Konflikte bzgl. Altersteilzeit und Rente mit 63

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Konflikte bzgl. Altersteilzeit und Rente mit 63

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die angefügten Hinweise von Michael Schmitt zum Konfliktfeld „ATZ und Rente mit 63“ übersende ich euch
zur Kenntnis und Information u.U. betroffener Beschäftigter bei Hessen-Forst.

Zusammenfassend kann wohl gesagt werden, dass

1. keine Beschäftigten zur Rente mit 63 gezwungen werden können,
2. es dringend zu empfehlen ist, sich über eine Rentenauskunft/Rentenberatung bei der gesetzlichen RV
und der VBL über die Auswirkungen einer Rente mit 63 einen genauen Überblick zu verschaffen,
3. im Bereich der Waldarbeiter die ATZ fast ausschließlich als Blockmodell gewählt wurde, weshalb die
(vorgezogene) Rente mit 63 absolut keine Vorteile bringt und allg. nicht empfohlen werden kann,
4. im Falle von ATZ im Teilzeitmodell es im Regelfall zu finanziellen Einbußen kommt, wenn ein vorzeitiger
Renteneintritt ab 63 verfolgt wird, da die Rente inkl. Zusatzversorgung i.d.R. niedriger ausfällt als das in der
ATZ erzielte Arbeitsentgelt,
5. die Erfüllung der Voraussetzungen für die Rente mit 63 nicht automatisch zur Beendigung des
Arbeitsverhältnisses führt, insofern muss die Rente mit 63 beantragt werden und nach deren Bewilligung
das Arbeitsverhältnis vorzeitig am besten durch Auflösungsvertrag oder aber Kündigung beendet werden.

Ich freue mich für alle Beschäftigten, denen die Rente mit 63, die Mütterrente oder aber die Erhöhung der
Erwerbsminderungsrente Vorteile bringt.

Mit besten Grüßen
Harry Trube
********************************************
- GESAMTPERSONALRAT -
beim Landesbetrieb HESSEN-FORST
Vorsitzender Harry Trube
Lange Straße 59
37249 Neu-Eichenberg
Tel.: 05504/805952 oder 0160-701-4080
Fax: 05504/805953
E-Mail: Harry.Trube@forst.hessen.de

Von: Schmitt Michael [mailto:michael.schmitt@IGBAU.DE]
Betreff: Altersteilzeit und Rente mit 63
Wichtigkeit: Hoch

Altersteilzeit und Rente mit 63
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Bund, TdL und VKA haben sich geweigert, tarifvertragliche Klarstellungen zu den Folgen der
Erfüllung der Voraussetzungen für die neue abschlagsfreie Altersrente mit 63 auf bestehende
Altersteilzeitarbeitsverhältnisse zu vereinbaren. Nachfolgend wird die sich daraus ergebende
arbeitsrechtliche Situation dargestellt.

§ 11 Abs. 2 Buchst. a des Tarifvertrages zu flexiblen Arbeitszeitregelungen für ältere
Beschäftigte (TV FlexAZ) vom 27. Februar 2010 für den Bereich der VKA und
forstspezifischer Tarifverträge für kommunale Beschäftigte mit Tätigkeiten in der Waldarbeit
und § 8 Abs. 2 Buchst. a des Tarifvertrages zur Regelung flexibler Arbeitszeiten für ältere
Beschäftigte vom 27. Februar 2010 (TV FALTER) im Bereich des Bundes sehen vor, dass das
Altersteilzeitarbeitsverhältnis unabhängig von den übrigen Beendigungstatbeständen mit dem
Ablauf des Kalendermonats vor dem Monat endet, von dem an die oder der Beschäftigte eine
abschlagsfreie Rente wegen Alters beanspruchen kann.

§ 9 Abs. 2 Buchst. a des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) vom 5.
Mai 1998 sieht vor, dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis unabhängig von den übrigen
Beendigungstatbeständen mit dem Ablauf des Kalendermonats vor dem Monat endet, von
dem an die oder der Beschäftigte eine Rente wegen Alters beanspruchen kann, wobei dies
nicht für Renten gilt, die vor dem für die Versicherte bzw. den Versicherten maßgebenden
Rentenalter in Anspruch genommen werden können.

Endet durch die Erfüllung der jeweiligen Voraussetzung das Altersteilzeitarbeitsverhältnis
vorzeitig, tritt bei Altersteilzeitarbeit im Blockmodell ein sogenannter Störfall im Sinne der §§
11 Abs. 3 TV FlexAZ, 8 Abs. 3 TV FALTER bzw. 9 Abs. 3 TV ATZ ein, der zu erheblichen
finanziellen Nachteilen der betroffenen Beschäftigten führt. Nach der Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts zu der in diesem Fall vorzunehmenden Rückabwicklung des
Altersteilzeitarbeitsverhältnisses - hiernach steht für die Arbeitsphase das ungekürzte Entgelt
und für die Freistellungsphase dagegen kein Entgelt zu - können sich sogar
Rückzahlungsverpflichtungen der betroffenen Beschäftigten ergeben. Aber auch beim
altersteilzeitklassischen Teilzeitmodell ergeben sich finanzielle Nachteile für die Beschäftigten,
da die Rente immer niedriger ist als das Altersteilzeitentgelt.

Durch das am 1. Juli 2014 in Kraft tretende Rentenversicherungs-
Leistungsverbesserungsgesetz wird in das SGB VI als § 236b ein neuer Tatbestand für eine
abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte bei Erfüllung einer Wartezeit
von 45 Jahren ab Vollendung des 63. Lebensjahres („Rente mit 63“) eingeführt. Bei
bestehenden Altersteilzeitarbeitsverhältnissen nach den obigen Tarifvorschriften führt die
Erfüllung der Voraussetzungen für die Rente mit 63 zu der Frage, ob das
Altersteilzeitarbeitsverhältnis vorzeitig endet und damit die beschriebenen negativen Folgen
für die Beschäftigten eintreten.

Ver.di hat deshalb die beteiligten Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberverbände Bund, TdL und VKA
aufgefordert, eine Klarstellung zu den benannten Tarifverträgen zu vereinbaren, wonach das
Altersteilzeitarbeitsverhältnis nicht bei Erfüllung von Rententatbeständen endet, die bei
Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung noch nicht in Kraft getreten waren, und in diesen
Fällen das Arbeitsverhältnis durch schriftliche Vereinbarung beendet werden kann. Zunächst
die TdL und anschließend der Bund und die VKA haben dies mit zum Teil unterschiedlichen
Begründungen abgelehnt. Nachfolgend wird dargestellt, welche Rechtswirkungen sich für die
betroffenen Beschäftigten ergeben.

TV ATZ
§ 9 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ sieht zwar vor, dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis
unabhängig von den übrigen Beendigungstatbeständen mit dem Ablauf des Kalendermonats
vor dem Monat endet, von dem an die oder der Beschäftigte eine Rente wegen Alters
beanspruchen kann, doch legt der letzte Teilsatz von § 9 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ fest, dass
dies nicht für Renten gilt, die vor dem für den Versicherten maßgebenden Rentenalter in
Anspruch genommen werden können. Hierbei ist davon auszugehen, dass unter dem „für den
Versicherten maßgebende Rentenalter“ das in § 235 Abs. 2 SGB VI festgelegte Alter zum
Erreichen der Regelaltersrente zu verstehen ist. Da die Rente mit 63 vor der Regelaltersrente
in Anspruch genommen werden kann, endet das Altersteilzeitarbeitsverhältnis mithin nicht bei
Erfüllung der Voraussetzungen für die Rente mit 63. Dieser Auffassung ist auch die TdL, die
„die neue Altersrente für besonders langjährig Versicherte (§ 236b SGB VI) nicht als
Beendigungstatbestand im Sinnes des § 9 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ oder entsprechender
landesbezirklicher Regelungen“ wertet (Rundschreiben vom 26.06.2014); der Bund und die
VKA haben sich zu diesem Punkt nicht geäußert.

Selbst wenn die Rente mit 63 nicht als Rente angesehen werden könnte, die „vor dem für den
Versicherten maßgebende Rentenalter“ in Anspruch genommen werden kann, wäre eine
Berufung des Arbeitgebers auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in diesen Fällen als
Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben nach § 242 BGB unzulässig und damit
unwirksam. Obwohl diese Fälle weder für den Arbeitnehmer noch für den Arbeitgeber
vorhersehbar waren und unabhängig vom Handeln des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers
eintreten, würden die Arbeitnehmer ungerechtfertigte Nachteile erleiden und die Arbeitgeber
ungerechtfertigte Vorteile erlangen.

TV FALTER und TV FlexAZ
Anders als der TV ATZ sehen diese Tarifverträge ausdrücklich die Beendigung des
Altersteilzeitarbeitsverhältnisses in dem Fall vor, dass die oder der Beschäftigte eine
abschlagsfreie Rente wegen Alters beanspruchen kann. Da es sich bei der Rente mit 63 um
eine abschlagsfreie Rente wegen Alters handelt, würde hier dem Wortlaut der Tarifverträge
nach im Falle der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für die Rente mit 63 das
Arbeitsverhältnis enden. Der Bund und die VKA gehen von dieser Wortlautinterpretation aus.

Der Bund erklärt sich „übertariflich“ bereit, in diesen Fällen die Altersteilzeitarbeitsverhältnisse
fortzusetzen, wenn es die Beschäftigten wollen; die VKA „erhebt keine Einwände“, wenn die
Altersteilzeitarbeitsverhältnisse in Übereinstimmung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber
fortgesetzt werden (Rundschreiben R 155/2014 vom 25.06.2014). Allerdings empfiehlt die
VKA in ihrem Rundschreiben auch, „in Fällen, in denen bekannt ist, dass die
Voraussetzungen der neuen Altersrente erfüllt werden und der Arbeitgeber eine Fortsetzung
des Altersteilzeitarbeitsvertrages bis zum ursprünglich vereinbarten Ende nicht wünscht, die
Altersteilzeitbeschäftigten über den Eintritt der Beendigung des Altersteilzeitverhältnisses
schriftlich zu unterrichten.“ Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Beschäftigten weder
verpflichtet sind, eine diesbezügliche Rentenauskunft einzuholen, noch den Arbeitgeber über
eine Erfüllung der Voraussetzungen für die Rente mit 63 zu informieren. Auch darf dem
Arbeitgeber hierüber keine Auskunft von dem Rentenversicherungsträger erteilt werden.
Diese Rentenversicherungsdaten unterliegen dem Sozialgeheimnis nach § 35 Abs. 1 SGB I,
dessen Verletzung nach § 203 Abs. 2 Strafgesetzbuch mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
oder Geldstrafe bedroht ist. Unabhängig davon gilt auch hier, dass eine Berufung des
Arbeitgebers auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in diesen Fällen als Verstoß gegen
die Grundsätze von Treu und Glauben nach § 242 BGB unzulässig und damit unwirksam
wäre (s. zum TV ATZ).

In allen Fällen ist es zur Vermeidung von Rechtsstreiten dringend zu empfehlen, den
Arbeitgeber nicht über eine Erfüllung der Voraussetzungen für die Rente mit 63 zu
informieren! Sollte dennoch der Arbeitgeber in diesen Fällen auf einer Beendigung des
Altersteilzeitarbeitsverhältnisses bestehen, gewährt die IG BAU ihren Mitgliedern
Rechtsschutz.

Keine negativen Auswirkungen hat der neue Rententatbestand auf die reguläre Beendigung
des Arbeitsverhältnisses wegen Erreichens der Regelaltersgrenze.
Sowohl §§ 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD und TV-L sowie vergleichbare Regelungen
forstspezifischer Tarifverträge (z.B. TV-Forst) stellen hierfür auf die Vollendung des gesetzlich
festgelegten Alters zum Erreichen der Regelaltersrente ab. Die Regelaltersrente ist in §§ 35
und 235 SGB VI geregelt. Demgegenüber handelt es sich bei der Rente mit 63 (Altersrente
für besonders langjährig Versicherte), obwohl sie abschlagsfrei ist, genauso wie bei den
Altersrenten für langjährig Versicherte, für schwerbehinderte Menschen, wegen
Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit, für Frauen sowie für langjährig unter Tage
beschäftigte Bergleute nach §§ 236 bis 238 SGB VI um eine vorgezogene Altersrente. Die
Erfüllung der Voraussetzungen für die Rente mit 63 führt daher nicht zur Beendigung des
Arbeitsverhältnisses.

Wollen Beschäftigte, die die Voraussetzungen hierfür erfüllen, die Rente mit 63 tatsächlich in
Anspruch nehmen, müssen sie – wie in allen anderen Fällen der vorzeitigen
Inanspruchnahme von Altersrente auch – das Arbeitsverhältnis unter Beachtung der für sie
geltenden Kündigungsfrist nach §§ 34 Abs. 1 TVöD/TV-L bzw. vergleichbare Regelungen
forstspezifischer Tarifverträge kündigen. Diese verlängerten tariflichen Kündigungsfristen
gelten auch für arbeitnehmerseitige Kündigungen (BAG AP Nr. 3 zu § 53 BAT). Soweit
Beschäftigte bereits mit Inkrafttreten des Rentenversicherungs-
Leistungsverbesserungsgesetzes am 1. Juli 2014 die Voraussetzungen der Rente mit 63
erfüllen und diese In Anspruch nehmen wollen, müssten sie deshalb einen Auflösungsvertrag
(§§ 33 Abs. 1 Buchst. b TVöD und TV-L sowie vergleichbare Regelungen forstspezifischer
Tarifverträge) mit ihrem Arbeitgeber schließen, da sie die Kündigungsfrist nicht einhalten
können.

Eine Verpflichtung, die Rente mit 63 in Anspruch zu nehmen oder wegen Erfüllung der
Voraussetzungen für die Rente mit 63 einen Auflösungsvertrag mit dem Arbeitgeber zu
schließen, besteht nicht. Ebenso wenig ist eine arbeitgeberseitige Kündigung des
Arbeitsverhältnisses mit der Begründung zulässig, dass die bzw. der Beschäftigte die
Voraussetzungen für eine Altersrente erfüllt. Dies gilt auch für abschlagsfreie Altersrenten (§
41 SGB VI).

Quelle: ver.di Bundesvorstand, Onno Dannenberg

Wie ver.di erfahren hat, hat eine Gliederung der Deutschen Rentenversicherung in Sachsen-
Anhalt die Auskunft erteilt, in einem bestehenden Altersteilzeitarbeitsverhältnis bei Erfüllung
der Voraussetzungen für die Rente mit 63 einen Antrag auf Teilrente (§ 42 SGB VI) zu stellen,
um so angeblich neben dem Altersteilzeitentgelt die Altersrente für besonders langjährig
Versicherte als Teilrente zu erhalten und nach Beendigung des
Altersteilzeitarbeitsverhältnisses diese Rente als Vollrente zu beziehen. Von einer solchen
Vorgehensweise ist dringend abzuraten, da nach § 9 Abs. 2 Buchst. b TV ATZ der tatsächliche
Bezug einer Rente wegen Alters (zu denen auch Teilrenten wegen Alters gehören) immer zur
Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses und damit im Falle der Altersteilzeitarbeit im
Blockmodell zur Rückabwicklung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses mit den bekannten
negativen Folgen führt. Ver.di hält das Erteilen dieser Auskunft, was offenbar in völliger
Unkenntnis der für Altersteilzeitarbeit geltenden arbeits- und tarifrechtlichen Vorschriften
erfolgt ist, für grob fahrlässig, und wird gegenüber der DRV auf die umgehende Beendigung
solcher Auskünfte drängen.

Von einem Tarifinfo würde ich gerne absehen, da es unmöglich ist nur die Mitglieder zu
erreichen, die aufgrund bestehender Altersteilzeitarbeitsverträge betroffen sind. Ich bitte euch,
die Personalräte im entsprechenden Zuständigkeitsbereich zu informieren und dafür zu
sorgen, dass betroffene Beschäftigte informiert werden.

Zu den Tarifverträgen

    1. TV ATZ BaySF,
    2. TV V/ATZ NLF-Forst
    3. TV ATZ-F LSA
    4. TV ATZ LSA
werden wir jeweils die Arbeitgeber auffordern eine ergänzende Protokollerklärung zu vereinbaren,
wonach das Altersteilzeitarbeitsverhältnis nicht endet bei Erfüllung von Rententatbeständen, die
bei Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung noch nicht in Kraft getreten waren und in diesen
Fällen das Altersteilzeitarbeitsverhältnis im beiderseitigen Einverständnis schriftlich beendet
werden kann.

Mit kollegialem Gruß

Im Auftrag

Michael Schmitt
Fachreferent

IG Bauen-Agrar-Umwelt
Bundesvorstand
Vorstandsbereich III
Stellvertretender Bundesvorsitzender
Personal Baustoff Forst Agrar
Olof-Palme-Straße 19
60439 Frankfurt am Main
Telefon: +49 (0) 69 - 9 57 37-667
Telefax: +49 (0) 69 - 9 57 37-659
Mobil: 0171 - 9 54 42 03
E-Mail: michael.schmitt@igbau.de

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