ANÄSTHESIOLOGIE & INTENSIVMEDIZIN
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Aktiv Druck & Verlag GmbH | ISSN 0170 - 5334 I 02330 www.ai-online.info 61. Jahrgang | Juli/August 2020 ANÄSTHESIOLOGIE & INTENSIVMEDIZIN Offizielles Organ: Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) Berufsverband Deutscher Anästhesisten e.V. (BDA) Deutsche Akademie für Anästhesiologische Fortbildung e.V. (DAAF) Organ: Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V. (DIVI) D. Bremerich · T. Annecke · D. Chappell · R. Hanß · L. Kaufner · F. Kehl · P. Kranke · T. Girard · W. Gogarten · S. Greve · S. Neuhaus · D. Schlembach · L. Schlösser · T. Standl · S. Treskatsch · T. Volk · J. Wallenborn · S. Weber · M. Wenk S1-Leitlinie: Die geburtshilfliche Analgesie und Anästhesie SUPPLEMENT NR. 18 | 2020
S300 Sonderbeiträge Leitlinien und Empfehlungen Special Articles Guidelines and Recommendations S1-Leitlinie S1 Guideline: Obstetric analgesia and anaesthesia Die geburtshilfliche D. Bremerich · T. Annecke · D. Chappell · R. Hanß · L. Kaufner · F. Kehl · P. Kranke · T. Girard · W. Gogarten · S. Greve · S. Neuhaus · D. Schlembach · L. Schlösser · Analgesie und Anästhesie* T. Standl · S. Treskatsch · T. Volk · J. Wallenborn · S. Weber · M. Wenk Zitierweise: Bremerich D, Annecke T, Chappell D, Hanß R, Kaufner L, Kehl F et al: S1-Leitlinie: Die geburtshilfliche Analgesie und Anästhesie. Anästh Intensivmed 2020;61:S300–S339. DOI: 10.19224/ ai2020.S300 Federführende Fachgesellschaft: Inhaltsverzeichnis Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie Präambel 301 und Intensivmedizin e.V. (DGAI) Verfahren zur Konsensusbildung 301 Beteiligte Fachgesellschaft: Konsensuseinstufung 302 Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG) Aufklärung, Anamnese und körperliche Untersuchung 302 1. Aufklärung in der geburtshilflichen Anästhesie 302 2. Anamnese und körperliche Untersuchung Schwangerer 302 Die Analgesie zur schmerzarmen vaginalen Entbindung 303 1. Organisatorische Voraussetzungen und Durchführung geburtshilflicher Analgesie- und Anästhesieverfahren 303 2. Rückenmarknahe Analgesie und Versuch der vaginalen Entbindung nach vorangegangener Sectio caesarea (VBAC) 303 3. Rückenmarknahe Verfahren zur Geburt: Anlagezeitpunkt und Outcome 303 4. Rückenmarknahe Verfahren zur Geburt: Anlagezeitpunkt bei anästhesiologischen und/oder geburtshilflichen Risikopatientinnen 304 5. Ausschluss der intrathekalen und intravasalen Lage von geburtshilflichen Periduralkathetern 305 6. Verwendete Substanzen und Applikationswege 305 7. Die „walking epidural” 306 8. Zur Anwendung von Opioiden und Morphin intrathekal – der etablierte off-label use 306 9. Single shot-Applikationen von intrathekalen Opioiden mit und ohne Zusatz von Lokalanästhetika zur schmerzarmen Geburt (low-dose spinal) 307 10. Delegation der Aufrechterhaltung von ärztlichen Tätigkeiten im Kreißsaal 308 * Beschluss des Engeren Präsidiums der 11. Remifentanil zur schmerzarmen Entbindung 309 DGAI vom 30.01.2020. Die Anästhesie zur Sectio caesarea 309 1. Die peripartale Nahrungskarenz und Aspirationsprophylaxe 309 AWMF-Reg.-Nr.: 001-03 2. Hygienestandards bei Regionalanästhesieverfahren in der Geburtshilfe 310 3. Anästhesieverfahren zur Sectio caesarea 311 Interessenkonflikt 4. Flüssigkeitsgabe, Prä- und Kohydratation 312 5. Atemwegsalgorithmus und Management von Atemwegskomplikationen 312 Die Interessenkonflikte der Autoren sind 6. Vermeiden von Awareness bei der Sectio caesarea 315 auf der Website der AWMF frei zugänglich einsehbar: https://www.awmf.org/fileadmin/ 7. Vasopressoren 316 user_upload/Leitlinien/001_Anaesthesiologie_ 8. Laboranforderungen und Ressourcen zum Management von Blutungsnotfällen 317 und_Intensivmedizin/001-038i_S1_Die- 9. Die Erstversorgung des Neugeborenen 320 geburtshilfliche-Analgesie-und-Anaesthesie_ Die postpartale Phase 321 2020-03.pdf 1. Die postpartale Anästhesie zur Entfernung von Plazentaresten 321 2. Vorgehensweise bei der akzidentellen Duraperforation 321 3. Die postpartale Analgesie nach Sectio caesarea 323 Schlüsselwörter Risikokollektive in der geburtshilflichen Anästhesie 325 Geburtshilfe – Analgesie – 1. Präeklampsie und Eklampsie 325 Anästhesie – Schmerzarme 2. Adipositas 326 Geburt – Sectio caesarea 3. Reanimation bei Schwangeren 327 Keywords Qualitätsindikatoren in der geburtshilflichen Analgesie und Anästhesie 328 Obstetrics – Analgesia – Abkürzungen 329 Literaturverzeichnis 330 Anaesthesia – Painless Adressen der Mitwirkenden 339 Delivery – Caesarean Section © Anästh Intensivmed 2020;61:S300–S339 Aktiv Druck & Verlag GmbH
Leitlinien und Empfehlungen SonderbeiträgeS301 Guidelines and Recommendations Special Articles Zusammenfassung and Intensive Care Medicine (DGAI) and • Zustimmung the Professional Association of German (mediane Bewertung ist 4; Bei der Durchführung von Analgesie- Anaesthesiologists (BDA) in cooperation mindestens 50% der Antworten und Anästhesieverfahren in der Geburts- with the German Society of Gyne sind 4 oder 4 und 5) hilfe sind grundsätzlich zwei Patienten, cology and Obstetrics (DGGG) has • Unentschieden Mutter und Kind, betroffen, die Auswahl been updated. The focus of the AWMF (mediane Bewertung ist 3; eines geeigneten Verfahrens soll die (Association of the Scientific Medical mindestens 50% der Antworten Auswirkungen auf das Kind mitberück Societies in Germany)-S1-Guideline is sind 3, oder keine der anderen sichtigen. Die 2., überarbeitete Emp- now set on: patient information, case Bewertungen enthält mindestens fehlung der Deutschen Gesellschaft für history and the physical examination of 50% der abgegebenen Antworten) Anästhesiologie und Intensivmedizin pregnant women; analgesia to achieve • Ablehnung e.V. (DGAI) und des Berufsverbandes low-pain vaginal delivery; legal, or- (mediane Bewertung ist 2; Deutscher Anästhesisten e.V. (BDA) in ganisational and logistical aspects of mindestens 50% der Antworten Zusammenarbeit mit der Deutschen sind 2 oder 1 und 2) Gesellschaft für Gynäkologie und Ge - anaesthesiological delivery-room care of pregnant women; anaesthesia in cases • Starke Ablehnung burtshilfe e.V. (DGGG) zur Durchfüh- (mediane Bewertung ist 1; rung von Anal gesie- und Anästhesie- of caesarean section, special issues re- lating to the postpartal phase; handling mindestens 50% der Antworten verfahren in der Geburtshilfe wurde sind 1). aktualisiert. Fokus der vorliegenden of risk groups and quality indicators in obstetric analgesia and anaesthesia. Some Die zur Abstimmung formulierten Aus AWMF-S1-Leitlinie ist die Aufklärung, sections like the airway algorithm and sagen und das Abstimmungsergebnis Anamnese und körperliche Untersu- the management of airway compli- finden sich jeweils am Ende eines The- chung Schwangerer, die Analgesie zur cations during caesarean section or menkomplexes. Überwiegend entspre- schmerzarmen vaginalen Entbindung, attending to patients with preeclampsia chen diese Aussagen auch den Empfeh- rechtliche, organisatorische und logis- for eclampsia are cross-sectoral issues lungen der Experten – bei den Aussagen, tische Aspekte der anästhesiologischen which have been elaborated in close bei denen dies nicht der Fall ist, wurden Kreißsaalversorgung Schwangerer, die scientific cooperation with the respective entsprechend anderslautende Empfeh- Anästhesie zur Sectio caesarea, die Be- working group (Airway Management) lungen formuliert. sonderheiten der postpartalen Phase, der Umgang mit Risikokollektiven und and the DGGG Guideline Commission Bei der vorliegenden S1-Leitlinie han - Qualitätsindikatoren in der geburtshilfli- (Hypertensive Pregnancy Diseases: delt es sich definitionsgemäß um eine chen Analgesie und Anästhesie. Einige Diagnostics and Therapy). Handlungsempfehlung einer repräsenta- Abschnitte, wie der Atemwegsalgorith tiv zusammengesetzten Expertengruppe, mus und das Management von Atem- die im informellen Konsens Empfeh- Präambel lungen erarbeitet, die vom Vorstand wegskomplikationen bei der Sectio Entsprechend den amerikanischen „Prac- der Fachgesellschaften (DGAI, DGGG) caesarea oder die Betreuung von Patien- tice Guidelines“ [2] kam ein fünfstu- verabschiedet wurden. Die Erklärungen tinnen mit Präeklampsie und Eklampsie, figes Bewertungssystem (5 = volle Zu- von Interessen aller an der Empfehlung stellen Querschnittsthemen dar, die in Mitwirkenden sowie das Verfahren zur enger wissenschaftlicher Abstimmung stimmung – 1 = starke Ablehnung) zu Erfassung und Bewertung von und zum mit dem jeweiligen DGAI-Arbeitskreis vorformulierten Aussagen im Rahmen des Umgang mit Interessenkonflikten wurden (AK Atemwegsmanagement) und der 18. und 19. Geburtshilflichen Anästhe- dargelegt. Die wissenschaftliche Litera DGGG-Leitlinienkommission (Hyperten siesymposiums,1 den offiziellen Jahres - tur, die den Empfehlungen zugrunde liegt, sive Schwangerschaftserkrankungen: Dia- tagungen des wissenschaftlichen Arbeits‑ wurde bis Januar 2019 berücksichtigt. gnostik und Therapie) erstellt wurden. kreises Regionalanästhesie und Geburts- hilfliche Anästhesie der DGAI, zum Summary Verfahren zur Konsensusbildung Einsatz. Die Teilnehmer, geburtshilflich In principle analgesia and anaesthesia in tätige und interessierte Anästhesisten, Bei dieser Leitlinie handelt es sich um obstetrics involves two patients, mother stimmten ab. Dargestellt werden die einen Expertenkonsens. Sie wurde vom and child. Selecting the right procedure medianen Zustimmungen zu den vorfor- Präsidium der Deutschen Gesellschaft should therefore also take into consider- mulierten Aussagen. Erfasst wurden: für Anästhesiologie und Intensivmedi- ation any potential effects on the child. • Volle Zustimmung zin e.V. (DGAI) am 30.01.2020 und der The second revised recommendation on (mediane Bewertung ist 5; Deutschen Gesellschaft für Gynäkolo- obstetric analgesia and anaesthesia of mindestens 50% der Antworten gie und Geburtshilfe e.V. (DGGG) am the German Society of Anaesthesiology entsprechen 5) 06.03.2020 verabschiedet. 1 Die Symposien fanden am 24.06.2017 in Köln (wissenschaftliche Leitung: Univ.-Prof. Dr. med. Th. Annecke, Teilnehmerzahl: 301) und am 03.03.2018 in Frankfurt (wissen- schaftliche Leitung: Prof. Dr. med. D. Bremerich, Teilnehmerzahl: 352) statt. © Anästh Intensivmed 2020;61:S300–S339 Aktiv Druck & Verlag GmbH
S302 Sonderbeiträge Leitlinien und Empfehlungen Special Articles Guidelines and Recommendations sich diese besser an die Inhalte der Konsensuseinstufung Empfehlungen und Ergebnisse der Risikoaufklärung erinnern, wenn sie Teilnehmerbefragung zu: Aufklärung in Empfehlungen wurden als Expertenkon- schon im Rahmen der Geburtsvorberei- der Geburtshilfe sens der Leitliniengruppe beschlossen. tung Informationen erhalten hatten [4]. Die Aufklärung über ein Regional- Die Stärke der Empfehlung ergibt sich Hat eine Schwangere das Angebot einer anästhesieverfahren zur Entbindung aus der verwendeten Formulierung (soll/ sollte nach Möglichkeit im Rahmen der Aufklärung im Vorfeld nicht wahrgenom- Schwangerschaftsvorsorge erfolgen. sollte/kann) entsprechend der Abstufung men, stellt sich die Frage, ob sie trotz in folgender Tabelle: Teilnehmerbefragung: der Wehentätigkeit in der Lage ist, dem vollumfängliche Zustimmung. Aufklärungsgespräch zu folgen. In einer Vor der Durchführung eines Regional- Empfehlung Empfehlung Beschrei- prospektiven Studie fand sich kein Un- analgesieverfahrens muss ein Aufklä- gegen eine bung terschied in der Erinnerungsfähigkeit an rungsgespräch erfolgen. Intervention Teilnehmerbefragung: die Inhalte des Aufklärungsgespräches in „soll“ „soll nicht“/ starke vollumfängliche Zustimmung. Abhängigkeit vom Schmerzniveau [5]. „ist nicht Empfehlung Kann eine Schwangere unter Wehen dem indiziert“ Nach fünf Monaten erinnerten sich Pa- Aufklärungsgespräch nicht folgen, so gilt „sollte“ „sollte nicht“ Empfehlung tientinnen besser, wenn sie sowohl eine ihr mutmaßlicher Wille. „kann“/ „kann Empfehlung mündliche als auch eine schriftliche Teilnehmerbefragung: Aufklärung erhalten hatten [6]. Insge- vollumfängliche Zustimmung. „ist unklar“ verzichtet offen werden“/ samt war in dieser Untersuchung die „ist unklar“ Erinnerungsrate deutlich höher als bei Anamnese und körperliche anderen Patientenkollektiven aus ver- Untersuchung Schwangerer gleichbaren Studien. Vor Durchführung von Regionalanästhe- Aufklärung, Anamnese und Auch im Kreißsaal ist es letztendlich die sien soll eine Anamneseerhebung (z.B. körperliche Untersuchung Aufgabe des aufklärenden Arztes, im Ausschluß mütterlicher Komorbiditäten Einzelfall festzustellen, ob die Patientin wie hypertensive Erkrankungen, Herz- Aufklärung in der geburtshilf in der Lage ist, dem Aufklärungsgespräch erkrankungen, Diabetes mellitus, Adi- lichen Anästhesie zu folgen [7]. positas, Gerinnungsstörungen etc.) und Die Regionalanalgesie zur Geburts- Erleichternd für die Aufklärungsverpflich- eine fokussierte klinische Untersuchung erleichterung ist ein Verfahren, das in tung ist in der Situation einer Aufklärung (z.B. Anatomie der Lendenwirbelsäule, Deutschland nach letzten Erhebungen unter Geburt, wenn durch den Geburts- Atemwege, Venenverhältnisse etc.) er bei 22,1% der geburtshilflichen Pati- helfer eine medizinische Indikation folgen. Bei negativer Blutungs- sowie entinnen angewandt wird (Perinatal- für das Verfahren gestellt wird [1]. Das unauffälliger Schwangerschaftsanamnese erhebungen 2015). Oft befinden sich Oberlandesgericht (OLG) des Landes sind Laboruntersuchungen nicht erfor - die Patientinnen schon unter Geburt, Sachsen-Anhalt (Urteil v. 06.02.2014, derlich. Bei Frauen mit einer Prä wenn der Wunsch nach einer Peridu- Az. 1 U 45/13) hat im Übrigen darauf eklampsie wird die Bestimmung der ralanalgesie (PDA) geäußert wird. Zu hingewiesen, dass dann, wenn die Thrombozytenzahl, bei pathologischen diesem Zeitpunkt können schon starke Mutter unter der Geburt nicht mehr über Thrombozytenwerten, einem HELLP- Wehenschmerzen bestehen. das Legen einer PDA entscheiden kann, Syndrom (Haemolysis, Elevated Liver Grundsätzlich gelten für die Aufklärung „für die Rechtfertigung des Eingriffs der enzymes, Low Platelet count) oder über eine geburtshilfliche Regional mutmaßliche Wille der Patientin aus- einer positiven Blutungsanamnese eine analgesie die gleichen juristischen An- schlaggebend …“ ist. Das OLG führt aus, weitergehende Untersuchung der Ge forderungen wie an jede andere Art der dass dann, wenn man der erschöpften rinnung empfohlen. Generell ist die Anästhesie [3]. Schon seit 1996 ist nach und nicht mehr ansprechbaren Mutter absolute Thrombozytenzahl weniger den Vereinbarungen der anästhesiolo- die Chance auf eine natürliche Geburt entscheidend als akute Veränderungen gischen und gynäkologischen Fachge- erhalten wolle, versucht werden müsse, innerhalb der letzten Stunden. Die sellschaften und Berufsverbände eine deren Schmerzen zu lindern. Hierfür sei Thrombozytenzahl, bei der eine rücken- Aufklärung über eine geburtshilfliche die PDA die Methode der Wahl, auch marksnahe Punktion noch durchgeführt Regionalanalgesie bereits vor Beginn wenn sie nicht ohne Risiko sei. Dies werden kann, ist nicht genau definiert, einer regelmäßigen Wehentätigkeit, stehe aber in der Situation der Mutter sondern obliegt der sorgfältigen ärztli- z.B. im Rahmen der Schwangerschafts- einer vernünftigen Entscheidung für die chen Nutzen-Risiko-Analyse. vorsorge (Informationsmaterial), einem PDA nicht entgegen. Sodann stellt das Für Schwangere mit einer medikamen- Besuch in der Prämedikationsambulanz OLG fest: „Gerade in einer Geburtssitua tösen antithrombotischen Therapie gilt oder bei Kreißsaalbesichtigungsterminen tion könne an die Ermittlung des mut- die 3. überarbeitete Empfehlung der wünschenswert [1]. In einer kleinen Un maßlichen Willens keine allzu strengen Deutschen Gesellschaft für Anästhesio tersuchung an 40 Patientinnen konnten Anforderungen gestellt werden … “. logie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) © Anästh Intensivmed 2020;61:S300–S339 Aktiv Druck & Verlag GmbH
Leitlinien und Empfehlungen SonderbeiträgeS303 Guidelines and Recommendations Special Articles für rückenmarksnahe Regionalanästhe- schließlich der kardiopulmonalen [13]. Eine effektive Wehenschmerz- sien und Thrombembolieprophylaxe/ Reanimation beherrschen. linderung mit einer PDA kann eine antithrombotische Medikation aus dem • Eine in die Technik der Regionalanäs Möglichkeit sein, dass Schwangere sich Jahr 2014 [8]. thesie eingewiesene und erfahrene für eine VBAC entscheiden [14]. Bei Eine PDA zur schmerzarmen Geburt Person muss zur Unterstützung des einer vaginalen Entbindung beträgt das wird erst dann durchgeführt, wenn die Arztes anwesend sein. Risiko einer Uterusruptur 0,01%; bei Schwangere durch einen Geburtshelfer • Ein venöser Zugang muss vor Beginn einer VBAC ist das Risiko einer Uterus- oder eine Hebamme untersucht und der des Regionalanästhesieverfahrens ruptur auf ca. 0,5% – 2% erhöht [15]. Ein mütterliche und kindliche Status sowie etabliert sein und für die Dauer des Hinweis auf eine drohende Uterusruptur der Fortgang der Geburt erfasst sind. Da Verfahrens aufrechterhalten werden. bei einer VBAC kann die wiederholt Regionalanalgesien unter der Entbin- • Es erfolgt eine Überwachung der müt- notwendige peridurale Bolusgabe zur dung zu Veränderungen der kindlichen terlichen Vitalparameter, die auch effektiven Analgesie sein [16]. Eine Herzfrequenz führen können, wird eine dokumentiert wird. Der durchfüh- Regionalanalgesie mit niedrig konzen- kardiotokographische (CTG-) Kontrolle rende Arzt bleibt so lange anwesend, trierten Lokalanästhetika und Opioiden unabhängig von geburtshilflichen Indi bis die volle Wirksamkeit der Analge- verschleiert die Symptome einer Uterus- kationen sowohl im Zeitraum vor als auch sie erreicht ist und stabile mütterliche ruptur jedoch nicht, da Auffälligkeiten innerhalb der ersten 30 Minuten nach Kreislaufverhältnisse vorliegen [9]. im CTG das häufigste und frühzeitigste Beginn des Verfahrens empfohlen [2]. • Die Vereinbarung zwischen der Deut- Anzeichen hierfür darstellen [17,18]. schen Gesellschaft für Gynäkologie Empfehlungen und Ergebnisse der und Geburtshilfe e.V. (DGGG) Empfehlung und Ergebnis der Teilneh- Teilnehmerbefragung zu: Anamnese und sowie der Deutschen Gesellschaft merbefragung zu: Rückenmarknahe körperliche Untersuchung Schwangerer für Anästhesiologie und Intensiv- Analgesie und Versuch der vaginalen Vor einer geburtshilflichen Anästhesie medizin e.V. (DGAI) sieht vor, dass Entbindung nach vorangegangener sollten eine Anamnese und eine organisatorische Voraussetzungen Sectio caesarea (VBAC) fokussierte körperliche Untersuchung getroffen werden, die gewährleisten, Die Durchführung einer rückenmark- erfolgen. nahen Analgesie im Rahmen einer dass innerhalb von 10 Minuten ein Teilnehmerbefragung: Zustimmung. geplanten vaginalen Entbindung auch Anästhesist zur Verfügung steht [9]. nach vorangegangener Sectio caesarea Vor und nach Anlage einer PDA sollte Jede geburtshilfliche Klinik muss wird befürwortet. eine CTG-Kontrolle erfolgen. darüber hinaus sicherstellen, dass Teilnehmerbefragung: Teilnehmerbefragung: vollumfängliche Zustimmung. die für die Sicherheit von Mutter vollumfängliche Zustimmung. und Kind erforderliche Entschei- dungs-Entbindungszeit („E-E-Zeit“) Rückenmarknahe Verfahren zur von
S304 Sonderbeiträge Leitlinien und Empfehlungen Special Articles Guidelines and Recommendations Art der Entbindung und/oder der Zustand Rückenmarknahe Verfahren des Neugeborenen verändert wird. Empfehlungen und Ergebnisse der Teil- zur Geburt: Anlagezeitpunkt nehmerbefragung zu: Rückenmarknahe Die geburtshilfliche PDA wird heute als bei anästhesiologischen und/ Verfahren zur Geburt: Anlagezeitpunkt „low-dose peridural“ mit einer Kom- bei anästhesiologischen und/oder oder geburtshilflichen Risiko- bination aus einem niedrig dosierten geburtshilflichen Risikopatientinnen Lokalanästhetikum und einem Opioid patientinnen Bei Vorliegen von anästhesiologischen durchgeführt [21,22]. Dabei kommen Grundsätzlich kann in der Schwanger- und/oder geburtshilflichen Risikofaktoren Konzentrationen von Sufentanil von 0,5- schaft zwischen anästhesiologischen soll der Anästhesist frühzeitig, d.h. und geburtshilflichen Risiken unter- bereits nach Vorstellung der Patientin 1,0 μg/ml, von Bupivacain bis maximal in der geburtshilflichen Klinik, in die 0,125% und von Ropivacain bis 0,175% schieden werden (Tab. 1). Geburtsplanung mit einbezogen werden. zur Anwendung. Die empfohlene Dosis Es wird empfohlen, frühzeitig einen Teilnehmerbefragung: von 30 μg Sufentanil reicht meist für Anästhesisten bei Aufnahme von Risiko- vollumfängliche Zustimmung. den gesamten Geburtsverlauf aus, kann patientinnen in den Kreißsaal einzubin- Bei Vorliegen von anästhesiologischen jedoch bei Bedarf überschritten werden den [2,9,10,28,29]. Die Frage, ob auch und/oder geburtshilflichen Risikofaktoren [23]. Auch die kontinuierliche Spinal- die geplante und frühzeitige Anlage soll der Anästhesist unmittelbar nach Epiduralanalgesie (CSE) kann zur We- einer PDA das Outcome von geburts- Aufnahme der Patientin in den Kreißsaal henschmerzlinderung zur Anwendung informiert werden. hilflichen Risikopatientinnen und/oder kommen, ein potenzieller Vorteil ist die deren Kindern verbessert, kann bislang Teilnehmerbefragung: etwas schnellere Anschlagzeit. Im Ver vollumfängliche Zustimmung. nur unzureichend beantwortet werden gleich mit einer PDA ist bei gleicher [2]. Bei Risikokonstellationen kann es Bei Vorliegen von anästhesiologischen Analgesiequalität weder der Lokalanäs und/oder geburtshilflichen Risikofaktoren jedoch sinnvoll sein, eine PDA frühzei- kann auch schon vor Beginn einer thetikabedarf noch die Ausprägung mo- tig, auch schon noch vor Beginn einer regelmäßigen Wehentätigkeit ein Peridu- torischer Blockaden oder die Inzidenz ralkatheter angelegt werden. regelmäßigen Wehentätigkeit, durchzu- vaginal-operativer Entbindungen redu- führen. Die zugrundeliegende Rationale Teilnehmerbefragung: Zustimmung. ziert [24]. ist das Vermeiden einer notfallmäßigen Das Abklingenlassen der Wirkung einer Narkose und Intubation mit deren po PDA zur Austreibungsperiode (z.B. tenziellen Komplikationen [30]. Dies durch das Abstellen der Spritzenpumpe) gilt insbesondere für Frauen, bei denen ist nicht erforderlich und wird nicht die Wahrscheinlichkeit einer sekundären empfohlen [2,19]. Sectio hoch ist [1,2,27,28]. Eine PDA kann mit einer Risikosteige- rung für die Entwicklung mütterlichen Fiebers (>38°C) assoziiert sein [25], es besteht jedoch kein signifikanter Unter- Tabelle 1 schied zwischen der frühen bzw. späten Anästhesiologische und geburtshilfliche Risikofaktoren, die eine Hochrisikoschwangerschaft definieren PDA-Anlage. Man geht bei der mütter- können (modifiziert nach [27]). lichen Temperaturerhöhung von einem Anästhesiologische Risikofaktoren Geburtshilfliche Risikofaktoren dosisunabhängigen, inflammatorischen, mütterlicher ASA Klasse III- oder IV-Status Schwangerschafts-assoziierte Hypertension nicht-infektiösen Triggereffekt der PDA und Präeklampsie aus [26]. erhöhte Wahrscheinlichkeit für schwierige vorzeitige Wehen rückenmarknahe Punktion Empfehlungen und Ergebnisse der Teil- erhöhte Wahrscheinlichkeit für schwierige vorzeitiger Blasensprung nehmerbefragung zu: Rückenmarknahe Intubation Verfahren zur Geburt: Anlagezeitpunkt und Outcome Vorerkrankungen mit erhöhter Sensibilität präpartale geburtshilfliche Blutung Eine rückenmarknahe Regional gegenüber Medikamenten anästhesie kann unabhängig von einer willkürlich festgelegten Muttermunds- Adipositas fetale Wachstumsretardierung weite durchgeführt werden. Mehrlingsschwangerschaft Teilnehmerbefragung: vollumfängliche Zustimmung. Steißlage Verlangt die Schwangere nach einer vaginale Geburt nach Sectio rückenmarknahen Regionalanästhesie, sollte deren Anlage bei fehlenden Chorioamnionitis Kontraindikationen zeitnah erfolgen. Diabetes mellitus Teilnehmerbefragung: vollumfängliche Zustimmung. erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine sekundäre, dringliche oder notfallmäßige Sectio caesarea © Anästh Intensivmed 2020;61:S300–S339 Aktiv Druck & Verlag GmbH
Leitlinien und Empfehlungen SonderbeiträgeS305 Guidelines and Recommendations Special Articles Ausschluss der intrathekalen und werden die kleinlumigen Luer-Konnek- durch Applikation einer Hintergrundin- intravasalen Lage von geburts toren verantwortlich gemacht. Daher fusion weniger ärztliche Interventionen empfehlen das Aktionsbündnis Patien- notwendig [36] und die Inzidenz von hilflichen Periduralkathetern tensicherheit und die DGAI [33,34] die Durchbruchschmerzen ist reduziert [37]. Die Inzidenz von subduralen/subarach- Umstellung von Luer-Konnektoren auf Auch automatische intermittierende noidalen und intravenösen Fehllagen neue, verwechslungssichere Verbinder peridurale Bolusgaben (programmed geburtshilflicher Periduralkatheter (PDK) bei neuroaxialer Medikamentenappli intermittent epidural bolus, PIEB) mit wird mit bis zu 0,27% [31], respektive kation. Zuspritzanschlüsse von Peri- und ohne Hintergrundinfusion oder in 16% [32] angegeben. Empfohlene Maß- duralkathetern sind eindeutig zu kenn- Kombination mit einer PCEA als neuere nahmen, um Periduralkatheterfehllagen zeichnen. Applikationskonzepte können zur An zu vermeiden bzw. verlässlich zu detek- wendung kommen [38]. Nach der bis- tieren, sind z.B. die Aspiration vor jeder herigen Datenlage erscheint es zurzeit Empfehlungen und Ergebnisse der Injektion, das Bougieren des Peridural- Teilnehmerbefragung zu: Ausschluss der effektiver, größere Boli mit größerem raums mit NaCl 0,9%, die Verwendung intrathekalen und intravasalen Lage von Zeitintervall peridural zu applizieren; von „soft tip“- Kathetern und die geringe geburtshilflichen Periduralkathetern man verspricht sich von dieser Einstel- Insertionstiefe (≤ 6 cm über den loss of Nach Anlage einer geburtshilflichen lung eine Medikamentenapplikation mit resistance). Periduralanalgesie zur schmerzarmen höherem Druck und konsekutiv größerer Geburt kann auf eine Testdosis verzichtet Die akzidentelle intravasale Applikation werden. Ausbreitung, was letztlich zur Dosis der heute gebräuchlichen, niedrig reduktion führt [39]. Teilnehmerbefragung: dosierten und niedrig konzentrierten vollumfängliche Zustimmung. Eine kombinierte Spinal-Epiduralanäs Lokalanästhetika zur schmerzarmen Ge- the sie (CSE) kann ebenfalls zur An Auf den Zusatz von Adrenalin zur burt verursacht meist keine systemische Testdosis sollte verzichtet werden. wendung kommen [40]. Von Vorteil Toxizität, sondern tritt klinisch als inad- Teilnehmerbefragung: gegenüber der PDA sind eine etwas äquate Blockade in Erscheinung. Bei der vollumfängliche Zustimmung. schnellere Anschlagzeit und seltenere Indikation zur schmerzarmen Geburt ist Wenn ausreichend Zeit ist und insbeson- einseitige Blockaden, jedoch werden im eine formale Testdosis nicht notwendig, dere bei Zweifeln, ob ein liegender PDK Vergleich mit einer Periduralanästhesie wenn die Applikation der periduralen richtig liegt, sollte zum Aufspritzen vor einer Sectio eine Testdosis verabreicht bei gleicher Analgesiequalität Lokalan- Medikamente fraktioniert durchgeführt werden. ästhetikaverbrauch, motorische Blocka- und die einzelnen Bolusgaben die Teilnehmerbefragung: den und instrumentelle Entbindungen Menge einer Testdosis nicht über- vollumfängliche Zustimmung. nicht gesenkt [24]. schreiten. Adrenalin als Zusatz ist nicht geeignet zur Detektion der intravasalen Die „dural puncture epidural“ (DPE) ist Katheterfehllage in der Geburtshilfe. Verwendete Substanzen und eine relative neue Technik in der An- algesie zur schmerzarmen Geburt, die Fällt die Entscheidung zu einer sekun- Applikationswege erstmals 2008 beschrieben wurde [41]. dären Sectio caesarea bei liegendem Nach der Anlage eines PDK zur Bei dieser Technik wird die Dura mater Periduralkatheter oder soll eine Sectio schmerzarmen Geburt werden die mit einer Spinalnadel perforiert, ohne caesarea primär in Periduralanästhesie PDAs bevorzugt durch intermittierende dass Medikamente intrathekal appliziert durchgeführt werden, was die Applika- Bolusgaben (top ups) oder ein Patien- werden; die Substanzen werden nach tion höher konzentrierter Lokalanästhe- tinnen-kontrolliertes Epiduralanalgesie- der Punktion, wie gewohnt, über die tika (z.B. 0,75% Ropivacain) notwendig verfahren (patient controlled epidural Periduralnadel oder den Periduralka- macht, sollte, bei ausreichend zur Ver- analgesia, PCEA) fortgeführt. Wird eine theter appliziert. Das Loch in der Dura fügung stehender Zeit und/oder Un- PDA ausschließlich mit kontinuierlichen mater erleichtert und beschleunigt die sicherheit über die korrekte Lage des Infusionen aufrechterhalten, kommt es Verteilung dieser periduralen Lösung PDK, eine Testdosis (z.B. 30–45 mg zu einem erhöhten Lokalanästhetikaver- zum Wirkort nach intrathekal [42]. Lidocain oder 1 mg / kg KG Lidocain) brauch mit dem Risiko von motorischen Dadurch wird, im Vergleich zur PDA, appliziert werden. Alternativ kann auch Blockaden bei gleichzeitig schlechterer eine schnellere Analgesie erreicht [43]. hier die fraktionierte Gabe (5 ml Ropi- Analgesiequalität [35]. PCEAs sind Geeignet für die DPE sind 25- und 26-G- vacain 0,75% plus 5 µg Sufentanil alle heute der Standard und können mit Spinalnadeln [43]. 3 min) durchgeführt werden. Die Gabe oder ohne fixe Hintergrundinfusionen einer höherprozentigen Lokalanästhe- zur Anwendung kommen. Wird eine tikalösung als Testdosis erhöht die Rate Hintergrundinfusion appliziert, können an motorischen Blockaden, ohne die die Rate vaginal-instrumenteller Entbin- Sicherheit zu erhöhen. dungen und der Lokalanästhetikaver- Für Fehlanschlüsse an PDKs (z.B. Infu- brauch steigen sowie die Austreibungs- sionslösungen, Perfusoren, Ernährung) phase verlängert sein; allerdings sind © Anästh Intensivmed 2020;61:S300–S339 Aktiv Druck & Verlag GmbH
S306 Sonderbeiträge Leitlinien und Empfehlungen Special Articles Guidelines and Recommendations eine stabile mütterliche Hämodynamik die intraoperative Analgesie [45] und Empfehlungen und Ergebnisse der und die erhaltene Muskelkraft. Eine verlängert die postoperative Analgesie Teilnehmerbefragung zu: Verwendete Substanzen und Applikationswege Sturzprophylaxe, mindestens in Form [46] (Tab. 2). Die Dosis des Lokalanäs- von begleitetem Gehen, erscheint sinn- thetikums und damit auch dessen Ne- Im Rahmen der geburtshilflichen Analgesie sollten niedrig dosierte Lokal- voll. Ein peridurales Nachinjizieren (top benwirkungen können reduziert werden anästhetika mit Opioidzusatz verwendet ups) im Stehen sollte vermieden werden. [47,48]. Der Anteil der Patientinnen, die werden, um den synergistischen Effekt nach Verwendung von reinem Lokalanäs zu nutzen und die motorische Blockade so gering wie möglich zu halten. thetikum intraoperativ zusätzlich sup- Empfehlungen und Ergebnisse der Teilnehmerbefragung zu: Die „walking plementierende Analgetika benötigen, Teilnehmerbefragung: vollumfängliche Zustimmung. epidural“ wird durch den Opioidzusatz verringert Nach Anlage einer PDA und Etablierung [49]. Auch Übelkeit und Erbrechen, z.B. Sowohl eine intermittierende als auch des Verfahrens im Sinne einer „walking eine kontinuierliche peridurale Gabe im Rahmen der Uteruseventeration oder epidural“ kann eine Gebärende sind geeignete Verfahren zur Aufrecht- selbstständig verschiedene Positionen Zug an den Faszien, werden durch den erhaltung der Analgesie. zur Geburt einnehmen und auch umher- intrathekalen Opioidzusatz reduziert Teilnehmerbefragung: Unentschiedenheit gehen, wenn Motorik und Sensibilität [50,51]. Morphin ist für die Verbesse- der Teilnehmer, ob sowohl eine intermit- erhalten sind. rung der intraoperativen Analgesie nicht tierende als auch eine kontinuierliche Teilnehmerbefragung: peridurale Gabe geeignete Verfahren zur geeignet und hat keinen synergistischen vollumfängliche Zustimmung. Aufrechterhaltung der Analgesie sind. Effekt mit Lokalanästhetika; die Zeit bis Eine Sturzprophylaxe beim Umhergehen zur maximalen Wirksamkeit beträgt Empfehlung: Zur Aufrechterhaltung der mit etablierter PDA, z.B. in Form eines rückenmarknahen Analgesie können begleiteten Gehens, erscheint sinnvoll. 60–90 min. Die effektive postoperative sowohl intermittierende (top ups) als Analgesie nach intrathekaler Morphin- auch Patientinnen-kontrollierte Verfahren Teilnehmerbefragung: Zustimmung. gabe (0,05–0,2 mg) beträgt 14–36 h, (PCEA) der periduralen Medikamenten- höhere Dosierungen verlängern gering- applikation zur Anwendung kommen. Die ausschließlich kontinuierliche Applikation Zur Anwendung von Opioiden gradig die postoperative Analgesiedauer, (Perfusor mit fixer Infusionsrate) sollte sind jedoch mit einer deutlichen und und Morphin intrathekal – der nicht zur Anwendung kommen. statistisch signifikanten Zunahme an etablierte Off-Label-Use mütterlichen Nebenwirkungen vergesell- Die Verwendung einer intermittierenden Bolusgabe ist gegenüber einer fixen Bei rückenmarknahenVerfahren in der ge- schaftet [52]. Bei einem hohen Prozent- Infusionsrate vorteilhaft. burtshilflichen Regionalanästhesie (SpA satz junger, gesunder Mütter (23%
Leitlinien und Empfehlungen SonderbeiträgeS307 Guidelines and Recommendations Special Articles Die Kombination von Lokalanästhetika wenig sinnvoll wie der unkritische gungen der Haftpflichtversicherer sind mit synthetischen Opioiden wird auch in Einsatz von nicht zugelassenen Medika- in der Regel nur Behandlungen, „soweit anderen nationalen Empfehlungen und menten“ [58]. diese in der Heilkunde anerkannt sind“, Leitlinien zur Geburtshilflichen Anästhe- Die intrathekale Applikation der Opio- abgesichert. Für den Off-Label-Use for- sie empfohlen [1,2]. In Großbritannien ide Fentanyl und Sufentanil entspricht dern immer mehr Haftpflichtversicherer stellt die intrathekale Applikation eines die Einhaltung von Obliegenheiten, da- der standardgemäßen Behandlung im Opioids einen vorgeschlagenen „best mit Versicherungsschutz gewährt wird. Rahmen der Sectio caesarea. Sie ist im practice“- Qualitätsindikator dar – alle Rahmen der Sectio caesarea wissen- So wird der Versicherungsnehmer oftmals Patientinnen, die eine Sectio caesarea schaftlich anerkannt und hat sich in der mit Hinweis auf die Rechtsprechung in rückenmarknaher Regionalanästhesie Praxis bewährt. Sie stellt deshalb einen verpflichtet, den Patienten über den erhalten, sollten intrathekal oder peridu- etablierten Off-Label-Use dar und kei- Off-Label-Use aufzuklären und dies zu ral Opioide erhalten [57]. nen individuellen Heilversuch. dokumentieren (A Teil I Ziff. 4 RBH- Heilw); aufzuklären ist nach den Ver- Rechtliche Wertung Da dieser Off-Label-Use den verschie- sicherungsbedingungen insbesondere Da die intrathekale Applikation von denen Herstellern bekannt ist und von über die fehlende arzneimittelrechtliche Fentanyl und Sufentanil in Deutschland ihnen nicht als kontraindiziert gewertet Zulassung für das betreffende Anwen- nicht zugelassen ist, stellt die Anwen- wird, lässt sich die intrathekale Applika- dungsgebiet, über möglicherweise ver - dung außerhalb des in der Zulassung tion zugleich als „bestimmungsgemäßer fügbare alternative Arzneimittel mit beantragten und von den staatlichen Gebrauch“ des Arzneimittels betrachten. einer Zulassung für das betreffende Zulassungsbehörden geprüften und ge- Somit dürfte der etablierte Off-Label- Anwendungsgebiet, über wesentliche nehmigten Gebrauchs einen Off-Label- Use als bestimmungsgemäßer Gebrauch Unterschiede in Bezug auf Chancen und Use dar. Dieser ist weder nach dem die verschuldensunabhängige Gefähr- Risiken der geplanten Anwendung im Arzneimittelgesetz noch nach dem dungshaftung des pharmazeutischen Vergleich zu Behandlungsalternativen ärztlichen Berufs- und Haftungsrecht Unternehmers nicht ausschließen, sollte sowie über Kontraindikationen, über verboten. Im Rahmen der dem Arzt auch durch das Medikament ein Patient ge- bekannte (auch seltene) Risiken und aufgrund seiner Berufsausübungsfreiheit schädigt werden (§ 84 Arzneimittel über die Tatsache, dass auch noch nicht (Art. 12 Grundgesetz) zustehenden Me- gesetz, AMG). Die Produkthaftung des bekannte Risiken auftreten können. thoden-, Therapie- und Versuchsfreiheit pharmazeutischen Unternehmens wird Ob diese Anforderungen auch an einen ist er bei der Anwendung von Arzneimit- erst bei einem ausdrücklichen Warn- „etablierten“ Off-Label-Use zu stellen teln nicht an deren Zulassung gebunden. hinweis ausgeschlossen sein – zu einem sind, sollte mit der Haftpflichtversiche- Diese ist „nur“ Voraussetzung für die solchen besteht aus fachlicher Sicht rung besprochen werden. Deshalb ist Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels, keinerlei Veranlassung. es empfehlenswert, im Vorfeld mit der sie schränkt die „Anwendungsfreiheit“ Aufklärungspflicht Haftpflichtversicherung des Kranken- des Arztes nicht ein. Die fehlende hauses über die konkreten Maßnahmen Der Umstand, dass ein Arzneimittel Zulassung bedeutet haftungsrechtlich zu sprechen, den Versicherungsschutz off label eingesetzt wird, ist nach der kein „Anwendungsverbot“ für den abschließend zu klären und eine schrift- Rechtsprechung des Bundesgerichtsho- Anästhesisten. Besteht die begründete liche Versicherungsbestätigung einzu fes (BGH) zumindest dann im Rahmen Aussicht auf eine erfolgreiche, wirksame holen. der „Alternativaufklärung“ aufklärungs- und sichere Behandlung, darf der Anäs- pflichtig (§ 630e Abs. 1 S. 3 BGB), Single shot-Applikationen von thesist Arzneimittel off label einsetzen; wenn es zur vorgesehenen zulassungs- intrathekalen Opioiden mit und gibt es keine zugelassene Alternative pflichtigen, aber nicht zugelassenen kann sich u. U. sogar eine Pflicht zum ohne Zusatz von Lokalanästhetika Medikation zugelassene „Alternativen“ Einsatz off label ergeben. Die Zulassung gibt. Ob davon, wie in der juristischen zur schmerzarmen Geburt eines Arzneimittels und der Standard (low-dose spinal) Literatur vorgeschlagen, bei einem etab- in der Arzneimittelanwendung sind zu Die „single shot spinal analgesia“, die lierten Off-Label-Use, zu dem es keine unterscheiden. Über „den Standard“ „low-dose spinal“ oder die „rescue Alternativen gibt, abgesehen werden entscheidet das jeweilige Fachgebiet spinal analgesia“ sind Synonyme für kann, hatte der BGH noch nicht zu auf der Basis von Wissen, Erfahrung eine Spinalanalgesie zur schmerz- entscheiden. und Bewährung im klinischen Alltag. armen Geburt mit niedrig dosiertem Die Zulassung allein begründet keinen Haftpflichtversicherung Lokalanästhetikum in Kombination mit Standard, fehlende Zulassung stellt den Im Hinblick auf den Versicherungsschutz einem Opioid [59]. Die zur Anwendung Standard nicht infrage, mahnt aber zur für einen Off-Label-Use ist eine Rück- kommenden Dosierungen der intrathe- kritischen Prüfung des Geplanten. Das sprache mit der Haftpflichtversicherung kalen Medikamente entsprechen häufig bedeutet in der Praxis: „Die pauschale des Krankenhauses bzw. des behandeln- CSE-Rezepturen. So bewirkt Bupivacain Ablehnung von Off-Label-Use ist ebenso den Arztes anzuraten. Nach den Bedin- (1–2,5 mg) z.B. mit Sufentanil (1,5–5 µg) © Anästh Intensivmed 2020;61:S300–S339 Aktiv Druck & Verlag GmbH
S308 Sonderbeiträge Leitlinien und Empfehlungen Special Articles Guidelines and Recommendations auch bei fortgeschrittenem Geburtsver- Insbesondere vor dem Hintergrund eines oder auch auf Hebammen delegiert lauf, schwierigen Punktionsbedingun- möglichen Vorwurfes der Fahrlässigkeit werden, vorausgesetzt, dass sich der gen, unkooperativen Patientinnen und/ nach § 276 Abs. 2 BGB handelt der- anordnende Arzt in unmittelbarer Nä - oder bei vollständig eröffnetem Mutter jenige fahrlässig, der die im Verkehr he aufhält, um bei Komplikationen so- mund eine gute Analgesie ohne gravie- erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. fort verfügbar zu sein. Auf spezielle rende motorische Blockade, wodurch Hieraus ergibt sich die Frage nach dem Risikofaktoren hat der Anästhesist die Zeit und Schmerzfreiheit gewonnen wird einzuhaltenden Sorgfaltsmaßstab. Dem- Delegaten hinzuweisen. Auch in der (50–130 min). In Situationen, in denen nach hat die Behandlung nach den zum Postanästhesiephase, gleichgültig, ob andere anästhesiologische Verfahren Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, im Aufwachraum oder im Kreißsaal nicht (mehr) zur Verfügung stehen, stellt allgemein anerkannten fachlichen Stan- oder in einer ihm angegliederten Räum- die „Rescue-Spinalanalgesie“ aufgrund dards zu erfolgen, soweit nicht etwas lichkeit, kann die Überwachung durch der einfachen Technik und Durchführ- Anderes vereinbart ist. Die Begründung Hebammen gewährleistet werden, da barkeit und dem schnellen Wirkungs- der Bundesregierung zu dem Gesetz Hebammen aufgrund ihrer spezifischen eintritt eine therapeutische Option dar erläutert, dass die Leitlinien maßgeblich Ausbildung als kompetent in der Erken- [60,61]. Es sind die gleichen Maßgaben sind, die von den wissenschaftlichen nung vital bedrohlicher Gefährdungen zur Überwachung von Mutter und Kind Fachgesellschaften vorgegeben werden. gelten. Diese dürfen allerdings nicht wie bei der PDA zur schmerzarmen Mit anderen Worten: Der jeweilige Sorg- gleichzeitig eine Entbindung leiten Geburt zu beachten. faltsmaßstab wird durch das Fachgebiet, [62]. Die Intensität der technischen und z.B. in Form von Leitlinien, aber auch personellen Überwachung sowie der Empfehlungen, Vereinbarungen etc., notwendigen Dokumentation muss an Empfehlungen und Ergebnisse der Teilnehmerbefragung zu: Single vorgegeben. Auch in anderen Quellen das individuelle Risikoprofil angepasst shot-Applikationen von intrathekalen (Fachliteratur, Expertenstandards) finden sein und soll den Mindestanforderungen Opioiden mit und ohne Zusatz von sich Hinweise auf die in den Fachgebie- in Bezug auf Ausstattung der Räum- Lokalanästhetika zur schmerzarmen lichkeiten und Dokumentation für die Geburt (low-dose spinal) ten allgemein anerkannten Standards. Der Sorgfaltsmaßstab ist aber nicht ab- postoperative Überwachung erfüllen. Die „low-dose spinal“ stellt eine Alter-native zur schmerzarmen Geburt solut: Im Einzelfall kann in der Patien- Ein Protokoll muss angefertigt werden. dar (z.B. bei vollständig eröffnetem tenversorgung auch eine Abweichung Muttermund, schwierigen Punktions- von den Standards sachgerecht und Empfehlungen und Ergebnisse der bedingungen, unkooperativer Patientin bzw. im Rahmen der CSE, etc.). geboten sein. Für die Frage der De- Teilnehmerbefragung zu: Delegation legation ist rechtlich eine Grenzlinie der Aufrechterhaltung von ärztlichen Teilnehmerbefragung: Zustimmung. Tätigkeiten im Kreißsaal derart gezogen, dass diagnostische und Für die „low-dose spinal“ gelten die Die Delegation der Aufrechterhaltung gleichen Maßgaben zur Überwachung therapeutische Entscheidungen dem Arzt üblicher Analgesieverfahren an von Mutter und Kind wie bei der PDA vorbehalten sind. Im Übrigen haben Hebammen ist nach entsprechender zur schmerzarmen Geburt. sich Entschließungen und Empfehlungen Unterweisung möglich. Teilnehmerbefragung: von DGAI und BDA mit Inhalt und Teilnehmerbefragung: Zustimmung. vollumfängliche Zustimmung. Grenzen der Delegation ärztlicher Maß- Der Anästhesist muss die Patientin nach nahmen an nicht-ärztliches Personal, Etablierung des Verfahrens solange überwachen, bis keine Störungen der Delegation der Aufrechterhaltung insbesondere auch mit der Delegation Vitalfunktionen mehr zu erwarten sind. von Analgesiemaßnahmen im Kreißsaal, von ärztlichen Tätigkeiten im Teilnehmerbefragung: Unentschiedenheit beschäftigt. In der Vereinbarung über der Teilnehmer, ob der Anästhesist die Kreißsaal die Zusammenarbeit in der operativen Patientin nach Etablierung des Verfahrens Bereits 1975 hat der Bundesgerichtshof Gynäkologie und in der Geburtshilfe solange überwachen muss, bis keine entschieden, dass der Arzt Leistungen an Störungen der Vitalfunktionen mehr zu haben die Fachgebiete festgelegt, dass erwarten sind. qualifiziertes, nicht-ärztliches Personal die Indikationsstellung für ein Analgesie- Empfehlung: Der Anästhesist soll die delegieren kann, wenn diese Tätigkeit verfahren ärztliche Aufgabe ist, ebenso Patientin nach Etablierung des rücken- nicht dem Arzt eigene Kenntnisse und die Anlage z.B. eines PDK. Dasselbe gilt marknahen Regionalanästhesieverfahrens Kunstfertigkeiten voraussetzt. Hieraus er- für die Entscheidung über Zeitpunkt und überwachen, bis keine anästhesiebeding- ten Störungen der Vitalfunktionen mehr zu geben sich allerdings rechtliche Pro Dosis der Applikation von Anästhetika. erwarten sind (in der Regel 30 min) [9]. blemfelder auf nahezu allen Ebenen des Sobald die Verfahren etabliert sind und deutschen Rechtssystems, z.B. Zivilrecht keine unmittelbare Gefahr vitalbedrohli- („Sorgfaltsgebote“ aus §§ 280, 823, 276 cher Störungen mehr zu erwarten sind, BGB), Strafrecht („Sorgfaltsgebote“ §§ 223, kann die Injektion oder die kontinuier- 229 StGB), Berufsrecht („Ärztliches Stan- liche Infusion in liegende PDK durch desrecht“) sowie Sozialversicherungsrecht spezielle Anweisung auf unterwiesene („Erstattungsfähigkeit“ SGB V und IX). Gesundheits- und Krankenpfleger/innen © Anästh Intensivmed 2020;61:S300–S339 Aktiv Druck & Verlag GmbH
Leitlinien und Empfehlungen SonderbeiträgeS309 Guidelines and Recommendations Special Articles Remifentanil zur schmerzarmen besonderen Sicherheitskautelen ange- Analgesie dar. Zukünftig sind weitere Entbindung wendet werden. Neben der Aufklärung Untersuchungen zu mütterlichem und Remifentanil ist ein ultrakurzwirksames der Patientin über den „off label use“ neonatalen Outcome (Apnoehäufigkeit, Fentanyl-Analogon mit einem Wirkein- von Remifentanil sollen folgende Sicher- Atemdepression, Apgar-Werte) und zur tritt von ca. 1 min nach intravenöser heitsaspekte berücksichtigt sein: optimalen Anwendung und Applikati- Applikation bei einer Wirkdauer von • Das Konzept der Remifentanil-PCIA onsweise der Remifentanil-PCIA not- 3–10 min. Diese pharmakokinetischen muss zwischen Anästhesie- und wendig, um das Verfahren abschließend und -dynamischen Eigenschaften quali- geburtshilflicher Abteilung abgespro- bewerten zu können. fizieren Remifentanil als Alternative chen sein. zu anderen Opioiden und zur PDA • Die ständige Anwesenheit einer mit Empfehlungen und Ergebnisse der bei Schwangeren im Rahmen der dem Verfahren vertrauten, professio Teilnehmerbefragung zu: Remifentanil vaginalen Entbindung. Insbesondere, nellen Person im Kreißsaalzimmer zur schmerzarmen Entbindung wenn rückenmarknahe Verfahren von (idealerweise ständige Hebammen- Für Patientinnen, die neuraxiale der Schwangeren abgelehnt werden, präsenz) ist obligat. Verfahren nicht in Anspruch nehmen können, soll ein vergleichbar wirksames medizinische Kontraindikationen für die • Kontinuierliche Pulsoxymetrie. Verfahren angeboten werden. Durchführung vorliegen (z.B. nicht the- • Kontinuierliches CTG-Monitoring. Teilnehmerbefragung: rapierbare Gerinnungsstörungen) oder • Möglichkeit einer Sauerstoff-Appli- vollumfängliche Zustimmung. die Anlage technisch nicht durchführbar kation (gerichtet und einsatzbereit). Die Remifentanil-PCIA sollte gegenüber ist (z.B. Adipositas per magna, Wirbel- • Ggf. eine Kapnographie (-metrie) zur anderen Opioidgaben zur geburtshilfli- säulendeformitäten) kann Remifentanil frühen Detektion einer Bradypnoe chen Analgesie bevorzugt werden. eine Behandlungsoption darstellen. bzw. Apnoe der Schwangeren Teilnehmerbefragung: in Ergänzung zur klinischen vollumfängliche Zustimmung. Es liegen systematische Übersichtsarbei- ten vor, die eine Patientinnen-kontrol- Beobachtung. Bei Durchführung einer Remifentanil- PCIA ist eine 1:1 Überwachung einer lierte intravenöse Analgesie (PCIA) mit Wesentliche Voraussetzungen bei der eingewiesenen Person notwendig. Remifentanil mit anderen, im Kreißsaal Remifentanil-PCIA sind die verbale Füh- Teilnehmerbefragung: zur Anwendung kommenden Methoden rung der Schwangeren und eine schnelle vollumfängliche Zustimmung. der Analgesie verglichen haben, bei- Bolusapplikation der Spritzenpumpe, spielsweise mit Pethidin [63], der PDA damit die PCIA-Pumpe immer mit Be- [64] oder anderen Kontrollinterven- ginn der Wehe oder gar schon bei sich Die Anästhesie zur Sectio caesarea tionen [65,66]. Diese Untersuchungen abzeichnender Wehentätigkeit bedient zeigen, dass Remifentanil gegenüber und zum Maximum der Wehe auch Die peripartale Nahrungskarenz anderen systemischen Opioiden zur We- bereits eine Wirkung durch das Remi- und Aspirationsprophylaxe henschmerzlinderung analgetische Vor- fentanil erzielt werden kann. Eine PCIA- teile aufweist und weniger nachteilige In der Geburtshilfe wird die Aspirati- Pumpe mit einer Remifentanillösung onsinzidenz aktuell mit 0,07–0,094% Effekte beim Neugeborenen beobachtet von 20 µg/ml kann mit einem Bolus von werden. Eine aktuelle Cochrane-Analyse angegeben [70–72]. Diese niedrige In- initial 1,0 ml, einem Sperrintervall von 2 zidenz beruht auf der seit Jahrzehnten mit 20 kontrolliert-randomisierten Un - min sowie ohne Basalrate programmiert tersuchungen und 3.569 eingeschlos- bestehenden Praxis der Nahrungska werden. Initial kann so eine Reduktion renz im Kreißsaal, die erst in den senen Patientinnen bemerkt jedoch bei von Schmerzreduktion von VAS = 8/10 letzten Jahren gelockert wurde. Ein strenger Kriterienauslegung die mitunter auf mitunter VAS = 4/10 erreicht werden Hunger- und Durstgefühl wird von der unzureichende Qualität der eingeschlos- [69]. Schwangeren nicht nur als unangenehm senen Studien in Hinblick auf bestimmte Endpunkterhebungen sowie die Inkon- Ist eine Dosissteigerung auf 30–40 µg empfunden, sondern Ketose und Dehy- sistenz der Ergebnisse [67]. Remifentanil Remifentanil pro applizierten Bolus dratation führen auch zu ungünstigen erscheint dennoch besser als andere notwendig, kann dies als ein Hinweis physiologischen Veränderungen bei der systemisch applizierbare Opioide für auf eine geburtsmechanische Fehlein- werdenden Mutter und dem Feten. Die die Wehenschmerzlinderung geeignet stellung sein. Die fehlende mütterliche Magenentleerung ist in der Schwanger- zu sein, auch besser als Pethidin [68]. Analgesie kann als Hinweis auf eine ge- schaft vor Beginn der Wehentätigkeit per Allerdings ist festzustellen, dass die müt- burtsunmögliche Lage gewertet werden. se nicht verzögert, wenn Opioide weder terliche Zufriedenheit in Hinblick auf die Die Remifentanil-PCIA ist den rücken- rückenmarknah noch systemisch appli- Schmerzreduktion (visuelle Analogskala, marknahen Regionalanästhesieverfah- ziert werden. Während der Schwanger- VAS) unter der vaginalen Entbindung ren in der analgetischen Wirksamkeit schaft bleibt die gastrale Säuresekretion nicht mit der analgetischen Wirksamkeit unterlegen, stellt aber bei Kontraindika- unverändert [73]. einer PDA vergleichbar ist. tionen unter Beachtung entsprechender Bei einer unkomplizierten vaginalen Remifentanil soll unter sorgfältiger Sicherheitsvorkehrungen derzeit die Geburt kann die Zufuhr klarer kalorien- Überwachung der Schwangeren und beste Alternative in der geburtshilflichen haltiger Getränke (z.B. Wasser, Frucht- © Anästh Intensivmed 2020;61:S300–S339 Aktiv Druck & Verlag GmbH
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