aktienkurse vorübergehend sinken, aus Furcht vor steigenden
Zinsen. Dennoch gehe ich davon aus, dass die Inflation auch in
diesem Sommer immer noch sehr niedrig sein wird, zumindest auf
12 Monate gesehen. Darüber hinaus gehe ich davon aus, dass die
Infektionszahlen weltweit nur bescheiden zurückgehen werden.
Und damit werden Zentralbanken weiterhin aufs Gaspedal treten,
was dazu führen wird, dass Investoren wieder risikoreicher
anlegen und die Aktienkurse erneut steigen werden. Auch der
feindselige Ton gegenüber warnenden Marktkommentatoren wird
sich rapide verschärfen. Ironischerweise sind es gerade die
warnenden Stimmen, die wir hören wollen. Ein klassischer
Vorbote des ultimativen Bruchs; zusammen mit Aktien, die
steigen, nicht wegen ihrer Fundamentaldaten, sondern einfach,
weil sie steigen (siehe Einleitung). Ich denke, dass die
Pandemie-Erfahrung viele Menschen auf die gleiche Weise
erschüttert hat, wie die Große Depression unsere Großeltern
geprägt hat, indem sie ihrer Generation eine dauerhafte
Sparsamkeitshaltung aufzwang. Dann werden die Anleger sich
besinnen und erkennen, dass die Wirtschaft in einem schlechten
Zustand ist, die Stimulierung mit dem Ende der COVID-Krise
(Ende 2021/22) zurückgefahren wird und die Bewertungen absurd
sind.

Sehen Sie sich zuerst das Diagramm an. Es zeigt den Verlauf
der Gewinnschätzungen beginnend zwei Jahre vor einem
Jahresende. Sie sehen, dass sie meist optimistisch begannen
und allmählich nach unten gingen (obwohl 2012 und 2018 lagen
sie nicht weit daneben, sogar die Wall Street hat manchmal
recht). Aber schauen Sie sich die orangefarbene Linie mit der
Aufschrift »2020F« an. Sie war sanft fallend wie in den
anderen Jahren, dann stürzte sie ab als COVID-19 einschlug und
die Analysten ihre Schätzungen senkten. Doch die Aktienkurse
gingen in die entgegengesetzte Richtung, aus den oben
erwähnten monetären Gründen. Schauen Sie jetzt auf 2021F. Die
prognostizierten Gewinne für 2021 sind fast wieder da, wo sie
2020 waren, nämlich vor der Pandemie. Das bedeutet, dass die
Analysten     davon    ausgehen,     dass    sich   die    US-
Aktiengesellschaften in weniger als 12 Monaten von dieser
Seuche vollständig erholt haben werden. Ist das möglich? Ja,
aber ich halte es für sehr unwahrscheinlich.

Und das macht mir Angst. Citi Research hat einen
»Euphorie/Panik«-Index entwickelt, der eine Reihe von
Marktstimmungsindikatoren kombiniert. Seit 1987 hat der Markt
typischerweise seinen Höhepunkt erreicht, wenn sich dieser
Index der Euphorielinie näherte. Die beiden Ausnahmen waren
der Technologieboom um die Jahrhundertwende, als er etwa drei
Jahre in der Euphorie-Zone verbrachte, und heute. Man kann
dies auf unterschiedliche Weise betrachten. Was die Dauer
angeht, deutet der Präzedenzfall darauf hin, dass die
Schwindelanfälle noch ein oder zwei Jahre andauern können.
Aber vom Ausmaß her liegt die aktuelle Euphorie weit über dem,
was wir vor 20 Jahren beobachten konnten – und sie hat sich
viel schneller entwickelt.

Der Fahrplan für diese Jahr heißt: Steigende Kurse bis in das
späte Frühjahr oder den Anfang des Sommers, dann ein
deutlicher Rückschlag und im Herbst eine Erholung bis in das
Jahr 2022, das dann den Höhepunkt der Aktienhausse markieren
wird. Aber denken Sie daran, dass das Timing des Platzens von
Blasen eine lange Geschichte der Enttäuschungen hat. Die lang
anhaltenden Bullenmärkte drehen dann ab, wenn die
Marktbedingungen sehr günstig sind, allerdings ein etwas
günstiger als gestern. Und das ist der Grund, warum sie meist
verpasst werden.

Für diese Themen habe ich leider noch keine Lösung: Crypto
(nein)? Solar (vielleicht)? Biotech (könnte sein)? Genetics
(große Chance)? Oder Edelmetalle (mein Favorit)?

Rohstoffe
Global sind die Anleger überzeugt, dass die Nachfrage für Öl
ihren Höhepunkt erreicht hat und sukzessive weiter zurückgehen
wird. 1980 war Energie im S&P 500 mit ca. 30 Prozent
gewichtet. Sechs der zehn größten Unternehmen waren
Erdölgesellschaften. Heute machen Energieunternehmen im S&P
500 gerade einmal 2,4 Prozent aus. Darüber hinaus ist Exxon,
das älteste Mitglied des Dow Jones Industrial Index, am 25.
August 2020 aus dem Index entfernt worden. Das erinnert mich
an 1979, als der Leitartikel im Magazin BusinessWeek den Titel
»Death of Equities« trug. Rückwirkend wissen wir: Es war genau
der Zeitpunkt, zu dem man Aktien kaufen sollte. Ich glaube,
dass der Bedarf, vor allem von Schwellenländern, weiter
steigen wird. Ein Beispiel ist China. Trotz des COVID-19-
Lockdowns ist der chinesische Bedarf in den ersten acht
Monaten 2020 um 1 Million Fässer/Tag gestiegen.

Im Moment fällt die Produktion der US-Frackingindustie täglich
weiter. Sie führt auch kaum mehr neue Bohrungen durch. Die
Anzahl der im Betrieb befindlichen Oil Rigs fiel um 75 Prozent
von 683 auf 172 – den tiefsten Stand seit 20 Jahren. Dazu muss
man wissen, dass in dem Bohrfeld Bakken 100 neue Bohrungen pro
Monat benötigt werden, um die Produktion aufrechtzuerhalten.
Experten gehen davon aus, dass die US-Produktion von Januar
bis Dezember dieses Jahres um 1,5 Millionen Fässer/Tag fallen
wird. Die einzigen, die das Minus ausgleichen können, sind die
in der OPEC organisierten Förderländer. Aber diese sind mehr
an einem höheren Preis als einer höheren Produktion inte-
ressiert. Ölwerte werden also wieder interessant.

Der historische Zusammenhang von Gold und Öl ist in diesem
Zusammenhang hoch interessant. Das Verhältnis von Gold zu Öl
liegt zu 80 Prozent der Zeit zwischen 10:1 und 30:1.

Nur zweimal in der Geschichte – 1973 und 2016 – lag das
Verhältnis über 35x. Inzwischen liegt das Verhältnis wieder
bei über 33x, nachdem es 2020 auch schon bei 400x lag.
Letztendlich sind wir immer auf ein Verhältnis von 10x bis 30x
zurückgefallen. Ich bin zwar kein Freund von solchen Grafiken
(siehe unten), aber sie passt ideal zum Gold-Öl-Verhältnis.
Charttechnisch (cup and handle) gesehen kann der Goldpreis bis
in die Region von 1.600 fallen und hätte dann die
Ausgangssituation für einen weiteren Anstieg auf 2.500 US-
Dollar. Wenn zur gleichen Zeit der Ölpreis auf 80 US-Dollar
(Gold 1.600 US-Dollar) steigt, würde die durchschnittliche
Quote (20:1) im Verhältnis der beiden zueinander wieder
hergestellt werden.

Das passt auch für den Goldpreis in das globale Bild. Die
Angst vor einer Zinserhöhung, der Rückgang der Aktienkurse im
Sommer und die anschließende Erholung wird für die Entwicklung
des Goldpreises nicht von Vorteil sein. Wenn sich im Laufe des
Jahres 2022 alles wieder in Rauch auflöst, könnte der
Goldpreis jedoch weiter steigen.

Auch angesichts des enormen Anstiegs von Silber in den letzten
sechs Monaten könnten Gold und Edelmetalle nun eine mögliche
Korrekturphase in einem größeren Bullenmarkt durchlaufen. In
den Goldbullenmärkten der letzten 50 Jahre hat Silber eine
starke Tendenz gezeigt, dem steigenden Goldpreis
hinterherzuhinken, oft für viele Jahre, bevor es dann
plötzlich aufholte. Nach dem Anstieg des Silberpreises
korrigieren beide Metalle oft über Jahre hinweg ihren Preis.
Warum dies geschieht, bleibt mir ein Rätsel! Aber diese
Situation haben wir heute. Wichtig für die Zukunft ist auch
der Goldpreis in Shanghai. In den letzten fünf Jahren wurde
Gold, das an der Börse in Shanghai gehandelt wird, stets mit
einem erheblichen Aufschlag (5 bis 15 US-Dollar) auf den
Weltgoldpreis gehandelt. Die meisten Goldanalysten haben diese
Aufschläge auf die extrem starke Nachfrage in China
zurückgeführt. In den letzten sechs Monaten haben sich diese
Aufschläge jedoch verflüchtigt. Die Preise auf dem Shanghaier
Spotmarkt wurden mit Abschlägen von bis zu 50 US-Dollar pro
Unze gehandelt.

Unabhängig von Investitionen macht mir ein anderer Trend
langfristig allerdings viel mehr Sorgen: Hungrige Menschen
sind wütende Menschen. Und für den weitaus größten Teil der
Menschheit ist nicht die Geldanlage, sondern das tägliche Brot
die größte Sorge.

Anfang des Monats gaben die Vereinten Nationen bekannt, dass
Nahrungsmittelpreise ihren höchsten Stand seit 2014 erreicht
haben. Der Index umfasst Getreide, Ölsaaten, Milchprodukte,
Fleisch und Zucker. Auf Jahresbasis lag der Index für Getreide
um 20 Prozent höher. Mit dem Ärger eines großen Teils der
Bevölkerung über die wachsende soziale Ungleichheit können
steigende Lebensmittelpreise auch in den reichsten Ländern zu
sozialen Unruhen führen. Wir müssen nur in das reichste Land
der Erde, Amerika, schauen, wo in der Krise mehrere 10
Millionen Amerikaner, gemäß der vom Census Bureau
durchgeführten Household Pulse Survey, nicht genug zu essen
hatten.
Devisen
Wie bereits im Januar avisiert, hat sich im Laufe des Monats
der US-Dollar gegenüber dem Euro leicht verbessert. Nach wie
vor bestehen jedoch große Short-Positionen im US-Dollar.
Werden diese eingedeckt, bedingt durch die Furcht vor
steigenden Zinsen (aufgrund der Fed-Kommentare), könnte die
Phase einer weiteren Erholung des US-Dollar weitergehen.
Mittelfristig wird sich an einem fallenden Dollar gegenüber
dem Euro jedoch nichts ändern.

Portfoliostrategie
Irgendwann in der Zukunft, wann auch immer das sein mag, wird
es sich für Sie ausgezahlt haben, im Hochsommer 2021 oder
Frühjahr 2022 die Märkte verlassen zu haben. Aber nur wenige
professionelle oder individuelle Investoren werden dies tun.
Die zeitliche Ungewissheit bedeutet, dass das Karriererisiko
und das geschäftliche Risiko für große kommerzielle
Unternehmen zu groß sind. Sie können niemals ihr ganzes
Gewicht hinter Bärenmarkt-Ratschläge legen, selbst wenn das
Kurs-Gewinn-Verhältnis auf das 65-Fache steigt, wie es in
Japan 1989 der Fall war. Warten Sie also nicht darauf, dass
die Banken Ihnen zum Ausstieg raten werden: Das wird nie
passieren. Für sie ist es eine furchtbar unkommerzielle Wette.
Vielleicht ist sie profitabel und risikomindernd für die
Kunden, ja, aber kommerziell unpraktisch für die Berater. Ihre
beste Strategie ist klar und einfach: immer extrem auf Hausse
setzen. Das ist gut fürs Geschäft, intellektuell anspruchslos
und ansprechend für die meisten Investoren.

Wie angekündigt habe ich den ISHARES CHINA CNY BOND UCITS ETF
– USD DIS (IE00BYPC1H27) für die beiden Portfolios gekauft.
Der Fonds investiert in chinesische Staatsanleihen.

Von Alibaba, das nur für als kurzfristige Anlage vorgesehen
war, werde ich mich nach einem Anstieg von über 15 Prozent im
Februar wieder trennen. Ant ist zu einer Vereinbarung mit den
Aufsichtsbehörden gekommen. Das hat Alibaba noch einmal einen
Schub gegeben. Nun folgt die Umsetzung und das heißt, dass Ant
eine höhere Kapitalmarktunterlegung nachweisen muss. Es wird
dauern, bis Ant einen erneuten Börsengang wagt.

Obwohl ich für Gold und Goldminen im 2. und 3. Quartal 2020
nicht sehr zuversichtlich bin, werde ich noch einmal zukaufen.
Pretium wird am 25. Februar das Ergebnis für das 4. Quartal
veröffentlichen. Das sollte überraschen, da sowohl die
Goldproduktion als auch der Goldgehalt pro Tonne höher war als
im 3. Quartal. Damals hat Pretium ein Ergebnis von 27 Cent pro
Aktie gemeldet. Das lag 35 Prozent über der durchschnittlichen
Analystenschätzung. In der Theorie sollten nun eine höhere
Produktion und ein höherer Goldgehalt zu einem noch besseren
Ergebnis führen. Allerdings wird der durchschnittliche
Verkaufspreis im 4. Quartal etwas unter dem des 3. Quartals
liegen. Trotzdem könnte die Gesellschaft einen Quartalsgewinn
von circa 26 Cent erwirtschaften. Damit würde das Ergebnis 50
Prozent über dem letzten Quartal 2019 liegen. Darüber hinaus
hat Pretium im 3. Quartal 86.136 Unzen Gold und 130.975 Unzen
Silber geschürft, aber nur 81.068 Unzen Gold und 104.242
Silber verkauft. Daher könnte es sein, dass die Verkäufe im 4.
Quartal höher liegen als die Produktion. Zum Jahresende sollte
Pretium eine Cash- Position von 175 Millionen US-Dollar
ausweisen. Die Gesellschaft hat auch bereits veröffentlicht,
dass sie im 4. Quartal eine Schuldentilgung in Höhe von 160
Millionen US-Dollar vorgenommen hat. Alles zusammen ergibt,
dass wir uns hoffentlich auf eine positive Gewinnüberraschung
freuen können. Da die Aktie in den letzten Monaten stark
verloren hat, unter Nettoinventarwert gehandelt wird und 2020
wahrscheinlich einen Gewinn von 1 US- Dollar pro Aktie erzielt
hat, ist die Aktie, die bei 11 US-Dollar notiert (ein Kurs-
Gewinn-Verhältnis knapp über 10), definitiv ein Kauf. Die
Minen der Gesellschaft befinden sich auch an einem
geopolitisch sicheren Standort (Kanada). Hinzu kommt das
Short-Positionen in der Größenordnung von 7,5 Millionen Aktien
bestehen. An einem normalen Tag liegt der Umsatz bei 1 Million
Aktien. Daher brauchen die Inhaber dieser Positionen 7 Tage,
um sie einzudecken. In der momentanen                                          Situation          eine
gefährliche Position für Leerverkäufer.

Bei Alamos, ebenfalls eine preiswerte Goldminenaktie, sieht
die Situation ähnlich aus. Die Gesellschaft gibt ihr Ergebnis
für das 4. Quartal am 24. Februar bekannt. Die Analysten sehen
ein Problem darin, dass die größte Mine von Alamos, Young-
Davidson, im 4. Quartal nur mit einer 60-prozentigen
Kapazitätsauslastung wegen der Überholungsarbeiten im 3.
Quartal arbeiten soll. Allerdings hieß es in der
Telefonkonferenz zum 3. Quartal: »Es wird erwartet, dass die
Untertageabbauraten bis Ende 2020 auf nachhaltige Raten von
7.500 Tonnen pro Tag ansteigen werden und dass die abgebauten
und verarbeiteten Mengen im 4. Quartal zunehmen werden.« Wenn
die Mine so arbeitet, woher soll dann ein Ergebnisrückgang
kommen? Ich kann in den Zahlen keinen 38-prozentigen Rückgang
in der Produktion erkennen. Allerdings war das Management
schon immer vorsichtig und zurückhaltend bei der Bekanntgabe
von Zukunftszahlen. Auch Alamos handelt unter Buchwert und
wird mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von nur 12 bewertet. Die
Minen liegen in Kanada und Mexiko. Claire Kennedy, Direktorin
von Alamos, hat zum Jahresende 4.500 Aktien im offenen Markt
gekauft. Im letzten Leerverkaufsreport lag die Short-Position
bei 3,4 Millionen Stück. Auch hier könnte es zu einer
angenehmen Überraschung kommen. Ich kaufe bei beiden zu.

In den aufgeführten Werten halte ich Positionen. Daneben
befinden sich Bargeld, Anleihen und Gold in meinem Depot.

                             Kurs/Kauf Kurs/Ist   Wert-    Wert-                              Wertzuwachs
                                                                                                 nach
                               Euro      Euro     zuwachs zuwachs                Kurs/Verk.
                                                                                              Realisation
                                                            in
                                       29. Jan in Euro                             Euro       in Prozent
                                                          Prozent
                Montag, 5.                                          Montag, 4.
 Dignity PLC                   8.59                                                11.87        38.26%
                  Feb. 18                                             Juni 18
   General                                                          Montag, 4.
                              12.30                                                11.95        -2.85%
  Electric                                                           Juni 18
 Agnico-Eagle                                                       Dienstag,
                              36.00                                                62.19        72.75%
    Mines                                                           19. Mai 20
Montag, 3.
  Shire PLC                    35.52                                             51.40   44.71%
                                                                     Dez. 18
                 Montag, 9.                                        Montag, 30.
Transocean LTD                 8.00                                              10.20   27.50%
                  April 18                                          April 18
ANHEUSER-BUSCH Montag, 4.                                          Montag, 6.
                               82.32                                             86.73   5.36%
  INBEV N.V.     Juni 18                                             Aug. 18
                                                                   Mittwoch,
  Goldcorp                     11.88                               17. April     9.92    -16.52%
                                                                       19
Agnico-Eagle      Dienstag,                                         Freitag,
                               33.68                                             66.90   98.63%
   Mines         14. Aug. 18                                       31. Juli 20
ANHEUSER-BUSCH Montag, 3.                                          Mittwoch,
                               66.99                                             72.47   8.18%
  INBEV N.V.     Dez. 18                                           6. März 19
 Kraft Heinz     Mittwoch,                                         Mittwoch,
                               29.06                                             25.77   -11.32%
   Company       6. März 19                                        29. Mai 19
                 Mittwoch,
Newmont Mining   17. April     30.26    49.19    18.94   62.58%
                    19
                 Donnerstag,                                       Donnerstag,
    Shell                      23.88                                             16.52   -30.81%
                 11. Feb. 20                                       23.April 20
                 Donnerstag,                                       Donnerstag,
    Total                      45.12                                             32.25   -28.52%
                 11. Feb. 20                                       23.April 20
                 Donnerstag,                                       Donnerstag,
    Exxon                      55.44                                             40.31   -27.30%
                 11. Feb. 20                                       23.April 20
                 Donnerstag,                                        Mittwoch,
 Equinor ASA                   9.72                                              12.30   26.57%
                 12. März 20                                       8. April 20
  Hornbach       Donnerstag,                                       Montag, 8.
                               40.50                                             63.90   57.78%
 Holding AG      12. März 20                                         Juni 20
Agnico-Eagle     Donnerstag,
                               67.11    57.58    -9.53   -14.20%
   Mines         24. Sep. 20
                 Donnerstag,
   Wheaton                     41.76    33.85    -7.91   -18.93%
                 24. Sep. 20
                 Donnerstag,
Newmont Mining                 53.04    49.19    -3.85   -7.26%
                 24. Sep. 20
                 Donnerstag,
   Alamos                      7.59      6.58    -1.02   -13.38%
                 24. Sep. 20
                 Donnerstag,
   Pretium                     10.84     8.92    -1.92   -17.75%
                 24. Sep. 20
   Svenska      Freitag,                                           Donnerstag,
                               7.28                                              8.68    19.21%
Handelsbanken 09. Okt. 20                                          26.Nov. 20
                  Freitag,
  Enbridge                     27.25    27.76    0.50    1.85%
                 18.Dez. 20
                 Dienstag,
   Alibaba                     190.40   209.50   19.10   10.03%
                 29.Dez.20
   Alamos
   Pretium
   Svenska       Limit 8,10
Handelsbanken       Euro
Simon Property    Limit 41
    Group           Euro
Limit 35,1
 Grenke AG
                 Euro
  Totaler Wertzuwachs bei gleich
                                                 0.37%   17.60%
   großer Anlage in jedem Titel

Mit freundlichen Grüßen

Ottmar Beck

  DAX -2,08 % | EURO STOXX 50 P –1,88 % | SMI –1,05 % | RexP
      -0,11 % | SBI -1,40 % | Gold (in US-Dollar): -2,99 %

                                   per 31. Januar 2021

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